3. Prozesskontrolle -...

21
3. Prozesskontrolle Stichw¨ orter: Kontrollkarten, Shewhart-Karte, ¯ x-Karte, R-Karte, s-Karte, p-Karte, c-Karte, Kontrollgrenzen, Laufl¨ ange, ARL, Warngrenzen, EWMA- Karte, CUSUM-Karte, F¨ ahigkeitsindizes, Pre-control Karte. Literatur: Ledolter & Burrill, Statistical Quality Control, Kap. 12: Statistical Process Con- trol: Control Charts; Kap. 13: Process Capability and Pre-Control. Bergman & Klefsj¨ o, Quality, Kap. 12: Control Charts; Kap.13: Capability. ———————– Jeder Prozess ist mit Zufallsschwankungen behaftet. Die statistische Prozesskon- trolle bietet Verfahren, mit deren Hilfe wir diese Variation analysieren k¨ onnen. Das erste Ziel ist es, diese Variation m¨ oglichst zu reduzieren; je geringer die Varia- tion, umso homogener der Output, umso h¨ oher die Qualit¨ at. G¨ anzlich eliminieren der Variation wird nat¨ urlich nie m¨ oglich sein. Die Variation des Prozesses hat zwei Komponenten, n¨ amlich Variation, die nor- male Ursachen (common causes ) hat, und Variation, die spezielle, normalerweise nicht wirksame Ursachen (special causes ) hat. Die wichtigsten Instrumente der statistischen Prozesskontrolle sind die Kontrollkarten, die zum Ziel haben, das Auftreten von ungew¨ ohnlichen Schwankungen (special causes ) anzuzeigen. Wir onnen mit ihrer Hilfe diagnostizieren, ob der Prozess stabil ist, und bei Bedarf rasch reagieren. Eine Vielzahl von Kontrollkarten erlauben ihre Anwendung unter unterschiedlichen Voraussetzungen. Ein weiteres Thema dieses Kapitels ist der Frage gewidmet, in welchem Aus- maß die Variation des Prozesses es zul¨ asst, dass die Anforderungen eines Kun- den an den Prozess-Output erf¨ ullt werden. Auch daf¨ ur bietet die Statistik eine Hilfe: die F¨ ahigkeitsindizes sind sind Indexzahlen, die das Ausmaß messen, in dem ein Prozess bzw. sein Output die Anforderungen des Kunden erf¨ ullt, wo- bei die Anforderungen als Spezifikations- oder Toleranzgrenze vorgegeben sind. ahigkeitsindizes, ihre Eigenschaften und ihre Anwendung werden im letzten Teil des Kapitels behandelt. 1 Prozesskontrolle: Einf¨ uhrung Prozesskontrolle: Anwendung der Statistik zur Kontrolle (Beobachtung und Regelung) des Prozesses. Verfahren der Prozesskontrolle zeigen an

Transcript of 3. Prozesskontrolle -...

Page 1: 3. Prozesskontrolle - statistik.wu-wien.ac.atstatistik.wu-wien.ac.at/stat4/hackl/KF_SPD/spd03.pdf · Auch daf ¨ur bietet die Statistik eine Hilfe: die F¨ahigkeitsindizes sind sind

3. Prozesskontrolle

Stichworter: Kontrollkarten, Shewhart-Karte, x-Karte, R-Karte, s-Karte,p-Karte, c-Karte, Kontrollgrenzen, Lauflange, ARL, Warngrenzen, EWMA-Karte, CUSUM-Karte, Fahigkeitsindizes, Pre-control Karte.

Literatur:

Ledolter & Burrill, Statistical Quality Control, Kap. 12: Statistical Process Con-trol: Control Charts; Kap. 13: Process Capability and Pre-Control.

Bergman & Klefsjo, Quality, Kap. 12: Control Charts; Kap.13: Capability.

———————–

Jeder Prozess ist mit Zufallsschwankungen behaftet. Die statistische Prozesskon-trolle bietet Verfahren, mit deren Hilfe wir diese Variation analysieren konnen.Das erste Ziel ist es, diese Variation moglichst zu reduzieren; je geringer die Varia-tion, umso homogener der Output, umso hoher die Qualitat. Ganzlich eliminierender Variation wird naturlich nie moglich sein.

Die Variation des Prozesses hat zwei Komponenten, namlich Variation, die nor-male Ursachen (common causes) hat, und Variation, die spezielle, normalerweisenicht wirksame Ursachen (special causes) hat. Die wichtigsten Instrumente derstatistischen Prozesskontrolle sind die Kontrollkarten, die zum Ziel haben, dasAuftreten von ungewohnlichen Schwankungen (special causes) anzuzeigen. Wirkonnen mit ihrer Hilfe diagnostizieren, ob der Prozess stabil ist, und bei Bedarfrasch reagieren. Eine Vielzahl von Kontrollkarten erlauben ihre Anwendung unterunterschiedlichen Voraussetzungen.

Ein weiteres Thema dieses Kapitels ist der Frage gewidmet, in welchem Aus-maß die Variation des Prozesses es zulasst, dass die Anforderungen eines Kun-den an den Prozess-Output erfullt werden. Auch dafur bietet die Statistik eineHilfe: die Fahigkeitsindizes sind sind Indexzahlen, die das Ausmaß messen, indem ein Prozess bzw. sein Output die Anforderungen des Kunden erfullt, wo-bei die Anforderungen als Spezifikations- oder Toleranzgrenze vorgegeben sind.Fahigkeitsindizes, ihre Eigenschaften und ihre Anwendung werden im letzten Teildes Kapitels behandelt.

1 Prozesskontrolle: Einfuhrung

Prozesskontrolle: Anwendung der Statistik zur Kontrolle (Beobachtung undRegelung) des Prozesses. Verfahren der Prozesskontrolle zeigen an

Page 2: 3. Prozesskontrolle - statistik.wu-wien.ac.atstatistik.wu-wien.ac.at/stat4/hackl/KF_SPD/spd03.pdf · Auch daf ¨ur bietet die Statistik eine Hilfe: die F¨ahigkeitsindizes sind sind

• Anderungen des Mittelwertes (Niveau, Level),

• Anderungen der Prozessvariabilitat.

Kontrollkarte fur den Mittelwert von Kartonlangen nach Shewart

Mit den Verfahren der Prozesskontrolle soll die Frage beantwortet werden: Ist derProzess “in Kontrolle” (stabil)?

Zielsetzung der Prozesskontrolle ist es,

• rasch zu entdecken, wenn der Prozess “außer Kontrolle” ist

• mogliche Qualitatsverbesserungen zu identifizieren.

Die common (usual) causes der Variabilitat entsprechen dem Prozess in Kon-trolle; der Prozess gerat außer Kontrolle, wenn special (assignable) causes derVariabilitat wirksam sind. Kurzfristig sollen mittels Kontrollkarten die negativenFolgen auf den Prozess-Output verhindert werden. Dazu geben die KontrollkartenHinweise, wie die Qualitat des Prozess-Outputs verbessert werden kann.

Beachte! Die Frage danach, ob ein Prozess in Kontrolle oder außer Kontrol-le ist, muß unterschieden werden von der Frage nach den Prozess- (Qualitats-)anforderungen!

Ein Prozess, der sich in Kontrolle befindet, soll nicht verandert werden! EineIllustration dazu ist das Trichter- (funnel)-Experiment (Deming). Eine Kugelrollt durch einen Trichter; dieser ist so zu justieren, dass die Kugel den Punkt0 trifft. Nehmen wir an, die Kugel landet beim k-ten Versuch in zk. FolgendeStrategien konnen verfolgt werden, um die Abweichungen vom Ziel zu verringern:

Page 3: 3. Prozesskontrolle - statistik.wu-wien.ac.atstatistik.wu-wien.ac.at/stat4/hackl/KF_SPD/spd03.pdf · Auch daf ¨ur bietet die Statistik eine Hilfe: die F¨ahigkeitsindizes sind sind

A. Lasse den Trichter unverandert

B. Verschiebe den Trichter um −zk, ausgehend von der Position nach demk − 1-ten Versuch (memory)

C. Verschiebe den Trichter nach −zk

D. (Verschiebe Trichter nach zk; Problem des Malers)

Das Experiment kann mittels Computersimulation ausgefuhrt werden (siehe dieAufgaben).

Beim Gegenuberstellen von Prozesskontrolle (PK) und Annahmekontrolle (AK)ist zu beachten:

• PK reduziert Kosten fur Mangel (AK kommt zu spat)

• PK erlaubt es, Ursachen fur Mangel zu untersuchen und zu erkennen

• PK erlaubt es, den Prozess den Anforderungen anzupassen

• PK erlaubt Prozessverbesserungen

• PK erlaubt es, den Prozess robuster zu machen

2 Kontrollkarten

Kontrollkarten: Zeitreihen-Darstellung von Prozess- oder Produktcharakteri-stika:

• Graphische Hilfe um festzustellen, ob Prozess “in Kontrolle” ist.

• Kontrollkarten erlauben, zwischen Variabilitat durch common (usual) cau-ses und solcher durch special (assignable) causes zu unterscheiden.

• Gibt Alarm, wenn Prozess außer Kontrolle geraten ist; ermoglicht gezielteSuche nach den Ursachen.

• Ist Mittel, den Prozess besser zu verstehen und zu verbessern.

Das Konzept der Kontrollkarten geht auf Shewhart und die Zeit von ca. 1928zuruck. Die Kontrollkarten gehoren zu den erfolgreichsten Anwendungen der Sta-tistik. Grunde fur die Bedeutung der Kontrollkarten sind:

1. Anwendung zur Analyse des Prozesses oder Produktes

Page 4: 3. Prozesskontrolle - statistik.wu-wien.ac.atstatistik.wu-wien.ac.at/stat4/hackl/KF_SPD/spd03.pdf · Auch daf ¨ur bietet die Statistik eine Hilfe: die F¨ahigkeitsindizes sind sind

• Was (welche Prozess-Charakteristika) soll kontrolliert werden?

• Welche Standards sind zu erfullen?

• Welche Messungen?

• Welcher Messvorgang?

• Welche Verarbeitung der Messungen?

2. Produktentstehung ist wichtiger als Produkt: Die Verwendung vonKontrollkarten betont die Produktentstehung, nicht das Produkt; Deming:“94% der Probleme sind systemspezifisch, nur 6% sind durch special causesbedingt”.

3. Einfache Technik

Kontrollkarten konnen auch auf Dienstleistungen angewendet werden. Bei IBMKingston werden folgende Anwendungen im Bereich von Dienstleistungen berich-tet:

• Vorschlagswesen: Dauer zwischen Vorschlag und Realisierung

• Medizinische Einstellungsuntersuchung: Dauer

• Auftragsabwicklung: Zahl der Fehler

• Umzuge zwischen Buros: Zahl der Probleme

• Inspektionen der Haustechnik, Unzustellbarkeit von Postsendungen, Pro-bleme mit der Telefonanlage, etc.

2.1 Konstruktion von Kontrollkarten

Nach der Idee der Kontrollkarten nach Shewhart sind eine ganze Reihe von Kon-trollkarten fur unterschiedliche Anwendungen vorgeschlagen worden. Typen vonKontrollkarten:

• Mittelwerts-Karte (x-Karte)

• s-Karte (Standardabweichung)

• R-Karte (range, Spannweite)

• c-Karte (counts, Anzahl der Fehler)

• p-Karte (proportion, Anteil der Fehler)

Page 5: 3. Prozesskontrolle - statistik.wu-wien.ac.atstatistik.wu-wien.ac.at/stat4/hackl/KF_SPD/spd03.pdf · Auch daf ¨ur bietet die Statistik eine Hilfe: die F¨ahigkeitsindizes sind sind

Kontrollkarten fur metrische Merkmale: Mittelwerts-, s-, R-Karte; es sollenstets

• Mittelwert und

• Variabilitat

kontrolliert werden!

Aufbau der Kontrollkarten:

• Mittellinie, CL (center line)

• untere Kontrollgrenze, LCL (lower control limit)

• obere Kontrollgrenze, UCL (upper control limit)

Verwendung der Kontrollkarten:

• In regelmaßigen zeitlichen Intervallen wird eine Stichprobe (n = 4 oder 5)gezogen;

• fur die k-te Stichprobe wird berechnet: xk, sk, Rk; die Werte werden in dieKarten eingetragen.

Mittelwerts-Karte: bei stabilem Prozess sollen 99.73% der Mittelwerte inner-halb der Kontrollgrenzen liegen; die Entscheidung kann sein:

• Graph bleibt zwischen Kontrollgrenzen: “Prozess ist in Kontrolle, ist stabil”

• Graph uberschreitet untere oder obere Kontrollgrenzen: “Prozess ist außerKontrolle”; die Ursachen sind zu suchen und zu sanieren, bevor der Prozessfortgesetzt wird.

2.2 Kontrollgrenzen

2.2.1 Mittelwerts-Karte

In einer Initialisierungsphase werden Stichproben gezogen und die Großen xk, sk,Rk berechnet. Dabei muß der Prozess in Kontrolle sein!

Nach dem zentralen Grenzwertsatz gilt (naherungsweise): Bei stabilem Prozessliegen 99.73% der Mittelwerte xk im Intervall

µ− 3σ√n

, µ + 3σ√n

Page 6: 3. Prozesskontrolle - statistik.wu-wien.ac.atstatistik.wu-wien.ac.at/stat4/hackl/KF_SPD/spd03.pdf · Auch daf ¨ur bietet die Statistik eine Hilfe: die F¨ahigkeitsindizes sind sind

(3σ-Grenzen). Wir ersetzen µ durch dem Mittelwert ¯x der Mittelwerte xk ausder Initialisierungsphase, analog σ durch den Mittelwert s der sk; eine ublicheNotation ist

LCL = ¯x− A3s , UCL = ¯x + A3s ;

die Konstante A3 ist tabelliert; A3 hat den Wert von etwa 3/√

n.

Eine alternative Konstruktion der Mittelwerts-Karte verwendet die SpannweiteR anstelle von s:

LCL = ¯x− A2R , UCL = ¯x + A2R ;

die Konstante A2 entnehmen wir der Tabelle; A2 hat etwa den Wert 3/(d2

√n)

mit d2 aus E(R) = d2σ.

Beispiel 1: Gewicht von Brotlaiben. Zum Uberwachen des Gewichts werdenKontrollkarten verwendet. Konstruktion der Mittelwerts-Karte:

• Aus den Beobachtungen 1 bis 25 erhalten wir: ¯x = 100.92 kg, s = 1.74 kg; dieKontrollgrenzen ergeben sich zu LCL = 98.44 und UCL = 103.41.

• Achtung! Aus den Beobachtungen 1 bis 20 erhalten wir: ¯x = 100.17 kg, s = 1.70kg; die Kontrollgrenzen LCL = 97.74, UCL = 102.60 sind wesentlich enger!

Bei der Konstruktion der Kontrollgrenzen ist zu beachten:

• Ermittlung von ¯x und s nur mit Beobachtungen aus einem Prozess, der sichin Kontrolle befindet!

• Wenn notig, sind die Kontrollgrenzen nachzujustieren!

2.2.2 s-Karte

Bei stabilem Prozess liegen 99.73% der Standardabweichungen sk zwischen

LCL = B3s , UCL = B4s ;

die Konstanten B3 und B4 entnehmen wir der Tabelle.

Page 7: 3. Prozesskontrolle - statistik.wu-wien.ac.atstatistik.wu-wien.ac.at/stat4/hackl/KF_SPD/spd03.pdf · Auch daf ¨ur bietet die Statistik eine Hilfe: die F¨ahigkeitsindizes sind sind

2.2.3 R-Karte

Bei stabilem Prozess liegen 99.73% der Spannweiten Rk zwischen

LCL = D3R , UCL = D4R ;

R ist der Mittelwert der Spannweiten Rk aus der Initialisierungsphase; die Kon-stanten D3 und D4 entnehmen wir der Tabelle.

Beachte! Fruher wurde die R-Karte der s-Karte vorgezogen (sie ist einfacher zuhandhaben); die s-Karte zeigt eine Reduktion von σ eher an als die R-Karte!

2.3 Konstruktion einer Kontrollkarte

Dabei sind folgende Festlegungen zu treffen:

• Auswahl des Stichproben-Intervalls

• Auswahl des Stichproben-Umfanges

• Art der Stichprobe

Die Kontrollkarte ist auch der Situation anzupassen:

• Kleiner Stichproben-Umfang (4 oder 5): kleine δ werden toleriert.

• Kosten fur

– einzelne Messung

– Unterbrechung des Prozesses

– nicht entdecktes out-of-control Produkt

• “Rationale” Wahl der Stichproben (aus homogener Produktion, aus dergleichen Schicht, aus aufeinander folgender Produktion).

3 Bewertung von Kontrollkarten

3.1 Die Lauflange

Unter der Lauflange RL (run length) verstehen wir die Anzahl der Stichproben-werte, die gezogen werden, bis eine Kontrollgrenze uberschritten wird, bzw. dieKontrollkarte einen Alarm gibt. Die Lauflange hangt von der Abweichung vomParameter (z.B. Mittelwert) ab, der den stabilen Prozess charakterisiert.

Page 8: 3. Prozesskontrolle - statistik.wu-wien.ac.atstatistik.wu-wien.ac.at/stat4/hackl/KF_SPD/spd03.pdf · Auch daf ¨ur bietet die Statistik eine Hilfe: die F¨ahigkeitsindizes sind sind

Die Wahrscheinlichkeitsverteilung von RL ist eine Funktion der Wahrschein-lichkeit w, mit der ein Stichprobenwert außerhalb Kontrollgrenzen liegt:

w = P{Stichprobenwert liegt außerhalb Kontrollgrenzen} .

Damit erhalten wir

P{RL = 1} = w

P{RL = 2} = (1− w)w...

oder allgemein die Wahrscheinlichkeitsfunktion von RL zu

P{RL = k} = (1− w)k−1w , k = 1, 2, . . .

Da die Verteilung von RL meist kompliziert ist, interessiert man sich vor allemfur ihren Erwartungswert, die mittlere Lauflange ARL.

Die mittlere Lauflange (average run length) ARL ergibt sich zu

ARL = 1× P{RL = 1}+ 2× P{RL = 2}+ 3× P{RL = 3}+ . . .

=1

w

3.2 ARL der Mittelwerts-Karte

Wir unterscheiden zwei Falle:

A. Prozess in Kontrolle: Mittelwert der Kontrollvariablen sei µ0; die Stan-dardabweichung sei σ; fur Stichproben mit Umfang n sind die Kontrollgren-zen

LCL = µ0 − 3σ√n

, UCL = µ0 + 3σ√n

.

Wenn wir von der (naherungsweisen) Normalverteilung von X Gebrauchmachen, erhalten wir

w = 1− P{LCL ≤ x ≤ UCL} = 0.0027

und ARL = 0.0027−1 = 370.

B. Prozess außer Kontrolle: Der Mittelwert sei µ = µ0 + δσ. Dann ergibtsich

w = 1− P{LCL− ≤ x ≤ UCL}= 1− P{−3− δ

√n ≤ Z ≤ 3− δ

√n}

Die ARL hangt von δ (un d von n) ab: Je großer δ, umso kleiner wirdP{LCL− ≤ x ≤ UCL}, umso großer wird w und umso kleiner wird ARL.

Page 9: 3. Prozesskontrolle - statistik.wu-wien.ac.atstatistik.wu-wien.ac.at/stat4/hackl/KF_SPD/spd03.pdf · Auch daf ¨ur bietet die Statistik eine Hilfe: die F¨ahigkeitsindizes sind sind

4 Kontrollkarten fur Attribute

Gebrauchliche Kontrollkarten fur Attribute sind

• die p- und np-Karte,

• die c- und u-Karte.

4.1 Die p-Karte

Sie wird verwendet zur Kontrolle des Anteils von defekten Stucken. Sie zeigt dieEntwicklung des Anteils der defekten Stucke.

Die Kontrollgrenzen fur den Anteil sind

LCL = p− 3

√p(1− p)

ni

, UCL = p + 3

√p(1− p)

ni

mit p: durchschnittlicher Anteil.

Bei nur wenig variablem ni ersetzen wir die ni durch n, den durchschnittlichenWert der ni.

4.2 Die np-Karte

Sie ist eine Modifikation der p-Karte; sie zeigt – anstelle des Anteils – die Anzahlnp der defekten Stucke. Die Kontrollgrenzen sind

LCL = np− 3√

np(1− p) , UCL = np + 3√

np(1− p) .

4.3 Die c-Karte

Sie wird verwendet zur Kontrolle der Anzahl der Defekte (nonconformities) aneinem gepruften Stuck. Sie wird bei komplexen Produkten eingesetzt, beispiels-weise einem ganzen PKW.

Die Kontrollkarte zeigt die Entwicklung der Anzahl der Defekte. Sie wir auf Basisder Poisson-Verteilung konstruiert. Die Kontrollgrenzen sind

LCL = c− 3√

c , UCL = c + 3√

c

mit c: durchschnittliche Anzahl der Defekte.

Page 10: 3. Prozesskontrolle - statistik.wu-wien.ac.atstatistik.wu-wien.ac.at/stat4/hackl/KF_SPD/spd03.pdf · Auch daf ¨ur bietet die Statistik eine Hilfe: die F¨ahigkeitsindizes sind sind

4.4 Die u-Karte

Sie ist ahnlich der c-Karte, aber auf eine Einheit bezogen; die i-te Stichprobeumfasst ni Einheiten. Die Kontrollgrenzen fur u (die durchschnittliche Anzahlder Defekte pro Einheit) sind

LCL = u− 3

√u

ni

, UCL = u + 3

√u

ni

.

4.5 Vergleich zwischen Variablen- und Attributkontrolle

Dabei sind folgende Punkte zu beachten:

A. Die Variablenkontrolle

• berucksichtigt mehr Information,

• reagiert “rechtzeitig”,

• braucht kleinere Stichprobenumfange.

B. Die Attributkontrolle

• ist auch auf metrisch-skalierte Variable anwendbar (brauchbar: ja/nein),

• ist einfacher,

• kann mehrere Merkmale gemeinsam berucksichtigen,

• ist robuster.

5 Kontrollkarten mit Warngrenzen

In die Kontrollkarte werden neben den Kontrollgrenzen (3σ-Grenzen) die Warn-grenzen eingetragen. Die Warngrenzen sind typischerweise 2σ-Grenzen. Die Warn-grenzen konnen gemeinsam mit den Kontrollgrenzen verwendet werden, um zudiagnostizieren, dass ein Prozess außer Kontrolle geraten ist.

Bedingungen fur den Zustand “außer Kontrolle”

1. eine Beobachtung außerhalb 3σ-Grenze;

2. mindestens zwei von drei aufeinander folgenden Beobachtungen ober- oderunterhalb der Mittellinie CL und außerhalb der 2σ-Grenze;

3. mindestens vier von funf aufeinander folgenden Beobachtungen ober- oderunterhalb der Mittellinie CL und außerhalb der 1σ-Grenze;

Page 11: 3. Prozesskontrolle - statistik.wu-wien.ac.atstatistik.wu-wien.ac.at/stat4/hackl/KF_SPD/spd03.pdf · Auch daf ¨ur bietet die Statistik eine Hilfe: die F¨ahigkeitsindizes sind sind

4. mindestens acht aufeinander folgende Beobachtungen ober- oder unterhalbder Mittellinie CL;

5. mindestens 15 aufeinander folgende Beobachtungen innerhalb der 1σ-Grenzen(“hugging”);

6. mindestens 15 aufeinander folgende Beobachtungen außerhalb der 1σ-Grenzen(“Misch”-Prozess);

7. lange Folge von hoch-tief Beobachtungen (“Sagezahn”);

8. Zyklen, Trend.

Bei Verwenden der Kontrollkarte mit Warngrenzen wird

• ein Prozess außer Kontrolle rascher entdeckt (die ARL ist kleiner);

• aber auch die ARL bei einem Prozess in Kontrolle wird kleiner!

Beispiel 2: ARL von Kontrollkarte ohne und mit Warngrenzen. Der Prozessist in Kontrolle:

• Entscheidung berucksichtigt nur 1.: w = 0.0027, ARL(0) = 370;

• Entscheidung berucksichtigt 1. bis 4.: w = 0.01, ARL(0) = 100.

Der Prozess ist außer Kontrolle; der Mittelwert hat sich von µ nach µ+σ verschoben(δ = 1):

• Entscheidung berucksichtigt nur 1.: ARL(1) = 33.9,

• Entscheidung berucksichtigt 1. bis 4.: ARL(1) = 9.

Achtung! Prozess in Kontrolle heißt nicht, dass der Prozess fahig (ProduzierteStucke innerhalb der Toleranzgrenzen) ist!

6 Weitere Kontrollkarten

In diesem Abschnitt behandeln wir einige spezielle Kontrollkarten, namlich

• Kontrollkarten fur Einzelmessungen, und

• die EWMA-Karte.

Page 12: 3. Prozesskontrolle - statistik.wu-wien.ac.atstatistik.wu-wien.ac.at/stat4/hackl/KF_SPD/spd03.pdf · Auch daf ¨ur bietet die Statistik eine Hilfe: die F¨ahigkeitsindizes sind sind

6.1 Kontrollkarten fur Einzelmessungen

Die folgenden Kontrollkarten sind gebrauchlich:

6.1.1 Gleitende Spannweiten Karte

Die Gleitende Spannweiten oder MR-Karte (moving range) verwendet die soge-nannte gleitende Spannweite MRi; darunter verstehen wir die absolute Differenzaufeinander folgender Beobachtungen: MRi = |xi − xi−1|, i = 1, 2, . . .. Als Mit-tellinie CL verwenden wir den Mittelwert MR der MRi; die Kontrollgrenzen sind

LCL = 0 , UCL = 3.267 MR ;

vergl. D3 und D4 aus der Tabelle.

6.1.2 Karte fur individuelle Beobachtungen (x-Karte)

Zur Konstruktion der x-Karte werden folgende Großen verwendet: Als MittellinieCL den Mittelwert der xi (x); als Kontrollgrenzen

LCL = x− 3MR

1.128, UCL = x + 3

MR

1.128;

vergl. d2 aus der Tabelle.

6.2 EWMA-Karte (gleitende Mittelungskarte)

Die EWMA sind definiert zu

EWMAi = λxi + (1− λ)EWMAi−1

= λxi + λ(1− λ)xi−1 + . . . + λ(l − λ)i−1x1 + (l − λ)iEWMA0

mit λ: Glattungsparameter (0 ≤ λ ≤ 1). Typische Werte fur λ liegen zwischen0.1 und 0.2. Mit λ = 1 ergibt sich als Spezialfall die Mittelwerts-Karte!

Zur Konstruktion der EWMA-Karte werden folgende Großen verwendet: Mittel-linie CL: µ0 (das Niveau des stabilen Prozesses),

LCL = µ0 − 3σ

√λ

2− λ, UCL = µ0 + 3σ

√λ

2− λ;

das unbekannte σ wird geschatzt als A3s/3 oder als A2R/3 mit Konstanten ausder Tabelle.

Vorteil der EWMA-Karte: kleines ARL bei kleinen Storungen; kleine Storungenwerden leichter entdeckt als mit der Shewhart-Karte.

Page 13: 3. Prozesskontrolle - statistik.wu-wien.ac.atstatistik.wu-wien.ac.at/stat4/hackl/KF_SPD/spd03.pdf · Auch daf ¨ur bietet die Statistik eine Hilfe: die F¨ahigkeitsindizes sind sind

6.3 Neuere Entwicklungen

Kontrollkarten fur spezielle Anwendungen, deren Entwicklung in den letzten Jah-ren besonderes Interesse gefunden haben, sind

• Kontrollkarten fur Prozesse mit serieller Korrelation,

• Kontrollkarten fur multivariate Qualitats-Charakteristika,

• Kosten-optimale Kontrollkarten.

7 Prozessfahigkeit

Die Anforderungen des Kunden konnen mit folgenden Großen beschriebenwerden:

• Zielwert Tg (target value)

• Untere Spezifikationsgrenze LSL (lower specification limit)

• Obere Spezifikationsgrenze USL, upper specification limit)

Ist der (Produktions-)Prozess dazu fahig, diese Anforderungen zu erfullen?

Moglichkeiten, diese Fahigkeit zu prufen, sind

• graphische Darstellungen des Prozesses (z.B. Histogramm),

• Fahigkeitsindizes,

• die Pre-control Karte.

7.1 Graphische Darstellung

mit eingetragenen LSL und UCL geben einen optischen Eindruck

• der Prozessfahigkeit und

• des Anteils, der die Anforderungen nicht erfullt.

Quantifizierungen gerade dieses Anteils sind die Fahigkeitsindizes.

Page 14: 3. Prozesskontrolle - statistik.wu-wien.ac.atstatistik.wu-wien.ac.at/stat4/hackl/KF_SPD/spd03.pdf · Auch daf ¨ur bietet die Statistik eine Hilfe: die F¨ahigkeitsindizes sind sind

7.2 Fahigkeitsindizes

Die Fahigkeitsindizes sind Indexzahlen, die das Ausmaß messen, in dem ein Pro-zess die Anforderungen des Kunden erfullt. Die gebrauchlichsten Indizes sind:

• Cp-Fahigkeitsindex

• Cpk-Fahigkeitsindex

• Cpm-Fahigkeitsindex

• CR-Fahigkeitsindex

• Target-Z

7.2.1 Cp-Fahigkeitsindex

Der Cp-Fahigkeitsindex ist definiert als

Cp =USL−LSL

6σ,

wobei σ die Standardabweichung des interessierenden Qualitatsmermals ist. DerCp-Fahigkeitsindex misst die zulassige Streuung des Prozesses als Anteil an dertatsachlichen Streuung.

Beispiel 3: Cp einer normalverteilten Qualitatsvariablen. Wenn µ = Tg,enthalt der ±3α-Bereich 99.73% der Produkte. Wenn µ = Tg und Cp = 1, sind0.27% des Output Ausschuss.

Die folgende Tabelle gibt fur eine normalverteilte Qualitatsvariable mit µ = Tg

den Ausschussanteil fur verschiedene Werte von Cp. Der Ausschussanteil ist alsAnzahl der defekten Stucke unter 106 (ppm) angegeben.

Cp Bereich Def.ppm

1.00 ±3α 2699.931.33 ±4α 63.371.67 ±5α 0.572.00 ±6α 0.002

Page 15: 3. Prozesskontrolle - statistik.wu-wien.ac.atstatistik.wu-wien.ac.at/stat4/hackl/KF_SPD/spd03.pdf · Auch daf ¨ur bietet die Statistik eine Hilfe: die F¨ahigkeitsindizes sind sind

Viele Unternehmen verlangen heute ein Cp von 1.33.

Schatzung von Cp: Da σ normalerweise nicht bekannt ist, wird es durch dieStichproben-Standardabweichung s ersetzt:

Cp =USL−LSL

6s.

Beispiel 4: Breite und Starke von Bandstahl. Die Vorgaben fur den in einemWalzwerk erzeugten Bandstahl sind: (a) LSL = 3.97 und USL = 4.03 fur die Breite;(b) LSL = 0.235 und USL = 0.265 fur die Starke. Wir erhalten (s = 0.008)

Cp(Breite) =4.03− 3.97

6(0.008)= 1.25 ,

Cp(Starke) =0.265− 0.235

6(0.00421)= 1.19 .

Achtung! Der Cp-Fahigkeitsindex berucksichtigt nicht, ob x tatsachlich mit Tg

ubereinstimmt; ein extrem fahiger Prozess kann viel Ausschuss liefern!

7.2.2 Cpk-Fahigkeitsindex

Seine Definition ist

Cpk =min{USL−µ, µ− LSL}

3σ.

Schatzung von Cpk: µ und σ werden durch x und s ersetzt:

Cpk =min{USL−x, x− LSL}

3σ.

Beispiel 4: Breite und Starke von Bandstahl (Fortsetzung). Fur den Cpk-Fahigkeitsindex erhalten wir

Cpk(Breite) =min{4.03− 3.9947, 3.9947− 3.97}

3(0.008)=

min{0.0353, 0.0247}0.024

= 1.03 ,

Cpk(Starke) =min{0.265− 0.24894, 0.24894− 0.235}

3(0.00421)= 1.10 .

Page 16: 3. Prozesskontrolle - statistik.wu-wien.ac.atstatistik.wu-wien.ac.at/stat4/hackl/KF_SPD/spd03.pdf · Auch daf ¨ur bietet die Statistik eine Hilfe: die F¨ahigkeitsindizes sind sind

7.2.3 Cpm-Fahigkeitsindex

Seine Definition ist

Cpm =USL−LSL

6σ∗;

σ∗ misst die Variabilitat um Tg; wegen

σ∗2 = σ2 + (µ− Tg)2

erhalten wir

Cpm =Cp√

1 + (µ−Tg)2

σ2

.

Fur µ = Tg erhalten Cpm = Cp; je großer |µ−Tg|, umso kleiner wird Cpm gegenuberCp.

Schatzung von Cpm: µ und werden durch x und s ersetzt:

Cpm =USL−LSL

6s∗

mit

s∗2 =1

n− 1

∑i

(xi − Tg)2

oder

Cpm =USL−LSL

6√

s2 + (x− Tg)2.

Beispiel 4: Breite und Starke von Bandstahl (Fortsetzung). Fur den Cpm-Fahigkeitsindex erhalten wir

Cpm(Breite) =4.03− 3.97

6√

[(0.008)2 + (3.9947− 4.00)2]= 1.04 ,

Cpm(Starke) =0.265− 0.235

6√

[(0.00421)2 + (0.24894− 0.25)2]= 1.15 .

7.2.4 Weitere Fahigkeitsindizes

Der CR-Fahigkeitsindex CR, auch Fahigkeitsverhaltnis (capability ratio), wirdvon Procter & Gamble forciert. Er gibt den Anteil der zulassigen Streuung desProzesses an, den die tatsachliche Streuung ausnutzt. Er ist definiert zu

CR =1

Cp

.

Page 17: 3. Prozesskontrolle - statistik.wu-wien.ac.atstatistik.wu-wien.ac.at/stat4/hackl/KF_SPD/spd03.pdf · Auch daf ¨ur bietet die Statistik eine Hilfe: die F¨ahigkeitsindizes sind sind

Target-Z TZ ist ein Maß fur die Abweichung zwischen µ und Tg:

TZ =Tg − µ

σ.

CR und Target-Z gemeinsam erlauben die Beurteilung der Prozessfahigkeit. Jekleiner CR und je kleiner |TZ |, umso besser ist die Prozessfahigkeit zu bewerten.

Beispiel 5: Vorgaben von Procter & Gamble. Die Vorgaben sind: (a) CR <0.75 (das entspricht Cp > 1.33) und (b) |TZ | < 0.5 (µ muss innerhalb von σ/2 vonTg liegen).

Beispiel 4: Breite und Starke von Bandstahl (Fortsetzung). Fur CR undTarget-Z erhalten wir

CR(Breite) = 0.8 ,

TZ(Breite) =4.00− 3.9947

0.008= 0.66 ,

CR(Starke) = 0.84 ,

TZ(Starke) =0.25− 0.24894

0.00421= 0.25 .

Six Sigma ist Teil des TQM-Konzepts von Motorola. Die Anforderungen aneinen Six Sigma Prozess sind:

1. σ ist so klein, dass LSL und USL mindestens 6σ von Tg, d.h., USL−Tg < 6σund Tg − LSL < 6σ;

2. x weicht hochstens um 1.5 σ von Tg ab, also |x− Tg| < 1.5σ.

Ein Six Sigma Prozess mit normalverteilter Qualitatsvariablen produziert maxi-mal 3.4 defekte Stucke per Million produzierter Stuck! Sei X ∼ N(Tg + 1.5σ, σ2);dann erhalten wir

P{defektes Stuck} = 1− P{Tg − 6σ ≤ X ≤ Tg + 6σ)

= 1− P{−7.5 ≤ X ≤ 4.5} ∼= 1− Φ(4.5) = 0.0000034

Beachte! Cpk = 1.5.

Fahigkeitsindizes fur einseitige Spezifikationsgrenzen erhalten wir durchModifikation der Indexdefinitionen; z.B.

Cpk(oben) =USL−µ

3σ.

Page 18: 3. Prozesskontrolle - statistik.wu-wien.ac.atstatistik.wu-wien.ac.at/stat4/hackl/KF_SPD/spd03.pdf · Auch daf ¨ur bietet die Statistik eine Hilfe: die F¨ahigkeitsindizes sind sind

8 Fahigkeitsindizes in der Praxis

1. Gutes Instrument zur Dokumentation

2. Wahl von LSL und USL entscheidend

3. Normalverteilungsannahme ist meist nicht zutreffend!

4. Stabiler Prozess vs. fahiger Prozess

5. Schatzung der Fahigkeitsindizes

Die Normalverteilungsannahme ist bei Nichtzutreffen irrefuhrend!

Beispiel 6: Fahigkeit eines Prozesses mit Gleichverteilung. Das Qua-litatsmerkmal des Prozesses folge einer Gleichverteilung: X ∼ U(−1, 1); fur X erge-ben sich µ = 0, σ = 0.577. Die Spezifikationsgrenzen seien LSL = −1.5, USL = 1.5.Die Wahrscheinlichkeit fur defekten Output ist Null! Aber Cp = 3/[6(0.577)] = 0.87!

Achtung! Bei light-tail Verteilungen ist der Prozess wesentlich fahiger, als es dieFahigkeitsindizes anzeigen; bei heavy-tail Verteilungen geben Fahigkeitsindizesein zu optimistisches Bild!

Schatzung der Fahigkeitsindizes: Eine einfache Stichprobe ist nicht ausrei-chend; aus Prozesskontrolle kann

•√

nA3s/3 oder√

nA2R/3 als Schatzer fur σ

• ¯x als Schatzer fur µ

genommen werden. Dabei wird ein stabiler Prozess vorausgesetzt!

Beispiel 7: Produktion von Schachteln aus Karton. Qualitatsmerkmal istdie Lange der Schachteln. Das Beobachten des Prozesses hat ergeben: ¯x = 25.134,A3s = (1.628)(0.1572) = 0.256; mit n = 4 erhalten wir s = 0.171. Bei den VorgabenTg = 25, LSL = 24 und USL = 26 finden wir

Cpk =min{26− 25.134, 25.134− 24}

(3)(0.171)= 1.69 .

Konfidenzintervall fur Fahigkeitsindizes: z.B. fur Cpk (bei stabilem Prozessund normalverteilter Qualitatsvariablen):

Cpk

1± 2

√√√√ 1

9nC2pk

+1

2(n− 1)

mit n: Zahl der Beobachtungen zum Schatzen von Cpk.

Page 19: 3. Prozesskontrolle - statistik.wu-wien.ac.atstatistik.wu-wien.ac.at/stat4/hackl/KF_SPD/spd03.pdf · Auch daf ¨ur bietet die Statistik eine Hilfe: die F¨ahigkeitsindizes sind sind

9 Pre-Control Karte

Die Pre-Control Karte wurde von Shainin vorgeschlagen. Sie basiert auf denProzessanforderungen (Tg, LSL, USL).

Konstruktion: Zeitreihen-Darstellung (analog der Shewhart-Karte) mit zweigrunen, zwei gelben und zwei roten Zonen; die PC(Pre-Control)-Linien liegenbei Tg ± |USL−Tg|/2.

Das Verfahren wird in folgenden Schritten ausgefuhrt:

1. Probelauf (setup approval):

(a) wenn 5 aufeinander folgende Stucke innerhalb der grunen Zonen: Be-ginn der Standardprufung;

(b) ist ein Stuck in gelber Zone: Probelauf wiederholen;

(c) sind zwei aufeinander folgende Stucke in gelber Zone oder eines in roterZone: Prozess adjustieren

2. Standardprufung: zwei aufeinander folgende Stucke werden in regelmaßigenIntervallen gezogen

(a) beide in grunen Zonen oder eine in gruner, eine in gelber Zone: weiter

(b) beide in gleicher gelber Zone: Prozess (Niveau?) adjustieren, dann Pro-belauf

(c) beide in verschiedenen gelben Zone: Prozess (Variabilitat?) untersu-chen, dann Probelauf

(d) eine in roter Zone: Prozess untersuchen, dann Probelauf

Intervalle zwischen Stichproben so, dass zwischen Stops 6 Paare gezogen werden.

Anwendung: Kontrolle von maschineller Bearbeitung (Uberprufen der Justie-rung, dann des laufenden Prozesses); Output soll brauchbar sein; nicht entschei-dend (oft nicht anwendbar), ob der Prozess stabil ist; Voraussetzung ist einfachesAdjustierverfahren.

Achtung! Wenn Prozess nicht stabil, kann haufiges Adjustieren notig sein (ver-gleiche funnel -Experiment!)

Aufgaben

1. Fuhren Sie das funnel-Experiment in folgender Variation aus: Werfen Sie100-mal zwei Wurfel (Sie konnen das mit realen Wurfeln oder in EXCEL

Page 20: 3. Prozesskontrolle - statistik.wu-wien.ac.atstatistik.wu-wien.ac.at/stat4/hackl/KF_SPD/spd03.pdf · Auch daf ¨ur bietet die Statistik eine Hilfe: die F¨ahigkeitsindizes sind sind

machen) und registrieren Sie die Summe Tk (k = 1, . . . , 100) der gewor-fenen Augenzahlen; uberprufen Sie: x = 7, σ = 2.415. Berechnen Sie die“Prozessvariable” Pk nach folgenden Anpassungs-Strategien:

• Strategie 1: Pk = Tk

• Strategie 2: Pk = Tk + (7− Tk−1)

• Strategie 3: Pk = Tk + (7− Pk−1)

2. Zeichnen Sie fur die drei Strategien Zeitreihen-Diagramme und berechnenSie Mittelwerte und Standardabweichungen.

3. Leiten Sie Erwartungswerte und Standardabweichungen fur die Prozessva-riablen der drei Strategien ab.

4. Unter Harteprufung finden Sie die Ergebnisse von 25 Stichproben zu je vierHarteprufungen von Titanium-Scheiben, die im Rahmen einer Prozesskon-trolle aus einer laufenden Produktion zufallig ausgewahlt wurden. Fur dieseDaten sind Mittelwerts-, s-, R-Karten zu zeichnen und zu interpretieren.

5. Unter StPDaten, Tabelle Manitoba, finden Sie die jahrlichen Zahlen derUnfalle mit Todesopfern (number of vehicle fatalities) und solcher Unfallemit Todesopfern, bei denen Alkoholisierung festgestellt wurde (number ofalcoholrated fatalities). Im Mai 1979 wurde die Gesetzgebung hinsichtlichAlkohols am Steuer verscharft. Verwenden Sie eine c-Karte, um den Effektdieser Gesetzesanderung zu uberprufen.

6. Planen Sie die Beobachtung eines personlichen Merkmals wie Dauer derZeitungslekture oder des Zahneburstens, Wegzeit an die Uni etc. VerwendenSie bei dieser Planung die Guidelines von Pyzdek.

7. Unter StPDaten, Tabelle Whitney, finden Sie Mittelwerte und Spannweitendes Gewichts von Spritzgussteilen; es handelt sich um Ergebnisse, die aufBasis von Stichproben vom Umfang 5 erhalten wurden.

• Zeichnen Sie Mittelwerts- und R-Karten und interpretieren Sie diese

• Fassen Sie die Mittelwerte als Einzelbeobachtungen auf; zeichnen Siex- und MR-Karten und interpretieren Sie diese im Vergleich zu denMittelwerts- und R-Karten

8. Unter Karton (EXCEL-Datei StPDaten, Tabelle Karton) finden Sie die Mes-sungen zur Prozesskontrolle eines Langenmerkmals von Kartonverpackun-gen. Der Zielwert sei 25cm, die Untere (Obere) Spezifikationsgrenze sei 24(26) cm.

Page 21: 3. Prozesskontrolle - statistik.wu-wien.ac.atstatistik.wu-wien.ac.at/stat4/hackl/KF_SPD/spd03.pdf · Auch daf ¨ur bietet die Statistik eine Hilfe: die F¨ahigkeitsindizes sind sind

(a) Verwenden Sie die 100 Beobachtungen als eine einzelne Stichprobe,aus der Sie µ und σ schatzen, und bestimmen Sie Cp, Cpk, Cpm, CRund Target-Z. Interpretieren Sie die Ergebnisse.

(b) Schatzen Sie µ und σ, wobei die einzelnen Stichproben als Messungenfur Kontrollkarten ansehen, und wiederholen Sie (a).

(c) Vergleichen Sie die Ergebnisse von (a) und (b). Diskutieren Sie Vor-und Nachteile.

9. Verwenden Sie die ersten beiden Messungen jeder Beobachtung aus derTabelle Karton in der EXCEL-Datei StPDaten. Konstruieren Sie eine Pre-Control Karte, wobei der Zielwert 25cm und die Untere (Obere) Spezifika-tionsgrenze 24 (26) cm anzunehmen sind. Interpretieren Sie die Ergebnisse.Stellen Sie der Pre-Control Karte die Mittelwerts- und R-Karten gegenuber;diskutieren Sie den Unterschied in der Verwendung von Kontrollkarten undder Pre-Control Karte.