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6 FPÖ Oberösterreich
6.1 Einleitung
Die Wahlplakate der FPÖ stehen aufgrund ihrer speziellen sprachlichen und visuellen Gestaltungselemente oft
im Mittelpunkt politischer und gesellschaftlicher Diskussionen. Im Vergleich zu anderen Parteien lebt die FPÖ
ihre politische Kultur äußerst konsequent und deutlich. In den Wahlplakaten, die als Zusammenspiel verschie-
denster strategischer Elemente eingesetzt werden, spiegelt sich diese politische Kultur wider. Da politische Par-
teien treibende Kräfte für den gesellschaftlichen Diskurs darstellen und gerade Plakate im Wahlkampf als Kulis-
se dienen, ist eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesen sinnvoll. Dies gilt insbesondere für die FPÖ,
deren Strategie als rechtspopulistisch und provokant beschrieben werden kann.
Das Ziel dieses Abschnitts der Arbeit ist es, eine aussagekräftige Analyse und Interpretation der Wahlplakate der
FPÖ Oberösterreich (FPOÖ) darzulegen. Dafür werden in einem ersten Schritt die Geschichte der FPÖ und die
Ausgangssituation der FPOÖ in Bezug auf die politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Lage vor der
Landtagswahl in Oberösterreich 2009 näher erläutert. Als wichtigste Basis für die Plakatanalyse kann die Be-
schreibung der Wahlkampfstrategie im Hinblick auf politische AkteurInnen und Zielgruppen betrachtet werden.
Der Schwerpunkt der Plakatanalyse liegt auf der Beschreibung der verwendeten Sprach- und Gestaltungsele-
mente. In diesem FPÖ-spezifischen Teil der Arbeit wird die Wirkungsweise der Wahlplakate in den Vorder-
grund gestellt. Dafür wurde eine spezielle Forschungsfrage in Bezug auf eine mögliche Sensibilisierung oder
Desensibilisierung der jungen RezipientInnen von Wahlplakaten der FPOÖ formuliert. Grund dafür ist die in der
österreichischen Parteienlandschaft einzigartige Verwendung von rechtspopulistischen Strategieelementen.
Im Vergleich zu den Kapiteln über die anderen Parteien findet sich in diesem Teil zur FPOÖ eine eingegrenzte
und abweichende Schwerpunktsetzung. Die Informationsgewinnung und die dementsprechende Arbeitsgrundla-
ge weichen von jenen anderer Themengruppen ab. Wie in den anderen Kapiteln lieferten Flash-Interviews wich-
tige Informationen. In Bezug auf Literatur und ExpertInnen konnte jedoch nur auf externe Sichtweisen und Ein-
schätzungen zurückgegriffen werden. Dies ergibt sich aus der fehlenden Kooperationsbereitschaft der FPÖ OÖ.
Es wurden Interviewanfragen an Landesrat Manfred Haimbuchner, Landesgeschäftsführer Hubert Schreiner,
Pressereferent Andreas Steindl, Landespressereferentin Birgitt Thurner, Landesratsabgeordnete Brigitte Povysil
und Klubobmann Günther Steinkellner gesendet. Die kontaktierte Pressesprecherin der Partei, Thurner, äußerte
hierbei Bedenken bezüglich „sensibler firmeninterner Daten“, worauf ihr mit der Bitte eines Entgegenkommens
der Interviewleitfaden zugesandt wurde. Aufgrund Stillschweigens von Seiten aller potenziellen FPOÖ-
InterviewpartnerInnen wurden telefonische Kontaktaufnahmen versucht, die ohne Erfolg blieben.
Thurner sendete schlussendlich in einer E-Mail die Begründung, dass es sich, bezogen auf den Interviewleitfa-
den, „wie bereits von mir Anfangs eingeschätzt um sensible firmeninterne Daten handelt“219 und dass daher die
FPOÖ erst nach den Landtagswahlen 2015 zu einer Kooperation bereit sei. Des Weiteren forderte sie wiederholt
eine Auflistung der angefragten InterviewpartnerInnen. Nach einer Antwort wurde der Kontakt zur FPOÖ gänz-
lich eingestellt. Aufgrund dieser Reaktion wird eine interne Absprache der FPOÖ mit der Anweisung, auf jegli-
che Kontaktversuche seitens des Forschungsteams nicht zu reagieren, vermutet.
Die nicht vorhandene Kooperationsbereitschaft der FPOÖ wurde versucht mit der Unterstützung von Experten
im Bereich Politik, FPÖ und Populismus auszugleichen. Jedoch war es erforderlich, diesen Teil der Forschungs-
arbeit zu überdenken und sich neu zu orientieren.
219 E-Mail von Thurner 2014
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Aus den dargelegten Gründen ergaben sich zwar Bedenken im Hinblick auf die ausreichende Beantwortung der
themengruppenübergreifenden Forschungsfragen, aber es wurde versucht, die fehlenden Auskünfte der FPÖ
durch zusätzliche Literatur und ExpertInnenwissen auszugleichen. Die interne Sicht und Reflexion der FPOÖ
konnten allerdings aus den oben angeführten Gründen nicht in die Forschungsarbeit integriert werden. Gerade
bei den Fragen nach dem Budget bzw. der Entstehung von FPÖ-Wahlplakaten traten daher aufgrund der fehlen-
den Kooperationsbereitschaft seitens der FPÖ Probleme bei der Beantwortung auf.
6.2 Geschichte der FPÖ Oberösterreich
Die allgemeinen Charakteristika der Partei sind ausschlaggebend für die Erklärung und das Verständnis der
eingesetzten Strategien und der Gestaltung der Wahlplakate im Landtagswahlkampf. Daher wird im nachfolgen-
den Abschnitt näher auf die Entwicklung und Einordnung der FPOÖ im Parteienspektrum und die Struktur und
Organisation der Partei eingegangen.
6.2.1 Entwicklung der FPOÖ
Der Ausgangspunkt der heutigen FPÖ findet sich im deutschnationalen Lager. Die dazu zählenden Gruppierun-
gen wiesen eine sehr breite Vielfalt auf. Die Gemeinsamkeit lag in der antiklerikalen, antisemitischen und groß-
deutschen Anschauung. In Österreich zur Zeit der Ersten Republik repräsentierten die Großdeutsche Volkspartei
und der Landbund für Österreich dieses Lager. Zahlreiche AnhängerInnen zog es in den 1930er-Jahren zum
Nationalsozialismus.220
1949 kam es zur Gründung der Partei „Verband der Unabhängigen“ (VdU). Da zu dieser Zeit nur drei Parteien
zugelassen waren, wurde der VdU als Verein konstituiert.221 Bei den ersten oberösterreichischen Landtagswah-
len 1949 trat der VdU als Wahlpartei der Unabhängigen (WdU) an und erreichte 20,8 %, aber bereits 1954
schaffte es der VdU bei den Landtagswahlen in Wien, Niederösterreich, Salzburg und Vorarlberg nicht mehr,
gute Ergebnisse vorzuweisen. Daraufhin kam es zu Auflösungserscheinungen. Anton Reinthaller gründete 1955
die Freiheitspartei, um ähnlichen Ergebnissen bei den oberösterreichischen Landtagswahlen vorzubeugen, doch
auch die darauffolgenden Ereignisse blieben unbefriedigend. Friedrich Peter war im Jahr 1955 der erste Landes-
parteiobmann der FPOÖ, unter ihm erreichte die Partei bei den Landtagswahlen nur mehr 9,6 %.222 Schließlich
kam es im Bund zur Einigung über die Bildung einer „freiheitlichen Einheitspartei“ unter dem Namen „Freiheit-
liche Partei Österreichs“. Anton Reinthaller wurde am 7. April 1956 im Zuge des ersten ordentlichen Bundespar-
teitages zum Bundesparteiobmann gewählt.223
Die FPÖ kann also als Nachfolgepartei des VdU und als Sammelpartei des sogenannten Dritten Lagers angese-
hen werden. In den 1980er-Jahren kam es erstmals zur kleinen Koalition mit der SPÖ in der Bundesregierung.
Die FPÖ war von Spannungen innerhalb der Partei aufgrund der unterschiedlichen Tendenzen zu einer entweder
nationalen oder liberalen Ausrichtung geprägt.224 In Oberösterreich verlor die FPÖ kontinuierlich an Stimmen,
1985 erreichte sie mit 5 % das schwächste Ergebnis überhaupt.225 Mit der Wahl von Jörg Haider zum Bundespar-
teiobmann im Jahr 1986 wandelte sich die Partei zu einer „populistischen Protestpartei“ und erreichte damit
wichtige Wahlerfolge. Auch bei den oberösterreichischen Landtagswahlen konnten die Ergebnisse verbessert
werden und 1997 bekam die FPÖ 20,6 % der Stimmen. Im Jahr 2000 kam es im Bund zur Regierungskoalition
mit der ÖVP, in der zahlreiche Privatisierungen durchgeführt wurden und sich eine neoliberale Wirtschaftspoli-
tik in Österreich etablierte. Unter der Führung von Günther Steinkellner fielen die Wahlergebnisse in Oberöster-
220 vgl. Tálos 2000, S. 24 221 vgl. Lackner 2007, S. 28 222 vgl. ebd., S. 33 f. und Amt der Oö. Landesregierung 2009a 223 vgl. Lackner 2007, S. 35 224 vgl. Austria-Forum 2014 225 vgl. Amt der Oö. Landesregierung 2009a
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reich im Jahr 2003 wieder deutlich schwächer aus. 2004 wurde Ursula Haubner zur Bundesobfrau gewählt, be-
reits ein Jahr später folgte jedoch die Abspaltung des BZÖ. Als neuer Bundesparteiobmann der FPÖ ging Heinz-
Christian Strache hervor. Als Landesparteiobmann der FPOÖ wurde Manfred Haimbuchner gewählt.226
6.2.2 Einordnung der FPÖ
Aufgrund der fehlenden Auskünfte seitens der FPOÖ und den sich dadurch ergebenden Änderungen bezüglich
der Informationsgewinnung war es besonders schwierig, Aussagen und Material über die Landespartei und deren
Struktur in Oberösterreich zu erhalten. Daher stützt sich die Forschungsarbeit eher auf allgemeine Informationen
über die FPÖ und somit den Versuch, die Lage in Oberösterreich abzuleiten und zu erklären. Da sich die Lan-
despartei in Oberösterreich auf das gleiche Parteiprogramm und somit auf die gleichen Prinzipien wie die Bun-
despartei stützt, kann die Einordnung der Bundes- und Landespartei gemeinsam erfolgen.
Die FPÖ ist, sowohl aufgrund des Parteiprogrammes als auch ihrer Agitation, im rechten Segment des Parteien-
spektrums einzuordnen. Bei Betrachtung der historischen Entwicklung ist eine Transformation vom Rechtspopu-
lismus zum Rechtsextremismus erkennbar.227 Die Phänomene Rechtspopulismus und Rechtsextremismus weisen
durchaus Ähnlichkeiten auf, dürfen aber keineswegs als Synonym verwendet werden. So können rechtspopulis-
tische Parteien durchaus rechtsextreme Elemente aufweisen, dies muss aber nicht immer zwangsweise so sein.
Andersherum können rechtsextreme Parteien in Wahlkämpfen die Vorteile von populistischen Strategien nut-
zen.228
6.2.2.1 Rechtspopulismus
Populismus bezeichnet die Mobilisierung der Bevölkerung durch bestimmte Strategien, politische Praktiken,
Thematiken oder auch Ideologien.229 Verschiedene populistische Strömungen weisen große Unterschiede auf,
trotzdem hat sich die Wissenschaft um ein allgemeines Konzept bemüht. Der deutsche Politikwissenschaftler
Florian Hartleb streicht vier Dimensionen von Populismus hervor:230
• Die technische Dimension, in der sich der Populismus mit einer leicht verständlichen und bildhaften
Sprache an das einfache Volk wendet und gegen die Elite auftritt.
• Die inhaltliche Dimension, in der Protestthemen aufgegriffen werden. Dabei wird an Missständen und
Krisenerscheinungen angeknüpft.
• Die personelle Dimension, in der eine charismatische Führungsperson im Vordergrund steht.
• Die mediale Dimension, in der der Populismus eng mit den Massenmedien verknüpft ist und diese Bezie-
hung für die eigenen Zwecke nutzt.
Besonders im europäischen Raum sind Bewegungen unter dem Namen „Rechtspopulismus“ verbreitet.231 Diese
ähneln sich insbesondere durch die Ablehnung von Zuwanderung aus Süd- und Osteuropa und den inszenierten
Kampf gegen die herrschende Politik.232 Auch Hartleb hebt den Erfolg rechtspopulistischer Parteien in Europa
hervor und geht dabei u. a. auf den Aufschwung der FPÖ ein.233
Der Begriff „Rechts“ bezieht sich vor allem auf gesellschaftspolitische Kategorienmuster von Parteien, die mit
bestimmten Inhalten verbunden werden. Zentrale Merkmale für rechte Parteien sind die Besinnung auf traditio-
nelle Werte und Normen sowie die Hervorhebung der nationalen Gemeinschaft vor der individuellen Freiheit.
226 vgl. ebd. und Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) Landesgruppe OÖ 2013 227 vgl. Hauenschild 2010, S. 51 228 vgl. Hartleb 2005, S. 27 f. 229 vgl. Ötsch 2001, S. 1 230 vgl. Hartleb 2005, S. 15 231 vgl. Ötsch 2013, S. 1 f. 232 vgl. Reinfeldt 2000, S. 1 233 vgl. Hartleb 2005, S. 6 ff.
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Solche Parteien bauen auf einen souveränen Staat nach innen und nach außen und auf ein Konzept der Staats-
bürgerschaft, das sich gegen weitere Zuwanderung ausspricht.234 Von rechtspopulistischen Parteien spricht man
dann, wenn der Populismus noch zusätzlich mit einer Ideologie verknüpft ist, die sich gegen Außenstehende
richtet, zumeist also gegen MigrantInnen und Minderheiten, aber auch gegen die Europäische Union: „Der
Rechtspopulismus vereinigt damit tendenziell xenophobe, ausländerInnenfeindliche bis hin zu rassistischen
Elementen in sich.“235
Im Speziellen unter der Führung von Jörg Haider konnte die FPÖ eindeutig als rechtspopulistische Partei einge-
ordnet werden.236 Nach der Abspaltung des BZÖ und unter der Führung von Heinz-Christian Strache rückte die
FPÖ deutlich weiter nach rechts, wie Andreas Peham vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Wider-
standes im Interview ausführt.237
6.2.2.2 Abspaltung des BZÖ
Jörg Haider bezeichnete die Abspaltung von der FPÖ und die damit einhergehende Gründung des BZÖ im Jahr
2005 wiederholt als Befreiung vom „braunen“ Sumpf. Die Trennung von FPÖ und BZÖ führte in Oberösterreich
für längere Zeit zu einer Unsicherheit bezüglich des Ausgangs dieser Entwicklung. Die gemäßigteren Kräfte
rund um Ursula Haubner, der Schwester Jörg Haiders, schlossen sich dem BZÖ an, während Konservative und
Deutschnationale vermehrt in die Richtung der Freiheitlichen Partei tendierten.238 Zusätzlich kam es in Oberös-
terreich als Folgeerscheinung der Abspaltung zum Rücktritt des damaligen oberösterreichischen Landespartei-
obmanns Günther Steinkellner. Sein Amt übernahm Lutz Weinzinger.239 Aus diesen Ereignissen resultierte eine
FPÖ aus hauptsächlich national-liberalen bzw. rechts-liberalen Mitgliedern. Zu dieser Entwicklung meint Peham
im Interview: „[...] übrig geblieben ist auch in Oberösterreich der rechtsextreme Kern der FPÖ.“240
Ein weiteres Phänomen, das durch die Abspaltung ausgelöst wurde, betrifft die Jugendorganisation der FPÖ. Der
Ring Freiheitlicher Jugend (RFJ) schloss sich in Oberösterreich gesammelt dem BZÖ an. Um neue Mitglieder
für eine Jugendorganisation zu gewinnen, bediente sich die FPOÖ beim Bund freier Jugend (BFJ). Lutz Wein-
zinger verwies in diesem Zusammenhang auf die Notwendigkeit des Aufbaus einer neuen Jugendorganisation.
Zudem herrschte die Meinung vor, dass die Mitglieder des BFJ wenige Unterschiede zu jenen des RFJ aufwei-
sen. Der BFJ ist jedoch eindeutig als rechtsextreme Organisation einzustufen. Diese Entwicklung führte dazu,
dass sich zahlreiche Mitglieder mit engen Verknüpfungen zum BFJ und damit auch neonazistische AnhängerIn-
nen der FPOÖ zuwandten.241
6.2.2.3 Rechtsextremismus
Den Zusammenhang der Freiheitlichen Partei Österreichs mit dem Phänomen des Rechtsextremismus drückt
Rechtsextremismusexperte Peham mit folgenden Worten aus: „[...] man kann nicht in Österreich über Rechtsext-
remismus sprechen ohne die FPÖ zu erwähnen.“242
Rechtsextremismus als Begriff beschreibt eine Ideologie, welche die Ordnung der Natur auf die Gesellschaft
umlegt und somit eine unwiderlegbare natürliche Hierarchie von Individuen, Völkern und Rassen begründet. Die
Volksgemeinschaft wird als homogene Gruppe mit autoritärer und hierarchischer Gliederung beschrieben, die
Fremde ausgrenzt und ihnen zudem häufig die Schuld an gesellschaftlichen Missständen zuschreibt. Ein weiterer
wichtiger Punkt zur Erklärung von Rechtsextremismus ist die fehlende Distanzierung zum Nationalsozialismus.
234 vgl. Hauenschild 2010, S. 43 f. 235 ebd., S. 45 236 vgl. ebd., S. 51 237 vgl. Interview mit Peham 2015 238 vgl. ebd. 239 vgl. Der Standard 2005 240 Interview mit Peham 2015 241 vgl. ebd. 242 ebd.
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So werden beispielsweise nationalsozialistische Gewaltakte verharmlost dargestellt oder verleugnet und die
angeblich positiven Seiten des Nationalsozialismus betont. Die Akzeptanz von Gewalt, die sich vorwiegend in
verbalen Angriffen auf Andersdenkende und politische GegnerInnen äußert, kennzeichnet den politischen Stil
von rechtsextremen Parteien.243 Die Einordnung einer Partei als rechtsextrem ist in Österreich ein politisches
Werturteil, das auf Tatsachen aufgebaut sein muss und zieht keine rechtlichen Konsequenzen nach sich, solange
die Partei nicht unter das Verbotsgesetz 1947 fällt. Rechtsextremismus gilt in Österreich also nicht als verfas-
sungsfeindliche oder strafrechtlich zu verfolgende Position.
Die FPÖ wurde 1993 erstmals wieder durch Willibald Holzer, Universitätsprofessor an der Alpen-Adria Univer-
sität in Klagenfurt, als rechtsextrem bezeichnet. Der Vorwurf wurde durch zahlreiche Punkte begründet, darunter
die Geringschätzung des Individuums und stattdessen die Bevorzugung einer völkischen Gruppe, außerdem die
vorherrschende Ideologie einer Volksgemeinschaft und zudem die Anwendung von Biologismus. Weiterer An-
haltspunkt für den Vorwurf ist das Verhältnis der FPÖ zum Faschismus und zur Neonaziszene.244
Auch das Oö. Netzwerk gegen Rassismus und Rechtsextremismus bezeichnet die FPÖ als rechtsextrem. Als
Beleg für diese Einschätzung veröffentlicht das Netzwerk eine Auflistung von rechtsextremen und rassistischen
Aktivitäten und Aussagen der FPÖ, die in direktem Bezug zu Oberösterreich stehen.245
Der Politik- und Nationalismusexperte Anton Pelinka führt im Interview aus, dass eine einfache Einordnung der
FPÖ zum Rechtspopulismus oder zum Rechtsextremismus nicht eindeutig getroffen werden könne. Die FPÖ sei
im Gegenteil zum einen rechtsextrem, da eine ausreichende Auseinandersetzung mit der historischen Vergan-
genheit fehlt. Zum anderen kann die FPÖ durch das Einsetzen von populistischen Elementen und Strategien wie
etwa der Anwendung des demagogischen Panoramas in stark nationalistischen Ausprägungen (siehe dazu Kapi-
tel 6.4.4.2) auch dem Rechtspopulismus zugeordnet werden.246
Nicht nur historisch gibt es unterschiedliche Phasen der Positionierung der FPÖ im Parteienspektrum, sondern
auch in den Bundesländern. Nicht alle Landesparteien sind gleich weit rechts angesiedelt: „Grob gesagt kann
man sagen: je mehr Burschenschafter oder allgemeiner gesprochen deutschvölkisch Korporierte in einer Landes-
partei das Sagen haben – und da sind Wien, Steiermark und Oberösterreich am stärksten – desto weiter rechts ist
diese Landespartei.“247
243 vgl. Hauenschild 2010, S. 46 ff. 244 vgl. Interview mit Peham 2015 245 vgl. Oö. Netzwerk gegen Rassismus und Rechtsextremismus 2012 246 vgl. Pelinka 2013, S. 3 f. 247 Interview mit Peham 2015
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6.2.3 Struktur der Partei
Die Struktur der Partei hat sich als Folge der Abspaltung des BZÖ und des Machtwechsels verändert. Da von der
Partei keine Informationen bereitgestellt wurden und wissenschaftliche Arbeiten zur aktuellen Struktur der FPÖ
nicht vorhanden sind, gestaltete sich die Informationsgewinnung zu diesem Kapitel schwierig.
Laut Walter Ötsch, Universitätsprofessor an der Johannes Kepler Universität Linz und Autor mehrerer Arbeiten
zur politischen Strategie der FPÖ, führte der Führungswechsel von Haider zu Strache zu umfassenden Änderun-
gen in der inneren Organisation.248 Die FPOÖ hat demnach mitlerweile eine sehr enge Bindung zur Bundespar-
tei. Diese Konstellation wird besonders in Zeiten des Wahlkampfes u. a. durch die Präsenz von Strache ersicht-
lich. Zudem ist Haimbuchner seit 2011 Bundesparteiobmann-Stellvertreter.249 Stefan A. Sengl, erfahrener Wahl-
kampagnenleiter und PR-Berater, spricht von einer stark führerzentrierten Struktur innerhalb der Partei. Das ist
u. a. an der Bedeutung von Strache – auch in Oberösterreich – zu erkennen.250
Ötsch sieht die Struktur der FPÖ mit einer gewissen Zerrissenheit. Auf der einen Seite sieht er Strache als Galli-
onsfigur der Partei251 , auch Peham schreibt Strache als Populisten einen großen Anteil am Erfolg der FPÖ zu.252
Auf der anderen Seite verweist Ötsch aber auf die Burschenschaften als eigentlichen Machtkern. Burschenschaf-
ter haben tendenziell eine weniger gute Meinung über Nicht-Akademiker, zu denen Strache aber zählt.253
Die zentrale Rolle der Burschenschafter in der Partei zeigte sich bereits nach der Abspaltung des BZÖ. Laut
Peham waren die Burschenschaften essentiell für den weiteren Bestand der FPÖ, da viele Burschenschafter in
der Führungsschicht der Partei eingesetzt wurden.254 Auch Pelinka beschreibt die Rekrutierung von Funktionären
aus schlagenden Studentenverbindungen als traditionell für die FPÖ. Zudem verweist er auf die Eindeutigkeit,
mit der schlagende Verbindungen in Österreich, im Gegensatz zu Deutschland, politisch zugeordnet werden
können.255
Die Burschenschaften sind ausschlaggebend für die innere Struktur der Partei. Als Problem kann hier ihre Funk-
tion als Verbindungstür zwischen dem legalen Bereich und dem Neonazismus gesehen werden.256 Dies betrifft
auch die FPOÖ, deren Funktionäre etwa immer wieder Verbindungen zur schlagenden akademischen Burschen-
schaft „Arminia Czernowitz zu Linz“ aufweisen. Ein Beispiel dafür ist Lutz Weinzinger, der auch am Landtags-
wahlkampf 2009 in Oberösterreich beteiligt war und im selben Jahr an einem Kommers der Arminia Czernowitz
teilnahm.257 Zudem sind zahlreiche oberösterreichische FPÖ-Politiker Mitglieder bei der Arminia Czernowitz, so
auch der Linzer Stadtrat Detlef Wimmer.258 Die Arminia Czernowitz wird vom DÖW als rechtsextrem eingestuft
und gehört zum Korporationsverband Deutscher Burschenschaften (DB). In ihren Grundsätzen spricht die Bur-
schenschaft von einer Verwurzelung in der deutschen Sprach-, Kultur-, Abstammungs- und Volksgemein-
schaft.259 Auch die FPÖ nimmt in ihrem Parteiprogramm Bezug auf diese Gemeinschaft: „Die überwiegende
Mehrheit der Österreicher ist Teil der deutschen Volks-, Sprach- und Kulturgemeinschaft.“260 Dies verweist auf
die bedeutende Stellung, welche die Burschenschaften in der FPÖ einnehmen.
Die Macht der Burschenschafter innerhalb der Partei beweisen auf Bundesebene Beispiele wie Norbert Hofer
und Heinz-Christian Strache. Ersterer, der sich wiederholt gegen Burschenschaften aussprach, ist mittlerweile
248 vgl. Interview mit Ötsch 2015 249 vgl. Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) Landesgruppe OÖ 2015a 250 vgl. Interview mit Sengl 2015 251 vgl. Interview mit Ötsch 2015 252 vgl. Interview mit Peham 2015 253 vgl. Interview mit Ötsch 2015 254 vgl. Wiebogen 2013 255 vgl. Pelinka 2013, S. 5 256 vgl. Interview mit Peham 2015 257 vgl. OÖ. Netzwerk gegen Rassismus und Rechtsextremismus 2012 258 vgl. OÖNachrichten 2013 259 vgl. Akad. Burschenschaft Arminia Cernowitz zu Linz o.J. 260 Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) 2011
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auf Druck der Partei einer pennalen Burschenschaft – also einer Schülerverbindung – beigetreten, um sein Amt
als dritter Nationalratspräsident antreten zu können. Strache ist ebenfalls pennaler Burschenschafter und werde
daher von akademischen Burschenschaftern wie dem ehemaligen dritten FPÖ-Nationalratspräsidenten, Martin
Graf, „von oben herab“ behandelt, so Peham im Interview.261 Ötsch hat im Interview den Eindruck, dass der
Einfluss der Burschenschaften in letzter Zeit jedoch ein wenig abgenommen hat.262
Die Verstrickung der FPÖ und im speziellen der FPOÖ mit den Burschenschaften ist nur ein Indiz für die män-
nerdominierte Struktur der Partei. Diese Struktur spiegelte sich auch im Landtagswahlkampf 2009 wider. Die
Wahlplakate zeigen bis auf eine Ausnahme durchgehend männliche Protagonisten.
In ihrem Parteiprogramm spricht sich die FPÖ zwar für eine Chancengleichheit der Geschlechter aus, lehnt Quo-
tenregelungen und Gender-Mainstreaming jedoch entschieden ab. Außerdem wird die Familie als die Verbin-
dung von Mann und Frau mit gemeinsamen Kindern definiert und die Stellung der Ehe hervorgehoben.263 Diese
Vorstellung entspricht dem traditionellen Bild der bürgerlichen Kernfamilie, für die eine geschlechtertypische
Rollenverteilung bezeichnend ist. Auf diese männerbündische Struktur und das teils für die heutige Zeit rück-
wärtsgewandte Frauenbild der Partei verweist u. a. auch der Sozial- und Kulturwissenschaftler Andre Zogholy in
seiner Arbeit zur kulturpolitischen Strategie der FPÖ.264
6.3 Ausgangssituation der FPÖ Oberösterreich
Um eine umfassende Analyse des Landtagswahlkampfes 2009 der FPOÖ und der dazugehörigen Wahlplakate
durchführen zu können, müssen sowohl die Kontextfaktoren als auch die zentralen gesellschaftlichen Themen-
diskurse vor der Wahl im September 2009 miteinbezogen werden. Genauer sollen hier die realpolitische Alltags-
situation (Anzahl der Sitze, Wahlergebnis, ...), aber auch wichtige Ereignisse (Herabsetzung des Wahlalters,
Europawahl, ...) nähere Erläuterungen finden. Es wird versucht, die Ausgangssituation der FPÖ in Oberöster-
reich zu rekonstruieren bzw. die Anknüpfungspunkte zwischen gesellschaftlichen Prozessen und Veränderungen
mit ihrer Politik aufzuzeigen. So können sowohl die Wahlkampfstrategie der FPÖ als auch ihre Plakate besser
eingeordnet werden. Eine Darstellung der Ausgangssituation der FPOÖ in Bezug auf materielle bzw. personelle
Ressourcen ist aufgrund der fehlenden Kooperationsbereitschaft seitens der Partei nicht möglich.
Die oberösterreichischen Landtagswahlen 2003 waren für die FPOÖ mit 8,4 % der Stimmen im Vergleich zu
den Wahlen 1997 (20,6 %) von einem starken Stimmenverlust gekennzeichnet. Insgesamt verlor die Partei somit
12,2 %, war in der Legislaturperiode von 2003 bis 2009 mit nur mehr vier von 56 Mandaten im Landtag vertre-
ten und viertstärkste Partei nach den Grünen OÖ.265 Die FPOÖ befand sich ohne einen Regierungssitz in einer
klaren Oppositionsrolle. Daraus ergaben sich andere Startbedingungen und Schwerpunkte im Vergleich zu den
Koalitionsparteien OÖVP und Grüne OÖ.266
Auf Bundesebene besetzte die FPÖ nach der Nationalratswahl 2008 insgesamt 34 von 183 Sitzen im Nationalrat
und war drittstärkste Partei nach SPÖ und ÖVP.267 Auch hier vertrat die FPÖ zu diesem Zeitpunkt eine klare
Oppositionsrolle.
261 vgl. Interview mit Peham 2015 262 vgl. Interview mit Ötsch 2015 263 vgl. Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) 2011 264 vgl. Zogholy 2002, S. 61 265 vgl. Amt der Oö. Landesregierung 2009a, S. 4 f. 266 vgl. Interview mit Peham 2015 267 vgl. BM.I Bundesministerium für Inneres 2008
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6.3.1 Zentrale Themen
Im Folgenden dienen u. a. ein Interview mit Günther Steinkellner (in Vertretung für Manfred Haimbuchner) im
Rahmen einer Abschlussarbeit an der HTL Leonding von Peter Abfalterer268, ein Interview von LT1269 sowie
eine ORF-Diskussion zwischen Anschober und Haimbuchner270 als Quellen für die zentralen Themensetzungen
der FPOÖ während des Landtagswahlkampfes 2009. Zum einen wird gegen die drohende „Überfremdung“ ein
Schutz des Heimatlandes versprochen. Zum anderen fordert die FPÖ, um Dämmerungseinbrüche und „steigen-
der Kriminalität“ vorzubeugen, mehr Polizei für den Raum Oberösterreich ein. Es sollen Arbeitsplätze geschaf-
fen werden und gleichzeitig in Jugendausbildung und Bildungsgerechtigkeit investiert werden. Des Weiteren
werden die Themenbereiche Infrastruktur und Gesundheit angesprochen.
Werden diese Inhalte nun mit den Wahlplakaten in Beziehung gesetzt, so kristallisieren sich drei wesentliche
Kernthemen heraus:
• Zuwanderung, Migration und Integration (Plakat Nr. 2)
• Sicherheit in OÖ (Plakat Nr. 1)
• Arbeitsplätze (Plakat Nr. 4)
6.3.1.1 Zuwanderung
Zu Beginn dieses Unterkapitels sollen einige Begriffe definiert werden. Gerade in diesem Themenfeld kommt
es, vor allem wegen unscharfer Begriffsabgrenzungen zu, missbräuchlichen Verwendungen.
Um sich im Themenkomplex Zuwanderung bewegen zu können, muss der Begriff Migration beschrieben und
weitgehend frei von emotionaler Beeinflussung diskutiert werden:
“In den Sozialwissenschaften wird Migration als dauerhafte Ortsveränderung definiert, die mit einer Grenz-
überschreitung verbunden sein kann und mit einem Wechsel des sozialen und kulturellen Bezugssystems
einhergeht.“271
Damit stellt Migration zunächst einen Prozess dar, der unterschiedliche Dimensionen wie Raum, Zeit, Grenze,
Aufbau der Gesellschaft und die jeweiligen Normenmuster inkludiert.
Lockwood (1969) unterscheidet in erster Linie zwischen Systemintegration und sozialer Integration. Die Sys-
temintegration beschreibt hier lediglich die Beziehung zwischen Markt, Staat oder anderen Organisationen. Bei
der sozialen Integration wird hingegen nach Esser (2001) in weiterer Folge zwischen Kulturation, Platzierung,
Interaktion und Identifikation unterschieden.272 Bei der Kulturation stehen kognitive Fertigkeiten wie der Erwerb
der Sprache oder Normenkenntnisse im Vordergrund. Die Platzierung beschreibt die soziale Position innerhalb
der Gesellschaft und das damit verbundene ökonomische Kapital. Interaktion beinhaltet die sozialen Kontakte
und Beziehungen sowie die Chancen der Mitgestaltung in der Öffentlichkeit. Identifikation begreift das subjek-
tive Empfinden über die Einordnung in der Gesellschaft.273 Integration kann somit als Eingliederung in die Ge-
sellschaft mit unterschiedlichen Dimensionen beschrieben werden.
Der Begriff Assimilation findet in seiner Bedeutung wenig Resonanz. Oft wird im Bereich der Zuwanderungspo-
litik von Integration gesprochen, aber eigentlich Assimilation gefordert: “Esser versteht Assimilation dagegen
als einen einseitigen Vorgang der sich als Anpassung der Migranten (sic!) an die Aufnahmegesellschaft voll-
268 vgl. Abfalterer 2009a und ORF 2009b 269 vgl. LT1 2009 270 vgl. ORF 2009a und ORF 2009b 271 Reinprecht/Weiss 2011, S. 15 272 vgl. Gestring/Janßen/Polat 2006, S. 11., zitiert nach Essert 2001, S. 8 ff. 273 vgl. Gestring/Janßen/Polat 2006, S. 11 f.
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zieht“.274 Unter Assimilation kann also das vollständige Verschwinden von Fremdheit und die Bildung einer
homogenen Gesellschaft definiert werden.
Wie im Kapitel 6.3.2 beschrieben, geben viele WählerInnen aufgrund der Asylpolitik ihre Stimme der FPÖ.
Nationalismus und Geschichtsrevisionismus spielen seit der Gründung der FPÖ eine Rolle. Seit den 1980er-
Jahren und mit Haider wurden der Rassismus und die Hetze gegen „Ausländer“ zum zentralen Kernthema der
FPÖ. Allerdings ist es hier in den letzten Jahren zu einer Differenzierung gekommen. Bestimmte migrantische
Gruppen wurden als potenzielle WählerInnen entdeckt bzw. sind nicht mehr Angriffsfläche der FPÖ-Politik.
Diese Differenzierung wird an zwei Kernpunkten festgemacht. Erstens an der „Integrationswilligkeit“. In diesem
Zusammenhang verwendet die FPÖ den Begriff der Integration als politischen Kampfbegriff. Der Erwerb der
deutschen Sprache wird zum zentralen Beurteilungskriterium für eine erfolgreiche Integration. All jene, die
damit Schwierigkeiten haben, werden ausgegrenzt.275 Der folgende Auszug aus dem Parteiprogramm der FPÖ
verdeutlicht dies noch einmal:
„Österreich ist kein Einwanderungsland. Wir verfolgen daher eine geburtenorientierte Familienpolitik. Be-
reits integrierte, unbescholtene und legal anwesende Zuwanderer, die die deutsche Sprache beherrschen, un-
sere Werte und Gesetze vollinhaltlich anerkennen und sich kulturell verwurzelt haben, sollen Heimatrecht
und unsere Staatsbürgerschaft erwerben können.“276
An diesem Punkt wird die missbräuchliche Verwendung des Begriffs Integration durch die FPÖ gut ersichtlich,
denn mit „kulturell verwurzelt“ wird eine Assimilation gefordert. Die zweite Differenzierung wird anhand der
Religion festgemacht. In den letzten Wahlkämpfen der FPÖ wird immer mehr mit religiösen Symbolen gearbei-
tet und vor allem der Islam zum Feindbild erklärt:277
“Das Überdecken sozialer und ökonomischer Probleme durch die Ethnisierung der Politik dient der FPÖ vor
allem zur Identitätsbildung der Gesellschaft, die ein Zusammengehörigkeitsgefühl als Volk in seiner ange-
stammten Heimat und als ethnisch definierte Nation produzieren soll.“278
An dieser Stelle soll auf die Funktion einer solchen Politik aufmerksam gemacht werden. Das demagogische
Panorama (siehe dazu Kapitel 6.4.4.2) kann auch für diesen Themenbereich der Zuwanderung und Asylpolitik
erfolgreich angewendet werden.
Nach dem Sozialbericht des Landes Oberösterreich „[...] lebten im Jahr 2009 212.100 ‚Menschen mit Migrati-
onshintergrund’, das entspricht 15,3 % der oberösterreichischen Gesamtbevölkerung“279 in Oberösterreich. Zur
Gruppe „mit Migrationshintergrund“ werden Personen dabei dann zugeteilt, wenn sie entweder:
• “eine ausländische Staatsbürgerschaft besitzen, oder
• nach und nach eingebürgert wurden, d. h. die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten haben, oder
• in Österreich geboren wurden, aber – aufgrund der ausländischen Staatsangehörigkeit der Eltern – keine
österreichische Staatsbürgerschaft besitzen, oder
• die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen, der Geburtsort der Eltern aber im Ausland liegt.“280
Es kann hiermit festgestellt werden, dass die von der FPOÖ propagierte „Überschwemmung“ nach den objektiv
vorliegenden Zahlen nicht festgestellt werden kann.
274 ebd., S. 12 275 Hentges/Hinnenkamp/Zwengel 2010, S. 9 f. 276 Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) 2011 277 vgl. Interview mit Sengl 2015 278 Schui et al. 1997, S. 221 279 Amt der Oö. Landesregierung 2010, S. 126 280 ebd., S. 126
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6.3.1.2 Sicherheitspolitik
In einer Pressemitteilung der FPOÖ vom 15. Juni 2009 spricht Haimbuchner von einer zu hohen Kriminalitätsra-
te in Oberösterreich und von dringendem Handlungsbedarf.281 Das Thema Sicherheit spricht auch Steinkellner
im Interview mit Peter Abfalterer in Zusammenhang mit Dämmerungseinbrüchen und Bandenverbrechen an.
Der Begriff „Sicherheit“ ist allgemein schwer zu definieren, da darunter meist subjektive Empfindungen fallen.
Außerdem beinhaltet der Begriff viele verschiedene Facetten. Schließlich kann Sicherheit auch bedeuten, dass
alles gut geplant und das Risiko gering ist oder auch, dass eine technische Konstruktion gewissen Standards
entspricht. Somit stellt der Begriff Sicherheit sowohl individuelle als auch kollektive Facetten dar.
Die FPOÖ verbindet jedoch Sicherheit, wie auf Plakat Nr. 1 ersichtlich, nur mit Verbrechen und Kriminalität.
Mit folgenden Zahlen aus der Statistik des Bundeskriminalamtes wird versucht, ein Bild der offiziellen Krimina-
litätsrate im Vergleich zu den Vorjahren in Oberösterreich zu zeichnen und somit eine faktenbasierte Sicht auf
dieses Thema zu ermöglichen. Insgesamt ist von 2008 auf 2009 ein Rückgang der angezeigten Straftaten von
76.425 auf 74.626 (ca. -2,4 %) zu verzeichnen. Diese in die Statistik eingerechneten angezeigten Straftaten um-
fassen vor allem Einbrüche, Cybercrime, Gewaltdelikte, KFZ-Diebstähle und Wirtschaftskriminalität.282
Für FPOÖ-WählerInnen stellt Sicherheit das drittgrößte Thema, nach Arbeitsplätze und Zuwanderung, dar (siehe
dazu Kapitel 6.3.2). Das Plakat „Kampf dem Verbrechen statt leerer Versprechen“ dient hier in erster Linie der
allgemeinen FPÖ-Strategie mit der Schaffung eines demagogischen Weltbildes und der damit verbundenen Dar-
stellung einer äußeren Bedrohung. Hier wird bewusst mit Gefühlen und Emotionen gespielt. Es konnte in der
Recherche kein konkretes Ereignis für das Agenda-Setting „Sicherheit“ eruiert werden.
6.3.1.3 Wirtschaftliche Lage und Arbeitslosigkeit
Die FPÖ hat unter Haider in den 1990er-Jahren damit begonnen, eine neoliberale Wirtschaftspolitik zu verfol-
gen. Unter der ÖVP-FPÖ-Regierung von 2000 bis 2006 wurden bundesweit die ersten großen Privatisierungen
durchgeführt und sozialstaatliche Elemente abgebaut.283 Rechtsextremes Gedankengut und neoliberale Wirt-
schaftspolitik ergänzen und profitieren in relevanten Punkten voneinander. Wesentliche Elemente sind dabei die
starke Betonung des individuellen Leistungsgedankens, das Elitedenken und der damit verbundene kulturelle
Rassismus, staatliche Interventionen als Einschränkung der persönlichen Freiheit und viele weitere Beispiele.284
Folgende Zitate aus dem Parteiprogramm beschreiben die neoliberale Ausrichtung der freiheitlichen Wirt-
schaftspolitik in ihren eigenen Worten:
„Niedrige Steuern und Leistungsanreize sind Voraussetzung für ein erfolgreiches Wirtschaften und einen ge-
sunden Arbeitsmarkt. Sie sind Subventionen und Umverteilung vorzuziehen. Für österreichische Jungunter-
nehmer sind Starthilfen und Steuererleichterungen zu gewähren.“285
„Der über Generationen hart erarbeitete Wohlstand Österreichs ist für die Zukunft zu sichern. Er hat vorran-
gig für jene Menschen und deren Nachkommen eingesetzt zu werden, die ihn erarbeitet haben.“286
Die Finanzmarktkrise 2008 war das Ergebnis einer internationalen neoliberalen Ausrichtung. Sie führte in
Oberösterreich ebenfalls zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit, auch wenn dieser im europäischen Vergleich
281 vgl. Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) Landesgruppe OÖ 2009a 282 vgl. Bundeskriminalamt 2014, S. 8 283 vgl. Interview mit Ötsch 2015 284 vgl. Schui et al. 1997, S. 222 ff. 285 Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) 2011 286 ebd.
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gering ausfiel. Insgesamt belief sich die Arbeitslosigkeit 2009 bundesweit auf 7,2 % (eine Zunahme von 1,3 %
zum Vorjahr 2008). Die stärkste Zunahme wurde in Oberösterreich verzeichnet.287
Die gesellschaftliche Erwartung an die Politik, in diesem Bereich etwas zu verändern, hat die FPOÖ hier aufge-
griffen und zu einem zentralen Wahlkampfthema gemacht. Das Plakat Nr. 4 „Arbeitsstellen statt Kündigungs-
wellen“ zeigt hier noch einmal das Agenda-Setting auf.
6.3.1.4 Herabsetzung des Wahlalters
Aufgrund einer Bundesverfassungsnovelle im Jahr 2007 wurde u. a. das aktive Wahlalter auch auf Ebene des
Landes Oberösterreich von 18 auf 16 Jahre herabgesetzt.288 Diese rechtliche Anpassung ist für die Forschungsar-
beit dahingehend von Relevanz, da ein Schwerpunkt auf die Zielgruppe junger WählerInnen gelegt wurde, etwa
bei der Durchführung der Flash-Interviews, auf die später noch genauer eingegangen wird.
Eine von der Donau-Universität Krems durchgeführte Studie, bevor das Wahlrecht auf 16 Jahre herabgesetzt
wurde, ergab, dass über 80 % der jungen Menschen das Wahlrecht nicht wollten, weil sie der Meinung waren,
keinen verantwortungsvollen Gebrauch davon machen zu können.289
Jugendliche stellen in diesem Zusammenhang jene Bevölkerungsgruppe dar, die am wenigstens in politische
Prozesse involviert und auch schwierig zu erreichen ist. Ihre oft fehlende Parteienbindung macht sie allerdings
zu einer attraktiven Zielgruppe, die auch die FPÖ auf besonderem Weg zu beeinflussen versucht.290 Insbesondere
Facebook und andere Social-Media-Plattformen können hier zu einer Mobilisierung von jungen WählerInnen
beitragen. Genaueres ist dazu im Kapitel 6.4.3 nachzulesen.
6.3.1.5 Europawahlen 2009
Am 7. Juni 2009 fand in Österreich die Wahl der Abgeordneten zum Europäischen Parlament statt. Dieser
Wahlkampf liegt in einem relativ kurzen Zeitabstand zu den Landtagswahlen im Herbst. Aus diesem Grund kann
dieser als „Vorwahlkampf“ angesehen werden und soll hier kurz Erwähnung finden. Die FPÖ erreichte insge-
samt rund 12,7 % und stellte hinter der Liste Martin die viertstärkste Partei. Im Vergleich zu den Europawahlen
2004 ergab dies einen Stimmengewinn von rund 6 %. Den Abgeordneten Mölzer und Obermayr gelang der Ein-
zug ins europäische Parlament.291 Bei dieser Wahl gewannen europaweit rechtspopulistische Parteien wie die
Front National in Frankreich oder die Freiheitspartei der Niederlande Partij voor de Vrijheid enorm an Stim-
men.292
Die FPÖ propagierte diesen Wahltag als „Tag der Abrechnung“. Folgende Slogans waren auf Wahlplakaten zu
finden:293
• “FPÖ unser Kurs ist klar: Für Österreich da statt für EU & Finanzmafia“
• “FPÖ unser Kurs ist klar: Abendland in Christenhand“
• “FPÖ unser Kurs ist klar: Soziale Wärme statt EU-Konzerne“
287 vgl. Zajic/Putz 2010 288 vgl. Amt der Oö. Landesregierung 2009b 289 vgl. Interview mit Peham 2015 290 vgl. Schmuck 2013, S. 29 f. 291 vgl. BM.I Bundesministerium für Inneres 2009a 292 vgl. Ötsch 2013, S. 1 293 vgl. Wien-konkret 2009 und Die Presse 2009b
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6.3.2 Wichtige Wahlthemen aus Sicht der WählerInnen
Wie bereits in Abb. 12 in Kapitel 4.4.4.1 dargestellt, nannten 73 % aller Befragten für die oberösterreichischen
Landtagswahlen 2009 als wichtigstes Thema jenes der Arbeitsplätze. Danach folgen die Themen Bildung mit 63
% und Sicherheit mit 62 %.
Für die FPOÖ-WählerInnen war das Thema Zuwanderung und Integration mit 76 % hinter dem Thema Arbeits-
plätze mit 83 % das zweitwichtigste. Damit hat das Thema Zuwanderung und Integration für FPÖ-WählerInnen,
im Vergleich zu den WählerInnen der anderen Parteien, eine besondere Bedeutung.294 Vergleicht man die The-
mensetzung der FPOÖ im Wahlkampf mit den wichtigen Themen der WählerInnen, so lässt sich deutlich erken-
nen, dass wichtige Anliegen in der Bevölkerung durch die Themensetzung der FPOÖ im Landtagswahlkampf
2009 bespielt wurden und somit die Themensetzung für die freiheitliche Partei als gelungen angesehen werden
kann.
Abb. 26. Wichtige Themen für die FPOÖ-WählerInnen im Wahlkampf zur Landtagswahl in Oberösterreich 2009
(Quelle: Perlot/Zeglovits 2009)
6.4 Wahlkampfstrategie
Mit der Wahlkampfstrategie zu den Landtagswahlen verfolgte die FPOÖ das zentrale Ziel, drittstärkste Partei in
Oberösterreich zu werden und 15 % der WählerInnenstimmen für sich zu gewinnen. Die FPOÖ war 2009 mit
der speziellen Herausforderung konfrontiert, dass das BZÖ erstmals in Oberösterreich als eigenständige Partei
antrat, der viele ehemalige FPÖ-FunktionärInnen angehörten. Diese personellen Überschneidungen und die
zusätzliche Konkurrenz durch das BZOÖ sind im Hinblick auf die Wahlkampfstrategie zu beachten.295 Außer-
294 vgl. Perlot/Zeglovits 2009, S. 12 ff. 295 vgl. Abfalterer 2009b
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dem ist zu bedenken, dass die FPOÖ nach den Landtagswahlen 2003 eine klare Oppositionsrolle inne hatte und
dadurch einen eher konfrontativen Wahlkampfstil betrieb.296 Bezüglich des Budgets der Partei konnten keine
gesicherten Informationen gewonnen werden. Es ist jedoch anzunehmen, dass die Kosten für den Wahlkampf im
Bereich der anderen Großparteien lagen.
In Folge sollen die wichtigsten beteiligten politischen AkteurInnen vorgestellt werden und auf die – neben den
Wahlplakaten – wichtigsten Wahlkampfkanäle eingegangen werden. Darauf folgt eine kurze Vorstellung der
wichtigsten Zielgruppen der Partei. Schließlich wird die politische Sprache der FPÖ analysiert. Dadurch soll die
Basis für das darauf folgende Kapitel über die Plakatkampagne der FPOÖ geschaffen werden.
6.4.1 AkteurInnen
In diesem Kapitel wird auf die wichtigsten involvierten politischen AkteurInnen im Wahlkampf zu den oberös-
terreichischen Landtagswahlen 2009 eingegangen. Neben dem Spitzenkandidaten Manfred Haimbuchner soll auf
den Bundesparteiobmann Heinz-Christian Strache eingegangen werden, da auch dieser eine starke Präsenz im
oberösterreichischen Landtagswahlkampf zeigte. Weitere wichtige AkteurInnen waren Brigitte Povysil, Günther
Steinkellner und Lutz Weinzinger, die oftmals bei Wahlveranstaltungen anzutreffen waren und darüber hinaus
auf einem eigenen Wahlplakat (Plakat Nr. 3) abgebildet sind.
Der seit 2010 amtierende Landesparteiobmann der FPOÖ, Manfred Haimbuchner, trat zu den Landtagswahlen
2009 das erste Mal als Spitzenkandidat an. Er besetzt im Landtag das Ressort für Wohnbau und Naturschutz und
ist Mitglied der Landesregierung. Seit 2011 stellt Manfred Haimbuchner auch den Stellvertreter des Bundespar-
teiobmann Heinz-Christian Strache.297 Unter Haimbuchner hat die FPOÖ bei den Landtagswahlen 2009 stark an
Stimmen dazu gewonnen. Andreas Peham vom des österreichischen Widerstandes beschreibt dabei den Charak-
ter und das Charisma von Haimbuchner durchaus als ausschlaggebend. Er unterscheidet sich durch sein Auftre-
ten von anderen FPÖ-PolitikerInnen. Ihm wird das Image eines seriösen Sachpolitikers zugeschrieben, ganz im
Sinne der Wahlplakatsujets „bereit zur Verantwortung“.298
Der Bundesparteiobmann der FPÖ, Heinz-Christian Strache, spielte insofern eine bedeutende Rolle, als dass
Manfred Haimbuchner das erste Mal zur Landtagswahl 2009 in Oberösterreich antrat und dementsprechend noch
einen relativ niedrigen Bekanntheitsgrad hatte. Mit Bundesparteiobmann Strache an seiner Seite konnte ein Ima-
getransfer gewährleistet werden. Strache hat in seinen vielen Jahren als Politiker eine „Marke“ aufbauen können.
Mit „HC Strache“ wird damit genauso wie mit jeder anderen Marke versucht, gewisse Zuschreibungen und As-
soziationen aufzubauen. Besonders deutlich wird dies durch das Plakat Nr. 5 und durch den Slogan „HC’s Mann
für OÖ“. Strache begleitete Haimbuchner bei Bierzeltbesuchen und Wahlkampftouren durch Oberösterreich.
Diese Strategie des Imagetransfers lässt sich somit auch bei den öffentlichen Auftritten während des Landtags-
wahlkampfes wiedererkennen. Dies hat zum Ziel, weniger bekannte SpitzenkandidatInnen mit der Marke „HC
Strache“ zu verbinden. Damit werden die Zuschreibungen automatisch übertragen. Der Mechanismus funktio-
niert bei den RezipientInnen unbewusst und wird von der FPÖ gezielt eingesetzt. Ein weiterer Nebeneffekt ist
die gleichzeitige Steigerung des Bekanntheitsgrades von Heinz-Christian Strache selbst. Seine Marke wird auf
diesem Weg mit jedem Plakat und jeder Wahl in den Bundesländern weiter gestärkt.299
Günther Steinkellner ist seit 1991 und aktuell für die FPOÖ als Landtagsabgeordneter tätig. Ab 2002 war er
Landesparteiobmann der FPÖ, bis es 2005 zur Abspaltung des BZÖ kam. Vor der Landtagswahl 2009 war er als
Landesrat für Umweltschutz, Frauen und Konsumentenschutz tätig.300 Er kandidierte auf Listenplatz 2 bei den
296 vgl. Interview mit Peham 2015 297 vgl. Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) Landesgruppe OÖ 2015a 298 vgl. Interview mit Peham 2015 299 vgl. Interview mit Sengl 2015 300 vgl. Amt der Oö. Landesregierung 2015e
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Landtagswahlen 2009.301 Brigitte Povysil war in der Zeit von 1996 bis 2002 Nationalratsabgeordnete der FPÖ.
Sie kandidierte auf Listenplatz 3 bei den Landtagswahlen 2009 und ist seither stellvertretende Klubobfrau.302
Lutz Weinzinger war in Oberösterreich von 2006 bis April 2010 Landesparteiobmann.303 Aktuell ist er nicht
mehr im oberösterreichischen Landtag vertreten.
6.4.2 Kanäle und Medien
In der vorliegenden Forschungsarbeit liegt der Schwerpunkt auf der Beschäftigung mit Wahlplakaten, die für
einen erfolgreichen Wahlkampf nicht wegzudenken sind. Darüber hinaus macht es aber durchaus Sinn, sich mit
anderen Kommunikationskanälen der FPOÖ im Überblick zu beschäftigen. Damit soll verdeutlicht werden, dass
Wahlplakate in der Strategie zwar bedeutende, aber nur einer von vielen Medienkanälen sind und dass sie nur
bestimmte Ziele einer Strategie abdecken können. Zu den zentralen Kommunikationsmitteln der FPOÖ zählt
neben Plakaten im Groß- und Kleinflächenformat, Zeitungsinseraten, Radiospots und Foldern nach wie vor der
persönliche Kontakt zu den WählerInnen durch Ansprache auf der Straße oder Hausbesuche, aber auch der Ein-
satz von Social-Media-Plattformen.304 Die folgenden Beschreibungen haben keinen Anspruch auf Vollständig-
keit, sie sollen lediglich zeigen, dass eine umfassende Strategie mehrere Elemente der Kommunikation benötigt.
6.4.2.1 Homepage
Die Homepage der FPOÖ ist in den typischen Farben der FPÖ gestaltet und bildet exakt das Corporate Identity
der Partei ab. Alle kennzeichnenden Elemente wie die Farbe Blau, das strahlende Parteilogo und rot-weiß-rote
Schriftzüge sind mit dem ersten Klick verfügbar. Besonders hervorgehoben sind der Name „Manfred Haim-
buchner“ und die automatische Verlinkung zu seiner personalisierten Homepage. Hier wird die mediale Kon-
zentration und Wichtigkeit des Spitzenkandidaten sichtbar.305
Die Homepage von Manfred Haimbuchner ist ebenfalls zur Gänze im Corporate Identity der Partei gehalten.
Prägend ist die Dominanz von Bildern, wovon die meisten eigene Sujets der FPÖ darstellen. Die Artikel sind
kurz und bündig und verdeutlichen die politische Haltung zu ausgewählten tagespolitischen Themen. Die Websi-
te mh09.at, die auf den Wahlplakatsujets prominent platziert wurde, ist im Netz nicht (mehr) auffindbar.306
6.4.2.2 Social Media
Die Verwendung von Social-Media-Plattformen konzentriert sich bei der FPOÖ beinahe ausschließlich auf die
Person Manfred Haimbuchner und ist für die Strategie der Partei von hoher Bedeutung. Die Mobilisierung funk-
tioniert über die sozialen Medien sehr gut. Sengl erzählt in diesem Zusammenhang von Untersuchungen, wie in
den USA mit eigenen Tools versucht wurde, bei den Präsidentschaftswahlen die Wahlbeteiligung zu erhöhen.
Wenn drei Facebook Freunde zeigen „Ich habe jetzt auch gewählt“, entsteht ein Gruppendruck, wodurch die
Möglichkeit zur Handlungsmobilisierung genutzt wird. Die unterschiedlichen Beziehungsnetzwerke von Men-
schen werden hier zu Multiplikatoren.307
Auch die Website der FPOÖ verlinkt ausschließlich auf das Facebook-Profil von Manfred Haimbuchner. Die
Seite wird jeden Tag mit Posts bespielt und aktuell gehalten. Dabei spielen wiederholt Sujets und Bilder im Stil
der FPÖ eine große Rolle. Zwischen neuesten Umfrage-Ergebnissen, Fotos vom Frühschoppen und aktuellen
Plakatkampagnen-Sujets finden sich auch immer wieder persönliche Post-Elemente von Manfred Haimbuchner.
301 vgl. Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) Landesgruppe OÖ 2009b 302 vgl. ebd. 303 vgl. Republik Österreich Parlamentsdirektion o.J. 304 vgl. Traunwieser 2011, S. 120 f. 305 vgl. Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) Landesgruppe OÖ 2015b 306 vgl. Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) Landesgruppe OÖ 2015c 307 vgl. Interview mit Sengl 2015
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Sein Facebook Auftritt lässt sich jedoch nicht bis zur Landtagswahl 2009 zurückverfolgen, sondern lediglich bis
zum 8. Februar 2014.308
6.4.2.3 Flickr
Die Online-Community Flickr ist auf das Hochladen und Teilen von digitalen Bildern und kurzen Videoclips
spezialisiert. Es gibt die Möglichkeit, verschiedene Alben zu erstellen und unter die einzelnen Bilder jeweils
Kommentare zu setzen. Seit Februar 2009 existiert ein Flickr-Profil von Manfred Haimbuchner.309 In diesem ist
der Landtagswahlkampf 2009 der FPOÖ bildlich dokumentiert.
Auf einem Bild ist beispielsweise die Pressekonferenz vom 26. Jänner 2009 in genau derselben Einstellung wie
auf dem Plakat Nr. 3 zu sehen. Bei dieser Pressekonferenz wurde laut Beschreibung des Albums Haimbuchner
als Spitzenkandidat vorgestellt. Auch die zuvor erwähnten beteiligten AkteurInnen Povysil, Steinkellner und
Weinzinger sind auf Bildern zu sehen.
Der Wahlkampfauftakt fand am 29. August 2009 in Wels statt, wie ein gleich benanntes Album dokumentiert.
Auf diesem Bild ist Haimbuchner gemeinsam mit Bundesparteiobmann Strache zu sehen. Beide hielten sowohl
einzeln als auch gemeinsam eine Rede. Den Hintergrund dieses Auftritts bildet das Wahlplakatsujet „Kampf
dem Verbrechen statt leerer Versprechen“. Weitere gemeinsame Auftritte von Spitzenkandidat und Bundespar-
teiobmann folgten etwa beim Sommerfest in Altenfelden, dazu gab es Heimatlandtouren und Wahlkundgebun-
gen in Freistadt, Kirchdorf, Bad Ischl, Attnang-Puchheim, Ried, Eferding, Perg, Grieskirchen und Schärding.
Die Auftritte gleichen einander bis in das kleinste Detail. Auf allen Aufnahmen finden sich folgende Elemente
wieder: im Hintergrund die Plakate „Kampf dem Verbrechen statt leerer Versprechen“ (bei den ersten) oder
„Heimatland in eigener Hand“ (bei den letzten), Haimbuchner und Strache, Bierzelt oder Veranstaltung im
Freien mit Biertischen und Bänken, ein Glas Bier am RednerInnenpult, Trachtenkleidung mit blau-karierten
bzw. blau-gestreiften Hemden. Die Abschlussveranstaltung fand am 25. September 2009 statt.
6.4.2.4 Direkter WählerInnenkontakt
Seit Haider haben Auftritte vor Publikum auf öffentlichen Plätzen oder in Bierzelten Tradition in der FPÖ.310
Dass die FPOÖ auch 2009 stark auf den DirektwählerInnenkontakt setzte, wird an der Wahlkampfdokumentati-
on auf Flickr besonders deutlich. Die Summe an Auftritten in Bierzelten ist hoch, ebenso Bilder, auf denen Stra-
che oder Haimbuchner jeweils im „Einklang mit dem Volk“ abgebildet wurden. Sengl beschreibt dies als eine
systematische Strategie der FPÖ. Sie will damit ihre sonstige mediale Darstellung überbrücken. Für die FPÖ ist
eine gute Selbstdarstellung durch eigene Medienkanäle leichter zu erreichen als zum Beispiel durch journalisti-
sche Qualitätszeitschriften. Sengl ist der Meinung, dass die FPÖ über diese Veranstaltungen folgende Botschaft
sendet: „Glaubt’s nicht, was in den Medien steht, sondern informiert’s euch aus erster Hand.“311
Für diese Informationen sind auch die Medienkanäle FPÖ-TV und Haimbuchner-TV relevant. Diese eigenen
Online-Youtube-Kanäle stellen für eine bestimmte Zielgruppe eine relevante Informationsquelle dar. WählerIn-
nen werden über diesen Kommunikationsweg gegenüber der „medialen Wirklichkeit“ immunisiert.312 Es entwi-
ckelt sich eine in sich stimmige Meinungsblase, die für den Kern der WählerInnen von großer Bedeutung ist.
Diese Strategie macht es jedoch schwierig, über diese Gruppe und diesen Weg neue Zielgruppen zu erschließen.
Die FPÖ OÖ publiziert außerdem eine Zeitung unter dem Namen „OÖ informiert“. Diese lässt sich online aller-
dings nicht bis ins Jahr 2009 zurückverfolgen, sondern lediglich bis zur Ausgabe 1/2014.
308 vgl. Haimbuchner 2015a 309 vgl. Haimbuchner 2015b 310 vgl. Ötsch 2000, S. 175 311 Interview mit Sengl 2015 312 vgl. ebd.
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6.4.3 Zielgruppen
Die folgende Abbildung gibt Auskunft über die FPOÖ-WählerInnen im Verhältnis zu allen an der Wahl teil-
nehmenden Personen. So wählten 22 % aller WählerInnen, die von der Wirtschaftskrise betroffen sind, die
FPOÖ, wobei einschränkend anzumerken ist, dass keine genauere Beschreibung der Aussage „von der Wirt-
schaftskrise (nicht) betroffen“ vorliegt. Die Daten wurden von der Projektgemeinschaft ISA/SORA vom 24. bis
27. September 2009 im Zuge telefonischer Interviews erhoben.
Abb. 27. WählerInnen der FPOÖ (Quelle: eigene Darstellung, Daten verwendet aus Perlot/Zeglovits 2009)
Aus diesen Daten können in Verbindung mit der analysierten Literatur und den durchgeführten Interviews vier
Hauptzielgruppen der FPOÖ abgeleitet werden. Im Allgemeinen setzt sich die Zielgruppe der FPOÖ vorrangig
aus Männern, kulturell oder ökonomisch verängstigten Menschen, bildungsfernen Schichten und arbeitenden
Jugendlichen zusammen. In Folge werden diese Zielgruppen und deren Wahlmotive genauer betrachtet. Dabei
ist zu beachten, dass sich diese WählerInnengruppen teilweise überschneiden und ergänzen.
6.4.3.1 Männer
Die befragten Experten sind sich grundsätzlich einig, dass junge Männer die Kernzielgruppe der FPÖ darstellen.
Der jugendliche und männliche Habitus, den die Spitzenkandidaten meist verkörpern und die streitbare, konfron-
tative Einstellung der Partei sprechen diese Bevölkerungsgruppe am meisten an.313 Dazu kommt die aggressive
Tonalität der FPÖ. Gerade junge und frustrierte Männer können mit „harten Sprüchen“ meist mehr anfangen.314
Doch auch Frauen werden als potenzielle FPÖ-Wählerinnen anvisiert. Immer wieder gibt es Versuche, anstatt
des aggressiv-radikalen Images der Oppositionspartei ein verantwortungsvolleres Bild zu vermitteln.315 Laut
Peham ist dies allerdings eine Gratwanderung, denn „[...] was sie [die FPÖ] an Frauen gewinnt, verliert sie an
jungen zornigen Männern, die in das Lager der Nichtwähler abdriften.“316 Im Landtagswahlkampf 2009 wurde
diese gemäßigte Strategie teilweise angewandt.
313 vgl. Interview mit Ikrath 2015 314 vgl. Interview mit Sengl 2015 315 vgl. Interview mit Peham 2015 316 ebd.
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102
6.4.3.2 Kulturell und ökonomisch Verängstigte
Die Zielgruppe der FPÖ lässt sich laut Ötsch in zwei Kategorien unterteilen. Durch die Wahlkampagnen der
Freiheitlichen Partei werden sogenannte ModernisierungsverliererInnen angesprochen. Dies sind beispielsweise
arbeitslose Menschen, enttäuschte Jugendliche oder von Prekarisierung betroffene Menschen, die sich ökono-
misch und finanziell bedroht fühlen. Vor allem Personen, die schlecht bezahlte Lohnarbeit mit niedrigem, sozia-
lem Status ausführen, fühlen sich durch Fremde um ihre scheinbare finanzielle und ökonomische Sicherheit
bedroht.317
Die zweite Zielgruppe besteht laut Ötsch aus jenen Personen, die „[...] den rasanten kulturellen Wandel nicht
irgendwie positiv bewältigen können.“318 Die österreichische Bevölkerung ist interkulturell durchmischt, altmo-
dische Bilder und Normen verlieren an Substanz und Werte wandeln sich. Die Menschen nehmen eine „Auslän-
derInnenproblematik“, „Religionsproblematik“ oder „Genderproblematik“ wahr. Um diesen Wandel und die
damit einhergehenden Herausforderungen positiv zu bewältigen, ist eine kulturelle Umorientierung nötig, die
vielen Personen Angst macht. Beide Zielgruppen werden insbesondere durch die von der FPÖ propagierte Wer-
te- und Wirtschaftsstabilität angesprochen.319 Ikrath ergänzt hierbei die Zielgruppen der FPÖ durch jene Perso-
nen, die von der politischen, wirtschaftlichen oder kulturellen Entwicklung Österreichs in den letzten Jahren
frustriert sind.320
6.4.3.3 Bildungsferne Schichten
Je mehr Zeit Jugendliche in einer Bildungseinrichtung verbringen, desto niedriger ist die Wahrscheinlichkeit,
dass sie die FPÖ wählen. Diese Beobachtung ist jedoch laut Peham weniger auf das in der Schule vermittelte
Mehrwissen, als auf das Fehlen des Arbeitszwangs zurückzuführen. Denn „[...] was ist die Angst vor einem
Fünfer verglichen mit der Angst [...] vor Arbeitslosigkeit oder keine Lehrstelle zu haben.“321
In den Berufsschulen geben 60 bis 70 % der Jugendlichen der FPÖ ihre Stimme, während in AHS oder BHS
nicht einmal 10 % der SchülerInnen diese Partei wählen.322 Auch Sengl bestätigt, dass die Zielgruppenkommu-
nikation bei weniger gebildeten Schichten besser gelingt. Dies ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass
diesen Zielgruppen die Inhalte der Partei weniger wichtig sind.323
6.4.3.4 Jugendliche
Die FPÖ konzentriert sich bei ihren Wahlkampagnen stark auf junge WählerInnen. Insbesondere bei jungen
Männern mit niedriger Bildung findet die Partei eine hohe Resonanz.324 Durch Comics, witzige Sprüche oder
Disco-Touren versucht die FPÖ speziell diese Zielgruppe anzusprechen.325 Junge Arbeiter werden mit den ag-
gressiven Kampagnen und der Bewerbung von ökonomischer Stabilität direkt angesprochen. Die Furcht, den
Arbeitsplatz zu verlieren, ist bei Jugendlichen noch stärker ausgeprägt als bei Erwachsenen. Dieses Phänomen
findet man übrigens nicht nur unter Jugendlichen in prekären Beschäftigungsverhältnissen, sondern auch bei
besser qualifizierten jungen Arbeitenden. Bei ersteren ist eine konkrete ökonomische Bedrohung feststellbar,
während bei letzteren dafür keine unmittelbare Grundlage besteht.326
317 vgl. Schmuck 2013, S. 40 318 Interview mit Ötsch 2015 319 vgl. ebd. 320 vgl. Interview mit Ikrath 2015 321 Interview mit Peham 2015 322 vgl. ebd. 323 vgl. Interview mit Sengl 2015 324 vgl. Interview mit Pelinka 2015 325 vgl. Schmuck 2013, S. 30 326 vgl. Interview mit Ikrath 2015
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6.4.4 Politische Sprache
Um die politische Sprache der FPÖ zu erklären und zu analysieren, wird auf das Erklärungsmodell des demago-
gischen Panoramas von Walter Ötsch zurückgegriffen. Auch in der konkreten Plakatanalyse wird auf dieses
Modell zurückgegriffen. Neben diesem theoretischen Modell werden weitere Kommunikationsstrategien der
FPÖ angeführt. Das Kapitel weist einen engen Bezug zu den in Kapitel 6.2.2.1 beschriebenen Charakteristika
des Rechtspopulismus auf.
6.4.4.1 Das Soziale Panorama-Modell
Das theoretische Konzept des demagogischen Panoramas geht auf das von Lucas Derks entwickelte Soziale-
Panorama-Modell zurück. Es basiert auf der Annahme, dass soziale Repräsentationen in Form „innerer Land-
schaften“ geschehen. Im Sinne des Piktorialismus visualisiert das innere Auge das Gesprochene, es wird quasi in
Bildern gedacht.327 Auf die politische Sprache kann dies dahingehend angewandt werden, dass politische Reden
oder Schriften bei den RezipientInnen räumlich geordnete, innere Bilder hervorrufen.328 Diese inneren Bilder –
beispielsweise Assoziationen, Gefühle oder Ängste – bestimmen zu einem großen Teil unser Verhalten. Durch
den Einsatz von Sprache lassen sich diese inneren Bilder zu einem bestimmten Zweck verändern und beeinflus-
sen.329 Diese räumliche Strukturierung der mentalen Bilder wird auch soziales Panorama genannt.330
6.4.4.2 Das demagogische Panorama
Ötsch entwickelte dieses Modell weiter zum demagogischen Panorama, das soziale Panorama von PopulistIn-
nen. Die darin enthaltene, scharfe duale Unterscheidung zwischen „wir“ und „andere“ und die damit einherge-
hende extreme Abwertung der „anderen“ begründet die Eigenständigkeit dieses Modells.331 Diese inszenierte
unversöhnliche GegnerInnenschaft kann als übliches populistisches Muster identifiziert werden.332 Typisch hier-
für sind Gegenüberstellungen wie „die herrschende Klasse“ und „die kleinen Leute“, „leistungsorientierte Bür-
gerInnen“ und „SozialschmarotzerInnen“ oder „Opfer“ und „Täter “. PopulistInnen entwerfen durch diesen
Sprachgebrauch das Bild einer zutiefst gespaltenen Gesellschaft.333 Es entsteht dadurch eine zweigeteilte innere
Welt. Diese populistische Sprache bezweckt eine Personifikation und Überhöhung des „wir“ und eine Deperso-
nifikation und Abwertung der „anderen“, die in der Nutzung von Tierbezeichnungen gipfelt.334
Es lassen sich jedoch keine objektiven Zuteilungskriterien zu „wir“ und den „anderen“ finden. Die Festlegung
erfolgt zudem nicht durch eine demokratische Einigung, sondern durch die Parteispitze und je nach taktischen
Erfordernissen finden sich verschiedene Bevölkerungsgruppen in den Kategorien.335 In Folge wird versucht, eine
möglichst hohe Homogenität in der Gruppe zu schaffen (Logik der Äquivalenz) und die Unterschiede zwischen
den beiden Gruppen besonders hervorzuheben (Logik der Differenz).336 Es liegt auf der Hand, dass eine klare
Abgrenzung zwischen den beiden Gruppen nur durch eine extreme Vereinfachung möglich ist.337 Auch andere
Experten identifizieren eine ähnliche Kommunikationsstrategie der Freiheitlichen Partei. Traunwieser (2011)
betont in diesem Zusammenhang auch Freund-Feind-Darstellungen. Hierbei wird die Welt in „wir“ als die Guten
und die „anderen“ als die Schlechten geteilt, wobei mit der zweiten Gruppe oftmals „AusländerInnen“ aus Per-
spektive der FPÖ gemeint sind.338
327 vgl. Ötsch 2001, S. 1 f. 328 vgl. ebd., S. 3 329 vgl. Ötsch 2000, S. 101 f. 330 vgl. Ötsch 2013, S. 2 f. 331 vgl. ebd., S. 5 f. 332 vgl. Reinfeldt 2000, S. 65 333 vgl. Ötsch 2013, S. 3 334 vgl. Ötsch 2001, S. 1 f. 335 vgl. ebd., S. 11 336 vgl. Ötsch 2013, S. 4 337 vgl. Pelinka 1995, S. 29 338 vgl. Traunwieser 2011, S. 119 f.
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Weitere typische Kommunikationsmuster im demagogischen Panorama sind laut Ötsch die Vermeidung realer
Fakten, was mit der bewussten Verwendung falscher Zahlen und Statistiken, der Verknüpfung unzusammenhän-
gender Phänomene und der Betonung erfundener Einzelfälle einhergeht. Damit sind auch Verschwörungstheo-
rien ein wichtiger Bestandteil des demagogischen Panoramas und helfen zusätzlich, sich von den „anderen“
abzugrenzen.339 Im demagogischen Weltbild kann jedes Problem bestimmten VerursacherInnen zugeschrieben
werden. Dafür findet die Denkfigur der Sündenböcke eine Anwendung.340 Des Weiteren werden häufig Tabu-
Themen angesprochen, was der Partei einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz einräumt. In diesem Sinne findet
dann eine Selbstdarstellung als Retter statt und eine bessere Zukunft wird versprochen. Auch die Konstruktion
von Sündenböcken kann als ein Kennzeichen der populistischen Sprache gesehen werden.341
6.4.4.3 Konfrontation und Provokation
Weitere wichtige Merkmale der Kommunikationsstrategie der FPÖ sind, wie im demagogischen Panorama be-
reits angedeutet, bewusste Konfrontation und Provokation. Die Kommunikation der FPÖ durch Wahlplakate ist
nicht darauf ausgerichtet, konstruktiv zusammenzuarbeiten oder auf die Bedürfnisse der Menschen einzugehen.
Peham kommentiert dies folgendermaßen:
„Alles Reflektierte ist dieser Plakatkommunikation oder der Wahlkampfkommunikation vollkommen fremd.
Da ist nicht von Kooperation die Rede, nicht von Zusammenhalt und ähnlichen Dingen, sondern da geht es
um Konfrontation.“342
Die FPÖ macht in einem Wahlkampf meist zwei bis drei Tabubrüche. Diese werden anschließend dementiert
und im Dementi werden sie wiederholt. Falls sich jemand durch die Provokation angegriffen fühlt, entschuldigt
sich die FPÖ dafür, dadurch wird der Tabubruch allerdings erneut begangen. Durch dieses Vorgehen sind insbe-
sondere die Plakate der FPÖ sehr wirksam.343
Sengl differenziert den Einsatz provokativer Kommunikationsinhalte in Abhängigkeit von Umfragewerten nach
Zielgruppen. Wenn die FPÖ in den Umfragewerten schlecht liegt, versucht sie gezielt durch Provokation ihre
KernwählerInnengruppen zu mobilisieren. Liegt sie hingegen in den Umfragewerten relativ gut, wird umgehend
versucht, durch entsprechendes Themensetting andere WählerInnengruppen zu erschließen. Dabei setzt die FPÖ
gezielt auf weniger bis gar keine Provokation.344
6.4.4.4 Weitere Kommunikationsstrategien
Eine weitere Methode der FPÖ ist es, für die WählerInnen sehr leicht verständliche Formulierungen zu verwen-
den. In diesem Zusammenhang wird auch die Betrachtung aus der Froschperspektive von der Partei angewandt.
Dabei stellt sie sich auf eine Ebene mit den WählerInnen und kritisiert die derzeit Regierenden.
Ein wichtiger Bestandteil freiheitlicher Rhetorik ist darüber hinaus die Präsentation ihres Bundesparteiobmanns
Heinz-Christian Strache. Dieser wird als sportlicher, dynamischer Politiker inszeniert und steht im Mittelpunkt
der Partei. Mit dieser Strategie versucht man vor allem junge WählerInnen anzusprechen.345
339 vgl. Ötsch 2001, S. 13 f. 340 vgl. Ötsch 2000, S. 38 341 vgl. Ötsch 2013, S. 6 342 vgl. Interview mit Peham 2015 343 vgl. Interview mit Ötsch 2015 344 vgl. Interview mit Sengl 2015 345 vgl. Traunwieser 2011, S. 119 f.
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Die FPÖ arbeitet verstärkt mit gewaltvoller Sprache und spricht beispielsweise von einem „Zwangskurs der EU“
oder der „Integrationsunwilligkeit von Ausländern“. Gewalttätige Handlungen erzeugen grundsätzlich eine sehr
hohe Aufmerksamkeit. Sobald irgendwo ein Verbrechen passiert, wird in den Medien darüber berichtet, die FPÖ
greift dies auf und nutzt dieses Muster sehr erfolgreich.346
Ikrath betont außerdem die symbolische Kommunikation der Partei. Dabei nehmen Inhalte eine eher untergeord-
nete Rolle ein, da ein Symbol meist nur auf etwas hinweist, was für die Menschen wichtig ist. Als Beispiel für
ein derartiges Symbol kann der Islam angeführt werden, der von der FPÖ für vieles, was nach Meinung der
Partei in Österreich falsch läuft, herangezogen wird. Diese Art der Wahlkampfkommunikation findet sich auf
Plakaten, bei Fernsehauftritten und bei Auftritten in der Öffentlichkeit wieder.347
6.5 Wahlplakate der FPOÖ
6.5.1 Merkmale
6.5.1.1 Stärken: Sichtbarkeit und Themensetting
Sengls Einschätzung zur Folge haben Wahlplakate im Allgemeinen zwei wesentliche Stärken. Zum einen erzeu-
gen sie in nur kurzer Zeit eine hohe Sichtbarkeit. Wahlplakate können somit Personen bekannt machen und eine
Marke etablieren. Zum anderen können sie Themen in den Mittelpunkt gesellschaftlicher und medialer Diskurse
bringen, also ein bewusstes Agenda-Setting betreiben. Außerdem tragen Wahlplakate zur Gestaltung des öffent-
lichen Raumes bei und bilden somit die Kulisse für einen Wahlkampf.348
Die Funktion der Erhöhung der Sichtbarkeit wurde bei den oberösterreichischen Landtagswahlen 2009 von der
FPOÖ gezielt in Bezug auf Manfred Haimbuchner angewendet. Er wurde mit Hilfe der Wahlplakate bekannt
gemacht. Auch die Argumentation der Kulisse als Wahlkampf bekommt im Hinblick auf die Wahlkampf-
Veranstaltungen der FPOÖ eine Bestätigung. Wie bereits in Kapitel 6.4.2 erwähnt, dienten die Wahlplakatsujets
als Hintergrund bei öffentlichen Reden.
6.5.1.2 Gestaltung der Wahlplakate
Sengls Einschätzung nach gestaltet die FPÖ alle ihre Wahlplakate selbst.349 Da auch Haider die Wahlplakate der
FPÖ meist persönlich entwarf, ist es wahrscheinlich, dass dies auch 2009 noch so gehandhabt wurde.350 Die
Bundespartei hat einen sehr starken Einfluss auf die Gestaltung der Plakatkampagnen der Landesparteien. So
wird laut Peham das Framing von der Bundespartei vorgegeben, die FPOÖ besitzt nur ein eingeschränktes Mit-
spracherecht. Dieses Vorgehen soll einen einheitlichen Auftritt der Partei gewährleisten und u. a. die Marke
Heinz-Christian Strache platzieren.351
Zumeist handelt es sich bei den Personen auf den FPOÖ-Plakaten um Studioaufnahmen. Diese werden um Ele-
mente oder Symbole wie etwa Wolken ergänzt.352 Eine derartige Gestaltung von Plakatkampagnen stellt eine
relativ kostengünstige Variante im Vergleich zu anderen Parteien dar.353
346 vgl. Ötsch 2000, S. 65 ff. 347 vgl. Interview mit Ikrath 2015 348 vgl. Interview mit Sengl 2015 349 vgl. ebd. 350 vgl. Ötsch 2000, S. 175 351 vgl. Interview mit Peham 2015 352 vgl. Interview mit Sengl 2015 353 vgl. ebd. und Interview mit Peham 2015
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6.5.1.3 Bildsprache
In Bezug auf die Bildsprache sind in den letzten 15 Jahren keine signifikanten Änderungen bei den FPÖ-
Plakaten zu erkennen. Sie werden mit der gleichen Bildsprache und Struktur von Wahlkampf zu Wahlkampf neu
gestaltet, wodurch ihnen ein hoher Wiedererkennungswert zukommt (siehe dazu auch Kapitel 6.4.4). Thematisch
zieht sich ebenfalls ein roter Faden durch die Geschichte der FPÖ-Wahlplakate. In jedem ihrer Wahlkämpfe
propagiert die FPÖ das Thema „Ausländerproblematik“.354
6.5.1.4 Imagetransfer von Heinz-Christian Strache
Ein wesentliches Merkmal der FPOÖ-Wahlplakate stellt die Abbildung des FPÖ-Bundesparteiobmanns Heinz-
Christian Strache zusammen mit dem oberösterreichischen Spitzenkandidaten Manfred Haimbuchner dar. Zwi-
schen den beiden Personen wird eine völlige Ähnlichkeit konstruiert, etwa die gleiche Augenfarbe, die ähnlich
gekämmten Haare oder die Darstellung der Zähne. Mit dieser Strategie wird versucht, einen Imagetransfer von
Strache auf Haimbuchner zu erzeugen, da die Marke „HC“ gut funktioniert.355
Die Abbildung von Strache auf den Plakaten zur oberösterreichischen Landtagswahl sollte zudem den Zweck
einer WählerInnenmobilisierung erfüllen. Bei den durchgeführten Flash-Interviews wurde die Partei hinter den
Wahlplakaten oftmals nur aufgrund der Abbildung Straches erkannt.
6.5.1.5 Personalisierung
Die Plakatkampagne der FPOÖ zur Landtagswahl 2009 ist u. a. durch ihre Personalisierung gekennzeichnet,
wobei der Spitzenkandidat in den Vordergrund gestellt wird: „Dass dessen Führungsstärke, politische Kompe-
tenz und persönliche Integrität eine größere Rolle spielen als Sachthemen und politische Programmatik, wird
allgemein als Personalisierung bezeichnet.“356
Der personenzentrierte Wahlkampf wird zugleich mit politischen Forderungen, Ankündigungen und Verspre-
chen verknüpft. Hierbei ist ein Unterschied zu jenen Parteien zu erkennen, die einen Landeshauptmann oder eine
Landeshauptfrau stellen, die häufig nur mehr Konterfeis ihrer SpitzenkandidatInnen abbilden.357 In diesem Zu-
sammenhang ist es auch wichtig, auf die Art und Weise, wie diese Personen abgebildet sind, näher einzugehen.
Bei der Darstellung der SpitzenkandidatInnen wird viel Wert darauf gelegt, diese jugendlich wirken zu lassen,
obwohl sie im biologischen Alter über Mitte der vierzig sind. Dadurch soll laut Ikrath der Eindruck entstehen,
dass die KandidatInnen noch nicht „verbraucht“ sind. Dieses jugendliche Auftreten spricht nicht nur Jungwähle-
rInnen an, auch ältere Bevölkerungsgruppen können sich damit identifizieren, da Jugendlichkeit für ältere Men-
schen zu einem erstrebenswerten Image in der heutigen Gesellschaft geworden ist.358
6.5.1.6 Botschaften in Reimform
Die FPÖ ist bereits seit den 1990er-Jahren dafür bekannt, ihre Botschaften in Form von Reimen der WählerIn-
nenschaft zu präsentieren. Vorrangig griffen und greifen PopulistInnen, Rechte und Rechtsextreme auf dieses
Mittel zurück – historisch betrachtet auch die Nationalsozialisten. Reime sind effektiv, weil sie leicht zu merken
sind. Dabei wird jedoch häufig für einen guten Reim auf die Sinnhaftigkeit verzichtet.359
Mit der gezielten Platzierung bestimmter Begriffe wie „Heimat“, „Arbeitsplätze“ oder „Kriminalität“ wird ver-
sucht, verschiedene WählerInnengruppen zu stimulieren. „Heimat“ beinhaltet eine unterschwellig xenophobe
354 vgl. Interview mit Ötsch 2015 355 vgl. ebd. und Interview mit Peham 2015 356 Lerch 2014, S. 39 357 vgl. Interview mit Peham 2015 358 vgl. Interview mit Ikrath 2015 359 vgl. Interview mit Peham 2015
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Botschaft, während mit dem Wort „Arbeitsplätze“ versucht wird, in die Kernschichten der SPÖ einzudringen.
Ältere Personen sollen mit dem Begriff „Kriminalität“ angesprochen werden, da diese Gruppe überdurchschnitt-
lich für das damit suggerierte fehlende Sicherheitsgefühl empfänglich ist.360 Mit Hilfe dieser Formulierungen
wird auch versucht, Sprache bewusst zur Erzeugung von inneren Bildern, ganz im Sinne des demagogischen
Panoramas, einzusetzen.361
6.5.1.7 Symbolik
Bei den Plakatkampagnen der FPÖ wird häufig mit Symbolen gearbeitet. Plakate der oberösterreichischen Land-
tagswahl 2009 beinhalteten beispielsweise Symbole wie den blauen Himmel, Wolken und die Sonne, die schö-
nes Wetter und eine positive Sichtweise in die Zukunft erzeugen sollten. Auch religiöse Symbole wie ein ange-
deuteter Heiligenschein werden bewusst abgebildet.
Die Kandidaten tragen einen schwarzen Anzug, um ein seriöses Auftreten zu vermitteln. Die aufgehellten Ge-
sichter mit den strahlend weißen Zähnen und teilweise wegretuschierten Narben signalisieren Jugendlichkeit,
Vitalität und eine positive Ausstrahlung.362 Die FPÖ platziert zusätzlich auf ihren Plakaten immer das Wahl-
kreuz, womit ein „Call-to-action“ verbunden wird. Dadurch wird verbildlicht, dass tatsächlich eine Handlung
gesetzt werden soll.363
6.5.1.8 Unterschied zu anderen Parteien
Die Plakate der FPOÖ unterscheiden sich in ihrer Gestaltung im Vergleich zu jenen anderer Parteien durch ihre
Eindeutigkeit und Klarheit in der Botschaft, die durch Slogans vermittelt werden.364 Eine zusätzliche Abgren-
zung zu den Plakaten anderer Parteien stellen die von der FPÖ bundesweit verwendeten Reime dar.
Die FPOÖ legt bei ihren Plakaten außerdem den Fokus stärker auf die Gesichter der SpitzenkandidatInnen als
beispielsweise die Grünen OÖ. Im Vergleich zur SPOÖ agiert sie deutlich angriffslustiger, obwohl beide Partei-
en in der Opposition sind.365
6.5.2 Wirkungsweise der Wahlplakate
In diesem Kapitel soll im Speziellen die Rezeption der Wahlplakate und die dahinter stehende Intention der
Partei in den Mittelpunkt gestellt werden. Inwiefern die Wahlplakate tatsächlich die Entscheidungen der Wähle-
rInnen beeinflussen und die Ergebnisse der Wahl bestimmen, kann hier nicht beantwortet werden.
Die Wirkungsweise der Plakate der FPOÖ ist eng mit dem Inhalt und der Gestaltung der Sujets verknüpft. Im
Folgenden wird besonders auf die jungen RezipientInnen der politischen Wahlwerbung eingegangen. Hierfür
wird neben den fünf geführten Experteninterviews und der Literaturanalyse auch auf Flash-Interviews mit jun-
gen PassantInnen auf der Linzer Landstraße zurückgegriffen. Die interviewten Personen wurden hierbei zufällig
ausgewählt und zu ihren Reaktionen auf zwei Plakate der FPOÖ befragt. Darüber hinaus wird auf den folgenden
Seiten die Frage nach einer Sensibilisierung oder Desensibilisierung gegenüber den Inhalten und Sujets der
FPOÖ abgehandelt.
360 vgl. Interview mit Pelinka 2015 361 vgl. Ötsch 2001, S. 1 362 vgl. Interview mit Ötsch 2015 363 vgl. Interview mit Sengl 2015 364 vgl. Interview mit Ötsch 2015 365 vgl. Interview mit Peham 2015
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6.5.2.1 Äußere Gestaltung
Eine intendierte Wirkung durch die äußere Gestaltung der Wahlplakate kann insbesondere anhand der Farbwahl
und Personalisierung untersucht werden. Die Plakate der FPOÖ setzen sich aus den zentralen Farben Blau, Rot
und Weiß zusammen. Mit jeder Farbe geht eine bestimmte psychologische Wirkung einher, wobei Farben in
unterschiedlichen Kulturkreisen verschieden wahrgenommen werden.366
Die Farbe Blau steht für die Ferne. Blau zählt zu den kalten Farben, strahlt aber dennoch Ruhe, Harmonie und
Zufriedenheit aus.367 Als Parteifarbe der FPÖ wird sie mit dem Himmel, der oft im Hintergrund auf den Plakaten
zu sehen ist, gekonnt in Szene gesetzt. Rot ist eine der auffälligsten Farben und steht für Liebe und Leidenschaft,
aber auch Aggression.368 Außerdem ist sie die Farbe mit der größten Intensität und wird daher für die Erregung
und Lenkung der AdressatInnen verwendet.369 In Kombination mit der Farbe Weiß wird Rot als Warnfarbe ein-
gesetzt. Weiß symbolisiert Unschuld und Reinheit. Die Rot-Weiß-Kombination lässt sich andererseits auch auf
die österreichischen Nationalfarben zurückführen.370 Die schwarzen Sakkos von Haimbuchner und Strache sol-
len hingegen Seriosität vermitteln.371 Umso stärker der Farbkontrast am Plakat, desto dynamischer und unruhiger
erscheint ein Bild und erregt dadurch mehr Aufmerksamkeit.372
Ein weiteres Kennzeichen der Plakate der FPOÖ, auf das im vorhergehenden Kapitel bereits eingegangen wurde,
ist die Zentrierung auf Manfred Haimbuchner bzw. Heinz-Christian Strache. Mit dieser Personalisierung soll die
Wirkung erzielt werden, dass das Image und Charisma der abgebildeten Person auf die Partei übertragen wird.373
In den Flash-Interviews konnte diese Wirkung tatsächlich festgestellt werden. Zum einen erwähnten viele Pas-
santInnen das freundliche Lächeln des sympathischen Spitzenkandidaten und verbanden damit ein positives Bild
der Partei. Einige Befragte bemängelten zum anderen das aufgesetzte Lächeln und zeigten starke Abneigung.
Nichtsdestotrotz kann anhand dieser Reaktionen darauf geschlossen werden, dass Haimbuchner und Strache den
Eindruck der Partei auf die WählerInnen bedeutend beeinflussen.
6.5.2.2 Sprachliche Gestaltung
Nicht zuletzt wegen der sprachlichen Gestaltung sind die FPÖ-Plakate sehr populär. Die Reimplakate der FPÖ
sind im Gegensatz zu den Plakataufschriften der anderen Parteien sehr bekannt und leicht zu merken.374 Je nach
politischer Einstellung werden die Reime befürwortet und unterstützt oder als lächerlich und sinnentleert wahr-
genommen. Viele der befragten PassantInnen konnten die vorgezeigten Plakate nur aufgrund der Reime der
FPOÖ zuordnen. Bereits bei der Bitte um die Erläuterung der wichtigsten Eckpunkte eines aus subjektiver Sicht
guten Plakats, waren die Reime der FPOÖ ein viel diskutiertes Thema. Während die Einen die Stabreime der
FPOÖ als witzige Idee empfinden, sehen die Anderen die Sprüche als sinnbefreit und wesentlichen Grund, die
Partei nicht zu unterstützen. Ein Wiedererkennungswert ist dadurch auf alle Fälle gegeben. Aus den Sprüchen
leiteten viele Befragte bei den Flash-Interviews einen dahinterstehenden Patriotismus bis hin zu Nationalismus
ab. Wie bereits im Kapitel zur politischen Sprache thematisiert, wird auf den Plakaten eine klare Abgrenzung
zwischen „wir“ als den Guten und den „anderen“ als die Bösen vermittelt. Die Gesellschaft wird dadurch in
Opfer und TäterInnen getrennt und gespalten.375
Die dadurch entstehende Wirkung ist die Konstruktion einer ökonomischen und symbolischen Bedrohung.
Durch die dichotome Darstellung werden Fremde als Bedrohung für den Wohlstand wahrgenommen. Die Angst
366 vgl. Domnin/Elger/Rasel 2009, S. 101 367 vgl. Lessinger/Holtz-Bacha/Cornel 2015, S. 99 368 vgl. Domnin/Elger/Rasel 2009, S. 101 369 vgl. Lessinger/Holtz-Bacha/Cornel 2015, S. 101 370 vgl. Domnin/Elger/Rasel 2009, S. 102 ff. 371 vgl. Interview mit Ötsch 2015 372 vgl. Lessinger/Holtz-Bacha/Cornel 2015, S. 99 373 vgl. Lerch 2014, S. 39 374 vgl. Interview mit Ikrath 2015 375 vgl. Ötsch 2001, S. 1 f.
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um Wohnung oder Arbeitsplatz führt zu einer starken Konkurrenz zwischen den „wir“ und den „anderen“. Ins-
besondere in Ländern mit einem geringen BIP ist eine starke gefühlte ökonomische Bedrohung wahrnehmbar, da
MigrantInnen Jobs mit geringem, sozialem Status übernehmen können.376 Die symbolische – oder auch kulturel-
le – Bedrohung, welche die Plakate der FPÖ suggeriert, greift insbesondere die Angst um das Weltbild der Wäh-
lerInnen auf. Dabei wird die soziale Identität und damit einhergehend die Zugehörigkeit zu einer Gruppe als
bedroht wahrgenommen. Die Folge ist eine verstärkte Abgrenzung von der Fremdgruppe.377
6.5.2.3 Jugend
Es gibt bisher nur sehr wenig Forschung bezüglich der Wirkungsweise von Wahlplakaten auf Jugendliche.
Grundsätzlich ist die politische Einstellung junger Erwachsener meist noch nicht sehr stark gefestigt, daher las-
sen sich diese oftmals leichter beeinflussen. Weitere Ergebnisse der unterschiedlichen Studien sind jedoch stark
widersprüchlich. So sollen Jugendliche zum einen Wahlwerbung als zuverlässige Informationsquelle empfinden,
zum anderen sollen sie Wahlwerbung äußerst kritisch und skeptisch gegenüberstehen.378 Grundsätzlich kann
jedoch festgestellt werden, dass Jugendliche unabhängig vom Bildungsniveau stark auf eine suggerierte kulturel-
le bzw. symbolische Bedrohung ansprechen.379
Rechtspopulistische Wahlwerbung, die auf eine ökonomische Bedrohung hinzielt, zeigt dagegen nur bei niedrig
gebildeten Jugendlichen eine starke Wirkung. Dabei ist ein enger Zusammenhang zwischen geringem Bildungs-
stand, niedrigem Einkommen und den bedrohlichen Folgen des Arbeitsplatz- oder Wohnungsverlustes festzu-
stellen. So ist beispielsweise für BerufsschülerInnen die ökonomische Bedrohung greifbarer als für Gymnasias-
tInnen, die noch nicht im Berufsleben stehen.380 Auch der Jugendkulturforscher Ikrath beschreibt die Konstrukti-
on einer ökonomischen Bedrohung als wichtige Strategie zur Mobilisierung junger WählerInnen