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ONLINE-PRINT | SYMPOSIUM 5. ONLINE PRINT SYMPOSIUM FOREVER START-UP? Freitag Nachmittag, 14:45 Uhr – und die Reihen sind noch immer dicht gefüllt. Das spricht eindeutig für die Qualität des Online Print Symposiums, das am 6. und 7. April 2017 in München im nunmehr fünften Jahr über die Bühne ging. Wenn knapp 300 Be- sucher die Vorträge quasi bis zur letzten Sekunde auskosten, haben die Veranstalter alles richtig gemacht und eine Auswahl an Themen getroffen, die spannend blieb bis zum Schluss. Eben weil sie nicht nur die heile Welt des E-Business Print aufzeigten. Besser kann man es wohl kaum machen! Von KLAUS-PETER NICOLAY 16 Druckmarkt 108 April/Mai 2017 Bild: 123rf.com | yarruta

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5. ONLINE PRINT SYMPOSIUMFOREVER START-UP?

Freitag Nachmittag, 14:45 Uhr – und die Reihen sind noch immer dicht gefüllt. Das

spricht eindeutig für die Qualität des Online Print Symposiums, das am 6. und 7. April

2017 in München im nunmehr fünften Jahr über die Bühne ging. Wenn knapp 300 Be-

sucher die Vorträge quasi bis zur letzten Sekunde auskosten, haben die Veranstalter

alles richtig gemacht und eine Auswahl an Themen getroffen, die spannend blieb bis

zum Schluss. Eben weil sie nicht nur die heile Welt des E-Business Print aufzeigten.

Besser kann man es wohl kaum machen!

Von KLAUS-PETER NICOLAY

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o hatte Eva Malawska, Gründe-rin und Geschäftsführerin Klei -

ne Prints GmbH, gegen Ende der Ver-anstaltung geschildert, wie sie mitihrem Projekt ›Fotobücher für Kinder‹nahezu genial scheiterte, weil siekaum einen Stolperstein ausgelassenhatte. Nach eigenen Worten ist sieals Designerin »etwas naiv« an dieOnline-Anwendung herangegangen,hatte den Logistik-Aufwand unter-schätzt und sah sich mit Druckereien(fortschrittlichen Digitaldruckereien)konfrontiert, die sich als »altbackenund sperrig in ihrer Denke« erwiesenhatten. Sie hat es aber schließlich ge-schafft, das Portal ins Laufen zu brin-gen und sieht sich heute in ihrer Ge-schäftsidee bestätigt: »Vielleichtauch, weil wir vieles instinktiv richtiggemacht haben«, sagte sie.

Ach du Schreck

Erfolgreich ist auch das Portal LostMy Name (zu Deutsch ›Ach duSchreck, mein Name ist weg‹). Es lie-fert seit 2012 auf Basis einer beson-deren Personalisierungs-SoftwareKin derbücher mit individuellem In-halt. Das Unternehmen aus Londonlässt damit Kinder von zwei bis sechsJahren mit dem Bilderbuch eine per-sönliche Heldengeschichte erleben.Tal Oron, Co-Founder Lost My Name,gab in seiner Special Keynote ›Publi-shing is back, Baby!‹ einen Einblickhinter die Kulissen. Und ebenso wiedie personalisierten Bücher Kindernein Abenteuer garantieren sollen,schilderte er das Abenteuer, wie mantrotz 2,7 Mio. Büchern Absatz undeinem Umsatz von umgerechnet88,5 Mio. Euro in den letzten dreiein-halb Jahren keinen oder nur wenigGewinn erzielte. Am Ende des Vor-trags musste man den Eindruck ge-winnen, dass Tal Oron aufgrund derKosten für die Herstellung, der hohenLogistik- und Marketingkosten auchdie Lust an Lost my Name verlorenhat. Warum sonst sollte er das Unter-nehmen offensiv zum Kauf anbie-ten? Na ja, zumindest ist er auf derSuche nach Partnern. Für viele der Teilnehmer hörte sichdas jedenfalls nicht wie eine Helden-

geschichte an und warf die Frage auf,ob Mass Customization im Publi-shing wirklich ein Geschäftsmodellsein kann? Oder stehen bloß die Ma-cher von Lost My Name etwas hilflosvor den Herausforderungen, mit de -nen man als Start-up nicht gerechnethatte? Hier wie bei Kleine Prints zeigt sichzumindest, dass das E-Business Printeben nicht nur Spaß, Design und Dru -cken ist, sondern ein äußerst komple-xes Geschäft, bei dem die verschie-densten Elemente aus Produktionund Commerce beherrscht werdenmüssen. Und die beiden Vorträge zeigtenauch, wie wichtig und richtig das fürdas 5. Online Print Symposium ge-wählte Thema ›Online-Challenge –Fokus Kundenzentrierung‹ war. DennDrucken ist nur eine von vielen Dis-ziplinen, über das beim Online PrintSymposium traditionell nicht viel ge-sprochen wird. Über Drucksachenschon, nicht aber über Drucktechni-ken. Schließlich ist davon auszuge-

hen, dass alle, die sich in den Online-Print-Markt wagen, drucken können.Oder auch drucken lassen können. Aber völlig gleich, ob selbst oder imAuftrag: Die größten Herausforde-rungen im E-Business Print findensich in anderen Teilbereichen als imklassischen Druck.

Königsdisziplin Hellsehen

Etwa im Hellsehen! Denn wer kenntseine Kunden wirklich und weiß, wasihren Vorstellungen entspricht? Wasbeschäftigt die Kunden heute undwas benötigen sie morgen? Wie ent-wickeln sich Märkte und wer wirddann überhaupt noch erfolgreichsein? Solche Fragen und besser noch derenAntworten sind natürlich generell fürjedes Unternehmen relevant. Dochfür Online-Drucker ist es um Dimen-sionen wichtiger. Schließlich bewe-gen sie sich als Drucker und E-Com-merce-Dienstleister nicht nur im In-ternet, sondern auf allen denkbarenMedienkanälen – soll ten sie zumin-dest. Denn viele Kunden lassen sichnur noch über Multichannel-Strate-gien ansprechen und zum Kauf mo-tivieren. Hierbei spielen Kundenbe-ziehungen eine vielleicht noch wich-tigere Rolle als im klassischen Ge-schäft trotz persönlichem Umgang.

Forever Start-up

Wie sehr Online-Print eine Kombina-tion aus hochmodernen Produktions-verfahren, automatisierten Prozes-

sen und dem Vertriebskanal Onlineist, verdeutlichte Hartmut Kappes,Geschäftsführer Group CFO Flyer-alarm. »Erst die täglich neue Fokus-sierung auf die Kundenbedürfnissegarantiert auch eine dauerhafte Kun-denbindung«, sagte er in seiner Key-note und mahnte: »Für die Leistungvon gestern gibt es heute keinen Ap-plaus mehr.« Das Familienunternehmen Flyer-alarm, gerne auch als ›forever Start-up‹ beschrieben, sieht sich als Full-sortimenter im Bereich Druck- undMarketing-Dienstleistungen, machtheute 330 Mio. Euro Umsatz, bewäl-tigt jährlich etwa 3,3 Mio. Aufträgevon 1,5 Mio. Kunden und versendetbis zu 22.7000 Pakete pro Tag.Dabei hat sich Online-Print in seinernoch jungen Geschichte erheblichgewandelt. Natürlich wird Online-Print immer auch mit ›Preisverfall‹assoziiert. »2004 kosteten 5.000Flyer noch rund 300 Euro, heute sindes 35 Euro«, bestätigte Kappes. Dochum möglichst niedrige Preise geht eslängst nicht mehr. Die Preise sind seitgeraumer Zeit bekannt und eher sta-bil. Heute gehe es viel mehr darum,wie der Kunde künftig bestellen willund wie schnell er die Ware habenmöchte. »Print to Go«, die sofortigeMitnahme, sei ein entsprechenderAnsatz, erläuterte Hartmut Kappes,schränkte aber gleich ein: »Lokal undStore, ja, aber nicht ohne Online«.Auch über »Curated Shopping« den -ke man nach. Das sei zwar sehr zeit-intensiv, erhöhe die Kundenbindungund -zufriedenheit aber massiv. .

S

Mit knapp 300 Teilnehmern aus 15 Ländern, zukunftsorientierten Themen, 16 Vorträgen und starken Partnern führte das 5. Online Print Symposium am 6. und 7. April 2017 erneut tonangebende Akteure des E-Business Print in München zusammen.

»Ich bin vielleicht etwas naivan das Projekt herangegan-gen. Vielleicht haben wir auchnur intuitiv sehr vieles richtiggemacht.«

Eva Malawska, Gründe-rin und GeschäftsführerinKlei ne Prints GmbH.

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Es geht also um größtmögliche Fle-xibilität für eine maximale Kunden-zufriedenheit und um die nahtloseVerknüpfung verschiedener Kanäle.»Einfach machen«, meint Flyeralarmdurchaus doppeldeutig. Einfach nurmachen ohne Konzept wä re jedoch›Harakiri‹. »Die Genialität liegt in derEinfachheit«, meint Kappes. Dahinter verbirgt sich aber auch vielArbeit. Denn auch Flyeralarm fälltnichts in den Schoß. »In den Flyer-alarm Future Labs suchen wir stetsneue Produkte und Lösungen. An 30Projekten wird aktuell gearbeitet«,erläuterte Kappes. Ob die alle erfolg-reich werden, sei eine andere Frage.Das Angebot an 3D-Figuren etwa istso ein Beispiel, das man inzwischenaufgegeben hat. Trotzdem: »Die gro-ßen Kuchenstücke im Online-Printsind zwar verteilt, aber für neueIdeen ist noch immer Platz. Wer einOriginal ist und keine Kopie von ir-gendetwas anderem, kann auch inder Nische leben. Finden Sie Ihre Ni-sche«, forderte Kappes das Audito-rium auf.

Fokus Kundenzentrierung

Mit der passenden Strategie, demrichtigen Fokus und einer bedürfnis-orientierten Kundenzentrierung sindalso auch in Zukunft noch Marktan-teile zu gewinnen. Was aber ist diepassende Strategie? Und wie sollman Kundenzentrierung eigentlichverstehen? Eine mögliche Interpretation ist dasBestreben von Unternehmen, ihre

Kundenorientierung und Interakti-onsfähigkeit zu verbessern. Denn ei-nerseits ist die effiziente Nutzungvon kundenbezogenen Daten heutemöglich. Andererseits pflegen dieKunden selbst einen aktiven Aus-tausch ihrer Erfahrungen mit Mar-ken, Produkten und Unternehmen.Die daraus resultierenden Erkennt-nisse sollten Grund genug sein, sichnoch konsequenter um die Bedürf-nisse der Kunden zu bemühen unddie eigene Organisation konsequentauf diese Anforderungen hin auszu-richten.

Vom Wachsen und vom Schrumpfen

Allerdings gibt es hierfür kein Patent-rezept. Schon deshalb nicht, weil esden typischen Online-Drucker garnicht gibt. »Es gibt eine Vielzahl un-terschiedlicher Typen«, stellte BerndZipper, CEO der zipcon consultingGmbH und Mitveranstalter des On-

line Print Symposiums, in seinemVortrag fest. »Aber es gibt einen on-line generierten Umsatz. Und derwird 2017 auf 7,5 Milliarden Euro inD/A/CH wachsen«, erläuterte er. Da -bei sind die Online-Drucker der ers -ten Generation nicht alleinige Um-satztreiber. Zwar wird auch derenUmsatz über ihre Open Shops um15,4% auf 3,0 Mrd. Euro steigen,doch der höhere Anteil mit 4,5 Mrd.Euro liegt bei den um knapp 10%wachsenden Closed Shops und demtypischen B2B-Geschäft zwischenDruckerei und bestehenden Kunden.»Die Wachstumsraten sind dabei ins-gesamt hö her als bisher erwartet«,sagte Zipper. Allerdings profitiertendavon vor allem die großen Druck -fabriken. Und das hat Folgen für die Drucke-reien, die sich noch immer nur Off -line im Markt bewegen. Nach denZahlen von Bernd Zipper wird dieZahl der Druckereien in Deutschlandnochmals dramatisch nach unten

gehen. Denn bei dem immer härterwerdenden Wettbewerb und denimmer kürzer werdenden Innovati-onszyklen werden vor allem kleinereDruckereien nicht mehr mithaltenkönnen. Online-Print wird bei diesenVerschiebungen eine nicht unerheb-liche Rolle spielen. Deshalb wird eswohl bis zum Online Print Sympo-sium 2018 interessant bleiben, ne -ben technologischen Weiterentwick-lungen die Verschiebungen bei denMarktanteilen zwischen Onlinernund Offlinern zu beobachten.

Die Liste der Hausaufgaben

Zwar schrumpfe Print (ohne Verpa -ckungen) in Deutschland bis 2025weiter, das Minus von 1% pro Jahrist jedoch deutlich geringer als pro-gnostiziert. Das ist zwar ganz nett,»wir haben aber keine Zeit, uns aus-zuruhen«, sagte Zipper. Viele Online-Printer unterschätzten den Trend zurMass Customization und konzen-trierten sich auf Automatisierungund E-Commerce. Das Zeitalter derMassenproduktion sei jedoch vorbei.»Gerade in diesem Bereich gibt esweiteren Wettbewerb etwa durchAmazon und neue Trends, mit denensich Online-Printer in den nächstenMonaten auseinandersetzen müss-ten. Pure play geht, Multi playkommt – und der lokale Online-Prin-ter wird immer beliebter«, stellte Zip-per fest. Und er warnte davor, dieDinge einfach nur laufen zu lassen.Online-Print sei mehr als nur einShop im Netz.

Potenzial für Print ist weltweit vorhanden, motivierte Hartmut Kappes, Geschäfts-führer Group CFO Flyeralarm.

Und nach den Zahlen von Bernd Zipper, CEO der zipcon consulting GmbH, wächstOnline-Print auch in den nächsten Jahren weiter.

»Nur die tägliche Fokussie-rung auf die Kunden garantierteine dauerhafte Kundenbin-dung. Für die Leis tung von ge-stern gibt es heute keinen Ap-plaus mehr.«

Hartmut Kappes, Geschäftsführer GroupCFO Flyeralarm.

»Der online generierte Umsatzan Drucksachen mit OpenShops und Closed Shops wird2017 auf 7,5 Milliarden Euroin D/A/CH wachsen. Zu Lastentraditioneller Drucker.«

Bernd Zipper, CEO derzipcon consulting GmbHund Mitveranstalter desOnline Print Symposiums.

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»Zwar bietet Online-Print generelleine gute Qualität, aber bei über 200Mystery-Shopping-Bestellungen hatsich bei uns auch Ernüchterung ein-gestellt«, erläuterte Zipper. Denn inSachen Qualität gehe es gelegentlichabenteuerlich zu: Verblockte Druck-sachen, weil die Farben nicht durch-getrocknet waren, Verschnitt, schief,ungleich. Oft seien auch die Verpa -ckungen ungenügend oder die Ver-sandadressen falsch. Dazu kommevielfach mangelhaftes Reklamations-Management, weil offensichtlich kei -ne Richtlinien vorliegen. »Reklamier -te Drucksachen dürfen doch nichtlänger dauern als der ursprünglicheDruckauftrag«, mahnte Zipper.Baustellen hat er aber auch bei denWebsites festgestellt. Viele seien un-übersichtlich oder nicht zielgruppen-spezifisch und es mangele häufig anTransparenz beim Angebot und denPreisen. Und User Experience sei fürviele noch immer ein Fremdwort.

Kaufen muss Spaß machen

Zusammenfassend argumentierteBernd Zipper: »Noch nie in der Ge-schichte der Druckindustrie gab esmehr Verkaufskanäle für Print, nochnie gab es so viele Möglichkeiten mitPrintprodukten Wachstum zu gene-rieren, noch nie war es so einfach einindividuelles Leistungsportfolio zupräsentieren und noch nie war es sowichtig, für das eigene Unternehmenzu agieren, statt einfach nur Leis -tungserfüller für andere Anbieter zusein. Deshalb müssen gerade klei-nere Online-Printer verstehen, dassCustomer Centricity, die Konzentra-tion auf den Kunden, und der richtigeMarketingmix mindestens, wennnicht genauso wichtig sind, wie eineTop-Produktion!«Und schließlich gebe es neben allerTechnik und crossmedialer Kanäleauch im E-Business einen ganz ein-deutigen Trend, der in Richtung Emo-tional Commerce zeige: »Kaufenmuss nun einmal Spaß machen«,stellte Bernd Zipper abschließendfest. »Deshalb müs sen auch die On-line-Print-Shops weg von der Lange-weile.«

Print is lifestyle

Wie das Gegenteil von Langeweileaussehen kann, schilderte Peter Gun-ning, Geschäftsführer der in Englandansässigen Grafenia plc. »Der Print-shop ist tot. Lang lebe der Print-shop!«, sagte er und schilderte denAufstieg, Fall und die Wiedergeburtvon Print im Ladengeschäft. Mitten in Birmingham, London, Man-chester, Dublin und etwa 100 weite-ren Städten praktiziert er genau das,was Dru ckereien über Jahrzehnte ge-macht haben: Geschäftsdrucksachenfür lokale Kunden. Allerdings gehö-ren dazu heute auch andere Dingeals Visitenkarten: Drucksachen, Web-sites, Crossmedia-Anwendungen etc.Nettl, so der Name der Kette, bietetdafür ein Allround-Paket und richtetsich vor allem an kleinere Geschäfts-kunden. Die erhalten Beratung, Lö-sungen für ihr Marketing via Webund Print und vor allem auch die de-sign-technische Unterstützung samtUmsetzung. Mit Partner-Stores, diezum Netzwerk gehören, gewinnt dasUnternehmen Online-Print-Kundendurch vielfältige persönliche Kon-taktmöglichkeiten. Und die Ladengeschäfte sehen auchanders aus als früher. Sie gleicheneher einer Design-Agentur, bietendas Ambiente eines Coffee-Shopsoder einer Galerie. Es gibt kein Hard-Selling, sondern Beratung und denWohlfühl-Faktor. Kunden kommenfür einen Kaffee und gehen, nach-dem sie (möglicherweise) ein Plakatbestellt haben. Lifestyle eben. Der Er-folg der Nettl-Stores liegt offensicht-lich darin, dass Online und Offlinevermischt werden und Print als Life-style vermarktet wird. Peter Gunning hat sich mit seinerGeschäftsidee das sich veränderndeKundenverhalten zu Nutze gemachtund ist davon überzeugt, dass sichDruckereien neu positionieren müs-sen, um überleben zu können. »Wirmöchten der One-Stop-Shop für klei -ne Unternehmen sein. Egal ob E-Com merce, Bestell-Apps, Schilderoder Druck – wir sind dort zur Stelle,wo man uns leicht findet«, fasst erzusammen. .

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Marketing und macht einen Großteilder Produktions- und Verwaltungs-prozesse im Commercial Printingüberflüssig«, erläuterte Mike Arbu-zov, Co-Gründer & Chief TechnologyOfficer der norwegischen Gelato AS.Unternehmen könnten durch GelatoEinsparungen von bis zu 50% beimZeitaufwand, 90% beim Versand und25% beim Abfall erzielen. Dank der optimierten Logistik agie-ren Unternehmen global, druckenaber vor Ort. Da Gelato selbst keineDruckkapazitäten vorhält, werdendie Aufträge gebündelt und druckfer-tig an eine der Partner-Druckereiengeleitet, die die hohen Ansprüchevon Gelato in Sachen Qualität erfül-len. Für die Digitaldrucker bedeutetder Anschluss an das Netzwerk einedeutlich höhere Produktionsauslas -tung und mehr Effizienz. So konntenim letzten Jahr rund eine Million Ein-zelaufträge über das Netzwerk abge-wickelt werden. Die Druckvorlagenstehen zentral im Netz auch für Nie-

derlassungen bereit. Dort werden sieangepasst, vor Ort gedruckt und inder Regel innerhalb von 48 Stundenausgeliefert. Die weltweit einheitliche Qualitätder Drucksachen nach den Vorgabendes Corporate Designs ist sicherge-stellt, da alle angeschlossenen Digi-taldruckereien mit hochmodernenDrucksystemen in standardisiertenVerfahren arbeiten.

Gnadenlose Abhängigkeit

Nach diesem Strauß an Möglichkei-ten der Vermarktung von Drucksa-chen über neue Konzepte und Part-ner-Modelle schilderte Willie Brandl,Gründer und Geschäftsführer vonmeinnotizbuch.de, seine persönli-chen Erfahrungen auf dem Weg zumE-Commerce-Händler. Nach seinerEinschätzung gibt es für kleinere Un-ternehmen nur einen Weg, wettbe-werbsfähig zu bleiben: die Integra-tion von Multichannel-Strategienund Online-Marktplätzen in das ei-gene Geschäftsmodell. Da ein Groß-teil der Händler mit lokalem Fokuskaum mit den Instrumenten der di-gitalen Vermarktung umzugehenwis sen, vertrauen sie sich üblicher-weise Plattformen wie Google oderAmazon an. Brandl wies in seinem Vortrag daraufhin, dass sich Amazon immer mehrzur Suchmaschine und damit zu ei -nem »substanziellen Absatzkanalmit erheblichem Umsatzpotenzial«entwickle. Er machte zugleich deut-lich, dass eine Vermarktung via Ama-

»Wir kooperieren als Full-Service-Agentur dabei mit Webdesignernund Druckereien der verschiedenstenAusprägungen. Wir verkaufen Druckals Faszination«, sagt Peter Gunning.Und zu dieser Faszination gehörtauch die 4-Stunden-Lieferung fürLast-minute-Jobs.

Das Bestellen einfacher machen

Einen völlig anderen Ansatz verfolgtHans Scheffer, Gründer und CEO vonHelloprint. Mit einem rasanten Um-satzsprung von null auf 40 Mio. Euroin nur knapp drei Jahren in acht Län-dern ist Helloprint eine Erfolgsge-schichte, wie sie im Buche steht. DieStrategie dahinter ist eigentlich rechteinfach und an das E-Com merce-Prinzip eines Plattformmodells ange-lehnt. Unabdingbare Voraussetzungfür den Erfolg von Helloprint ist undwar der Gedanke, dass das Bestellenvon Drucksachen so einfach wiemöglich sein muss. Dabei machte Scheffer anhand einesHotel-Buchungsportals seine Philo-sophie deutlich. Bis vor wenigen Jah-ren noch beherrschten große Hotel-Ketten den Markt der Übernachtun-gen. Hotel-Buchungsportale habenes jedoch auch kleineren Hotels er-möglicht, internationale Kunden zufinden, oh ne in Marketing oder ei-gene Portale investieren zu müssen.Die Hotels zahlen nur einen be-stimmten Betrag an das Buchungs-portal, wenn Kunden ein Zimmer bu-chen. Die Parallele dazu sieht Schef-fer in seinem Portal Helloprint. Auch

hier können lokale Drucker, die sichdem Netzwerk von bisher etwa 160Herstellern anschließen, von dem in-ternational angelegten Marketingund der großen Kundenbasis profitie-ren. Das erfordert ein Umdenken.Aber Hans Scheffer ist davon über-zeugt: »Drucker von morgen dürfennicht wie die Drucker von gesterndenken.«

Globales Konzept für den Druck

Gelato ist kein Online-Drucker, son-dern ein Technologieunternehmenund als Vermittler von Druckaufträ-gen unterwegs. Kern des internatio-nalen Geschäfts bilden das Gelato-Netzwerk und die Print-Cloud GelatoGlobe. Damit wird es möglich, Mar-ketingmaterial auf internationalerEbene effizienter zu drucken. Druck-sachen werden zentral und weitge-hend automatisiert beauftragt – in-klusive Versand in mehr als 40 Län-der. »Das steigert die Effizienz im

Nettl, die englische Online-Print-Kette von Peter Gunning, vermarktet Print alsLifestyle in Ladengeschäften, produziert Online und liefert in vier Stunden.

Lost my Name ist ein erfolgreiches Verlagsobjekt, das aber aufgrund hoher Produk-tions- und Vermarktungskosten an die Grenzen der Wirtschaftlichkeit stößt.

»Kein Hard-Selling, sondernBeratung und Wohlfühl-Faktor.Der Erfolg liegt darin, dass On-line und Offline vermischt wer-den und Print als Lifestyle ver-marktet wird.«

Peter Gunning, Geschäfts-führer der in England ansässigen Grafenia plc,die Nettl betreibt.

»Drucker von morgen dürfennicht wie die Drucker von ges -tern denken. Wir betreiben einBuchungsportal für Druckerei -en. Das erfordert von Druckernein Umdenken.«

Hans Scheffer, Gründerund Geschäftsführer vonHelloprint.

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Leistungen mit Hilfe von Informati-onstechnologie in einer einheitlichenSyntax als Daten zu beschreiben.Diese Vereinheitlichung erlaubt ei-nerseits den Vergleich von Werten,andererseits die Auflösung von Zu-sammenhängen. Digitalisierungschafft damit Transparenz und er-möglicht eine Rekombination in ver-änderter Form, um damit wiederumWertschöpfung zu erzielen.«Wie man sich dieser Aufgabe nähert,lässt sich in einigen Schlagwortenzusammenfassen:• Im Fokus stehen Daten statt Dinge.Das erfordert Datenkompetenz. • Betrachtet werden User statt Kon-sumenten. Daher liegt der Fokus aufder Kundenzentrierung (Consumer-Centricity).• Mehrwert wird erzeugt durch Kon-trolle von Prozessen statt Besitz vonGütern und Maschinen. Damit stehtdie Prozess-Modellierung im Vorder-grund.• Wachstum entsteht durch eine ma-ximale Integration auf Plattformen

und die vertikale Vernetzung vonWertschöpfungsstufen. »Der Wert eines Unternehmenssteigt, je besser es Waren oderDienstleistungen im Moment des Be-darfs, auf den Nutzer zugeschnitten,in einer von ihm kontrollierbarenWeise über seine bevorzugte Platt-form am bevorzugten Ort bereit-stellt.« Dieser Faustregel stellte Mar-tin Groß-Albenhausen noch einenRat an die Seite, über den sich sicher-lich nachzudenken lohnt: »Es gibtStrategien, um mit der Übermachtvon Amazon umzugehen: proprietärePreise, proprietäre Produkte und pro-prietäre Prozesse.« Damit entgeheman der Vergleichbarkeit. »Innovation ist die Flucht nach vorn.Das haben auch marktbeherrschen -de Unternehmen erkannt«, erläu-terte Groß-Albenhausen in der Dis-kussion. »Wer sagt denn, dass esGoogle in zehn Jahren noch gibt? Vorzehn Jahren war auch Nokia nochunangefochtener Marktführer im Te-lekommunikations-Geschäft.« .

zon finanziell durchaus attraktiv seinkönne, dass dies jedoch zeitintensivsei und man sich in eine gnadenloseAbhängigkeit begebe. Denn auf die-sen Verkaufskanal habe der Einzelnekeinerlei Einfluss.

Digitale Prozesse und neueWertschöpfungen

Natürlich wäre es nicht notwendig,dem Kreis der Online-Drucker zu er-klären, welche disruptive Verände-rung die Digitalisierung für die Wert-schöpfungsketten in Produktion,Han del und Dienstleistung mit sichgebracht hat. Interessant ist den-noch, wie sich dies weiterentwickelnkönnte. Dazu warf Martin Groß-Albenhau-sen, stellvertretender Hauptge -schäfts führer des E-Commerce-Ver-bandes bevh, einige Fragen auf undzeigte an vielen Beispielen, dass dieZukunft der Wirtschaft nicht unbe-dingt nur den Plattformen und Öko -systemen alleine gehört.

»Die dominierende Allianz der GAFA(Google, Amazon, Facebook undApp le) setzt tradierte Geschäftsmo-delle unter Druck. Dabei löst die Di-gitalisierung die Leistungsbündel inHandel, Handwerk und Dienstleis -tung auf. Die Mechaniken der Preis-bildung greifen nicht mehr. Doch imgleichen Zug entstehen neue wert-bildende Tätigkeiten, die digitale Pro-zesse unterstützen: Neue Wertschöp-fung, die vom Kunden her entwickeltwird und so aus der Vergleichbarkeitstandardisierter Produkte ausbricht«,sagte Groß-Albenhausen. Damit ein-her gehe eine Veränderung des Ein-kaufsverhaltens. Doch welche Chancen bestehen,trotz weitgehender Dominanz derGroßen Vier, ein Geschäftsmodell aufServices und Benefits statt Preis zugründen? Groß-Albenhausen ver-suchte es mit einer theoretischenUmschreibung: »Der Begriff Digitali-sierung beschreibt den Ansatz, Din -ge, Handlungen, Prozesse und diedaraus resultierenden Werte oder

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Wie der Handel (re)agiert

Der traditionelle Handel und die On-line-Wettbewerber stehen also glei-chermaßen unter Druck. Die Ver-triebsformen verändern sich und dieAnteile verschieben sich permanentzu Gunsten des Online-Handels.Zwar wird das prozentuale Wachs-tum weniger, das absolute Wachs-tum ist jedoch ungebrochen. »Undder große Profiteur mit einem Markt-anteil von inzwischen über 41 Pro-zent ist Amazon«, bemerkte Dr. KaiHudetz, Geschäftsführer IFH Institutfür Handelsforschung GmbH. Um mitdem Riesen mit alleine in Deutsch-land 240 Millionen gelisteten Pro-dukten einigermaßen Schritt haltenzu können, müsse man entwedereine starke Marke sein oder sich aufindividuelle Produkte konzentrieren.»Konsumenten begrüßen die Mög-lichkeit, Produkte selbst zu gestalten.Jedem Dritten gibt dies das Gefühlbeim Unternehmen im Mittelpunktzu stehen«, führte Dr. Hudetz aus. Obdies nun Hemden, Müslis, Gewürzmi-schungen, Stofftiere oder Drucksa-chen sind, spielt dabei keine Rolle. Individualisierung bei der Kundenan-sprache bis hin zur Personalisierungist gefragt. Mass Customization giltaber nicht nur für Produkte, sondernauch für die Marketingmaßnahmen,so Hudetz: »Es wird bei der Kunden-ansprache darauf ankommen, überalle Kanäle hinweg aktiv zu sein.Auch und gerade in Print.« Denn Print sei auch in der Welt desE-Commerce nach wie vor relevant.

»Auch heute nutzt ein Großteil derKonsumenten gedruckte Medien.Das Prospekt erfreut sich besondererBeliebtheit«, betonte Dr. Hudetz, in -dem er aus einer aktuellen Studiedes IFH zitierte. Individuelle Werbe-briefe erzielen hohe Wirkung undpassende oder gar personalisiertePaketbeileger machen das Versand-paket zum wichtigen Träger einerBotschaft. »Aber die Customer Jour-ney verändert sich rasend schnell«,warnte Dr. Hudetz. Deshalb müssedie richtige Kundenansprache regel-mäßig angepasst werden. »Stärkerrudern hilft nämlich nicht, wenn dieRichtung nicht stimmt.« Der Wett -bewerb zwinge dazu, kundenorien-tierter zu agieren, um die Kundenbin-dung nicht zu verlieren.

Individuelle Kundenwünsche erfüllen

Schließlich setzen Kunden heute Fle-xibilität und Individualität in allen

Das Kauferlebnis ist noch immer ein Wechselspiel aus Online-Recherche, Anima-tion durch Print und dem Einkauf in Online-Shop oder Ladenlokal.

Automatisch erzeugte personalisierte Paketbeilagen sind heute bereits Bestandteildes E-Commerce. Basis sind Daten aus der Customer Journey.

Lebensbereichen voraus. Eine He -rausforderung, der sich selbst eineKonditorei stellen muss, wie RetoSchmid, Inhaber und GeschäftsführerLa Conditoria aus Graubünden versi-cherte: »Dabei zählt für unsere Kun-den, Produkte in der Menge bestel-len zu können, wie sie zum bestimm-ten Zeitpunkt benötigt werden.« Diese Produkte sind beispielsweisekleine ›Bündner Nusstörtli‹, die ansich schon attraktiv und äußerstschmackhaft sind, die mit einer ad-äquaten Verpackung jedoch zu ei -nem ›Must have‹ werden. RetoSchmid schuf 2014 das neue LabelLa Conditoria Sedrun-Switzerland,unter dem er seither auch die 4 cmkleine und 19 Gramm leichte Tortevermarktet. Allerdings stellte sich fürihn die Frage, wie er neue Produkteprofessionell und ohne Kostenexplo-sion präsentieren könn te. Mit dem Verpackungshersteller co-lordruck Baiersbronn hat Schmidnunmehr einen Partner an der Seite,

der mit seinem Geschäftsbereich›Packaging Digital‹ genau solche An-forderungen erfüllt. Dazu gehört dieschnelle Verpackungsentwicklung,die Produktion von Kleinst auflagenbis zur personalisierten Verpackungund das Testen neuer Kreationen beiGroßkunden. Nein, eine typische Online-Print-An-wendung ist das nicht. Dafür abereine Mass-Customization-Applika-tion par excellence und ein Beweisdafür, dass auch Highend-Produkteaus dem Verpackungsdruck das Po-tenzial für den Online-Druck haben,weil sich auch deren Produktion inzunehmendem Maße automatisierenlässt. Noch ist es keine Standard-An-wendung. Um um Bernd Zipper zu zi-tieren: »Wer eine komplexe Falt-schachtel per Handy bestellen will –erst mal Fieber messen.«

Die mobile Customer Journey

Das gilt sicher nicht für das Begleitender Customer Journey. Denn Online-Shopper von heute möchten mit denUnternehmen kommunizieren: in denApps der sozialen Netzwerke, auf dermobilen Unternehmenswebsite oderder eigenen App. Und das unabhän-gig vom Standort. »93 Prozent derOnline-Shopper sehen sich vor derBestellung andere Kundenmeinun-gen an«, weiß Caroline Langer, Inter-national Marketing Manager advizeSAS. »Doch die Kunden erwartenmehr. Nicht beantwortete Chats zumBeispiel außerhalb der Geschäftszei-ten oder am Wochenende sind aber

»Wer sagt denn, dass es Google in zehn Jahren nochgibt? Vor zehn Jahren warauch Nokia noch unangefoch-tener Marktführer im Telekom-munikations-Geschäft.«

Martin Groß-Albenhau-sen, stellvertretenderHauptge schäfts führer desE-Commerce-Verbandesbevh.

»Die Customer Journey verän-dert sich rasend schnell. DieKundenansprache muss stetsüberprüft werden. Aber stärkerrudern hilft nicht, wenn dieRichtung nicht stimmt.«

Dr. Kai Hudetz, Geschäftsführer IFHInstitut für Handelsfor-schung GmbH.

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rector Sales & Authorized Officerprudsys AG, erläuterte, wie Transak-tionsdaten kanalübergreifend verar-beitet werden. Längst würden künst-liche Intelligenz und maschinellesLernen eingesetzt, sobald der Kundeeinen Shop betritt. Anhand seinerKlicks im Shop wird ein Profil erstellt,das immer schärfer wird, bis demKunden schließlich Produktvorschlä -ge gemacht werden könnten. Daskann auf der Website erfolgen, inForm von Paketbeilegern oder auchin personalisierten Katalogen. »Ma-schinelles Lernen prägt bereits heuteden E-Commerce«, sagte Lippert.»Die großen Versandhändler nutzenes bis zur Print-Personalisierung.«Sind die Daten erst vorhanden, las-sen sich auch Preisoptimierungenund dynamischen Preise generieren.

Versandlogistik aus der Cloud

Wenn solche intelligenten Verknüp-fungen beim Einkaufen möglich sind,

wäre es doch gelacht, wenn diesnicht auch in der Versandlogistikmöglich wäre. Schließlich sind On-line-Print-Shops web-basierte Cloud-systeme. Beim Versanden der Print-Produkte muss aber oft in die ›Off -line‹-Welt gewechselt werden. EineAutomatisierung des Versandprozes-ses oder die automatische Auswahlder preisgünstigsten Versandart warbisher kaum möglich. Dies lässt sichjetzt mit einem ebenfalls cloud-ba-sierten Versandsystem lösen. Claus Fahlbusch, Mitgründer und Ge-schäftsführer der shipcloud GmbH,fasste die Möglichkeiten so zusam-men: »Wir arbeiten an Lösungen, umden Versand noch komfortabler zumachen. Eine Integration unsererSaaS-Lösung in Online-Print-Systemeist möglich, führt zu einem hohenAutomatisierungsgrad des Versand-prozesses und damit zu erheblichenKosteneinsparungen.« Dabei werdenauch Versandlösungen für das be-nachbarte Ausland auf gebaut. .

nun einmal verpasste Chancen, mitden Kunden in Kontakt zu treten.«Und es geht ja um durchaus rele-vante Fragen zu Bezahlung, Versandoder Retouren, um technische Pro-bleme im Online-Shop, um Problememit dem Produkt nach dem Kauf, umFragen zu Produkteigenschaften, umTipps bei der Produktnutzung sowieauf der Suche nach Inspiration, An-regungen und Geschenkideen. Caro-line Langer erläuterte im Verlaufeihres Vortrags die verschiedenenMöglichkeiten, wie die ConversionRate auf mobilen Endgeräten mit in-telligenter Kundenansprache gestei-gert werden kann. Und das wird inZukunft nicht ausschließlich über einpersönliches Gespräch laufen, son-dern mit Unterstützung von Messen -ger-Diensten oder Chat-Bots, alsovon Computerprogrammen, die weit-gehend automatisch sich wiederho-lende Aufgaben abarbeiten, ohneda bei auf eine Interaktion mit einemmenschlichen Benutzer angewiesen

zu sein. »40 Prozent der mobilen Un-terhaltungen werden bis 2020 vonChat-Bots beantwortet«, sagte Caro-line Langer.

Dynamische Preise im Druck

Doch das ist offenbar nur ein Aspektder Vollautomatisierung, die immerstärker um sich greift. Jan Lippert, Di-

»Nicht beantwortete Chats zum Beispiel außerhalb derGeschäftszeiten oder am Wochenende sind verpassteChancen, mit den Kunden inKontakt zu treten.«

Caroline Langer, International MarketingManager advize SAS.

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24 • Druckmarkt 108 • April/Mai 2017

Fallstricke der Internationalisierung

Dass ›Printed in Germany‹ gute Ab-satzchancen hat und Online-Printnach und nach immer mehr Akzep-tanz auch im europäischen Auslanderfährt, hatte Bernd Zipper in seinemVortrag bereits festgestellt. Immermehr wenden sich Online-Druckerge zielt an Kunden im Ausland undliefern grenzüberschreitend. Die In-ternationalisierung birgt aber auchGefahren, denen sich manche nichtbewusst sind. »Reklamationen las-sen sich nicht immer mit einem Gut-schein regeln«, stellte Dr. MartinSchirmbacher, Fachanwalt für IT-Recht, fest. »Allzu schnell findet aus-ländisches Recht Anwendung unddie Unternehmen drohen im Auslandverklagt zu werden.« Es sei also un-erlässlich, sich bei Ländershops mitdem jeweiligen Länderrecht ausei -nanderzusetzen. Und es werde imnächsten Jahr noch einmal ein Stückkomplexer, wenn neue Datenschutz-Richtlinien gültig werden.

Wettbewerbsfaktoren im Online-Druck

»Bisher haben wir noch gar nichtvom Drucken gesprochen«, stellte Dr.Michael Fries, CEO der OnlineprintersGmbH, bei seiner Keynote am zwei-ten Tag des Symposiums fest. SeinVortrag ließ sich durchaus auch alsvorgezogenes Schlusswort betrach-ten. Denn er brachte das Thema On-line-Print noch einmal auf den Punkt.

»Natürlich läuft vieles im E-BusinessPrint über Plattformen, die Drucksa-chen zukaufen. Aber irgendwer mussja schließlich noch drucken. Undzwar so, dass er auch davon lebenkann«, sagte Dr. Fries und erläutertezusammenfassend die wesentlichenKriterien, die Online-Print ausma-chen wie etwa Sammelformen, Stan-dardisierung, Automatisierung undverkürzte Rüstzeiten, Vorteile beimEinkauf von Materialien und Gerätsowie integrierte Produktionslinien.Daraus ergeben sich Kurven für dieKosten und einen möglichen Preis,der aber nicht beliebig nach untenverschoben werden könne. »Die Prei -se sind bis vor fünf oder sechs Jahrenmassiv gesunken. Meine Wahrneh-mung ist derzeit aber nicht, dass sieweiter sinken«, führte Dr. Fries aus.»Wir haben diese Kennzahlen stetsvor Augen, da wir bei Onlineprintersgut 95 Prozent selbst produzieren.« Heftige Bewegung gebe es allerdings

Zufriedene Gesichter auch bei den Moderatoren am Ende der Veranstaltung (vonlinks): Andreas Kraushaar, Fogra, Bernd Zipper, zipcon consulting, und Jens Meyer,bvdm.

bei den Lieferzeiten. Die würdenmehr und mehr zu einem wichtigenPositionierungs-Kriterium. Docheben so wie man Kosten und Preiseim Auge behalten müsse, müsstenauch Liefergeschwindigkeit und Sor-timent aufeinander abgestimmt sein.Kürzeste Lieferzeiten etwa am glei-chen Tag sei vor allem die Stärke lo-kaler Shops, die dies auch nur miteinem begrenzten Angebot an Pro-dukten realisieren könnten. Das seiauch der Grund, weshalb Onlineprin-ters den englischen Online-DruckerSolopress gekauft habe. Denn Groß-britannien sei ein Markt, der bei denLieferzeiten sehr verwöhnt sei. »So-lopress beispielsweise liefert 85 Pro-zent seiner Produkte innerhalb von24 Stunden«, erläuterte Dr. Fries. Doch jenseits der klassischen He -rausforderungen einer Online-Dru -ckerei, neben einer optimierten Kun-denorientierung, zu der für Dr. Friesauch ein relevantes Produktspek-trum zählt, wächst für Online-Printerdie Bedeutung des »Zusammen-spiels von Daten und Technologien infast allen Bereichen – und dies kann,nein muss, zum Vorteil der Kundengenutzt werden.«

Hase und Igel

Vielleicht ist diese Aussage von Dr.Michael Fries die zentrale Erkenntnisdes 5. Online Print Symposium, dasswieder einmal eine Vielfalt bot, diesich nur schwer in einem Satz zu-sammenfassen lässt. Doch was dieTeilnehmer sicherlich mitnehmen

konn ten, ist die Tatsache, dass Tech-nologie in Form von Maschinen weitweniger wichtig ist wie der Blick aufdie übergeordneten Strategien zumBeispiel beim Thema Mass Customi-zation oder zur weiterführenden Au-tomatisierung. Den Zusammenhang von Online-Print und Print 4.0 hatten zurücklie-gende Symposien bereits her gestellt.Abgehakt ist das Thema jedoch nochnicht. Denn die weiter zunehmendeAutomatisierung mit Unterstützungvon Big-Data-Methoden, dem Inter-net of Things etc. werden auch in Zu-kunft noch für Gesprächsstoff sor-gen. Und während sich Online-Dru -cker vorkommen müs sen wie ewigeStart-ups, lässt sich auch trefflichdarüber streiten, ob und wann sichwelche Techniken und Methodenrealisieren lassen.Was passt da besser als das vonBernd Zipper vorgetragene Zitat vonAlbert Einstein, das ein wenig an dieFabel vom Hase und Igel erinnert:»Der Fortschritt geschieht heute soschnell, dass, während jemand eineSache für gänzlich undurchführbarerklärt, er von einem anderen unter-brochen wird, der sie schon realisierthat.«

Das nächste Symposium findet vom15. bis 16. März 2018 statt.

V www.online-print-symposium.de

ONLINE-PRINT | SYMPOSIUM

PARTNER DES SYMPOSIUMS

Um die Partner des Symposiums vorzustellen, hatten sich die Macher desEvents ein neues Format einfallen las sen. Die Partner Sappi, CloudLab AG, Obi-lity GmbH, rissc solutions GmbH, Print 4 Reseller eine Marke der Kollin Me-diengesellschaft mbH, edataprocessing GmbH, digital print GmbH, Tweak Ltd.,praeambel.com GmbH, 123rf GmbH und Highcon stellten sich nicht wie bisherin Kurzpräsentationen selbst vor, wurden auch nicht von den Moderatoren be-fragt, sondern in einer Live-Schaltung mit Andreas Weber, CEO value commu-nication.

»Das Zusammenspiel vonDaten und Technologien infast allen Bereichen des On-line-Print kann und muss zumVorteil der Kunden genutztwerden.«

Dr. Michael Fries, CEO der OnlineprintersGmbH.

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