86, 87c SGB VIII - die Leuchttürme der örtlichen...

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2001-03.doc §§ 86, 87c SGB VIII - die Leuchttürme der örtlichen Zuständigkeit A. Die örtliche Zuständigkeit für Leistungen nach § 86 SGB VIII Gliederung 1 Grundnorm für die örtliche Zuständigkeit 2 Begriffserläuterungen 2.1 „Leistungen nach diesem Buch“ 2.2 „Beginn der Leistung“ 2.3 „Unterbrechung der Leistung“ 2.4 „Eltern“ 2.5 „Gewöhnlicher Aufenthalt“ 2.6 „Örtlicher Träger“ 3 Anknüpfungsmerkmale vor Leistungsbeginn 3.1 Regelfall: Gemeinsamer g.A. der Eltern (Abs. 1) 3.1.1 g.A. der Eltern unabhängig von Personensorge (Satz 1) 3.1.2 Kind ohne rechtlichen Vater: g.A. der Mutter (Satz 2) 3.1.3 Elternteil lebt nicht mehr: g.A. des anderen (Satz 3) 3.2 Verschiedene g.A. der Eltern mit Personensorge ( Abs. 2) 3.2.1 Personensorge bei einem Elternteil: dessen g.A. (Satz 1) 3.2.2 Gemeinsame Personensorge und 3.2.2.1 g.A. des Kindes bei einem Elternteil: dessen g.A (Satz 2) 3.2.2.2 g.A. des Kindes bei beiden Elternteilen: g.A. des Elternteils, bei dem Kind t.A. hatte (Satz 3) 3.2.2.3 g.A. des Kindes bei keinem Elternteil: g.A. des Kindes (Satz 4 Hs. 1) oder sein t.A. (Satz 4 Hs. 2) 3.3 Verschiedene g.A. der Eltern ohne Personensorge (Abs. 3) und 3.3.1 g.A. des Kindes bei einem Elternteil: dessen g.A. (i.V.m. Abs. 2 S. 2) 3.3.2 g.A. des Kindes bei keinem Elternteil: g.A. des Kindes (i.V.m. Abs. 2 S. 4 Hs. 1) oder sein t.A. (i.V.m. Abs. 2 S. 4 Hs. 2) 3.3.3 g.A. des Kindes bei beiden Elternteilen? Lücke des Gesetzes 3.4 Kein (feststellbarer) g.A. der Eltern/des Elternteils im Inland oder Tod der Eltern ( Abs. 4) 3.4.1 aber g.A. des Kindes: dessen g.A. (Satz 1) 3.4.2 ohne g.A. des Kindes: dessen t.A. (Satz 2) 4 Tatsächliche Veränderung eines Anknüpfungsmerkmals nach Leistungsbeginn ( Abs. 5) 4.1 Prinzip der „dynamischen“ Zuständigkeit 4.2 „Dynamische“ oder „statische“ Zuständigkeit (Satz 1)

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§§ 86, 87c SGB VIII - die Leuchttürme der örtlichen Zuständigkeit A. Die örtliche Zuständigkeit für Leistungen nach § 86 SGB VIII

Gliederung

1 Grundnorm für die örtliche Zuständigkeit 2 Begriffserläuterungen

2.1 „Leistungen nach diesem Buch“ 2.2 „Beginn der Leistung“ 2.3 „Unterbrechung der Leistung“ 2.4 „Eltern“ 2.5 „Gewöhnlicher Aufenthalt“ 2.6 „Örtlicher Träger“

3 Anknüpfungsmerkmale vor Leistungsbeginn

3.1 Regelfall: Gemeinsamer g.A. der Eltern (Abs. 1) 3.1.1 g.A. der Eltern unabhängig von Personensorge (Satz 1) 3.1.2 Kind ohne rechtlichen Vater: g.A. der Mutter (Satz 2) 3.1.3 Elternteil lebt nicht mehr: g.A. des anderen (Satz 3)

3.2 Verschiedene g.A. der Eltern mit Personensorge (Abs. 2) 3.2.1 Personensorge bei einem Elternteil:

dessen g.A. (Satz 1) 3.2.2 Gemeinsame Personensorge und

3.2.2.1 g.A. des Kindes bei einem Elternteil: dessen g.A (Satz 2)

3.2.2.2 g.A. des Kindes bei beiden Elternteilen: g.A. des Elternteils, bei dem Kind t.A. hatte (Satz 3)

3.2.2.3 g.A. des Kindes bei keinem Elternteil: g.A. des Kindes (Satz 4 Hs. 1) oder sein t.A. (Satz 4 Hs. 2)

3.3 Verschiedene g.A. der Eltern ohne Personensorge (Abs. 3) und 3.3.1 g.A. des Kindes bei einem Elternteil: dessen g.A. (i.V.m.

Abs. 2 S. 2) 3.3.2 g.A. des Kindes bei keinem Elternteil: g.A. des Kindes

(i.V.m. Abs. 2 S. 4 Hs. 1) oder sein t.A. (i.V.m. Abs. 2 S. 4 Hs. 2)

3.3.3 g.A. des Kindes bei beiden Elternteilen? Lücke des Gesetzes 3.4 Kein (feststellbarer) g.A. der Eltern/des Elternteils im Inland oder

Tod der Eltern (Abs. 4) 3.4.1 aber g.A. des Kindes: dessen g.A. (Satz 1) 3.4.2 ohne g.A. des Kindes: dessen t.A. (Satz 2)

4 Tatsächliche Veränderung eines Anknüpfungsmerkmals nach

Leistungsbeginn (Abs. 5) 4.1 Prinzip der „dynamischen“ Zuständigkeit 4.2 „Dynamische“ oder „statische“ Zuständigkeit (Satz 1)

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4.2.1 Begründung verschiedener g.A. der Eltern (Satz 1) und 4.2.1.1 Personensorge bei einem Elternteil:

dessen g.A. (Satz 1) 4.2.1.2 Personensorge bei keinem: unveränderte

Zuständigkeit (Satz 2) 4.2.1.3 Personensorge bei beiden: unveränderte

Zuständigkeit (Satz 2) 4.2.2 Begründung zweier neuer g.A.? Lücke des Gesetzes 4.2.3 Verlust des (feststellbaren) g.A. der Eltern/des Elternteils

im Inland oder Tod beider Elternteile (Satz 3) 4.2.3.1 aber g.A. des Kindes im Inland: dessen g.A.

(i.V.m. Abs. 4 S. 1) 4.2.3.2 ohne g.A. des Kindes im Inland: dessen t.A.

(i.V.m. Abs. 4 S. 2) 4.2.4 Begründung eines gemeinsamen g.A. der Eltern?

Lücke des Gesetzes

5 Gesetzliche Veränderung des Anknüpfungsmerkmals bei Familienpflege (Abs. 6) 5.1 Voraussetzungen (Satz 1)

5.1.1 Zweijähriger Aufenthalt (Satz 1) 5.1.2 Prognose zum weiteren Verbleib (Satz 1)

5.2 Folge: Anknüpfung an g.A. der Pflegeperson (Satz 1) 5.3 Unterrichtungspflicht (Satz 2) 5.4 Ende der Zuständigkeit (Satz 3)

6 Sonderregelung für Leistungen an Asylsuchende (Abs. 7) 6.1 Anknüpfung der Erstzuständigkeit für Leistungen

6.1.1 außerhalb eines Verteilungsverfahrens (Satz 1) 6.1.1.1 an den tatsächlichen Aufenthalt (Halbs. 1) 6.1.1.2 an die vorausgegangene Zuständigkeit

bei Inobhutnahme (Halbs. 2) 6.1.2 innerhalb eines Verteilungsverfahrens (Satz 2)

6.1.2.1 ab Zuweisungsentscheidung (Halbs. 1) 6.1.2.2 bis zur Zuweisungsentscheidung (Halbs. 2)

6.2 Kein Zuständigkeitswechsel trotz Abschluss des Asylverfahrens (Satz 3) 6.3 Kein Wechsel der Zuständigkeit bei Unterbrechung der Leistung (Satz 4) 6.4 Zuständigkeitskonkurrenzen

7 Konsequenzen aus der Zuständigkeitsregelung 7.1 Kostenerstattung als Zuständigkeitsregulativ 7.2 Fortdauernde Leistungsverpflichtung 7.3 Mitteilungspflichten aus strafrechtlicher Garantenstellung 7.4 Rechtswidrigkeit der Hilfegewährung 7.5 Kein Ausschluss der Kostenerstattung bei Verletzung von § 86 7.6 Vorrang vor SGB I und X

Anhang: Schaubild zur Zuständigkeitsprüfung

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1 Grundnorm für die örtliche Zuständigkeit Im Allgemeinen ist Voraussetzung für die Prüfung der örtlichen Zuständigkeit, dass die sachliche Zuständigkeit geprüft ist; diese würde sich nach § 85 bestimmen. Dies ist hier aber entbehrlich, da § 86 die sachliche Zuständigkeit des örtlichen Trägers vor-aussetzt. § 86 ist die Grundnorm zur Prüfung der örtlichen Zuständigkeit für Leistun-gen. §§ 86a und 86b enthalten für die dort genannten Leistungen Sonderregelungen, die als leges speciales der allgemeinen Grundnorm vorgehen. §§ 86c und 86d SGB VIII sowie § 2 SGB X enthalten begleitende Regelungen der örtlichen Zustän-digkeit. §§ 87 bis 87e regeln die örtliche Zuständigkeit für die sog. anderen Aufgaben gem. § 2 Abs. 3. § 88 enthält eine Regelung der örtlichen Zuständigkeit bei Aufenthalt im Ausland. Während § 11 JWG noch mit einer Zuständigkeitsregelung in zwei Sätzen auskam, ist die geltende Zuständigkeitsregelung so unübersichtlich geworden wie die Familien-strukturen, an die sie anknüpft („Patchwork-Zuständigkeit“). Teilweise knüpft sie an den g.A. der Eltern, teilweise an den des Kindes an; in Einzelfällen ist auch deren tat-sächlicher Aufenthalt maßgeblich. Die inhaltlich widersinnige Unterscheidung zwi -schen Leistungen und anderen Aufgaben in § 2 zerklüftet die Zuständigkeitsregelung noch zusätzlich, indem sie an diese Unterscheidung anknüpft. § 86 ist das Musterbei-spiel einer kasuistischen Regelung, die – notwendigerweise - dazu führt, dass Fall-gestaltungen ungeregelt bleiben, also Lücken des Gesetzes auftreten. Wegen ihrer Schutzfunktion für den Bürger sind die Regelungen über die Zuständigkeit unabding-bar, d.h. Vereinbarungen der Jugendhilfeträger sind in diesem Bereich unzulässig (ebenso Schellhorn (Hrsg.),SGB VIII/KJHG, 2. Aufl. 2000, § 86 Rz. 6). Der Zuständigkeitsbestimmung kommt besondere Bedeutung zu, da sie unmittelbar zur finanziellen Belastung der kommunalen Gebietskörperschaft führt, die die Jugend-hilfe als Selbstverwaltungsaufgabe ausführt (vgl. Anh. Verfahren RN 63)∗ . Eine unge-rechtfertigte Kostenbelastung wird nachträglich durch Kostenerstattung reguliert (vgl. RN 70). 2 Begriffserläuterungen 2.1 „Leistungen nach diesem Buch“

„Leistungen nach diesem Buch“ sind nur die in § 2 Abs. 2 legal definierten Leis-tungen; dies gilt auch dann, wenn der Katalog der sog. anderen Aufgaben inhalt-lich ebenfalls Leistungen enthält wie z.B. die Beistandschaft (vgl. Vor §§ 1712 f. RN 1). Nicht erfasst sind auch Leistungen, die im SGB I geregelt sind (z.B. §§ 13 bis 15). Sonderregelungen bestehen aber in den §§ 86a und 86b für Leistungen an junge Volljährige und für Leistungen in gemeinsamen Wohnformen.

Als Leistungsberechtigte nennt das Gesetz Kinder und ihre Eltern, wobei der familienrechtliche Begriff des Kindes jugendhilferechtlich korrekt, nämlich § 7 entsprechend je nach Alter des Kindes differenziert gebraucht wird (ab 14 Jahre:

∗ Die Randnummern (RN) beziehen sich auf die Kommentierung in Kunkel (Hrsg.), LPK-SGB VIII, 2. Aufl.

2001.

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Jugendlicher). Dies führt dazu, dass für ein und dieselbe Leistung verschiedene Zuständigkeitsvorschriften gelten, je nachdem ob sie Jugendlichen oder jungen Volljährigen gewährt wird (z.B. eine Leistung nach §§ 11, 13, 14, 16). Leistungs-adressat ist bei allen Leistungen der Jugendhilfe, ebenso wie bei der Erfüllung der sog. anderen Aufgaben, das Kind im familienrechtlichen Sinne, auch wenn leistungsberechtigt in der Regel die Eltern sind (vgl. § 8 RN 8b). Wegen der systematischen Auslegung des Begriffs der „Leistung“ aus § 2 Abs. 2 kommt es auf Art oder Form der Hilfeleistung nicht an, sondern nur auf die in § 2 Abs. 2 jeweils bezeichnete Rechtsgrundlage. Wechselt also z.B. ein Kind von der Pflegefamilie in ein Heim, bleibt die Rechtsgrundlage und damit die Leistung der Hilfe dieselbe (nämlich § 27 oder § 35a), auch wenn die Art der Hilfe wechselt (ebenso - dem Sinn, wenn auch nicht dem Begriff nach - Wiesner, SGB VIII, 2. Aufl. 2000, § 86 Rdnr. 2). Ein Wechsel der Hilfeart ist also keine Unterbrechung der Leistung (ebenso VGH BW FEVS 48, 131).

2.2. „Beginn der Leistung“

Der Begriff „Beginn der Leistung“ ist nicht einheitlich auszulegen, sondern ab-hängig vom Regelungszusammenhang, in dem er vorkommt. „Nach Beginn der Leistung“ (z.B. in Absatz 5) meint den Zeitpunkt nach Gewährung der Leistung. „Vor Beginn der Leistung“ ist dagegen ein Zeitraum, innerhalb dessen der maß-gebliche Zeitpunkt bestimmt werden muss. Aus dem Sinn des Regelungszusam-menhangs ergibt sich, dass dies der Zeitpunkt sein muss, in dem die örtliche Zuständigkeit geprüft werden muss. Diese Prüfung muss vor der Gewährung einer Hilfe erfolgen und zwar in dem Zeitpunkt, in dem Anlass für eine derartige Prü-fung besteht. Dieser Zeitpunkt ist also identisch mit dem Zeitpunkt des Beginns eines Verwaltungsverfahrens i.S.d. § 18 SGB X (vgl. Anh. Verfahren RN 15). Für Muss-Leistungen ist dies die Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tat-sachen, die in der Regel, aber nicht notwendigerweise, durch Eingang eines Antrages vermittelt wird. Weder für die HzE noch für die Eingliederungshilfe ist ein solcher Antrag erforderlich (vgl. § 36 RN 11). Ändern sich die für die Gewäh-rung einer Hilfe maßgeblichen Umstände bis zur Entscheidung über die Hilfege-währung, kommt es auf den Zeitpunkt der Entscheidung an. In Literatur und Rechtsprechung wird diese Unterscheidung nach dem Sinn des Regelungszusam-menhangs nicht immer getroffen, sondern es werden - teilweise willkürlich anmu-tende - Zeitpunkte genannt (Kraushaar/Ziegler in Fieseler/Schleicher, GK-SGB VIII, § 86 Rz. 13: „Datum der Entscheidung der Erziehungskonferenz“; Wiesner, § 86 Rdnr. 18: „Aufnahme von Hilfeplangesprächen“; ebenso VGH BW FEVS 48, 131; Gutachten DV NDV 1998, 153; ähnlich Schellhorn, § 86 Rz. 34 und BayVGH FEVS 51, 370; Elzholz, DAVorm 1994/314 stellt demgegenüber auf den tatsächlichen Leistungsbeginn ab; die ZSpr. EuG 51, 252 sieht als maßgeblich den Tag an, an dem die Eltern über die Teamentscheidung unterrichtet werden; ebenso DIV-Gutachten, DAVorm 2000/51; im Ergebnis wie hier Jans/Happe/Saurbier, Kinder- und Jugendhilferecht, § 86 Rn. 11, 16; Krug/Grüner/Dalichau, SGB VIII, § 86 Erl. V 2a; Mrozynski, SGB VIII, § 86 Rz 7). Bei einer selbstbeschafften Leistung (vgl. zu deren Zulässigkeit § 36 RN 1a)

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ist eine Zuständigkeitsprüfung nicht vorausgegangen. Sie setzt aber nachträglich ein - zusammen mit der Prüfung der materiellen Voraussetzungen - mit der Folge, dass es auf den Zeitpunkt ankommt, in dem die Hilfe gewährt worden wäre (ex post-Betrachtung; a.A. Kraushaar/Ziegler/GK, § 86 Rz. 14, die auf das Datum der Entscheidung des Jugendhilfeträgers abstellen). Es kommt also darauf an, welcher Jugendhilfeträger im Zeitpunkt der Selbstbeschaffung örtlich zuständig gewesen wäre. Haben die Eltern danach ihren g.A. gewechselt, ist ein Zuständigkeitswech-sel eingetreten. Haben sie verschiedene g.A. begründet, richtet sich die Zuständig-keit nach Absatz 5.

2.3 „Unterbrechung der Leistung“

Den Begriff der Unterbrechung der Leistungsgewährung verwenden §§ 86 Abs. 7 S. 4, 86a Abs. 4 S. 2, 86b Abs. 3 S. 2 und 95 Abs. 3. Eine Unterbrechung liegt dann vor, wenn eine Leistung, die zuvor nicht gewährt worden war, gewährt wird, dann für einen gewissen Zeitraum ausgesetzt und danach wieder aufgenommen wird (ähnlich VGH BW FEVS 48, 131). Ist eine Leistung zuvor schon gewährt, aber beendet worden (entweder förmlich oder durch bloße Einstellung), ohne dass eine konkretisierte Wiederaufnahmeperspektive vorlag, handelt es sich um einen neuen Leistungsbeginn, für den die örtliche Zuständigkeit neu bestimmt werden muss. Ein bloßer Wechsel der Hilfeart ohne Wechsel der Rechtsgrundlage ist weder Unterbrechung noch neue Leistung. Eine inhaltlich gleiche Leistung (z.B. in einem Heim) ist dann eine neue Leistung, wenn sie auf einer anderen Rechts-grundlage erfolgt, z.B. zunächst als HzE, später als Hilfe für junge Volljährige oder als Eingliederungshilfe oder als Sozialhilfe oder umgekehrt. Ebenso liegt eine neue Leistung vor, wenn innerhalb einer Maßnahmenkette jeweils verschiedene Rechtsgrundlagen für die einzelne Maßnahme einschlägig sind (z.B. HzE in einer Pflegestelle nach Inobhutnahme in Bereitschaftspflege).

2.4 „Eltern“

Eltern sind Vater und Mutter eines Kindes. Mutter ist die Frau, die das Kind gebo-ren hat (§ 1591 BGB); Vater ist, wer zur Zeit der Geburt des Kindes mit der Mutter verheiratet ist oder die Vaterschaft anerkannt hat oder wessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt ist (§ 1592 BGB). Sind die Eltern nicht miteinander verhei-ratet, ist aber bis zur Anerkennung bzw. Feststellung der Vaterschaft für die Be-stimmung der örtlichen Zuständigkeit der g.A. der Mutter maßgeblich. Ohne Be-deutung ist, ob Vater und Mutter das Personensorgerecht für das Kind haben. Auch Adoptiveltern sind mit Rechtskraft der Entscheidung des Vormundschafts-gerichts Eltern. Keine Eltern in diesem Sinne sind Pflegeeltern, Stiefeltern und Vormünder (ebenso Jans/Happe/Saurbier, § 86 Rn. 8 und nunmehr auch Hauck, SGB VIII, § 86 Rz 4).

2.5 „Gewöhnlicher Aufenthalt“

Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts wird in § 30 Abs. 3 S. 2 SGB I defi-niert. Diese Legaldefinition gilt einheitlich für den gesamten Sozialleistungsbe-

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reich, also auch für die Jugendhilfe. Bereichsspezifische Abweichungen sind aber möglich, da § 37 S. 2 SGB I die vorbehaltslose Anwendung des SGB nicht auf § 30 SGB I erstreckt. Seinen g.A. hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er hier nicht nur vorübergehend verweilt. Für die Jugendhilfe bedeutet dies, dass er im Zuständigkeitsbereich des jeweils örtlichen oder überörtlichen Trägers seinen Lebensmittelpunkt haben muss. Das Abstellen auf den Lebensmittelpunkt schließt begrifflich aus, dass eine Person zwei g.A. hat. Die Legaldefinition des § 30 würde dies zwar zulassen, da sie nicht auf den Lebensmittelpunkt abstellt. Die Aus legung des g.A.-Begriffs ist aber durch eine langjährige Entscheidungspraxis der Spruchstellen für Fürsorgestreitigkeiten ge-prägt, in der auf den Lebensmittelpunkt abgestellt wird. Diese Abweichung gegenüber der Legaldefinition ist wegen § 37 S. 1 SGB I auch zulässig. Damit un-vereinbar erscheint aber die Regelung des § 86 Abs. 2 S. 3, wonach ein Kind bei beiden Elternteilen seinen g.A. haben kann. Auch wenn dies mit der „Lebens-mittelpunkt-Auslegung“ unvereinbar ist, lässt es die Legaldefinition des § 30 SGB I doch zu (vgl. zu dieser Schwierigkeit auch Schellhorn, § 86 Rz. 26, 35 und Krug/Grüner/Dalichau, § 86 Erl. V 2b). Die Begründung eines g.A. hängt (subjek-tiv) vom Willen einer Person ab, hier den Lebensmittelpunkt zu wählen und (objektiv) davon, ob der Ausführung dieses Willens keine Hinderungsgründe ent-gegenstehen. Im Regelfall werden beide Faktoren mit der Begründung eines Wohnsitzes vorliegen. Identisch ist aber der Begriff des Wohnsitzes nicht mit dem des g.A., da der Wohnsitz in § 7 BGB anders definiert ist, an mehreren Orten bestehen kann und seine Begründung einen rechtsgeschäftlichen Willen voraus-setzt (§ 8 BGB). Im Unterschied zur Wohnsitzbegründung kommt es ferner nicht darauf an, ob an dem gewählten Lebensmittelpunkt eine Unterkunft vorhanden ist. Auch muss der Wille nicht ausdrücklich erklärt werden, vielmehr genügen kon-kludente Handlungen (Spruchstelle Kassel EuG 51, 226). Ein g.A. kann auch in einer Einrichtung begründet werden, wenn die o.g. Voraus-setzungen vorliegen. Der Schutz der Einrichtungsorte wird dann über Zuständig-keits- und Kostenerstattungsregelungen gewährleistet (vgl. Herigslack, ZfF 1993, 49). Die Begründung des g.A. ist unabhängig von einer bestimmten Zeitdauer (ZSpr. EuG 46, 281); sie muss aber einen nicht nur vorübergehenden Zeitraum umfassen. Bloß vorübergehend ist ein Aufenthalt, der von Anfang an nur für kurze Zeit geplant war, z.B. ein Besuchs- oder Zwischenaufenthalt (vgl. hierzu Reisch, DAVorm 1991/881); sog. tatsächlicher Aufenthalt. Nicht nur vorübergehend ist ein Aufenthalt, der bis auf Weiteres besteht, also nicht auf Beendigung angelegt, sondern zukunftsoffen ist (ebenso BayVGH DAVorm 2000/417 und BSG v. 9.5.1995, 8 RKn 2/94, unveröffentlicht). Ob ein neuntägiger Aufenthalt einer Tochter bei ihrem Vater einen g.A. begründet, hängt daher nicht von der Zeitdauer ab, sondern von der Zeitplanung (ohne diese Unterscheidung aber gegen die Annahme eines g.A. in diesem Fall DIV-Gutachten, DAVorm 1999/279). Auch Minderjährige können einen eigenen g.A. begründen, da es zu dessen Begründung nicht auf den rechtsgeschäftlichen, sondern bloß auf den tatsächlichen

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Willen ankommt. Bei einem Widerstreit zwischen dem Willen des Minderjährigen und dem seiner Eltern (bzw. des aufenthaltsbestimmungsberechtigten Vormunds oder Pflegers) ist der Wille der Eltern (bzw. des Vormunds oder Pflegers) aus-schlaggebend, da sie als Inhaber des Personensorgerechts auch den Aufenthalt bestimmen (§ 1631 Abs. 1 BGB). Im Regelfall haben deshalb Minderjährige ihren g.A. an dem ihrer Eltern. Diesen g.A. behalten sie auch bei, wenn sie sich tatsäch-lich an einem anderen Ort (Heim, Pflegestelle) aufhalten, weil die Rückkehr in die Familie grundsätzlich Ziel des Hilfeplans ist (§ 37). Nur wenn keine Rückkehrper-spektive besteht, begründet der Minderjährige im Heim oder in der Pflegestelle einen g.A. (ZSpr. EuG 51, 22; Reisch, DAVorm 1991/881; allgemein zum g.A. von Minderjährigen BVerwG FEVS 35, 397; OVG NRW NDV 1989, 357; OVG Koblenz FEVS 39, 330). Ferner begründet der Minderjährige dann einen eigenen g.A., wenn er seinen von dem der Eltern abweichenden Willen gegen diese fak-tisch durchsetzt (ebenso Mrozynski, § 86 Rz 3; Kraushaar/Ziegler/GK, § 86 Rz 5).

2.6 „Örtlicher Träger“

Örtlicher Träger ist der nach § 85 sachlich zuständige örtliche Träger der öffentli-chen Jugendhilfe. Wer örtlicher Träger ist, ergibt sich aus § 69 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 S. 1 i.V.m. dem Landesrecht. Danach sind örtliche Träger die Kreise und die kreisfreien Städte, bei landesrechtlicher Zulassung auch kreisangehörige Gemeinden mit eigenem JA. Für kreisangehörige Gemeinden, die Aufgaben der Jugendhilfe wahrnehmen, ohne ein eigenes JA zu haben (§ 69 Abs. 5), fehlt eine Zuständigkeitsregelung, wenn sie nicht durch Landesrecht vorgenommen worden ist (§ 69 Abs. 5 S. 4). Eine solche ist aber auch entbehrlich, da mit der Wahrneh-mung einer einzelnen Jugendhilfeaufgabe durch die kreisangehörige Gemeinde sich an der Verantwortlichkeit des Landkreises als örtlichem Träger nichts ändert. Für die Einlösung des Rechtsanspruchs auf einen Kindergartenplatz beispielsweise ist daher der Landkreis sachlich zuständig, auch wenn er sich zur Leistungserbrin-gung des Kindergartens einer kreisangehörigen Gemeinde bedient (vgl. § 79 RN 1). Lediglich im „Innenverhältnis“ kann er die (interne) Zuständigkeit der Gemeinde durch Vereinbarung regeln.

3 Anknüpfungsmerkmale vor Leistungsbeginn 3.1 Regelfall: gemeinsamer g.A. der Eltern (Abs. 1) 3.1.1 G.A. der Eltern (Satz 1)

Im Regelfall werden Eltern mit ihren Kindern in einem gemeinsamen Haushalt leben. Zuständig ist dann der Jugendhilfeträger, in dessen Bereich sich dieser Haushalt befindet. Dessen Zuständigkeit ist aber auch dann gegeben, wenn die Eltern keinen gemeinsamen, sondern einen getrennten Haushalt führen, wobei dieser nicht einmal in dem selben Ort, sondern auch an verschiedenen Orten bestehen kann, wenn diese Orte nur im gleichen Zuständigkeitsbereich des örtlichen Trägers liegen (ebenso Schellhorn, § 86 Rz. 24; ZSpr. EuG 52, 186; Kraushaar/Ziegler/GK, § 86 Rz. 3). Unmaßgeblich ist, wo das Kind seinen g.A. hat. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die Eltern das Personensorge-recht haben oder nicht (ebenso ZSpr. EuG 50, 429).

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3.1.2 Kind ohne rechtlichen Vater (Satz 2)

Bis zur Anerkennung der Vaterschaft (§ 1594 BGB) oder bis zu deren gericht-licher Feststellung (§ 1600d) hat das Kind keinen rechtlichen Vater, wenn Vater und Mutter des Kindes im Zeitpunkt seiner Geburt nicht miteinander verheiratet sind (früher: „nichteheliches Kind“). Daher richtet sich die örtliche Zuständigkeit in diesem Fall nach dem g.A. der Mutter. Ab dem Zeitpunkt der (wirksamen) Anerkennung oder Feststellung ist die Zuständigkeit neu zu bestimmen, wobei bei gleichem g.A. Absatz 1, bei verschiedenem g.A. Absatz 2 oder Absatz 5 in Betracht kommt, je nachdem, ob die verschiedenen g.A. erst nach Beginn der Leistung begründet wurden (dann Absatz 5) oder schon vorher bestanden (dann Absatz 2). Ist Absatz 2 einschlägig, sind bei gemeinsamer Sorgeerklärung (§ 1626 a Abs. 1 Nr. 2 BGB; Abdruck bei § 7) die verschiedenen Varianten von Satz 2 bis Satz 4 maßgeblich. Werden dage-gen erst nach Beginn der Leistung verschiedene g.A. begründet (Absatz 5), kommt es darauf an, wem die Personensorge in diesem Zeitpunkt zusteht.

3.1.3 Elternteil lebt nicht mehr (Satz 3)

Lebt nur ein Elternteil, ist – natürlich - dessen g.A. maßgebend. Stirbt er nach Prüfung der örtlichen Zuständigkeit, aber vor einer Entscheidung über die Gewährung, ist ebenfalls Satz 3 einschlägig. Stirbt er nach Beginn der Leis-tung und hatten beide im gleichen Jugendamtsbereich einen g.A., wechselt die Anknüpfung der Zuständigkeit von Satz 1 zu Satz 3, ohne dass sich die Zuständigkeit im Ergebnis ändert (ebenso im Ergebnis Reisch, ZfJ 1991, 297 und ZSpr. EuG 50, 321). Stirbt ein Elternteil bei verschiedenen g.A., ist eben-falls Satz 3 maßgebend. Wurden die verschiedenen g.A. aber erst nach Beginn der Hilfe begründet und stirbt danach ein Elternteil, gilt bis zum Tod des Elternteils Absatz 5. Nach dem Tod richtet sich die Zuständigkeit nach Absatz 1 Satz 3. Stirbt eine Mutter, die mit dem Vater des Kindes nicht verheiratet war, und ist dessen Vaterschaft weder anerkannt noch gerichtlich festgestellt, ist Satz 3 nicht einschlägig. Eine ausdrückliche andere gesetzliche Regelung fehlt. Da diese Lücke wohl nicht beabsichtigt, also planwidrig ist, muss sie durch analoge Anwendung einer bestehenden gesetzlichen Regelung geschlossen werden. Hierfür kommt Absatz 4 in Betracht, der ausdrücklich nur gilt, wenn beide Eltern verstorben sind. Da aber in diesem Fall auf den g.A. eines ande-ren Elternteils nicht zugegriffen werden kann, ist die Interessenlage in beiden Fällen die gleiche, so dass eine analoge Anwendung von Absatz 4 gerechtfer-tigt ist. Dies gilt auch dann, wenn die verstorbene Mutter und der (noch nicht festgestellte oder anerkennende) Vater einen g.A. im gleichen Jugendamtsbe-zirk hatten. Dann ist Absatz 5 gleichsam „doppelt analog“ anzuwenden. Eine weitere Gesetzeslücke liegt vor, wenn der g.A. eines Elternteils nicht feststellbar oder im Ausland festgestellt ist. Absatz 4 ist dann nicht einschlä-

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gig, weil er die Anwendbarkeit der Absätze 2 oder 3 voraussetzt, also das Vorliegen verschiedener g.A. Diese (ungeregelten) Fallkonstellationen sind mit der des Absatzes 1 Satz 3 vergleichbar, so dass auch hier eine analoge Anwendung geboten ist (so Schellhorn, § 86 Rz. 31).

3.2 Verschiedene g.A. der Eltern mit Personensorge (Abs. 2) 3.2.1 Personensorge bei einem Elternteil (Satz 1)

Voraussetzung für die Anwendung des Absatzes 2 ist, dass verschiedene g.A. bestehen, also jeder Elternteil seinen g.A. im Bereich eines anderen JA hat. Weitere Voraussetzung ist, dass beide oder einer von beiden die Personen-sorge haben (zum Personensorgerecht vgl. § 7 RN 2 mit Abdruck der §§ 1626, 1626a BGB). Hat nur ein Elternteil die Personensorge, ist Satz 1 maßgebend mit der Folge, dass die örtliche Zuständigkeit an dessen g.A. anknüpft. Für die Anknüpfung genügt, dass diesem Elternteil wenigstens ein Rest der Personen-sorge verblieben ist, beispielsweise nach einer Entziehung im Rahmen des § 1666 BGB oder nach Übertragung auf die Pflegefamilie gem. § 1630 Abs. 3 BGB. selbst wenn ihm das Aufenthaltsbestimmungsrecht (§ 1631 Abs. 1 BGB) entzogen worden ist (ebenso Mrozynski, § 86 Rz 5; DIV-Gutachten, DAVorm 1995/337). Ohne Bedeutung ist, wer tatsächlich das Personensorge-recht ausübt (ebenso ZSpr. EuG 50, 372). Verliert auch dieser Elternteil die gesamte Personensorge (auf die Vermögens-sorge kommt es nicht an), wechselt die Anknüpfung für die örtliche Zustän-digkeit von Absatz 2 nach Absatz 3. Begründen die Eltern (wieder) einen g.A. im gleichen Jugendamtsbereich, wechselt die Anknüpfung von Absatz 2 zu Absatz 1 Satz 1. Wird die Personensorge dem anderen Elternteil übertragen, ist dessen g.A. maßgebend (Abs. 2 S. 1).

3.2.2 Gemeinsame Personensorge 3.2.2.1 ... und g.A. des Kindes bei einem Elternteil (Satz 2)

Haben die Elternteile verschiedene g.A., aber gemeinsame Sorge (nach Tren-nung oder Scheidung gem. § 1687 BGB oder aufgrund gemeinsamer Sorgeer-klärungen gem. § 1626a Abs. 1 Nr. 2 BGB), und hat das Kind seinen g.A. bei einem Elternteil, ist Satz 2 maßgebend mit der Folge, dass die örtliche Zustän-digkeit an den g.A. dieses Elternteils anknüpft. Für die Feststellung, ob das Kind seinen g.A. bei diesem Elternteil hat, kommt es auf den Zeitpunkt der Entscheidung des JA über die Gewährung der Leistung, also den Leistungsbe-scheid an (a.A. Kraushaar/Ziegler/GK, § 83 Rz. 13: Entscheidung der Erzie-hungskonferenz). Zum Begriff „Beginn der Leistung“ vgl. oben 2.2.

3.2.2.2 ... und g.A. des Kindes bei beiden Elternteilen (Satz 3)

Haben die Elternteile verschiedene g.A., aber gemeinsame Personensorge, und hat das Kind seinen g.A. bei beiden Elternteilen, knüpft die örtliche Zustän-digkeit an den g.A. des Elternteils an, bei dem das Kind im Zeitpunkt des

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Leistungsbescheids seinen tat sächlichen Aufenthalt hatte. Dass ein Kind bei beiden Elternteilen seinen g.A. haben kann, ist begrifflich nicht ausgeschlos-sen (vgl. oben 2.5). Im Unterschied zum g.A. genügt für den tatsächlichen Aufenthalt die - auch nur vorübergehende - Anwesenheit bei dem Elternteil (z.B. besuchsweise). Dagegen erscheint es aus tatsächlichen Gründen ausge-schlossen, dass ein Kind bei beiden Elternteilen auch seinen tatsächlichen Aufenthalt im selben Zeitpunkt haben kann (a.A. J/H/S, § 86 Rn. 36). Hatte der Elternteil, bei dem das Kind zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte, keinen g.A., ist Absatz 4 maßgebend.

3.2.2.3 ... und g.A. des Kindes bei keinem Elternteil (Satz 4)

Voraussetzung für die Anwendung von Satz 4 ist, dass die Eltern verschiedene g.A., aber gemeinsame Personensorge haben, und dass das Kind bei keinem von beiden in den 6 Monaten vor dem Leistungsbescheid einen g.A. hatte. Hatte das Kind aber im Zeitpunkt des Leistungsbescheids einen eigenen g.A., gilt Abs. 2 S. 4 Hs. 1 mit der Folge, dass die örtliche Zuständigkeit an den g.A. des Kindes anknüpft. Satz 4 ist also nur dann anwendbar, wenn das Kind in den 6 Monaten vor Erlass des Leistungsbescheides bei keinem Elternteil einen g.A. hatte. Zur Begründung eines eigenen g.A. des Kindes vgl. oben RN 13. Hatte das Kind im 6-Monats-Zeitraum vor Erlass des Leistungsbescheides aber keinen eigenen g.A., ist Abs 2 S. 4 Hs. 2 maßgebend mit der Folge, dass die örtliche Zuständigkeit an den tatsächlichen Aufenthalt des Kindes vor Er-lass des Leistungsbescheides anknüpft. Für die Feststellung des g.A. oder des t.A. des Kindes genügt also eine „Momentaufnahme“ im Zeitpunkt des Erlasses des Leistungsbescheides; auf den überwiegenden Aufenthalt in diesem Zeitraum kommt es dagegen nicht an.

3.3 Verschiedene g.A. der Eltern ohne Personensorge (Abs. 3) 3.3.1 ... und g.A. des Kindes bei einem Elternteil

Voraussetzung für die Anwendung des Abs. 3 ist, dass verschiedene g.A. der Eltern bestehen und - im Unterschied zu Abs. 2 - kein Elternteil die Personen-sorge hat, sondern ein Pfleger (§ 1909 BGB). Hatte das Kind vor Erlass des Leistungsbescheides seinen g.A. bei einem Elternteil, ist Abs. 2 S. 2 entspre-chend anwendbar mit der Folge, dass die örtliche Zuständigkeit an den g.A. dieses Elternteils anknüpft. In welchem Zeitraum vor Erlass des Leistungsbe-scheides das Kind seinen g.A. bei einem Elternteil hatte, ist unerheblich; es kommt nur darauf an, wo der g.A. des Kindes vor Erlass des Leistungsbe-scheides zuletzt bestand.

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3.3.2 ... und g.A. des Kindes bei keinem Elternteil

Haben die Elternteile verschiedene g.A. und hat kein Elternteil die Personen-sorge, und hat das Kind bei keinem der Elternteile seinen g.A., ist Abs. 2 S. 4 entsprechend anwendbar mit der Folge, dass die örtliche Zuständigkeit an den g.A. des Kindes anknüpft; hatte das Kind in den letzten 6 Monaten vor Leis-tungsgewährung keinen g.A., knüpft die Zuständigkeit an seinen tatsächlichen Aufenthalt an. Ist ein Kind in einer Entbindungsanstalt geboren worden, ist ebenfalls Abs. 3 einschlägig. Vor der Geburt kann ein Kind keinen g.A. begründen, weil ein nasciturus zwar bereits einzelne Rechte hat, aber noch keine Person ist. Auch mit der Geburt hat das Kind keinen g.A. bei der Mutter erworben. Eine „Rückwirkung“ ist durch § 86 Abs. 2 S. 4 ausgeschlossen. Für die Feststellung des g.A. bei Säuglingen kommt es auf den Willen des Aufenthaltsbestim-mungsberechtigten an, soweit der Ausführung dieses Willens nicht die objek-tiven Verhältnisse entgegenstehen (Spruchstelle Kassel EuG 50, 229).

3.3.3 ... und g.A. des Kindes bei beiden Elternteilen

Es ist denkbar, dass Elternteile verschiedene g.A. haben, die Personensorge keinem von beiden zusteht, und das Kind bei beiden Elternteilen einen g.A. hat (so der praktische Fall in DIJuF-Gutachten, DAVorm 2000/666). Für diesen Fall fehlt eine gesetzliche Regelung, da Abs. 3 ausdrücklich nur die entsprechende Anwendung von Abs. 2 S. 2 und 4, aber nicht von S. 3 regelt. Da Anhaltspunkte aus der Gesetzesbegründung für eine geplante Lücke fehlen, muss eine planwidrige Lücke angenommen werden, die durch analoge Anwendung geschlossen werden kann. Dies bedeutet, dass Abs. 2 S. 2 analog entsprechend (nicht „doppelt analog“ wie DIJuF-Gutachten a.a.O.) anzuwen-den ist (für analoge Anwendung J/H/S, § 86 Rn. 47 und ZSpr. v. 2.10.1986, Az. B 186/95, nicht veröffentlicht).

3.4 Kein (feststellbarer) g.A. der Eltern/des Elternteils im Inland oder Tod der

Eltern (Abs. 4) 3.4.1 ... aber g.A. des Kindes (Satz 1)

Absatz 4 ist (erstens) dann einschlägig, wenn die Eltern keinen g.A. im Inland haben. Dies ist der Fall, wenn sie entweder in Deutschland keinen g.A. haben, sondern im Ausland oder dann, wenn sie weder im Inland noch im Ausland einen g.A. haben. (Zweitens) gilt Abs. 4 dann, wenn ein g.A. der Eltern im Inland nicht feststellbar ist. Diese Voraussetzung liegt erst dann vor, wenn das in Betracht kommende JA seine Pflicht zur Amtsermittlung (§ 20 SGB X) gründlich erfüllt hat. Dazu müssen alle nach § 21 SGB X in Betracht kommenden Beweismittel erfolglos benutzt worden sein. Insbeson-dere müssen alle Auskunftswege erschöpft sein (z.B. bei anderen Sozialleis-tungsträgern, Meldebehörden oder dem Ausländerzentralregister). Die daten-schutzrechtliche Zulässigkeit für derartige Anfragen ergibt sich aus § 62

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Abs. 3 Nr. 2a (vgl. § 62 RN 11 und 12). (Drittens) gilt Abs. 4 dann, wenn die Eltern verstorben sind. Die ersten beiden Varianten gelten auch für einen Elternteil, der im Inland keinen g.A. hat oder bei dem ein solcher nicht feststellbar ist. Dies gilt aber nur, wenn es sich um einen nach den Abs. 1 bis 3 maßgeblichen Elternteil handelt. Im Fall des Abs. 1 gilt dies für die nach S. 2 maßgebliche Mutter. Dagegen erscheint der Verweis auf die Abs. 2 und 3 widersprüchlich, da zwar in beiden Absätzen vorausgesetzt wird, dass jeder Elternteil einen g.A. hat. Dieser muss auch im Inland liegen, da er sich nur dann im Zuständigkeitsbe-reich eines örtlichen Trägers befindet. Dem Sinn des Absatzes 4 entsprechend muss es sich also bei dem maßgeblichen Elternteil nach Abs. 2 und 3 um einen solchen handeln, an dessen g.A. die örtliche Zuständigkeit anknüpfen würde, wenn er einen g.A. hätte. Da er aber keinen hat oder dieser nicht feststellbar ist, knüpft die Zuständigkeit an den g.A. des Kindes vor Leistungsgewährung an (Satz 1). Dies gilt für die Fälle des Abs. 2 S. 1, 2 und 3 sowie für Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 S. 2 entsprechend, S. 3 analog entsprechend. Die dritte Variante (die Eltern sind verstorben) kann sich sprachlich auch auf das Versterben des nach Abs. 1 bis 3 maßgeblichen Elternteils beziehen. Aus dem Regelungszusammenhang ergibt sich aber, dass der Tod beider Elternteile gemeint ist, weil beim Tod nur eines Elternteils die örtliche Zuständigkeit schon in Abs. 1 S. 3 geregelt ist. Für eine Anwendung auch des Abs. 2 beim Versterben nur eines Elternteils ist dagegen kein Raum (a.A. Schellhorn, § 86 Rz. 45).

3.4.2 ... ohne g.A. des Kindes (Satz 2)

Haben die Eltern oder die maßgeblichen Elternteile keinen g.A. oder ist dieser nicht feststellbar oder sind beide Eltern tot und hatte das Kind keinen g.A., ist Satz 2 maßgebend mit der Folge, dass die örtliche Zuständigkeit an den tat-sächlichen Aufenthalt des Kindes anknüpft. Dabei ist zu prüfen, ob das Kind irgendwann während der letzten 6 Monate vor Leistungsgewährung einen g.A. hatte; wenn ja, ist Satz 1 einschlägig, wenn nein, gilt Satz 2. Dann ist zu prü-fen, wo sich das Kind vor Leistungsgewährung zuletzt tatsächlich aufgehalten hat. Auch wenn die Formulierung „zuletzt tatsächlich aufgehalten hat“ in Satz 2 fehlt (im Unterschied zu Abs. 2 S. 3), folgt aus dem Sinn des Abs. 4, dass der örtliche Träger zuständig sein soll, in dessen Bereich sich der Jugendliche zuletzt tatsächlich aufgehalten hat. Nur dann ist eine eindeutige Zuständigkeitsbestimmung möglich.

4 Tatsächliche Veränderung eines Anknüpfungsmerkmals nach Leistungsbe-

ginn (Abs. 5) 4.1 Prinzip der „dynamischen“ Zuständigkeit

Ändert sich nach Leistungsbeginn ein Anknüpfungsmerkmal für die örtliche Zu-ständigkeit, ändert sich damit im Regelfall auch die Zuständigkeit selbst

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(„wandernde“ Zuständigkeit). So beispielsweise dann, wenn die Eltern ihren gemeinsamen g.A. von einem Jugendamtsbereich in einen anderen verlagern (Abs. 1 S. 1). Ebenso wenn der nach Abs. 2 und 3 maßgebliche Elternteil seinen g.A. von einem Jugendamtsbereich in einen anderen verlegt. Dies gilt auch, wenn sich das Anknüpfungsmerkmal des Personensorgerechts ändert (a.A. Wiesner, § 86 Rdnr. 32a; DIV-Gutachten, DAVorm 1999/233). Im Fall des Absatzes 1 ist das Personensorgerecht kein Anknüpfungsmerkmal, da es dort nur auf den gemeinsamen g.A. ankommt. Anders im Fall des Absatzes 2, also bei verschiedenen g.A. Wird bei verschiedenen g.A. beispielsweise das Personen-sorgerecht von einem auf den anderen übertragen, erfordert es der Sinn der Anknüpfung an das Personensorgerecht, dass nunmehr der Träger zuständig wird, in dessen Bereich der Personensorgeberechtigte seinen g.A. hat (a.A. Wiesner a.a.O.: kein Grund für eine Zuständigkeitsänderung). Bei anderen Sorgerechts-änderungen im Fall des Absatzes 2 muss deshalb die Zuständigkeit neu geprüft werden, ohne dass dies notwendigerweise zu einem Wechsel der Zuständigkeit führen muss. Der Begriff der „wandernden“ Zuständigkeit ist deshalb ungenau und sollte besser durch den der „dynamischen“ Zuständigkeit ersetzt werden, da damit besser zum Ausdruck gebracht wird, dass bei Veränderung des Anknüpfungs-merkmals die Zuständigkeit neu geprüft, aber nicht notwendig verändert werden muss. Der Wechsel des tatsächlichen oder gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes oder Jugendlichen bewirkt dagegen keine Veränderung der Zuständigkeit, da es auf diesen Aufenthalt immer nur vor Beginn der Leistung ankommt, also keine neue Anknüpfung erfolgen kann (ebenso Wiesner, § 86 Rdnr. 28).

4.2 „Dynamische“ oder „statische“ Zuständigkeit (Satz 1) 4.2.1 Begründung verschiedener g.A. der Eltern (Satz 1) 4.2.1.1 Personensorgerecht bei einem Elternteil

Haben die Eltern vor Beginn der Leistung (vgl. zu diesem Begriff oben 2.2) verschiedene g.A., ist Abs. 2 maßgebend. Begründen sie erst nach Beginn der Leistung verschiedene g.A., wechselt die Zuständigkeitsbestimmung nicht etwa von Abs. 1 S. 1 nach Abs. 2 S. 1; vielmehr wird die Zuständigkeit durch die Sonderregelung des Abs. 5 bestimmt. Die Anwendung dieser Sonderrege-lung führt allerdings zu keinem anderen Ergebnis als dem, das sich auch bei Anwendung des allgemeinen Prinzips der dynamischen Zuständigkeit aus Abs. 2 S. 1 ergeben hätte. Die örtliche Zuständigkeit knüpft dann nämlich an den g.A. des personensorgeberechtigten Elternteils an (Abs. 5 S. 1). Dies kann zu einem Wechsel der örtlichen Zuständigkeit führen, wenn der personensor-geberechtigte Elternteil seinen g.A. gewechselt hat. Hat er ihn aber beibehal-ten, ändert sich an der Zuständigkeit nichts. Zu beachten ist, dass allein die Trennung der Eltern nach Beginn der Leistung nicht zur Anwendbarkeit des Abs. 5 führt, wenn beide Elternteile verschiedene Wohnungen im Bereich desselben Trägers beziehen, da der Begriff des g.A.

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sich nach dem Zuständigkeitsbereich des örtlichen Trägers bestimmt (vgl. oben 3.3.1; RN 15; ebenso ZSpr. EuG 53, 98).

4.2.1.2 Personensorge bei keinem Elternteil (Satz 2)

Solange die Personensorge nach Begründung verschiedener g.A. noch nicht einem Elternteil übertragen worden ist, es also bei der gemeinsamen Perso-nensorge beider Elternteile bleibt, bleibt auch die bisherige Zuständigkeit bestehen („statische“ Zuständigkeit). Bestand vor Beginn der Leistung Allein-sorge eines Elternteils, und begründen die Eltern nach Beginn der Leistung verschiedene g.A., aber gemeinsame Sorge, bleibt ebenfalls die bisherige Zu-ständigkeit erhalten.

4.2.1.3 Personensorge bei beiden Elternteilen (Satz 2)

Werden nach Beginn der Leistung verschiedene g.A. begründet und steht die Personensorge keinem Elternteil zu, bleibt es bei der bisherigen nach Abs. 1 S. 1 begründeten örtlichen Zuständigkeit. Bestand vor Beginn der Leistung alleinige oder gemeinsame elterliche Sorge, und werden nach Beginn der Leistung verschiedene g.A. begründet und steht die elterliche Sorge keinem Elternteil mehr zu, bleibt ebenfalls die bisherige Zuständigkeit erhalten. Die nach Abs. 5 begründete Zuständigkeit muss neu bestimmt werden, wenn sich die Anknüpfungsmerkmale ändern. Wechselt beispielsweise der perso-nensorgeberechtigte Elternteil seinen g.A., knüpft die örtliche Zuständigkeit am neuen g.A. des personensorgeberechtigten Elternteils an. Dies folgt aus dem Zweck dieser Anknüpfung, die Zuständigkeit am g.A. des Personensor-geberechtigten zu begründen (a.A. ZSpr. v. 13.2.1997, Az.: B 49/96 - bisher nicht veröffentlicht: die zuletzt gegebene Zuständigkeit bleibt bestehen). Wird das Personensorgerecht dem anderen Elternteil übertragen, wechselt die Zu-ständigkeit an dessen g.A. Wird aus dem alleinigen Sorgerecht später ein ge-meinsames Sorgerecht, bleibt die bisherige Zuständigkeit erhalten. Wird das alleinige Sorgerecht entzogen und nicht dem anderen Elternteil übertragen, bleibt ebenfalls die bisherige Zuständigkeit erhalten. Bei Verlust des alleinigen Sorgerechts geht auch das Anknüpfungsmerkmal für die örtliche Zuständigkeit verloren. Die bisherige Zuständigkeit i.S.v. Abs. 5 S. 2 ist in einem solchen Fall nicht die frühere Zuständigkeit nach § 86 Abs. 1 S. 1, sondern die bis dahin zuletzt bestandene Zuständigkeit nach § 86 Abs. 5 S. 1 (ebenso ZSpr. a.a.O.). Dies hat für die gemeinsame Sorge seinen Sinn, für einen Elternteil ohne Personensorge aber nicht. Sinnvoller wäre es, die örtliche Zuständigkeit in diesem Fall am g.A. des Kindes anzuknüpfen. De lege lata muss man aber die bisherige Zuständigkeit akzeptieren.

4.2.2 Begründung zweier neuer g.A.

Die Regelung des Abs. 5 ist dann sinnvoll, wenn verschiedene g.A. in der Weise begründet werden, dass ein Elternteil seinen bisherigen g.A. beibehält.

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Begründen aber beide Elternteile zwei neue g.A., führt die Regelung des Abs. 5 S. 2 dazu, dass die bisherige Zuständigkeit bei einem Träger erhalten bleibt, in dessen Bereich sich kein personensorgeberechtigter Elternteil mehr aufhält. Die Anwendung des Satzes 2 auch in diesem Fall missachtet den Zweck der Anknüpfungsregelung. De lege ferenda sollte die örtliche Zustän-digkeit bei gemeinsamer elterlicher Sorge am g.A. eines Elternteils, bei Verlust der Personensorge beider Elternteile am g.A. des Kindes anknüpfen.

4.2.3 Verlust des (feststellbaren) g.A. der Eltern/des Elternteils im Inland oder

Tod der Eltern (Satz 3) 4.2.3.1 ... aber g.A. des Kindes im Inland (i.V.m. Abs. 4 S. 1)

Absatz 5 Satz 3 transformiert die Regelung des Absatzes 4 auf die zeitliche Ebene des Absatzes 5, also auf die Zeit nach Leistungsbeginn. Liegen die in Abs. 4 genannten Anknüpfungsmerkmale vor Leistungsbeginn (zum Begriff vgl. oben 2.2) vor, gilt Abs. 4 direkt; treten sie erst nach Leistungsbeginn ein, gilt Abs. 4 entsprechend, d.h. unter Berücksichtigung der zeitlichen Besonder-heit des Abs. 5, nämlich dem Wegfall des g.A. erst nach Leistungsbeginn. Haben also die Eltern erst nach Leistungsbeginn ihren g.A. im Inland aufge-geben oder ist er nicht feststellbar oder sind sie verstorben, hat aber das Kind einen g.A. im Inland, richtet sich die örtliche Zuständigkeit nunmehr nach dem jetzt bestehenden g.A. des Kindes (Abs. 4 S. 1 entsprechend).

4.2.3.2 ... ohne g.A. des Kindes im Inland (i.V.m. Abs. 4 S. 2)

Haben die Eltern nach Leistungsbeginn ihren g.A. im Inland aufgegeben oder ist er nicht feststellbar oder sind sie verstorben, und hatte das Kind in dem Zeitraum der 6 Monate vor dem Zeitpunkt dieser Veränderung nie einen g.A., wird nunmehr der Träger zuständig, in dessen Bereich das Kind sich im Zeit-punkt der Veränderung (a.A. Wiesner, § 86 Rdnr. 32: vor Beginn der Leis-tung) tatsächlich aufhält (Abs. 5 S. 3 i.V.m. Abs. 4 S. 2 entsprechend). Verliert nach Beginn der Leistung nur ein Elternteil seinen g.A. im Inland oder ist er nicht mehr feststellbar, kommt es darauf an, ob dieser Elternteil maß-geblich war für die Zuständigkeitsbestimmung. Im Fall des Absatzes 2 hängt dies von der Regelung des Personensorgerechts ab. Sind beide Eltern nach Beginn der Leistung verstorben, richtet sich die örtli-che Zuständigkeit nach dem g.A. des Kindes im Versterbenszeitpunkt (Abs. 5 S. 3 i.V.m. Abs. 4 S. 1 entsprechend). Hatte das Kind in den 6 Monaten vor dem Tod der Eltern keinen g.A., richtet sich die örtliche Zuständigkeit danach, wo sich das Kind im Todeszeitpunkt der Eltern tatsächlich aufhält (Abs. 5 S. 3 i.V.m. Abs. 4 S. 2 entsprechend). Stirbt nach Beginn der Leistung nur ein Elternteil, gilt § 86 Abs. 1 S. 3, wenn im Zeitpunkt des Todes ein gemein-samer g.A. bestand. Hatten die Elternteile in diesem Zeitpunkt verschiedene g.A., kommt es nicht darauf an, ob die verschiedenen g.A. vor (Fall des Abs. 2) oder nach Leistungsbeginn (Fall des Abs. 5) begründet wurden; viel-

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mehr gilt in beiden Fällen ebenfalls Abs. 1 S. 3 (Prinzip der dynamischen Zuständigkeit), ohne dass es auf die Regelung der Personensorge ankommt.

4.2.4 Begründung eines gemeinsamen g.A. der Eltern

Hatten die Eltern vor Beginn der Leistung verschiedene g.A., begründen sie aber nach Leistungsbeginn einen gemeinsamen g.A., fehlt eine ausdrückliche gesetzliche Rege lung. Die Lücke kann auch nicht durch Anwendung des Prin-zips der „dynamischen“ Zuständigkeit (vgl. oben 4.1) geschlossen werden, da dieses Prinzip voraussetzt, dass sich innerhalb einer bestehenden Zuständig-keitsregelung lediglich die Anknüpfungsmerkmale für die örtliche Zuständig-keit ändern. Bei fehlendem Zuständigkeitsrahmen muss die (planwidrige) Lücke durch analoge Anwendung des § 86 Abs. 1 S. 1 geschlossen werden. Ändern die Eltern im Verlauf ihres Hilfeprozesses abermals ihre Entscheidung und begründen wieder verschiedene g.A., gilt § 86 Abs. 5 und zwar ebenfalls analog, da er eine Regelung nur für den Fall trifft, dass unmittelbar nach Leistungsbeginn verschiedene g.A. begründet werden.

5 Gesetzliche Veränderung der Anknüpfungsmerkmale bei Familienpflege

(Abs. 6) 5.1 Voraussetzungen (Satz 1) 5.1.1 Zweijähriger Aufenthalt bei Pflegeperson (Satz 1)

Im Falle des Abs. 6 tritt eine Veränderung nach Leistungsbeginn ein, die aber nicht - wie bei Abs. 5 - die tatsächliche Veränderung von Anknüpfungsmerk-malen berücksichtigt, sondern eine rechtliche Veränderung des An-knüpfungsmerkmals selbst ist. Es gelten nicht mehr die Anknüpfungsmerk-male nach den Abs. 1 bis 5, sondern es wird als neues Anknüpfungsmerkmal der Aufenthalt bei einer Pflegeperson normiert. Die Zuständigkeit wechselt von dem nach den Abs. 1 bis 5 bisher zuständigen Träger zu dem Träger, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren g.A. hat. Voraussetzung ist, dass sich das Kind mindestens zwei Jahre bei der Pflegeperson aufgehalten hat. Der Begriff der „Pflegeperson“ ist nicht als Gattungsbegriff zu verstehen, sondern meint die individuelle Pflegeperson, wie sich aus der Formulierung „bei dieser Pflegeperson“ ergibt. Pflegeperson ist die Person, die ein Kind außerhalb des Elternhauses in ihrer Familie regelmäßig betreut oder ihm Unterkunft gewährt (§ 44 Abs. 1). Gleichgültig ist, ob eine Pflegeerlaubnis notwendig war oder erteilt wurde (ebenso Wiesner, § 86 Rdnr. 35; J/H/S, § 86 Rn. 70; Schellhorn, § 86 Rz. 50; Kraushaar/Ziegler/GK, § 86 Rz. 38). Auch kommt es nicht darauf an, auf welcher Rechtsgrundlage der Aufenthalt des Kindes bei der Pflegeper-son beruht. HzE nach § 27 kommt ebenso in Betracht wie Eingliederungshilfe nach § 35a, Tagespflege nach § 23, Adoptionspflege nach § 1744 BGB, die Betreuung durch einen Vormund oder einen Verwandten; auch Eingliede-rungshilfe für ein körperlich oder geistig behindertes Kind nach § 39, 40 BSHG kommt in Betracht. Lebte das Kind schon vor Beginn der Jugendhilfe-leistung zwei Jahre bei der Pflegeperson, tritt die örtliche Zuständigkeit des Jugendhilfeträgers unmittelbar mit Beginn der Jugendhilfeleistung ein, ohne

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dass es zu einem Wechsel der Zuständigkeit für diese Jugendhilfeleistung kommen kann. Bei einem Wechsel der Pflegestelle läuft die 2-Jahres-Frist ab Aufnahme in die neue Pflegestelle von vorne. Gleiches gilt für eine Unterbrechung der Betreuung in der Pflegestelle, etwa bei kurzfristiger Leistung der HzE in einer Einrichtung. Krankenhausaufenthalte führen dagegen nicht zu einer Unter-brechung, da während dieser Zeit die Unterbringung in der Pflegestelle fortbe-steht. Zur Unterbrechung der Leistung vgl. RN 8.

5.1.2 Prognose zum weiteren Verbleib (Satz 1)

Zur Rückschau auf die vergangenen zwei Jahre muss eine Vorausschau hin-zutreten. Dabei ist eine Prognose darüber anzustellen, ob der Aufenthalt bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten ist. Dabei handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der auszulegen ist, wobei es keinen Beurtei-lungsspielraum gibt, also volle gerichtliche Kontrolle besteht. Ermessen be-steht ohnehin nicht, da der Begriff sich nicht auf der Rechtsfolgeseite einer Norm befindet. Der Verbleib auf Dauer ist dann zu erwarten, wenn eine Rück-kehr bis auf Weiteres ausgeschlossen ist und die Pflegeperson bereit (subjek-tiv) und in der Lage (objektiv) ist, das Kind zukunftsoffen zu betreuen. Die Bereitschaft einer dauerhaften Betreuung kann an den objektiven Faktoren (Alter oder Gesundheitszustand der Pflegeperson) scheitern. Die Perspektive des Aufenthalts wird im Hilfeplan und dessen Fortschreibung verbindlich festgelegt (vgl. § 36 RN 27). Muss die Prognose bei einer Fortschreibung des Hilfeplans korrigiert werden, entfällt die Voraussetzung für die Anwendung des Abs. 6; die Zuständigkeit richtet sich dann nach den Abs. 1 bis 5 (ebenso Kraushaar/Ziegler/GK, § 86 Rz. 39).

5.2 Folge: Anknüpfung an den g.A. der Pflegeperson (Satz 1)

Bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen bestimmt sich die örtliche Zustän-digkeit des örtlichen Trägers nach dem g.A. der Pflegeperson (zum Begriff des g.A. vgl. oben 2.5). Hat ein Ehepaar, das ein Kind betreut, verschiedene g.A., kommt es auf den Pflegeelternteil an, der die überwiegende Versorgung des Kindes übernommen hat. Wo er sich überwiegend und auf Dauer aufhält, ist sein g.A. anzunehmen. Wohnt die Pflegeperson im Ausland, ist eine Jugendhilfeleis-tung nur unter den Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 möglich. Für die Gewährung dieser Leistung ist dann aber der überörtliche Träger gem. § 85 Abs. 2 Nr. 9 sach-lich und gem. § 88 Abs. 1 örtlich zuständig. Nur unter den Voraussetzungen des § 88 Abs. 2 stellt sich dann die Frage nach der örtlichen Zuständigkeit des örtli-chen Trägers (insoweit missverständlich Wiesner, § 86 Rdnr. 33).

5.3 Unterrichtungspflicht (Satz 2)

Bei einem Zuständigkeitswechsel hat der neu zuständige Träger (a.A. Schellhorn, § 86 Rz. 52: der bisherige Träger) eine Unterrichtungspflicht. Adressat dieser

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Pflicht sind immer die Eltern; zusätzlich auch der PSB, wenn den Eltern nicht die volle Personensorge zusteht. Inhalt der Pflicht ist die Mitteilung über den Wechsel der Zuständigkeit. Die Adresse des neu zuständigen JA ergibt sich bei schriftlicher Unterrichtung bereits aus dem Briefkopf, bei mündlicher Unterrichtung muss sie genannt werden. Auf die Unterrichtung haben die Adressaten einen Rechtsan-spruch; bei Verletzung der Pflicht liegt eine Amtspflichtverletzung (§ 839 BGB) vor. Keine Unterrichtungspflicht besteht, wenn kein Wechsel der Zuständigkeit einge-treten ist, weil die Zuständigkeit unmittelbar mit Leistungsbeginn eintritt (vgl. 5.1.1; ebenso Wiesner, § 86 Rdnr. 38). Ebenso wenig tritt ein Zuständigkeitswech-sel ein, wenn der Jugendhilfeträger A beispielsweise 2 Jahre lang Eingliederungs-hilfe gem. § 35a in einer Pflegefamilie im Bereich des Trägers B geleistet hat. Wird nunmehr statt dessen HzE gem. § 27 geleistet, ist für diese der Jugendhilfe-träger B erstmalig zuständig, weil diese Leistung bisher nicht erbracht worden ist; eine Unterrichtungspflicht besteht nicht. Wird aber nach 2 Jahren zusätzlich zur Eingliederungshilfe HzE gewährt, tritt ein Zuständigkeitswechsel nur für die Ein-gliederungshilfe ein, nicht aber für die HzE; eine Unterrichtungspflicht besteht nur hinsichtlich der Eingliederungshilfe. Neben die „Elternunterrichtung“ tritt die „Amtsunterrichtung“ gem. § 86c S. 2 (vgl. dort RN 5), die jeden der beteiligten Träger trifft. Bei einem Zuständigkeits-wechsel dauert die Leistungspflicht fort (vgl. § 86c RN 1).

5.4 Ende der Zuständigkeit (Satz 3)

Endet der Aufenthalt des Kindes bei der Pflegeperson, ist das Anknüpfungsmerk-mal für die örtliche Zuständigkeit nach Abs. 6 entfallen. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich dann wieder aus den Abs. 1 bis 5. Damit gilt auch die Zuständigkeits-regelung nach Abs. 5 S. 2 mit der Folge, dass die Zuständigkeit am Pflegeort er-halten bleibt, obwohl sich dort weder Eltern noch Kind aufhalten. Eine derartige „Zuständigkeitsruine“ entspricht nicht dem Zweck der Regelung des Abs. 5 S. 2. Zu einem weiteren Fall der „Zuständigkeitsruine“ vgl. oben 4.2.2. Eine teleologi-sche Auslegung führt deshalb zur Zuständigkeitsbestimmung aus Abs. 2 S. 2 bis 4 (ebenso Wiesner, § 86 Rdnr. 39).

6 Sonderregelung für Leistungen an Asylsuchende (Abs. 7) 6.1 Anknüpfung der Erstzuständigkeit für Leistungen 6.1.1 außerhalb eines Verteilungsverfahrens (Satz 1) 6.1.1.1 ... an den tatsächlichen Aufenthalt (Halbs. 1)

Nur wenn es um Leistungen i.S.v. § 2 Abs. 2 geht, ist § 86 einschlägig; für die sog. anderen Aufgaben i.S.v. § 2 Abs. 3 ist die örtliche Zuständigkeit nach den §§ 87 bis 87e zu bestimmen. Leistungen an Kinder oder Jugendliche (zum Begriff vgl. § 7 Abs. 1 Nr. 1 und 2) werden erbracht, wenn das Kind Leistungsadressat ist; gleichgültig ist, ob es auch Leistungsberechtigter ist (zu diesen Begriffen vgl. § 8 RN 8b). Bei-

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spielsweise ist bei einer HzE nach § 27 Leistungsadressat das Kind, Leistungsberechtigter der PSB (Eltern oder Vormund). Die Prüfung der örtli-chen Zuständigkeit setzt voraus, dass eine Leistungsberechtigung überhaupt besteht; dies richtet sich nach § 6 Abs. 2 und 4. Weitere Voraussetzung ist Asylsuche. Diese liegt vor, wenn ein förmlicher, rechtswirksamer Asylantrag gem. § 13 AsylVfG gestellt worden ist, aber auch schon dann, wenn lediglich tatsächlich ein Asylbegehren vorgebracht wurde. Einen Asylantrag kann ein Jugendlicher schon mit 16 Jahren stellen (§ 12 AsylVfG); es bedarf also hierfür keines gesetzlichen Vertreters. Bis 16 Jahre kann der minderjährige Ausländer selbst den Tatbestand der Asylsuche erfül-len, weil sein tatsächliches Vorbringen genügt. Damit schafft Satz 1 eine Zuständigkeitsregelung auch für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge unter 16 Jahren, die keinem Verteilungsverfahren gem. § 44 AsylVfG unterliegen und somit auch nicht von einer Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde erfasst werden. Nicht erfasst von der Zuständigkeitsregelung des Absatzes 7 sind Kinder und Jugendliche, die sich in Deutschland ohne Asylsuche aufhalten. Dies sind beispielsweise Bürgerkriegsflüchtlinge (mit oder ohne Aufenthaltsbefugnis nach §§ 32, 32a AuslG) und andere Personen, die nach den Flüchtlingsauf-nahmegesetzen der Länder (z.B. § 1 FlüAG B.-W.) außerhalb eines Asylver-fahrens aufzunehmen sind. Für Leistungen an sie wird die örtliche Zuständig-keit nach den Absätzen 1 bis 6 bestimmt. Die Asylsuche endet mit der Anerkennung als Asylberechtigter oder mit der Ablehnung der Anerkennung; außerdem mit Rücknahme des Antrags oder anderweitiger Erledigung. Bis zum Abschluss des Asylverfahrens erhalten die Asylbewerber eine Aufenthaltsgestattung gem. § 55 AsylVfG. Mit dem Abschluss des Asylverfahrens ist die Zuständigkeit nach Satz 3 zu bestimmen. Liegen diese Voraussetzungen vor, knüpft die örtliche Zuständigkeit an den tatsächlichen Aufenthalt des Kindes oder Jugendlichen an (zum Begriff des tatsächlichen Aufenthalts vgl. oben 2.5). Es kommt auf den Zeitpunkt des tat-sächlichen Aufenthalts vor Beginn der Leistung an (zu diesem Begriff vgl. oben 2.2). Zur Vermeidung der (umständlichen) Formulierung „Kinder oder Jugendliche“ wurde der Begriff „die Person“ gewählt. Damit ist aber nicht gemeint, dass es auf den tatsächlichen Aufenthalt (auch) des PSB ankommen könne (so aber Wiesner, § 86 Rdnr. 45). Dies folgt aus der systematischen Stellung des Begriffs im Gefüge des Satzes 1 und der Anschlussformulierung in Satz 2, aber auch aus dem Zweck der Regelung, die örtliche Zuständigkeit für eine Leistung an den Aufenthalt des Kindes anknüpfen zu können. Die (bloße) Anknüpfung an den tatsächlichen Aufenthalt des Minderjährigen darf nicht die Illusion wecken, damit bestünde auch eine Leistungsberechtigung. Diese ergibt sich vielmehr nur unter den Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 und 4, wobei sowohl der Absatz 2 als auch der Absatz 4 (i.V.m. dem MSA;) einen gewöhnlichen Aufenthalt fordern (vgl. § 6 RN 19 und 39). Allein die Existenz

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der Regelung des § 86 Abs. 7 erweist aber, dass die Annahme eines g.A. für Asylsuchende nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden kann, da die Zuständigkeitsregelung für Leistungen an Asylsuchende sonst ins Leere ginge (vgl. Kunkel, ZfJ 1994, 386).

6.1.1.2 ... an die vorausgegangene Zuständigkeit bei Inobhutnahme (Halbs. 2)

Nach Ankunft eines unbegleiteten minderjährigen Flüchtlings in Deutschland hat der Jugendhilfeträger gem. § 42 Abs. 2 oder 3 die Pflicht, den Minderjäh-rigen in Obhut zu nehmen. § 6 Abs. 1 S. 2 ebenso wie Abs. 4 i.V.m. Art. 1 MSA öffnet den Anwendungsbereich des § 42 auch minderjährigen Flücht-lingen. Die örtliche Zuständigkeit für die Inobhutnahme ergibt sich aus § 87. § 86 Abs. 7 S. 1 Hs. 2 fixiert die dadurch begründete Zuständigkeit auch für eine daraufhin erfolgende Leistungsgewährung. Da HzE dem PSB geleistet wird, ist es notwendig, für den ohne Eltern eingereisten Minderjährigen einen Vormund zu bestellen. Unmittelbar nach der Inobhutnahme muss das JA daher die Bestellung beim VormG beantragen. Die Frist hierfür beträgt regelmäßig nur wenige Tage (BVerwG FEVS 51, 152).

6.1.2 innerhalb eines Verteilungsverfahrens (Satz 2) 6.1.2.1 ... ab Zuweisungsentscheidung (Halbs. 1)

Satz 2 regelt die örtliche Zuständigkeit für Leistungen an minderjährige Asyl-suchende, die einem Verteilungsverfahren gem. §§ 44 bis 54 AsylVfG unterliegen. Diesem Verfahren unterliegt ein 16-jähriger Asylsuchender, wenn er einen Asylantrag gestellt hat, aber auch jeder Minderjährige unabhängig von seinem Alter und unabhängig davon, ob er selbst einen Asylantrag gestellt hat, wenn er mit seinen Eltern eingereist ist und diese einen Asylantrag gestellt haben. Das Verteilungsverfahren ist an die Pflicht, in einer Aufnahmeeinrich-tung zu wohnen, gekoppelt (§ 47 Abs. 1 und 2 AsylVfG). Von dort weist die zuständige Landesbehörde den Minderjährigen einem Landkreis oder einer Gemeinde zu (§ 50 Abs. 3 AsylVfG i.V.m. einer landesrechtlichen Zuständig-keits-VO). Örtlich zuständig für Leistungen ist dann der Jugendhilfeträger, in dessen Bereich der Minderjährige zugewiesen wurde.

6.1.2.2 ... bis zur Zuweisungsentscheidung (Halbs. 2)

Die nach § 50 Abs. 4, 5 AsylVfG zu erlassende Zuweisungsentscheidung wird mit ihrer Bekanntgabe wirksam (z.B. § 43 Abs. 1 LVwVfG BW); mit diesem Zeitpunkt erlangt sie auch Rechtswirkung. Die Rechtswirkung kann nicht durch Widerspruch aufgeschoben werden, da ein Widerspruch nicht zulässig ist (§ 11 AsylVfG; insoweit unrichtig Kraushaar/Ziegler/GK, § 86 Rz. 58). Eine Klage hat keine aufschiebende Wirkung (§ 75 AsylVfG). Die Entschei-dung wird nach Ablauf der Klagefrist von 2 Wochen (§ 74 Abs. 1 AsylVfG) bestandskräftig. Sollen einem Minderjährigen, der dem Verteilungsverfahren unterliegt, bereits vor der Zuweisungsentscheidung Leistungen gewährt werden, ist dafür der örtliche Träger örtlich zuständig, in dessen Bereich sich

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der Minderjährige vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält. Ist eine Inob-hutnahme vorausgegangen, bleibt der dafür zuständige Träger auch für die Leistung zuständig. Diese Zuständigkeitsregelung setzt voraus, dass selbst nach dieser kurzen Zeit des Aufenthalts in Deutschland schon ein g.A. des Minderjährigen begründet werden kann; denn ohne dessen Begründung wäre eine Leistungsgewährung nicht möglich (§ 6 Abs. 2 und 4). Wird der Minder-jährige in den Bereich eines anderen Trägers zugewiesen als dem, der bis zur Zuweisungsentscheidung die Leistung erbracht hat, erfolgt ein Zuständig-keitswechsel.

6.2 Kein Zuständigkeitswechsel trotz Abschluss des Asylverfahrens (Satz 3)

Die innerhalb (Satz 2) oder außerhalb (Satz 1) eines Verteilungsverfahrens begründete örtliche Zuständigkeit bleibt auch bestehen, wenn das Asylverfahren abgeschlossen ist (Fortsetzungszuständigkeit). Zu diesem Zeitpunkt vgl. oben 6.1.1.1. Das Asylverfahren ist auch abgeschlossen, wenn die Anerkennung als Asylberechtigter abgelehnt wurde, die Ausreisepflicht aber nicht durch Auswei-sung vollstreckt werden kann, da der Ausreise Hindernisse entgegenstehen (§ 56 AuslG), die zu einer Duldung verpflichten. Dies kann dazu führen, dass die am Ort der Einreise begründete örtliche Zuständigkeit (außerhalb eines Verteilungsverfah-rens) bestehen bleibt, obwohl der Minderjährige sich schon lange an einem ande-ren Ort aufhält. Selbst dann, wenn der Minderjährige an diesem Ort einen g.A. be-gründet, bleibt die Erstzuständigkeit erhalten. Dies gilt nicht nur für die Fortset-zung einer Leistung, sondern auch für die Gewährung einer neuen Leistung inner-halb eines 3-Monats-Zeitraums, wie aus Satz 4 folgt. Erst dann kann sich der von Anfang an zuständige Träger von der Zuständigkeitslast befreien, wenn nach Abschluss des Asylverfahrens ein g.A. im Bereich eines anderen Trägers als dem, der die Erstzuständigkeit hatte, begründet wird. Wird vor Abschluss des Asylver-fahrens ein g.A. bei einem anderen Träger begründet, ändert dies nichts an der fortbestehenden Erstzuständigkeit. Konsequenterweise besteht der Kostener-stattungsanspruch des Trägers gegen das Land nach § 89d Abs. 1 Nr. 2 für densel-ben Zeitraum, also bis zur Begründung eines g.A. im Bereich eines anderen Trägers nach Abschluss des Asylverfahrens. Zur Begründung des g.A. ist auf die Person abzustellen, die die Anknüpfungsmerkmale nach den Absätzen 1 bis 6 aufweist (Kind, Eltern, Pflegeperson).

6.3 Kein Wechsel der Zuständigkeit bei Unterbrechung der Leistung (Satz 4)

Wird eine Leistung kürzer als 3 Monate unterbrochen (vgl. zu diesem Begriff 2.3), ändert sich die nach Satz 1 bis 3 bestehende Zuständigkeit nicht. Vielmehr ist der danach zuständige Träger weiterhin zuständig, auch wenn eine neue Leistung ge-währt wird. Erst wenn der Leistungsbezug länger als 3 Monate unterbrochen war, bricht auch die Zuständigkeit ab. Sie ist dann neu, nämlich nach den Absätzen 1 bis 6 zu bestimmen. Die Unterbrechensregel führt aber nicht dazu, dass die nach Satz 3 mit Begründung eines g.A. beendete Fortsetzungszuständigkeit wieder auf-lebt, wenn innerhalb von 3 Monaten nach g.A.-Begründung eine Leistung gewährt werden soll (ebenso Wiesner, § 86 Rdnr. 49).

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6.4 Zuständigkeitskonkurrenzen

Liegen sowohl die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung nach den Absätzen 1 bis 6 als auch nach Absatz 7 vor, ist Absatz 7 lex specialis. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn Eltern nach ihrem Kind einreisen und im Be-reich eines anderen Trägers einen g.A. begründen (ebenso Kraushaar/Ziegler/GK, § 86 Rz. 63). Mit Zustellung der Zuweisungsentscheidung (vgl. 6.1.2.2) ist der Träger, in dessen Bereich der Zuweisungsort liegt, ab dem Zuweisungszeitpunkt örtlich zuständig (Satz 2 Halbs. 1). Bis dahin gilt Satz 2 Halbs. 2 i.V.m. Satz 1. Ist mit der Zuwei-sungsentscheidung ein Zuständigkeitswechsel verbunden, ist gem. § 86c die Leis-tung vom bisher zuständigen Träger weiter zu gewähren, bis der neu zuständige Träger die Leistung fortsetzt (im Ergebnis ebenso Kraushaar/Ziegler/GK, § 86 Rz. 57).

7 Konsequenzen aus der Zuständigkeitsregelung 7.1 Kostenerstattung als Zuständigkeitsregulativ

Im Fall des Abs. 7 besteht ein Kostenerstattungsanspruch des örtlichen Trägers gegen das Land gem. § 89d. Bei Anknüpfung der örtlichen Zuständigkeit an den tatsächlichen Aufenthalt des Kindes (§ 86 Abs. 2 S. 4 Hs. 2, Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 S. 4 Hs. 2, Abs. 4 S. 2), be-steht Kostenerstattungspflicht des überörtlichen Trägers gem. § 89. Begründen die nach Absätzen 1 bis 5 für die Anknüpfung der örtlichen Zuständig-keit maßgeblichen Personen (Kind oder Eltern) ihren g.A. in einer Einrichtung (vgl. 2.5), besteht Kostenerstattungspflicht des örtlichen Trägers gem. § 89e Abs. 1 oder des überörtlichen Trägers gem. § 89e Abs. 2. Im Fall des Abs. 6 ergibt sich eine Erstattungspflicht nach § 89a.

7.2 Fortdauernde Leistungsverpflichtung

Bei einem Wechsel der örtlichen Zuständigkeit nach Beginn der Leistung (§ 86 Abs. 5 und 6 oder nach dem Prinzip der „dynamischen“ Zuständigkeit; vgl. 4.1) bleibt trotz des Wechsels der bisher zuständige örtliche Träger weiterhin zur Leistung verpflichtet, bis der neue Träger die Leistungsgewährung übernommen hat („Leistungsstafette“ gem. § 86c S. 1). Außerdem besteht eine Unterrichtungs-pflicht über die Wechselumstände (§ 86c S. 2).

7.3 Mitteilungspflichten aus strafrechtlicher Garantenstellung

Besteht eine strafrechtliche Garantenpflicht (vgl. hierzu § 1 RN 13a; § 27 RN 7a; § 79 RN 18), endet die sich daraus ergebende Schutzpflicht nicht mit dem Wegzug

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des Kindes aus dem Zuständigkeitsbereich des Trägers. Vielmehr muss das „alte“ JA die Voraussetzungen für eine lückenlose und sachgerechte Fortführung der Betreuung durch das „neue“ JA schaffen. Dazu ist es notwendig, das „neue“ JA umfassend zu informieren, sei es durch Aktenübersendung oder durch einen aus-führlichen Bericht (so LG Stuttgart v. 17.9.1999, bisher unveröffentlicht).

7.4 Rechtswidrigkeit der Hilfegewährung

Wird die Zuständigkeitsbestimmung verletzt, ist die Hilfegewährung (formell) rechtswidrig. Eine Heilung des Fehlers gem. § 41 SGB X ist ausgeschlossen; er ist aber möglicherweise unbeachtlich gem. § 42 S. 1 SGB X (vgl. Anh. Verfahren RN 8).

7.5 Kein Ausschluss der Kostenerstattung bei Verletzung von § 86

Wird die Zuständigkeitsbestimmung des § 86 nicht beachtet, ist die Hilfegewäh-rung (formell) rechtswidrig. Für rechtswidrig gewährte Hilfe kann zwar Kostener-stattung grundsätzlich nicht verlangt werden, dies gilt aber nicht bei – kostenerstattungs-rechtlich – unbeachtlicher Rechtswidrigkeit, wie sie bei Verlet-zung der örtlichen Zuständigkeit vorliegt (vgl. § 89f RN 3).

7.6 Vorrang vor SGB I und X

Die Regelungen des § 2 SGB X und des § 43 SGB I stehen unter dem Vorbehalt des § 37 S. 1 SGB I. Daher sind §§ 86, 86c, 86d vorrangig (vgl. BayVGH FEVS 46, 277 und BVerwG NDV 1993, 314 und § 86c RN 9).

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Schema für die Prüfung der örtlichen Zuständigkeit nach § 86 SGB VIII für Leistungen an Minderjährige bzw. ihre Eltern

I Eltern haben gleichen g.A. (Abs. 1)

a) Eltern leben (zus. bzw. getrennt) b) Vaterschaft nicht festgestellt c) 1 Elternteil verstorben im gleichen JA-Bereich (Satz 1) (Satz 2) (Satz 3)

ö.Z. = g.A. d. Eltern in ____________ ö.Z. = g.A. d. Mutter in ________ ö.Z.= g.A. d. überleb.Elternteils in _______

II Eltern haben verschiedene g.A.

1 .vor Beginn der Leistung (Abs. 2) und

Sorgerecht bei a) einem Elternteil (Satz 1) b) beiden Elternteilen (Satz 2) c) keinem Elternteil (Abs. 3) g.A. des Mj bei Elternteil i.d.

letzten 6 Mte. vor Leist.Beginn: oja o nein ö.Z. = g.A. d. sorgeberechtigten ö.Z. = g.A. d. Elternteils, bei dem Mj in Elternteils in ______________ den letzten 6 Mte. vor Leistungsbeginn g.A. zuletzt hatte

o nur bei M in _________________ o nur bei V in __________________ o bei beiden (Satz 3) = g.A. des Elternteils, bei dem Mj tats. A. zuletzt hatte o bei M in _____________________ o bei V in ______________________ o bei keinem Elternteil hatte Mj in den letzten 6 Mte. vor Leistungsbeginn g.A. (Satz 4) ö.Z. = g.A. d. Mj in den letzten 6 Mte. vor Leistungsbeginn in __________________

Wenn Mj ohne g.A.: = tats. A. d. Mj in ______________

2. nach Beginn der Leistung (Abs. 5) und Sorgerecht bei a) einem Elternteil (Satz 1) b) beiden Elternteilen (Satz 2) c) keinem Elternteil (Satz 2) ö.Z. = g.A. d. sorgeberechtigten ö.Z. = wie bisher in _____________ ö.Z. = wie bisher in _________ Elternteils in _______________

III Eltern/maßgebender Elternteil ohne g.A. - oder g.A. nicht feststellbar oder beide verstorben - (Abs. 4) a) g.A. d. Mj in den letzten 6 Monaten b) g.A. d. Mj in den letzten 6 Monten vor

vor Leistungsbeginn vorhanden (Satz 1) Leistungsbeginn nicht vorhanden (Satz 2) o ja = ö.Z. = g.A. d. Mj in ___________ = ö.Z. = tats. A. d. Mj vor Leistungsbeginn in ________________

o nein __________________________

IV Sonderfall: Mj lebt über zwei Jahre - voraussichtlich auf Dauer - bei Pflegeperson (Abs. 6)

ö.Z. = g.A. der Pflegeperson (bis zur Beendigung des Aufenthalts bei der Pflegeperson) in _______________________

V Sonderfall: Mj asylsuchend (Abs. 7) a) Grundsatz (Satz 1 HS 1) b) Leistung folgt Inobhutnahme c) ab Zuweisungsentsch . d) nach Abschluss des

(Satz 1 HS 2) (Satz 2 HS 1) Asylverfahrens (S. 3) ö.Z. = die nach § 87 begründete ö.Z. = bis zur Be-

ö.Z. = tats.A. d. Mj vor Zuständigkeit bleibt bestehen ö.Z. = Zuweisungsort gründung eines g.A. Leistungsbeginn in in in bei anderem Träger gilt bish. Zust. in

(Nach Vorlage SJB Karlsruhe)

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B. Die örtliche Zuständigkeit für die Kernaufgaben des Vormundschaftswesens

nach § 87c SGB VIII

Gliederung (zugleich Prüfschema) 1 Gesetzliche AV (Abs. 1 und 2)

1.1 Begründung der AV (Abs. 1) 1.1.1 Nichtehelichkeit der Mutter zur Zeit der Geburt:

Zuständigkeit nach deren g.A. bei Geburt (Satz 1) 1.1.2 Nichtehelichkeit der Mutter infolge Anfechtung:

Zuständigkeit nach g.A. der Mutter bei Entscheidung (Satz 2) 1.1.3 G.A. der Mutter nicht feststellbar: Zuständigkeit nach

tatsächlichem Aufenthalt der Mutter (Satz 3) 1.2 Übergang der AV (Abs. 2)

1.2.1 Antrag auf Weiterführung (Satz 1) 1.2.2 Übergangserklärung (Satz 2) 1.2.3 Mitteilung des Übergangs (Satz 3) 1.2.4 Anrufung des Vormundschaftsgerichts (Satz 4)

2 Bestellte AP/AV (Abs. 3 Satz 1 bis 3) 2.1 Zuständigkeit nach g.A. des Kindes/Jugendlichen (Satz 1) 2.2 Ersatzweise: Tatsächlicher Aufenthalt (Satz 2) 2.3 Zuständigkeitswechsel nach Entlassungsantrag (Satz 3)

3 Gegenvormundschaft (Abs. 3 S. 4) 4 Adoptionsvormundschaft (Abs. 4): Zuständigkeit nach g.A.

des Annehmenden 5 Persönliche Hilfe nach § 52a und Beistandschaft (Abs. 5)

5.1 Zuständigkeit wie bei gesetzlicher AV (Satz 1) 5.2 Zuständigkeitswechsel bei Beistandschaft nach Antrag (Satz 2 Halbs. 1) 5.3 Übergang der Beistandschaft (Satz 2 Halbs. 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2) 5.4 Fortsetzung der Beistandschaft trotz Wechsels der Zuständigkeit

(Satz 2 Halbs. 2 i.V.m. § 86c)

6 Auskunft über die Nichtabgabe von Sorgeerklärungen und Mitteilung über deren Abgabe (Abs. 6) 6.1 Auskunft an die Mutter über die Nichtabgabe von Sorgeerklärungen

(Satz 1 i.V.m. Abs. 1) 6.2 Mitteilung an das Geburts-JA über die Erteilung von Sorgeerklärungen

(Satz 2) 6.3 Mitteilung an das Auskunfts-JA über die Erteilung von

Sorgeerklärungen (Satz 3)

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1 Gesetzliche AV (Abs . 1 und 2) 1.1 Begründung der AV (Abs. 1) 1.1.1 Nichtehelichkeit der Mutter zur Zeit der Geburt (Satz 1)

Während der Begriff des „nichtehelichen Kindes“ gesetzlich getilgt ist, gibt es die „nichteheliche Mutter“ nach wie vor (vgl. § 18 RN 8). Mit der Geburt des Kindes ist für die dadurch eintretende gesetzliche AV das JA zuständig (zur organisationsrechtlichen Zulässigkeit vgl. § 87b RN 13), in dessen Bereich die Mutter ihren g.A. hat (zum Begriff vgl. § 86 2.5).

1.1.2 Nichtehelichkeit der Mutter infolge Anfechtung (Satz 2)

Bei einer gem. §§ 1600 bis 1600b BGB möglichen Anfechtung der nach § 1592 Nr. 1 oder 2 BGB bestehenden Vaterschaft (vgl. § 52a RN 19) stellt sich erst später heraus, dass die Mutterschaft nichtehelich ist. Dann kommt es für die örtliche Zuständigkeit auf den g.A. der Mutter zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Entscheidung des Gerichts an.

1.1.3 G.A. der Mutter nicht feststellbar (Satz 3)

Ist der g.A. der Mutter in den Fällen der Sätze 1 und 2 nicht feststellbar oder nicht vorhanden (zu den Anforderungen vgl. § 86 RN 31), richtet sich die ört-liche Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt der Mutter (vgl. zum Begriff § 86 2.5).

1.2 Übergang der AV (Abs. 2) 1.2.1 Antrag auf Weiterführung (Satz 1)

Die örtliche Zuständigkeit wechselt nicht etwa (wie bei § 86) mit dem Wech-sel des g.A. als Anknüpfungsmerkmal für die örtliche Zuständigkeit nach Absatz 1. Vielmehr tritt ein Zuständigkeitswechsel erst dann ein, wenn die Erstzuständigkeit durch Abgabe an ein anderes JA rechtsgültig ihr Ende gefunden hat (vgl. ausführlich Kunkel in Oberloskamp, Vormundschaft, § 16 Fn. 33 bis 51). Wechselt der g.A. der Mutter, hat das JA die Weiterführung bei dem anderen JA zu beantragen - unabhängig vom Kindeswohl (ebenso OLG Frankfurt/Main DAVorm 1996/211; widersprüchlich Schellhorn, § 87c Rz. 4 einerseits Rz. 7 andererseits). Gründe des Kindeswohls können dagegen zur Ablehnung der Übernahme führen (so LG Stuttgart DAVorm 1992/884). Das abgebende JA kann aber ohne dass ein g.A.-Wechsel der Mutter vorliegt die Übernahme beantragen, wenn das Kindeswohl dies gebietet. Bei der Antrag-stellung hat es Ermessen (a.A. Fieseler/Ziegler/GK, § 86c Rz. 12: „Beurtei-lungsspielraum“), bei der dieser Entscheidung vorausgehenden Aus legung des Kindeswohlsbegriffs aber weder Ermessen noch Beurteilungsspielraum. Zu den Gründen des Kindeswohls im Einzelnen vgl. Brüggemann/Kunkel in Oberloskamp, Vormundschaft, § 16 Fn. 40. Das Auseinanderfallen der Auf-

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enthaltsorte von Mutter und Kind in verschiedene Jugendamtsbereiche ist für sich allein kein Grund vom Übergang abzusehen (ebenso AG Lüneburg DAVorm 1996/309; Elzholz, DAVorm 1994/334). Gründe des Kindeswohls sind es auch, die es rechtfertigen, dass der Weiter-führungsantrag auch von dem anderen JA gestellt werden kann, ebenso von jedem Elternteil oder vom Kind nach Vollendung des 14. Lebensjahres (ent-sprechend §§ 50b Abs. 2, 59 FGG) sowie jeder anderen Person, die ein berechtigtes Interesse des Kindes (z.B. eine Pflegeperson) geltend machen kann. Das Interesse kann auch rein tatsächlicher (z.B. wirtschaftlicher) Art sein; immer aber muss es ein Interesse des Kindes und nicht etwa des Antragstellers sein (ebenso Krug/Grüner/Dalichau, § 87c Erl. V 3). Den Weiterführungsantrag muss das bisher zuständige JA beim JA des neuen g.A. der Mutter stellen; die anderen Antragsberechtigten müssen den Antrag beim bisher zuständigen JA stellen. Unterbleibt ein Weiterführungsantrag trotz Aufenthaltswechsels, weil beide beteiligte JA den Wechsel der Zustän-digkeit als dem Kindeswohl nicht dienlich erachten und werden auch Dritte nicht initiativ, bleibt das bisherige JA weiterhin zuständig. Strittig ist, ob der Antrag von dem einzelnen Beamten oder Angestellten, dem die AV übertragen worden ist („Realvormund“), gestellt werden muss oder vom JA als „Legalvormund“. Zum Streitstand vgl. ausführlich Brüggemann/Kunkel in Oberloskamp, Vormundschaft, § 16 Fn. 132, 133. Da der Antrag die Beendigung des Amtes als solches betrifft, kann der Antrag nicht durch den Realvormund als Beauftragten gestellt we rden, weil der Beauftragte nicht über die Rechtsgrundlage seiner Beauftragung verfügen kann. Außerdem ist der Beauftragte gesetzlicher Vertreter des Kindes, nicht dagegen gesetzlicher Vertreter des JA, welches von seinem Amt entbunden werden will. Den Antrag muss deshalb das JA als solches stellen (a.A. Klinkhardt, § 87c Rdnr. 6; Krug/Grüner/Dalichau, § 87c Erl. V 3 für das ab-gebende JA).

1.2.2 Übergangserklärung (Satz 2)

Bei einverständlicher Übernahme ist der Übergang mit der Erklärung des anderen JA perfekt. Einer Mitwirkung des Vormundschaftsgerichts bedarf es dann nicht (ebenso LG Saarbrücken DAVorm 1998/250). Das Gericht wird lediglich vom Übergang der AV verständigt (Satz 3). Eine „feindliche Übernahme“ ist ausgeschlossen, da ohne Mitwirkung des erstzuständigen JA keine Übernahme erfolgen kann. Entweder muss es den Weiterführungsantrag stellen oder einem Weiterführungsantrag des anderen JA (oder eines Dritten) zustimmen. Dies folgt aus dem Begriff des Antrags, der als Rechtsfolge eine zustimmende oder ablehnende Erklärung des Antragsgegners voraussetzt.

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Ebenso wenig ist eine „feindliche Übergabe“ möglich, da das andere JA eine Einverständniserklärung abgeben muss. Dabei hat das andere JA einen Ermessensspielraum, wobei es aber nur dann ermessensfehlerfrei handelt, wenn besondere Gründe des Kindeswohls seine Entscheidung rechtfertigen (ebenso Schellhorn, § 87c Rz. 9; Binschus, ZfF 1990, 254; Elzholz, DAVorm 1994/333; Mrozynski, SGB VIII, 3. Aufl. 1998, Rz 3; 3; LG Augsburg DAVorm 1995/1013). Einfache Gründe des Kindeswohls sind deshalb nicht ausreichend, weil – anders als bei Abs. 3 – bei g.A.-Wechsel grundsätzlich ein Zuständigkeitswechsel erfolgen soll (ebenso LG Stuttgart DAVorm 1994/797). Außerdem stellt Abs. 3 S. 3 auf den g.A. des Kindes und nicht den der Mutter ab. Die Rechtsprechung zu den Gründen des Kindeswohls in Abs. 3 ist nicht ohne weiteres auf Abs. 2 übertragbar (dies geschieht aber bei Schellhorn, § 86c Rz. 9 und Fieseler/Ziegler/GK, § 87c Rz. 13). Ermessens-fehlerhaft wäre deshalb die Ablehnung des Antrags wegen mangelnder „Abgabereife“ (ebenso DIV-Gutachten, DAVorm 1998/427; weniger eindeu-tig aber DIV-Gutachten, DAVorm 1994/709). Kein Grund ist deshalb auch Arbeitsbelastung (ebenso DIV-Gutachten, DAVorm 1994/1013). Auch die Rüge, der Unterhaltsanspruch sei nicht nach neuestem Stand tituliert, rechtfer-tigt die Ablehnung nicht (ebenso LG Stuttgart DAVorm 1992/884). Ermessensfehlerfrei wäre dagegen die Ablehnung eines Antrags, wenn ein Ende der AV unmittelbar bevorsteht, weil die Mutter volljährig wird, so dass ein persönlicher Kontakt zwischen dem neuen JA und der Mutter nicht mehr zu erwarten ist (so BayObLG DAVorm 1993/1117) oder nur kurzzeitige Begründung eines neuen g.A (beispielsweise durch Fremdunterbringung; ebenso Schellhorn, § 87c Rz. 9). Die Gewährung von HzE am Ort des die AV führenden JA ist dagegen kein Ablehnungsgrund, weil die HzE dem Amts-vormund und nicht der Mutter gewährt wird (ebenso im Ergebnis Elzholz, DAVorm 1994/333; a.A. Schellhorn, § 87c Rz. 9). Begründet die Mutter einen g.A. im Ausland, gibt es keinen Grund mehr, nicht auf den g.A. des Kindes abzustellen. Wegen des auch für den Amtsvor-mund notwendigen persönlichen Kontaktes zum Kind ist daher auf den g.A. des Kindes abzustellen, also erforderlichenfalls ein Zuständigkeitswechsel zu bewirken (a.A. DIV-Gutachten, DAVorm 1994/793, dem sich Fieseler/Ziegler/GK, § 87c Rz. 13 und Schellhorn, § 87c Rz. 12 anschließen). Dasselbe muss für den Fall des unbekannten Aufenthalts der Mutter gelten (im Ergebnis ebenso Schellhorn, § 87c Rz. 12; a.A. OLG Düsseldorf DAVorm 1993/1226). Empfangsadressat der Übernahmeerklärung ist das erstzuständige JA. Die Übernahmeerklärung ist mit Zugang bei diesem wirksam, wenn sie mit dessen Übernahmeantrag korrespondiert. Auch wenn sie mit dem Übernahme-antrag eines Dritten korrespondiert, ist Zugang beim erstzuständigen JA zu fordern, da es den Zuständigkeitswechsel praktisch vollziehen muss (im Ergebnis ebenso Wiesner, § 87c Rdnr. 9; Schellhorn, § 87c Rz. 11; a.A. Fieseler/Ziegler/GK, § 87c Rz. 11). Im Falle des Übernahmeantrages eines Dritten ist die Übernahme dem Dritten gegenüber nicht zu erklären (a.A.

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Hauck, SGB VIII, § 87c Rz 8 unter Berufung auf allgemeine Grundsätze des Verwaltungsrechts), da der Dritte den Übernahmeantrag beim erstzuständigen JA zu stellen hatte, also auch nur von diesem eine Mitteilung davon erwarten kann, was aus seinem Antrag geworden ist. Unterbleibt die Übernahmeerklärung, kann das VormG angerufen werden (vgl. 1.2.4). Der Wechsel der örtlichen Zuständigkeit des JA bewirkt nicht den Wechsel der örtlichen Zuständigkeit des VormG (ebenso OLG Hamm FamRZ 1996, 57).

1.2.3 Mitteilung des Übergangs (Satz 3)

Das bisher zuständige JA ist verpflichtet, den Übergang der Zuständigkeit – also mit Zugang der Übernahmeerklärung vom anderen JA (Satz 2) – dem VormG, aber auch jedem Elternteil (also auch dem nichtehelichen Vater) mit-zuteilen. Diese Mitteilung muss unverzüglich erfolgen, also binnen weniger Tage nach Zugang der Übernahmeerklärung. Das VormG hat daraufhin die dem abgebenden JA erteilte Bescheinigung einzuziehen und dem über-nehmenden JA eine neue Bescheinigung auszustellen.

1.2.4 Anrufung des Vormundschaftsgerichts (Satz 4)

Das VormG wird nicht von Amts wegen tätig. Es kann angerufen werden. Anrufungsberechtigt ist - das mit seinem Übernahme- oder Übergabeantrag erfolglos gebliebene JA, - der mit seinem Übergabeantrag erfolglose Elternteil, - das mit dem Übergabeantrag erfolglose Kind (ab 14 Jahre; § 59 FGG

entsprechend), wenn es ein berechtigtes Interesse geltend macht, das erzieherischer, aber auch wirtschaftlicher Art sein kann (ebenso Fieseler/ Ziegler/GK, § 87c Rz. 15),

- jeder Dritte, der ein solches Interesse des Kindes geltend macht, auch wenn er zuvor keinen Übergabeantrag gestellt hat.

Das VormG muss dann vor einer Entscheidung jeden Elternteil und das Kind (ab 14 Jahren) anhören (§§ 50a Abs. 2, 50b Abs. 2 FGG). Die Sachentscheidung des VormG ergeht dahin, dass - sie die Ablehnung der Übergabe oder der Übernahme bestätigt oder - die AV von dem nicht abgabewilligen JA abzugeben sei oder - dass die AV von dem nicht übernahmebereiten JA zu übernehmen sei. Der Beschluss ist beiden beteiligten JA, ggf. auch dem Dritten, der das VormG angerufen hat, bekannt zu geben. Die Bekanntgabe bewirkt, wenn der Beschluss auf Übergabe der AV lautet, den Übergang in gleicher Weise wie das Einverständnis der beteiligten JA, welches der Beschluss ersetzt. Zu den

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Rechtsmitteln gegen die Entscheidung des VormG vgl. ausführlich Brüggemann/Kunkel a.a.O., Fn. 45 bis 51.

2 Bestellte AP/AV (Abs. 3 Satz 1 bis 3) 2.1 Zuständigkeit nach g.A. des Kindes (Satz 1)

Im Unterschied zur gesetzlichen AV ist bei der bestellten AP/AV Anknüpfungs-kriterium für die örtliche Zuständigkeit des JA nicht der g.A. der Mutter, sondern der des Kindes. Dies deshalb, weil der Bestellung häufig eine Entscheidung des FamG gegen die Eltern zugrunde liegt (z.B. bei einem Eingriff nach § 1666 BGB). Daher entspricht es dem Kindeswohl, wenn das JA für das Kind zuständig ist, in dessen Bereich sich das Kind gewöhnlich aufhält. Zum Begriff des g.A. vgl. § 86 2.5; der g.A. kann auch in einer Einrichtung begründet werden. Der Schutz der Anstaltsorte wird nicht über die Zuständigkeitsregelung (wie bei § 86a Abs. 2, sondern über den Kostenerstattungsanspruch nach § 89e bewirkt (ebenso DIV-Gutachten, DAVorm 1993/1076). Die Aufenthaltsperspektive des Kindes wird aus dem Hilfeplan ersichtlich; ergibt sich aus diesem eine Rückkehr ins Elternhaus in absehbarer Zeit, wird in der Einrichtung kein g.A. begründet (ebenso LG Saarbrücken DAVorm 1996/904; LG Krefeld DAVorm 1993/1225). Die Anknüpfung an den g.A. des Kindes kann im Einzelfall zu einer „gespaltenen Zuständigkeit“ des JA führen, wenn es zugleich eine Leistung erbringt, bei der sich die örtliche Zuständigkeit gem. § 86 nach dem g.A. der Eltern richtet. Diese Aufspal tung der Zuständigkeit auf zwei verschiedene JA ist aber eher heilsam, da sie Interessenkollisionen innerhalb desselben Amtes ausschließt (ebenso LG Stutt-gart DAVorm 1994/797 und Wiesner, § 87c Rdnr. 14). Zu diesen Interessen-kollisionen vgl. ausführ lich Brüggemann/Kunkel a.a.O., § 16 Fn. 135.

2.2 Zuständigkeit nach tats. Aufenthalt des Kindes bei fehlendem g.A. (Satz 2)

Hat das Kind oder der Jugendliche (zum Begriff vgl. § 7 Abs. 1) keinen g.A., so ist der tatsächliche Aufenthalt (zum Begriff vgl. § 86 2.5) maßgebend, der im Zeit-punkt der Bestellung besteht. Ist nicht feststellbar, ob oder wo ein g.A. des Kindes besteht, gilt ebenfalls Satz 2, auch wenn dort eine dem Abs. 1 S. 3 vergleichbare Regelung fehlt. Da es sich um eine (planwidrige) Lücke handelt, ist die analoge Anwendung des Satzes 2 möglich.

2.3 Zuständigkeitswechsel nach Entlassungsantrag (Satz 3)

Im Unterschied zur gesetzlichen AV erfolgt bei der bestellten AP/AV der Zustän-digkeitswechsel nicht behördengesteuert kraft Entscheidung der beteiligten JA, sondern durch Justizakt. Dies ist Konsequenz des Bestellungsaktes. Da das VormG vor der Bestellung des JA zum Pfleger/Vormund prüft, ob unter den örtli-chen Gegebenheiten ein geeigneter Einzelpfleger/Einzelvormund vorhanden ist, muss beim Wechsel des g.A. des Kindes in den Bezirk eines anderen JA erneut eine Geeignetheitsprüfung stattfinden. Auch hier – wie im Fall des Absatzes 2 Satz 4 – handelt das VormG nicht von Amts wegen, sondern nach Antrag des JA

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auf Entlassung. Diesen Antrag muss (kein Ermessen) das JA dann stellen, wenn ein g.A.-Wechsel des Kindes vorliegt oder bei Fehlen eines g.A. (nur dann!) das Wohl des Kindes einen Zuständigkeitswechsel erforderlich macht. Auch im Fall der zweiten Alternative hat das JA weder Ermessen noch Beurteilungsspielraum. Der g.A.-Wechsel des Kindes führt aber nicht zwingend zu einem Wechsel der Zuständigkeit, da dieser erst durch die Entscheidung des VormG bewirkt wird (ebenso OLG Hamm FamRZ 1995, 830; BayObLG DAVorm 1996/729). Unabhängig vom Vorliegen einer der beiden Alternativen kann das JA einen Entlassungsantrag stellen. Dieses Ermessen wird aber nur dann fehlerfrei aus-geübt, wenn auch bei fehlendem g.A.-Wechsel Gründe des Kindeswohls ausschlaggebend für den Antrag sind. Hat das Kind lediglich seinen tatsächlichen Aufenthalt im Bereich des bestellten JA, ist nicht etwa auch der Wechsel des tatsächlichen Aufenthalts Voraussetzung für die Kindeswohlprüfung; vielmehr muss das JA auch ohne einen solchen Wechsel den Entlassungsantrag stellen, wenn das Kindeswohl dies erfordert. Dies folgt aus der Formulierung des Satzes 3, die nicht auf einen Aufenthaltswechsel abstellt. Nach Entlassungsantrag des JA hat das VormG über diesen Antrag zu entscheiden. Dabei hat es einen Entscheidungsspielraum, für dessen Ausfüllung es sich am Kin-deswohl ausrichten muss (§§ 1697a, 1889 Abs. 2 S. 1, 1887 Abs. 1 BGB). Auch bei einem g.A.-Wechsel des Kindes besteht dieser Entscheidungsspielraum (ebenso BayObLG DAVorm 1996/729; OLG Hamm FamRZ 1995/830). Dieser Entscheidungsspielraum besteht auch insoweit, als das VormG bei der Bestellung eines neuen JA nach Entlassungsantrag nicht an die Zuständigkeitsregelung der Sätze 1 und 2 gebunden ist, sondern ein anderes JA auswählen kann, wenn dies dem Kindeswohl dient. Dies folgt aus seinem Entscheidungsspielraum schon bei der Erstbestellung (im Ergebnis ebenso BayObLG DAVorm 1996/732; OLG Karlsruhe DAVorm 1993/91; Fieseler/Ziegler/GK, § 87c Rz. 17; a.A. LG Saar-brücken DAVorm 1996/904; Wiesner, § 87c Rdnr. 15 – mit unrichtiger Satzzäh-lung; Schellhorn, § 87c Rz. 14). Die größere Personennähe kann größere Ortsnähe aus Gründen des Kindeswohls zurücktreten lassen (im Ergebnis ebenso OLG Hamm ZfJ 1999, 31; AG Wedding DAVorm 1993/1119).

3 Gegenvormundschaft (Absatz 3 Satz 4) Das JA kann gem. § 1792 Abs. 1 S. 2 BGB Gegenvormund sein, wenn ein Einzel- oder Vereinsvormund, nicht aber wenn ein JA zum Vormund bestellt wurde. Für die örtliche Zuständigkeit des „bestellten Amtsgegenvormunds“ gelten dann dieselben Regelungen wie für die bestellte AV. 4 Adoptionsvormundschaft (Abs. 4) Unter den Voraussetzungen des § 1751 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 BGB tritt AV ein. Für diese AV ist das JA örtlich, in dessen Bereich die annehmende Person ihren g.A. hat. Bei der Prüfung der Adoptionseignung wird das JA nur solche Personen für geeignet hal-ten, die auch einen g.A. haben, so dass für einen fehlenden g.A. keine Regelung ge-troffen werden musste (so zu Recht Fieseler/Ziegler/GK, § 87c Rz. 20). Wechselt die

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annehmende Person ihren g.A., fehlt eine Regelung. Die (planwidrige) Lücke kann durch entsprechende Anwendung des Absatzes 2 geschlossen werden (ebenso Elzholz, DAVorm 1994/333; Fiesler/Ziegler/GK, § 87c Rz. 20). Auch das Übergangsverfahren ist dann entsprechend Absatz 2 durchzuführen (ebenso Schellhorn, § 87c Rz. 17). Hat das JA HzE gewährt, kann dies zu einer „gespaltenen Zuständigkeit“ führen, da es bei verschiedenem g.A. der Eltern auf das Personensorgerecht ankommt, das nunmehr beim Amtsvormund liegt (§ 1751 Abs. 1 S. 1 BGB), so dass ihm die HzE gewährt wird (vgl. § 27 RN 9). Die örtliche Zuständigkeit für die HzE richtet sich auch in die-sem Fall nach § 86 Abs. 3. Die gespaltene Zuständigkeit muss aber nicht zum Nachteil des Kindes sein (vgl. 2.1). 5 Persönliche Hilfe nach § 52a und Beistandschaft (Abs. 5) 5.1 Zuständigkeit wie bei gesetzlicher AV (Satz 1)

Die persönliche Hilfe nach § 52a und die Beistandschaft sind „lupenreine“ Leistungen. Dennoch gilt für sie nicht die Regelung des § 86 (vgl. hierzu § 86 2.1). Für die persönliche Hilfe nach § 52a ist das JA örtlich zuständig, in dessen Bereich die Mutter ihren g.A. hat. Da diese Hilfe unverzüglich nach Geburt einzu-setzen hat, kommt es darauf an, wo die Mutter zur Zeit der Geburt ihren g.A. hat. Die Hilfe kann aber schon vor Geburt geleistet werden (§ 52a Abs. 2). Dann kommt es für die örtliche Zuständigkeit darauf an, wo die Mutter zum Zeitpunkt der Antragstellung ihren g.A. hat. Für die Beistandschaft nach §§ 1712 bis 1717 BGB ist das JA örtlich zuständig, in dessen Bereich der alleinsorgeberechtigte Elternteil (Abs. 1 S. 1 ist ent-sprechend anwendbar) seinen g.A. hat. Die Beistandschaft setzt mit Zugang des Antrags beim JA ein (vgl. Exkurs zur Beistandschaft vor § 52a RN 41). Zur Anwendbarkeit des § 16 SGB I vgl. vor § 52a RN 42. Es kommt also darauf an, wo der alleinsorgeberechtigte Elternteil im Zeitpunkt der Antragstellung seinen g.A. hat. Wird der Antrag schon vor Geburt des Kindes gestellt, ist ebenfalls der g.A. zum Zeitpunkt der Antragstellung entscheidend. Auf den g.A. des alleinsor-geberechtigten Elternteils kommt es aber dann nicht an, wenn das Kind seinen g.A. nicht im Inland hat; dann ist nämlich der Eintritt der Beistandschaft ausge-schlossen (§ 1717 BGB). Für die Hilfe nach § 52a und die Beistandschaft können verschiedene JA zuständig sein, wenn die Mutter zwischen der Hilfe nach § 52a und der Antragstellung auf Beistandschaft den g.A. wechselt. Ist ein g.A. der Mutter (bei der Hilfe nach § 52a) oder des alleinsorgeberechtigten Elternteils (bei der Beistandschaft) nicht feststellbar, kommt es auf den tatsächlichen Aufenthalt an (Abs. 1 S. 3 entspre-chend). Dies gilt auch (nochmals entsprechend), wenn feststeht, dass ein g.A. fehlt.

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5.2 Zuständigkeitswechsel bei Beistandschaft nach Antrag (Satz 2 Halbs. 1)

Bei der Hilfe nach § 52a wechselt die örtliche Zuständigkeit des JA mit dem g.A., subsidiäre mit dem tatsächlichen Aufenthalt der Mutter (a.A. Mrozynski, § 87c Rz 9: kein Zuständigkeitswechsel, sondern Amtshilfe). Bei der Beistandschaft gilt dagegen dieselbe Regelung wie für die gesetzliche AV. Danach hat das JA bei einem Aufenthaltswechsel des alleinsorgeberechtigten Elternteils die Weiterfüh-rung der Beistandschaft bei dem anderen JA zu beantragen. Den Antrag muss das JA als „Legalbeistand“ stellen, nicht der die Beistandschaft führende einzelne Beamte oder Angestellte („Realbeistand“; vgl. 1.2.1).

5.3 Übergang der Beistandschaft (Satz 2 Halbs. 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2)

Antragsbefugt ist im Unterschied zur Regelung des Abs. 2 nur das erstzuständige JA, also auch nicht der alleinsorgeberechtigte Elternteil. Dieser kann aber einen Zuständigkeitswechsel dadurch bewirken, dass er beim zunächst zuständigen JA die Beistandschaft gem. § 1715 Abs. 1 BGB beendet und beim anderen JA gem. § 1712 BGB beantragt. Erklärt das andere JA sich zur Übernahme bereit, ist damit der Übergang der Beistandschaft erfolgt (ebenso DIJuF-Gutachten, JAmt 2001, 37). Ist der Antrag vom erstzuständigen JA gestellt, muss das andere JA erklären, ob es die Beistandschaft weiterführt. Ohne diese Erklärung bleibt das antragstellende JA zuständig. Ein Fall des § 86d liegt daher nicht vor (a.A. die Begründung des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 13/8509, S. 18, wo im Übrigen ungenau vom „zuständige(n) örtliche(n) Träger“ die Rede ist, statt richtig vom „örtlich zuständi-gen Träger“). Ebenfalls im Unterschied zur AV (vgl. 1.2.1) kann der Antrag nicht aus anderen Gründen als denen des Aufenthaltswechsels gestellt werden, also insbesondere auch nicht aus Gründen des Kindeswohls. Dies ist bei der Beistandschaft deshalb nicht möglich, weil eine streitentscheidende Stelle hier nicht vorgesehen ist, da § 87c Abs. 2 S. 4 nicht anwendbar ist. Ebenfalls nicht anwendbar ist Abs. 2 S. 3. Da die Beistandschaft ohne Aufsicht durch das VormG stattfindet (§ 1716 BGB), muss dem VormG der Übergang der Beistandschaft auch nicht mitgeteilt werden. Durch den fehlenden Verweis auf Abs. 2 S. 3 ist allerdings auch – zu Unrecht – die Mitteilung des Übergangs gegenüber dem alleinsorgeberechtigten Elternteil ausgeschlossen worden. Als „nobile officium“ sollte das JA die Anzeige dennoch vornehmen, damit der Elternteil weiß, welches JA für ihn zuständig ist (ebenso Krug/Grüner/Dalichau, § 87c Erl. X).

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5.4 Fortsetzung der Beistandschaft trotz Wechsels der Zuständigkeit (Satz 2

Halbs. 2 i.V.m. § 86c) Um keine Lücke in der Beistandschaft eintreten zu lassen, ist auch die entspre-chende Anwendung des § 86c geregelt. Das erstzuständige JA muss also die Bei-standschaft weiterführen, bis das andere JA aktiv geworden ist. Allein die Erklä-rung der Übernahme (Abs. 2 S. 2 entsprechend) genügt nicht, wenn ihr keine Taten folgen. In einem Zuständigkeitskonflikt entscheidet gem. § 2 Abs. 1 S. 2 SGB X die gemeinsame Aufsichtsbehörde (ebenso Mrozynski, § 87c Rz 7), also das Regierungspräsidium/die Bezirksregierung oder das Innenministerium.

6 Auskunft über die Nichtabgabe von Sorgeerklärungen und Mitteilung über

deren Abgabe (Abs. 6) 6.1 Auskunft an die Mutter über die Nichtabgabe von Sorgeerklärungen (Satz 1

i.V.m. Abs. 1) Satz 1 regelt die örtliche Zuständigkeit des JA für die Erteilung des sog. Negativ-attestes gem. § 58a, während § 1626d Abs. 2 BGB das sog. Positivattest regelt (insoweit irrtümlich Fieseler/Ziegler/GK, § 87c Rz. 25). Zuständig für die schrift-liche Auskunft an die Mutter, dass keine Sorgeerklärungen gem. § 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB abgegeben worden sind, ist das JA, in dessen Bereich die Mutter ihren g.A. hat (Abs. 1 S. 1 entsprechend; vgl. 1.1.1). Wurde die Vaterschaft durch Anfechtung beseitigt, ist der g.A. der Mutter zu dem Zeitpunkt maßgebend, in dem die vormundschaftsgerichtliche Entscheidung rechtskräftig wird (Abs. 1 S. 2 entsprechend; vgl. 1.1.2). Ist ein g.A. der Mutter nicht feststellbar oder nicht vorhanden, richtet sich die ört-liche Zuständigkeit nach ihrem tatsächlichen Aufenthalt (Abs. 1 S. 3 entsprechend; vgl. 1.1.3).

6.2 Mitteilung an das Geburts-JA über die Erteilung von Sorgeerklärungen

(Satz 2) Satz 2 regelt lediglich die Empfangszuständigkeit des JA für die Mitteilung der beurkundenden Stellen (Urkundsperson des JA oder Notar) darüber, dass Sorge-erklärungen abgegeben worden sind (§ 1626d Abs. 2 BGB). Dem gegenüber ist für die Abgabe der Mitteilung das beurkundende JA gem. § 87e örtlich zuständig; dies kann jedes JA in Deutschland sein. Für die Entgegennahme der Mitteilung ist gem. § 87c Abs. 6 S. 2 das JA örtlich zuständig, in dessen Bereich der Geburtsort des Kindes liegt (Geburts-JA). Liegt der Geburtsort im Ausland oder ist er nicht zu ermitteln, ist das Land Berlin zuständig (§ 88 Abs. 1 S. 2 entsprechend).

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6.3 Mitteilung an das Auskunfts-JA über die Erteilung von Sorgeerklärungen

(Satz 3) Das nach Satz 2 empfangszuständige (registerführende) JA am Geburtsort des Kindes muss dem nach Satz 1 für das Negativattest zuständigen Wohnort-JA auf dessen Verlangen mitteilen, ob bei ihm eine Mitteilung über die Abgabe von Sorgeerklärungen vorliegt („Mitteilung über die Mitteilung“). Dies ist erforderlich, damit das für die Auskunft nach § 58a zuständige Wohnort-JA in der Lage ist, der Mutter darüber Auskunft zu geben, ob keine Erklärungen der gemeinsamen Sorge vorliegen. Im Zeitpunkt der Auskunftserteilung kann diese Auskunft aber schon unrichtig sein, wenn eine Mitteilung über die Abgabe von Sorgeerklärungen vom Register-JA unterwegs ist oder weil die Sorgeerklärungen erst nach der Auskunftserteilung abgegeben werden (ebenso Schwab, Familienrecht, Rn. 534). Um die Zuständigkeit nach Absatz 6 richtig beurteilen zu können, ist es also erfor-derlich, die örtliche Zuständigkeit dreier verschiedener JA zu unterscheiden: das Wohnort-JA gem. Satz 1 für die Erteilung des Negativattestes; das nach Satz 2 zuständige Geburts-JA für die Registerführung; das nach § 87e zuständige Urkunds-JA.