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    Archaeology.

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    gypt xploration Society

    Sind Die Nichtliterarischen Schriftostraka Brouillons?Author(s): S. AllamSource: The Journal of Egyptian Archaeology, Vol. 54 (Aug., 1968), pp. 121-128Published by: Egypt Exploration SocietyStable URL: http://www.jstor.org/stable/3855915

    Accessed: 01-12-2015 19:25 UTC

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    (121)

    SIND DIE NICHTLITERARISCHEN

    SCHRIFTOSTRAKA

    BROUILLONS

    ?

    Von

    S.

    ALLAM

    IN der

    Ostrakologie

    hat sich

    nach

    und

    nach

    eine

    Meinung

    gebildet,

    nach der die

    nichtliterarischen

    Schriftostraka

    n den meisten Fallen

    Entwiirfe zu

    Reinschriften

    auf

    Papyrus

    gewesen

    seien.

    Im

    folgenden

    wollen

    wir nun anhand

    der

    unzahligen,

    in

    West-

    Theben

    zutage

    gekommenen

    Ostrakaaus

    der Ramessidenzeit

    untersuchen,

    inwieweit

    die

    herrschende

    Meinung

    zutreffend

    ist.

    Es

    wird

    dahingehend argumentiert,

    daB sich

    ein Ostrakon

    Tonscherbe

    oder

    Kalksteinsplitter

    schon

    seiner

    Natur

    nach

    nicht zu einer Urkunde

    eigne,

    die

    man

    lange

    aufheben und

    im Bedarfsfalle einem

    Gericht

    vorlegen

    k6nne.2

    Dem

    kann man

    a

    priori

    entgegenhalten,

    da3

    im

    vorderasiatischenAltertum die

    Tontafel die

    typische

    Urkundenform

    zu alien

    Zeiten

    gewesen

    ist.3

    Bei

    der

    Tontafel

    empfand

    man kein

    Hindernis,

    sie als

    Urkunde im

    Rechtsverkehr zu beniitzen.

    Warum

    sollte es

    anders

    bei den

    Ostraka

    m

    Alten

    Agypten gewesen

    sein? Auch kann man Ostrakanach Belie-

    ben

    lange

    aufbewahren.Freilich ist ein Ostrakonder

    billige

    bzw. kostenlose Beschreib-

    stoff

    -

    im

    Gegensatz

    zu

    Papyrus

    und Leder

    -,

    ebenfalls der

    praktische

    im

    Gegensatz

    zu

    Holz

    -

    gewesen.

    Dies

    bedeutet

    keineswegs,

    daBfes deshalb nur zum

    Gebrauch

    als

    Kladde

    bestimmt

    war. Es

    ist

    verstandlich,

    daB

    man

    in

    unbemittelten

    Bevolkerungsschichten

    und

    untergebenen

    Behorden,

    vor

    allem

    bei

    der

    Beurkundung

    von

    weniger wichtigen

    Rechtsvorgangen,

    zum

    billigen

    und

    einfachen

    Schreibmaterial

    griff.4

    Hierbei

    verdient

    die

    Tatsache

    beachtet zu

    werden,

    daB sich

    unter den

    Ostraka

    aus der Ramessidenzeit

    zahlreiche

    Palimpseste

    finden;

    dies

    sind

    Ostraka,

    die man

    wie

    beim

    Papyrus

    nach Abwaschen

    des

    fruheren

    Textes

    zur

    Niederschrift

    eines

    neuen

    wieder

    verwendete.5 Demnach

    scheint ein

    Ostrakon mit

    geeigneter

    Oberflache

    als

    Beschreibstoff

    praktisch

    gewesen

    zu

    sein.

    DaO3

    man

    dabei

    den

    fruheren

    Text

    abwusch,

    Eine

    besondere

    Freude bereitete mir

    die

    Diskussion,

    die ich mit Herrn

    Professor

    J.

    Cerny

    iiber

    dieses

    Thema fuhren

    durfte,

    als er sich in

    Tiibingen

    wahrend des

    Sommer-Semesters

    1967

    als

    Gastprofessor

    aufhielt.

    Dem hochverehrten

    Jubilar

    gilt

    auch

    dafiir mein

    verbindlichster Dank.

    2

    E. Seidl, Einfiihrung n die dgyptischeRechtsgeschichtebis zum Ende des Neuen Reiches(Gliickstadt, 1957),

    22, 25,

    29;

    s.

    ferner

    Seidl,

    Romische

    Rechtsgeschichte

    und

    rimisches

    ZivilprozeJfrecht

    Koln, I962),

    i6;

    Seidl,

    'Altagyptisches

    Recht',

    in Handbuch

    der

    Orientalistik,

    Erginzungsband

    III,

    Orientalisches

    Recht

    (Leiden/Koln,

    I964),

    6.

    3

    M.

    San

    Nicolo,

    Beitrdge

    zur

    Rechtsgeschichte

    m

    Bereiche der

    keilschriftlichenRechtsquellen

    Oslo,

    I931),

    I

    4

    ff.

    4

    Fur

    die

    haufige Verwendung

    von

    Ostraka

    (hauptsachlich

    Tonscherben)

    zur

    griechisch-romischen

    Zeit s.

    U.

    Wilcken,

    Griechische

    Ostraka aus

    Agypten

    und

    Nubien

    (Leipzig/Berlin, I899),

    I, 7

    f;

    G.

    Mattha,

    Demotic

    Ostraka

    from

    the Collections

    at

    Oxford, Paris, Berlin,

    Vienna,

    and Cairo

    (Cairo,

    1945),

    6

    f.

    Als

    gutes

    Beispiel

    kann 0.

    Cairo

    255

    I7

    dienen,

    das

    mindestens viermal beniitzt

    wurde; J.

    Cerny,

    Ostraca

    hieratiques

    (Le

    Caire,

    1935),

    8

    f.

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    braucht nicht

    unbedingt

    fiir den

    Charakter

    einer

    Kladde

    zu

    sprechen;

    es konnte

    sein,

    daB man den

    friiheren

    Text erst dann

    abwusch,

    wenn dieser aus

    irgendeinem

    Grunde

    keine rechtliche

    Bedeutung

    mehr

    hatte.I

    Es

    wird weiterhin

    argumentiert,

    da13

    ie

    Ostraka

    apidare

    Texte

    zum Inhalt

    haben,

    da

    sie dem Schreiber bei der spateren Reinschrift auf Papyrus als Gedachtnisstiitzen

    dienten;

    deshalb

    begntigte

    sich

    jener,

    wenn er ein

    Ostrakon

    als Beschreibstoff

    verwen-

    dete,

    mit

    der

    Niederschrift von

    knappen

    Angaben.2

    Diese

    Ansicht

    wird

    dadurch

    widerlegt,

    daB3

    ancher

    auf

    Ostrakon

    geschriebene

    Text

    in

    keinerWeise

    knapper

    ormu-

    liert

    erscheint,

    als

    einer

    ahnlichen

    Inhalts

    auf

    Papyrus.

    Dies

    wird

    deutlich,

    wenn

    wir

    z.

    B.

    den

    Text auf

    0. Genf

    12550,

    das Protokoll iber

    ein

    Gottesentscheidungsverfahren

    anlIf3lich

    ines

    Rechtsstreits

    iiber

    Hausbesitz,

    mit dem auf P.

    DeM

    26,

    einem

    Sammel-

    bericht

    iiber

    verschiedene

    Verfahren

    n mehreren

    Streitsachen,

    vergleichen.3

    Dies

    wird

    ebenfalls

    augenfallig,

    wenn

    wir

    im

    besagten

    Papyrus(Teil

    A,

    recto)

    den Bericht

    fiber

    eine

    Gerichtsverhandlung,

    n

    der

    ein

    Obmann

    der

    Arbeitstruppe

    n Deir el-Medina

    als

    Ankliger auftritt, dem Bericht fiber eine ahnliche Gerichtsverhandlungauf 0. Cairo

    255564

    gegeniiberstellen.

    Diese

    Beobachtung

    wird

    fernerhin

    bestatigt,

    wenn

    die

    Mitteilung

    von

    einer

    Gerichtsentscheidung

    m P. Turin

    (Journal

    vom

    17.

    Jahr

    Ram-

    ses'

    IX.)5

    und

    die

    von

    einer

    anderen

    Gerichtsentscheidung

    auf

    0. Berlin

    12654,

    recto

    (unpubl.)

    in Betracht

    gezogen

    werden.

    Auch

    sind

    die Texte

    auf 0. DeM

    569,

    0.

    DeM

    580,

    0.

    DeM

    5826

    und

    0.

    Gardiner

    103,7

    die

    allem

    Anschein

    nach

    Klageschriften

    darstellen,

    fur

    die

    damaligen

    Verhaltnisse

    ausfiihrlich

    formuliert.

    Denselben

    Eindruck

    machen

    die

    Gerichtsprotokolle

    auf 0.

    Chicago

    12073,

    0.

    Nash

    I

    und

    0. Nash

    2.8

    Doch

    miissen

    wir

    zugeben,

    daB

    die Texte

    auf Ostraka

    des 6fteren

    nicht leicht

    ver-

    standlich

    sind.

    Denn

    mancher

    Text

    fiihrt

    uns

    gleich

    in einen

    Zusammenhang,

    der

    uns

    fremdanmutet.So hattenwir den Text auf 0. Gardiner

    104

    nicht als eine Abstandsur-

    kunde

    erkennen

    konnen,

    wenn

    wir kein

    Vergleichsmaterial

    herangezogen

    hatten.9

    Auch hatten

    wir

    die

    Ostraka

    mit

    Fragen

    an den

    Orakelgott

    nicht

    als

    solche

    deuten

    k6n-

    nen,

    wenn

    uns

    die

    Institution

    und

    Phraseologie

    des Orakels

    zur

    Ramessidenzeit

    nicht

    Das

    zeigt

    andererseits,

    daB man

    mit den Ostraka

    als

    Schreibmaterial

    sparsam

    umging.

    Neben

    Palim-

    psesten

    gibt

    es viele

    opisthographe

    Ostraka,

    bei

    denen auch

    die Rickseite beschrieben

    ist. Ferner

    sind

    zahl-

    reiche

    Falle

    vorhanden,

    in denen

    der Schreiber

    aus

    Sparsamkeit

    nicht

    nur

    einen,

    sondern

    mehrere

    Nachtrage

    auf

    demselben

    Ostrakon

    notierte.

    Auch bentitzte

    man

    alte,

    schon beschriebene

    Ostraka,

    die

    noch freien

    Raum

    boten,

    zu

    einer

    neuen

    Eintragung,

    ohne

    den

    alten

    Text

    abzuwaschen,

    z. B.

    O.

    Gardiner

    103

    =

    J.

    Cerny

    und

    A.

    Gardiner,

    Hieratic

    Ostraca

    (Oxford, 1957),

    pl.

    52,

    2.

    2

    M.

    Malinine,

    'Notes

    juridiques',

    in

    BIFAO

    46

    (1947),

    96;

    F.

    Daumas,

    La

    Civilisation

    de

    l'Egypte

    pharaoni-

    que

    (Paris,

    1965),

    I9I.

    3

    Die Kenntnis von diesen beiden, ebenso von im folgenden erwahnten, unpublizierten Texten verdanke

    ich

    der

    Freundlichkeit

    Herrn

    Professor

    J.

    Cernys.

    4

    Cerny,

    OH,

    44*;

    Ubersetzung

    durch

    Cerny,

    'Quelques

    ostraca

    .

    .

    .',

    in

    Ann. Serv.

    27

    (I927),

    200 f.

    s

    G.

    Botti

    und

    E.

    Peet,

    II

    giornale

    della

    necropoli

    di Tebe

    (Torino,

    1928),

    tav.

    43,

    I7-18;

    Ubersetzung,

    ibid.

    38.

    6

    S.

    Sauneron,

    Catalogue

    des ostraca

    hieratiques

    non

    litteraires

    de Deir

    el-Medineh

    (Le

    Caire,

    I959), pls. Io,

    15,

    I7.

    Ubersetzung

    des letzten

    Textes

    in W.

    Helck,

    Materialien

    zur

    Wirtschaftsgeschichte

    es Neuen

    Reiches,

    III

    (Mainz,

    I963), 502.

    7

    supra

    Anm.

    I; flbersetzung

    in

    Helck, op.

    cit.,

    341.

    8

    Cerny

    und

    Gardiner, HO,

    pls. 77;

    46,

    2;

    47,

    I.

    9

    S.

    Allam,

    'Eine

    Abstandsurkunde

    aus

    der Zeit des

    Neuen

    Reiches',

    in

    JEA

    53

    (I967),

    47ff.

    S. ALLAM

    22

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    4/9

    NICHTLITERARISCHE

    SCHRIFTOSTRAKA

    bekannt

    gewesen

    ware.'

    In den Texten auf Ostraka

    steht aber

    auch mancher Satz

    in

    einem

    durchaus

    verstandlichen

    Zusammenhang

    isoliert da.

    Dies ist bei

    den

    Worten

    des Verurteilten und

    Ersatzpflichtigen

    in

    0.

    Ashmolean

    Museum

    1933.810,

    recto

    7-8

    der

    Fall.

    Erst anhand

    von weiteren

    Belegen

    dafiir ist

    es uns

    gelungen,

    diese

    Worte

    als Eviktionsklauselzu erkennen, die man bei der

    Ubereignung

    einer Sache

    zugunsten

    eines

    Geschaftspartners

    zu

    bekraftigen

    hatte.2

    Ahnlich

    liegt

    der

    Fall

    bei 0.

    DeM

    73,

    recto

    4.3

    Dort

    hatte

    ein

    Schuldner

    seinem

    Glaubiger

    einen

    Esel

    von

    guter

    Qualitat

    zu

    erbringen.

    Bei

    der

    Ubergabe,

    die vor

    einem richterlichen

    Schreiber

    vollzogen

    wurde,

    legte

    der leistende

    Schuldner

    den Eid

    ab,

    dessen

    Bedeutung

    sich nicht

    gleich

    aufhellt.

    Nach

    Vergleich

    mit

    0.

    Chicago

    12073,

    verso,

    wo

    von einem

    ahnlichen

    Vorgang

    berich-

    tet

    wird,

    k6nnen

    wir die

    Bedeutung

    der

    Eidesleistung

    durch den

    Ersatzpflichtigen

    bei der

    Ubereignung

    des Ersatzes

    zugunsten

    des

    Ersatzberechtigten

    ausmachen: der

    Ersatzpflichtige

    hatte zu

    beschworen,

    da63er

    mit der

    Leistung

    an

    den

    Begiinstigten

    einverstanden

    sei

    bzw.

    dagegen

    keinen

    Einspruch

    erheben werde.

    Anhand dieser

    wenigen Beispiele wird gezeigt, da13der altagyptische Schreiber bei der Verwendung

    von Ostraka

    seinen

    Text manchmal

    nicht

    vollstandig

    niederschrieb.

    Dies

    wird ver-

    standlich,

    wenn

    wir

    bedenken,

    da13

    die

    Oberflache

    eines Ostrakons

    beschrankt

    ist

    und

    nicht so

    viel

    Raum

    zum Beschreiben

    bietet. Wohl

    deshalb

    hatte der Schreiber seinen

    Text

    an

    mancher Stelle

    zu

    kiirzen,

    vor allem

    dort,

    wo

    der

    Zusammenhang

    ihm

    und

    seiner

    Umwelt

    gelaufig

    und

    unmif3verstindlich

    war.

    Hinzu

    kommt,

    daf3 die

    Ostraka

    hauptsachlich

    in

    niederen Volkskreisen

    bei

    Beurkundung

    von

    wenigen wichtigen

    Rechtsvorgangen

    als

    Beschreibstoff

    benutzt wurden.

    Gerade deshalb

    darf man

    auf

    ihnen

    nicht

    immer

    einen

    fehlerfreien,

    vollstandigen

    Text

    erwarten.

    Die herrschende

    Meinung

    erhartet

    sich

    scheinbar

    durch

    die

    Beobachtung,

    dal3

    man

    Berichte

    uiber

    den

    Hergang

    von

    Bauarbeiten

    in der

    thebanischen

    Nekropole

    auf

    Ostraka

    niederschrieb;

    die

    Tatsache,

    da3

    solche

    Journale

    auch auf

    Papyrus gefunden

    wurden,

    spreche

    dafiir,

    daB

    der Schreiber seinen

    Bericht zuerst

    (fliichtig)

    auf

    Ostraka

    verfaBte,

    ihn

    spater

    jedoch

    (sorgfaltig)

    zu

    Papyrus

    brachte.4

    Diese

    Behauptung

    la63t

    sich

    nicht

    ohne weiteres

    halten;

    es

    konnte

    sein,

    daf

    die

    Journale

    auf

    Papyrus

    fur

    einen

    anderen

    Zweck

    -

    vielleicht

    im Verkehr

    mit

    vorgesetzten

    Beh6rden

    -

    verfaBt

    wurden.

    Betrachten

    wir die auf uns

    gekommenen

    Protokolle

    (zwei

    auf Ostraka

    und

    eins

    auf

    Papyrus)

    ein

    und derselben

    Verhandlung,

    die eine mit richterlicher

    Gewalt

    ausgestattete

    Kommission

    in einer

    Streitsache

    in Deir el-Medineh

    geftihrt

    hat

    Es

    handelt

    sich

    dabei

    um

    O.

    B.M.

    5624,

    0.

    Florenz

    264

    (unpubl.)

    und

    P. Berlin

    10496.5

    Alle

    diese

    Texte berichten

    zwar

    von

    derselben

    Sache

    und derselben

    Augenscheins-

    einnahme. Jeder Text weist aber bedeutende Abweichungen von dem anderen auf, so

    da3 wir

    nicht

    behaupten

    konnen,

    dal

    der eine dem andern

    als

    Konzept zugrunde

    Cern,

    'Questions

    adressees

    aux

    oracles',

    in BIFAO

    35 (1935), 54

    f.;

    Cerny,

    'Nouvelle serie

    de

    questions

    .

    .',

    in

    BIFAO

    41 (I942),

    2i.

    2

    Allam,

    'Zwei SchluBklauseln

    zur

    tbertragung

    eines

    Rechts

    im

    Alten

    Agypten',

    in Bi.

    Or.

    24 (1967),

    15

    f.

    3

    Cerny,

    Catalogue

    des

    ostraca

    hie'ratiques

    non

    litteraires

    de Deir

    el-Medineh,

    I (Le Caire,

    1935),

    pl.

    50;

    hierzu

    Allam,

    loc.

    cit.,

    i6 f.

    4

    B.

    van

    de

    Walle,

    in

    Chron.

    d'Eg.

    22

    (1947),

    28I;

    Sauneron, op.

    cit., p.

    x,

    n.

    4;

    p.

    xvii

    f.

    5

    A.

    Erman,

    Zwei

    Aktenstiicke

    aus

    der thebanischen

    Grdberstadt

    (= SPAW, phil.-hist.

    Classe, 1910, xix).

    I23

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    5/9

    gelegt

    worden

    ware.

    Es ist

    daher

    anzunehmen,

    daB

    jeder

    dieser

    Texte

    fur einen

    bestimmten

    Zweck verfaBt wurde. Dabei durfen wir

    nicht

    iibersehen,

    daB

    bei der

    Erledigung

    der Streitsache drei Schreiber

    zugegen

    waren;

    vielleicht hatte

    jeder

    von

    ihnen

    ein

    Protokoll

    dariiber

    auszufertigen.

    Unser Anliegen laIBtich durchmancheSammelberichteauf Ostraka,wo ein Bericht

    verschiedene

    Eintragungen

    mit verschiedenen

    Datierungen

    enthalt,

    beleuchten.

    Solche

    Sammelberichte

    sprechen

    dafiir,

    da3

    man

    die

    Ostrakadamals

    fir

    langere

    Zeit

    wohl

    in

    einem Archiv

    aufzubewahren

    und

    in

    sie weitere

    Texte

    nachzutragenpflegte.

    Einer dieser Sammelberichte

    st

    uns

    auf 0.

    Berlin

    12654 (unpubl.)

    erhalten.

    Es

    handelt

    sich

    dabeium

    mehrere

    Eintragungen,

    die

    in

    verschiedenen

    Zeitabstanden

    vom Schreiber

    des

    staatlichen Bauamts

    der thebanischen

    Nekropole vorgenommen

    wurden.

    Die

    erste

    betrifft die

    Registrierung

    der

    Nekropolenarbeiter

    durch

    ein

    Beamtenkollegium

    am

    9.

    Tag

    des

    3.

    Sommermonats

    im

    2.

    Regierungsjahr

    Ramses' VI.).

    Die zweite

    handelt

    vom

    Eintreffen

    eines

    gewissen

    Schreibers

    sowie

    von

    dessen

    Anweisung

    an

    die

    Ob-

    manner der Arbeitstruppe;hinzu tritt eine Entscheidung des Lokalgerichts

    in einer

    Streitsache

    zwischen diesem

    Schreiber

    und

    einem Maler. Ferner erfahren

    wir von

    einer

    durch

    diesen Schreiber

    dem Bauamt uiberbrachten

    Anordnung

    des

    Wesirs.

    Darauf

    folgt

    die

    Nachricht,

    daB derselbe

    Schreiber am

    29.

    Tag

    desselben

    Monats

    wieder

    einmal

    zur

    Registrierung

    der Arbeiter

    eintraf.

    Der

    Sammelbericht

    schlieBt

    mit

    der

    Mitteilung,

    daB die

    Angehorigen

    des Bauamts

    dem Wesir am

    2.

    Tag

    des

    4.

    Uber-

    schwemmungsmonats

    etwa

    vier Monate

    spater

    als

    die letzte

    Registrierung

    zwei

    silberne

    Gegenstande

    ibergeben

    haben.

    Vor

    allem dieser

    Zeitabstandvon vierMonaten

    laBt

    annehmen,

    daB der

    Schreiber

    den Sammelbericht

    nicht am letzten

    Tag

    in

    einem

    Vorgang,

    sich

    auf sein Gedachtnis

    stiitzend,

    niederschrieb,

    sondern

    vielmehr

    in

    Zeitabstanden.

    Wahrend

    dieser

    Zeitabstande

    muB

    sich das

    Schriftstuck

    in

    seinem

    Gewahrsam

    bzw.

    Archiv

    befunden

    haben.

    Betrachten

    wir

    ferner

    den

    Text

    auf 0.

    Michaelides

    6,1

    so

    fallt

    auf,

    daB3

    r aus drei

    Eintragungen

    verschiedenen

    Inhalts besteht:

    die erste

    handelt von der

    Leihe

    eines

    Arbeitsgerats

    zwischen

    einem Arbeiter

    und dem staatlichen

    Bauamt,

    die zweite

    von

    der

    Auszahlung

    eines Arbeitslohns

    (?)

    an einen

    Handwerker

    wohl durch

    das

    genannte

    Bauamt,

    die

    dritte

    von

    der

    Verteilung

    von

    Nahrungsmitteln (als Besoldung)

    wohl

    an

    Nekropolenarbeiter

    durch ein

    Beamtenkollegium.

    Allen diesen

    Eintragungen

    ist

    ge-

    meinsam,

    daBsie

    vom

    Bauamt

    und

    in

    dessen

    Interesse

    vorgenommen

    wurden.

    Dabei

    ist

    zu

    beachten,

    daB die dritte

    Eintragung

    knapp

    drei

    Jahre

    spater

    als die erste

    erfolgte.

    Wahrend

    dieser

    drei

    Jahre

    muB das Ostrakon

    m Archiv

    des Bauamtsder

    Nekropole

    gelegen

    haben,

    so

    daB

    der Schreiber

    es,

    da es ihm noch freien Raum zum Beschreiben

    bot,

    fur

    eine

    weitere

    Notierung

    aufgreifen

    und wieder verwenden

    konnte.

    In diesem

    Zusammenhang

    sind

    einige

    Ostraka

    mit Sammelberichten

    iber

    gericht-

    liche

    Verhandlungen

    von

    besonderer

    Bedeutung,

    da

    diese

    Verhandlungen,

    die in ver-

    schiedenen

    Zeitabstanden

    stattfanden,

    ein

    und dieselbe

    Streitpartei

    betreffen.

    Denn

    es

    scheint,

    daB die

    eine

    Gerichtsverhandlung

    sei es

    in

    derselben

    Sache,

    sei es

    in

    einer

    neuen

    -

    nach

    der anderen

    protokolliert

    wurde und

    daB

    die betreffenden

    Ostraka

    n

    I

    H.

    Goedicke

    und

    E.

    Wente,

    Ostraka

    Michaelides

    (Wiesbaden, I962),

    pls.

    56,

    57.

    S.

    ALLAM

    24

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    6/9

    NICHTLITERARISCHE

    SCHRIFTOSTRAKA

    den

    zeitlichen

    Zwischenraumen

    m

    Gerichtsarchiv

    als Urkunden aufbewahrt

    wurden.

    So

    berichtet

    0. IFAO

    388'

    aus

    der

    Zeit Ramses' V. von

    zwei

    Gerichtsverhandlungen,

    deren eine auf einer Seite

    des

    Ostrakons

    protokolliert

    ist. Das

    Ostrakon ist

    zwar

    bruchstiickhaft

    erhalten;

    das

    Erhaltene

    ndiziert

    aber,

    daB es

    sich

    bei

    beiden

    Verhand-

    lungen um dieselbe Streitsache(Lieferung eines Rindes), oder wenigstensum dieselbe

    Streitpartei

    (einen

    Polizisten)

    handelt.

    Beachtenswert st

    dabei,

    daB

    die eine

    Gerichts-

    verhandlung

    in der

    Sommerzeit,

    die andere aber

    in

    der

    Winterzeit

    stattfand.

    Un-

    wahrscheinlich

    ist

    es

    nun,

    daB

    der

    Protokollschreiber

    das

    Ostrakon zu beschreiben

    begann,

    als

    die

    zweite

    Verhandlung

    stattfand;

    noch

    weniger,

    daB

    er

    zufallig

    den

    Ent-

    wurf

    zu

    dem Protokoll

    iiber die

    friihere

    Streitsache

    bzw.

    -partei

    aufgriff,

    um darauf

    die

    zweite

    Verhandlung

    zu

    protokollieren.

    Vielmehr

    muB

    er das Protokoll

    iiber

    die

    erste

    Verhandlung

    zuerst

    gefiihrt

    haben,

    ehe

    an die

    zweite zu denken

    war.

    Als es

    zur

    zweiten

    Verhandlung

    kam,

    holte

    er das

    betreffende

    Ostrakon

    aus seinem

    Archiv

    heraus

    und

    protokollierte

    sie

    auf

    der Riickseite.

    In

    dem

    Zeitraum

    zwischen

    beiden

    VerhandlungenmuB3r das Ostrakonwohl als Gerichtsurkunde m Archiv aufbewahrt

    haben.

    Ahnlich

    liegt

    der

    Fall

    bei 0.

    Cairo

    25555

    aus der

    Zeit

    Ramses' III.2

    Der

    Text

    auf

    diesem

    Ostrakon

    unterrichtet

    von

    zwei Streitverfahren

    in derselben

    Sache;

    dabei

    bilden

    die

    Rechte an einem

    Weg

    jeweils

    den

    Streitgegenstand.

    In einem

    (weltlichen)

    Verfahren

    wurde

    der

    Klager

    mit

    seinem

    Begehren

    von

    einer

    vierk6pfigen

    Richterbank

    an

    einem

    gewissen

    Tage

    -

    Jahr

    13,

    Monat

    3

    der

    Sommerzeit,

    Tag

    24

    -

    abgewiesen.

    Damit

    gab

    er sich

    nicht

    zufrieden,

    denn

    etwa

    Io

    Monate

    spater

    -

    Jahr

    14,

    Monat I

    der

    Sommerzeit,

    Tag

    I9

    -

    brachte

    er die Sache

    erneut

    zur

    Entscheidung,

    diesmal

    vor

    das

    Gottesgericht;

    in

    einem

    Gottesurteilverfahren

    wurde

    jedoch

    die friihere

    Ent-

    scheidung des (weltlichen) Gerichts aufrechterhalten, indem die besagten Rechte

    durch

    den

    Orakelgott,

    Konig

    Amenophis,

    dem

    ProzeBgegner

    zugesprochen

    wurden.

    Auch

    bei

    diesem

    Text haben

    wir

    es

    mit

    zwei

    selbstandigen

    Protokollierungen

    zu

    tun.

    Zuerst

    hatte der

    Schreiber

    das

    Protokoll

    iber die

    erste

    Verhandlung

    niedergeschrieben;

    spater

    jedoch,

    als

    der

    Klager

    um

    ein

    Gottesurteil

    nachsuchte,

    wurde

    auf

    das

    Schrift-

    stiick,

    in

    dem

    die

    friihere

    Verhandlung protokolliert

    ist,

    zuriickgegriffen,

    um

    darauf

    das

    Protokoll

    iiber

    die

    zweite

    anzubringen.

    In der Zwischenzeit

    muB

    der

    Schrei-

    ber

    das

    Ostrakon

    wohl

    als

    amtliche

    Urkunde im

    Gerichtsarchiv

    aufbewahrt

    haben.

    Beachtenswert

    st

    ferner

    die

    Tatsache,

    daB

    bei

    beiden

    Verhandlungen

    derselbe

    Schrei-

    ber

    unter

    den

    anwesenden

    Personen

    genannt

    wird.

    Dieser hat wohl

    beide

    Eintragungen

    auf dem Ostrakonvorgenommen;dabei beniitzte er es

    als

    Realfolium.

    Noch

    klarer

    la3t

    O.

    Berlin

    106553

    in

    das

    Problem

    Einblick

    gewinnen.

    Dem

    Text

    auf

    diesem

    Ostrakon

    zufolge

    hat ein

    Arbeiter

    einen Wasserholer

    wegen

    einer

    geschul-

    deten

    Leistung

    verklagt.

    Die

    gerichtliche

    Verhandlung

    endete

    damit,

    daB sich

    der

    Cerny

    und

    Gardiner,

    HO, pl. 69,

    2.

    2

    Cerny,

    OH,

    43*;

    Ubersetzung

    durch

    Cernl,

    'Une

    expression

    designant

    la

    reponse

    negative

    d'un

    oracle',

    in

    BIFAO

    30

    (193I),

    493

    ff.

    3

    Hieratische

    Papyrus

    aus

    den

    Kdniglichen

    Museen

    zu

    Berlin,

    IIl

    (Leipzig,

    I9I ),

    Taf.

    37;

    Teilibersetzung

    in

    I.

    Lurje,

    Oeerki

    drevneegipetskogo

    rava

    (Leningrad,

    I960), 198.

    125

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    7/9

    Beklagte

    unter

    Eid

    verpflichten

    mul3te,

    seinen

    Glaubiger

    bis zum

    Monatsende

    zu

    befriedigen.

    Da er

    in

    Verzug

    geriet,

    kam es wohl wahrend

    des

    darauffolgenden

    Monats

    zu

    einer neuen

    Verhandlung

    n

    derselben

    Sache;

    dabei

    mul3teder

    Beklagte

    den

    gleichen

    Eid wie

    vorher leisten. Etwa einen Monat

    spater

    wurde unser Arbeiter aber

    mit

    einem

    anderen Wasserholerin einen Streit verwickelt, der vor Gericht ausgetragenwurde.

    Es ist

    anzunehmen,

    da13der

    Gerichtsschreiberdie beiden

    ersten

    Verhandlungen

    in

    derselben Sache

    zuerst

    protokollierte.

    Als nun

    eine

    neue

    Streitsache,

    in

    der

    eine

    der

    friiheren

    Parteien

    beteiligt

    war,

    vor das Gericht

    gebracht

    wurde,

    wurde das

    betref-

    fende Ostrakonzur

    Protokollierungaufgegriffen.

    Daraus

    ergibt

    sich,

    da3

    der

    Gerichts-

    schreiber das Ostrakonnicht

    nur

    als Gerichtsurkunde

    n

    seinem Archiv

    aufzubewahren

    hatte,

    sondern

    es auch

    bei

    der

    Protokollierung

    der

    beiden ersten

    Verhandlungen

    als

    Realfolium

    und bei der

    Protokollierung

    der

    neuen

    Streitsache

    als

    Personalfolium

    betrachtete. Dabei ist zu

    beachten,

    dal3der

    Gesamttext auf

    dem

    Ostrakon

    von ein

    und

    derselben Hand

    geschrieben

    ist. Wahrscheinlich

    hat ihn

    derselbe,

    jeweils

    bei

    den

    einzelnen Verhandlungengenannte Schreiber verfaft.

    Die

    vorgetragene

    Ansicht wird

    schlie3lich

    durch

    0. Ashmolean

    Museum

    I933.8IO'

    aus der Zeit

    Ramses' III.

    besiegelt.

    Dem Text

    recto dieses

    Ostrakons

    zufolge

    wurde

    ein

    Rechtsstreit

    zwischen einem

    gewissen

    Wasserholer und einer

    ungenannten

    Partei2

    iber die

    Leistung

    eines

    Ersatzes des dem

    Wasserholer

    vermieteten,

    inzwischen

    bei

    ihm

    eingegangenen

    Esels

    ausgetragen.

    Dabei

    verpflichtete

    sich

    der

    Wasserholer

    eidlich,

    seinem

    Vertragspartner

    inen

    Ersatz binnen einer

    erFrist zu leisten.

    Damit

    wurde

    die

    gerichtliche

    Verhandlung

    offenbar

    geschlossen.

    Der

    Text

    geht

    aber

    weiter:

    entgegen

    der bisher

    objektiven

    Stilisierung

    des Textes

    durch den

    Schreiber

    berichtet

    die

    begun-

    stigte

    Partei in

    subjektiver

    Weise,

    daB ihr

    der

    Wasserholer

    den

    Ersatz

    neun

    Monate

    nach der gerichtlichen Verhandlung leistete. Der Ubergang von der objektiven zur

    subjektiven Stilisierung

    la3t

    annehmen,

    daB der

    Gerichtsschreiberbei

    der

    Protokol-

    lierung

    der

    Ersatzleistung,

    die neun Monate

    spater

    stattfand und

    weswegen

    er

    auf

    dasselbe

    Ostrakon

    zuriickgriff,

    die Worte der

    begiinstigten

    Partei

    in

    direkter

    Rede

    dem

    friiheren

    Protokoll iber

    denselben Rechtsstreit

    folgen

    lie3. Damit

    wurde der

    Streit

    aus

    der Welt

    geschafft.

    Wir

    erfahrenaber

    durch einen

    weiteren

    Nachtrag,

    daB der

    Wasser-

    holer den von ihm

    als

    Ersatz

    geleisteten

    Esel fur

    eine

    gewisse

    Zeit

    genommen

    bzw.

    gemietet

    hat. Zur

    Beurkundung

    dieses

    neuen

    Mietverhaltnisses

    verwendete der

    Schrei-

    ber demnach

    dasselbe

    Schriftstiick,

    das er

    iiber das

    friihere

    Rechtsverhaltniszwischen

    den

    beiden

    Parteien

    errichtet hatte.

    Daraus ersehen

    wir,

    da63das einmal

    iiber

    eine

    Rechtssache beschriebene

    Ostrakon

    auch

    zur

    nachtraglichen Notierung

    verwendet

    wurde;

    in

    der

    Zwischenzeit

    muB

    das

    Ostrakon als

    Urkunde

    in

    einem

    Archiv

    unter

    Aufsicht

    der

    Urkundsperson

    aufbewahrt

    gewesen

    sein.3

    Es

    sei ferner

    angemerkt,

    daB

    Cerny

    und

    Gardiner,

    HO,

    pi.

    71,

    I.

    Cibersetzung

    des recto in

    Helck,

    op.

    cit.,

    498

    f.

    2

    Dal3

    der

    Klager

    ungenannt

    ist,

    darf

    uns nicht

    befremden,

    da die

    Parteien

    in

    Verbindung

    mit

    der

    Streit-

    sache dem

    Gericht

    und

    den

    Ortsbewohnern

    damals

    bekannt waren.

    3

    Es

    sei

    hier

    bemerkt,

    daf 0.

    Petrie

    9

    (mit

    0.

    DeM,

    Inv.

    424 zusammengefugt)

    (=-

    Cerny und

    Gardiner,

    HO, pi.

    42, 3)

    fast

    den

    gleichen

    Text uber

    denselben

    Rechtsstreit wie

    0.

    Ashmolean,

    recto

    enthalt. Die

    einzige

    bedeutende

    Abweichung

    ist

    bei

    der

    Angabe

    der

    Leistungsfrist festzustellen;

    statt

    der

    Winterzeit dort

    wird hier die

    Cberschwemmungszeit

    angegeben.

    Wohl deshalb war

    der Text auf

    0. Petrie

    fehlerhaft

    und

    man

    S.

    ALLAM

    26

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    8/9

    NICHTLITERARISCHE

    SCHRIFTOSTRAKA

    all die vorhin

    besprochenen

    Eintragungen

    von

    ein

    und derselben

    Hand

    geschrieben

    sind,

    im

    Gegensatz

    zum

    Text verso.

    Dieser besteht

    aus

    zwei

    datierten

    Protokollierungen,

    deren

    eine von

    einer

    neuen,

    von

    der ersten verschiedenen

    Hand

    vorgenommenwurde.'

    Der

    ersten

    Protokollierung zufolge

    mul3te

    der

    besagte

    Wasserholer

    etwa

    i

    Monate

    spater

    nach

    der letzten

    Eintragung

    wohl

    vor

    der mit richterlicher

    Gewalt

    ausgestat-

    teten

    Urkundsperson

    beschworen,

    MiBhandlungen

    gegeniiber

    einem Maler

    zu

    unter-

    lassen;

    mit

    der zweiten

    Protokollierung,

    die etwa

    i6 Monate

    danach

    erfolgte,

    wurde

    ein

    Mietverhaltnis iiber

    einen

    Esel

    fur die Dauer

    von

    3

    Monaten

    zwischen

    unserem

    Wasser-

    holer und

    einem

    Schreiber

    beurkundet.

    Die

    Verbindung

    zwischen dem

    Text recto

    und

    den beiden

    Protokollierungen

    verso -

    jeder

    der drei

    Texte

    ist

    von

    einer

    verschiedenen

    Hand

    geschrieben

    und

    hat

    eine

    andere

    Rechtssache

    zum

    Inhalt

    -

    ist nur

    durch

    die

    Nennung

    des

    Wasserholers

    herzustellen;

    dieser

    war

    an

    alien

    Rechtsvorgangen

    beteiligt.

    Daraus

    geht

    deutlich

    hervor,

    dab

    die

    einmal

    auf

    Ostrakon

    errichtete

    Gerichtsurkunde

    in

    einem

    amtlichen

    Archiv

    aufbewahrt

    und

    nach

    Bedarf

    fiir

    weitere

    Eintragungen

    bezglich

    desselben

    Rechtsstreits

    oder

    einer

    der

    friheren

    e

    ss deeiParteien

    -

    im

    ersteren

    Falle

    als

    Real-,

    im

    letzteren

    als

    Personalfolium

    durch

    verschiedene

    Urkundspersonen

    verwendet

    werden

    konnte.

    Die

    Ansicht,

    da3

    es zur

    Ramessidenzeit

    auf dem

    west-thebanischen

    Ufer

    Archive

    gegeben

    hat,2

    in

    denen u.

    a.

    Ostraka

    als

    Urkunden

    aufbewahrt

    waren,3

    erhalt

    eine

    weitere

    Stitze durch

    zwei

    Tatsachen:

    einmal

    haben

    im

    Bereich

    der

    Keilschrift

    solche

    Archive,

    wo

    in

    der

    Hauptsache

    Tontafeln

    als

    Urkunden

    deponiert

    waren,

    existiert;4

    zum

    anderen

    sind

    aus

    spateren

    Epochen

    demotische,

    griechische

    und

    koptische

    Ostraka

    in

    Archiven auf

    thebanischem

    Boden

    gefunden

    worden.5

    War

    damit

    in

    untergebenen

    schrieb

    ihn

    von

    neuem auf

    0.

    Ashmolean,

    das

    dann

    zur

    weiteren

    Protokollierung

    verwendet

    wurde.

    Oder

    man fertigte vom Protokoll iiber denselben Rechtsstreit zwei Abschriften aus, wobei dem Schreiber ein Fehler

    unterlaufen

    ist.

    Aus

    der

    Verschiedenartigkeit

    der

    Hinde

    auf

    ein

    und

    demselben

    griechischen

    Ostrakon

    aus

    Agypten

    hat

    Wilcken,

    op. cit.,

    Ir

    f.

    geschlossen,

    daB

    die

    griechischen

    Ostraka

    Originale

    und

    nicht

    etwa

    Brouillons

    oder

    Kopien

    sind.

    2

    Solche

    Archive

    gab

    es

    gewiB

    in

    Deir

    el-Medineh

    und

    im

    Tal

    der

    Konigsgraber,

    wo

    unzahlige

    Ostraka

    zutage

    gef6rdert

    worden

    sind;

    in

    Deir

    el-Medineh

    lebten

    zur

    Ramessidenzeit

    die

    Nekropolenarbeiter,

    die

    ihre

    Arbeit

    u.

    a.

    im

    Tal

    der

    K6nigsgraber

    zu

    verrichten

    hatten.

    Vermutlich

    gab

    es

    auch

    ein Archiv

    beim

    Grab

    des

    Senenmut

    aus

    der

    18.

    Dynastie;

    dort

    sind

    nichtliterarische

    Schriftostraka

    gefunden

    worden,

    die

    iiber

    den

    Hergang

    der

    Bauarbeiten an

    diesem

    Grab

    berichten

    (W.

    Hayes,

    Ostraka

    and

    Name

    Stones

    from

    the

    Tomb

    of

    Sen-mi7t

    (No.

    71)

    at

    Thebes

    (New

    York,

    1942)).

    3

    Das wird

    dadurch

    anschaulich,

    daI3

    das

    staatliche

    Bauamt der

    thebanischen

    Nekropole

    u.

    a.

    Steinstiucke

    verwahrt

    hat,

    deren

    Gewicht

    dem

    der

    einzelnen,

    den

    Arbeitern

    iiberlassenen

    Arbeitsgerite

    aus

    Metall

    ent-

    sprach;

    auf

    diesen

    Steinen

    finden

    wir

    Notizen, die darauf Bezug nehmen (Sauneron, 'Ostraca et papyrus

    trouves

    a

    Deir

    el-Medineh

    en

    1950/51',

    in

    BSFE

    9

    (1952),

    I9

    f.).

    Wir

    konnen uns

    jedoch

    schwerlich

    vorstellen,

    nach

    welchen

    Gesichtspunkten

    die

    Ostraka in

    einem

    Archiv

    geordnet

    waren,

    um es

    ubersichtlich

    zu

    halten.

    Vermutlich

    hat

    man von

    Zeit zu

    Zeit das

    inzwischen

    von

    Ostraka

    iiberfiillte

    Archiv von

    alteren

    Bestanden,

    die

    keine

    rechtliche

    Bedeutung

    mehr

    hatten,

    freigemacht,

    wenn

    das

    Archiv

    seiner

    Bestimmung

    entsprechend

    weiterexistieren

    sollte.

    4

    San

    Nicolo,

    op. cit.,

    145

    f.;

    G.

    Driver,

    Semitic

    Writing

    rom

    Pictograph

    to

    Alphabet

    (London,

    1954),

    73 ff.;

    A.

    Falkenstein,

    Archaische

    Texte

    aus

    Uruk

    (Leipzig,

    1936),

    47;

    Falkenstein,

    Die

    neusumerischen

    Gerichts-

    urkunden,

    I

    (Miinchen,

    I956), 2, 7

    f.

    S

    G.

    Maspero

    in

    Wilcken,

    op.

    cit.,

    25

    f. Fur

    ihnliche

    Archive im

    Faijum

    s. L.

    Amundsen,

    Greek

    Ostraca

    n

    the

    University

    of

    Michigan

    Collection

    (Ann

    Arbor,

    I935),

    p.

    ix.

    M

    127

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    9/9

    I28

    S.

    ALLAM

    Behorden

    der

    Ramessidenzeit das

    Ostrakon als

    brauchbarer

    Beschreibstoff

    fir

    die

    Ausfertigung

    von

    Originalurkunden

    geeignet,

    so

    mu3

    es als

    solcher

    ebenso

    in

    unbe-

    mittelten

    Bevolkerungsschichten

    gegolten

    haben.

    Sind doch

    unzahlige Beurkundungen

    auf Ostraka

    aus dem

    west-thebanischen Raum

    und

    vor allem aus der

    Arbeitersiedlung

    von Deir el-Medineh zutage gekommen.

    Nachtrag

    Zur

    Veranschaulichung

    ann das

    koptische

    0.

    Wien

    691 (=

    W.

    Till,

    Die

    koptischen

    Ostraka

    der

    Papyrussammlung

    er

    Osterreichischenationalbibliothek

    Wien,

    1960),

    47)

    in Betracht

    gezogen

    werden. Der

    Text auf

    diesem

    Ostrakon

    stellt

    den Brief

    eines Privatmannes

    an einen

    h6hergestellten

    Adressaten,

    einen

    Priester,

    dar. Die einleitenden

    Worte dort lauten wie

    folgt:

    'Verzeih

    mir,

    daB

    ich

    keinen

    Papyrus

    XapT7mS)efunden

    d.

    h. zur

    Hand)

    habe ' Darauf

    folgt

    der

    eigentliche

    Inhalt

    des Briefes.

    Mit dieser

    Einleitung

    entschuldigt

    sich der Schreiber

    vorweg,

    offenbar

    dafiir,

    daB

    er

    seinen

    Brief nicht auf

    Papyrus,

    wie es sich in einem solchen Falle

    ziemt,

    niederschreiben

    konnte.

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