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DAS SCHWARZE BARETT Nr. 34 1 50 Jahre Fahrzeuge der gepanzerten Kampftruppen von Rolf Hilmes 50 Jahre Deutsche Bundeswehr 50 Jahre gepanzerte Fahrzeuge für das Heer Wir wollen mit dem vorliegenden Beitrag un- seren Lesern einen Überblick über die Entwick- lung der Ausrüstung des Heeres mit gepanzer- ten Fahrzeugen für die gepanzerten Kampftrup- pen von den Anfängen bis zur Gegenwart geben. Dabei wird deutlich, dass sich die Fahrzeuge in den vergangenen 50 Jahren in allen wichtigen operationellen Eigenschaften erheblich verbes- sert haben und auch der Aspekt „Standardisie- rung und Familienbildung“ mit Entwicklung deutscher Fahrzeugkonzepte relativ konsequent verwirklicht werden konnte. Nach den Gründer- jahren konnte sukzessive eine leistungsfähige nationale Panzerindustrie aufgebaut werden, die nicht nur für die Bundeswehr moderne und leis- tungsfähige Waffensysteme entwickelt und produ- ziert hat, sondern heute auch gefragte Produkte auf dem gesamten Weltmarkt anbieten kann. Allerdings ist heute die Lage nach Erreichen ei- ner „Blütezeit“ in den 70/80er Jahren unter den neuen sicherheitspolitischen und wirtschaftlichen Randbedingungen langfristig nicht gesichert. Der Beitrag wurde für unsere Leser von unse- rem Panzerexperten Rolf Hilmes verfasst, der sich seit über vierzig Jahren intensiv mit Fragen der Panzertechnologie beschäftigt. Die Redaktion Einführung. Nachdem die Gründung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG) gescheitert war, wurde am 9.Mai 1955 die Bundesrepublik Deutschland in das NATO-Bündnis aufgenom- men. Die Aufbauplanungen des damaligen Am- tes Blank (als Vorläufer des späteren Verteidi- gungsministeriums) für das Heer orientierten sich seit Anfang der 50er Jahre sehr stark an Organi- sationsstrukturen und Einsatzdoktrin der US- Army. Es war daher naheliegend, dass man sich auch bei der Ausrüstung – insbesondere mit ge- panzerten Fahrzeugen – auf die USA abstützte. Demgegenüber konnte der Bedarf an ungepanzer- ten Radfahrzeugen in den Anfangsjahren im We- sentlichen durch Produkte der einheimischen In- dustrie abgedeckt werden. Wenn auch ab 1955 beginnend amerikanische, sowie in Einzelfällen auch britische Kettenfahr- zeuge eingeführt wurden (gepanzerte Fahrzeuge aus Frankreich wurden ebenfalls erprobt), so gab der Führungsstab Heer des jungen Verteidigungs- ministeriums bereits 1956 erste Studienaufträge an Firmen, Gutachter und Experten, um die Eig- nungsfähigkeit von Komponenten des deutschen Marktes (u.a. Motoren, Getriebe usw.) für ge- panzerte Fahrzeuge zu prüfen. Bereits Ende November 1956 – also gut ein Jahr nach Grün- dung der Bundeswehr - hatte der Führungsstab des Heeres die militärischen Forderungen für ei- nen 30 to – Standardpanzer erarbeitet! Im fol- genden Beitrag soll die Entwicklung der Ausrüs- tung mit gepanzerten Fahrzeugen der gepanzer- ten Kampftruppen von den Anfängen bis zur Gegenwart betrachtet werden. Kampfpanzer Die USA bot bereits 1955 der Bundeswehr den KPz M 47 „General Patton“ an, der allerdings schon zu dieser Zeit bei der US-Army als Interimslösung galt und somit zu einem sehr günstigen Preis (weniger als 500 000 DM pro Fahrzeug) abgegeben wurde. Schon im Januar 1956 konnten die ersten KPz M 47 in Andernach an die Truppe übergeben werden (Bild1); insgesamt bezog die Bundeswehr 1 120 Fahrzeu- ge dieses Typs, die bis 1967 in der Truppe ver- blieben (Ablösung durch KPz Leopard 1). Wenn auch der KPz M 47 bei vielen Leistungsmerk- malen keine Bestnoten erzielte, so konnten die Panzermänner der ersten Stunde mit diesem Fahrzeug doch eine solide taktische und schieß- technische Grundausbildung erhalten. Immerhin wies der M 47 ein lastschaltbares Getriebe mit Drehmomentwandler und ein relativ fortschritt- liches Fahrwerk auf. Probleme bereiteten die er- gonomischen Verhältnisse im Turm sowie die Zuverlässigkeit der gesamten Turmkomponen- ten. Im Vergleich zum gegnerischen KPz T-54 war der M 47 bezüglich der Feuerkraft und des Panzerschutzes gleichwertig, bei der Beweglich- keit u.a. aufgrund des höheren Fahrzeuggewich- tes und des Otto-Motors unterlegen. Der planerische Gesamtbestand an Kampf- panzern wurde 1956 mit 3000 Fahrzeugen fest- gesetzt, so dass die Bundeswehr neben dem KPz M 47 noch einen weiteren KPz-Typ beschaffen musste. Nach einer Vergleichserprobung der Fahrzeuge M 48 und Centurion Mk.7 im Jahr 1956, fiel ein Jahr später die Entscheidung zu Gunsten des KPz M 48. Ab 1957 erhielt die Bun- deswehr im Zeitraum 1957 - 63 insgesamt 1 492 KPz M 48 in den Versionen A1 (Bild 2), A2 und A2C. Der M 48 war grundsätzlich besser durch- konstruiert als der M 47 (insbesondere galt dies für die Version A2) und zeigte bei allen System- merkmalen (Feuerkraft, Beweglichkeit und Schutz) Verbesserungen bzw. Leistungssteige- Bild 1: Ankunft der ersten KPz M47 im Januar 1956 in Andernach.

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DAS SCHWARZE BARETT Nr. 34 1

50 Jahre Fahrzeugeder gepanzerten Kampftruppen

von Rolf Hilmes

50 Jahre Deutsche Bundeswehr50 Jahre gepanzerte Fahrzeuge für das Heer

Wir wollen mit dem vorliegenden Beitrag un-seren Lesern einen Überblick über die Entwick-lung der Ausrüstung des Heeres mit gepanzer-ten Fahrzeugen für die gepanzerten Kampftrup-pen von den Anfängen bis zur Gegenwart geben.Dabei wird deutlich, dass sich die Fahrzeuge inden vergangenen 50 Jahren in allen wichtigenoperationellen Eigenschaften erheblich verbes-sert haben und auch der Aspekt „Standardisie-rung und Familienbildung“ mit Entwicklungdeutscher Fahrzeugkonzepte relativ konsequentverwirklicht werden konnte. Nach den Gründer-jahren konnte sukzessive eine leistungsfähigenationale Panzerindustrie aufgebaut werden, dienicht nur für die Bundeswehr moderne und leis-tungsfähige Waffensysteme entwickelt und produ-ziert hat, sondern heute auch gefragte Produkteauf dem gesamten Weltmarkt anbieten kann.Allerdings ist heute die Lage nach Erreichen ei-ner „Blütezeit“ in den 70/80er Jahren unter denneuen sicherheitspolitischen und wirtschaftlichenRandbedingungen langfristig nicht gesichert.Der Beitrag wurde für unsere Leser von unse-rem Panzerexperten Rolf Hilmes verfasst, dersich seit über vierzig Jahren intensiv mit Fragender Panzertechnologie beschäftigt.

Die Redaktion

Einführung.

Nachdem die Gründung der EuropäischenVerteidigungsgemeinschaft (EVG) gescheitertwar, wurde am 9.Mai 1955 die BundesrepublikDeutschland in das NATO-Bündnis aufgenom-men. Die Aufbauplanungen des damaligen Am-tes Blank (als Vorläufer des späteren Verteidi-gungsministeriums) für das Heer orientierten sichseit Anfang der 50er Jahre sehr stark an Organi-sationsstrukturen und Einsatzdoktrin der US-Army. Es war daher naheliegend, dass man sichauch bei der Ausrüstung – insbesondere mit ge-panzerten Fahrzeugen – auf die USA abstützte.Demgegenüber konnte der Bedarf an ungepanzer-ten Radfahrzeugen in den Anfangsjahren im We-sentlichen durch Produkte der einheimischen In-dustrie abgedeckt werden.

Wenn auch ab 1955 beginnend amerikanische,sowie in Einzelfällen auch britische Kettenfahr-zeuge eingeführt wurden (gepanzerte Fahrzeugeaus Frankreich wurden ebenfalls erprobt), so gabder Führungsstab Heer des jungen Verteidigungs-ministeriums bereits 1956 erste Studienaufträge

an Firmen, Gutachter und Experten, um die Eig-nungsfähigkeit von Komponenten des deutschenMarktes (u.a. Motoren, Getriebe usw.) für ge-panzerte Fahrzeuge zu prüfen. Bereits EndeNovember 1956 – also gut ein Jahr nach Grün-dung der Bundeswehr - hatte der Führungsstabdes Heeres die militärischen Forderungen für ei-nen 30 to – Standardpanzer erarbeitet! Im fol-genden Beitrag soll die Entwicklung der Ausrüs-tung mit gepanzerten Fahrzeugen der gepanzer-ten Kampftruppen von den Anfängen bis zurGegenwart betrachtet werden.

KampfpanzerDie USA bot bereits 1955 der Bundeswehr

den KPz M 47 „General Patton“ an, derallerdings schon zu dieser Zeit bei der US-Armyals Interimslösung galt und somit zu einem sehrgünstigen Preis (weniger als 500 000 DM proFahrzeug) abgegeben wurde. Schon im Januar1956 konnten die ersten KPz M 47 in Andernachan die Truppe übergeben werden (Bild1);insgesamt bezog die Bundeswehr 1 120 Fahrzeu-ge dieses Typs, die bis 1967 in der Truppe ver-blieben (Ablösung durch KPz Leopard 1). Wennauch der KPz M 47 bei vielen Leistungsmerk-malen keine Bestnoten erzielte, so konnten die

Panzermänner der ersten Stunde mit diesemFahrzeug doch eine solide taktische und schieß-technische Grundausbildung erhalten. Immerhinwies der M 47 ein lastschaltbares Getriebe mitDrehmomentwandler und ein relativ fortschritt-liches Fahrwerk auf. Probleme bereiteten die er-gonomischen Verhältnisse im Turm sowie dieZuverlässigkeit der gesamten Turmkomponen-ten. Im Vergleich zum gegnerischen KPz T-54war der M 47 bezüglich der Feuerkraft und desPanzerschutzes gleichwertig, bei der Beweglich-keit u.a. aufgrund des höheren Fahrzeuggewich-tes und des Otto-Motors unterlegen.

Der planerische Gesamtbestand an Kampf-panzern wurde 1956 mit 3000 Fahrzeugen fest-gesetzt, so dass die Bundeswehr neben dem KPzM 47 noch einen weiteren KPz-Typ beschaffenmusste. Nach einer Vergleichserprobung derFahrzeuge M 48 und Centurion Mk.7 im Jahr1956, fiel ein Jahr später die Entscheidung zuGunsten des KPz M 48. Ab 1957 erhielt die Bun-deswehr im Zeitraum 1957 - 63 insgesamt 1 492KPz M 48 in den Versionen A1 (Bild 2), A2 undA2C. Der M 48 war grundsätzlich besser durch-konstruiert als der M 47 (insbesondere galt diesfür die Version A2) und zeigte bei allen System-merkmalen (Feuerkraft, Beweglichkeit undSchutz) Verbesserungen bzw. Leistungssteige-

Bild 1: Ankunft der ersten KPz M47 im Januar 1956 in Andernach.

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rungen. Von den Besatzungen wurdeinsbesondere die gute Treffleistung der 90 mmPanzerkanone bis auf 1500 m gelobt. Der Ver-gleich zum gegnerischen KPz T-55 fällt ähnlichwie beim M 47 aus: bezüglich der Feuerkraft unddes Schutzes waren die Fahrzeuge annäherndebenbürtig. Das um gut 10 to höhere Gewicht,die Fahrzeuggröße und die Beweglichkeit (Otto-Motor) war für den M 48 von Nachteil.

Die US - KPz M 47 und M 48 entsprachenaber in vielerlei Hinsicht nicht den deutschen Vor-stellungen und Erfordernissen, so dass bereits1956 vom Führungsstab des Heeres konkrete mi-litärische Forderungen für einen zukünftigendeutschen Kampfpanzer vorgelegt wurden. DieUS-KPz waren für mitteleuropäische Verhältnis-se zu schwer, zu breit und zu hoch. Darüber hi-naus sollte die deutsche Industrie langfristig indie Lage versetzt werden, eigenständig eine Pan-zerentwicklung und -produktion aufzunehmen.

Die militärischen Forderungen von 1956 sa-hen anfänglich einen 30 to - Kampfpanzer vor,der gemeinsam mit Frankreich entwickelt werden

sollte; später schloss sich auch Italien diesemProgramm an. Die Träume von einem europäi-schen Standard-Panzer wichen bald einer Ernüch-terung, da Frankreich und Deutschland ab 1960jeweils eigene Prototypen bauten (keine gemein-same Entwicklung!), für die es keine Absprachenfür Schnittstellen (z.B. bezüglich Drehlager-durchmesser für Turmdrehkranz oder für einegemeinsame Bewaffnung usw.) gab (Bild3). Auchscheiterte in den Vorgesprächen die Einigung aufein gemeinsames Erprobungs- und Bewertungs-verfahren, so dass sich bereits 1963 das Ende desersten internationalen Panzerprogramms ab-zeichnete.

Bemerkenswerterweise haben sich in der Fol-gezeit insgesamt 12 Nationen (davon 9 NATO-Staaten) für die Einführung des KPz Leopard 1entschieden – damit hat sich (auch nach einemmissglückten Start) später dann doch noch derGedanke des „Standardpanzers“ durchsetzenkönnen! Für Deutschland war die Entwicklungdes KPz Leopard 1 ein sehr erfolgreiches Vorha-ben, da hier die Amts- wie auch Industrieseite

intensive und wertvolle Erfahrungen sammelnkonnten. Weil Anfang der 60er Jahre ausreichen-de Haushaltsmittel zur Verfügung standen, konn-te sowohl die konzeptionelle Entwicklung wieauch die Komponentenerprobung sehr breitban-dig und systematisch durchgeführt werden – biszur Serienfertigung wurden insgesamt 82 Proto-typen und Vorserienfahrzeuge gebaut! Im Zeit-raum 1965 bis 1976 hat die Bundeswehr 2 437KPz Leopard1 in verschiedenen Versionen be-schafft (Stückpreis anfangs ca. 1 Mill. DM); ab1988 wurden knapp 1300 Fahrzeuge zur Versi-on Leopard 1 A5 mit einer leistungsfähigen Feu-erleitanlage inkl. Wärmebildgerät umgerüstet(Bild 4).

Die neue sicherheitspolitische Lage hat dazugeführt, dass ab 2004 - d.h. nach fast 40-jährigerNutzungsdauer – der KPz Leopard 1 aus derTruppe herausgenommen wurde. Dennoch nut-zen heute noch immer 9 Nationen den KPz Leo-pard 1 – u.a. haben Brasilien und Chile das Fahr-zeug mit großer Zufriedenheit im Einsatz. Gegen-über dem vergleichbaren gegnerischen KPz T-62konnte bei einem groben Vergleich der KPz Leo-pard 1 in den 60er Jahren nur bezüglich der Be-weglichkeit deutliche Vorteile verbuchen, wäh-rend der Schutz deutlich schwächer ausfiel undbezüglich der Feuerkraft günstigstenfalls eineGleichwertigkeit zugesprochen werden kann.

Der KPz Leopard 1 löste ab 1965 den KPzM 47 ab. Da zu Beginn der 70er Jahre ein Ablö-semuster für den KPz M48 eingeführt werdensollte, entschloss sich das Verteidigungsministe-rium im August 1963, eine gemeinsame Kampf-panzer-Entwicklung mit den USA zu beginnen.Immerhin einigte man sich bei diesem Vorhaben(MBT 70/KPz 70) auf gemeinsame militärischeForderungen und auf ein gemeinsames Fahrzeug-konzept. Ab 1966 wurden in jeder Partnernationsechs Prototypen gebaut und erprobt (Bild 5).Dabei wurde allerdings immer deutlicher, dassder KPz 70 aufgrund seiner Komplexität zu im-mensen Nutzungskosten geführt hätte und als

Bild 2: KPz M 48 A1 im Gelände; Turm- und Wannengehäuse bestandenaus Panzerstahlguss.

Bild 3: Vorserienmodelle der KPz AMX 30 und Leopard 1 bei der Erprobung im Herbst 1963 inFrankreich.

Bild 4: KPz Leopard 1 A5; mit der modernen Feuerleitanlage (EMES18) in Verbindung mit der Pfeilmunition DM 43 konnte ein beträchtlicheSteigerung der Feuerkraft erzielt werden!

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Waffensystem für eine Wehrpflichtigenarmeenicht brauchbar gewesen wäre. Diese und andereGründe waren ausschlaggebend, dass das KPz70-Programm 1969 eingestellt wurde.

Bild 5: KPz 70 (PT) und Leopard 1; um beimKPz 70 für die Besatzung einen möglichst gutenStrahlenschutz zu erreichen, musste der Fahrerim Turm platziert werden.

Nach Abbruch des KPz 70 - Programms ver-suchte man 1970 in Deutschland eine möglichstoptimale Verbindung aus den Ergebnissen der na-tional betriebenen „Experimentalentwicklung“und dem KPz 70 - Pogramm zu finden. Als Er-gebnis entstanden ab 1972 die Prototypen desKPz Leopard 2 – die ersten Fahrzeuge warennoch mit einer 105 mm – Glattrohrkanone aus-gerüstet (Bild 6).

Bild 6: KPz Leopard 2; Prototyp der ersten Ge-neration mit 105 mm Glattrohr-Kanone undSchott-Panzerung (1974).

Einen wichtigen Einfluss auf die weitere Ent-wicklung des KPz Leopard 2 übten 1973 die Er-gebnisse des Yom-Kippur – Krieges aus; hierzeigten Analysen die Bedeutung eines leistungs-fähigen, bzw. überlegenen Panzerschutzes fürden Erfolg in Begegnungsgefechten auf.Daraufhin wurde innerhalb von zwei Jahren dasSchutzkonzept komplett überarbeitet und 1976zwei Prototypen der Leopard 2 AV – Generationmit einer neuen Schutztechnologie gebaut (Bild7). Zwei dieser Fahrzeuge (und ein Beschussge-häuse) wurden im Zeitraum Sept. 1976 bis Janu-ar 1977 zu einer Vergleichserprobung mit denPrototypen des US-KPz XM 1 nach USA ge-schickt.

Bild 7: KPz Leopard 2 AV; Prototyp der zwei-ten Generation – nunmehr mit Sonderpanzerungs-partien im Turm- und Wannengehäuse.

Zu dieser Zeit war die Entscheidung für eineSerienproduktion des KPz Leopard 2 inDeutschland bereits gefallen. Nach einer nochma-ligen Überarbeitung und Optimierung des tech-nischen Konzeptes wurde im Oktober 1979 dererste von insgesamt 2 225 KPz Leopard 2 an dasHeer übergeben (Bild 8). Gegenüber dem ver-gleichbaren gegnerischen KPz T-72 zeigte derKPz Leopard 2 in den 80er Jahren bei allen wich-tigen Kampfwertkriterien eine deutliche Überle-genheit – der Preis dafür waren allerdings die grö-ßeren Abmessungen, das um 14 to höhere Ge-fechtsgewicht und die sicherlich höheren Be-schaffungskosten.

Bild 8: KPz Leopard 2; Serienversion. Hier einFahrzeug des PzBtl 363 in Külsheim

Auch beim KPz Leopard 2 führten eine sys-tematische Entwicklung und eine intensive Er-probung bzw. ausgiebige Truppenversuche zueinem ausgereiften Waffensystem mit einem ho-hen Leistungsvermögen, einer bedienungsfreund-

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lichen Auslegung der Besatzungsstände und re-lativ niedrigen Nutzungskosten. Das gelungeneSystemkonzept, eine umfassende Systemperi-pherie (Sonderwerkzeuge, Ausbildungsmittelusw.) und ein leistungsfähiger wie auch zuverläs-siger after-sales-service haben dazu geführt, dassder KPz Leopard 2 in sämtlichen internationalenWettbewerben (in denen er antreten durfte) alsSieger hervorging (Schweiz, Schweden, Griechen-land usw.); insgesamt nutzen heute 11 Nationenden KPz Leopard 2! Auch nach Plänen zur Re-duzierung des KPz - Bestandes der Bundeswehrauf ca. 350 Fahrzeuge für das „Neue Heer“ (Heer2010), wird der Leopard 2 in den beiden kampf-wertgesteigerten Versionen A5 und A6 (Bild 9)sowie mit weiteren Modernisierungsmaßnahmenals Kernelement der mechanisierten Kräfte bis ca.2025 in der Nutzung bleiben. Dies gilt umsomehr, da alle bisherigen Programme zur Neuent-wicklung eines Kampfpanzers in den letztenJahren nicht zum Erfolg geführt werden konntenbzw. abgebrochen wurden.

SchützenpanzerDie Ausstattung der Panzergrenadiertruppe

mit einem geeigneten Schützenpanzer erwies sichin der Mitte der 50er Jahre als recht schwierig,da - im Gegensatz zum Kampfpanzer - zum da-maligen Zeitpunkt kein hinreichend akzeptablerSPz-Typ bei den NATO-Partnern verfügbar war.Grund hierfür war, dass keiner der ausländischenPartner die Kampfweise der deutschen Panzer-grenadiere (Kampf auch aufgesessen vom Fahr-zeug aus; schneller Wechsel der auf- und abge-sessenen Kampfweise) übernommen hatte. Alleanfänglich beschafften Fahrzeuge waren daherÜbergangs- und Behelfslösungen. So stand inausreichender Anzahl 1956 der britische „BrenCarrier“ (Konzept stammte aus 1941) zur Ver-fügung, da dieses Fahrzeug ab Ende der 40er Jah-re in großen Stückzahlen auch bei der US-FirmaFord Motor Company in Lizenz gefertigt wurde(Bild 10). Die Bundeswehr bezog ca. 300 Fahr-zeuge, die teilweise als Schützen- und Aufklä-rungspanzer - vornehmlich aber als Transport-und Nachschubpanzer eingesetzt wurden. DerBren Carrier war wegen des offenen Kampfrau-mes und der äußerst spartanischen Einrichtungbei der Truppe wenig beliebt.

Die USA boten der Bundeswehr den Trans-portpanzer M 39 an, der ursprünglich als Muni-

tionstransportfahrzeug auf der Basis des US-Jagdpanzers M 18 „Hellcat“ entwickelt und ab1945 in die US Army eingeführt wurde. Im Zeit-raum 1956 – 1959 wurde der M 39 vorwiegendbeim Panzergrenadier-Lehrbataillon in Munsterfür Versuchszwecke eingesetzt (Bild 11). Erkonnte bis zu 10 Soldaten aufnehmen – davonwaren jedoch nur zwei Besatzungsmitglieder imBug unter Schutz untergebracht – die restlichenacht Soldaten waren in dem oben offenen Kampf-raum platziert. Der M 39 war zwar sehr beweg-lich, wies aber eine recht ungünstige Silhouetteauf (H = 2,05 m); zum Absitzen musste die seit-liche Bordwand übersprungen werden!

Um einen für die Bundeswehr besser geeigne-ten SPz zu erhalten, wurden 1956 vom BMVgzwei Entwicklungsaufträge vergeben. Zum einensollte die französische Firma Hotchkiss-Brandtin St. Denis ein Halbgruppenfahrzeug auf derBasis des frz. Transportpanzers TT-6 entwi-ckeln. Hieraus entstand zunächst der Transport-panzer CC-2 und ein Jahr später der Spz 11-2.Aufgrund der geringen Besatzungszahl (2+3)wurde der SPz-kurz überwiegend als leichterAufklärungspanzer eingesetzt. Im Zeitraum1958 – 1967 wurden ca. 1 600 Fahrzeuge in denunterschiedlichsten Varianten eingeführt; inDeutschland erfolgte eine Lizenzfertigung imMagirus-Werk in Mainz (Bild 12).

Etwas aufregender gestaltete sich der Ent-wicklungsverlauf des SPz-lang (HS 30). Hierwurde der im Panzerbau relativ unerfahrenenFirma Hispano-Suiza (Genf) nach Vorlage vonBlaupausen und eines kleinen Holzmodells am16.5.1956 ein Serienauftrag über 10 860 Fahrzeu-ge erteilt. Die schon im Jahr 1957 bei der Erpro-bungsstelle der Bundeswehr in Koblenz-Nieder-lahnstein vorgestellten Prototypen waren bereits25 % schwerer als geplant und zeigten dramati-sche technische Mängel. Um die Mängel zu re-duzieren, musste ein nochmaliger Gewichtsan-stieg in Kauf genommen werden. Durch dieebenfalls erforderliche Umverstauung entfiel derursprünglich geplante Kriechgang mit Heckaus-

Bild 9: KPz Leopard 2 A6 mit der langen 120 mm Glattrohr-Kanone.

Bild 10: „Bren Carrier“ – ein Fahrzeugkonzept aus den 40er Jahren, inder BW ab 1956 versuchsweise als Schützenpanzer genutzt .

Bild 11: US-Transportpanzer M 39, in den Anfangsjahren im Pz-GrenLehrBtl in Munster ebenfalls als Schützenpanzer eingesetzt.

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insgesamt 2 136 Fahrzeuge bei den Firmen Rheinstahl-Henschel und MaK gefertigt (Stückpreis: ca. 1 Mill. DM).Mit dem SPz Marder erhielt die Panzergrenadiertruppeeinen SPz, der sich im Leistungsprofil am KPz Leopard 1orientierte und fast alle Wünsche erfüllte. Durch mehrfa-che Kampfwertsteigerungsprogramme wurden die Funk-tionalitäten des Fahrzeugs erweitert (Adaption einer Pz-AbwWaffe; Doppelgurtzuführer) und einige Leistungs-merkmale verbessert (Nachtkampffähigkeit, Schutz –insbesondere Minenschutz). Dafür musste die Ver-schlechterung anderer Merkmale (z.B. Beweglichkeit; Ab-sitzstärke usw.) in Kauf genommen werden. Vom Serien-beginn bis heute stieg das Gefechtsgewicht des SPz Mar-der um 9,3 to (= 33 %) an – dies zeigt, dass das Konzeptseine Entwicklungsgrenze absolut erreicht hat (Bild 15).

Nach der Wiedervereinigung wurde erkannt, dass dieverfügbaren SPz Marder nicht zur Ausstattung der geplan-ten 6 PzGrenBtl im Heer Ost ausreichen würden. Dahersollten von den 1 112 verfügbaren SPz BMP-1 aus Be-ständen der exNVA 764 Fahrzeuge als Zwischenlösung biszur Einführung des SPz Marder 2 in die Bundeswehrübernommen werden. Allerdings war zur Gewährleistungder Funktions- und Betriebssicherheit eine Umrüstung derFahrzeuge (Lenkung, Bremsen; Ladeautomat usw.) erfor-derlich; der Gesamtaufwand wurde auf 36 Mill. DM ge-schätzt. Wegen Haushaltsproblemen wurde das Programmnach Umrüstung von 587 Fahrzeugen („BMP 1 A1 Ost“)abgebrochen und ca. 500 dieser Fahrzeuge nach Griechen-land verkauft.

stieg (Bild 13). Nach knapp einjähriger Erprobung wurde klar, dass das verfügbareRaumangebot und das Gewichtslimit des HS 30 nur den Einsatz von Komponentenzu ließ, die im Truppeneinsatz häufig an ihrer Leistungsgrenze betrieben wurden.Immerhin konnte im letzten Moment (1957) der Serienauftrag auf 4 412 Fahrzeugereduziert werden.

Da Fa. Hispano Suiza nicht in der Lage war, die Fahrzeuge in einem akzeptablenZeitraum zu fertigen, wurde Ende 1957 die Fertigung des HS 30 auf die Firmen Bri-tish Leyland (2800); Henschel (825) und Hanomag (825) aufgeteilt. Letztlich wur-den im Zeitraum 1958 – 62 ca. 2 176 HS 30 an die Bundeswehr ausgeliefert. DieNutzungszeit war geprägt vom ständigen Bemühen des zu dieser Zeit im Aufbaubefindlichen Bundesamtes für Wehrtechnik und Beschaffung (BWB), die Auswir-kungen der vorhandenen Schwachstellen für die Truppe nicht ins Uferlose wachsenzu lassen. Für seine Zeit wies der HS 30 eine relativ starke Bewaffnung und einenguten ballistischen Schutz bei einer günstigen Formgebung auf. Im praktischen Ein-satz erwiesen sich die Platzverhältnisse im Kampfraum für die PzGrenadiere und dieZuverlässigkeit des Fahrzeugs als systemimmanente Probleme, so dass die Truppewenig Freude an diesem Fahrzeug hatte.

Ab Anfang 1972 konnte der HS 30 sukzessive durch den neuen SPz Marder ab-gelöst werden: Die militärischen Forderungen für den „SPz-neu“ wurden bereits 1959erarbeitet. Umgehend konnten Anfang 1960 die ersten Entwicklungsverträge verge-ben werden. Die Entwicklung des neuen SPz gestaltete sich als sehr schwierig, daman einerseits eine Wiederholung des HS 30-Debakels auf jeden Fall vermeiden woll-te und andererseits sich die militärischen Forderungen ständig änderten (Bild 14). DieKonsequenz war, dass bis zum Serienbeginn im Jahr 1971 insgesamt 24 (z.T ver-schiedene) Prototypen des SPz-neu von den drei an der Entwicklung beteiligten Fir-men gebaut und erprobt wurden! Das Gewicht der Prototypen stieg dabei von 16 auf26,5 to an, die Serienversion erreichte schließlich 28,2 to!

Ab 1971 erfolgte die Serienproduktion des SPz Marder; bis 1975 wurden

Bild 12: SPz-kurz (Hotchkiss) mit 20 mm MK – hier bei der Ausstellung „50Jahre Bundeswehr“ auf der WTD 51 in Koblenz.

Bild 13: Panzergrenadiere sitzen vom HS 30 über dieBordwand ab – eine in jeder Hinsicht gefährliche Akti-

on!

Bild 14: Prototyp RU 111 von Hanomag auf der Erprobungsstelle in Koblenz-Nie-derlahnstein (1961); trotz Frontantrieb war noch kein Heckausstieg vorgesehen!

Bild 15: SPz Marder 1A5 – die derzeit modernste Versi-on mit Zusatzpanzerung und Minenschutz (Gewicht:

37,5 to).

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Als Lichtblick für die PzGrenTruppe konnteim Jahr 1991 im Rahmen des Kampfwagen 90 –Programms mit dem Prototyp VT 001/Marder 2(Bild 16) ein potenzielles Nachfolgemodell fürden Marder 1 vorgestellt werden –bedauerlicherweise fiel das Projekt bereits Ende

Bild 19: US-Pz M 41, der inder BW anfangs in der Rolleals Aufklärungs- und Jagdpan-zer eingesetzt wurde.

Bild 16: Versuchsträger Marder 2 aus dem Jahr 1991 mit Zweimann-Turm und35/50 mm MK; Gewicht: 40,6 to.

Bild 17: Konzeptentwurf für den zukünftigen SPzPuma; im Turm befindet sich keine Besatzung; Ge-wicht: 31,45 – 41 to (geplant).

1991 der sog. „Friedensdividende“ zum Opfer.Nun soll ab 2009 der SPz Marder 1 durch den inder Entwicklung befindlichen SPz PUMA abge-löst werden, der insbesondere durch einen mo-dularen Schutzaufbau den Forderungen nachstrategischer Verlegbarkeit (Lufttransportfähig-keit) wie auch nach hoher Überlebensfähigkeit

gerecht werden soll. Die Vorstellung eines erstenDemonstrators ist für Ende 2005 geplant, dannfolgen im Zeitraum 2006-07 fünf vorgezogenenVorserienfahrzeuge – der Serienzulauf der restli-chen 405 SPz Puma ist ab 2009 vorgesehen(Bild 17).

SpähpanzerAuch für die Aufgaben eines Spähpanzers

stand in der Gründerzeit der Bundeswehr keinoptimales Fahrzeug auf dem Markt zur Verfü-gung. Erprobt wurden in Munster u.a. der fran-zösische 8-Rad Spähpanzer EBR 75 von Pan-hard (Bild 18) sowie der leichte britische Späh-panzer „Ferret“ Mk.2/3. Der Ferret wies u.a. eineunzureichende Geländegängigkeit auf; der EBR75 zeichnete sich durch eine äußerst komplexeKraftübertragung aus; beide Fahrzeuge warenauch aus ergonomischer Sicht unbefriedigend.

So wurde schließlich der US-Panzer M 41„Walker Bulldog“, der ursprünglich für die US-Army als luftverlastbarer, leichter Kampfpanzerkonzipiert war, in den Aufklärungsbataillonen alsSpähpanzer eingesetzt (Bild 19). Der M 41 warmit einer Höchstgeschwindigkeit von über 65km/h relativ schnell und besaß eine recht leis-tungsfähige 76 mm PzK – allerdings war er rechtgroß und erreichte im Bestfall einen Fahrbereichvon nur 175 km (Straße). Ab 1958 wurde bei denAufklärungskompanien der Brigaden zusätzlichder schon erwähnte „SPz-Kurz“ (Hotchkiss) fürAufklärungsaufgaben eingesetzt. Die geringeFahrzeuggröße war für den Aufklärungseinsatzzwar günstig, beschränkte aber die Geländegän-gigkeit des Fahrzeugs; unter günstigen Randbe-dingungen konnte mit einer Tankfüllung ein Ak-tionsradius von knapp 400 km erreicht werden –bei Geländefahrt reduzierte sich der Fahrbereichauf ca. 200 km.

Bild 18: Erpro-bung des frz.Spähpanzers EBR75 in Munster;das Fahrzeugwurde nicht in dieBW eingeführt.

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den im Jahr 1965 neue militärische Forderungenfür einen leistungsfähigeren und beweglicherenSpähpanzer erlassen. Ein entsprechender Ent-wicklungsauftrag ging im Jahr 1966 zunächst andas sog. „Gemeinschaftsbüro“ – ein Zusammen-schluss der Firmen Büssing; Rheinstahl-Hen-schel, KHD; Krupp und MAN (Bild 21); diePrototypen besaßen einen luftgekühlten Deutz-Motor und eine Einzelradaufhängung mit längs-liegenden Drehstäben. Später entwickelte auchFa. Daimler-Benz – zunächst auf eigene Kostenund in Konkurrenz - ein eigenes Modell (flüssig-keitsgekühlter Motor und Starrachsen mitSchraubenfedern).

Nach intensiven Vergleichstests (ab 1968) beiden Erprobungsstellen E 41 in Trier und E 51 inKoblenz-Metternich wurde 1971 die Auswahl-entscheidung zu Gunsten des DB-Modells ge-troffen. Im Zeitraum 1975 – 77 erfolgte bei Fa.Rheinstahl-Transporttechnik in Kassel die Fer-tigung von 408 Spähpanzer 2 „LUCHS“ (Stück-preis ca. 850 000 DM). Die geforderteSchwimmfähigkeit führte leider zu einem relativgroßen Fahrzeug (Höhe: 2,84 m) – insgesamt er-füllte der SpähPz „LUCHS“ aufgrund seinerhohen operativen Beweglichkeit (Fahrbereich:bis 780 km), seiner Schnelligkeit und seiner sehrgeringen akustischen Signatur seine Aufgabenrecht gut. Ab 1985 erfolgte eine Kampfwertstei-gerung zur Version A2 (Wärmebildgerät; Doppel-gurtzuführer, neue Reifen; leistungsfähigere Fm-Ausstattung usw.; Bild 22)). Problematisch blie-ben die Empfindlichkeit des Fahrwerks sowievon Teilen der Kraftübertragung gegenüber Über-belastungen.

Für ein Nachfolgemodell des SpähPz„LUCHS“ wurden relativ frühzeitig (1988) dieentsprechenden militärischen Forderungen erlas-sen; das Gefechtsgewicht wurde auf 7,5 to be-grenzt; es wurde Schwimmfähigkeit und einRückwärtsfahrer gefordert; das Fahrzeug sollteab 1994 eingeführt werden; geplante Stückzahl:800 Fahrzeuge! Bereits 1989 konnte das Experi-mentalfahrzeug „ZOBEL“ von der Essener Fir-ma „Gesellschaft für Systemtechnik“ (GST) ineine umfangreiche Erprobung gehen (Bild 23).Das pfiffige Konzept zeigte gute Erprobungser-gebnisse und erfüllte die mil. Forderungen zu 88%.

Auf dem Weg zur Ausschreibung für die Seri-enfertigung erfolgte 1993 eine einschneidende

Ein weiterer Neuansatz wurde 1960 verfolgt,als der Führungsstab des Heeres eine Spähpan-zerversion im Rahmen der „SPz-neu“-Familiemit einer 90 mm - PzK in Drehturm forderte;erste Prototypen des RU 251 genannten Fahr-zeugs konnten 1963 fertig gestellt werden (Bild20). Da in diesem Zeitraum die schweren russi-

schen Aufklärungseinheiten mit den KPz T-54/55 ausgerüstet wurden, erschien die 90 mm PzKnicht mehr ausreichend - das Vorhaben wurdeaufgegeben.

Da die operative Beweglichkeit der Fahrzeu-ge M 41 und Hotchkiss unzureichend war, wur-

Bild 20: Prototyp des Spähpanzers RU 251 von Hanomag aus dem Jahr 1963 mit 90 mm PzK;das Konzept wurde aufgegeben.

Bild 21: Prototyp des SpähPz 2 vom Gemeinschaftsbüro; diese amtsseitig finanzierte Entwicklungunterlag später dem eigenfinanzierten Konzept von Daimler-Benz.

Bild 22: Spähpanzer 2 A1Luchs – bedingt durch die Forde-rung nach Schwimmfähigkeit unddem damit erforderlichen Auf-triebsvolumen ergab sich ein gro-ßes Fahrzeug.

Bild 23: Spähpanzer Zobelals Demonstrator für ein zu-kunftsorientiertes Spähpanzer-Konzept.22 23

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Umorientierung: die politische Vorgabe fordertebei dem Spähpanzer-Programm eine Kooperati-on mit den Niederlanden – damit war die Über-nahme des niederländischen Fahrzeugkonzeptesvon Fa. DAF verbunden. Aufgrund der neuenRandbedingungen schloss Fa. Wegmann&Co(Kassel) mit Fa. DAF ein Kooperationsabkom-men für die Weiterentwicklung des leichten Späh-wagens ab. Beide Firmen bauten im Zeitraum1996/97 vier Truppenversuchsmuster, die an-schließend intensiv erprobt wurden.

Der Weg bis zum Serienvertrag war nochmalsmit vielen technischen wie auch administrativenSchwierigkeiten verbunden; zwischenzeitlichwurden der Bedarf für die Bundeswehr auf 202Fahrzeuge reduziert. Schließlich konnte nachÜberwindung aller Schwierigkeiten am 10. Dez.2003 der erste Spähpanzer „FENNEK“ an dieBundeswehr übergeben werden. Der SpähPz„FENNEK“ zeichnet sich durch eine sehr nied-rige Silhouette aus (H = 1 790 mm); im (stati-schen) Späheinsatz kann eine Beobachtungsplatt-form auf eine Höhe von 3,30 m ausgefahren wer-den (Bild 24). Bei der Konzeption wurde großerWert darauf gelegt, dass die aus drei Soldatenbestehende Besatzung einen 5-tägigen Einsatzautonom erfüllen kann. Die Umsetzung der rela-tiv hohen Schutzforderungen ließ allerdings dasGefechtsgewicht auf 10,5 to ansteigen.

Der SpäHPz FENNEK wird ab 2006 auch inden Aufklärungs- und Verbindungszügen der Pz-

Jagdpanzer eine Serienfertigung nicht in Betracht kam (Bild26).

Mit der Aufnahme des Entwicklungspro-gramms „SPz – neu“ im Jahr 1960 warenwiederum Forderungen zum Bau leistungsfähi-gerer Jagdpanzer (Rakete und Kanone) verbun-den. Ab 1961 wurden insgesamt 17 Prototypendes Jagdpanzers Kanone und 7 Prototypen desJagdpanzers Rakete erprobt. Ein Serienauftragüber 770 JPz Kanone wurde im Mai 1963 an Fa.Henschel erteilt. Aufgrund des einfacheren Auf-baus und der einfachen Waffenlafettierung kos-tete der JPz Kanone (Bild 27) zum damaligenZeitpunkt mit 500 000 DM nur die Hälfte desKPz Leopard 1. Wegen der relativ kurzen Rohr-länge (L/40,4) stand für das Gefecht nur einHohlladungsgeschoss (Durchschlagsleistung:350 mm PzSt) zur Verfügung (gleiche Munitionwie KPz M 48).

Der JPz Kanone erfüllte insbesondere dieAufgabe der Panzerabwehr bis auf eine Kampf-

und PzGrenBtl eingesetzt. Aufgrund des bilate-ralen Gesamtbedarfes von insgesamt 612 Fahr-zeuge konnte das Vorhaben – trotz zahlreicherProbleme – schließlich zu einem Erfolg geführtwerden; das Vorhaben lastet neben Fa. KMW inKassel zahlreiche Rüstungsfirmen bis Ende 2008aus. Ein großer Erfolg für das Vorhaben FENNEKwäre, wenn sich in Zukunft neben Deutschlandund den Niederlanden weitere Staaten für dieEinführung entscheiden würden – grundsätzli-ches Interesse besteht u.a. seitens Norwegen,Luxemburg und der Türkei.

Bild 24: Spähpanzer Fennek mit ausgefahrenerBeobachtungsplattform und 40 mm GMW zurEigenverteidigung.

Bild 25:RakJPz 1 aufBasis HS 30(links) im Ver-gleich mitRakJPz 2(rechts) ausder SPz-neu –Familie; beideFahrzeugewaren mit demfrz. LFK SS 11ausgestattet.

Bild 26: Proto-typ eines Kano-nenjagdpan-zers mit derfranzösischen90 mm DEFA-Kanone aufFahrgestell HS30 neben demSPz-PrototypRU 121.

Die quantitative Überlegenheit der Panzer-kräfte des Warschauer Paktes hat dazu geführt,dass bei der Aufstellung der Bundeswehr aucheine eigenständige Panzerjägertruppe zur Panzer-abwehr geschaffen wurde. Die erste Ausrüstungbestand aus dem leichten Panzer M 41 und spä-ter dem KPz M 47. Beide Fahrzeuge waren fürden vorgesehenen Einsatzzweck nicht optimalgeeignet; daher stellte der Führungsstab des Hee-res bereits 1957 im Zusammenhang mit dem HS30 – Programm Forderungen nach Jagdpanzernzur Panzerabwehr, die einmal mit der damals ver-fügbaren Lenkrakete SS-11 sowie mit einer 90mm PzK ausgerüstet werden sollten. Während1962 etwa 95 Raketenjagdpanzer auf dem HS 30– Fahrgestell gefertigt wurden (Bild 25), zeigtendie beiden Prototypen mit der französischen 90mm DEFA-Kanone erhebliche Probleme, so dass

Bild 27: JPzKanone mitverkürzter 90mm PzK; dasKonzeptknüpft an dieJagdpanzer-Entwicklungendes 2. Welt-krieges an.

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entfernung von 1500 m, da die damaligen PzAbw-Lenkraketen aufgrund des Lenkverfahrens (Kom-mandolenkung) erst ab 600 – 800 m mit Erfolgeingesetzt werden konnten (Reichweite des SS11: bis 3 000 m).

Ende der 70er Jahre wurde erkannt, dass dieLeistungsfähigkeit der kurzen 90 mm PzK desJPz Kanone gegenüber den modernen russischenKPz nicht mehr ausreichen würde. Daher wurdeein Umrüstprogramm gestartet, in dessen Rah-men im Zeitraum 1983 – 85 bei 162 Fahrzeugendie Rohrwaffe ausgebaut, und ein Launcher fürden LFK TOW adaptiert wurde. Der LFK wieseine Reichweite von bis zu 3750 m auf; ab 1989wurde die leistungsgesteigerte Version TOW 2beschafft. Ab dem Jahr 1988 wurden weitere 450Fahrzeuge des JPz Kanone zu Beobachtungs-panzern für die Mörserzüge in den PzGren-Kompanien umgebaut.

Die Serienfertigung der 316 JPz Rakete(RakJPz 2) erfolgte im Zeitraum 1967 – 69. DieKonzeption erwies sich als sehr erfolgreich, dadas Fahrzeug sehr kompakt war und gegenüberdem JPz Kanone eine deutlich höhere Beweglich-keit im Gelände erreichte. Im Zeitraum 1978 –82 erfolgte eine erste Kampfwertsteigerung derFahrzeuge; hierbei wurde die Waffenanlage HOTK3S in periskopischer Bauweise eingerüstet, beider das Ausfahren des LFK-Startrohres und dasNachladen automatisch abläuft. Der Lenkflug-körper HOT war aufgrund des halbautomati-schen Lenkverfahrens (SACLOS) weitaus einfa-cher zu bedienen als die SS 11; auch wies derLFK HOT eine größere Einsatzentfernung auf(75 – 4000 m). Zusätzlich erhielten die Fahrzeu-ge eine Zusatzpanzerung im Bereich des Kampf-raumes und Laufwerksschürzen; ab 1985 lief derLFK HOT 2 mit einem leistungsgesteigerten Ge-fechtskopf zu.

Im Rahmen eines letzten Kampfwertsteige-rungsprogramms wurden im Zeitraum 1993 – 95insgesamt 157 JPz Jaguar 1 mit einer neuen Lenk-einrichtung ausgerüstet, die u.a ein äußerst leis-tungsfähiges Wärmebildgerät beinhaltete – damitwar der Einsatz des LFK HOT auf großeKampfentfernungen auch bei Nacht und schlech-ter Sicht möglich (Bild 28). Die Bezeichnung dermodernisierten Fahrzeuge wurde in „ JPz Jaguar1 A3“ geändert. Allerdings war zu diesem Zeit-punkt aufgrund des Wegfalls des Ost-West-Kon-fliktes erkennbar, dass die Panzerjägertruppeihre Bedeutung verlieren würde. Alle Einheitenwurden daher 1996/97 aufgelöst; parallel dazu

wurden in diesem Zeitraum auch alle Jaguar 2 ausder Nutzung genommen. Die Jaguar 1 wurden ab1996 nach Österreich verkauft; die letzten Jagu-ar 1 A3 (mit WBG) werden 2005 außer Dienstgestellt.

Abschließende Bemerkungen

Die Ausführungen lassen erkennen, dass inden Gründerjahren der Bundeswehr bei den ge-panzerten Fahrzeugen eine große Typenvielfaltherrschte (das galt auch für die Radfahrzeuge).Standardisierungseffekte konnten zwischen deneinzelnen Typen nur in einem sehr bescheidenenMaße erreicht werden. Immerhin konnte mit dennach deutschen Forderungen konzipierten Mo-dellen SPz-kurz (Hotchkiss) und SPz-lang (HS30) erstmals eine gewisse Familienbildung undStandardisierung erreicht werden – auch wenn dietechnische Reife der Fahrzeuge zu wünschenübrig ließ.

Vorausschauenderweise hatte das Verteidi-gungsministerium sofort nach Gründung derBundeswehr darauf hingewirkt, dass die deutscheIndustrie bei der Entwicklung und Beschaffungvon Wehrmaterial für die Bundeswehrbaldmöglichst und intensiv eingebunden wird.Aufgrund der schwierigen Stimmungslage nachEnde des 2. Weltkrieges war es verständlich, dassgegenüber der erneuten Aufnahme von wehrtech-nischer Forschung und Entwicklung bei vielenBetrieben eine deutliche Zurückhaltung herrsch-te. Durch konsequente Aufklärungsarbeit wieauch sicherlich sehr günstige vertragliche Rah-menbedingungen konnten glücklicherweise z.B.für die Panzerentwicklung frühzeitig ausreichen-de Interessenten bzw. Entwicklungs- und Ferti-gungskapazitäten gefunden werden, um ab 1957/58 in konkurrenzierender Weise die Neubaupro-gramme für eine leichte Panzerfamilie (SPz-neu)und eine mittlere Panzerfamilie (Leopard 1) zuvergeben. Die ab Mitte der 60er Jahre daraus re-sultierenden Fahrzeuge (SPz Marder, KPz Leo-pard 1 usw.) zeigten eine geschickte funktionelleAuslegung, eine hohe Zuverlässigkeit und güns-tige Materialerhaltungseigenschaften. Alle Versi-onen und Varianten haben sich im Truppenein-satz (In- und teilweise im Ausland) hervorragendbewährt und damit der deutschen Panzerindus-trie ab Ende der 60er Jahre zu einem hohen inter-nationalen Ansehen verholfen (auch bei den Geg-nern). Allerdings musste in den 70er Jahren auch

erkannt werden, dass das ursprüngliche Ziel,nämlich möglichst alle gepanzerten Fahrzeugedes Heeres in der leichten und mittleren Fahr-zeugfamilie zu realisieren, nicht in der Praxisumgesetzt werden konnte. Da ab Anfang der60er Jahre der US-MTW für knapp 300 000 DMangeboten wurde, erwiesen sich im Vergleichdazu die Produktionskosten der deutschen Fahr-zeuge als zu hoch. Daher wurden zahlreiche, fürdie Familie des SPz-neu geplanten Varianten spä-ter auf dem M 113 verwirklicht (VB; Mörserträ-ger usw.).

Einen wirtschaftlichen Höhepunkt erlebte diedeutsche Panzerindustrie ab Beginn der 80erJahre, als der KPz Leopard 2 mitsamt Familien-fahrzeugen neue Maßstäbe auf dem Weltmarktsetzten! Schließlich zeigten auch die SystemePzH 2000 und MinRPz Keiler, dass bei der deut-schen Panzerindustrie sowohl im Bereich derSystemtechnik und der Gesamtsystemkonstruk-tion wie auch auf dem Komponentensektor ab-solute Spitzenleistungen erbracht werden konn-ten (die natürlich ihren Preis hatten). Zu erwäh-nen sind an dieser Stelle Motore, Getriebe, Gleis-ketten, Panzerkanonen und Schutzaufbauten, dieals Spitzenprodukte auf dem internationalenMarkt begehrt sind.

Inzwischen hat sich die Lage für die deutschePanzerindustrie gravierend geändert; aufgrundder neuen sicherheitspolitischen Situation inEuropa und den bekannten wirtschaftlichen Pro-blemen bei vielen Nationen sank seit Mitte der90er Jahre der Bedarf an gepanzerten Fahrzeu-gen. Mit Blick auf die geplante Struktur „Heer2010“ wird der Anteil der gepanzerten Kampf-truppen im Heer auf 10,5 % des Gesamtumfangszurückgehen! (die leichten Kräfte (Infanterie)werden 12,4 % umfassen; die restlichen fast 80% finden sich in Führungs- Unterstützungs-,Versorgungs-, Sanitätstruppen, Führungsorgani-sationen, Multinationalen Korps, Ämtern usw.Nochmals erschwert hat sich die Situationdadurch, dass zahlreiche Nationen nicht mehr dieerforderlichen Mittel bereit stellen können, umdie Neuentwicklung eines gepanzerten Waffen-systems oder einer Fahrzeugfamilie zu finanzie-ren. Statt dessen möchte der Auftraggeber ver-mehrt auf Eigenentwicklungen der Industrie(„Kauflösungen“) zurückgreifen, die am Marktverfügbar sind. Wenn bei diesem Verfahren auchkurzfristig die Entwicklungsmittel eingespartwerden können, so führt die damit verbundeneTypenvielfalt langfristig zu einem deutlich erhöh-ten logistischen Aufwand (Nutzungskosten) fürdie Streitkräfte. Im ungünstigsten Fall würde mansich bei der Bundeswehr langfristig dann interes-santerweise wieder der Situation annähern, wie-sie zur Gründerzeit geherrscht hat.

Mit der Reduzierung der verfügbaren Haus-haltsmittel war gezwungenermaßen auch einSchrumpfungsprozess der Panzerindustrie inEuropa wie auch in Deutschland verbunden.Heute existieren in Deutschland für den Panzer-

Bild 28: JPz Jaguar 1 A3 (HOT) ausdem Jahr 1993 mit Zusatzpanzerung so-wie großem Ausblickkopf für das Wär-mebildgerät.

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bau nur noch zwei Systemhäuser, die sich für dieEntwicklung des SPz PUMA sogar zu einemKonsortium zusammengeschlossen haben. Auchbei vielen Komponenten besteht zumindest inDeutschland eine Monopolsituation. Da dieBundeswehr heute bzw. in den kommenden Jah-ren mit den geplanten Neuinvestitionen (z.B.PUMA; GTK) selbst die reduzierten industriel-len Kapazitäten nicht mehr auslasten kann, fül-len viele Rüstungsfirmen im Bereich der Panzer-industrie bereits heute ca. 70 % des Umsatzesmit Exportaufträgen!

Im Gegensatz zu den 60/70er Jahren bietenheute nicht nur die großen Nationen (USA; Russ-land, D, FR, UK; S) eine große Palette gepanzer-

ter Fahrzeuge und entsprechende Technologie fürden Weltmarkt an; darüber hinaus gibt es heutezahlreiche „Schwellenländer“, die durchaus leis-tungsfähige Gesamtsysteme oder Komponentenrelativ preiswert anbieten – hierzu zählen u.a.China, Ukraine, Finnland, Singapur, Österreich,Italien, Süd Afrika, Bulgarien, Kroatien, Jordani-en usw. Es werden somit in Deutschland in dennächsten Jahren entscheidende Maßnahmenbzw. klare politische Entscheidungen zu treffensein, damit die deutsche Panzerindustrie auchlangfristig die notwendigen Kernkompetenzenund Schlüsselfähigkeiten im Bereich der System-technik und der Baugruppentechnologie erhaltenkann. Unabhängig von konkreten Entwicklungs-

projekten (Gesamtsysteme) wäre dabei die För-derung von Forschungs- und Technologiearbei-ten von großer Wichtigkeit, da sich darin ein kla-rer, zukunftsorientierter Gestaltungswillen aus-drücken würde und innovative Ingenieursfähig-keiten im nationalen Bereich erhalten werdenkönnten.

Ansonsten könnte es in einem sehr ungünsti-gen Fall passieren, dass in ferner Zukunft dieBundeswehr einen dem Stand der Technik ent-sprechenden Kampfpanzer aus dem Ausland –z.B. der Ukraine, China oder Süd Korea impor-tieren müsste.

„Vater“ des KPz Leopard 2 feierte seinen 90. Geburtstag

KPz Leopard 2 im Jahr 1979 in die Serienferti-gung zu führen. Auch nach seiner Pensionierungim Jahr 1980 ließ die Panzerei Herrn Krapkenicht los: Da sich die Schweiz für einen moder-nen KPz – und hier u.a. für den KPz Leopard 2- interessierte, konnte Hr. Krapke im Herbst1980 einen Beratervertrag mit Fa. Contraves ab-schließen. Sein Wirken wurde schließlich im Jahr1984 belohnt, als sich die Schweizer Regierungfür den Lizenznachbau des KPz Leopard 2 ent-schloss.

Der Erfolg und die Leistungsfähigkeit desKPz Leopard 2 beruhen u.a. auf der Tatsache,dass im amtlichen Projektteam im BWB von1970 bis 1980 eine große personelle Kontinuitätherrschte und damit Erfahrungen aus der Proto-typenphase bis zur Serienreifmachung ständigpräsent waren. Und die erfolgreiche Entwicklung

des KPz Leopard 2 beruhte zum anderen auchauf der Tatsache, dass die Amtsseite in Einzel-fällen massiv in die Entwicklung eingriff und einUmsteuern verlangt hatte. So geschehen z.B.1975 bei der Vorgabe, dass die Prototypen der 2.Generation im Leopard 2 – Programm nunmehrmit der Sonderpanzerungstechnologie ausgerüs-tet werden müssen, die im KPz 3 – Programmentwickelt wurden. Auch die Auswahl der bei-den angebotenen Feuerleitsysteme erfolgte kurzvor der Serienreifmachung ausschließlich durchdie amtlichen Dienststellen.

Heute haben sich diese Verhältnisse gravie-rend geändert: So beschränken sich die Standzei-ten der Projektleiter im Amtsbereich aufgrunddes sogenannten „Rotationsprinzips“ bzw. dergeforderten „Verwendungsbreite“ auf wenigeJahre. Und das neue Beschaffungsverfahren(cpm) verbietet der Amtsseite eine Einflussnah-me auf den Entwicklungsgang eines Waffensys-tems – die Entwicklungsverantwortung liegt al-lein beim Auftragnehmer! Ob auch unter diesenneuen Randbedingungen in der Zukunft so erfolg-reiche Waffensysteme wie der Leopard 2 entwi-ckelt werden können,wird die Zukunft zeigen.

Die deutsche Panzertruppe und die deutschenPanzermänner sind stolz auf ihren Leopard 2 –auch wenn das Waffensystem inzwischen „in dieJahre“ gekommen ist. Einen ganz wesentlichenAnteil an diesem Erfolg hatte das Wirken vonP.W. Krapke in seiner Funktion als Projektbeauf-tragter im BWB, der mit seiner außerordentlichenTatkraft und seinem Durchsetzungsvermögen inbeharrlicher Weise die Entwicklung bis zur Serievorangebracht hat. Alle, die P.W. Krapke kennenund schätzen gelernt haben, freuen sich mit ihmüber sein erfolgreiches Lebenswerk, aber auchüber seine Gesundheit und seine Lebensenergie,die ihm bis in dieses hohe Alter zu Teil wurde! R.Hilmes

Bei guter Gesundheit konnte der „Vater“ desKPz Leopard 2 , Herr LBDir a.D. Paul-WernerKrapke im Herbst 2005 im Kreise der Familie,mit Freunden und mit bewährten Mitstreiterndes Leopard 2 – Programms seinen 90. Geburts-tag feiern. P.W. Krapke wurde im Jahr 1915 inBerlin geboren und erlebte im Laufe seines Le-bens die drei Epochen: Weimarer Republik; Na-ziherrschaft und den Aufbau der Bundesrepub-lik. Nach dem Abitur begann er 1937 in Berlindas Studium der damals neuen Fachrichtung desWirtschaftsingenieurwesens, das er 1940 mitErfolg abschloss. Nach einer kurzen Tätigkeit beider Deutschen Waffen- und Munitionsfabrik inBerlin-Borsigwalde wurde P.W. Krapke zurSturmartillerie eingezogen. Nach mehreren solda-tischen Verwendungen kam 1942 die Aufforde-rung zur Meldung im Heereswaffenamt (Berlin).Die Tätigkeit als Referent für die PzKpfWg IIIund IV sollten fortan langfristig den Lebensinhaltvon ihm prägen! Nach dem Kriegsende widmeteer sich zunächst dem Aufbau einer Lackfabrik imRaum Hannover und später in Berlin. Aufgrundder schwierigen wirtschaftlichen Lage in Berlin,fasste Herr Krapke 1963 den Entschluss, sichendgültig in Westdeutschland nieder zu lassen.Durch persönliche Kontakte fand er den Weg zudem gerade im Aufbau befindlichen Bundesamtfür Wehrtechnik und Beschaffung (BWB) inKoblenz; hier wurde er im Januar 1964 eingestelltund konnte damit im Prinzip auf seine Erfahrun-gen aufbauen, die er 20 Jahre zuvor im Heeres-waffenamt erworben hatte: zunächst war P.W.Krapke für die Serienreifmachung des KPz Leo-pard 1 zuständig – ab 1967 betreute er die Expe-rimentalentwicklung – eine Vorstufe des KPzLeopard 2 – Programms. Nach Scheitern desKPz 70-Projektes wurde er 1970 zum Projekt-beauftragten für die Entwicklung des KPz Leo-pard 2 ernannt. Nach interessanten, aber auchschwierigen Zeiten gelang es ihm und seiner Pro-jektmannschaft in guter Zusammenarbeit mitdem damaligen Systembeauftragten KPz beiFÜH VII 3 (Oberst Karl Pfeiffer) schließlich, den

Leitender Baudirektor a.D. Paul Krapke