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Hamburg: 20 thematische Spaziergänge

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Hamburg: 20 thematische Spaziergänge

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Inhalt

4 Vorwort

6 Alster-Spaziergang Jörn Tietgen

22 Beatles-Spaziergang Jörn Dobert

34 Botanischer Spaziergang Horst Bertram

50 Elbvororte-Spaziergang Ralf Lange

66 Film-Spaziergang Arne Krasting / Marcel Piethe

80 Fleet-Spaziergang Jörn Tietgen

96 Friedhofsspaziergang Katja Nicklaus

110 Hafen-Spaziergang Jörn Tietgen

128 Hafencity-Spaziergang Stephen Perry

144 Hausfassaden-Spaziergang Stefanie Reimers

158 Jüdischer Spaziergang Jörn Tietgen / Michael Liebert

174 Kolonial-Spaziergang Heiko Möhle

190 Kontorhaus-Spaziergang Jörn Tietgen / Jörn Dobert

206 Kriminal-Spaziergang Ilona Kiss

218 Literatur-Spaziergang Olaf Irlenkäuser

232 Musik-Spaziergang Birgit Kiupel

248 NS-Zeit-Spaziergang Jörn Dobert

262 Vergnügungsviertel-Spaziergang Jörn Tietgen

278 Vogelkundlicher Spaziergang Uwe Westphal

292 Wohnformen-Spaziergang Jörn Tietgen

308 Literatur- und Hörtipps

310 Die Autoren

312 Bildnachweis/-quellen

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Vorwort

Hamburg, die jahrhundertealte norddeutsche Metropole, ist ge-prägt vom Handel und ihrem weltstädtischen Anspruch. Diese Tradition und ihre zahlreichen Eigenheiten machen Hamburg zu einer ganz besonderen deutschen Stadt, sicherlich aber zu einer der schönsten.

Der Geschichte und Gegenwart Hamburgs, seiner Kultur und Natur kann man sich natürlich auf ganz unterschiedliche Weise nähern. Dieses Buch lädt dazu ein, dies zu Fuß und jeweils unter einem thematischen Aspekt zu tun. Denn ein mäßiges Tempo und die Konzentration auf einen Gegenstand erlauben es dem Fußgän-ger, Wege zu gehen, die uns bei der motorisierten Stadterkundung verschlossen bleiben, und sich die Dinge genauer anzusehen.

Dieses Buch richtet sich sowohl an Touristen, die Hamburg kennenlernen möchten, wie an Einheimische, die ihre Stadt neu entdecken wollen. Im Gegensatz zu einfachen Routenplänen ent-sprechen die Texte eher geführten Rundgängen, bieten fundiertes Expertenwissen und lenken das Interesse auf charakteristische Hamburger Themen. Gleichzeitig erschließen sich auf diese Weise die unterschiedlichen Stadtviertel. Alle Touren sind als eigenstän-dige Erkundungen angelegt, die in der Zusammenschau jedoch einen schlüssigen Gesamteindruck der Besonderheiten Hamburgs geben und zu weiterer Lektüre und eigenen Streifzügen anregen. Zu diesem Zweck finden sich am Ende des Buchs ein Literaturver-zeichnis mit grundlegender Hamburg-Literatur und im Autoren-verzeichnis zahlreiche Tipps für weitere von Experten geführte Stadtrundgänge.

Jedem Spaziergang sind ferner Informationen zur Erreichbar-keit mit öffentlichen Verkehrsmitteln bzw. deren Nutzung während der Tour sowie Angaben zur ungefähren Dauer vorangestellt. In der Regel nehmen die Spaziergänge ein bis zwei Stunden in Anspruch,

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einige können durch ausführliche Abstecher aber auch zu länge-ren Touren ergänzt werden. Hierfür eignet sich, wie im Fall des Elbvororte-Spaziergangs, auch das Fahrrad. Eine Karte verzeichnet die Strecke und die im Text erwähnten Stationen, historisches und aktuelles Bildmaterial illustriert die Artikel. In manchen Rundgän-gen finden sich außerdem gute Tipps für die Kaffeepause.

Wir wünschen viel Spaß beim Entdecken und freuen uns über alle konstruktiven Rückmeldungen zu diesem Buch!

Die Autoren und der Verlag

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Gänsemarkt

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Lokstedter WegLudolfstraße

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Sierichstraße

Barmbeker Straße

Maria-Louise

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Sechslingspforte

An der Alster

Grindelallee

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Hallerstraße

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Lattenkamp

Hudtwalckerstraße

Universitäts-klinikum Eppendorf

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Eppendorfer Baum

Eppendorfer Baum

Klosterstern

Hallerstraße

HamburgDammtor

KennedybrückeLombardsbrücke

Sierichstraße

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Schöne Aussicht

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Allee

Allg. Krankenhaus St. Georg

Borgweg

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Leinpfad

Eppendorfer Marktplatz

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Übersichtskarte Eppendorf, Winterhude, Harvestehude, Uhlenhorst, Rotherbaum

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Alster-Spaziergang Jörn Tietgen

Startpunkt: Meenkwiese (U-Bahn-Station Lattenkamp / U 1)Endpunkt: Alsterufer / Kennedybrücke (S-Bahn-Station Dammtor / S 11, S 21, S 31)Dauer: ca. 2,5 Stunden

Lattenkamp / AlsterlaufAn der Meenkwiese, in der Nähe der U-Bahn-Station Lattenkamp, wo dieser Spaziergang beginnt, hat der Alsterlauf den größten Teil seines etwa 56 Kilometer langen Wegs bereits zurückgelegt. Die Alster schlängelt sich von Henstedt-Ulzburg aus durchs südliche Holstein, ehe sie sich von Duvenstedt aus durch Hamburger Gebiet bewegt.

In den ersten Jahrhunderten der Hamburger Geschichte war die Alster das wichtigste Gewässer für die wirtschaftliche und städte-bauliche Entwicklung der Stadt. Insbesondere für den Transport von Holz und Kalkstein wurde der Fluss spätestens seit dem 16. Jahrhundert genutzt. Einige Jahrzehnte existierte in jener Zeit so-gar eine Kanalverbindung zur Trave und damit nach Lübeck. Auf ihrem Weg wird die Alster von zahlreichen Nebenflüssen gespeist und durch Schleusen reguliert. An dieser Stelle fließt sie bereits als begradigter und kanalisierter Wasserlauf.

Zwischen Winterhude und Fuhlsbüttel wurde die Alster zwi-schen 1914 und dem Ende der 1920er Jahre kanalisiert und für eine wassernahe Villenbebauung und Gartengestaltung erschlossen.

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Dies geschah unter der Federführung des Hamburger Oberbau-direktors Fritz Schumacher und des Gartendirektors Otto Lin-ne. Bereits seit den 1870er Jahren hatte es Bemühungen gegeben, den stark mäandernden Fluss zu begradigen und so besser für die Schifffahrt und den Transport von Waren, z.B. zum Gefängnis in Fuhlsbüttel, nutzbar zu machen. Die Alster war zu jener Zeit noch ein ländlicher Bach mit moorigen Uferbereichen. Doch schon während der jahrelangen Planungen wurde die Kanalisierung des Alsterlaufs zu einem Projekt der systematischen Stadterweiterung nach Norden mit dem Ziel, entlang des Wassers gehobene Wohn-quartiere zu realisieren, was zum Teil auch gelang.

Folgen wir dem Alsterlauf nun nach Süden in Richtung Stadt. Über die Mündung eines kleinen Nebenflusses gelangen wir so zu-nächst in den Hayns Park.

Hayns ParkZwischen Meenkwiese und Hayns Park haben wir soeben die Mün-dung des Tarpenbek überquert. Über viele Jahrhunderte wurde dessen Wasser an dieser Stelle durch eine Mühle geleitet und bil-dete so nach Norden hin den Eppendorfer Mühlenteich. Dort be-ziehen heute die berühmten Alsterschwäne (Abb. 1) alljährlich ihr eisfrei gehaltenes Winterquartier. Zwei alteingesessene Bootsver-leiher haben an der Flussmündung ihren Standort.

Der Mündungsbereich des Tarpenbek mit der an dieser Stelle recht breiten Alster stellt auch den Eingangsbereich für die sich nördlich anschließende Kanalisierung dar. Als Auftakt des Ka nal-laufs ragt hier die von einer Art Bastion eingefasste Meenkwiese festungsgleich in den Fluss hinein. An den Ufern stehen land-schaftlich gestaltete Bereiche auf der Eppendorfer Seite und das architektonisch mit Stadthäusern und Villen gestaltete Ufer auf der Winterhuder Seite einander spannungsreich gegenüber. Gera-de der Unterlauf der Alster sowie die Ufer der Außenalster wurden schon vor der Kanalisierung nach Norden zu bevorzugten Wohn-gebieten vornehmer Bürger. Der heutige Hayns Park geht zurück auf den Landsitz des Kaufmanns und Senators Max Theodor Hayn, der hier 1873 ein landwirtschaftliches Gelände erworben hatte, das aber vermutlich bereits parkartig gestaltet war. Das Grundstück

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Alster-Spaziergang

wurde dann in den 1920er Jahren von der Stadt erworben. Durch den Verkauf von Bauland zur Straße hin konnte der Park erhalten bleiben und in der Folge mit großzügigen Wegen und Freiflächen umgestaltet werden. Ein besonderes Kleinod stellt der kleine klassizistische Rundtempel (Abb. 2) dar, der noch aus dem alten Haynschen Garten stammt. Es handelt sich um einen sogenann-ten „Monopteros“, ein in englischen und französischen Gärten beliebtes dekoratives Baumotiv. Dem Senator diente der Tempel als „Kaffeestube“.

Spaziert man den Flusslauf weiter nach Süden entlang, so ge-langt man zur nächsten Straßenbrücke nahe der Kirche St. Johan-nis (Abb. 3).

Eppendorfer St.-Johannis-Kirche / WinterhudeDie Alster bildet eine natürliche Grenze zwischen heutigen Stadt-teilen. Rechter Hand befindet sich Eppendorf. Der Ort „Eppentorp“ wurde 1140 erstmals erwähnt. „Ep“ ist ein altes Wort für Fluss oder Wasser. Der Name könnte sich aber auch vom Männernamen „Ebbo“ ableiten. Fast fünf Jahrhunderte gehörte der Ort zum Klos-

1 Alsterschwäne (1894)

2 Rundtempel im Hayns Park

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ter Herwardeshude bzw. seit der Reformation zur Stiftung St. Jo-hannis, bevor er 1832 von der Hamburgischen Verwaltung als Land-gebiet übernommen wurde. Zu jener Zeit war Eppendorf noch ein Bauerndorf, und es lebten hier etwa 1.000 Menschen. Außerdem hatten bereits zahlreiche Hamburger Kaufleute in Eppendorf ihre Landsitze bezogen.

Für städtische Nutzungen wurde das Dorf dann vor allem in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erschlossen. Dies lag zum ei-nen an der Industrialisierung, die für starkes Bevölkerungswachs-tum in den Städten sorgte, und zum anderen an der Aufhebung der Hamburger Torsperre 1860 / 61. Zuvor wurden die Hamburger Stadttore bei Dämmerung geschlossen. Wer noch passieren wollte, musste eine Sperrgebühr entrichten. Die Gegenden direkt vor den Stadttoren waren deshalb für Hamburger, die in der Stadt selbst arbeiteten, bis dahin wenig attraktive Wohngebiete.

Eppendorf wurde nun systematisch bebaut. Es entstanden vor allem bürgerliche Etagenmietshäuser, aber im nördlichen Ep-pendorf auch Arbeiterquartiere. Um 1920 lebten dann schon fast 20.000 Menschen hier, und 1925 gab es bereits 86.000 (!) Eppendor-

3 St.-Johannis-Kirche in Eppendorf mit Pastorat und Fachwerkhaus aus dem 18. Jahrhundert, Aufnahme um 1930

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Alster-Spaziergang

fer. Über die Ludolfstraße und die Heinickestraße gelangt man in westlicher Richtung nach wenigen hundert Metern zum Eppen-dorfer Marktplatz und zur Eppendorfer Landstraße, der Hauptein-kaufsmeile des in den letzten Jahrzehnten immer schicker gewor-denen Stadtteils.

Die Eppendorfer St.-Johannis-Kirche nahe dem Alsterlauf steht hier seit über 800 Jahren und ist damit eine der ältesten Kirchen Hamburgs. Das Kirchspiel Eppendorf umfasste bis 1768 zahlreiche Dörfer des Hamburger Umlands, deren Bewohner für einen Kirch-besuch oft weite Wege absolvieren mussten. Der Turm der Kirche von ca. 1200 ist im Kern ein Feldsteinturm, der 1751 ummantelt wurde. Das Langhaus wurde als Fachwerksaal 1622 errichtet und ist mit zahlreichen Kunstwerken ausgestattet. Das benachbarte Pas-torat stammt, ebenso wie das gegenüberliegende Fachwerkwohn-haus an der Ludolfstraße 43, aus dem 18. Jahrhundert. Beide Häuser versprühen noch ein wenig ländliche Atmosphäre.

Wenn wir nun über die Winterhuder Brücke auf das östliche Alsterufer wechseln, befinden wir uns in Winterhude. Hier steht, wo sich seit 1865 das Ausflugslokal Winterhuder Fährhaus (Abb. 4)

4 Winterhuder Fährhaus, Postkarte von 1916

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befunden hatte, seit den späten 1980er Jahren ein Theater für leichtere Komödienkost. Wenige hundert Meter weiter in Rich-tung Osten liegt der Winterhuder Marktplatz, das ehemalige Dorfzentrum.

Auch Winterhude war ursprünglich ein Dorf in der Nähe Ham-burgs, das bereits 1250 zum ersten Mal erwähnt wurde. Ein „Hude“ ist im Niederdeutschen ein „geschützter Ort“, und so könnte der Name des Dorfs von einer Winterweide (Abb. 5) für Vieh oder auch von einem winterfesten Lagerplatz für Alsterkähne herrühren. Bis weit ins 19. Jahrhundert blieb Winterhude landwirtschaftlich ge-prägt. Nachdem es wie Eppendorf seit 1832 zu Hamburg gehörte, begann in der Folgezeit der Wandel zu einem Industrie- und Ar-beiterstadtteil – allerdings mit exklusiveren Wohngegenden nahe der Alster. Hatte das Dorf 1838 nur knapp 400 Einwohner, so waren es Ende des 19. Jahrhunderts bereits weit über 10.000. Die von der Alster weiter südlich nach Osten laufenden Kanäle dienten den In-dustrien des Stadtteils als Transportwege für Rohstoffe und fertige Produkte vom und zum Hafen.

Leinpfad / St. JohannisWeiter geht es nun den Alsterlauf entlang nach Süden. Der Stra-ßenname „Leinpfad“ verweist noch auf die Fahrten der Lastkähne auf dem alten Alsterlauf. Diese „Alsterböcke“ genannten Schuten wurden „gestakt“ bzw. mithilfe einer Leine entlang des Uferpfads

5 Wiesenlandschaft an der Alster zu Beginn des 20. Jahrhunderts

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Alster-Spaziergang

„getreidelt“, also von Hand oder per Pferd flussaufwärts gezogen.Gegenüber befinden sich die Villen der Heilwigstraße mit ih-

ren großen zum Wasser gelegenen Gärten (Abb. 6). Eine besonders großzügige, an norddeutsche Klöster und englische Landhäuser erinnernde Anlage fällt zwischen den beiden U-Bahn-Viadukten ins Auge (Abb. 7). Sie wurde 1914 für das St.-Johannis-Stift er-richtet. Bei diesem evangelischen Damenstift handelt es sich um die Nachfolgeinstitution des Klosters Herwardeshude, dem weite Teile des westlichen Alsterufers zeitweilig gehörten. Dieses Klos-ter war jedoch 1531 im Zuge der Reformation aufgelöst worden. Im ehemaligen Dominikanerkloster St. Johannis auf dem Gelände des heutigen Rathausmarktes wurde sodann das Damenstift gegrün-det. Es diente, wie vordem auch das Kloster, der Unterbringung unverheirateter Hamburger Bürgerstöchter.

An der Heilwigstraße (Nr. 114) liegt auch die ehemalige Biblio-thek Warburg, die der Kunsthistoriker und Kulturwissenschaftler Aby Warburg hier aufgebaut hatte. 1933, vier Jahre nach Warburgs Tod, wurden die Bestände vor dem Zugriff der Nazis gerettet und nach London gebracht.

Eichenpark / KrugkoppelbrückeÜberquert man an der Maria-Louisen-Straße die Alster wieder nach Westen, so gelangt man links durch die Heilwigstraße in den kleinen Eichenpark. In diesem ehemaligen Weideland des Klosters

7 St.-Johannis-Stift6 Villen in der Heilwigstraße

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erinnern zwei Kunstwerke an berühmte Hamburger. Zunächst passiert man „Die Ätherwelle“, ein Werk, das hier 1994 zum Geden-ken an den Physiker Heinrich Hertz (1857-1894), den Entdecker der Radiowellen, aufgestellt wurde. Mehr als sechzig Jahre zuvor war es von dem Hamburger Künstler Friedrich Wield entworfen, in der Nazizeit jedoch aufgrund von Hertz’ jüdischer Herkunft nicht auf-gestellt worden.

Nahe dem Harvestehuder Weg befindet sich ferner ein Gedenk-stein für den Dichter Friedrich von Hagedorn. Von Hagedorn (1708-1754) und sein Freundeskreis bildeten das Zentrum der philosophi-schen Aufklärung in Hamburg. Sie trafen sich in Kaffeehäusern und in den Ausflugslokalen an der Alster. Hagedorns Denken und Schaffen war sehr der Welt und ihren Freuden zugetan und von einer unbeschwerten und vernünftigen Weltbejahung geprägt. Er verfasste Gedichte, Fabeln und Lieder, die für die damalige Zeit sehr wenig schwülstig, sondern leicht und anmutig wirken. Einige von Hagedorns Gedichten thematisieren die Hamburger Heimat des Schriftstellers. In einem Gedicht von 1757 liefert er eine Cha-rakterisierung der Alster:

Befördrer vieler Lustbarkeiten, Du angenehmer Alsterfluß!Du mehrest Hamburgs SeltenheitenUnd ihren fröhlichen Genuß.Dir schallen zur Ehre,Du spielende Fluth,Die singenden Chöre,Der jauchzende Muth.

Der Elbe Schiffahrt macht uns reicher;Die Alster lehrt gesellig seyn!Durch jene füllen sich die Speicher;Auf dieser schmeckt der fremde Wein.In treibenden NachenSchifft Eintracht und Lust,Und Freiheit und LachenErleichtern die Brust. [...]

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Alster-Spaziergang

Ertönt, ihr scherzenden Gesänge,Aus unserm Lustschiff um den Strand!Den steifen Ernst, das WortgeprängeVerweist die Alster auf das Land.Du leeres Gewäsche,Dem Menschenwitz fehlt,O fahr in die Frösche;Nur uns nicht gequält!

Hier lärmt, in Nächten voll Vergnügen,Der Pauken Schlag, des Waldhorns Schall;Hier wirkt bei Wein und süßen ZügenDie rege Freyheit überall.Nichts lebet gebunden,Was Freundschaft hier paart.O glückliche Stunden!O liebliche Fahrt!

Direkt neben dem Eichenpark befand sich das Kloster Herwar-deshude, das dem heutigen Stadtteil den Namen gegeben hat und das als Zisterzienserinnen-Kloster 1247 am Hamburger Berg, dem heutigen St. Pauli, gegründet worden war. Da die Lage an der Elbe aber durch Flusspiraten und Sturmfluten gefährlich war, zog das Kloster 1295 hierher an die Alster. Es stand unter dem Schutz der Stadt und verpflichtete sich gleichzeitig, die Gegend nicht stark zu bebauen. In der Folge wurde es im 14. Jahrhundert zum größten Landbesitzer nördlich von Hamburg. Die Bauern der Gegend un-terstanden der Äbtissin. Mit der Reformation jedoch änderte sich alles: 1530 weigerten sich die Nonnen, ihr Kloster zu räumen. Da-raufhin zerstörten die Hamburger – immerhin ihre Schutzherren! – die Gebäude. Das Kloster wurde mit dem ehemaligen Dominika-nerkloster St. Johannis zusammengelegt (vgl. 4. Station), und die Ländereien wurden in eine lutherische Stiftung überführt. Anstel-le der Abtei wurde ein Wirtshaus gebaut, die Ländereien wurden verpachtet und von Hamburg aus verwaltet. Nach der Reformati-on entstand so ein Dorf mit Acker- und Gartenbau, und ab dem 17. Jahrhundert siedelten sich hier, begünstigt durch eine Schanker-

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Alster-Spaziergang

Beatles-Spaziergang

Botanischer Spaziergang

Elbvororte-Spaziergang

Film-Spaziergang

Fleet-Spaziergang

Friedhofsspaziergang

Hafen-Spaziergang

Hafencity-Spaziergang

Hausfassaden-Spaziergang

Jüdischer Spaziergang

Kolonial-Spaziergang

Kontorhaus-Spaziergang

Kriminal-Spaziergang

Literatur-Spaziergang

Musik-Spaziergang

NS-Zeit-Spaziergang

Vergnügungsviertel-Spaziergang

Vogelkundlicher Spaziergang

Wohnformen-Spaziergang

ISBN 978-3-88506-438-1