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Darius Asghar-Zadeh Menschsein im Angesicht des Absoluten

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Darius Asghar-Zadeh

Menschsein im Angesicht des Absoluten

BEITRÄGE ZUR KOMPARATIVEN THEOLOGIE

HRSG. VON

KLAUS VON STOSCH

BD. 29

Darius Asghar-Zadeh

Menschsein im Angesicht des Absoluten

Theologische Anthropologie in der Perspektive

christlich-muslimischer Komparativer Theologie

Ferdinand Schöningh

Gedruckt mit freundlicher Unterstützung des Erzbistums Paderborn und des Bistums Münster

Umschlagabbildung: Light and Colour (Goethe’s Theory) – The Morning after the Deluge – Moses Writing

the Book of Genesis von Joseph Mallord William Turner (Tate Britain, London, 1843)

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen

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Zugl. Dissertation an der Universität Paderborn

© 2017 Verlag Ferdinand Schöningh, ein Imprint der Brill-Gruppe

(Koninklijke Brill NV, Leiden, Niederlande; Brill USA Inc., Boston MA, USA; Brill Asia Pte Ltd, Singapore; Brill Deutschland GmbH, Paderborn, Deutschland)

Internet: www.schoeningh.de

Einbandgestaltung: Evelyn Ziegler, München

Herstellung: Brill Deutschland GmbH, Paderborn

ISBN 978-3-506-78708-8

VORWORT

Die Abfassung und Publikation einer Arbeit zu einem Forschungsthema über das Verhältnis und das Miteinander von Christentum und Islam ist spätestens in dieser Zeit eine Aufgabe, welcher sich der interreligiös arbeitende Geistes- und Kulturwissenschaftler nicht nur kaum noch entziehen kann, sondern welcher er sich aus dem Gefühl transkultureller Gesellschaftsverantwortung heraus regel-recht verschreiben muss. Das aus solchen Motiven entstandene vorliegende Werk wurde im Sommersemester 2016 von der Fakultät für Kulturwissenschaf-ten der Universität Paderborn als Dissertationsschrift im Fach Komparative Theologie angenommen und ist für die Drucklegung nur geringfügigen Bear-beitungen unterzogen worden. Die entsprechenden Aufwendungen, die hin-sichtlich Durchführung und vor allen Dingen Abschluss eines solchen Projektes auf den Verfasser fallen, betreffen immer auch eine ganze Reihe von anderen Menschen mit. Ihnen soll an dieser Stelle für die Kooperation und Unterstüt-zung gedankt werden.

Zunächst gilt mein herzlichster Dank meinen drei Promotionsbetreuern und zugleich Gutachtern im Promotionsverfahren, Prof. Dr. Klaus von Stosch (Pa-derborn), Prof. Dr. Johanna Rahner (Tübingen) und Prof. Dr. Reza Hajatpour (Erlangen), die mich nicht nur in meiner Doktorandenzeit mit höchst engagier-ter Zusammenarbeit und bemerkenswerten Anstößen bereichert haben, sondern auch allgemein zu mir persönlich sehr wichtigen langjährigen Wegbegleitern und Prägefiguren geworden sind.

Zahlreichen weiteren Forschungswissenschaftlern spreche ich für die vielen anregenden Gedanken und Gespräche meine Dankbarkeit aus, insbesondere seien hier namentlich genannt Prof. Dr. Mohammad Mojtahed Schabestari (Teheran), Erik Müller-Zähringer (Kassel), Pater Dr. Herbert Schneider OFM (Hürtgenwald) und Prof. Dr. Jürgen Werbick (Münster); ebenso möchte ich zentrale Personen der ,ersten Stunde

� meines akademischen Werdegangs dan-

kend erwähnen wie Helmut Schreiner und Prof. Dr. Dr. h.c. Rotraud Wielandt (Bamberg).

Den gesamten Teams des Zentrums für Komparative Theologie und Kultur-wissenschaften (ZeKK), des Institus für Katholische Theologie und des Semi-nars für Islamische Theologie der Universität Paderborn gilt meine Dankbarkeit für ein stets herausragendes Maß an kollegialer Verbundenheit weit über die Promotionsphase hinaus.

Ich danke der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, die das Projekt mit einem Promotionsstipendium aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert und für eine exzellente Stipendiatenzeit mit lobenswerten interdisziplinären und themenvielfältigen Kontexten gesorgt hat.

VORWORT 6

Ein herzliches Dankeschön für ihre wertvollen und konsequenten Hilfe- stellungen geht überdies an Regina und Christoph Baab (München), Marco und Carsten Bartram (Dortmund), Andreas Bähr, Dr. Andreas Drechsler und Stefanie Mohr (Bamberg) sowie an Susanne Hennig (Bochum). Für die Anpas-sung der Quellenangaben an das Format der Publikationsreihe bedanke ich mich bei Lena Steindl (Delbrück) und für die Bereitung der Druckvorlage bei Julia Wolff (Borchen). Herrn Dr. Hans Jürgen Jacobs vom Verlagshaus Ferdinand Schöningh (Paderborn) danke ich für die ausgezeichnete Betreuung und Koo- peration beim Veröffentlichungsverfahren.

Meiner Familie möchte ich meinen größten Dank aussprechen, allen voran meinen Eltern für ihren jahrelangen Beistand, die Geduld und Energie, die sie aufgebracht haben.

INHALTSVERZEICHNIS

Einleitung .................................................................................................... 13

1. Thematische Hinführung ......................................................................... 13 2. Spezifische Fragestellung, Forschungsstand, Desiderate und

Materialbegründung .............................................................................. 15 3. Methodik und Formalia .......................................................................... 22 4. Aufbau .................................................................................................... 25

I. Allgemeinbedingungen und theoretische Grundlagen interreligiös-theologischer Zugänge ................................................. 29

1. Zur Situation des interreligiösen Dialogs ............................................... 31 2. Zur Situation des christlich-islamischen interreligiösen Dialogs ............ 32 Ein Wort zur Begegnungsgeschichte � Gegenwartssituation � Spezifikum

christlich-schiitischer Dialog 3. Religions- und dialogtheologische Rahmenklärung ............................... 42 3.1 Grundlegungen interreligiöser Modelltheoretik .............................. 42 3.2 Das Verhältnis der ‚Komparativen Theologie‘ zur ‚Theologie der Religionen‘ ............................................................... 44 Theologie der Religionen � Komparative Theologie � Die Kontroverse 3.3 ‚Interreligiöse Theologie‘ ................................................................ 56 3.4 Dialogtheologische Ausgriffe in muslimischer Perspektive ............ 61 3.5 Eine vorläufige Entscheidung .......................................................... 64

INHALTSVERZEICHNIS 8

II. Der Weg zum theologisch-anthropologischen Paradigma – eine ideenhistorische Neueinordnung in interreligiöser Perspektive ....... 67

1. Das theologische Innovationsprogramm der christlichen Hoch- bis

Spätscholastik und die Frage nach seinen Hintergründen ..................... 69 Aristotelismuskritik und Gottesbildinnovationen � Der neue theologische

Macht-, Freiheits- und Willensbegriff und die Hintergrundfrage � Binnenchristliche Voraussetzungen: Macht, Freiheit und Wille Gottes � Islamische Impulse?

1.1 Die maßgeblichen scotischen Positionen ........................................ 78 Leben und Werk des Johannes Duns Scotus � Theologische und

philosophische Grundeinstellung 1.1.1 Die absolute Freiheit Gottes und der göttliche Wille als

Zentrum .................................................................................... 80 Kontingenz, Notwendigkeit und das erste Prinzip � Freiheit und

Wille � Abhängigkeitskette Kontingenz – Wille – Freiheit � Rationalität des göttlichen Willens und Selbstbestimmtheit zum Guten

1.1.2 Die absolute Macht Gottes (potentia Dei absoluta) und die geordnete Macht Gottes (potentia Dei ordinata) ............... 91

1.1.3 Die Selbstbestimmtheit Gottes zur Liebe ................................ 95 1.2 Die Einführung islamischen Denkens in die Scholastik des

lateinischen Abendlandes ................................................................. 98 Die iberische Halbinsel und Sizilien � Die scotische Ibn S

�n�-

Rezeption in Oxford und Paris � Rezeption traditioneller und klassisch- theologischer muslimischer Inhalte

2. Mögliche Anregungen und vergleichbare Lehren von islamischer Seite 109 2.1 Die Transzendenz Gottes als qur ��nisches Generalprogramm ......... 110 2.2 Aspekte der Gottesbilddebatten frühislamischer Theologie ............ 114 2.3 Aspekte der Gottesbilddebatten klassisch-scholastischer

islamischer Theologie ...................................................................... 120 Mu �tazilitische Impulse � Aš �aritische Impulse � Mu �tazilismus und

Aš �arismus als Syntheseimpuls? � Anfänge islamischer Philosophie 2.4 Die Impulse des Ibn S

�n� in neuem Licht ....................................... 135

Leben und Werk � Einfluss auf die lateinische Scholastik und metaphysischer Einfluss auf Duns Scotus � Islamischer Hintergrund des ibn-sinischen Denkens � Essenz und Existenz � Kontingenz und Notwendigkeit � Ein Seitenblick auf Ibn S

�n�s zentrale Begrifflichkeiten

in der Rezeption des Raimundus Lullus 2.4.1 Die absolute Unabhängigkeit und Freiheit des Notwendig-

Seienden .................................................................................. 151 2.4.2 Die Rolle des göttlichen Willens ............................................ 153 2.4.3 Die Macht Gottes .................................................................... 158 2.4.4 Die göttliche Liebe .................................................................. 160

INHALTSVERZEICHNIS 9

3. Die Konsequenzen der christlich-scholastischen Gottesbildinnovationen ......................................................................... 166

3.1 ‚Theologischer Absolutismus‘ als Folge der scotisch- ockhamschen Gottesbildprogrammatik und die Rehabilitation der Scholastiker ................................................................................. 166

Die Blumenberg-These � Die Blumenberg-These und die Rolle der islamischen Einflüsse � Eine ideengeschichtliche Rehabilitation ... � ... des Scotus … � … und Ockhams

3.2 Die neuzeitliche ‚Wende zur Anthropozentrik‘ als Folge des ‚theologischen Absolutismus‘ und die Wende zur ‚theologischen Anthropologie‘ .................................................................................. 184

III. ,Moderne‘ als epochale Herausforderung ............................................. 193 1. Die Herausforderung der ,Moderne‘ in christlicher Perspektive ............ 195 1.1 Moderne, Postmoderne, Säkularisierung, postsäkulare Idee und

ihre theologische Bearbeitung ........................................................... 195 Moderne und Restaurationstheologie � Die postmoderne

Herausforderung � Postsäkulare Idee und theologische Konsequenzen 1.2 Die ,Macht der Vernunft‘ als wissenschaftstheoretische

Herausforderung der Theologie ........................................................ 212 Vernunft und Fundamentaltheologie � Theologische

Wissenschaftstheorie 1.3 Die Legitimität der theologisch-anthropologischen ‚Neu-Zeit‘ ...... 222 2. ,Moderne‘ als kritische Größe in muslimischer Perspektive .................. 227 2.1 Religiosität, Theologie und Rationalismus im islamischen

Gegenwartsdiskurs ........................................................................... 227 Islamische ,Theologie der Moderne‘ � Zeitdiagnostik und das Erbe des

Mu �tazilismus � Islamische Philosophie, humane Selbstbehauptung, Neo-Averroismus und schiitische Zeitreflexion � Herausforderung Anthropologie

2.2 Ibn-sinische Inspiration des Gegenwartsdiskurses .......................... 243 Die Kontroverse um al-

��bir�s ,epistemologischen Bruch‘ mit dem

persischen Islam � Widerspruch im Sinne Ibn S�n�s und der persischen

Geisteskultur 2.3 I

tihd als rationale Vermögenskategorie und die theologisch-

wissenschaftstheoretische Kontextualisierung der anthropologischen Frage .................................................................. 253

I�

tih�d � Theologische Wissenschaftstheorie und Anthropologie 3. Der Modernediskurs als interreligiöse Herausforderung ........................ 263

INHALTSVERZEICHNIS 10

,Moderne‘ und ihr zeitdiagnostisches Korrektiv in interreligiöser Perspektive � Theologie, Anthropologie, theologische Wissenschaftstheorie und Metaphysik � Religiosität, Anthropologie und das Paradigma der ,InterMentalität

IV. Theologische Anthropologie in der Perspektive christlich-muslimischer Komparativer Theologie ............................ 279

1. Christliche Momente theologischer Anthropologie ................................ 281 1.1 Theologische Anthropologie als (Kern-)Disziplin christlicher

Theologie in Moderne und ,Neu-Zeit‘ ............................................. 282 Epistemologischer Ort der theologischen Anthropologie � Grammatik

und Hermeneutik der theologischen Anthropologie 1.2 Freiheit, Wille, Macht und Liebe als Diskurskategorien christlich-

theologischer Anthropologie ............................................................ 289 Freiheit � Wille � Macht, Verstand und Vernunft � Liebe 1.3 Das anthropologische Vermächtnis des Johannes Duns Scotus ...... 296 Metaphysische Anthropologie: haecceitas, relatio ad Deum, personale

Freiheit und geistige Offenheit � Freiheit und Wille � Macht (Vermögen) und Vernunft � Freiheit und Moralität � Liebe

1.4 Zeitgenössische christliche Konzepte der theologischen Anthropologie bzw. der Gott-Mensch-Relationstheologie .............. 307

1.4.1 Drei ‚klassische‘ Zugänge zur theologischen Anthropologie: Karl Rahner, Wolfhart Pannenberg und Otto Hermann Pesch ................................................................ 307 Karl Rahner: Der Mensch als ‚Hörer des Wortes‘ � Wolfhart Pannenberg: Die Weltoffenheit des Menschen � Otto H. Pesch: Der aus Gnade befreite Mensch

1.4.2 David H. Kelsey: Theologische Anthropologie der exzentrischen Existenz ............................................................ 320

Methodologie theologischer Anthropologie � Theozentrik, menschliche Exzentrik und Sein-in-Christus � Freiheit � Macht � Liebe

1.4.3 Herbert Schneider: Der Mensch und seine zur geschenkhaften ‚Mit-Liebe‘ gerufene haecceitas .................... 328

1.4.4 Thomas Pröpper: Theologische Anthropologie der Freiheit ... 334 Grundaufbau und Aufgabe theologischer Anthropologie �

Transzendentallogische Freiheitsanalyse � Freiheit und Wille � Freiheit, Macht und Liebe

1.4.5 Jürgen Werbick: Der Mensch als der zur Mitliebe Gewürdigte .............................................................................. 343

Gottesbegriff � Theologisch-anthropologischer Fragehorizont: Freiheit � Freiheit und Wille � Würdigung, Vermögen und Liebe � „Gott will Mitliebende“

1.5 Essentials ......................................................................................... 353

INHALTSVERZEICHNIS 11

2. Islamische Momente theologischer Anthropologie ................................ 355 2.1 Theologische Anthropologie als Disziplin islamischer Theologie? 356 2.1.1 Zur binnenislamischen Problematik der Entfaltung einer

theologischen Anthropologie ................................................... 356 Problematik � Mögliche Grundhermeneutik und -konzeptualität islamisch-theologischer Anthropologie

2.1.2 Islamische Anthropologie in der Perspektive westlicher bzw. christlicher Rezipienten .................................................. 364

2.1.3 Der geadelte Diener Gottes – �abd Allh al-mukarram als Zentralprädikation islamisch-theologischer Anthropologie .... 371

Dienerschaft, Hinordnung und Würdigung � Vernunft und Erkenntnis � Freier Wille, Liebe und Vervollkommnung � Ertrag

2.2 Freiheit, Wille, Macht und Liebe als Diskurskategorien islamisch- theologischer Anthropologie ............................................................ 377

Freiheit � Wille � Macht und Vernunft � Vernunft und Liebe 2.3 Das anthropologische Vermächtnis des Ibn S

�n� ............................ 385

Psychologische Anthropologie: Wille, Freiheit und Intellektvermögen � Liebe und ihre Implikate � Wertetheorie � Selbstverwirklichung und Gott-Mensch-Beziehung � Eschatologie

2.4 Zeitgenössische islamische theologisch-anthropologische Annäherungen und Konzepte der Gott-Mensch-Relationstheologie 397

2.4.1 Zwei ‚klassische‘ schiitische Zugänge zum Verständnis des Gott-Mensch-Verhältnisses: All

�meh Seyyed Mo�ammad �

oseyn �ab��

ab���* und Šah

�d Morte�� Mo

�ahhar

�* .............. 397

�All�meh Seyyed Mo�ammad �

oseyn �ab��ab� ��* � Šah�d Morte

�� Mo�ahhar

�*

2.4.2 Mehd� ���er

� Yazd

�*: Gott-Mensch-Relationstheologie in

den Koordinaten des Seinsganzen ........................................... 401 2.4.3 Mo�ammad Mo�tahed Šabestar

�*: Gott-Mensch-

Relationstheologie zwischen Glaube und Freiheit .................. 407 Theologie und Anthropologie � Glaube � Freiheit, Wille und

Macht � Intersubjektivität � Glaube und Vernunft 2.4.4

�am�d P�rs�niy�: Spirituelle Anthropologie der Deszendenz-

Aszendenz-Mystik ................................................................... 418 2.4.5 Reza Hajatpour: Theologische Anthropologie der

Perfektibilität ........................................................................... 424 Perfektibilität als theologisch-anthropologische Konstante �

Freiheit und Wille � Macht und Intellekt � Macht, Liebe und Ästhetik

2.5 Essentials ......................................................................................... 434

INHALTSVERZEICHNIS 12

V. Theologische Anthropologie und Gott-Mensch-Relationstheologie in intertheologischer Dialogisierung ................................................ 437

1. Grundsätzliches zur Möglichkeit interreligiöser theologischer

Anthropologie in christlich-muslimischer Perspektive ......................... 439 Offenbarungstheologische Semantik � Tiefengrammatik 2. Die Diskussion des Freiheitsmoments .................................................... 444 Freiheit Gottes und Schöpfung � Vollkommenheit göttlicher Freiheit und

Schöpfungsbezug: Ursprung und Vollendung aller geschöpflichen Freiheit � Geschöpfliche Freiheit und Heilsfreiheit � Freiheit in Beziehung, Freiheit in Kommunikation

3. Die Verhandlung des Willensbegriffs .................................................... 454 Gottes Wille – absolute Selbstbestimmung und Liebe � Menschlicher Wille –

Grundkraft der Seele, moralisch-rationales Wollen und Dynamik der vervollkommnenden Willensgemeinschaft mit Gott

4. Der Machtdiskurs ................................................................................... 460 Macht und Allmacht Gottes � Macht des Menschen – Gabe, Problem und

Aufgabe � Vernunft als Element der Macht � Kommunikative Selbstbehauptung 5. Die intertheologische Dynamisierung der Rede von der Liebe .............. 472 Liebe und Barmherzigkeit � Gott-Mensch-Beziehung – Beziehung der Liebe �

Mitliebe und Teilhabe an der Liebe Gottes

VI. Neuperspektivierung interreligiös-theologischer Modellbildung ......... 485 Konstruktionalität und Kriteriologie christlich-muslimischer interreligiöser

Theologie � Kontinuum des interreligiösen ideenhistorischen Bewusstseins und theologisch-anthropologische Kerngeleitetheit � Spezifizierung komparativer Kategorien und intertheologische Verschaltungssystematik � Interreligiöse Theologie als Konsenstheologie? � Einheit der Gotteswahrheit � Gemeinsames theologisches Sprechen

Schlussbetrachtung ..................................................................................... 505 Bibliographie .............................................................................................. 515 Abkürzungsverzeichnis .............................................................................. 551 Anhang ....................................................................................................... 553

EINLEITUNG

1. Thematische Hinführung

Wir Christen und wir Muslime – Wie weit von einander entfernt und wie nah einander sind wir wirklich? Und mit wie viel gutem Gewissen kann man an die Stelle von Samuel Huntingtons nahezu abgedroschen wirkendem Verdikt des „Clash of Civilizations“1 die Überzeugung von so etwas wie einem gemeinsa-men Geschick („shared destiny“2) und Ziel ‚der islamischen Welt‘ und ‚des christlichen Abendlandes‘ setzen?

Die sozio-mentale, -kulturelle und -politische Situation Europas, ja der ge-samten westlichen Welt muss insbesondere im Rahmen der makro-epochalen Umbrüche seit dem Mittelalter begriffen werden. Die geistig-psychische Kon-stitution des Menschen der Neuzeit, der Moderne und Spätmoderne ist unter anderem erklärbar aus den Stoßrichtungen von Aufklärung und Säkularisierung im Zuge der – so Hans Blumenberg – gegen den sogenannten ‚theologischen Absolutismus‘ der Spätscholastik gerichteten ‚humanen Selbstbehauptung‘.3 Der autonome anthropos, aus monotheistischer Sicht das freie Gottesgeschöpf Mensch, gilt nunmehr als der humane Idealtypus des Zeitgeistes der Menschen-rechte. Entsprechend ist die gegenwärtige abendländische Theologie mittler-weile weitreichend und elementar von der theologischen Anthropologie her profiliert.

Verstehens- und Verständigungskonflikte, kurzum die problematischen Aus-wüchse immer intensiverer Kulturkontakte erfordern Verbesserungen, ‚Scha-densbegrenzung‘ und ‚-behebung‘. Die – teilweise noch auf diffusem Boden mit mehr oder minder effizienter Kraft vollzogenen – Vorstöße interkultureller und interreligiöser Aktivität konstituieren dabei entscheidende Notwendigkei-ten. Insbesondere die Relevanz des Dialogs zwischen westlich-christlicher und orientalisch-islamischer Kultur wird angesichts immer wieder aufflackernder äußerer Konflikte bis Katastrophen ebenso offenbar wie anhand der nicht im-mer verhinderbaren, jedoch häufig nicht weiter als in die dialogische Stagnation führenden Auswirkung solcher Modelle wie ,Identität durch Abgrenzung‘, „der

1 SAMUEL P. HUNTINGTON, The Clash of Civilizations and the Remaking of the World Order, New York 1996.

2 HENRY LAURENS, Part III: Europe and the Muslim World in the Contemporary Period. In: JOHN TOLAN/GILLES VEINSTEIN/HENRY LAURENS (Hg.), Europe and the Islamic World. A History, Princeton-Oxford 2013, 257-404, 403.

3 Vgl. dazu HANS BLUMENBERG, Die Legitimität der Neuzeit, Frankfurt a.M. 21988 (Paperback-Ausgabe 1996), insbesondere die Kapitel III und IV.

EINLEITUNG 14

Weg der [allein] gegenüberstellenden Darlegung“ oder gar der kontroversapo-logetische „Weg der Widerlegung“.4 „Offenheit für den Dialog ist deshalb nicht nur die Bereitschaft, viele Überzeugungen gelten zu lassen und anzuhören, son-dern auch sehr selbstbewusst die Grundwerte und Verhaltensregeln einzufor-dern, die notwendig sind, um ein Miteinander in produktive Bahnen zu lenken und eine Kultur der Toleranz und Gewaltlosigkeit in Worten wie in Taten zu fördern.“5

Das Hauptaugenmerk der vorliegenden Arbeit gilt der Ortung und Konzep-tion einer zeitgemäßen innovativen Grundlegung, und zwar in Form einer christlich-islamischen komparativen bzw. interreligiösen Theologie, die sich zum einen aus einem neuen Bewusstsein der Prägerolle islamischer Einflüsse innerhalb der geistesgeschichtlichen Entwicklung des Abendlandes und aus ei-nem neuen Bewusstsein der Entdeckung spezifisch islamischer theologisch-anthropologischer Züge insbesondere im ibn-sinischen/ibn-sinistischen bzw. im iranischen Islam, zum anderen aus der diskursiv-dialogischen Verflechtung der-selben mit den Vorgaben christlich-theologischer Anthropologien zu ergeben hat. Bei diesem Weg eines Bogenschlags von der ideenhistorischen zur gegen-wartsdiskursiven Betrachtung zwecks einer grundsätzlichen Perspektivenpräzi-sierung soll die Modernitäts- und Rationalitätsfähigkeit beider Religionen nicht bloß erkundet werden, was bislang zur Genüge versucht wurde, sondern in einem interreligiösen Diskurs zum Sprechen, möglichst zum gemeinsamen Sprechen gebracht werden. Es geht dabei nicht um die Erstellung einer ideen-historischen Totalchronologie, sondern um eine Neubewertung zentraler ideen-geschichtlicher Aspekte in ihrer Bedeutung für den (interreligiösen) Zeitdis-kurs. Auch zielt die Behandlung zeitgenössischer Autoren nicht auf eine Komplettauswertung ihres Gesamtwerkes ab, sondern auf die Erschließung der für die Fragestellung entscheidenden Gesichtspunkte, vor allem in schöpfungs- und subjekttheologischer Hinsicht. Konzise formuliert besteht das formale An-liegen der Forschungsarbeit darin, von der interkulturell-historischen Klärung eines essentiellen philosophisch-theologischen Initialmomentes der neuzeit-lich-modernen Stoßrichtung über die interreligiöse Gegenwartsjustierung der-selben zum dialogtheologisch-anthropologischen Diskurs und seinen religions-theologischen Konsequenzen zu finden.

4 Vgl. FELIX KÖRNER, Kirche im Angesicht des Islam. Theologie des interreligiösen Zeugnisses, Stuttgart 2008, 42f. Vgl. allgemein zur dialogtheologischen Modellbegrifflichkeit DOUGLAS PRATT, The Vatican in Dialogue with Islam: Inclusion and Engagement. In: ICMR 21.3 (2010) 245-262, 258ff.

5 VOLKER MEIßNER/MARTIN AFFOLDERBACH/HAMIDEH MOHAGHEGHI/ANDREAS RENZ (Hg.), Handbuch christlich-islamischer Dialog. Grundlagen – Themen – Praxis – Akteure, Freiburg i.Br. 2014, hier: Vorwort, 13.

2. SPEZIFISCHE FRAGESTELLUNG, FORSCHUNGSSTAND, DESIDERATE 15

2. Spezifische Fragestellung, Forschungsstand, Desiderate und Materialbegründung

Die vorliegende Studie verfolgt im Sinne des oben beschriebenen Anliegens folgende spezifische Fragestellung: Inwiefern lässt sich christlich-islamische Interreligiosität in Form einer im Kontext der Herausforderungen des Zeit- und Zeitgeistdiskurses orientierenden theologisch-anthropologischen Dialogagen-da profilieren? Und zwar muss es hierbei um eine Dialogagenda gehen, die sich aus dem Dreischritt einer interreligiös geleiteten Neueinordnung des geistes- geschichtlichen Prozesses des christlichen Abendlandes hin zum anthropolo- gischen Paradigma der Selbstbestimmtheit, einer Eruierung von dessen zeitdis-kursiven Konsequenzen und einer dialogisierenden Erschließung entsprechen-der gegenwartstheologischer Gott-Mensch-Relationskonzepte sowohl christli-chen als auch muslimischen Ursprungs ergibt.

Die aktuelle Dringlichkeit dieses Forschungsdesiderats ist der Tatsache ge-schuldet, dass innerhalb der gegenwärtig durchaus gegebenen und sich rapide vorwärts entwickelnden interreligiös-dialogischen Bemühungen intensive dialogische Verhandlungen explizit theologisch-anthropologischer Zugänge christlicher und islamischer Provenienz zwar mehr und mehr gefordert, aber noch selten durchgeführt werden. Das Denken des Gott-Mensch-Verhältnisses im Horizont theologisch-anthropologischer Entrees eröffnet sich immer wieder aus dem Zusammenhang zwischen der Diskussion um die human-freiheitliche, menschenrechtsassoziierte Idee und der Zentralthematik der Glaube-Vernunft-Relation. Es wird mittlerweile seitens verschiedener Theologen als eine der ent-scheidendsten Basen der Zukunft von Interreligiosität überhaupt angenommen.6 Insbesondere die sensible Diskussion um den personalen Autonomiebegriff muss in einem solchen theologisch-anthropologischen Reflexionsfeld eine übergeordnete Rolle spielen.7

6 So beispielsweise KÖRNER, Kirche im Angesicht des Islam, 2008, 43f.; ERIK MÜLLER- ZÄHRINGER/JOHANNA RAHNER, ... nicht vernunftgemäß zu handeln ist Gottes Wesen zuwider. Vernunft und Glaube – Schlüsselbegriffe oder Grenzlinien des interreligiösen Dialogs? In: ZKTh 130 (2008) 35-63, hier 60; JOHANNA RAHNER, ,Ein gemeinsames Wort zwischen uns und Euch…‘? Eine kritische Rückfrage zum aktuellen Zustand des christlich-islamischen Dia-logs und der Suche nach einer angemessenen hermeneutischen Basis. In: DIES./MIRJAM SCHAMBECK (Hg.), Zwischen Integration und Ausgrenzung: Migration, religiöse Identität(en) und Bildung – theologisch reflektiert, Berlin 2011, 157-176, hier 173; KLAUS VON STOSCH, Replik (auf Khorchide, Mouhanad: Auf dem Weg zu einer humanistischen Qur ��nhermeneu-tik). In: HAMIDEH MOHAGHEGHI/KLAUS VON STOSCH (Hg.), Moderne Zugänge zum Islam. Plädoyer für eine dialogische Theologie, Paderborn 2010, 52-54, 54; MUNA TATARI/ANDREAS RENZ, Stellvertreter Gottes: Würde und Aufgabe des Menschen. In: HCID (2014), 148-159, hier 148 und 158.

7 Am Rande bemerkt gilt dies gerade in einer Zeit, in der (im technologischen Kontext) bereits von ,voll-autonomen‘ Maschinensystemen die Rede ist, sei es in militärischen, sei es in zivilen Bereichen.

EINLEITUNG 16

Der aktuelle Forschungsstand ist von einigen wenigen Unternehmungen und Veröffentlichungen zur christlich-muslimischen Betrachtung des theologischen Menschenbegriffs8 geprägt: Zu nennen ist hier der 1992 in der Reihe „Beiträge zur Religionstheologie“ publizierte Tagungsband Hören auf sein Wort. Der Mensch als Hörer des Wortes Gottes in christlicher und islamischer Überliefe-rung.9 Karl Rahners pointierte Definition des Menschen bildet darin für christ-liche wie muslimische Beitragende die leitmotivische Denkgrundlage für eine im Glauben an die geschöpflich-verantwortliche Zusammengehörigkeit aller Menschen gefasste Interreligiosität. Ferner sind vom Theologischen Forum Christentum – Islam eine theologisch-ethische Dialogbegegnung10 und vom

8 Eine binnenchristlich-ökumenische Anthropologie-Auslotung in katholischer, evangelischer und orthodoxer Perspektive hat bereits Daniel Munteanu vorgelegt (vgl. DANIEL MUNTEANU, Was ist der Mensch? Grundzüge und gesellschaftliche Relevanz einer ökumenischen Anthro-pologie anhand der Theologien von K. Rahner, W. Pannenberg und J. Zizioulas, Neukirchen-Vluyn 2010). Sein Postulat einer dialogischen Anthropologie bzw. einer Formulierung von „Anthropologien im direkten interkonfessionellen Dialog“ (ebd., 452 [im Original hervorg.]; vgl. ebd., 447-463) wird in dieser Arbeit auch für den Fall der christlich-muslimischen Begeg-nung beansprucht. Dies geschieht hier allerdings hauptsächlich vor dem Tatsachenhintergrund der Integration diverser zeitgenössischer Positionierungen, von denen sich einige auch bewusst in den interreligiösen Dialog eingebracht haben, und es geschieht angesichts der Bedeutung ideenhistorischer Zusammenhänge. „Was unser geschichtliches Bewusstsein erfüllt, ist immer eine Vielzahl von Stimmen, in denen die Vergangenheit wiederklingt“ (zit. n. ebd., 453: HANS-GEORG GADAMER, Wahrheit und Methode. Grundzüge einer philosophischen Hermeneutik, Tübingen 41975 [erw. ND der 3. Aufl.], 268). Das gilt auch für diejenigen Formatoren einer zeitgemäßen theologischen Anthropologie und theologisch-anthropologischen Zeitgestaltung, welche die Stimmen der christlichen Hoch- bis Spätscholastik bzw. der mittelalterlichen isla-misch-spekulativen Theologie und Philosophie aufgenommen haben. Solche Ansprüche spei-sen sich nicht zuletzt aus der Einsicht in die Notwendigkeit von öffentlicher Theologie, die ihre Selbstverpflichtung auf eine ethisch-politische Verantwortung ernst nimmt und sich dazu selbst eine Zeit- und Gesellschafts-entsprechende Dynamik verleihen will. Wenn diese ihre Kraft von theologisch-anthropologischem Denken in interreligiöser Perspektive her nimmt, generiert sich public theology. (Vgl. bereits zum Postulat ökumenischer Anthropologie als public theology ebd., 483-488. Zur grundsätzlich theologisch-anthropologisch relevanten Verantwortung und Aktualisierung des Anspruches der Rede von der ‚Öffentlichkeit des Glaubens‘ in individuell-personaler und doch auf das universale, das Ganze ausgerichteter Perspektive vgl. VOLKER GERHARDT, Die Öffentlichkeit des Glaubens. Über eine strukturelle Analogie von Glauben und Wissen. In: HEINRICH BEDFORD-STROHM/PAUL NOLTE/RÜDIGER SACHAU [Hg.], Kommuni-kative Freiheit. Interdisziplinäre Diskurse mit Wolfgang Huber, Leipzig 2014, 67-81, hier besonders 80f.; vgl. schließlich zum allgemeinen Themenkomplex öffentlicher Theologie in Interreligiosität CHRISTIANE TIETZ/MAHA EL KAISY-FRIEMUTH/KLAUS VON STOSCH/ ABDELMALEK HIBAOUI, Öffentlich und interreligiös. Zukunftsperspektiven für christliche und islamische Theologie. In: MOHAMMAD GHARAIBEH/ESNAF BEGIC/HANSJÖRG SCHMID/ CHRISTIAN STRÖBELE [Hg.], Zwischen Glaube und Wissenschaft. Theologie in Christentum und Islam, Regensburg 2015, 254-270).

9 ANDREAS BSTEH, Hören auf sein Wort. Der Mensch als Hörer des Wortes Gottes in christlicher und islamischer Überlieferung, Mödling 1992.

10 Vgl. HANSJÖRG SCHMID u.a. (Hg.), Verantwortung für das Leben. Ethik in Christentum und Islam, Regensburg 2008.

2. SPEZIFISCHE FRAGESTELLUNG, FORSCHUNGSSTAND, DESIDERATE 17

anglikanisch-kirchlich geleiteten Building Bridges Seminar eine christlich-mus-limische Konferenz zum Thema Mensch und Menschlichkeit11 initiiert worden. Der im Rahmen des einstigen Bamberger Graduiertenkollegs Anthropologische Grundlagen und Entwicklungen im Christentum und Islam entstandene Ta-gungsband zum Symposion „Was ist Humanität?“12 enthält eine interreligiös und interdisziplinär verfasste Zusammenstellung verschiedener, teils sehr spe-zifisch angelegter Beiträge zum Thema Humanität vor dem Hintergrund der Kommunikation zwischen Gott und Mensch wie zwischen Mensch und Mensch; hier steht die Vereinbarkeit religiös-anthropologischer Gehalte mit Werten des Humanismus im Zentrum des Gesprächs, an welchem im konkreten Symposion noch sehr wenige muslimische Beiträge beteiligt sind. Eine Veröf-fentlichung des Projektes Interreligiöses Begegnungslernen – die Kooperie-rende Fächergruppe in der Schule13 präsentiert mit vornehmlich religionspäda-gogischer Zielsetzung theologische, philosophische, religionswissenschaftliche und religionspädagogische Zugänge zur anthropologischen Frage in jüdischer, christlicher und islamischer Perspektive. Ferner sind in jüngeren Sammelveröf-fentlichungen zu diversen Kernthemen im christlich-muslimischen Gespräch auch zum theologischen Menschenverständnis in Ansätzen kooperative Kurz-schlussfolgerungen vollzogen worden.14 Bei den genannten Projekten geht es allerdings vorwiegend eher um die grundsätzliche Begegnung zwischen den Zu-gängen der verschiedenen religiösen Traditionen als um eine intertheologische und interphilosophische Gedankenverschaltung im systembildenden Sinne.

Hervorzuheben sind überdies die durchaus dialogtheologisch angelegten Einzelstudien von Andreas Renz und Anja Middelbeck-Varwick.15 Die Ergeb-nisse bei Andreas Renz sind nach wie vor wegweisend für den Nachvollzug einer theologisch-anthropologischen Verhältnisbestimmung zum islamischen Denken in der Perspektive christlich-dogmatischer Theologie, zumal hier schöpfungs-, offenbarungs- und freiheitstheologische, hamartiologische, soteri-ologische und glaubenshermeneutische Vergleiche und Relationierungen durchgeführt werden. Anja Middelbeck-Varwicks Versuch einer dialogtheolo-gischen Verhandlung des Theodizeeproblems zwischen Christentum und Islam

11 Vgl. MICHAEL IPGRAVE/DAVID MARSHALL (Hg.), Humanity. Texts and Contexts, Washington D.C. 2011.

12 MARIANNE HEIMBACH-STEINS/ROTRAUD WIELANDT (Hg.), Was ist Humanität? Interdiszipli-näre und interreligiöse Perspektiven, Würzburg 2008.

13 KATJA BOEHME (Hg.), „Wer ist der Mensch?“. Anthropologie im interreligiösen Lernen und Lehren, Berlin 2013.

14 Vgl. TATARI/RENZ, Stellvertreter Gottes, 158; KLAUS HOCK/MOUHANAD KHORCHIDE/ CHRISTOPH SCHWÖBEL/ABDULLAH TAKIM, Der Mensch in der Schöpfung. In: SUSANNE HEINE u.a. (Hg.), Christen und Muslime im Gespräch. Eine Verständigung über Kernthemen der Theologie, Gütersloh 2014, 108.

15 ANDREAS RENZ, Der Mensch unter dem An-Spruch Gottes. Offenbarungsverständnis und Menschenbild des Islam im Urteil gegenwärtiger christlicher Theologie, Würzburg 2002 bzw. ANJA MIDDELBECK-VARWICK, Die Grenze zwischen Gott und Mensch. Erkundungen zur Theodizee in Islam und Christentum, Münster 2009. Beide Zugänge werden in Kap. IV.2.1.2 noch einmal aufgegriffen.

EINLEITUNG 18

stößt in seinen geistesgeschichtlichen Betrachtungen bereits Aspekte an,16 die zu dem Bereich der Forschungslücke gehören, den die vorliegende Arbeit zu füllen beabsichtigt: Es ist unbedingt geboten, das bislang noch nicht geleistete Unterfangen in Angriff zu nehmen, eine religionsdialogisch maßgebliche Form der anthropologischen Begegnung zwischen den beiden betreffenden Theolo-gien vor dem Hintergrund des für den modern-anthropologischen Zeitindex so zentralen Motivs der Selbstbestimmtheit in Relationalität herauszustellen. Das besondere, bei weitem noch ausstehende Gesuch liegt hier im Anspruch, die zu ermittelnde gegenwartsrelevante Begegnungsform von einem ideenhistorischen Erkenntnisprozess her zu verstehen bzw. verständlich zu machen, welcher in einer Neudeutung die Rolle des islamischen Einflusses auf eine für die geistes-geschichtliche Entwicklung des Abendlandes entscheidende Periode des Mit-telalters (die Hoch- bis Spätscholastik des 13. bis 14. Jh.) berücksichtigt.17 Dies soll nicht zuletzt dem offensichtlichen Bedarf an Erkenntnisfortschritt hinsicht-lich der tiefgründiger zu eruierenden engen Verwobenheit abendländischer und islamischer Geistes- und Wissenschaftsgeschichte18 Rechnung tragen. Was den ideengeschichtlichen Forschungsstand betrifft, so haben sich bislang mehrere transmissions- bzw. rezeptionshistorische Analysen mit der Einführung islami-schen Geistes- und Kulturgutes in das abendländische Denken des lateinisch-christlichen Mittelalters befasst.19 Während sich Studien wie die von Ulken20 oder Watt21 explizit mit dem Einfluss islamischen Denkens und Wissens auf Europa auseinandersetzen, widmen sich die Betrachtungen von Lewis/Niewöh-ner22 und Lutz-Bachmann/Fidora23 insbesondere den für das mittelalterliche al-Andal�s als solche identifizierbaren ,Religionsdialogen‘. Die meisten Darstel-

16 Vgl. z.B. MIDDELBECK-VARWICK, Die Grenze zwischen Gott und Mensch, 132-135, 330. 17 Vgl. auch RAHNER, ‚Ein gemeinsames Wort zwischen uns und Euch ...‘?, 172. 18 Vgl. JENS BAKKER, Geistes- und theologiegeschichtliche Gemeinsamkeiten zwischen lateini-

schem Westen und islamischer Welt. In: GHARAIBEH/BEGIC/SCHMID/STRÖBELE, Zwischen Glaube und Wissenschaft, 41-55, hier 55.

19 Beispielhaft seien hier genannt CHARLES BURNETT, Arabic into Latin: the Reception of Arabic Philosophy into Western Europe. In: PETER ADAMSON/RICHARD C. TAYLOR (Hg.), The Cambridge Companion to Arabic Philosophy, Cambridge 2005; HANS DAIBER, Lateinische Übersetzungen arabischer Texte zur Philosophie und ihre Bedeutung für die Scholastik des Mittelalters. In: JACQUELINE HAMESSE/MARTA FATTORI (Hg.), Rencontres de cultures dans la philosophie médiévale, Louvain-la-neuve-Cassino 1990, 203-250; ANDREAS SPEER/LYDIA WEGENER (Hg.), Wissen über Grenzen. Arabisches Wissen und lateinisches Mittelalter, Berlin-New York 2006. Zu weiteren Beispielen s. Kap. II.1.2.

20 H. Z. ULKEN, Theological Influence. In: MIAN MOHAMMAD SHARIF (Hg.), A History of Mus-lim Philosophy. Bd. II. Book six: Influence of Muslim Thought. 68 On the West, Wiesbaden 1966, 1359-1367.

21 WILLIAM MONTGOMERY WATT, Der Einfluß des Islam auf das europäische Mittelalter, Berlin 1988.

22 BERNHARD LEWIS/FRIEDRICH NIEWÖHNER (Hg.), Religionsgespräche im Mittelalter, Wiesba-den 1992.

23 MATTHIAS LUTZ-BACHMANN/ALEXANDER FIDORA (Hg.), Juden, Christen und Muslime. Re-ligionsdialoge im Mittelalter, Darmstadt 2004.

2. SPEZIFISCHE FRAGESTELLUNG, FORSCHUNGSSTAND, DESIDERATE 19

lungen implizieren zwar einen gewissen kulturgeschichtlichen Respekt gegen-über den islamisch-kognitiven Einflüssen jener Zeit, ziehen jedoch die explizit islamisch-theologische und -philosophische Impaktkomponente hinsichtlich ei-niger besonders einschlägiger Themenkreise zu wenig in Betracht; so fehlt vor allem eine eruierte Auswertung des – in sich bereits erschlossenen24 – metaphy-sischen Denkens Ibn S

�n�s im Rahmen des hoch- bis spätscholastisch-christli-

chen Gottesverständnisses und der damit zusammenhängenden drastischen ideen- bzw. mentalitätshistorischen Folgen bis spät in die Neuzeit, ja sogar bis in die gegenwärtige Moderne/Spätmoderne-Situation.

Im Zuge der Thesen Hans Blumenbergs wird die Auffassung vertreten, die scotische und ockhamsche bzw. ockhamistische Theologie und der daraus re-sultierende ,theologische Absolutismus‘ des Nominalismus seien ursächlich für die daraufhin einsetzenden philosophisch-adversiven Trends einer ,humanen Selbstbehauptung‘.25 Da diese den Zeitgeist der Neuzeit bis in die Mo-derne/Spätmoderne-Situation hinein maßgeblich bestimmt hat, – und zwar be-sonders im Hinblick auf das aufklärerische und säkulare Gepräge des autono-men Menschen sowie auf die damit verbundene Entstehung anthropologischer und schließlich theologisch-anthropologischer Zugänge – ist eine Klärung der weitreichenden Dimensionen des speziell in diesen Verläufen bislang kaum be-rücksichtigten islamischen Impetus’ von dringender Notwendigkeit, zumal dazu lediglich vereinzelte assoziierbare oder hypothetische Anrisse bestehen.26 Diese Klärungen gehen davon aus, dass in der Hoch- bis Spätscholastik vor-nehmlich initiiert durch Johannes Duns Scotus und unter einem anteiligen Ein-fluss muslimischen Denkens der Freiheitsbegriff im Sinne der Selbstbestim-mung theologisch hochsignifikant wird. Dieser Freiheitsbegriff wandert über Umwege aus der Theologie heraus, nimmt seine Bahn durch die philosophi-schen Pfade von Neuzeit und Aufklärung und wird zur zentralen Signatur der Moderne. Dass er sich bereits seit der Aufklärung wiederum zur besonderen Herausforderung der Theologie entwickelt, lässt in der Folge die theologische Anthropologie eminent werden, was schließlich zu deren Zentralität als dogma-tischem Traktat führt. Gleichzeitig kann die theologische Anthropologie zuneh-

24 Als sehr aufschlussreich erweist sich hier TIANA KOUTZAROVA, Das Transzendentale bei Ibn S�n�. Zur Metaphysik als Wissenschaft erster Begriffs- und Urteilsprinzipien, Leiden 2009.

25 Vgl. HANS BLUMENBERG, Die Legitimität der Neuzeit, Kap. III und IV; ferner RICHARD HEINZMANN, Philosophie des Mittelalters, Stuttgart 1992, 246ff.; ROMAN A. SIEBENROCK, Allmacht und andere Mächte und Gewalten. Skizze eines systematisch-theologischen Projektes zum Verhältnis von Gott und politischem Diskurs in einer „postsäkularen“ Zeit. In: WOLFGANG PALAVER/DERS./DIETMAR REGENSBURGER (Hg.), Westliche Moderne, Christentum und Is-lam. Gewalt als Anfrage an monotheistische Religionen, Innsbruck 2008, 213-230, 223.

26 Vgl. JOHN MARENBON, Chapter 58. Medieval Christian and Jewish Europe. In: SEYYED HOSSEIN NASR/OLIVER LEAMAN (Hg.), History of Islamic Philosophy, Part II, London-New York 1996, 1001ff.; ANJA MIDDELBECK-VARWICK, Die Grenze zwischen Gott und Mensch, Erkundungen zur Theodizee in Islam und Christentum, Münster 2009, 330; RAHNER, ‚Ein ge-meinsames Wort zwischen und und Euch ...‘?, 172.

EINLEITUNG 20

mend als Maßstab für die Modernetauglichkeit einer Religion identifiziert wer-den. Aus diesen Gründen hat die Gesamtperspektive der hier durchzuführenden Untersuchungen entschieden theologisch-anthropologische Fluchtlinien bzw. als Fluchtpunkt ein theologisch-anthropologisches Testfeld für die interreligi-öse Modernetauglichkeit von christlicher und islamischer Mentalität. Entspre-chend müssen die Operationen auf diesem Testfeld wiederum auf intertheolo-gische Weise durchgeführt werden.

Der philosophisch-theologische Gelehrte Johannes Duns Scotus (1265/66-1308) ist als lateinisch-christlicher Protagonist der ideenhistorischen Studien ausgewählt worden, da das Denken in seinen Schriften für die augenfällige Ein-leitung einer Gottesbildprogrammatik steht, welche, wie oben erwähnt, zum Be-ginn des ,theologischen Absolutismus‘ im 14. Jh. und die dadurch losgetretene ,humane Selbstbehauptung‘ geführt haben soll. (Auf Wilhelm von Ockham als denkerischen Nachfolger des Scotus im Kontext der besagten Gottesbildpro-grammatik muss am Rande ebenfalls eingegangen werden.) Neben der Einbe-ziehung frühislamischer und klassischer spekulativ-theologischer Elemente wird die metaphysische Theologie des zweiten ideenhistorischen Protagonisten, des etwa drei Jahrhunderte vor Scotus wirkenden persischen Gelehrten Ab� Al

al-�

usayn ibn Abdall�h ibn S

�n� (980-1037), als Einflussgröße im Vorder-

grund stehen, zum einen weil ein grundsätzlicher Einfluss der ibn-sinischen Me-taphysik auf Duns Scotus bereits bekannt ist,27 zum anderen weil Ibn S

�n�s Den-

ken die muslimische Geisteswelt bis heute entscheidend prägt und bestimmt. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die in dieser Arbeit für die Analysen mus-limischen Denkens überwiegend betrachtete iranisch-schiitische Geistessphäre, die nicht aus Ignoranz gegenüber dem Stellenwert sunnitischen Denkens zentriert wird, sondern um das bei weitem noch zu wenig beachtete fundamen-tal- wie dialogtheologische Potential der – trotz erweiterter Bemühungen (siehe dazu die entsprechenden Ausführungen in Kap. I.2) – nach wie vor zu gering dynamisierten „Schätze des iranischen Islam“28 nutzbar zu machen. Beide ideenhistorischen Hauptfiguren müssen überdies bis in den gegenwärtigen Re-flexionszusammenhang hinein als wichtige Erkenntnislieferanten für Fragen der theologischen Anthropologie und der Dialogtheologie ernst genommen werden. In der Konsequenz wird der nun aus diesem ideenhistorischen Kontext heraus begreifliche gegenwartstheologische Diskurs der interreligiösen theolo-gisch-anthropologischen Begegnung zu führen sein, der bislang weder in zeit-diskursiver Hinsicht und mit Blick auf die mit den entsprechenden anthropolo-gischen Fragen stets zusammenhängenden Zeitgeistanalysen um Modernität

27 Vgl. THÉRÈSE-ANNE DRUART (Hg.), Ibn S�n� (Avicenna) and Duns Scotus. In: MARY B.

INGHAM/OLEG BYCHKOV (Hg.), John Duns Scotus, Philosopher. Proceedings of “The Quad-ruple Congress” on John Duns Scotus, Münster 2010, 13-27; KOUTZAROVA, Das Transzen-dentale bei Ibn S

�n�, 322-329.

28 ULRICH SCHOEN, Gottes Allmacht und die Freiheit des Menschen. Gemeinsames Problem von Islam und Christentum, Münster-Hamburg-London 2003, 128.

2. SPEZIFISCHE FRAGESTELLUNG, FORSCHUNGSSTAND, DESIDERATE 21

und Spätmodernität in dieser Form geführt worden ist, noch in einer systema-tisch-dialogtheologischen Perspektive, welche im Feld dieser Fragen Orientie-rung schaffen könnte. Letztere wird nicht umhin kommen, eine Ermittlung der grundsätzlichen Bedingungen eines systematischen theologisch-anthropologi-schen Denkens im Islam zu gewährleisten, zumal es sich um ein dort „theolo-gisch […] noch nicht traditionell durchpflügt[es]“ Feld handelt.29 Die Auswahl der gegenwartstheologischen Entwürfe zur Thematik der Anthropologie bzw. der Gott-Mensch-Relationsfrage begründet sich auf der christlichen Seite fol-gendermaßen: Während es zunächst notwendig ist, zur grundsätzlichen Orien-tierung aus dem Inhalt dreier klassischer Entwürfe (Karl Rahner, Wolfhart Pannenberg, Otto H. Pesch) zu schöpfen, werden die hier in den Mittelpunkt gestellten Autoren (David H. Kelsey, Herbert Schneider, Thomas Pröpper und Jürgen Werbick) in erster Linie aufgrund ihres zuträglichen Aussagewertes hin-sichtlich der Konzentration des hier angelegten theologisch-anthropologischen Diskurses auf die vier bereits durch die ideenhistorischen Analysen als maßgeb-lich herausgestellten Kategorien Freiheit, Wille, Macht und Liebe herangezo-gen. Ferner sind ihre Positionen – außer im Falle Kelseys – in wesentlichem Maße auf scotisches Denken rückbeziehbar (am stärksten im Falle des dezidier-ten Scotusforschers Herbert Schneider, der seine Entwürfe ausschließlich von Scotus her konzipiert hat). Auf der muslimischen Seite steht neben dem Basis-kriterium, mit iranisch-schiitischen Konzepten (Mehd

� ���er

� Yazd

�*,

Mo�ammad Mo�tahed Šabestar�*, �

am�d P�rs�niy�, Reza Hajatpour) zu arbei-

ten, ebenfalls die Relevanz der Inhalte hinsichtlich der anthropologischen Dis-kurskategorien Freiheit, Wille, Macht und Liebe im Vordergrund; ein weiteres entscheidendes Kriterium ist die Rückbeziehbarkeit auf Ibn S

�n�, die allein im

Falle Mo�tahed Šabestar�s* geringer ausgeprägt ist. (Auch hier soll die knappe

Vorstellung der klassischen Positionen zweier hoch anerkannter Lehrautoritä-ten, All

�meh Seyyed Mo�ammad

�oseyn �ab

��ab���* und Šah

�d Morte��

Motahhar�*, einen orientierenden Einstieg in die schiitische Grundpositionie-

rung zur Frage nach dem Menschen und seiner Bedeutung im Angesicht Gottes liefern.) Ferner lassen sich schiitische Erörterungsformen in der Regel – wenn auch in unterschiedlicher Intensität – als vom Erbe der rational-spekulativen Denkformen der islamischen Schule des Mu tazilismus geprägt bezeichnen, die bereits für die zeitdiagnostischen Betrachtungen von Interesse sein werden.

Während bezogen auf die beiden hier in den Mittelpunkt gestellten histori-schen philosophisch-theologischen Protagonisten Duns Scotus und Ibn S

�n� die

Mitberücksichtigung von einschlägigen Primärtexten respektive deren Überset-zungen (vornehmlich Scotus’ Lectura/Ordinatio/Reportatio sowie sein Tracta-tus de primo principio, Ibn S

�n�s Metaphysik [al-Ilh�yt] im Kitb aš-šif �

bzw. im Avicenna Latinus, das Dnešnmeh-ye �Al ��* und al- az�l�s Maq!id

29 FELIX KÖRNER, Kirche im Angesicht des Islam. Theologie des interreligiösen Zeugnisses, Stuttgart 2008, 44. Vgl. zum diesbezüglichen Forschungsstand Kap. IV.2.1.1.

EINLEITUNG 22

al-falsifa in Form der lateinischen Übertragung Liber Algazelis de summa the-oricae philosophiae) und Sekundäranalysen eine zentrale Rolle spielt, kommt neben gängigen Standardwerken und -lexika der katholischen und evangeli-schen Theologie sowie der islamischen Theologie und der Islamwissenschaft eine Vielzahl spezifischer Fachstudien (Sekundärliteratur) zu verschiedenen, der Hauptthematik zuträglichen Einzelthemenfeldern zur Verwendung. Zeitge-nössische Zugänge zum Bereich der theologischen Anthropologie bzw. der Gott-Mensch-Relationstheologie werden unter der Verwendung ausgewählter Monographien, Aufsätze und Artikel der jeweiligen Autoren untersucht. Weder bei diesen Analysen noch bei den ideenhistorischen Untersuchungen geht es um die quantitative Totalerfassung der Literaturbestände, sondern ausdrücklich um die Herausarbeitung der für das Forschungsanliegen relevanten Kernaspekte.

3. Methodik und Formalia

Was die Methodik der vorliegenden Arbeit anbelangt, so müssen der binnen-thematischen Diversität wegen verschiedene Linien verfolgt werden: Die Studie wird bewusst sowohl aus christlich-theologischer Sicht als auch aus islamisch-theologischer Sicht vollzogen, um dem Anspruch der Gesamtproblematik so gerecht wie möglich zu werden. Christliche Theologie wird dabei – wenn auch mit katholisch-theologischer Schwerpunktsetzung – durchaus im ökumenischen Sinne vertreten, während das grundsätzlich persisch-schiitische Kolorit der is-lamisch-theologischen Zugangsweise nicht als gegen sunnitische Theologien gerichtete Ausschlussposition zu verstehen ist, sondern als bewusst gewählte Dynamisierung der hohen, bislang immer noch im interreligiösen und interkul-turellen Diskurs zu sehr marginalisierten Leistungsfähigkeit schiitischen Den-kens sowohl im Hinblick auf die dialogtheologische Prozessualität als auch hinsichtlich der binnentheologischen Horizontweitung und Reflexionsintensi-vierung muslimischen Denkens. Anstatt islamische Theologie hier als Disziplin radikal von der sog. Islamwissenschaft abzugrenzen, werden zahlreiche für die Bearbeitung relevante Beiträge der letzteren eher in einem Komplementärver-fahren mit der ersteren verknüpft, um den epistemologischen Leistungsgrad zu optimieren.

Die Vorstöße werden – insbesondere auch, was die Beschäftigung mit theo-logisch-anthropologischen Kontexten betrifft – einen vornehmlich intrinsezis-tisch-fundamentaltheologischen Modus einnehmen. Anders als die streng (christlich-)dogmatische theologische Anthropologie, welche in der Regel mit-tels eines Durchgangs durch die mit ihr konnektierten dogmatischen Subdiszip-linen Schöpfungstheologie, Offenbarungstheologie, Trinitätstheologie, Christo-logie, Eschatologie, Gnadentheologie, Soteriologie, Sakramenttheologie, Ek-

3. METHODIK UND FORMALIA 23

klesiologie (islamisch gedacht auch Prophetologie und ‚Ummatologie‘) betrie-ben würde, wird theologische Anthropologie hier hauptsächlich von ausgewähl-ten geistes- und zeitgeschichtlich bedingten Voraussetzungen der Subjektidee her philosophisch und theologisch durchgeführt. Es steht also die ideenhisto-risch und zeitdiskursiv orientierte fundamentaltheologische Verhandlung einer theologischen Anthropologie der Selbstbestimmtheit in Relationalität im Vor-dergrund. In diesem Falle bedeutet das auch die hier getroffene Entscheidung, (gerade angesichts der thematischen Herausforderung von interreligiöser und zeitgeschichtlich-theologisch-anthropologischer Forschung) die aufgegriffenen theologischen und philosophischen Zugangswege nicht voneinander getrennt zu behandeln, sondern unter dem Bewusstsein ihrer unveräußerlichen Verwoben-heit. Nichtsdestotrotz sind auch dogmentheologische bzw. dogmengeschichtli-che Ausgriffe unumgänglich; die genannten theologisch-anthropologisch rele-vanten dogmatischen Subdisziplinen werden daher je nach Beziehbarkeit auf die wesentlichen fundamentaltheologischen Bearbeitungsfelder entweder mar-ginal oder (wie besonders im Falle der Schöpfungstheologie) intensiv erhoben.

Auch wenn interreligiöse Theologie vom komparativ-theologischen Typ die übergeordnete Leitmethode der hier vorgelegten Studie konstituiert, trennt sie sich letztendlich nicht von bewährten systematisch-theologischen Standards, wenn sie auch zuweilen zu gewissen Neureflexionen und Neuformulierungen von Anteilen derselben tendieren mag. Längerfristig wird jeder, der Kompara-tive Theologie ernsthaft betreiben möchte, mit mehr oder weniger intensiven Modifikationen bestehender theologischer Methoden rechnen müssen. Die in der Arbeit angelegte Vorgehensweise wird sozusagen eine virtuelle Form des-sen zeigen, was auch als „transcendent dialogue“ oder als „dialogue of intenti-onal cognitive (theological/ideological) interaction“ bezeichnet wird.30 Geht man von der dialogtheologischen Distinktion von „theology for, in, and after (or consequent upon) dialogue“ aus,31 befasst sich das erste Kapitel der Arbeit mit der Frage nach einer ,Theologie für den Dialog‘ und die Hauptkapitel II bis V demonstrieren eine ,Theologie im Dialog‘. Die konkret intertheologische Re-lationierung und Dialogisierung im fünften Kapitel leitet bereits die in Kapitel VI konzipierte interreligiös-theologische ,Theologie nach dem Dialog‘ ein.

Prinzipiell kommt die Studie um die Korrelationierung hermeneutischer und analytischer Verhandlungen innerhalb der komparativ-theologischen Untersu-chungen nicht herum. Zudem sei darauf verwiesen, dass der grundsätzlich kom-parativ-theologische Zugang angesichts der Impakt-orientierten Thesen ideen- bzw. rezeptionshistorische Untersuchungen in sich hineinholt, hinsichtlich der Fragen der Gotteslehre und des Menschenverständnisses dogmatische und phi-

30 DOUGLAS PRATT, Theology after Dialogue. Christian-Muslim Engagement Today and Tomor-row. In: ICMR 26.1 (2015) 89-101, 96.

31 Ebd., 97.

EINLEITUNG 24

losophische Codierungen und in Bezug auf die zeitdiskursiv-rationale Verant-wortung einer Rede vom Gott-Mensch-Verhältnis fundamentaltheologische Ex-plikationsausgriffe.

Es sind sowohl die Gotteslehre als auch das theologische Menschenverständ-nis hinsichtlich des Wesens- und Eigenschaftendiskurses, die den hier zu be-handelnden Gegenstand bestimmen. (Dies schließt die Integration metaphy-sisch-ontologischer Klärungen mit ein.) Da die Begriffe ‚Gottesbild‘ und ‚Menschenbild‘ (selbst ‚Gott-Mensch-Relation‘) gerade in unserem speziellen systematisch-theologischen Zusammenhang etwas banal bzw. unpräzise wir-ken, müssen exaktere Gegenstandsbegriffe fixiert werden. Im Kontext der Tat-sache, dass wir uns – organisationsbegrifflich – im Bereich der Gotteslehre, der theologischen Anthropologie und des Zeitdiskurses bewegen, sind neben dem bereits feststellbaren Arbeits-Topos „Gott-Mensch-Relation der Autonomie in Theonomie“ die entsprechend zu prüfenden theologisch normativen Begriffe zu nennen: Im hiesigen Falle werden diese mit den sich bereits von den ideenhis-torisch-theologischen Analysen her nahelegenden Kennzeichnungen Freiheit, Wille, Macht und Liebe angeführt. Der Begriff der Vernunft, den man zweifels-ohne auch als weitere normative Grundvokabel addieren könnte, wird hier we-gen der theologischen Sachgewichtungsintention der Studie als den oben ge-nannten normativen Begriffen subsistent gedacht bzw. als Vermögensexpres-sive Konnotation der Macht-Vokabel verwendet. Da der o.g. ArbeitsTopos ei-nen Personbegriff-orientierten Kontext der Absolutheit/Bedingtheit-Distinktion zum Hintergrund nimmt, sind die festzulegenden normativen Untersuchungs-begriffe bewusst auf die bereits angeführten eingegrenzt worden, und zwar im Verständniszusammenhang ihrer theologisch-anthropologischen Semantik.32 Der organisierende Begriff der theologischen Anthropologie wird dabei stets in der Ausgewogenheit von Theozentrik und Anthropozentrik, keineswegs aber in einer einseitigen Gewichtung zu denken sein.

Die Arbeit verzichtet auf eine explizite eröffnende Begriffsabgrenzung, da die zentralen Begrifflichkeiten der komplexen Themenkreise nur aus dem Analy-sekontext heraus angemessen in ihrer spezifischen Bedeutung erfassbar sind. Bibelstellen werden – unter der Benutzung der Einheitsübersetzung, der deut-schen Übersetzung Martin Luthers und des Novum Testamentum Graece – mit den gängigen Kürzeln angegeben, Qur ��n-Stellen sind – in der Regel unter Ver-wendung der Übersetzung von Ahmad Milad Karimi33 – mit der vorangestellten Angabe ‚Q‘ in Klammern angeführt (Surenangabe vor, Versangabe hinter dem

32 Vgl. zumindest in christlicher Hinsicht dazu auch den Bestand expliziter Erklärungen jedes dieser zentralen Begriffe im Handwörterbuch Theologische Anthropologie (HWThA = BERTRAM STUBENRAUCH/ERZPRIESTER ANDREJ LORGUS [Hg.], Handwörterbuch Theologi-sche Anthropologie. Römisch-katholisch/Russisch-orthodox. Eine Gegenüberstellung, Frei-burg i.Br. 2013).

33 Auf die Anführung der in dieser Qur ��nübertragung verwendeten rhythmischen Stimmabsatz-zeichen wird aus Vereinfachungsgründen verzichtet.

4. AUFBAU 25

Komma). Auf Personen, Ereignisse und Zeiträume bezogene Zeitangaben wer-den der Einfachheit halber nur nach dem gregorianischen Kalender angegeben. Bei Literaturangaben zu Veröffentlichungen aus dem iranischen Raum wird nach einem Schrägstrich zusätzlich das Publikationsjahr ohne jede weitere An-gabe entsprechend der islamischen Zeitrechnung hi

r� šams� genannt, bei Lite-

raturangaben zu Publikationen aus dem arabischen Raum entsprechend der is-lamischen Zeitrechnung hi

r� qamar�. Lateinische, griechische, arabische und

persische Textzitate sind in der Regel durch Kursivsetzung hervorgehoben. Die Umschrift arabischer Fachtermini, Phrasen, Namen und Titel folgt dem

System der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft (DMG). Von der arabi-schen Transkriptionsform aussprachebedingt abweichende Transkriptionen persischer Fachtermini, Phrasen, Namen und Titel sind mit einem nachgestell-ten Asterisken (*) gekennzeichnet. Spezifische griechische Begriffe und Phra-sen werden in griechischer Schrift belassen.

4. Aufbau

Das erste Kapitel eröffnet die Arbeit mit einer allgemeinen Kurzdarstellung der (christlich-muslimischen) interreligiösen Begegnungs- bzw. Dialogsituation, klärt die aktuellen Forschungsdebatten um die zentralsten religions- und dialog-theologischen Theoriebildungsmodelle und schließt mit einer vorläufigen me-thodologischen Entscheidung zur interreligiös-theologischen Durchführungs-form der Studie.

Kapitel II bildet den ersten Teil der thematischen Kernanalyse: Der ideenge-schichtliche Weg zum (theologisch-)anthropologischen Denken des Abendlan-des wird hier in einer interreligiösen und interkulturellen Perspektive neu ein-geordnet, indem er auf seine mittelalterlich-scholastischen Ausgangspunkte zurückgeführt und nach Impulsen für diese ‚christlichen‘ Ausgangspunkte ge-fahndet wird, die – so die hier vertretene These – aus dem islamischen Kultur-raum stammen. Es geht dabei selbstverständlich nicht darum, solche islami-schen Impulse zu den Hauptursachen dieser Entwicklungen okzidentaler Geistesgeschichte zu stilisieren, sondern darum, den Stellenwert der Einfluss-formen, welcher durchaus gegeben ist, zu ermitteln und darzulegen. Daher wird die Arbeit hier zunächst versuchen, mit Blick auf die Gottesbildkonzeption mögliche Einflüsse islamischen Denkens (sowohl theologischer als auch philo-sophischer Natur) auf die Lehrentwicklung der christlichen Scholastik im hoch- bis spätmittelalterlichen Europa nachzuzeichnen. Angesichts der weitreichen-den Folgen der Anschauungen des Duns Scotus und ihrer eminenten Bedeutung für die abendländische Mentalitäts- und Theologiegeschichte bis in die Gegen-

EINLEITUNG 26

wart ist sein Denken nicht nur in diesem Kapitel elementar. Es wird in den Ana-lysen der gesamten Arbeit immer wieder eine entscheidende und orientierende Rolle spielen. Zunächst beschreibt das Kapitel neben binnenchristlichen Vo-raussetzungen das gottesbildbezogene Innovationsprogramm des Scotus inklu-sive seiner Vorstellung von der völligen Unabhängigkeit und absoluten Selbst-bestimmtheit Gottes und behandelt die hypothetische Frage nach dem isla-mischen Geistesgut als möglichem Impulsgeber. Aus einer darauf folgenden Vorstellung des bisherigen Forschungsstands über die Bekanntheit islamischen Denkens unter christlichen Gelehrten im mittelalterlichen Europa und damit über den Transmissions- und Rezeptionszusammenhang ergeben sich die gesi-cherten wie wahrscheinlichen Vorlagen islamischen Denkens für mögliche Einbindungen bei Scotus. Innerhalb einer teils theologiegeschichtlichen, teils systematischen Darstellung sind dann die für die Analyse als entscheidend be-fundenen Anteile islamischer Gotteslehre auf das Denken des Scotus zu bezie-hen. Dazu werden sowohl grundsätzliche bzw. qur ��nische wie frühislamisch-theologische und klassisch-spekulative Grundlagen abgehandelt, bevor der historische Protagonist islamischerseits als wichtige Bezugsgröße zu Gehör kommt: Die metaphysische Theologie Ibn S

�n�s ist hier als adäquate Quelle für

den christlichen Scholastiker zu untersuchen, wobei ontologisch-philosophi-sche Prämissen ebenso eine Rolle spielen wie spezifisch islamische Züge der ibn-sinischen Philosophie. Auch das Denken des Ibn S

�n� wird weiten Teilen

der vorliegenden Studie als orientierender Bestand dienen.34 Von den Ergebnis-sen dieser Untersuchungen her sollen im nächsten Schritt die Konsequenzen der besagten geistesgeschichtlichen Prozesse geklärt und neu beurteilt werden. Das bedeutet zum einen, die Rolle der hoch- bis spätscholastischen Protagonisten insbesondere mit Blick auf die neuzeitliche Hinwendung zum (theologisch-) anthropologischen Denken neu zu beurteilen.

Zum anderen bedeutet es, im nächsten Kapitel (III) und damit im zweiten Teil der thematischen Kernanalyse auf den Modernediskurs in christlich-abend-ländischer Perspektive und in islamisch-orientalischer Perspektive einzugehen, da auch dieser letztlich enge Bezüge zu der besagten ideengeschichtlichen Dy-namik aufweist. Thematisiert werden müssen hier daher die mit der anthropo-logischen Frage stets verknüpften zeitdiagnostischen Elemente um Modernität, Postmodernität und Postsäkularität. Das Kapitel wird mit einem interreligiös gefassten Fazit zu den sich aus den vorangegangenen Untersuchungen ergeben-den zeitdiagnostisch relevanten Aspekten des Glaube-Vernunft-Diskurses, der Verortung von religiösem, theologischem und spezifisch theologisch-anthropo-logischem Denken und der Zeitgeistevaluation beschlossen.

34 Es kann natürlich nicht das Anliegen der Arbeit sein, alle ihre Erkenntnisse in das Korsett einer scotistisch-ibn-sinistischen Weltgesamtmetaphysik zu zwängen. Wohl soll aber umfassend auf die kontinuierliche, herausragende und viel zu häufig verkannte Bedeutung der Geisteswelt der beiden historischen Protagonisten für die Beurteilung folgenreicher geistesgeschichtlicher und Zeitdiskurs-relevanter Gedankenbestände aufmerksam gemacht werden.

4. AUFBAU 27

Auf diesen ideen- und zeitgeschichtlichen Transit in die Sphäre theologisch-anthropologischer Interreligiosität folgt im dritten Teil der thematischen Kernanalyse mit den Kapiteln IV und V die sachdiskursive Ausleuchtung der Möglichkeit theologischer Anthropologie in der Perspektive christlich-musli-mischer Komparativer Theologie: In Kapitel IV wird nach der Klärung der theologischen Anthropologie als Disziplin christlicher Theologie das Feld des Themenkreises (welches nunmehr in dieser Arbeit überwiegend von einer fun-damentaltheologischen Betrachtungsweise her behandelt wird) durch eine the-matische Engführung mittels der vier zentralen Diskurskategorien Freiheit, Wille, Macht und Liebe betreten. Entsprechend ausgerichtet ist die auf eine Dar-legung des scotisch-anthropologischen Vermächtnisses folgende Vorstellung der exemplarischen zeitgenössischen christlichen Konzepte theologisch-anthro-pologischen bzw. Gott-Mensch-relationstheologischen Denkens.35 Die Zugänge der ausgewählten Autoren (Karl Rahner, Otto H. Pesch, Wolfhart Pannenberg, Thomas Pröpper, David H. Kelsey, Herbert Schneider, Jürgen Werbick) werden – sofern gegeben – hauptsächlich unter der Berücksichtigung der vier oben ge-nannten Diskurskategorien und eventueller Spuren scotischen Denkens erläu-tert. Im nächsten Schritt werden islamische Momente theologischer Anthropo-logie den vorangegangenen Verhandlungen christlicher Annäherungen gegen-übergestellt: Nachdem zunächst die grundsätzliche Frage nach der Gegeben-heitsweise von zur christlich-theologischen Anthropologie als Disziplin ver-gleichbaren muslimischen Dimensionen zu behandeln ist, soll auch das anthro-pologische Vermächtnis des Ibn S

�n� dargelegt werden. Die Abhandlung der

ausgesuchten zeitgenössischen muslimischen Entwürfe des theologischen Gott-Mensch-Beziehungsverständnisses bzw. der theologisch-anthropologi-schen Annäherung ( All

�meh Seyyed Mo�ammad

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am�d P�rs�niy�, Reza Hajatpour) orientiert sich ebenfalls zu großen Teilen an

den genannten vier Diskurskategorien und nimmt unter Umständen vorhandene ibn-sinische Prägeaspekte in den Zugängen wahr. Die Arbeit pointiert sich in Kapitel V mit der Demonstration einer konkreten interreligiös-theologischen Relationierung und Dialogisierung der jeweils vorgestellten Zugänge: Darin re-alisiert sich die essentielle Idee einer aus der intertheologischen Diskussion aus-gewählter Aspekte erwachsenden dialogtheologischen Anthropologie; diese ergibt sich durch eine mittels tiefenhermeneutischer Vergleiche und wechsel-seitiger Erklärungsanreize geführte diskursive Verflüssigung der ausgewählten theologischen und philosophischen Zentralgehalte.

Abgerundet wird die gesamte Studie schließlich mit Kapitel VI: Hier werden auf der Grundlage des Durchführungsformats und der dialogtheologischen Ge-samtepistemik der Arbeit Konsequenzen für das Verständnis interreligiöser

35 Wenn in der vorliegenden Arbeit im theologisch-anthropologischen Sinne von ,Gott-Mensch-Relationstheologie‘ die Rede ist, ist stets die Theologie der Interpersonalität bzw. Intersubjek-tivität zwischen Gott und Mensch gemeint.

EINLEITUNG 28

Theologie und damit eine Neuperspektivierung religionstheologischer Modell-bildung und dialogtheologischer Theorieverfassung ermittelt.36

36 Dies geschieht sozusagen im Sinne einer „Theology after Dialogue“ wie sie Douglas Pratt be-schreibt (vgl. PRATT, Theology after Dialogue).

I. ALLGEMEINBEDINGUNGEN UND THEORETISCHE

GRUNDLAGEN INTERRELIGIÖS-THEOLOGISCHER ZUGÄNGE