76 AER 02 2014 - ISS AVIATION...76 aerokurier 2/2014 aerokurier 2/2014 77 [ UL/LSA Pilot Report ]...

3
PS-28 Cruiser EASY RIDER Ist die Rede vom europäischen LSA, führt kein Weg an der PS-28 Cruiser aus Tschechien vorbei. Der beliebte Metall- Tiefdecker steht für den Start der neuen Klasse. Höchste Zeit, uns selbst ein Bild von seinen Qualitäten zu machen. AUTOR: Patrick Holland-Moritz FOTOS: Patrick Holland-Moritz aerokurier 2/2014 77 76 aerokurier 2/2014 [ UL/LSA Pilot Report ]

Transcript of 76 AER 02 2014 - ISS AVIATION...76 aerokurier 2/2014 aerokurier 2/2014 77 [ UL/LSA Pilot Report ]...

Page 1: 76 AER 02 2014 - ISS AVIATION...76 aerokurier 2/2014 aerokurier 2/2014 77 [ UL/LSA Pilot Report ] versprechen LSAs mehr Zuladung. Allerdings brauchen LSA-Piloten den PPL(A) oder den

PS-28 Cruiser

EASY RIDER

Ist die Rede vom europäischen LSA, führt kein Weg an der PS-28 Cruiser aus Tschechien vorbei. Der beliebte Metall-Tiefdecker steht für den Start der neuen Klasse. Höchste Zeit, uns selbst ein Bild von seinen Qualitäten zu machen.

AUTOR: Patrick Holland-Moritz

FOTOS: Patrick Holland-Moritz

aerokurier 2/2014 7776 aerokurier 2/2014

[ UL/LSA Pilot Report ]

Page 2: 76 AER 02 2014 - ISS AVIATION...76 aerokurier 2/2014 aerokurier 2/2014 77 [ UL/LSA Pilot Report ] versprechen LSAs mehr Zuladung. Allerdings brauchen LSA-Piloten den PPL(A) oder den

versprechen LSAs mehr Zuladung.

Allerdings brauchen LSA-Piloten den

PPL(A) oder den LAPL – die UL-Li-

zenz genügt nicht.

Gut 380 Kilogramm wiegt der gut

ausgestattete Zweisitzer leer. Ein Ret-

tungssystem von BRS kostet knapp

6000 Euro Aufpreis und bringt zwölf

Kilogramm mehr Masse mit sich. Gi-

orgio Pezzoni hat sich mit Blick auf

den Schulbetrieb gegen dieses Sicher-

heitsplus und für ein Mehr an Zula-

dung entschieden. Mit randvollen

Tanks, entsprechend 82 Kilogramm

für 114 Liter Sprit, bleiben knapp 140

Kilogramm für die Kabine übrig. Wun-

der sollte man also auch dann nicht

erwarten, wenn ein Echo-Kennzei-

chen den Rumpf ziert.

1,17 Meter misst die Kabine der

PS-28 Cruiser in der Breite – laut Her-

steller besitzt sie damit das geräu-

migste Cockpit am LSA-Markt. Der

Einstieg ist vorbildlich. Eine Hand

greift nach dem stabilen Metallgriff

zwischen den Sitzen, die andere nach

dem Griff im Panel. So kommt man

bequem rein, ohne auf die Sitzfl ächen

treten zu müssen. Die Pedale sind

verstellbar, die Sitze nicht. Allerdings

ist die Bordwand recht hoch, so dass

kleinere Piloten ihre Sitzposition mit

einem Kissen individuell anpassen

müssen. Nettes Detail: Die nach vorn

öffnende Haube wird über einen He-

bel in der Mitte verriegelt. Geschieht

dies nicht, warnt eine Lampe im Pa-

nel.

Zahlreiche Ablagen, so auch in der

zentralen Armlehne, machen es leicht,

die kleinen Dinge des Pilotenalltags

zu sortieren. Praxisgerecht ist auch

die 12-Volt-Buchse, um Handy oder

Tablet-PC unterwegs zu laden.

Auch für große Touren ist das LSA

gewappnet. Das geräumige Gepäck-

fach hinter den Sitzen darf mit 18 Ki-

logramm beladen werden. Zwei wei-

tere Staufächer für jeweils zehn Ki-

logramm Zuladung sind in die Flügel

integriert. Sie lassen sich mit einem

Schraubendreher öffnen.

Die beiden 57-Liter-Flügeltanks

ermöglichen laut Handbuch bei spar-

samem Powersetting im Idealfall 616

nautische Meilen (1141 km) Reich-

weite in 3000 Fuß. Realistischer dürf-

ten bei 75 Prozent Leistung und an-

gemessener Reserve gut 500 nautische

Meilen (926 km) sein.

Czech Sport Aircraft bietet die PS-

28 Cruiser in den Versionen „Clas-

sic“ und „Glass“ an. Die Basisversi-

on gibt es ab 116 500 Euro, mit der

extra Portion Glas kostet das Flug-

zeug mindestens 129 590 Euro. Die

Abmessungen und Massen

Länge 6,62 m

Spannweite 8,60 m

Flügelfl äche 12,30 m2

Höhe 2,32 m

Kabinenbreite 1,17 m

Leermasse ab 374 kg

max. Abfl ugmasse 600 kg

Treibstoff 114 l / 82 kg

Leistungen

zul. Höchstgeschw. (VNE) 138 KIAS

Reisegeschw. bei 75 % (VC) 93 KIAS

höchstzul. Reisegeschw.(VNO) 108 KIAS

Manövergeschw. (VA) 88 KIAS

Klappengeschwindigkeit 75 KIAS

Überziehgeschw. (VSO) 31 KIAS

bestes Steigen 825 ft/min

Geschw. des besten

Steigens 62 KIAS

Startstrecke über

15-m-Hindernis 387 m

Reichweite inkl. Reserve 512 NM

Daten beruhen auf Angaben des Herstellers

Daten PS-28 Cruiser

Tiefdecker in Metallbauweise Antrieb: Rotax 912 S mit 100 PS (74 kW) Rettungssystem: BRS (optional) Hersteller: Czech Sport Aircraft, Kunovice, Tschechien Import: Metropol Aviation, 53757 Sankt Augustin und ISS-Aviation, 73529 Schwäbisch Gmünd Internet: czechsportaircraft.com Preis: ab 116 500 Euro

Topversion beinhaltet im Wesent-

lichen das Dynon EFIS-D100, das

Motorüberwachungssystem Dynon

EMS-D120 und ein Garmin 695. Die

Ledersitze unterstreichen das edle

Am biente des Innenraums. Derart

komfortabel ausgestattet, rollen wir

zur Piste 29 in Bonn/Hangelar.

Das Bugrad ist nicht angesteuert,

mit Hilfe der hydraulischen Fußspit-

zenbremsen lässt sich das Flugzeug

jedoch problemlos entlang des gelb-

Ohne großes Aufsehen zu

erregen, ist die PS-28 Crui-

ser von Czech Sport Air-

craft zum Inbegriff einer

ganzen Flugzeugklasse avanciert. Der

tschechische Ganzmetall-Tiefdecker

hat am 16. April 2012 als erstes Mu-

ster die EASA-Zulassung als europä-

isches CS-LSA (Certifi cation Specifi -

cations for Light Sport Aeroplanes)

erhalten. 40 Exemplare wurden seit-

dem in 13 Länder Europas ausgelie-

fert, 14 weitere waren bei Redakti-

onsschluss in Produktion. Kaum eine

Woche vergeht, in der das Unterneh-

men aus Kunovice nicht mindestens

eine Vertragsunterzeichnung oder

Auslieferung meldet. Dazu gehören

auch Exporte in die USA, wo mehr

als 200 Stück mit dortiger LSA-Zulas-

sung unter dem Namen SportCruiser

unterwegs sind. Der Bestand, der

auch ältere Modelle mit einschließt,

beläuft sich weltweit auf rund 500

Exemplare, heißt es beim Hersteller.

In den vergangenen Monaten hat

Czech Sport Aircraft seine Produkti-

on noch einmal ordentlich gestrafft:

Die knapp 50 Mitarbeiter sind jetzt

in der Lage, auf 7000 Quadratmeter

Produktionsfl äche 50 bis 60 Flugzeuge

im Jahr zu produzieren. Zahlen, die

neugierig machen: Was macht die

PS-28 Cruiser so erfolgreich?

Giorgio Pezzoni von Metropol Avi-

ation hilft uns, diese Frage zu beant-

worten. Er ist einer von zwei Händ-

lern, die Czech Sport Aircraft in

Deutschland vertreten. Seine PS-28

Cruiser mit der Kennung D-EMPG

verdient ihr Geld in der Flugschule

Köln/Bonn – und dort ist sie beinahe

DIE CRUISER IST EINFACH ZU BEHERRSCHEN, KOMFORTABEL, ABER NICHT UNBEDINGT SCHNELL.

mehr in der Luft als am Boden. „Schü-

ler, die einmal mit der Cruiser gefl o-

gen sind, wollen danach nicht mehr

in die Katana steigen“, schmunzelt

Pezzoni, der bereits den Kauf eines

zweiten Exemplars plant.

In der Tat trifft die PS-28 Cruiser

einen Nerv. Ihre Linie: sportlich-ele-

gant. Die Verarbeitung: gelungen.

Der Rotax-Motor: bewährt, sparsam

und mit seinen 100 PS völlig ausrei-

chend für maximal 600 Kilogramm

Lebendgewicht. Der Innenraum: mo-

dern und komfortabel.

Flugzeuge wie dieses LSA könnten

die zeitgemäße Antwort auf durstige

Viersitzer sein, deren Unterhaltsko-

sten nicht nur wegen der hohen Av-

gas-Preise zunehmend aus dem Ru-

der laufen. Im Vergleich zu Ultraleicht-

fl ugzeugen mit 472,5 Kilogramm MTOW

Giorgio Pezzoni, Vertriebspartner aus Bonn/Hangelar, demonstriert den Einstieg. Ein Griff ist zwischen den Sitzen, ein zweiter im Panel untergebracht. Der Innenraum ist großzügig geschnitten. Unten: Der Rotax 912 S zeigt sich in der PS-28 Cruiser von seiner besten Seite.

Praktisch: In den Flächen ist jeweils noch ein Gepäckfach eingelassen.

Flugschulen können aufatmen: Ein neuer Propeller soll die Cruiser demnächst leiser machen. Das aufgeräumte Panel gibt‘s wahlweise mit oder ohne Glas.

aerokurier 2/2014 7978 aerokurier 2/2014

[ UL/LSA Pilot Report ]

Page 3: 76 AER 02 2014 - ISS AVIATION...76 aerokurier 2/2014 aerokurier 2/2014 77 [ UL/LSA Pilot Report ] versprechen LSAs mehr Zuladung. Allerdings brauchen LSA-Piloten den PPL(A) oder den

Fazit

• gute Flugeigenschaften • angemessener Preis • gefällige Optik• geräumiges Cockpit• gute Ausstattung

• tiefe Sitzposition • noch kein erhöhter

Lärmschutz• mäßige Reisege-

schwindigkeit

en Strichs führen. Die Bedienung ist

übersichtlich, der Vorfl ugcheck schnell

erledigt. Allenfalls der Tankwahlschal-

ter ist einen gesonderten Blick wert,

denn eine Stellung für beide Tanks

gleichzeitig gibt es nicht.

Wer zuvor schon mal den ein oder

anderen Tiefdecker gefl ogen ist, wird

mit der Cruiser schnell warm wer-

den. Von den ersten Metern an ver-

mittelt die Tschechin ein sicheres

Gefühl. In ihrer 12-Grad-Position er-

leichtern die (stufenlos) elektrisch

verstellbaren Klappen den Start. Bei

knapp 45 KIAS, also rund

80 km/h, nimmt sie das

Bugrad nach oben und

geht dann mit 62 KIAS

(115 km/h) in den Steig-

fl ug über. Mit zwischen-

zeitlich eingefahrenen

Klappen – der weiße Bereich endet

bei 75 KIAS (139 km/h) – geht es bei

70 KIAS (130 km/h) am Stau mit 700

bis 800 ft/min rauf zum Kölner „De-

ckel“ in 2500 Fuß.

Fürs Erste nehmen wir Kurs auf

Bad Neuenahr-Ahrweiler im Süden.

Dort ist der Luftraum frei, und die

Wolkenbasis hebt an – perfekt, um

mich auf der Cruiser mit ausreichend

Luft unter den Rädern warmzufl ie-

gen. Zwar ist es oben bockiger als

noch beim Start gedacht, doch die

Cruiser lässt sich von ein paar Böen

nicht aus dem Konzept bringen. Al-

lenfalls ein ganz leichtes Tänzeln um

die Hochachse könnte man ihr nach-

sagen. Ich gebe ein paar Impulse auf

den Steuerknüppel, doch auch davon

lässt sich das Flugzeug nicht beein-

drucken. Derartige Störungen bügelt

sie weg und geht rasch wieder in den

Horizontalfl ug über. Dank der elekt-

rischen Trimmung um Quer- und

Längsachse folgt die PS-28 Cruiser

treu ihrem Kurs.

Im Langsamfl ug beweist die Crui-

ser gute Qualitäten: Ohne Klappen

und ohne Leistung meldet das Dynon

40 KIAS (75 km/h) Fahrt, als die Über-

ziehwarnung trötet. Volle Klappen

bringen weitere fünf Knoten Reserve

nach unten, das Fahrtmesserband

zeigt nun 35 KIAS (65 km/h) an.

Wir entscheiden uns, noch eine

Runde durch die Kölner Kontrollzone

zu drehen, und nehmen Kurs auf den

Pfl ichtmeldepunkt Sierra. „Landen

dürfen wir eh noch nicht“, sagt Gio-

rgio Pezzoni. Er spricht damit eine

Schwachstelle der PS-28 Cruiser an.

Das Flugzeug entspricht noch nicht

den Anforderungen an den erhöhten

Lärmschutz und unterliegt damit an

vielen Flugplätzen in Deutschland

Restriktionen. So auch in Hangelar:

In der Mittagspause müssen wir min-

destens eine Stunde wegbleiben. „Das

ist eine Katastrophe für die Schulung“,

sagt Pezzoni offen. Doch die Lösung

ist schon in der Pipeline. Czech Sport

Aircraft wird die PS-28 Cruiser künf-

tig nicht mehr mit einem Woodcomp,

sondern mit einem leiseren Sense-

nich-Propeller ausliefern. Das Zulas-

sungsprozedere bei der EASA soll

in Kürze abgeschlossen sein, die

Bestandsfl otte soll sich dann nach-

rüsten lassen.

Mit angezeigten 93 Knoten (172

km/h) nähern wir uns der Kontroll-

zone. Der Motor dreht dabei mit 5000

U/min, der Ladedruckmesser meldet

25 in Hg. Die PS-28 Cruiser ist eben

kein Rennpferd, eher ein gemütlicher

Hafl inger, um es in der Reitersprache

auszudrücken. Einfach zu beherrschen

und komfortabel, aber eben nicht

schnell. Auch diese Werte im Reise-

fl ug werden sich mit dem neuen Pro-

peller noch um den einen oder ande-

ren Knoten verbessern.

Nach einem Überfl ug über die Pis-

te 14 R drehen wir nach rechts weg,

verlassen die Kontrollzone und fl ie-

gen zum Ford-Werk und dem Fühlin-

ger See im Kölner Norden. Von dort

folgen wir dem 1500-ft-Korridor zu-

rück nach Bonn/Hangelar.

Im Anfl ug zeigt sich noch einmal,

was ich schon bei den Übungen im

Langsamfl ug vermutet habe: Das Set-

zen der Klappen ändert die Lastigkeit

der PS-28 Cruiser spürbar und erfor-

dert ein gewisses Nachtrimmen. Die

Landung selbst ist ein Kinderspiel:

Mit 60 KIAS im Endanfl ug ist man

auf der sicheren Seite, das Abfangen

ist kinderleicht.

Fazit: Nach diesem Flug ist klar,

weshalb viele Piloten auf die PS-28

Cruiser schwören. Zum Preis eines

hochwertigen ULs gibt’s ein zertifi -

ziertes Echo-Klasse-Flugzeug von

einem Hersteller, der sich internati-

onal einen Namen gemacht hat. Platz-

angebot, Flugeigenschaften und Ver-

arbeitung sind tadellos. Die Cruiser

ist – der Name ist Programm – ein

gemütliches Alltagsfl ugzeug, das auch

Gelegenheitspiloten nicht überfor-

dert. Die versprochene Schleppzulas-

sung dürfte die PS-28 Cruiser auch

für Vereine attraktiv machen. In Sa-

chen Lärmschutz muss Czech Sport

Aircraft allerdings noch seine Haus-

aufgaben erledigen: Erhöhter Lärm-

schutz muss heute selbstverständlich

sein. ae

Macht einfach Spaß, diese Cruiser. Rechts: LED-Leuchten zieren die Randbögen.

WEITER GEHT’S

Gerne zeigen wir Ihnen weitere Fotos.

Scannen Sie einfach den QR-Code.

80 aerokurier 2/2014

[ UL/LSA Pilot Report ]