4.2 Kompressionstherapie Medizinischer Kompressionsstrumpf ...

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52 Rabe/Gerlach, Praktische Phlebologie (ISBN 3131192321) © 2006 Georg Thieme Verlag 4.2 Kompressionstherapie E. Rabe Neben den physikalischen Maßnahmen bildet die Kom- pressionstherapie die eigentliche Grundlage der Behand- lung akuter und chronischer Venenkrankheiten. Die Kom- pression der Extremitäten von außen führt einerseits zur Erhöhung des Gewebe- und Ödemdruckes mit daraus re- sultierender Erhöhung der Rückresorption von Gewebe- flüssigkeit im venösen Schenkel der Kapillaren und zur Verminderung der Filtration im arteriellen Teil. Die Folge ist eine Entödematisierung bzw. die Verhinderung der Ödementstehung. Des Weiteren wird der venöse Gefäßdurchmesser durch die Kompression vermindert und es kommt da- durch zu einer Funktionsfähigkeit von vorher relativ in- suffizienten Venenklappen bei dilatierten Venen und zu einer Beschleunigung des venösen Rückstroms. Damit verbunden ist auch eine Reduktion der ambulatorischen venösen Hypertonie sowohl in den großen Venen als auch in den Kapillaren (4). Hammersen konnte unter Kompressionstherapie eine Verbesserung der strukturellen Veränderungen der vari- kösen Venenwand nachweisen (3). Auch eine erhöhte fi- brinolytische Aktivität konnte gezeigt werden (7). Durch die Kompressionsbehandlung wird allerdings auch der Druck auf den arteriellen Schenkel erhöht, so- dass bei arterieller Verschlusskrankheit extreme Vorsicht geboten ist. Methoden Die Kompressionstherapie im phlebologischen Sinne kann mit dem phlebologischen Kompressionsverband (PKV), dem medizinischen Kompressionsstrumpf (MKS) und der apparativen intermittierenden Kompression (AiK) durchgeführt werden. Phlebologischer Kompressionsverband (PKV) Unter einem phlebologischen Kompressionsverband (PKV) versteht man einen Verband mit elastischen oder unelastischen Binden, der die Extremität umschließt und mindestens ein großes Gelenk einschließt. Die Anwen- dung des Verbands erfordert spezielle Kenntnisse und Er- fahrungen sowohl in Diagnose, Differenzialdiagnose und Kontraindikationen zur Therapie der venolymphatischen Krankheiten als auch in der Technik des Anlegens. Der PKV kann als Wechselverband und als Dauerverband kon- zipiert werden. Ein Wechselverband wird täglich neu an- gelegt und in der Regel nicht über Nacht belassen. Dem- gegenüber verbleibt der Dauerverband über einen länge- ren Zeitraum meist über mehrere Tage, auch während der Nacht (13). Medizinischer Kompressionsstrumpf (MKS) Unter einem medizinischen Kompressionsstrumpf (MKS) versteht man einen elastischen Strumpf mit einem An- druck im Fesselbereich von mindestens 18 mmHg. Die in den MKS eingearbeiteten elastischen Fäden geben ihm komprimierende Eigenschaften. Der Druck fällt kontinu- ierlich von distal nach proximal ab. Die Wirkung des MKS liegt im gleichmäßigen Druck auf das Bein; er kann die verloren gegangene Elastizität des Gewebes wenigstens teilweise ersetzen (12). Apparative intermittierende Kompression (AiK) Die apparative intermittierende Kompression (AiK) be- steht in der Anwendung von pneumatischen Wechsel- druckmanschetten, die intermittierend einen definierten Druck von außen auf die Extremität ausüben. Es können Manschetten mit einer oder mit mehreren Kammern ver- wendet werden (14). Indikationen Die Kompressionstherapie hat eine Vielzahl von Indika- tionen sowohl bei akuten und chronischen Venenkrank- heiten als auch beim Lymphödem und bei Ödemen ande- rer Genese. Die wichtigsten Indikationen gemäß den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie gehen aus den Ta- bellen 4.3 bis 4.5 hervor (12, 13, 14). Tabelle 4.3 Indikationen des medizinischen Kompressions- strumpfes (MKS) Varikose, primär und sekundär Varizen in der Schwangerschaft Leitveneninsuffizienz Thrombophlebitis (superfiziell) sowie Zustand nach abgeheilter Phlebitis Zustand nach Thrombose Postthrombotisches Syndrom CVI der Stadien I bis III nach Widmer Ödeme in der Schwangerschaft Posttraumatische Ödeme Zyklisch idiopathische Ödeme Lymphödeme Lipödeme Angiodysplasien Sklerosierungstherapien unterstützend Nach venenchirurgischen Eingriffen Stauungszustände infolge Immobilität (arthrogenes Stauungssyndrom, Paresen und Teilparesen der Extre- mität) Thromboseprophylaxe beim mobilen Patienten 4 Therapie

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Rabe/Gerlach, Praktische Phlebologie (ISBN 3131192321) © 2006 Georg Thieme Verlag

4.2 KompressionstherapieE. Rabe

Neben den physikalischen Maßnahmen bildet die Kom-pressionstherapie die eigentliche Grundlage der Behand-lung akuter und chronischer Venenkrankheiten. Die Kom-pression der Extremitäten von außen führt einerseits zurErhöhung des Gewebe- und Ödemdruckes mit daraus re-sultierender Erhöhung der Rückresorption von Gewebe-flüssigkeit im venösen Schenkel der Kapillaren und zurVerminderung der Filtration im arteriellen Teil. Die Folgeist eine Entödematisierung bzw. die Verhinderung derÖdementstehung.

Des Weiteren wird der venöse Gefäßdurchmesserdurch die Kompression vermindert und es kommt da-durch zu einer Funktionsfähigkeit von vorher relativ in-suffizienten Venenklappen bei dilatierten Venen und zueiner Beschleunigung des venösen Rückstroms. Damitverbunden ist auch eine Reduktion der ambulatorischenvenösen Hypertonie sowohl in den großen Venen als auchin den Kapillaren (4).

Hammersen konnte unter Kompressionstherapie eineVerbesserung der strukturellen Veränderungen der vari-kösen Venenwand nachweisen (3). Auch eine erhöhte fi-brinolytische Aktivität konnte gezeigt werden (7).

Durch die Kompressionsbehandlung wird allerdingsauch der Druck auf den arteriellen Schenkel erhöht, so-dass bei arterieller Verschlusskrankheit extreme Vorsichtgeboten ist.

Methoden

Die Kompressionstherapie im phlebologischen Sinnekann mit dem phlebologischen Kompressionsverband(PKV), dem medizinischen Kompressionsstrumpf (MKS)und der apparativen intermittierenden Kompression(AiK) durchgeführt werden.

� Phlebologischer Kompressionsverband (PKV)

Unter einem phlebologischen Kompressionsverband(PKV) versteht man einen Verband mit elastischen oderunelastischen Binden, der die Extremität umschließt undmindestens ein großes Gelenk einschließt. Die Anwen-dung des Verbands erfordert spezielle Kenntnisse und Er-fahrungen sowohl in Diagnose, Differenzialdiagnose undKontraindikationen zur Therapie der venolymphatischenKrankheiten als auch in der Technik des Anlegens. DerPKV kann als Wechselverband und als Dauerverband kon-zipiert werden. Ein Wechselverband wird täglich neu an-gelegt und in der Regel nicht über Nacht belassen. Dem-gegenüber verbleibt der Dauerverband über einen länge-ren Zeitraum meist über mehrere Tage, auch während derNacht (13).

� Medizinischer Kompressionsstrumpf (MKS)

Unter einem medizinischen Kompressionsstrumpf (MKS)versteht man einen elastischen Strumpf mit einem An-druck im Fesselbereich von mindestens 18 mmHg. Die inden MKS eingearbeiteten elastischen Fäden geben ihmkomprimierende Eigenschaften. Der Druck fällt kontinu-ierlich von distal nach proximal ab. Die Wirkung des MKSliegt im gleichmäßigen Druck auf das Bein; er kann dieverloren gegangene Elastizität des Gewebes wenigstensteilweise ersetzen (12).

� Apparative intermittierende Kompression(AiK)

Die apparative intermittierende Kompression (AiK) be-steht in der Anwendung von pneumatischen Wechsel-druckmanschetten, die intermittierend einen definiertenDruck von außen auf die Extremität ausüben. Es könnenManschetten mit einer oder mit mehreren Kammern ver-wendet werden (14).

Indikationen

Die Kompressionstherapie hat eine Vielzahl von Indika-tionen sowohl bei akuten und chronischen Venenkrank-heiten als auch beim Lymphödem und bei Ödemen ande-rer Genese.

Die wichtigsten Indikationen gemäß den Leitlinien derDeutschen Gesellschaft für Phlebologie gehen aus den Ta-bellen 4.3 bis 4.5 hervor (12, 13, 14).

Tabelle 4.3 Indikationen des medizinischen Kompressions-strumpfes (MKS)

� Varikose, primär und sekundär

� Varizen in der Schwangerschaft

� Leitveneninsuffizienz

� Thrombophlebitis (superfiziell) sowie Zustand nachabgeheilter Phlebitis

� Zustand nach Thrombose

� Postthrombotisches Syndrom

� CVI der Stadien I bis III nach Widmer

� Ödeme in der Schwangerschaft

� Posttraumatische Ödeme

� Zyklisch idiopathische Ödeme

� Lymphödeme

� Lipödeme

� Angiodysplasien

� Sklerosierungstherapien unterstützend

� Nach venenchirurgischen Eingriffen

� Stauungszustände infolge Immobilität (arthrogenesStauungssyndrom, Paresen und Teilparesen der Extre-mität)

� Thromboseprophylaxe beim mobilen Patienten

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Kontraindikationen, Risiken

Da die Kompressionstherapie nicht nur auf den venösenSchenkel, sondern auch auf die Arterien und das umge-bende Gewebe wirkt und weil es durch eine erheblicheÖdemausschwemmung zu Reaktionen im gesamtenKreislauf kommen kann, müssen eine Reihe von Kontrain-dikationen und Risiken berücksichtigt werden.

Die wichtigsten absoluten und relativen Kontraindika-tionen gemäß den Leitlinien der Deutschen Gesellschaftfür Phlebologie werden in den Tabellen 4.6 bis 4.8 darge-stellt (12, 13, 14).

Tabelle 4.4 Indikationen des phlebologischen Kompressions-verbandes (PKS)

� Varikose, primär und sekundär

� Varizen in der Schwangerschaft

� Leitveneninsuffizienz

� Thrombophlebitis sowie Zustand nach abgeheilterPhlebitis

� Zustand nach Thrombose

� Phlebothrombose

� Postthrombotisches Syndrom

� CVI der Stadien I bis III nach Widmer, auchUlcus cruris mixtum

� Ödeme in der Schwangerschaft

� Posttraumatische Ödeme

� Zyklisch idiopathische Ödeme

� Lymphödeme

� Lipödeme

� Angiodysplasien

� Sklerosierungstherapien unterstützend

� Nach venenchirurgischen Eingriffen

� Thromboseprophylaxe

Tabelle 4.5 Indikationen der apparativen intermittierendenKompression (AIK)

� Thromboseprophylaxe

� Venös bedingte Ödeme

� Ulcus cruris venosum

� Posttraumatische Ödeme

� Primäre Lymphödeme, zusätzlich zur komplexen phy-sikalischen Entstauungstherapie

� Sekundäre Lymphödeme, ohne proximale Sperre, zu-sätzlich zur komplexen physikalischen Entstauungs-therapie

� Lipödeme

� Dependency-Syndrom

� Arterielle Verschlusskrankheit mit Ödem unter stren-ger Kontrolle

Tabelle 4.6 Kontraindikationen und Risiken des medizinischenKompressionsstrumpfes

Absolute KontraindikationenFortgeschrittene periphere arterielle Verschlusskrankheit

Dekompensierte Herzinsuffizienz

Septische Phlebitis

Phlegmasia coerula dolens

Relative Kontraindikationen

Nässende Dermatosen

Unverträglichkeit auf Kompressionsstrumpfmaterial

Sensibilitätsstörungen der Extremität

Fortgeschrittene periphere Neuropathie

Primär chronische Polyarthritis

Tabelle 4.7 Kontraindikationen und Risiken des phlebologi-schen Kompressionsverbands

Absolute Kontraindikationen

Fortgeschrittene, noch kompensierte periphere arterielleVerschlusskrankheit

Dekompensierte Herzinsuffizienz

Septische Phlebitis

Phlegmasia coerula dolens

Relative Kontraindikationen

Unverträglichkeit auf Bindenmaterial

Sensibilitätsstörungen der Extremität

Fortgeschrittene periphere Neuropathie

Noch kompensierte PAVK

Tabelle 4.8 Kontraindikationen und Risiken der apparativenintermittierenden Kompression (AIK)

Absolute Kontraindikationen

Frischer Myokardinfarkt

Dekompensierte Herzinsuffizienz

Lungenödem

Kardial und renal bedingte Ödeme

Thrombophlebitis, Thrombose oder Thromboseverdacht

Erysipel

Sekundäres Lymphödem bei malignen Erkrankungen

Relative Kontraindikationen

Unterschenkeltrauma

Tumoren im proximalen Abflussbereich

Schmerzen während der AIK

Es muss beachtet werden, dass bei Sensibilitätsstörungender Extremitäten eventuell auftretende Druckschädenvom Patienten möglicherweise nicht wahrgenommenwerden und dann zu Drucknekrosen führen können.

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Unsachgemäßes Bandagieren sowie nicht passende medi-zinische Kompressionsstrümpfe können zu Hautnekrosenund zu nervalen Druckschäden führen. Gleiches gilt auchfür die apparative intermittierende Kompression. Bei derAiK besteht zusätzlich das Risiko, dass ein Lymphödemproximal der Manschette zunehmen kann, wenn zentralgelegene Lymphabflussstörungen vorliegen. So kann z. B.ein distales Extremitätenlymphödem in die Beckenregionund in den Genitalbereich verschoben werden (12, 13, 14).

� Arterielle Verschlusskrankheit (AVK)

Der arteriellen Verschlusskrankheit muss unter den Kon-traindikationen für die Kompressionstherapie besondereBeachtung geschenkt werden.

Kompressionsverband. Bis zu einem dopplersonogra-phisch gemessenen Knöchelarteriendruck von 80 mmHgwird in aller Regel ein Kompressionsverband mit Kurz-zugmaterialien noch gut vertragen, während langzugelas-tische Binden wegen des höheren Ruhedruckes oft nichtmehr toleriert werden. Unterhalb von 60 mmHg im Knö-chelbereich werden in der Regel auch kurzzugelastischeKompressionsverbände nicht mehr vertragen. Auf einestrenge individuelle Indikationsstellung und eine guteAbpolsterung von druckbelasteten Bereichen ist unbe-dingt zu achten.

Kompressionsstrümpfe. Medizinische Kompressions-strümpfe werden in höheren Kompressionsklassen auchbei geringer ausgeprägter arterieller Verschlusskrankheitwegen ihres höheren Ruhedruckes weniger gut toleriert.Nach den individuellen Erfordernissen sollte daher eherauf niedrigere Kompressionsklassen oder auf einen Kom-pressionsverband zurückgegriffen werden.

Durchführung, Fehlermöglichkeiten

� Physikalische Grundlagen

Ruhe- und Arbeitsdruck. In der Kompressionstherapiewerden ein Ruhe- und ein Arbeitsdruck unterschieden.

Unter dem Ruhedruck versteht man den Druck, den dieBinde oder der Strumpf in Ruhe auf das Bein ausübt. Un-ter dem Arbeitsdruck wird der Druck verstanden, der beider Muskelarbeit des Beines der Ausdehnung entgegen-wirkt.

In der phlebologischen Therapie steht die Verbesserungder ambulatorischen venösen Hypertonie meist im Vor-dergrund. Dieser Effekt wird am ehesten durch hohe Ar-beitsdrucke bei Bewegung erreicht.

Bei gleicher Anlagetechnik ist der Arbeitsdruck umsogrößer, je geringer die Elastizität des verwendeten Mate-rials ist. Umgekehrt steigt der Ruhedruck mit zunehmen-

der Elastizität und Rückstellkraft des Materials. In derphlebologischen Therapie werden daher Kurzzugmateria-lien bevorzugt, da sie diesen Anforderungen am bestengerecht werden, was im Abschnitt „Phlebologischer Kom-pressionsverband“ noch näher ausgeführt wird.

Laplace-Gesetz. Das Druckverhalten des Kompressions-materials auf das Bein folgt physikalischen Gesetzmäßig-keiten. Nach dem Laplace-Gesetz (Abb. 4.1) ist der Druckder Binde oder des Strumpfes auf die Oberfläche des Bei-nes proportional zur Zugkraft an der Binde und umge-kehrt proportional zum Radius des umspannten Körpers.Daraus folgt, dass nur auf einen gleichmäßig zylindri-schen Körper eine gleichmäßige Druckverteilung erfolgenkann. Das menschliche Bein hat hingegen viele unter-schiedliche Radien.Der Radius ist klein:➤ am Fußrandbereich,➤ über den Knöcheln,➤ über der Achillessehne,➤ über dem Schienbein.

Große Radien finden sich:➤ über dem Fußrücken,➤ in den Bisgaard-Kulissen rechts und links der Achilles-

sehne,➤ im Wadenbereich,➤ am medialen distalen Unterschenkel (Ulcus-cruris-Re-

gion).

Um eine gleichmäßige Druckverteilung zu erreichen,kann – falls erforderlich – der Radius durch Auf- und Ab-polsterung mit Polstermaterialien verändert werden(Abb. 4.2).

� Phlebologischer Kompressionsverband (PKV)

Der phlebologische Kompressionsverband kann alsWechselverband oder als Dauerverband mit unterschied-lichen Bindenmaterialien konzipiert werden. Die Bindenstehen aus wiederverwendbaren und nicht wiederver-wendbaren Materialien zur Verfügung.

Wiederverwendbare Materialien sind:➤ die Idealbinde nach DIN 61631,➤ textilelastische Binden,➤ dauerelastische Binden,➤ kohäsive auf sich selbst haftende Binden.

D =̂SR

D = Druck des KompressionsmittelsS = Spannung der BindeR = Radius oder Teilradius des Beines

Abb. 4.1 Das Laplace-Gesetz in der Anwendung bei der Kompres-sionstherapie.

4 Therapie

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Nicht wiederverwendbare Materialien sind:➤ adhäsive (klebende) Binden,➤ starre Binden wie die Zinkleimbinde.

Kohäsive und adhäsive Binden sowie die Zinkleimbindenwerden in erster Linie für Dauerverbände verwandt.

Die verwendeten Binden können eine unterschiedlicheElastizität aufweisen.

Wir unterscheiden (13):➤ unelastische Binden,➤ Ultrakurzzugbinden mit einer Dehnbarkeit bis 30 %,➤ Kurzzugbinden mit einer Dehnbarkeit von 40–90 %,➤ Mittelzugbinden mit einer Dehnbarkeit von

100–130 %,➤ Langzugbinden mit einer Dehnbarkeit über 150–200 %.

Beachte: Tatsächliche Dehnung durch den Anwender, Pa-ckungsangaben entsprechen oft der DIN-Norm für Ideal-binden mit höheren Werten.

Wegen des höheren Arbeitsdruckes und des niedrigerenRuhedruckes unter dem Verband, die in der Regel bei denphlebologischen Indikationen vorteilhaft sind, werdenzumindest im deutschsprachigen Raum Kurzzugmateria-lien für PKV bevorzugt. Einige wichtige Prinzipien müssenbeim Anlegen eines PKV berücksichtigt werden.

In der Literatur findet sich eine Vielzahl von individuellenVerbandtechniken, oft mit Eigennamen belegt, bei denengenaue Vorschriften zum Anlegen des Kompressionsver-bands und zum verwendeten Bindenmaterial gemachtwerden (Abb. 4.3).

Unabhängig davon, welcher Verbandtechnik der Vorzuggegeben wird, sollten gemäß den Leitlinien der Deut-schen Gesellschaft für Phlebologie einige wesentlichePrinzipien beim Anlegen eines PKV beachtet werden:➤ Der Verband sollte möglichst nur angelegt werden bei

einer Sprunggelenkstellung im Winkel von 90°.➤ Die Ferse wird mit eingebunden.

➤ Der Verband deckt die Zehengrundgelenke mit ab.➤ Der Unterschenkelkompressionsverband (2 Binden)

wird bis zum Fibulaköpfchen, der Oberschenkelkom-pressionsverband bis zum proximalen Oberschenkelausgeführt.

➤ Der Druck des Verbands nimmt von distal nach proxi-mal ab.

➤ Der Verband darf weder Druckstellen und Schnürfur-chen noch Schmerzen verursachen.

➤ Das Material des PKV und die Anlagetechnik müssenden Erfordernissen des jeweiligen Befunds (Ulkus,Stauungsdermatose, Dermatoliposklerose) angepasstwerden.

➤ Zur Vermeidung von Druckstellen muss gegebenen-falls gemäß dem Laplace-Gesetz lokal auf-/abgepols-tert werden.

Sprunggelenkstellung. Das Anlegen des Verbands bei ei-ner Sprunggelenkstellung im Winkel von 90° ist beson-ders wichtig, da der Umfang im Bereich des Sprungge-lenks bei 90° etwa 1,5 cm größer ist als bei Plantarflexiondes Fußes. Ein in Flexionsstellung angelegter Kompressi-onsverband wäre also in stehender Position viel zu engund würde eine schmerzhafte Schnürfurche hervorrufen.

Unter- oder Oberschenkelverband. Der PKV kann als Un-ter- oder Oberschenkelverband ausgeführt werden. Fürdie meisten Indikationen, beispielsweise beim Ulcus cru-ris venosum oder bei den meisten Fällen der chronischenvenösen Insuffizienz, reicht der Unterschenkelkompressi-onsverband aus. Bei der proximalen tiefen Beinvenen-thrombose, der Varikophlebitis im Oberschenkelbereichoder nach Operationen und Verödungen proximal des Un-terschenkels ist aber ein Oberschenkelkompressionsver-band erforderlich. Das Gleiche gilt für die chronische ve-nöse Insuffizienz mit ausgeprägten Veränderungen in derOberschenkel- und Beckenstrombahn, wenn diese mit ei-ner Ödemneigung auch im Oberschenkelbereich einher-geht, sowie in der Regel für die Therapie des Lymphödems.

Abnehmender Druck von distal nach proximal. Der abfal-lende Druck des Verbands von distal nach proximal wirdnicht dadurch erreicht, dass distal mit einem stärkerenund proximal mit einem geringeren Zug an der Binde ge-arbeitet wird. Vielmehr fällt der Kompressionsdruck beigleichmäßigem Zug an der Binde aufgrund des Laplace-Gesetzes mit zunehmendem Radius von distal nach proxi-mal automatisch in diese Richtung ab.

Vermeidung von Schnürfurchen. Um Schürfurchen zuvermeiden, darf die Binde nicht in eine beliebige Richtunggezogen werden, sondern muss frei laufen, wobei Ober-und Unterkante der Binde den gleichen Auflagedruck ha-ben. Bei dieser Technik entstehende Lücken im Verbandwerden mit der nächsten Binde abgedeckt. Die nach au-ßen geführte Bindenrolle gewährleistet, dass der Verbandeng am Bein geführt wird.

Fußquerschnitt

Polstermaterial

Achillessehne

ba

Abb. 4.2 a, b Auf- und Abpolstern nach dem Laplace-Gesetz. aAufpolstern des Fußrückens bei Fußrückenödem. b Abpolstern derAchillessehne im Bereich des oberen Sprunggelenks.

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Ab- und Aufpolsterung. Gemäß des Gesetzes von Laplacekönnen kleine Radien wie die Knöchelregion und dieSchienbeinkante oder die Achillessehne zur Vergröße-rung des Radius abgepolstert werden, während sich beiflächigen Regionen die Aufpolsterung zur Verkleinerungdes Radius bewährt hat. Dies trifft insbesondere in derTherapie des Ulcus cruris zu. Hier kann das Aufbringen ei-nes Schaumstoffpolsters zur Verkleinerung des Radiusüber dem Ulkus und zur Druckverstärkung durch dieBinde zu einer rascheren Abheilung führen. Als Polster-materialien kommen wenig komprimierbare Schaum-stoffe und Watte in Betracht. Es ist darauf zu achten, dass

die Kanten abgeschrägt sind, da ansonsten im Randbe-reich ein Randödem bis hin zur Blasenbildung auftretenkann (Abb. 4.4).

� Medizinischer Kompressionsstrumpf (MKS)

Für die Therapie mit medizinischen Kompressions-strümpfen stehen Kompressionsstrümpfe unterschiedli-cher Kompressionsklassen und -längen in Serien- oderMaßanfertigung zur Verfügung. Das Druckverhalten unddie Qualität der medizinischen Kompressionsstrümpfesind genormt und werden von der Gütezeichengemein-

Abb. 4.3 a−f Einzelne Arbeitsschritte beim Anlegen eines Unterschenkelkompressionsverbandes mit Kurzzugbinden.

a

c

b

d

fe

4 Therapie

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Abb. 4.4 Polstermaterial.

Abb. 4.5 Kombinierte Kompressionsstrumpfversorgung mit Ze-henkompressionsteil und Kompressionsstrumpf bei Lymphödem.

schaft Medizinische Kompressionsstrümpfe e.V. über-wacht. Für die Ulcus-cruris-Behandlung stehen zusätzlichspezielle Ulkuskompressionsstrümpfe mit nachgewiese-ner Wirksamkeit zur Verfügung (5, 6).

Kompressionsklassen

Andruck. In der Bundesrepublik Deutschland stehen vierunterschiedliche Kompressionsklassen zur Verfügung, diesich in der Stärke ihres Andrucks auf das Bein unterschei-den. Der Andruck der unterschiedlichen Kompressions-klassen im Fesselbereich in Ruhe ist nach der GZG-Normvorgegeben. Der Andruck der Kompressionsstrümpfemuss von distal nach proximal kontinuierlich abfallen.

Tabelle 4.9 gibt einen Überblick über die derzeit gülti-gen Andruckwerte nach GZG-Norm für die einzelnenKompressionsklassen.

Auswahl der Kompressionsklasse. Die Wahl der Kom-pressionsklasse hängt vom Krankheitsbild und dem klini-schen Befund ab. Der Kompressionsstrumpf muss in derLage sein, einen kompensierten Zustand aufrechtzuerhal-ten. Entsprechend den Leitlinien der Deutschen Gesell-schaft für Phlebologie (12, 13, 14) kann die beginnendeVeneninsuffizienz mit Kompressionsstrümpfen derKlasse I therapiert werden. Ist die chronische Veneninsuf-fizienz durch eine Störung extrafaszialer Venen (V. sa-phena magna oder parva, Seitenastvarikose) bedingt, ge-nügt in der Regel die Kompressionsklasse I oder II. Schä-den der intrafaszialen Venen (Leitvenen, Muskelvenen,Vv. perforantes) werden in der Regel mit Kompressions-strümpfen der Klasse II oder III behandelt. Lymphödememachen meist hohe Andrucke erforderlich. Bei geringergradigem Ödem genügt Kompressionsklasse II oder III,das ausgeprägte Ödem verlangt Kompressionsklasse IV.Ist der Patient körperlich nicht in der Lage, Kompressions-strümpfe der hohen Kompressionsklasse III oder IV al-leine an- und auszuziehen, ist das Übereinanderziehenvon medizinischen Kompressionsstrümpfen niedrigererKompressionsklassen möglich. Letzteres trifft vor allemauf Patienten mit Lymphödem zu, bei denen häufig aufeine kombinierte Versorgung zurückgegriffen wird(Abb. 4.5).

Als Faustregel kann gelten, dass die Kompressionsklasseausreicht, bei der eine bestehende Ödemneigung gutkompensiert ist und ein weitgehend beschwerdefreierZustand erreicht wird.

Tabelle 4.9 Überblick über die derzeit gültigen Andruckwertefür die einzelnen Kompressionsklassen

Kompres-sionsklasse

Kompres-sionsintensität

Kompres-sion in kPa1)

Kompressionin mmHg2)

I leicht 2,4–2,8 18–21

II mittel 3,1–4,3 23–32

III kräftig 4,5–6,1 34–46

IV sehr kräftig � 6,5 � 49

1) 1kPa = 7,5 mmHg2) 1 mmHg = 0,133 kPa

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Länge des MKS

Medizinische Kompressionsstrümpfe stehen in verschie-denen Längen zur Verfügung. Es sind dies vor allem:➤ der Unterschenkelkompressionsstrumpf,➤ der Halbschenkelstrumpf,➤ der Oberschenkelstrumpf,➤ die Kompressionsstrumpfhose.

Unter- oder Oberschenkelstrumpf. Wie beim phlebologi-schen Kompressionsverband reicht in der Mehrzahl derFälle für die Kompensation der chronischen venösen In-suffizienz ein Unterschenkelkompressionsstrumpf aus.Sind die pathologischen Veränderungen proximal lokali-siert oder treten beispielsweise Ödeme im Oberschenkel-bereich auf, kann auf Oberschenkelkompressions-strümpfe oder Kompressionsstrumpfhosen zurückgegrif-fen werden. Der Oberschenkelkompressionsstrumpf be-darf in der Regel einer zusätzlichen Befestigung mit Haut-kleber, Haftband oder einseitiger Befestigung mit Bauch-gurt. Auch die Verordnung eines Strumpfhosenteils zurBefestigung ist möglich.

Passform des MKS. Für die Wirksamkeit des MKS ist einegute Passform des Strumpfes entscheidend. Daher mussvor jeder Abgabe eines MKS das Bein vermessen werden.Die Messung erfolgt am ödemfreien Bein, wobei insbe-sondere bei Oberschenkelstrümpfen und adipösen Pa-tienten die stehende Position gewählt werden muss. JedesBein ist einzeln zu vermessen und muss dabei jeweils alsStandbein fungieren. Die Messpunkte müssen denen derderzeitigen GZG-Norm entsprechen (Abb. 4.6).

Bei Übereinstimmung der gemessenen Beinumfangs-und Längenmaße mit den vorhandenen Konfektionsgrö-ßen soll ein Serienkompressionsstrumpf verordnet wer-den, anderenfalls ist eine Maßanfertigung notwendig.

Verordnung des MKS

Hilfsmittelrezepte. Die Verordnung der MKS erfolgt aufeinem Hilfsmittelrezept unter Angabe der Anzahl, derLänge und der Kompressionsklasse der medizinischenKompressionsstrümpfe. Bei speziellen Befestigungenmüssen diese auf dem Rezept vermerkt werden. Ist eineMaßanfertigung erforderlich, so muss dies ebenfalls aufdem Rezept aufgeführt sein. Die routinemäßige Angabe„nach Maß, wenn erforderlich“ ist nicht sinnvoll, da dieEntscheidung hierüber dann einzig und allein dem aus-führenden Sanitätshaus überlassen wird. Eine aus-schließliche Maßanfertigung verlangt der Kompressions-strumpf der Kompressionsklasse IV. In der Kompressions-klasse III, insbesondere bei deformierten Beinmaßen, isthäufig eine Maßanfertigung erforderlich. Auf keinemKompressionsstrumpfrezept darf die Diagnose fehlen(Abb. 4.7).

Nach den gültigen Richtlinien können medizinische Kom-pressionsstrümpfe zweimal pro Jahr verordnet werden.Darüber hinaus kann aus hygienischen Gründen, insbe-sondere bei Erstversorgung, eine Mehrfachversorgungerfolgen. Dies muss auf dem Rezept vermerkt werden.Die Verordnung von MKS unterliegt nicht dem Arzneimit-telbudget.

Produktpalette. Auf dem Rezept kann auch die genaueProduktbezeichnung des Kompressionsstrumpfes ange-geben werden, entweder direkt oder anhand der Hilfsmit-telnummer. Dazu ist es erforderlich, dass der Verordnereine Auswahl von Produkten verschiedener Herstellerkennt, um unter Berücksichtigung der besonderen Erfor-dernisse bei seinem Patienten eine Entscheidung zu tref-fen. Dies ist durchaus sinnvoll, da in den einzelnen Kom-pressionsklassen bei praktisch allen Herstellern unter-schiedliche Strumpfqualitäten mit unterschiedlicher Di-cke und Elastizität des Materials zur Verfügung stehen. Sokann beispielsweise eine stärkere Ödemneigung bei ei-nem Varikosepatienten mit einem Kompressionsstrumpfder Kompressionsklasse II aus etwas dickerem, wenigerelastischen Material besser kompensiert werden als miteinem dünneren, elastischeren Strumpf desselben Her-stellers. Nicht immer ist in einem solchen Fall eine höhereKompressionsklasse erforderlich, manchmal reicht auchdie Auswahl des geeigneten Produkts in der niedrigerenKlasse.

� Apparative intermittierende Kompression

Therapieablauf. Für die apparative intermittierendeKompression (AiK) stehen Mehrkammer- und Einkam-mersysteme zur Verfügung. Die Luft wird intermittierendin doppelwandige Beinmanschetten gepumpt, die bei derTherapie venöser und lymphatischer Krankheitsbilderden Fuß mit umschließen sollen (12). Der Druck wird indefinierten Zeitabständen auf- und abgebaut. Er mussmanuell einstellbar sein und sollte in keinem Fall mehr als100 mmHg betragen. Neben den strömungsmechani-schen Effekten auf das venöse und das lymphatische Sys-tem spielt auch die systemische Aktivierung der Fibrino-lyse eine Rolle. Die Druckzeiten, die Druckstärken und diePausen, die jeweilige Behandlungszeit pro Sitzung unddie Behandlungsdauer müssen entsprechend der Diag-nose und dem klinischen Befund festgelegt werden. ZuBeginn ist normalerweise ein Kompressionsdruck von40 mmHg mit einer Kompressionsphase von 40 s und ei-ner Entlastungsphase von 20 s üblich. Die Behandlungs-zeit pro Sitzung sollte mindestens 20 min betragen. DerTherapieverlauf muss ärztlich überwacht werden.

Bei der Behandlung des Lymphödems ist darauf zu ach-ten, dass das Ödem nicht aus dem Bein in den Becken-oder Genitalbereich verschoben wird. Treten während derBehandlung Schmerzen oder Kreislaufprobleme auf, soist die Behandlung abzubrechen.

4 Therapie

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Abb. 4.6 Messstellen, Längenund Umfänge am Bein zumAnpassen von Kompressions-strümpfen.

λK1T

cT

λK2T

λB

K2

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Abb. 4.7 Rezept über einenKompressionsstrumpf. DieDiagnose darf nicht fehlen,Nr. 7 (Hilfsmittel) muss ange-kreuzt werden.

4.2 Kompressionstherapie

Page 9: 4.2 Kompressionstherapie Medizinischer Kompressionsstrumpf ...

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Rabe/Gerlach, Praktische Phlebologie (ISBN 3131192321) © 2006 Georg Thieme Verlag

Langzeittherapie. Geräte zur apparativen intermittieren-den Kompression können auch als Heimgeräte verordnetwerden. Dies kommt insbesondere bei Langzeitbehand-lungen in Betracht. In diesen Fällen müssen Indikationund Kontraindikation streng beachtet werden und eineregelmäßige ärztliche Kontrolle muss gewährleistet sein.

Ergebnisse

Tiefe Beinvenenthrombose und oberflächliche Throm-bophlebitis. Seit Jahrzehnten gilt der phlebologischeKompressionsverband als Basismethode in der Behand-lung der tiefen Beinvenenthrombose und der oberflächli-chen Thrombophlebitis im deutschsprachigen Raum. Erist in der Lage, Thromben im oberflächlichen und tiefenVenensystem teilweise zu fixieren und eine rasche Re-duktion der Schmerzen und des Ödems herbeizuführen.

Prophylaxe des postthrombotischen Syndroms. Auf die-sem Gebiet hat sich die Kompressionstherapie ebenfallsbewährt. Brandjes konnte zeigen, dass die Entwicklungdes postthrombotischen Syndroms durch die regelmä-ßige Anwendung der Kompressionstherapie auf die Hälftereduziert werden kann (1).

Ulcus cruris. Bei der Behandlung des Ulcus cruris veno-sum stellt die Kompressionstherapie ebenfalls eine Basis-maßnahme dar. In zahlreichen Untersuchungen konntenachgewiesen werden, dass mit dem phlebologischenKompressionsverband, aber auch mit dem phlebologi-schen Kompressionsstrumpf in Kombination mit einerLokaltherapie eine hohe Abheilrate des Ulcus cruris er-reicht werden kann (9). Ein großes Problem in der Phlebo-logie stellt das Rezidiv des abgeheilten Ulcus cruris veno-sum dar. In zwei Studien konnte gezeigt werden, dassohne Kompressionstherapie nach Abheilung die Rezidiv-rate des Ulcus cruris zwischen 69 und 100 % liegt, wäh-rend sie mit konsequenter Kompressionstherapie auf un-ter 30 % gesenkt werden kann (8, 11).

Lymphödem. Auch beim Lymphödem konnte für dieKompressionstherapie im Rahmen der komplexen physi-kalischen Entstauungstherapie ein guter entödematisie-render Effekt nachgewiesen werden.

Thromboembolieprophylaxe. Für die apparative inter-mittierende Kompression liegen die meisten Daten zumthromboembolieprophylaktischen Effekt dieser Methodevor. In zahlreichen Untersuchungen konnte die eindeutigeWirksamkeit belegt werden (10).

Die Kompressionstherapie hat sich bewährt bei tieferBeinvenenthrombose und oberflächlicher Thrombophle-bitis, als Thromboembolieprophylaxe und Prophylaxe despostthrombotischen Syndroms sowie bei CVI, Ulcus crurisund Lymphödem.

Literatur

1. Brandjes DPM, Büller HR, Heijboer et al. Randomised trialof effect of compression stockings in patients with sympto-matic proximal-vein thrombosis. Lancet 1997; 349:759–62.

2. Gallenkemper G, et al. Leitlinie zur Diagnostik und Therapiedes Ulcus cruris venosum. Phlebologie. 2004: 33: 166–85.

3. Hammersen F, Hesse G. Strukturelle Veränderungen der va-rikösen Venenwand nach Kompressionsbehandlung. Phle-bol Proktol. 1990; 19: 193–9.

4. Jünger M, Galler S, Klysc T, Steins A, Hahn M. Improvementof cutaneous microangiopathy by compression therapy inchronic venous insufficiency. Phlebology. 1996;11(Suppl.1): 10–3.

5. Jünger M, Wollina U, Kohnen R, Rabe E. Wirksamkeit undVerträglichkeit eines Ulkus-Kompressionsstrumpfes zurTherapie des Ulcus cruris venosum im Vergleich zu einemUnterschenkelkompressionsverband – Resultate einer pro-spektiven, randomisierten, multizentrischen Studie. Cur-rent Medical Research. 2004; 20: 1613–24.

6. Jünger M, Partsch H, Ramelet AA, Zuccarelli F. Efficacy of aReady-Made Tubular Compression Device Versus Short-Stretch Compression Bandages in the Treatment of VenousLeg Ulcers. Wounds. 2004; 16 (10): 313–20.

7. Knox P. Fibrinolytischer Effekt und biochemische Aspekteder intermittierenden Beinkompression. In: Brunner U,Schrey A, Hrsg. Die intermittierende Kompression. Mon-heim: Sanol; 1983.

8. Mayberry JC, Moneta G, Taylor L, Porter J. 15 years results ofambulatory compression therapy for chronic venous ulcers.Surgery. 1991; 109: 575–81.

9. Partsch H, Horakova MA. Kompressionsstrümpfe zur Be-handlung venöser Unterschenkelgeschwüre. WMW. 1994;144: 242–9.

10. Partsch H, Blättler W. Leitlinien zur Thromboemboliepro-phylaxe. Phlebologie. 1998; 27: 98–104.

11. Samson RH, Scher L, Veith F, Ascer F, Gupta S. Compressionstocking therapy for patients with chronic venous insuffi-ciency. J Cardiovasc Surg. 1985; 26.

12. Wienert V, Waldermann F, Zabel M, Rabe E, Jünger M. Leitli-nie: Medizinischer Kompressionsstrumpf. Phlebol. 2004;33: 139–44.

13. Wienert V, Waldermann F, Zabel M, Rabe E, Jünger M. Leitli-nie: Phlebologischer Kompressionsverband. Phlebol. 2004;33: 131–34.

14. Wienert V, Partsch H, Gallenkemper G, Gerlach H, Jünger M,Marshall M, Rabe E. Leitlinie: Intermittierende pneumati-sche Kompression (IPK oder AIK). Phlebol. 2005: 34.

4.3 Medikamentöse TherapieE. Rabe

Indikationen und Substanzen

Systemische Therapie bei akuten Venenkrankheiten. Fürakute Venenkrankheiten, insbesondere die tiefe Beinve-nenthrombose, stellt die Therapie mit Antikoagulanzienvom Typ des Heparins oder mit oralen Antikoagulanzienvom Typ der Cumarinderivate die Standardbehandlungdar. In einem Teil der Fälle ist eine Fibrinolysetherapie in-diziert (12).

Systemische Therapie bei chronischen Venenkrankhei-ten. Auch bei chronischen Venenkrankheiten kann eine

4 Therapie