50 Jahre ihn ‘neue Töne’ die über die bis dahin übliche Klangwelt hinausgingen. Angeregt...

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Die Zeit zeigt, ob eine Initiative gut oder weniger gut gelungen ist. Und ob sie wirklich den Zeitgeist anspricht. Runde Jubiläen wie dieses, laden dazu ein, sich diese Frage neu zu stellen.Jubiläen hatten wir ja schon bei Choroi – wir erinneren uns gut an das 30., bei dem noch fast alle Pioniere der ersten Stunde dabei sein konnten und das 40., das Norbert Visser, der Gründer der Choroi-Bewegung selbst nicht mehr erlebte. Aber wo bereits eine engagierte Gruppe von alten und neuen Mitarbeitern die Geschicke von Choroi tatkräftig weiterführte.

Nun feiern wir also tatsächlich die ‘50’ – ein halbes Jahrhundert auf einem besonderen musikalischen Entwicklungsweg liegt hinter uns. Und noch immer liegen neue Aufgaben und Ziele vor uns.Dass es so lange erfolgreich lief, liegt sicher mit an dem besonderen Konstrukt dieser Institution ‘Choroi’ und an dem weitsichtigen, immer noch höchst aktuellen Konzept, das die Grundlage unserer Arbeit ist.

Choroi wurde gegründet, um Raum für neue musikalische Ideen und Erkenntnisse zu schaffen, neue Instrumente zu kreieren, die diese Entwicklung unterstützen und gleichzeitig neue assoziative Formen der Teamarbeit zu finden, auch über Landesgrenzen hinweg. Ein kleiner Vorgriff auf die Globalisierung sozusagen, aus-gerichtet auf den Gedanken des

50 JAHRE CHOROIINHALT

50 Jahre Choroi 3

Liebe Mitarbeiter und Freunde des Choroi-Impulses 4

Was bewegt CHOROI? 5

Meine Begegnung mit dem Choroi-Impuls 8

Die bunte Choroi Welt 10

«Etwas in die Tat umzusetzen» 12

Neue Instrumente für unsere Zeit 14

Der Choroi-Werdegang 16

Alte und junge Klänge in China 18

CHOROI – die Zukunft wartet 20

50 Jahre – Choroi feiert! 22

Kontakt 23

gemeinsamen ‘brüderlichen’ Teilens und Handelns, bei dem der Mensch in der Mitte steht und dass unser Arbeitsleben mehr denn je braucht. Wir möchten Ihnen mit dieser Schrift einen aktuellen Einblick in unsere Entwicklung und die gegen-wärtige Arbeit geben und auch einige Statements von Musikern, Pädagogen und Mit-Forschern aus unserem Umkreis vorstellen.Gleichzeitig möchten wir rück- blickend den vielen Menschen danken, die diesen Weg in Idee und Tat vorbereitet und begleitet haben. Viele sind noch physisch unter uns, aktiv oder auch im Ruhestand; andere haben ihren Erdenweg hinter sich – unsere guten Gedanken verbinden uns weiterhin!

Ein ebenso großer Dank gilt allen aktiven Mitarbeitern in den CHOROI-Institutionen, die unsere gemeinsame Arbeit tragen und unterstützen. Und natürlich unse-ren wichtigsten Partnern – unseren Interessenten, Kunden und Ideen-gebern in aller Welt – Ihnen!

Wir freuen uns auf eine weitere fruchtbare Zusammenarbeit!

Christoph AkeretVorstand des Choroi Association e.V.

ImpressumHerausgeber: Choroi Association e.V.Kurze Straße 31, D-70794 FilderstadtRedaktion: Hans R. Kühn, Wolfgang SeelGestaltung: consign.chDruck: Läderach AG

Christoph Akeret

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Es freut mich sehr, Ihnen auf diesem Wege im Namen der welt-weiten Mitarbeiterschaft der Medizinischen Sektion am Goetheanum die besten Wünsche zum 50-jährigen Jubiläum zu überbringen.Die Geburt des Choroi-Instrumen-tenbaus ist ja mit dem Arzt und Psychiater Bernard Lievegoed eng verknüpft – der schon 1939 über die Grundlagen der Musiktherapie promovierte – und gemeinsam mit Norbert Visser und den anderen Gründern die Intention hatte, diesen Impuls ganz in den heil- und sozialpädagogischen und therapeutischen Dienst zu stellen.

Das Besondere an der Entwicklung von Choroi war und ist

– dass der Musikinstrumentenbau vollkommen originär ist, neue Instrumente aus wertvollen Metallen und Hölzern hervor-gebracht hat und damit zugleich auch eine neue ‘Welt des Klan-ges’;

– dass viele dieser einzeln von Hand gefertigten Instrumente von Kindern und Erwachsenen unmittelbar und ohne musikali-sche Vorkenntnisse gespielt werden können – auch und insbesondere von Menschen mit unterschiedlichem Förderbedarf;

– dass der Instrumentenbau selbst auch von Menschen mit Assistenzbedarf voller Einsatz und Freude unter fachlicher Begleitung geschehen kann.

LIEBE MITARBEITER UND FREUNDE DES CHOROI-IMPULSES

WAS BEWEGT CHOROI?

CHOROI – Das ist eine im Musikinstru-mentenbau wohl einmalige Konstel-lation, mit weitgesteckten Zielen, ungewöhnlichen Aufgabenstellungen und bemerkenswerten Erfolgen, die inzwischen 50 Jahre besteht.

Am Anfang war der TonDen Impuls zu dieser Entwicklung gab Anfang der 1960er Jahre der holländi-sche Musiker und Komponist Norbert Visser. Schon in jungen Jahren beweg-ten ihn ‘neue Töne’ die über die bis dahin übliche Klangwelt hinausgingen.Angeregt durch Rudolf Steiners Angaben zur Musik und zum Instru-mentenbau begann er eine intensive Forschung zum Wesen des Tons und des Musikalischen, deren Ergebnis in einer Reihe von Schriften, u.a. „Das Tongeheimnis der Materie“ erörtert wurde. Daneben beschäftigte er sich bereits mit der Neuentwicklung von Instrumenten, zunächst im Geigen- und Leierbau.In der Zusammenarbeit mit dem holländischen Sozialreformer Bernard Lievegoed entstand schließlich die Idee, neuartige Instrumente besonders für den pädagogischen Bereich zu

Von Rudolf Steiner haben wir den besonderen Hinweis auf die Entstehung der Musikinstrumente: „Die Musikinstrumente sind über-haupt zuerst als Imaginationen an den Menschen herangetreten. Die Musikinstrumente sind nicht durch Probieren erfunden, sondern die Musikinstrumente sind heraus-geholt aus der geistigen Welt, mit Ausnahme des Klaviers.“ (GA 283). So ist die Ahnung geweckt, wie die praktische Welt der Instrumenten-herstellung mit der geistigen Welt verbunden ist – gerade, wenn diese Tätigkeit stets neue musikalische Instrumente schafft und aus Liebe zur menschlichen Entwicklung geschieht.

Mit den besten Wünschen für das kommende Jahrzehnt und die weitere weltweite Verbreitung des Choroi-Impulses

Herzlichst Ihre Michaela Glöckler

Leiterin der Medizinischen Sektion am Goetheanum

entwickeln, die dann auch in ‚pädago-gischen’ bzw. sozialtherapeutischen Werkstätten gebaut werden könnten. Damit war ein dreifacher Impuls für die spätere Choroi-Instrumentenbau-Bewegung geboren:– Musikerneuerung, erweiterte

musikalische Wahrnehmung.– Neue Instrumente, die diese Wahr-

nehmung fördern bzw. ermöglichen.– sozialtherapeutisch orientierter

Instrumentenbau, der sozial benach-teiligten Menschen die Möglichkeit gibt, an diesen Erneuerungsimpulsen mitzuwirken.

Entwicklung ist das ZielDie Idee fand sofort großen Anklang bei Musikern und Pädagogen; erste Werkstätten wurden eingerichtet und es entstand 1964 die Stiftung ‚Kind en Instrument’, die später in ‚Choroi Foundation’ umbenannt wurde.Aus der Musikwelt, aus Schulen und Institutionen kamen auch sofort Anfragen und Anregungen für neue Instrumente: „Kann Choroi nicht kleinere Leiern für Kinder entwickeln, die trotzdem gut klingen?“ „Die schulüblichen Blockflöten sind vom Klang zu statisch und nicht kindge-recht, wir brauchen ein ‚lebendiges’ Instrument für Kinder!“ „Wir brauchen

Instrumente, die einfach zu spielen sind und die durch ihren besonderen Klang therapeutisch wirken...“ Die Fülle dieser Fragen führte zur spontanen Inspiration und Imagination neuer Instrumentenkonzepte und in der Folge zu einer bis heute andauernden Entwicklung.Die Frage nach einer Flöte die in ihrer Konzeption ‚wie eine Erweiterung des menschlichen Gesangs’ wirken sollte, führte z.B. zur Entwicklung der offenen Choroiflöten und der Schulflöten, deren bekannteste Vertreterin wohl die Pentatonflöte ist, und von denen inzwischen hundertausende in der ganzen Welt verbreitet sind. Dazu kamen die pentatonischen Kinder- harfen und die Leierfamilie, deren klangliche und harmonische Qualitäten in der heutigen Zeit besonders wichtig sind, da sie eine therapeutisch aus-gleichende Wirkung haben und den Menschen ‘zur Mitte führen’ können. Schließlich entstand eine ständig wachsende Schlaginstrumentenfamilie, die in breiter Vielfalt neue Klang- qualitäten entdecken lässt.

Norbert Visser 1919 – 2003Michaela Glöckler

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Klang der ZeitChoroi Instrumente wollen eine Antwort sein auf – oft noch unbe-wusste – Hörbedürfnisse unserer Zeit. Jede Kulturepoche hat ihre besonderen Entwicklungsschwerpunkte und die Musik spiegelt das in entsprechender Weise wieder. Besonders deutlich ist die Beziehung: ‘Architektur und Musik’ – oder in unserer Zeit: ‘Technik und Musik’. Aus den anfänglichen, sehr obertönigen, nasalen Naturinstrumen-ten der frühen Perioden entwickelten sich mit der Ausweitung der Architektur neue Instrumente, erst in der Renais-sance erschuf man z.B. tiefere Melodie-instrumente. Mit größer werdenden Konzertsälen mußten Instrumente dann immer mehr an Größe, Lautstärke und Fülle gewinnen. Instrumente die hier nicht ‚mithalten’ konnten, verschwan-den und mit ihnen viele subtilere Klangqualitäten.

Erst im 20. Jahrhundert wurde den Menschen bewusst, wieviel inzwischen verloren war, es kam zu einer wahren Entdeckungswelle von Instrumenten ferner Länder und alter Zeiten. Aber das Rad lässt sich nicht einfach zurück-drehen, denn unsere Hörgewohnheiten und – erwartungen und unser Hörbe-wusstsein entwickeln sich weiter.

Unsere Zeit fragt nach neuen Klängen. Eine Antwort darauf scheint die Welt der elektrisch-elektronischen Töne zu sein, die tatsächlich neuartig ist und zunächst zweifellos faszinieren kann. Je mehr man sich jedoch ernsthaft mit ihr beschäftigt, erlebt man, wie ‚seelen-los’ der elektronisch erzeugte Klang tatsächlich ist, abgesehen davon, dass dem Musiker immer mehr die unmittelbare Gestaltungsmöglichkeit am Ton verloren geht und dass dröhnende Lautstärke das viel intensi-vere ‚Lauschen’ ersetzt. Wer das – bewusst oder unbewusst – schließlich ‚durchhört’ sucht nach anderen Tönen.

Hier können die Choroi-Instrumente zu neuen Erfahrungen führen: Sie sind auf der einen Seite gerade für das ‚Hinhören’ gebaut, für das Bewusstwer-den subtilerer klanglicher, materieller und räumlicher Qualitäten. Auf der anderen Seite wird verstärkt an Instrumenten gearbeitet, die für jedermann/-frau/-kind überschaubar und einfach zu spielen sind, durch ihren besondern Klang überzeugen und einen freieren Umgang mit dem Thema „Musik machen“ zulassen. Besonders für die gesunde Entwicklung von Kindern sind diese Aspekte heute immer wichtiger.

Organisch und GanzheitlichEs würde den Rahmen sprengen, hier auf die baulichen Aspekte der Instru-mente einzugehen. Besondere Qualitä-ten sind vor allem der freie, ‚räumliche’ Ton, der durch besondere ‚Innenorga-ne’ entsteht und die bewusste Balance von Polaritäten, wie z.B. rund – eckig; warm – lichthaft; resonanzraumbetont – materialbetont, die in vielen Abstufun-gen zur Wirkung kommen.An diesen Themen forscht man bei Choroi seit über 50 Jahren und tauscht sich auf den halbjährlichen Symposien der Werkstattleiter aus. Diese soge-nannten ‚Baurat- Treffen’ sind bislang das Herzorgan der Zusammenarbeit, in denen der gemeinsame Weg sowie Themen wie Fortbildung, Werkstatt- und Vertriebsfragen geregelt werden. Daneben gibt es einen Grundlagenaus-schuss, der sich speziell mit Entwick-lungsfragen befasst und in dem auch externe Musiker zu Wort kommen. Gemeinsamer Dachverband ist heute die Choroi Association e.V. mit Sitz in Deutschland. Für den internationalen Vertrieb steht eine eigene Vertriebs-GmbH, die die Lieferungen zwischen den unterschiedlichen Ländern koordiniert.Alle Instrumente werden in sozialthera-peutischen Werkstätten hergestellt.

Aus dem schönen Anlass dieses Jubiläums von Choroi möchte ich wenige Eindrücke schildern.Im Winter 2011 gaben Michael Hartenberg und ich in der Schweiz einen Kurs für Mitarbeiter von Choroi. Bei dieser Gelegenheit konnten wir erleben, wie zusammen an der Weiterentwicklung dieser wunder-baren Instrumente gearbeitet wird.Mit großer Neugier, Freude und Offenheit, nicht zuletzt mit langjähriger Erfahrung und Fachkenntnis fand ein Austausch über die Arbeit an den Instrumen-ten statt wie ich es selten erlebt hatte. Als Flötistin fand ich es natürlich besonders spannend, die mögli-che Neuentwicklung der Choroi-Altflöte mitzuerleben. Auch hier werden, wie bei allen anderen Instrumenten, immer wieder neue Wege ausprobiert. Nicht zuletzt erlebte ich den menschlichen Umgang untereinander ebenso freilassend und mit großem Herzen auf- einander zugehend wie das sich Öffnen auf neue Hörerlebnisse.So waren diese Tage in der Schweiz mit den Choroi- Mitarbeitern auf vielen Ebenen sehr bereichernd für mich.Ich wünsche Choroi weiterhin viel Mut und Kraft, in der heutigen Zeit diese nicht immer einfachen Wege zu beschreiten.

Constanze von Baußnern

Musikerin und Musikdozentin

Diese sind nicht gewinnorientiert aus- gerichtet, da die betreuten Menschen im Mittelpunkt der Arbeit stehen. In Zeiten sinkender staatlicher Beihilfen wird jedoch ein ausgeglichenes Wirtschaftsergebnis immer mehr zur Existenzfrage.

Der Mensch steht im Mittelpunkt Immer wieder taucht die Frage auf: Wie können Menschen mit Behinderungen so hochwertige Instrumente bauen, dazu noch mit soviel Handarbeit? Es geht, wenn man das Prinzip der Arbeitsteilung sinnvoll einsetzt. Wo dem Einzelnen bestimmte Arbeiten schwer fallen oder unmöglich sind, springen andere ein, die gerade das können; unterstützt von speziell ersonnenen Arbeitshilfen. Hier ist tägliche Kreativität der Teamleiter und viel Geduld bei den oft langen Lern-prozessen angesagt. Wichtig ist stets die Frage: Was kann der Einzelne besonders gut? Welche Stärken sind da? Hier kann man manche Überra-schung entdecken, vom technischen Genie bis zum absoluten Gehör. Eine Stärke kann auch im Sozialen liegen, und die besondere Atmosphäre, die Besucher in den Werkstätten immer wieder bemerken, hat sicher auch hier seine Ursache. Der Mensch steht im

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MEINE BEGEGNUNG MIT DEM CHOROI-IMPULS

Ich selbst gehöre der Choroi Bewegung seit 1990 – also nun schon 24 Jahre lang an – habe selbst eine Choroi- Metallwerkstatt in der Lebensgemein-schaft Münzinghof begründet und verschiedene Funktionen in der Bewe-gung innegehabt. Nie aber werde ich den Moment vergessen, als ich erstmals zusammen mit Norbert Visser ein altes Schulhaus im schönen Schweizer Emmental betrat, das mittlerweile als Feriendomizil und Tagungshaus für Mitarbeiter der Stiftung Humanus- Haus dient.Hier fand regelmäßig im Herbst des Jahres das Treffen der Choroi- Instrumentenbauer (Baurat) statt. Der holzgetäfelte Raum war von Instrumenten erfüllt, ein junger Instru-mentenbauer stimmte gerade in atemberaubenden Geschwindigkeit eine Choroi-Harfe und die folgenden Tage waren erfüllt von Musik, dem Anhören von neu entwickelten Instru-menten, Diskussionen über Instrumen-tenbau, Klang, Fragen des Vertriebes, der Preisgestaltung aber auch von gemeinsamen Singen und Musizieren, phänomenologischen Studien und

mit Gesang und Gespräch die wenigen anwesenden einheimischen Gäste zu erfreuen. Arbeit, Freude und Forschung erlebte ich in einem Gleichklang wie er – diese gewagte These sei mir gestattet – nur bei Menschen zu erleben ist, die sich der Musik verbunden haben. Ich selbst, der in der Lebensgemeinschaft Münzinghof gerade mit der Aufgabe betraut war, eine Metallwerkstatt aufzubauen und händeringend nach sinnvollen Produkten für die dort arbeitenden Menschen mit Hilfebedarf suchte, war unglaublich motiviert, Teil dieser Bewegung zu werden und künftig den Instrumentenbau in „unserer“ Werkstatt aufleben zu lassen, was in den kommende Jahren auch gelang.

Wolfgang Seel

Das Üben der Choroi-D-Flöte gehörte mit zu meinem Aufbruch in das Land anthroposophischer Musik-impulse während meines Musikhochschulstudiums in den 1970er Jahren. Der fühlende Umgang mit Atem, Ansatz und Griffbewegung war ein heilsamer Ausgleich zum klassischen Eigenwillenstraining. Eine Oboe in diesem Sinne hätte mir sehr gefallen, worüber ich mit Norbert Visser mehrfach im Gespräch war.Anfang der 1980-er Jahre initiierten wir einen kleinen Rundbrief „Choros“, in welchem wir als Flötistenkreis (mit Thomas Pedroli, Hans Niessen, Frauke Kuhfuss, Gisela Juhl u.a.) uns über Erfahr-ungen austauschten und die Idee der Choroiflöte tief in uns aufnahmen.

Eine noch ausführlichere Zusammenarbeit mit dem Choroi-Baurat fand 2012 in Tschechien statt, wo wir uns über viele Stunden forschend in die von mir entwickelte Phänomenologie der Holzarten und plastisch-bewegten Formgebung hörend vertieften. Dort rundete sich für mich manche offen gebliebene Frage, Situation und Begegnung mit tragenden Menschen aus der Choroi-Bewegung.Ich gratuliere zum runden Bestehen der treuen Arbeit und wünsche weiter inspirierenden und belebenden „Zugwind“.

Gunhild von Kries

Musikerin Musiktherapeutin und Klangforscherin

musiktheoretischen Darstellungen; letztere vor allem von Norbert Visser vorgetragen. Ich war absolut fasziniert von der innovativen Kraft der Menschen, der Vielfalt und dem Reichtum an Wissen und Erfahrung, von einer klingenden Welt, die mich für einige Tage in sich aufgenommen hatte und die mich, als Nachklang, auf meinem Weg nach Hause begleitete. Ich war erfüllt von der Begegnung mit Menschen, die sich für die Idee der Musikerneuerung begeisterten. Dabei lief die ganze Tagung nicht – wie ich sonst schon öfters in anthropo-sophischen Kreisen erfahren hatte – in einer etwas distanzierten, steifen Atmosphäre ab, ganz im Gegenteil, es wurde viel gelacht, alles war durch-drungen von einer freundschaftlichen, leichten, aber durchaus an der Sache orientierten Stimmung. Die „Jungen“ ließen es sich auch nicht nehmen, den Abend mit einem Ausflug in ein Berggasthaus zu beschließen und dort

Mittelpunkt, und das ist gut so.Heute gibt es zehn Choroi Werkstätten in fünf Ländern und eine Kooperation, die seit einem halben Jahrhundert völlig mühelos Grenzen überschreitet. Die jüngste Werkstatt entstand vor wenigen Jahren in Tschechien. Ihre Grundlage: Einige musikalisch bewegte Menschen mit viel Idealismus und Ideen; ein altes, schwer sanierungs-bedürftiges Dorfschulgebäude, kaum Finanzmittel, aber immenser Bedarf an Arbeitsmöglichkeiten für Menschen mit Förderbedarf. Es gab über 600 Anfra-gen für 8 mögliche Plätze. Staatliche Hilfen flossen spärlich und beschränk-ten sich eher auf Wohlwollen. Trotzdem gelang es, durch Mut, Einzelinitiative und die Solidargemeinschaft der Choroi-Werkstätten erste neue Arbeits-plätze für Menschen mit besonderen Bedürfnissen in einer unterversorgten Region zu schaffen. Und dabei erfolg-reich einen weltweiten Kulturimpuls fortzuführen. Wir dürfen auf die nächsten 50 Jahre gespannt sein!

Hans Rainer Kühn

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DIE BUNTE CHOROI WELT

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«ETWAS IN DIE TAT UMZUSETZEN»

Über 200 Menschen mit Behinde-rungen arbeiten europaweit in den verschiedenen Choroi-Werkstätten, und tragen somit die ganz wesent-liche praktische Arbeit im organi-schen Arbeitszusammenhang des Teams.Exemplarisch stellen wir hier 2 Mitarbeiter aus der Werkstatt der Dorfgemeinschaft Humanus-Haus in Beitenwil/Schweiz vor. Rita Crettaz und Cem Hamurabi arbeiten seit mehreren Jahren im Choroi Leierbau.Dazu möchten wir ein paar Fragen stellen:

F: Was hat Euch bewogen, im Choroi- Leierbau zu arbeiten?Cem: Ich kam von der Schreinerei in den Leierbau. Ich arbeite hier, weil ich Erfahrungen im Bau von Leiern sammeln will. Die Leiern klingen schön, z. B. zwei Leiern im Zusammenspiel in einem Konzert.

Rita: Ich spiele selber Musik und habe ein gutes Musikgehör. Nach 20 Jahren Weberei wechselte ich in den Leierbau. Nach 13 Jahren kenne ich den Bau der Leier. Ich mache gerne Feinarbeit. Die Eigenschaften des Holzes fasziniert mich. Früher arbeitete ich mit diesem Werkstoff in der Schreinerei von Mourne Grange (Nordirland). Diese Erfahrung bewog mich, wieder mit Holz zu arbeiten. Eben auf der Basis der Musik.

F: Was geht Euch bei dieser Arbeit leicht von der Hand und wo seid Ihr auf Unterstützung angewiesen?Cem: Die Instrumente spanne ich selber in der Hobelbank ein. Auch kann ich Fasen (schräge Kanten) selbständig feilen. Da ich nicht über die Linien feilen soll, brauche ich beim Feilen der Rundungen Hilfe. Rita: Achte ich auf die Vorgaben von Markus (Werkstattleiter), dann geht es gut voran. Ebenso bespreche ich mich mit ihm bei der Wahl der Werkzeuge und Hilfsmittel. Geht es darum, beim Fasen zwei Linien einzuhalten, wird dies für mich zur Geduldsprobe.

F: Was bedeutet euch das Handwerk im Musikinstrumentenbau?Cem: Etwas in die Tat umzusetzen. Es bedeutet mir viel. Es ist schön zu sehen, wie die Leier Form annimmt. Ich staune, wenn sie zum Klingen kommt, weil dies ins Herz geht und etwas bewirkt. Auf das selber zustande gebrachte bin ich stolz. Auf dem Instrument zu spielen, darin ist Harmonie und Klang.Rita: Der Moment in einer anderen Welt, die Wärme, die bei mir auf das Herz anspricht. Beim Stimmen höre ich die Schwankungen gut heraus. Das Handwerk macht mir Freude, weil ich für andere Leute etwas bauen kann, was ihnen gut tut.

F: Wie erlebt Ihr die Zusammenarbeit in der Belegschaft?Rita: Die Zusammenarbeit entspricht mir, weil diese sehr erbauend ist und mir entspricht. Die Gedanken sind positiv, was die Motivation für gemein-same Aktivitäten fördert. Der Raum für kreatives Mitwirken wird mir gegeben.Cem: Es ist toll mit dem Leierteam zusammen zu arbeiten. Wir helfen einander z.B. beim Sommerfest und am Bazar. Mit Teamgeist erreicht man viel. Es wird ernsthaft gearbeitet, aber auch der Humor hat Platz.

F: Rita, Du spielst Leier. Wie hast du den Zugang zu diesem Instrument gefunden?Die Leier ist für mich ein Therapieinstru-ment, das mir hilft, innere Spannungen zu lösen. Ich spiele selber auch Leier im Einzelunterricht und im Dorforchester.

F: Cem, als Sänger unterstützt du uns beim Singen im Morgenkreis. Wie erlebst du diesen Einstieg in die Arbeit? Sehr schön, dazu kann man eine zweite Stimme singen, oder gar im Kanon. Ich erlebe dies als schönen Einstieg in die Arbeit.

F: Welchen Bezug habt Ihr zu der Choroi Bewegung?Cem: Ich habe einen guten Bezug, weil ich beim Bau der Leiern mitwirke. Es ist interessant, wie die Harfe gebaut wird. Beim Lackieren haben die Instrumente einen schönen Farbton. Ich helfe auch beim Auffrischen der Choroi Flöten und Handspiele.Rita: Choroi ist für mich wegen der Musik und dem Klang sehr wichtig. Choroi beinhaltet einen grossen Instrumentenbereich für die Therapien. Das Zusammenwirken der Werkstätten ist mir wichtig.

F: Habt Ihr Wünsche für die Werkstatt?Cem: Dass sie weiter erhalten bleibt und wir weiterhin als Team zusam-menarbeiten können. Auch das Veran-stalten von Konzerten soll weiterhin möglich sein.Rita: Ich wünsche mir, dass der Geist der Werkstatt erhalten bleibt und dass wir mit Instrumenten in anderen Formen experimentieren können. Auch dass die kreativen Seiten verstärkt werden und wir bei entscheidenden Bauschritten dabei sein können.Cem: Alles Gute für die Werkstatt in der Zukunft. Ich freue mich wieder darauf, im neuen Jahr anzufangen.

Herzlichen Dank für das Interview!Interviewt und aus dem Schwyzerdeut-schen übertragen von Ruedi Wälchli

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NEUE INSTRUMENTE FÜR UNSERE ZEIT

Wie kommt man zu einem neuen Instrument? Entweder man hat die Begabung, das Instrument in einer entsprechenden Nacht zu erträumen, oder – es wartet eine längere Entwick-lungsarbeit, wie es hier am Beispiel der neuen Primleier veranschaulicht wird:In diesem Fall brachte uns ein Kunde den Versuch eines Instrumentes in die Werkstatt, mit der Bitte um Neubesai-tung. Es war etwas unglücklich geraten, hatte nur wenige gleichgestimmte Saiten und klang verbesserungs- bedürftig – aber das Prinzip faszinierte! Ein einzelnes Instrument für Kinder, mit mehreren Saiten aber nur auf einem einzigen Ton gestimmt. Und die erste spontane Reaktion war: daraus kann man etwas Tolles entwickeln!

aber möglichst viele Stimmungen – das war das erste Prinzip. Das nächste hieß: ein bezahlbarer Preis, die Herstellung günstig zu halten. Aber dennoch ein den CHOROI-Anforderungen gemäßes Instrument mit ansprechender organi-scher Form! Dazu waren schließlich neue Produktionsverfahren nötig.Von der Vorstellung der Idee bis zur Bauempfehlung auf dem Frühjahrs-baurat 2011 lagen 2 Jahre. Es folgte eine Praxiserprobung mit verschiedenen Musikern und dann lief die Produktion an – und die sehr gute Nachfrage zeigte, dass sich die akribische Vorarbeit gelohnt hat!

Steffen Klepzig

Nun begann auch für uns das Träumen. Das Instrument braucht lebendige Klangfülle, also mehr Saiten, doch wie viele? Es braucht eine andere Form, es braucht verschiedene Stimmungen, es braucht eine kindgemäße Handhab-barkeit – welches Bauprinzip, welche Hölzer, welchen Klang soll es haben???Hier half der Choroi-Baurat, unser halbjährliches Treffen: Es gibt dort nicht nur musikalische Schulung, sondern auch Meinungsaustausch, Rat und praktische Hilfe – und am Ende einer Entwicklung ist er auch unbestechliche Prüfinstanz. Der Baurat und die Kollegen des Grundlagenausschusses empfehlen das Instrument nach eingehender Begutachtung zur Serienfertigung.Also galt es zunächst Prototypen für die Funktion zu entwickeln und die Saiten in ihren Stimmmöglichkeiten zu prüfen, daraus ergibt sich die Abmessung des Instrumentes. Möglichst wenig verschiedene Saiten und Modellgrößen

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DER CHOROI-WERDEGANG

Julius Knierim

Bernard Lievegoed

Wenn ich die Bilder sprechen lasse, die ich mit Choroi verbinde, dann ist da zuerst viel Freude mit den Instrumenten und den Stockmar-Farben bei allen Seminar-TeilnehmerInnen weltweit. Als zweites tauchen Bilder von den Bauratstreffen in der Schweiz, Dänemark und auf Kreta auf. Bilder von einer Gemeinschaft aus Menschen, denen es immer wieder gelang, trotz unterschiedlicher „Bauart“ und „Gestimmtheit“ sich am Thema zu stimmen und am gemeinsamen Ergebnis zu freuen.Ein weiteres Bild sind die vielen Besuche in den Einrichtungen, in denen Choroi die Instrumente herstellt. Dieses Bild ist voller Menschen, die sich mit Liebe und Hingabe dem Ausschneiden, dem Schleifen oder dem Stimmen der Instrumente hingeben und stolz sind auf die hohe Qualität ihrer Arbeit. Ein letztes Bild ist angefüllt mit den Momenten, in denen ich als Nichtmusiker, wunderbare musikalische Momente erleben durfte, wenn ich auf meiner Marimba, dem Glockenspiel, der Flöte oder der Leier gespielt habe und mich dabei wie ein Teil des Instrumentes gefühlt habe.

Ich bin Choroi sehr dankbar für die bisher geleistete Arbeit an der Umsetzung und Erforschung eines menschengemäßen Musikimpulses und wünsche allen Mitarbeitern weiterhin die Kraft und Kreativität, diesen sozialkünstlerischen Weg weiter zu gehen.

Peter Piechotta

Gesellschafter der Neuguss GmbH

1952 Norbert und Carolien Visser, beide Berufsmusiker in Holland, beginnen sich mit neuen musikalischen Klängen zu befassen, angeregt von der Musikerin Anny von Lange.

1954 Begegnung mit Julius und Maya Knierim in Hepsisau, die Idee neuer Musikinstrumente entsteht.

1959 Norbert Visser entwickelt erste kleine Leiern für die Musiktherapiekurse seiner Frau, die dann in einer kleinen Werkstatt in Haarlem gebaut werden.

1964 Im Zusammenwirken mit dem Sozialreformer Bernard Lievegoed entsteht der Impuls, die neuen Musikinstrumente in Sozialtherapeutischen Werkstättenzu produzieren, unter dem Namen ‘Choroi’. Gründung der Stitung ‘Kind en Instrument’ in Holland. Erste Instrumente werden im ‘Zonnehuis’ / Zeist, und im Institut ‘Bronlaak’ gebaut.

1967 Gründung der Leierbauwerkstatt im Institut Scorlewald in Schoorl / NL

1968 Gründung der Instrumentenbauwerkstatt Marjatta in Tappernoje / DK (bis 2010)

1969 Gründung der Flötenwerkstatt Telleby in Järna / S

1972 Gründung der Instrumentenbauwerkstatt im Troxler-Haus Wuppertal / D

1974 die Stiftung ‘Kind en Instrument’ wird umbenannt in ‘Choroi-Foundation’

1976 Gründung der Leierbauwerkstatt im Humanus-Haus, Beitenwil / CH

1977 Gründung der Leierbauwerkstatt in den Karl-Schubert-Werkstätten, Filderstadt / D

1985 Gründung der Leierbauwerkstatt in Witten / D, (bis 2004)

1990 Gründung der Metallinstrumentenbauwerkstatt Münzinghof in Velden / D

1991 Gründung der Instrumentenbauwerkstatt Bützberg / CH (2006 Umzug nach Langenthal)

1993 Gründung der Choroi Association Ewiv als internationales Dachorgan der Werkstätten

1997 Einrichtung des Choroi-Zentraldepots im Troxler-Haus als gemeinsame Vertriebsbasis

2000 Die Choroi Foundation geht in die Choroi Association Ewiv über.

2002 Beginn der Kooperation mit Mercurius / Neuguss zur Ausweitung des weltweiten Vertriebs

2003 Norbert Visser beendet seinen Lebensweg am 16. November

2005 Umwandlung der Choroi Association in einen e.V.; Umstrukturierung der Gesamtorganisation; Christoph Akeret wird neuer Geschäftsführer. Übernahme des deutschen Zentraldepots durch die Karl-Schubert- Werkstätten, später Einrichtung eines zentralen Webshops.

2007 Gründung der Instrumentenbauwerkstatt der Lebensgemeinschaft Höhenberg in Velden / D

2008 Gründung der Instrumentenbauwerkstatt Atelier Tilia in Nova Ves / CZ

Carolien und Norbert Visser

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ALTE UND JUNGE KLÄNGE IN CHINA

Mit der aussergewöhnlichen Entwicklung der Waldorfpädagogik in China ist auch das Interesse für eine neue Musikpädagogik ge-wachsen. Hier einige Erlebnisbilder:

Vor 30 Jahren begann ich als Waldorf-lehrerin zu arbeiten und lernte dabei auch die Choroi Instrumente kennen. Damals verwendete ich die pentatoni-sche Flöte für den Unterricht mit den jüngeren Schülern. Da hätte ich mir nicht vorzustellen gewagt, dass mir dieses kleine Instrument noch einmal viele tausend Kilometer entfernt so schöne Erlebnisse auch in der Erwach-senenbildung ermöglichen würde. Durch Lehrerbildungstätigkeiten im neu für Waldorfpädagogik erwachten China und Malaysien habe ich die Choroi Instrumente noch einmal in einer sehr anderen Umgebung kennen gelernt und neue Ideen für ihr Spiel

gewonnen. Ich erlebe seit 2009 immer wieder eine grosse Freude gerade auch bei Lehreranwärtern, Eltern und Musiklehrern in Asien beim Musizieren mit der Quinta und den Kinderharfen. Für viele ist dies der erste Beginn eines eigenen musikalischen Sichausdrückens mit einem Instrument. Die pentatoni-sche Klangwelt der chinesischen Volksmusiken in ihrer Vielfalt und rhythmischen Virtuosität und die leichte Spielbarkeit der Instrumente bilden den Hintergrund für die Beliebtheit der Flöten und Kinderharfen.Die asiatische Seele reagiert mit grosser Offenheit und Freude auf schönen ätherischen Klang und lichtvollen oder weichen Ausdruck der Instrumente. Es wird nicht gleich geurteilt, analysiert und verglichen mit bekannten heimi-schen Instrumenten oder anderen Marken. Experimentierbereitschaft, Freude am Gruppenerlebnis und Humor haben ihren Platz weit vorn. Hier seien einige Einblicke vorgestellt :

Chengdu, Sizhuan, Juli 2011Zur Zeit eines Lehrerausbildungskurses hörte man morgens um halb acht um den Ententeich der grössten Waldorf-schule im Südwesten Chinas angehen-de Lehrer auf der pentatonischen Flöte einfache Weisen üben. Einige Spieler waren verborgen hinter Bambusbü-schen oder Hibiskusbäumchen. Ihre Melodien schwebten über den grossen Blättern der Lotosblumen auf dem Wasser, und zahlreiche Libellen webten ihre Flugbahnen mit hinein. Die Flöten klangen mit der Selbstverständlichkeit von Vogelgesang, nur menschlicher.

Yinshuan, Mai 2013Am Rande der Mongolei, nicht weit von der grossen Achatwüste südlich-westlich der Wüste Gobi, bemühten sich Teilnehmer eines Kunst-, und Musikkurses, die diatonische Kinder-harfe zu erlernen. Niemand fühlte sich zu ernst oder zu erwachsen für dieses musikalische Spiel, aber die Sorge der Chinesen, Fehler zu machen, ist groß. Das ist ihre Erziehung. Wie löste sich die Stimmung, als sich ins einfache

harmonische Spiel hier eine Flöte und dort einige Holzfrösche und Holzgrillen mit einmischten. Bald wurden die Kinderharfen Teil eines fröhlichen Klangorchesters. Gross aber wurden Augen und Ohren, als ein 7jähriges Mädchen nach einer Einführungsstunde auf der diatonischen Kinderharfe zwei Lieder in feinster Weise auswendig spielen konnte. Vorteil der Jugend und der beweglichen zarten Finger?

Beijing, in den Birnengärten der ehemaligen Kaiser, April 2012 Die Luft ist klar, aber sehr kalt. Erstklässler der Waldorfschule spielen in dicken Jacken auf einem grossen Gelände mit noch unbelaubten Bäumen Fangen. Da erklingt eine melodische Weise, gespielt auf einer Quinta. Der Musiklehrer Pan Kai kündigt so seine Musikstunde an. Alle Kinder folgen dem zauberhaften Ruf mit Freude und drängeln beim Anstehen vor der Tür der einzigen Klasse dieser neuen Schule.

Seit 50 Jahren verwirklicht Choroi einen bemerkenswerten Sozialimpuls im Instrumentenbau. Damit trägt Choroi dazu bei, die entstehende Zivilgesellschaft um einen wichtigen Beitrag im kulturellen und sozialen Gebiet zu bereichern.Unsere Zeit, die die Musik einer-seits an die Technik, andererseits an die Spezialisten droht zu verlieren, ist dieser Ansatz von unschätzbarem Wert. Die Musik muss an die Menschen zurück-gegeben werden!Möge dieser Impuls in den nächs-ten Jahren immer stärker in das allgemeine Kulturleben einfließen!

Mit herzlichen Grüßen,Michael Hartenberg

(Musikdozent, Mitbegründer des Musikseminars Hamburg, Leiter der Internationalen Chorakademie Freiburg)

Kuala Lumpur, Malaysia, 2013Nahe am Rande des Regenwaldes, in der Tradition des Gamelan, will das Musikgefühl nicht so sehr den schwe-benden leisen Klang, sondern eher einen kraftvollen Ausdruck mit Rhythmen. Hier mögen die Schüler mit der Flöte, auch der pentatonischen, zum Südseetanz aufspielen, begleitet von einfachen Rhythmusinstrumenten. In den Kindergärten aber lieben sie den Kinderharfenklang. Die Leier oder Kinderharfe erinnert die Exilchinesen auch in diesem Land an den Klang ihrer alten Saitenzupfinstrumente. „Sie erinnert uns an heimische Klänge, an Altes. Aber sie ist frischer, heller, freundlicher.“ Das Musizieren mit den Choroi-Instrumenten wird unhin-terfragt als ein Teil einer modernen, menschenfreundlichen und künstlerisch orientierten Erziehung angesehen.Die Aufgabe, in den mit technischen Geräuschen und lauter elektronisch hergestellter Musik überfluteten Alltag dieser modernen asiatischen Länder, das Ohr und die Seele bereichernde und die Innerlichkeit ansprechende Klänge als Gegengewicht zu bringen, ist eine große.

Flora Martina Etterich

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CHOROI – DIE ZUKUNFT WARTET

Eine neue Zeit braucht neue Musik und deshalb auch neue MusikinstrumenteDies ist seit fünfzig Jahren die Grund-philosophe von Choroi. Nun hat sich aber seit der Gründung von Choroi im Jahre 1964 vieles stetig verändert: So gibt es in der Musikerwelt jetzt ganz andere Wünsche und Ansprüche an die Instrumente. Auch das Umfeld der Werkstätten, in denen unsere Instru-mente hergestellt werden, hat sich gewandelt. Diesem Wandel sollten wir gerecht werden. Wenn wir uns Choroi als ein Schiff vorstellen, haben wir jetzt die Aufgabe, dieses Schiff durch unterschiedliche, nicht immer bekannte Gewässer zu führen.

Choroi-Instrumente sind durchaus beliebt. Ihre Einzigartigkeit in Form, Klang und Material spricht für sich. Immer gab und gibt es aber Zeiten, in denen bestimmte Instrumente im Trend liegen. So war der Leier- und Flöten-boom in den 70-er- und 80-er-Jahren beeindruckend. Heute sind die Choroi Flöten nach wie vor sehr gefragt. Produktion und Verkauf konnten sich

Das Choroi-Schiff: Wohin soll die Fahrt gehen?Vor einigen Jahren wurde bei Choroi in der Organisation eine Verschlankung beschlossen und erfolgreich umgesetzt. Der Choroi Association e. V. bildet nun das Dach der Choroi Bewegung und pflegt die Impulsfragen und Forschungsangelegenheiten. Es wäre anzustreben, dass aus dem gemeinnüt-zigen Verein eine Stiftung entstünde, um Norbert Vissers Impulsgedanken noch stärker zu verankern. Am wichtigsten wird es sein, junge Leute mit Engagement und Interesse für den Choroi Impuls und für den Bau der Instrumente im sozialen Bereich auszubilden und zu begeistern. Wenn das Choroi-Schiff an Größe und Fahrt gewinnen will, scheint mir diese Ausbildungsfrage zentral: Die Mannschaft ist das Herz. Die Werkstätten sind in der Regel in eine heilpädagogische Einrichtung eingebettet.

im Wesentlichen die Waage halten. Auch Instrumente wie die Kinderharfe und Bordunleier sind weiterhin gefragte Klassiker. Die größeren Instrumente waren und sind auch in der Zukunft wichtige Elemente im Sortiment von Choroi. Sie haben speziell dazu beige-tragen den neuen Musikimpuls zu unterstützen und einer breiteren Öffentlichkeit und auch der Musiker-welt zugänglich zu machen. Für die Zukunft von Choroi wird es aber wichtig sein, neue einfache, anspre-chende und gut klingende Instrumente zu entwickeln. Es gilt, das ideale Gleichgewicht zwischen großen und kleinen Instrumenten herauszufinden und die Produktion entsprechend auf die Musikinstrumentenbauwerkstätten zu verteilen. Daher müssen vor allem die Choroi-Instrumentenbauer beweg-lich und innovativ bleiben und mutig die neuen Aufgaben meistern.

Leinen los für die Zukunft: Choroi wird weiterhin kleine und große Instrumente entwickeln. Eine möglichst einfache Bauweise soll mit den Ansprüchen an die Choroi-Qualität und die Choroi-Tonvorstellungen verbunden werden. Auch wird das Augenmerk stärker auf der Nachfrage und Verkäuflichkeit der Instrumente liegen.

Choroi will junge und engagierte Menschen für den Instrumentenbau und für die Arbeit in den Werkstätten begeistern und ausbilden.

Choroi möchte Trägerschaften dazugewinnen, die bereit sind, den Choroi-Impuls und die Werkstätten zu unterstützen und mitzutragen. Gut wäre es, wenn neue Werkstätten in den USA und Japan entstehen könnten.

Christoph Akeret

Dadurch, dass Choroi europaweit verankert ist und die wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen von Land zu Land zum Teil sehr unterschiedlich sind, sollten wir die Leitungen der Träger-schaften stärker an Bord des Choroi-Schiffes holen. Die Verkaufsgesellschaft kooperiert mit vielen nationalen und internationalen Partnern. Dies wird in Zukunft noch auszubauen sein, weil die Handelsauf-gaben immer komplexer und vielfältiger werden. Choroi als kleinere Organisation wäre damit überfordert.

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50 JAHRE – CHOROI FEIERT! KONTAKT

Am Samstag, den 18.Oktober 2014 wollen wir unser Jubiläum festlich begehen. Dort, wo (fast) alles einmal begann: Im Institut Scorlewald im schönen Schoorl / Holland.

Näheres zum Programm erfahren Sie auf unserer Homepage: www.choroi.org

Wir laden Sie herzlich ein!

Choroi Associaton e.V.Kurze Str. 31 D-70794 FilderstadtTel ++49-(0)711-7709 1-29Fax ++49-(0)711-7709 [email protected]

Vertrieb:Choroi-Vertriebs GmbH (Deutschland)c/o Karl-Schubert Gemeinschaft e.V. Kurze Str. 31 D-70794 Filderstadt Tel ++49-(0)711-7709 1-29Fax ++49-(0)711-7709 [email protected]

Mercurius BV (International)Esp 215-217 NL-5633 AD EindhovenTel ++31-(0)40-2645-800Fax ++31-(0)[email protected]

Werkstätten:Telleby VerkstäderBox 2 S-15321 Järna, Schweden Tel ++46-(0)8-5517 4320Fax ++46-(0)8-5517 [email protected]

Choroi HollandValkenlaan 14 NL-1871 AV SchoorlTel ++31-(0)72509-3763Fax ++31-(0)[email protected]

Troxler-Haus Werkstätten gGmbH Abt. Choroi Zum Alten Zollhaus 2 D-42281 WuppertalTel ++49-(0)202-2705 3-0Fax ++49-(0)202-2705 [email protected]

Karl-Schubert Gemeinschaft e.V. Abt. ChoroiKurze Str. 31 D-70794 FilderstadtTel ++49-(0)711-7709 1-29Fax ++49-(0)711-7709 [email protected]

Die Lebensgemeinschaft e.V. Münzinghof 9 D-91235 VeldenTel ++49-(0)9152-9297-0Fax ++49-(0)[email protected]

Lebensgemeinschaft Höhenberg e.V. Höhenberg D-84149 Velden/VilsTel ++49-(0)8086-9313-730Fax ++49-(0)[email protected]

Stiftung Humanus Haus Postfach 55 CH-3113 RubigenTel ++41-(0)31-838-1148Fax ++41-(0)[email protected]

Choroi Instrumentenbau St. Urbanstr. 23 CH-4900 Langenthal, SchweizTel. ++41-(0)62-963-1143Fax ++41-(0)[email protected]

O.S. Sociální Ateliér Tilia Nová Ves nad Popelkou 60 CZ-51271Tel ++42-073-7986 [email protected]

www.choroi.orgInformative Choroi-Videos finden Sie im Internet bei www.youtube.com/choroi

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Choroi Vertriebs-GmbH Kurze Straße 31 D-70794 Filderstadt

St. Urbanstrasse 23 CH-4900 LangenthalFon + 41 (0)62 963 11 43 Fax + 41 (0)62 963 11 [email protected] www.choroi.org