A Übergeordnete Konzepte - Grammatische Terminologie€¦ · nahm die Gabel statt des Löffels...

40
Terminus andere gebräuchliche Termini Definition Erläuterung Beispiele Problemlöseverfahren Kommentare A Übergeordnete Konzepte 1 Wort Bedeutungstragende Einheit, die mindestens ein → Morphem aufweist. Wörter können im Deutschen ihre Form verändern nach → Deklination (1), → Konjugation (2), → Komparation (3) oder sie sind in allen Kontexten unveränder- lich (4). (1) Hund, Hundes, der, des … (2) bellen, bellt … (3) laut, lauter … (4) heute, dass, in, wohl, sogar, sehr, nicht … Verschiebbare oder ersetzbare Einheit im Satz. Weiterführendes Orthographisch kann man Wort als diejenige Ein- heit betrachten, die von Spatien begrenzt wird. Diese Sichtweise gibt aber keinen Aufschluss, wann Spatien zu setzen sind. Was als Wort gefasst wer- den kann, hängt von der jeweiligen Sprache ab (engl.: taxi driver – deutsch Taxifahrer; türk.: masada – deutsch; auf dem Tisch), innerhalb des Deutschen auch von der Stellung und Funktion im Satz (zusammenschreiben – zusammen schreiben). Wörter sind einfach (Simplizia) oder nach den Re- geln der → Wortbildung gebildet. Grenzfälle Ein besonderes Problem sind Mehrworteinheiten: was für ein, um … willen, sowohl … als auch, entwe- der … oder; zu Hause, von Seiten; ab und zu; klipp und klar, bei denen auf der einen Seite mehrere Wörter zählbar sind, die aber auf der anderen Seite als ein Ausdruck zu behandeln sind (→ Lexem). 2 syntaktisches Wort Wort unter Berücksichtigung al- ler formalen und kategorialen Eigenschaften, die mit der kon- kreten Verwendung im Satz zu- sammenhängen. Im Fall flektierbarer → Lexeme handelt es sich um deren Flexi- onsformen (1); eine davon (eine kategoriell möglichst unauffälli- ge) ist die Nennform des Le- xems. Bei nichtflektierbaren Le- xemen (2) fallen Lexem und syn- taktisches Wort zusammen. (1) Satz: Du hilfst mir doch si- cher. hilfst = syntaktisches Wort, bei dem sich die folgenden gram- matischen Kategorien bestim- men lassen: Verb, finit, 2. Person, Singular, Indikativ, Präsens, Aktiv Lexem: helfen (Nennform) Paradigma: ich helfe, du hilfst, er hilft, wir helfen … (2) Satz: Anna und Otto kom- men morgen vorbei. und = syntaktisches Wort, nicht flektierbares Lexem. Hilfsfragen: (i) syntaktisches Wort: Was leis- tet das Wort im Satz? Welche grammatischen Kategorien weist es im vorliegenden Zu- sammenhang auf? (ii) → Lexem: Was kann das Wort im Satz leisten? Welche grammatischen Kategorien kann es auf- weisen? (Siehe auch Kommentar.) Weiterführendes Zum Begriff der Substantivierung bzw. zur Unter- scheidung von syntaktischer und lexikalischer Kon- version siehe → Konversion. Grenzfälle Syntaktische Wörter lassen sich oft nicht kontext- frei bestimmen. So kann die Form der stehen für: bestimmter Artikel, Demonstrativum, Relativum; dabei kann sie die folgenden Kategorienbündel tra- gen: Nominativ Singular Maskulinum / Dativ Singu- lar Femininum / Genitiv Singular Femininum / Geni- tiv Plural (Letzteres nicht als Demonstrativ- oder Relativpronomen). In einigen Fällen ist es schwierig zu bestimmen, ob verschiedene syntaktische Wörter eines → Lexems oder verschiedene Lexeme vorliegen. Beispiel: Sie nahm die Gabel statt den Löffel (→ Adjunktor). Sie nahm die Gabel statt des Löffels (→ Präposition mit Genitiv). Sie nahm die Gabel, statt den Löffel zu verwenden (→ Subjunktor).

Transcript of A Übergeordnete Konzepte - Grammatische Terminologie€¦ · nahm die Gabel statt des Löffels...

Terminus

andere

gebräuchliche

Termini

Definition Erläuterung Beispiele Problemlöseverfahren Kommentare

A Übergeordnete Konzepte

1

Wort

Bedeutungstragende Einheit, die mindestens ein → Morphem aufweist.

Wörter können im Deutschen ihre Form verändern nach → Deklination (1), → Konjugation (2), → Komparation (3) oder sie sind in allen Kontexten unveränder-lich (4).

(1) Hund, Hundes, der, des …

(2) bellen, bellt …

(3) laut, lauter …

(4) heute, dass, in, wohl, sogar, sehr, nicht …

Verschiebbare oder ersetzbare Einheit im Satz.

Weiterführendes

Orthographisch kann man Wort als diejenige Ein-heit betrachten, die von Spatien begrenzt wird. Diese Sichtweise gibt aber keinen Aufschluss, wann Spatien zu setzen sind. Was als Wort gefasst wer-den kann, hängt von der jeweiligen Sprache ab (engl.: taxi driver – deutsch Taxifahrer; türk.: masada – deutsch; auf dem Tisch), innerhalb des Deutschen auch von der Stellung und Funktion im Satz (zusammenschreiben – zusammen schreiben).

Wörter sind einfach (Simplizia) oder nach den Re-geln der → Wortbildung gebildet.

Grenzfälle

Ein besonderes Problem sind Mehrworteinheiten: was für ein, um … willen, sowohl … als auch, entwe-der … oder; zu Hause, von Seiten; ab und zu; klipp und klar, bei denen auf der einen Seite mehrere Wörter zählbar sind, die aber auf der anderen Seite als ein Ausdruck zu behandeln sind (→ Lexem).

2

syntaktisches Wort

Wort unter Berücksichtigung al-ler formalen und kategorialen Eigenschaften, die mit der kon-kreten Verwendung im Satz zu-sammenhängen.

Im Fall flektierbarer → Lexeme handelt es sich um deren Flexi-onsformen (1); eine davon (eine kategoriell möglichst unauffälli-ge) ist die Nennform des Le-xems. Bei nichtflektierbaren Le-xemen (2) fallen Lexem und syn-taktisches Wort zusammen.

(1) Satz: Du hilfst mir doch si-cher.

hilfst = syntaktisches Wort, bei dem sich die folgenden gram-matischen Kategorien bestim-men lassen: Verb, finit, 2. Person, Singular, Indikativ, Präsens, Aktiv

Lexem: helfen (Nennform)

Paradigma: ich helfe, du hilfst, er hilft, wir helfen …

(2) Satz: Anna und Otto kom-men morgen vorbei.

und = syntaktisches Wort, nicht flektierbares Lexem.

Hilfsfragen:

(i) syntaktisches Wort: Was leis-tet das Wort im Satz? Welche grammatischen Kategorien weist es im vorliegenden Zu-sammenhang auf?

(ii) → Lexem: Was kann das Wort im Satz leisten? Welche grammatischen Kategorien kann es auf- weisen? (Siehe auch Kommentar.)

Weiterführendes

Zum Begriff der Substantivierung bzw. zur Unter-scheidung von syntaktischer und lexikalischer Kon-version siehe → Konversion.

Grenzfälle

Syntaktische Wörter lassen sich oft nicht kontext-frei bestimmen. So kann die Form der stehen für: bestimmter Artikel, Demonstrativum, Relativum; dabei kann sie die folgenden Kategorienbündel tra-gen: Nominativ Singular Maskulinum / Dativ Singu-lar Femininum / Genitiv Singular Femininum / Geni-tiv Plural (Letzteres nicht als Demonstrativ- oder Relativpronomen).

In einigen Fällen ist es schwierig zu bestimmen, ob verschiedene syntaktische Wörter eines → Lexems oder verschiedene Lexeme vorliegen. Beispiel: Sie nahm die Gabel statt den Löffel (→ Adjunktor). Sie nahm die Gabel statt des Löffels (→ Präposition mit Genitiv). Sie nahm die Gabel, statt den Löffel zu verwenden (→ Subjunktor).

Terminus

andere

gebräuchliche

Termini

Definition Erläuterung Beispiele Problemlöseverfahren Kommentare

3

Lexem

Ein Lexem ist eine Einheit des Lexikons, wobei

a) die verschiedenen Wortfor-men,

b) verschiedene Ausdrücke

zu einem Lexem als abstrakter Einheit mit ausgewiesener Be-deutung zusammengefasst werden.

Wenn nur a) gemeint ist, spricht man auch von einem lexikali-schen Wort.

Zu a): Veränderliche Wörter (1) bilden verschiedene Wortfor-men. Ein Verb bildet z.B. im In-dikativ Präsens typischerweise vier Wortformen: lieb-e, -st, -t, -en. Alle gebildeten Formen sind Instanzen des Lexems lieben.

Bei unveränderlichen Wörtern (2) fällt äußerlich die Wortform mit dem Lexem zusammen.

Zu b): Wenn mehrere Ausdrü-cke, die in anderen Kontexten als eigenständige Wörter ge-fasst sind, als eine semantische Einheit betrachtet werden kön-nen, bilden sie ein Lexem (3).

(1) Tisch (Wortformen: Tisch, Ti-sches, Tische, Tischen)

wandern (Wortformen: wande-re, wanderst, wandert, wan-dern, wanderte …, gewan-dert …; (das) Wandern)

(2) heute, vor, dass …

(3) was für ein; um … willen, sowohl … als auch, entweder … oder; zu Hause, von Seiten; ab und zu; hin und her, klipp und klar…

Zu einer konkreten Wortform wird die Einheit gesucht, auf die alle Wortformen Bezug neh-men. Diese Form ist im Lexikon (Wörterbuch) zu finden. Dies gilt auch für den Fall b), wenn mehrere Ausdrücke eine Bedeu-tung bilden.

Weiterführendes

Einem Lexem ist eine → Wortart zugeordnet.

Bedeutungstragende Einheiten können als → Wörter, Lexeme, → syntaktische Wörter oder → Morpheme betrachtet werden. Betrachtet man einen Ausdruck als Lexem, abstrahiert man von sei-ner konkreten Form und seiner jeweiligen syntakti-schen Verwendung:

Wortform: gehen

→ Syntaktische Verwendung: 1. oder 3. Pers. Pl. Ind. Präs. oder Infinitiv.

→ Lexem: gehen (wobei der Einfachheit halber im Lexikon der Infinitiv bei Verben, der Nom. Sg. bei Substantiven bzw. die unflektierte Form bei Adjek-tiven genommen wird).

Bei der Substantivierung führt die syntaktische Verwendung zur Großschreibung (siehe auch → Konversion, → Substantiv).

Grenzfälle

Bei idiomatischen Ausdrücken wie klipp und klar ist die Abgrenzung zu Redewendungen fließend: Mir fällt die Decke auf den Kopf.

Terminus

andere

gebräuchliche

Termini

Definition Erläuterung Beispiele Problemlöseverfahren Kommentare

4

Wortart

Wortklasse

Unter einer Wortart werden → Lexeme nach definierten Klassi-fikationskriterien zusammenge-fasst.

Als Klassifikationskriterien gel-ten:

morphologische Veränder-barkeit (veränderliche – un-veränderliche Wortarten)

syntaktischer Rahmen, in den ein Wort eingesetzt werden kann

semantische und pragmatische Leistung.

Siehe die im Folgenden aufge-führten und dort definierten Wortarten

Da die Wortartklassifikation so-wohl auf den verschiedenen Fa-cetten des Wortbegriffs als auch auf verschiedenen Kriterien aufbaut, können keine allge-meinen Problemlöseverfahren angegeben werden; wohl aber gelten Problemlöseverfahren für die einzelnen Wortarten auf der Grundlage ihrer jeweiligen Definition (siehe dort).

Begründung

Da jede nur mit einem Kriterium arbeitende Klassi-fikation zu nicht unerheblichen Problemen führt, wird ein geordnetes mehrschrittiges Klassifikations-system herangezogen, das im ersten Lexemklassen und im zweiten Schritt syntaktische Wortartklassen erfasst. Auf diese Weise können Partikeln nur nega-tiv bestimmt werden.

Weiterführendes

Für das Folgende gilt: Die Zugehörigkeit zu einer Wortart geschieht im Lexikon: Adjektive bleiben auch in adverbialer Funktion Adjektive; vgl. auch die Ausführungen zum → syntaktischen Wort. Wenn formgleiche Wortformen nicht allgemein le-xikalisch erfasst werden können, sind sie je eigenen Lexemen zuzuordnen. Beispiel: (a) zu scharf vs. (b) zu Tisch. In beiden Fällen liegen Lexeme der Wort-art Nichtflektierbare vor; syntaktisch handelt es sich bei (a) um eine Intensitätspartikel, bei (b) um eine Präposition. Synchron haben sie keine seman-tischen Gemeinsamkeiten mehr und bilden daher eigenständige Lexeme.

Übersicht

Die Einteilung von Wörtern in Wortarten beruht auf verschiedenen linguistischen Kriterien. Da es verschiedene Möglichkeiten gibt, die Kriterien anzuordnen und zu gewichten, gibt es unterschiedliche Wortartenein-teilungen. In fast allen Klassifikationen ist die Unterscheidung zwischen den veränderlichen (flektierbaren) und unveränderlichen (nicht flektierbaren) Wörtern zu finden.

Die hier vorgenommene Wortartklassifikation basiert vorrangig auf morphologischen und syntaktischen Kriterien. Da die Klasse der Partikeln vorrangig pragmatische Funktionen erfüllt, kann sie in einer solchen Sys-tematik nur negativ bestimmt werden.

Das Kriterium ‚satzgliedfähig’, mit dem das Adverb von den anderen nicht flektierbaren Wortarten abgegrenzt wird, bezieht sich hier auf das Verständnis von ‚Satzgliedern im engeren Sinne’. Einige Partikeln (bspw. Abtönungspartikeln, Modalwörter) haben Kommentargliedfunktion.

In Einzelfällen kann die Zuordnung zu einer Wortart vorgenommen werden, auch wenn die Kriterien oben nicht erfüllt sind. So sind Feminina wie Milch am Substantiv nicht sichtbar deklinierbar oder Adjektive wie hölzern, lila, quitt nicht komparierbar, dennoch wird man sie mit guten Gründen zur jeweiligen Klasse zählen, deren Vertreter prototypisch deklinierbar bzw. komparierbar sind. In beiden Fällen kann man dafür se-mantische Gründe angeben, bei Milch zusätzlich auf den Artikel verweisen, an dem die Deklination sichtbar wird, bei den genannten Adjektiven darauf, dass sie wie andere auch prädikativ gebraucht werden können.

Terminus

andere

gebräuchliche

Termini

Definition Erläuterung Beispiele Problemlöseverfahren Kommentare

5

Konzepte zur

Beschreibung

flektierbarer

Wortarten

5.1

Flexion

Beugung

In einer flektierenden Sprache können Wörter ihre Form verän-dern. Die syntaktische Umge-bung legt die jeweilige Form fest.

An den → Wortstamm (der sich selbst verändern kann) werden Flexionsaffixe (Flexionsendun-gen) nach Maßgabe von → Kon-jugation (Verben) (1–3), → Deklination (Substantive, Arti-kel, Pronomen, Adjektive) (4, 5) und → Komparation (Adjektive) (6) angehängt.

Bei Verben wird das Flexionsaffix an eine Form des Verbstamms angefügt

(-en → (ich) fische; Stammform-flexion); bei Substantiven wird das Flexionsaffix an die Form des gesamten Wortes angefügt (Fisch → Fische; Wortformflexion).

(1) du renn-st

(2) ihr kauf-te-t

(3) wir hab-en ge-spiel-t

(4) die Tor-e d-es Spieler-s

(5) bunt-e Blätt-er

(6) sie sind bunt-er als …

Flexionsaffixe werden durch Ab-streichen gewonnen; alles, was nicht zum → Wortstamm gehört, ist ein Flexionsaffix.

Die Wahl der Flexionskategorien hängt von der Intention des Sprechers ab (Tempus, Modus, vgl.7), kann syntaktisch determi-niert (7, 8) oder inhärent sein (9).

(7) gestern wach-t-en wir

(8) du spring-st

(9) die Sonne / (Frz.) le soleil

Weiterführendes

Flexionsformen

des Verbs: Person, Numerus, Tempus, Mo-dus

des Substantivs: Numerus, Kasus

des Pronomen, Artikels: Genus, Numerus, Kasus

des Adjektivs: Genus, Numerus, Kasus, Kom-paration

Bei manchen Wörtern ändert sich bei Flexion der Stamm:

(10) er – ihn, ihr

(11) gut - besser

Zur Flexion gehören auch Ablautformen bei den Verben (z.B. geb-, gib-, gab-) sowie Um-lautformen, die allein (z.B. Nagel – Nägel) oder zusammen mit Flexionsaffixen auftreten kön-nen (z.B. Blatt – Blätter).

5.2

Flexionsarten

5.2.1

Deklination

Flexion von → Substantiv, → Ar-tikel, → Pronomen und → Adjek-tiv nach → Genus, → Numerus und → Kasus.

Im Satz bekommen die Wortar-ten der Nominalgruppe eine spe-zifische Form. Dabei verändern sich alle Wortarten der Nominal-gruppe nach Numerus und Kasus und außer dem genusfesten Sub-stantiv auch nach dem Genus.

Der Kern der Nominalgruppe legt die jeweiligen Flexionskate-gorien fest.

Das blaue Band …

Eines schönen Tages…

Alle Tage…

Sie fördert ihn.

Abgleich fraglicher Formen mit der Nennform des Lexems.

Weiterführendes

Bei der Deklination interessiert man sich für die Beziehungen zwischen grammatischen Ka-tegorien und Formen. Dabei ist damit zu rech-nen, dass bestimmte Kategorien manchmal formal nicht zum Ausdruck kommen. Den Ext-remfall bilden Lexeme, bei denen es überhaupt keine besonderen Flexionsformen gibt, vgl. et-wa Armut, prima, etwas.

5.2.2

Komparation

Flexion von Adjektiven hinsicht-lich einer 1. und 2. Vergleichsstu-fe

Adjektive als prototypische Aus-drücke für Eigenschaften bilden Vergleichsstufen, den Kompara-tiv (1), der ein Mehr oder Weni-ger, und den Superlativ (2), der die Höchststufe in einem gege-benen Vergleichsrahmen aus-drückt.

(1) Melek ist schneller als Yasmin.

(2) Boris ist der Schnellste.

Abgleich fraglicher Formen mit der Nennform des Lexems.

Weiterführendes

Absolute Adjektive (z.B. tot) und alle Her-kunfts- (französischer Wein) und Beschaffen-heitsadjektive (hölzerne Stange) bilden im wörtlichen Gebrauch keine Vergleichsstufen. (Im übertragenen Gebrauch ist oft mehr mög-lich: Er benimmt sich heute hölzerner als ges-tern.)

Terminus

andere

gebräuchliche

Termini

Definition Erläuterung Beispiele Problemlöseverfahren Kommentare

5.2.3

Konjugation

Beugung von Verben

Flexion von Verben nach → Per-son (1., 2., 3. Person), → Nume-rus (Singular, Plural), → Modus (Indikativ, Konjunktiv) und → Tempus (Präsens, Präteritum).

Die Konjugation nach → Person und → Numerus sorgt für die formale Übereinstimmung zwi-schen → Subjekt und → Prädikat. Die → Konjugation nach → Mo-dus und → Tempus sorgt für eine semantische Anpassung der Satzbedeutung.

Weiterführendes

Bei den verbalen Kategorien gibt es hinsichtlich der Realisierung zwei Gruppen.

Die einen Kategorien werden durchgängig rein flexivisch realisiert. Dies ist bei den Kategori-enklassen Person und Numerus der Fall.

Andere Kategorien werden durch eine Kombi-nation von Hilfsverb und Vollverb angezeigt, das heißt analytisch (wobei auch in diesem Fall die Hilfsverben flektiert werden). Dies gilt für alle Tempora außer Präsens und Präteritum, den würde-Konjunktiv sowie das Passiv.

5.3

Flexionskategorie

Grammatische Kategorie, die durch flexivische Mittel wie En-dungen oder Umlaut angezeigt wird (oder von der sich andere Kategorien derselben Klasse durch flexivische Mittel abhe-ben).

Durch das grammatische Mittel der Flexion werden gekennzeich-net:

Im nominalen Bereich:

→ Numerus (1)

→ Kasus (2)

→ Genus (3)

→ Person (Pronomen) (4)

Im verbalen Bereich:

→ Numerus (5)

→ Person (6)

→ Tempus (7)

→ Modus (8)

(1) Apfelbaum, Apfelbäume

(2) der Mann, des Mannes

(3) die Landkarte, das Stadtbild

(4) ich, du, er/sie/es

(5) ich lese , wir lesen

(6) ich lese, du liest

(7) ich lese, ich habe gelesen

(8) ich lese, ich läse

Weiterführendes

Der Terminus ‚Kategorie‘ kann auch auf andere linguistische Beschreibungsebenen angewen-det werden (‚syntaktische Kategorie‘, ‚pragma-tische Kategorie‘ etc.).

Begründung

In der vorliegenden Darstellung werden mit dem Terminus ‚Flexionskategorie‘ einzelne Re-alisierungen (Präsens, Singular, 1. Person) von Kategorienklassen (Tempus, Numerus, Person) bezeichnet. ‚Kategorienklasse‘ wird also als Oberbegriff für einzelne Flexionskategorien verwendet.

5.4.

nominale und verbale Flexions-

kategorien

5.4.1

Numerus

Kategorienklasse zur Kennzeich-nung von Quantitäten bei Ele-menten einer → Nominalgruppe sowie des → Verbs

Unterschieden werden → Singu-lar (1, 3) und → Plural (2, 4).

Im nominalen Bereich wird der Numerus zusammen mit dem → Kasus (1, 2), beim → Pronomen zusätzlich mit der Person (3, 4) und beim → Verb nur zusammen mit der Person (3, 4) ausge-drückt.

Im nominalen Bereich stimmen Artikel und attributive Adjektive mit dem Substantiv im Numerus überein. Bei Personalpronomen (wie ich vs. wir) ist der Numerus lexikalisch bestimmt, bei anderen

(1) Auf dem Hügel steht ein blü-hender Apfelbaum.

(2) Auf dem Hügel stehen mehre-re blühende Apfelbäume.

(3) (ich) laufe, (er/ihr/das Kind) spielt

(4) (wir/sie/die Kinder) spielen, (ihr) spielt

Sofern Numerus morphologisch markiert ist, kann durch Bestim-mung des Stammes die Flexions-endung ermittelt werden.

Weiterführendes

Personal- und Reflexivpronomen haben keine Numeruskennzeichnung durch Flexion.

Terminus

andere

gebräuchliche

Termini

Definition Erläuterung Beispiele Problemlöseverfahren Kommentare

Pronomen gewöhnlich aus dem Kontext.

Bei Verben wird die Numerus-markierung auf das Subjekt ab-gestimmt (→ Kongruenz) (3, 4)

5.4.1.1

Singular

Einzahl

→ Flexionskategorie zur Kenn-zeichnung, dass etwas nicht Mehrzahl ist.

Bei → Substantiven drückt der Singular Einzelheit aus (1), wenn es sich um zählbare Größen han-delt.

Der Singular wird auch dann verwendet, wenn es auf die An-

zahl nicht ankommt (2).

Der Singular ist daher die unmar-kierte Form gegenüber der mar-kierten Form (→ Plural).

Beim → Verb drückt der Singular aus, dass ein singularisches Sub-jekt vorhanden ist (1-4). Singular (3. Pers.) wird auch dann ge-nommen, wenn das Subjekt durch eine nicht nach dem Nu-merus bestimmte grammatische Kategorie, etwa einen Nebensatz (5) ausgedrückt wird, sowie in subjektlosen Sätzen (6, 7).

(1) Das ganze Haus hatte ein Kinderzimmer.

(2) Der Mensch ist nicht gern al-lein.

(3) ich laufe – du läufst – er läuft – irgendeiner läuft, man lebt.

(4) Als Dessert gibt es Obst.

(5) Dass wir arbeiten, gefällt ihr.

(6) Mir ist schwindlich.

(7) Hier wird gearbeitet.

Weiterführendes

Bei den Elementen der → Nominalgruppe ist der Singular nicht flexivisch gekennzeichnet.

Substantive, die nur im Singular vorkommen, heißen Singulariatantum (Singular: Singula-retantum) (5). Dazu gehören die Stoffbezeich-nungen. In Fachsprachen gibt es für manche Stoffbezeichnungen allerdings auch Plurale (sogenannte Sortenplurale): Mehl – Mehle.

5.4.1.2

Plural

Mehrzahl

→ Flexionskategorie zur Kenn-zeichnung, dass etwas Mehrzahl ist.

Die Pluralform ist gegenüber der Singularform die markierte Form.

Der Plural ist in der Regel bei den Substantiven, die pluralfähig sind, morphologisch markiert durch

Flexionssuffixe: -e, -n, -en, -er, -s (1–5).

Umlaut und Flexionssuffixe: U + -e, U + -er (6–7).

nur Umlaut (8).

In einigen Fällen bleibt der Plu-ral unmarkiert (9).

Beim Verb drückt der Plural aus, dass ein pluralisches Subjekt (10) oder mehrere Subjekte (11) vor-handen sind.

(1) Die Tage werden wieder län-ger.

(2) In zwei Wochen hat er erst-mals frei.

(3) Ihr flogen die Herzen zu.

(4) Aus Holz macht man stabile Bretter.

(5) Dort nisten Uhus.

(6) Bei Eis frieren manche Bäche zu.

(7) Lämmer werden im Frühjahr geboren.

(8)Auf ihre Töchter ist sie stolz.

(9) Es handelt sich um drei Mäd-chen.

Verbaler Bereich:

(10) wir laufen – ihr lauft – (sie) laufen

(11) Hans und Lisa liefen.

Weiterführendes

Die Bildung der Pluralformen ist beim Substan-tiv nur teilweise regelhaft. Im Zweifelsfall hilft nur ein Blick in das Wörterbuch.

Substantive, die nur im Plural vorkommen, heißen Pluraliatantum (Singular: Pluraletan-tum) (12):

(12) Geschwister sind oft sehr verschieden.

5.4.2 Kategorienklasse bei → Prono- Unterschieden werden die 1., 2. (1) Ich drehe mich um. Weiterführendes

Terminus

andere

gebräuchliche

Termini

Definition Erläuterung Beispiele Problemlöseverfahren Kommentare

Person men und → Verben. und 3. Person.

Bei Personal-, Reflexiv- und Pos-sessivpronomen bezeichnen die 1. und 2. Person Gesprächsbetei-ligte, die 3. Person bezeichnet al-les andere und verweist in der Regel auf andere Kontexteinhei-ten.

Personmarkierungen sind beim Pronomen mit Numerus-, teil-weise auch Genus- sowie Kasus-markierungen, beim Verb nur mit Numerusmarkierungen kombi-niert.

Personal-, Reflexiv- und Posses-sivpronomen drücken die Person lexikalisch aus (1–2), Verben durch Flexionsendungen (3–4).

(2) Sie möchte, dass du uns in unserer Wohnung besuchst.

(3) Ich gehe.

(4) Sie möchte, dass du uns in un-serer Wohnung besuchst.

Im Fall von Personal-, Reflexiv- und Possessiv-pronomen wird mit der Kategorie Person auf (reale oder fiktive) Personen verwiesen (Per-sondeixis). Dagegen ist Person bei Verben nur ein grammatisches Kongruenzmerkmal.

6

Wortbildung

6.1

Morphem

Wortbaustein

kleinste bedeutungstragende Einheit, die selbständig (1, 2) o-der unselbständig (3–5) vor-kommt.

Mit ‚bedeutungstragend’ kann gemeint sein: lexikalische Bedeutung (1), grammatische (Funktions-) Be-deutung (2), Wortbildungsfunkti-on (3–5).

Tisch

dass

umgeben

Freiheit

Gerenne

Weglassprobe: Von einem gege-ben Wort jedes Element weg-streichen, bis nur noch ein Ele-ment mit einer Bedeutung übrig bleibt

Weiterführendes

Unselbständige Morpheme (Affixe) werden re-lativ zu ihrer Position als → Präfixe (3), → Suffi-xe (4), Zirkumfixe (5) bezeichnet.

6.2

Wortbildungs-elemente

6.2.1

Wortstamm

Stamm-mophem

Grund-morphem

lexikalisches

Morphem

Das die lexikalische Bedeutung tragende → Morphem eines Wortes

Jedes Wort hat mindestens einen Wortstamm.

Sonne

gut

(das) Gute

geben

vergeben

Aufsichtspflicht

Werden alle Affixe und gegebe-nenfalls alle → Fugenelemente weggelassen, bleibt der Wort-stamm übrig bzw. mehrere Wortstämme bei → Komposition (6).

Weiterführendes

Wortstämme können ihre Form ändern: seh –sah –sicht; geh – ging – gang; hoch – höher – höchsten

dagegen liegen bei gern – lieber zwei verschie-dene Wortstämme vor.

Grenzfälle

Besonderheiten liegen z.B. bei den → definiten Artikeln vor, bei denen der Wortstamm nur aus einem Laut/Buchstaben besteht: d-er/-ie/-as

6.2.2

Fugenelement

Fugenelemente füllen bei der → Komposition die Fuge zwischen den komponierten Bestandteilen

Die Aufgabe von Fugenelemen-ten ist es, den Übergang bei der → Komposition zu gestalten (1).

(1) Kinderschuh / *Kindschuh

(2) Rindsbraten

(3) Rinderbraten

Bestimmung der → Lexeme der → Komposition. Alle bedeutungs-losen Elemente zwischen zwei →

Weiterführendes

Fugenelemente sind nicht als Affixe (vgl. → Präfix, → Suffix) zu klassifizieren, da sie keine

Terminus

andere

gebräuchliche

Termini

Definition Erläuterung Beispiele Problemlöseverfahren Kommentare

des komplexen Wortes. Die Fuge selbst und ihre Form sind nicht vorhersehbar (2–3). Sie kann regional variieren. Fugen-elemente können nicht systema-tisch als Flexionsendung (z.B. Genitiv) analysiert werden (4 versus 5, 6).

(4) Herzensangelegenheit

(5) Hochzeitskutsche

(6) bedeutungstragend

Lexemen sind Fugenelemente Bedeutung tragen.

Ein Fugenelement ist immer ein Indiz für Zu-sammenschreibung (§ 34.1 ARW).

6.2.3

Präfix

vorangestellter Wortbaustein

unselbständiges → Morphem, das dem → Wortstamm vorange-stellt ist.

Präfixe modifizieren gewöhnlich die im → Wortstamm ausge-drückte Bedeutung (1–3) oder ändern die syntaktischen Mög-lichkeiten (4).

(1) verarbeiten

(2) entwässern

(3) Ungnade

(4) bearbeiten

(5) umfáhren

(5’) Er umfährt den Zaun.

Ersatzprobe: Präfixe können oft durch andere Präfixe ersetzt werden: um- / ver- / be-fahren.

Präfixe bei Verben tragen nie ei-nen Akzent (5, 5’).

Weiterführendes

Präfigierungen kommen häufig bei → Verben vor. Präfixe sind untrennbar mit dem Stamm verbunden. Werden sie aus stilistischen Grün-den abgetrennt, steht ein Ergänzungsstrich: Die Waren werden be- und entladen.

6.2.4

Verbpartikel

trennbares

Präfix

Verbzusatz

Vom → Wortstamm trennbarer Bestandteil des Verbs, der im → Verbzweitsatz mit dem flektier-ten → Verb eine Klammer bildet

Da die Verbpartikeln in Distanz-stellung (z.B. im Verbzweitsatz) selbständig auftreten können, sind sie nicht als → Präfixe zu klassifizieren

(1) weggehen

(1´) Sie geht weg.

(2) úmfahren

(2’) Er fährt den Zaun um.

Bei Hauptsatzbildung bildet das finite Verb mit der Verbpartikel eine Klammer; Verbpartikel tra-gen stets den Hauptakzent des Wortes.

Abgrenzung zu → Präpositionen: Präpositionen sind → Kern einer Präpositionalgruppe, Verbparti-kel nicht.

Abgrenzung zu → Adverbien: Ad-verbien können durch gleichbe-deutende komplexere Ausdrücke ersetzt werden, sind im Satz frei beweglich und antworten auf W-Fragen, Verbpartikel nicht. In (3) kann das zweite Vorkommen von zusammen durch gemeinsam er-setzt werden, daher handelt es sich hier um ein Adverb:

(3) Wörter, die man zusammen-schreibt, kommen in einem Text vor, den man zusammen schreibt.

Grenzfälle

Wegen der Besonderheiten (teilweise Selbst-ständigkeit, Träger des Akzentes) ist es sinn-voll, Verbpartikel nicht als → Präfixe zu klassifi-zieren.

Verbpartikel sind formidentisch mit → Präposi-tionen und → Adverbien. Ob Verbpartikel oder Präposition bzw. Adverb vorliegt, kann nur vor dem Hintergrund eines konkreten Satzes ent-schieden werden, vgl. (3). Die Probe bei Ad-verbien gilt nur, wenn eine Verbpartikel durch ein gleichbedeutendes Adverb ersetzt wird.

Weiterführendes

Zur Wortschreibung und den Besonderheiten vgl. Amtliches Regelwerk, §§ 34 ff., zum Bei-spiel Getrenntschreibung bei sog. Kontaktstel-lung, wenn die Partikel im → Vorfeld steht:

(4) Auf steigt der Strahl (C.F. Mayer)

oder bei morphologischer Komplexität:

(5) auseinanderschreiben

aber:

(6) getrennt schreiben

6.2.5

Suffix

nachgestellter

Wortbaustein

unselbständiges → Morphem, das dem → Wortstamm nachge-stellt ist

Suffixe können grammatische Flexionsendungen (1) oder Wortbildungsmorpheme (2) (De-rivationsmorpheme) sein.

(1) freie

(2) Freiheit

Austauschprobe: frei-e/-es/-en/-er

Weglassprobe: Durch Wegstrei-chen des → Wortstammes (und gegebenenfalls der → Präfixe) bleiben die Suffixe übrig: Frei-heit, er-freu-lich

Grenzfälle

Für die Probe ist eine sichere Identifizierung des → Wortstammes notwendig, um Bildungen aus Wortstamm und grammatischer Endung (3) von Simplizia (4) zu unterscheiden:

(3) freier, lieber

(4) sicher

6.2.6 Konfixe sind unselbständige → Morpheme, Kurzformen oder

Konfixe sind mit → Wörtern (1–2), mit anderen Konfixen (3, 4)

Biogemüse Abstreichprobe: Indem → Wort-stämme oder Affixe (vgl. → Suf-

Weiterführendes

Terminus

andere

gebräuchliche

Termini

Definition Erläuterung Beispiele Problemlöseverfahren Kommentare

Konfix Neubildungen auf der Grundlage eines → Wortstammes

oder Affixen (5, 6) zusammen-setzbar.

Soziogenese

Diskothek

Diskographie

Episkop

thermisch

fix, → Präfix) abgestrichen wer-den, werden Konfixe isoliert. Kann in einem Wort weder ein Wortstamm noch ein Affix weg-gestrichen werden, kann das Wort nur aus Konfixen (vgl. 3, 4) bestehen.

Konfixe sind wortähnlich, können aber im Ge-gensatz zu diesen nicht frei in Texten vorkom-men (höchstens als → Kurzwort wie Disko, das in den usuellen Wortschatz eingegangen ist); im Fachwortschatz, der in aller Regel aus Fremdwörtern besteht, sind Konfixe, die die Grundlage für → Kompositionen (Biogemüse) oder → Derivationen (thermisch) sein können, ein beliebtes Wortbildungsmittel.

6.3

Wortbildungsar-ten

6.3.1

Komposition

Zusammen-setzung

Bei einer Komposition (Zusam-mensetzung) werden mindestens zwei → Wortstämme zusam-mengesetzt, die zusammen eine neue Bedeutung ergeben.

Kompositionen sind durch attri-butive Konstruktionen ersetzbar: Haustür ist eine Tür eines Hau-ses; eine Donaudampfschiff-fahrtskapitänswitwenrente eine Rente für Donaudampfschiff-fahrtskapitänswitwen, ein Spie-lertrainer, ein Trainer, der auch Spieler ist, süßsauer ist eine Ei-genschaft, die sowohl süß als auch sauer schmeckt.

In diesen Fällen (1–2) ist die Be-deutung aus den unmittelbaren Konstituenten erschließbar. Bei den Fällen von (3) kann eine Größe außerhalb der unmittelba-ren Konstituenten angenommen werden: jemand, der bzw. etwas, das.

(1) Haustür, Lebenskunst, Do-naudampfschifffahrtskapitäns-witwenrente

(2) Spielertrainer, süßsauer

(3) Rotschopf = jemand, der ei-nen roten Schopf (= rote Haare) hat, Dreirad = etwas, das drei Räder hat

Durch Umformproben kann die Zusammensetzung sichtbar ge-macht werden.

Bei den Fällen von (1) kann nach dem Binaritätsprinzip zerlegt werden: Ausgehend vom letzten Kompositionsglied, werden die übrigen Kompositionsglieder er-mittelt:

Donaudampfschifffahrtskapi-tänswitwenrente:

Rente für Donaudampfschif-fahrtskapitäne -

Kapitäne der Donaudampfschif-fahrt

Fahrt der Donaudampfschiffe -

Dampfschiffe auf der Donau

Schiffe, die mit Dampf betrieben werden.

Bei Fällen von (2) wird eine Para-phrase der Form: ist ein X, das…hat/ist gesucht.

Weiterführendes

Kompositionen sind Verfahren, um zu Begrif-fen Unterbegriffe zu bilden. Unter dieser Sicht werden Determinativkompositionen (1) von Kopulativkompositionen (2) und Possessiv-kompositionen (3) zusammengefasst.

Die Determinativkomposition ist die produk-tivste Kompositionsart im Deutschen.

Zu einem komponierten Wort sind meistens mehrere Paraphrasen denkbar: eine Donau-dampfschifffahrtskapitänswitwenrente kann als eine Rente für Donaudampfschifffahrtskapi-tänswitwen oder als Witwenrente für Donau-dampfschifffahrtskapitäne verstanden werden.

Kompositionen können aus zwei → Wort-stämmen bestehen (Haustür), aus mehreren Wortstämmen (Donaudampfschifffahrtskapi-tänswitwenrente); es können auch derivierte (→ Derivation) Wörter mit Wortstämmen (Be-treuungsgeld) oder weiteren derivierten Wör-tern (Gewährleistung) komponiert werden und zwischen den komponierten Konstituenten können → Fugenelemente auftauchen.

6.3.2

Derivation

Ableitung

Wortbildung, die explizit durch Wortbildungsaffixe oder implizit (ohne Wortbildungsaffixe) voll-zogen wird.

Man kann zwei grundsätzliche Arten von Derivation unterschei-den:

a) Derivation mit expliziten Wortbildungsmitteln (Affixen)

b) ohne Wortbildungsmittel (im-plizite Derivation)

Präfigierungen (→ Präfix, 1) tre-ten meist als Bedeutungsverän-derungen auf; Suffigierungen (→ Suffix, 2–3) und Zirkumfixbildun-gen (4) ordnen ein Wort einer

(1) be-/er-/ver-arbeiten; Ur- instinkt, Un-glück

(2) eis-ig, ehren-haft, heim-isch, gehor-sam, ebenmäß-ig, Frei-heit, Mann-schaft, Lehr-er, Tisch-ler, Deckel, Zeit-ung

(3) Lehr-er-in

(4) ge-läuf-ig, Ge-birg-e

(5) ziehen – Zug, entziehen – Entzug; fortschreiten – Fort-schritt

(6) sanftmütig – Sanftmut; Not-

Bei expliziten Derivationen: Iden-tifizierung des → Wortstammes (bzw. der Wortstämme) ergibt die Derivationsaffixe. Umge-kehrt: Wegstreichen der unselb-ständigen Wortbildungsaffixe führt zum oder zu den Wort-stämmen. Bei Derivationen ohne Wortbildungsmittel hilft das Auf-stellen einer Wortfamilie, um die Zusammenhänge sichtbar zu ma-chen.

Weiterführendes

Es gibt auch Fälle, in denen ein Verbpräfix ein Wort in eine andere Wortart transponiert: be-schrift-en, ent-gift-en; er-munter-n, ver-öffentlich-en; in den meisten Fällen wird die Verbbedeutung modifiziert: grammatisch (in-transitiv: arbeiten – transitiv: bearbeiten; Ver-änderung des Valenzrahmens: bitten (jmd. um etwas) – erbitten (etwas) oder semantisch (ar-beiten –verarbeiten)

Das letzte → Suffix legt immer die Wortart fest: -ig, -lich, isch zeigen → Adjektive an; -ung,

Terminus

andere

gebräuchliche

Termini

Definition Erläuterung Beispiele Problemlöseverfahren Kommentare

bestimmten → Wortart zu.

Bei den Derivationen ohne Wortbildungsmittel handelt es sich um Ableitungen mit Stamm-vokalwechsel (gewöhnlich von → Substantiven aus → Verben) (5) oder um sog. Rückbildungen (6) – meist Ableitungen von Verben aus Substantiven.

landung – notlanden; Eislauf – eislaufen; Amoklauf – Amok lau-fen

-heit, -keit ergeben → Substantive (und be-stimmen deren Genus).

Manchmal liegen verdunkelte Strukturen vor: verlieren, verlautbaren, vereinbaren …

Bei impliziten Derivationen ist die Richtung der Ableitung in der Gegenwartssprache nicht zu sehen. So ist Zug von ziehen, notlanden von Notlandung gebildet, ohne dass dies auf den ersten Blick sichtbar wäre.

6.3.3

Konversion

Um-kategorisierung

Wortbildung, bei der ein Wort ohne explizite Wortbildungsmit-tel in eine andere → Wortart überführt wird.

→ Substantive aus dem → Infini-tiv von Verben (1), Verben aus → Adjektiven (2); → Präpositionen aus Substantiven (3); → Partikel aus Substantiv (4), Adjektive aus Substantiven (5), aus Verben (Verbstamm) (6); Substantiven aus Adjektiven (bei Fremdwör-tern) (7)

(1) essen → das Essen

(2) grün → grünen

(3) kraft (seines Amtes)

(4) leid (das tut mir leid), angst, recht, not…

(5) klasse (ein klasse Wagen)

(6) wach, starr, wirr

(7) Revolutionär

Überprüfen, ob ein Wort seine Wortarteigenschaften geändert hat: wandern hat prototypisch → Personalpronomen als syntakti-sche Umgebung; Wandern dage-gen einen → Artikel.

Weiterführendes

Zu unterscheiden ist die lexikalische Konversi-on von der syntaktischen. So kann die lexikali-sche Konversion beispielsweise von einem ver-balen Lexem zu einem substantivischen Lexem führen: stauen → der Stau. Bei der Substanti-vierung (Nominalisierung) von Infinitiven und flektierten Adjektiven handelt es sich hingegen um Fälle von syntaktischer Konversion. Es ent-stehen keine neuen Lexeme; die entsprechen-den Wortformen werden einfach wie Substan-tive gebraucht, das heißt, sie bilden den Kern einer → Nominalgruppe: wandern → das Wandern; süßes → etwas Süßes. Dies gilt auch für Fälle wie: ich → das Ich; heute → das Heu-te.

6.3.4

Kurzwortbildung

Kurzwort

Wortbildung ohne Wortartwech-sel und semantische oder syntak-tische Modifikation

Eine Kurzwortbildung dient der Wortschatzbereicherung, nicht ihrer semantischen Bereiche-rung; die Kurzwörter behalten al-le Eigenschaften der Langformen bei und werden wie ein → Wort gesprochen: das Automobil – das Auto, die deutsche Industrienorm – die DIN (als ein Wort).

Auto, DIN, BaFöG, Studi Abgrenzung Kurzwortbildung – Abkürzung: siehe Kommentar

Grenzfälle

Von Kurzwortbildung sollte man echte Abkür-zungen in der geschriebenen Sprache unter-scheiden. Diese erkennt man meistens daran, dass sie im Mündlichen als Langform gespro-chen werden: z.B., usw., Hr., Fr.

B Die einzelnen Wortarten

1

Verb

Verben werden konjugiert, d.h. sie realisieren die Kategorien-klassen → Tempus, → Modus, → Person, → Numerus und → Ge-nus verbi.

Die Realisierung der Kategorien-klassen wird durch → Flexion (morphologisch) oder analytisch (syntaktisch) erreicht. Verben bilden prototypisch das → Prädi-kat und die → Satzklammer. Je nach ihrer syntaktischen bzw. z.T. auch semantischen Funktion

(1) Sie kaufen ein Haus.

(2) Die Kinder haben gut geschla-fen.

(3) Die Frau ist nett.

(4) Du musst schlafen.

(5) Er pflegt morgens zu schlafen.

Ob es sich bei einem Ausdruck um ein Verb handelt, kann durch die du-Probe ermittelt werden:

machen → du machst

(die Markierung mit -st eignet sich deshalb am besten, weil sie über alle Tempusformen sowie

Weiterführendes

Termini wie Tätigkeitswort, Tu(n)-Wort oder Zeitwort können aufgrund ihrer Semantik (Verben werden nur mit Tätigkeiten oder „Zeit“ in Verbindung gebracht) vor allem von Grundschüler/innen falsch gedeutet werden.

Zuweilen werden Verben mit → Präfixen und

Terminus

andere

gebräuchliche

Termini

Definition Erläuterung Beispiele Problemlöseverfahren Kommentare

werden Verben in → Vollverben (1), → Hilfsverben (2), → Kopula-verben (3), → Modalverben (4) und → Halbmodalen (5) klassifi-ziert.

Morphologisch werden einfache Verben (6) von Verben mit → Präfixen (7), Verben mit → Verb-partikeln (8) und von Verbkom-posita (vgl. → Komposition, 9) unterschieden.

(6) stehen, gehen

(7) bestellen, entzweien

(8) aufstehen, ausgehen

(9) hintergehen

die Unterscheidung zwischen → Indikativ und → Konjunktiv hin-weg stabil bleibt und als einzige nur bei Verben vorkommt)

Verben mit → Verbpartikeln zu einer Gruppe gezählt. Ihr Hauptunterschied ist, dass Verben mit Verbpartikeln trennbare Verben sind und → Satzklammern bilden können. Die Wortbe-tonung liegt auf der Verbpartikel.

Bei manchen Verben tritt das gleiche Element sowohl als Präfix als auch als Verbpartikel auf. In der Schreibung kommt der Unterschied bei bestimmten Formen (etwa dem Infinitiv) und bestimmten Gebrauchsweisen (etwa bei Stel-lung in der rechten Satzklammer) nicht zum Ausdruck, während in der gesprochenen Spra-che die Wortbetonung für Eindeutigkeit sorgt. Es handelt sich also um einen Fall von Homo-graphie: umfáhren (→ ich umfáhre) vs. úmfah-ren (→ ich fahre úm).

1.1

Verbarten

1.1.1

Vollverb

Verben, die allein das → Prädikat bilden können.

Vollverben weisen typischer-weise → Valenz auf. Nach der Anzahl der semantisch relevan-ten Mitspieler, die sie fordern, werden unterschieden: null-wertige (1), einwertige (2), zwei-wertige (3) oder dreiwertige (4) Verben.

(1) Es regnet.

(2) Karl schläft.

(3) Max liebt Regen.

(4) Klara schenkt Ben ein Bild.

Vollverben können (wenn sie nicht als → finite Verbform ver-wendet werden) im → Vorfeld stehen:

(5) Geschenkt hat er ihr das Buch.

(6) Schlafen kann ich nicht mehr.

Weiterführendes

Bei nullwertigen Verben handelt es sich oft um sog. Witterungsverben wie regnen, schneien, blitzen. Im Gegensatz zu Verben wie in (2) ha-ben sie keinen eigentlichen Handlungsträger.

1.1.2

Kopulaverb

Verben, die ein obligatorisches → Subjektsprädikativ bei sich ha-ben. (Siehe auch rechts, Weiter-führendes.)

Zu den eigentlichen Kopulaver-ben zählen sein (1), werden (2) und bleiben (3). Kopulaähnliche Verben sind u.a. heißen, nennen, gelten, schimpfen, halten für.

(1) Sie ist nett.

(2) Er wird Künstler.

(3) Karl bleibt immer ruhig.

Finite Kopulaverben kongruieren in → Person und → Numerus mit dem → Subjekt.

(4) Hans ist nett, aber:

(4’) *Hans sind nett.

(5) Das sind Hunde. (Hunde = Subjekt)

Weiterführendes

Wird das → Prädikat semantisch definiert, werden obligatorische → Subjektsprädikative (wie nett, ruhig, Künstler) zum → Prädikat ge-zählt.

1.1.3

Verben mit Infini-tiven und Partizi-

pien

Verben, die zusammen mit ande-ren Verben einen → Verbalkom-plex bilden.

Eine sehr große und heterogene Gruppe von Verben regiert (= verlangt) verschiedene infinite Formen, mit denen zusammen sie einen → Verbalkomplex bil-den:

a) → Partizip II (1–5)

b) → Infinitiv (6–10)

c) Infinitiv mit zu (11–12)

d) AcI (Akkusativ mit Infinitiv, 13–16)

e) am + Infinitiv (17)

(1) Es hat geregnet.

(2) Anna ist angekommen.

(3) Der Urlaub wird geplant.

(4) Der Patient bekam ein Medi-kament verordnet.

(5) Nina kam hereingestürzt.

(6) Karl wird essen.

(7) Die Kinder dürfen heute ins Kino gehen.

(8) Sie blieb sitzen.

(9) Petra ist schwimmen.

Da es teilweise Überschneidun-gen zwischen den Funktionen der Verben und der Art der regierten infiniten Form gibt (bspw. gibt es sowohl Hilfs- als auch Modalver-ben, die einen Infinitiv regieren; ein Partizip II wird sowohl für die Perfekt- als auch die Passivbil-dung benötigt; werden ist sowohl Hilfsverb für die Futur- als auch für die Passivbildung), kann we-der die Art des regierten infiniten Verbs noch die Funktion des fini-

Begründung

Im Folgenden werden nur diejenigen infinite Formen regierenden Verben mittels eigen-ständiger Termini erfasst, die aufgrund ihrer Funktion als Verbarten klassifiziert werden: → Hilfsverben, → Modalverben und → Halbmo-dale.

Bei diesen Verben ist unumstritten, dass sie zusammen mit den regierten Verben einen Verbalkomplex und ein → Prädikat eines Sat-zes bilden.

Die übrigen Fälle sind teilweise sehr spezifische Einzelfälle (5, 8), teilweise ist ihr Status als Teil

Terminus

andere

gebräuchliche

Termini

Definition Erläuterung Beispiele Problemlöseverfahren Kommentare

Die Art der Bildung des Verbal-komplexes (d.h. welche Art von infiniter Form verlangt wird) sagt noch nichts aus über die Funkti-on der die infiniten Formen re-gierenden Verben.

Einige der infinite Formen regie-renden Verben werden aufgrund ihrer Funktion als Verbarten klas-sifiziert:

a) → Hilfsverben (1–4, 6, 17)

b) → Modalverben (7)

c) → Halbmodale (11, 12)

(10) Sonja geht einkaufen.

(11) Der Antrag ist nachzu-reichen.

(12) Das Fest verspricht ein Erfolg zu werden.

(13) Er lässt ihn für sich arbeiten.

(14) Niemand hörte ihn kommen.

(15) Ich habe das Auto hier ste-hen.

(16) Der Clown machte die Kin-der lachen.

(17) Er ist am schlafen.

ten Verbs vorhergesagt werden. eines übergeordneten Prädikats oder als ei-genständiges Prädikat umstritten. Dabei han-delt es sich vorwiegend um:

a) AcI-Konstruktionen (13–16)

b) lassen-Konstruktionen (13)

c) Kausativverben (13, 16)

d) direktionale Infinitive (10)

Die Form sein + am + Infinitiv (17) wird hier als Aspektkategorie betrachtet.

Weiterführendes

Sein + Infinitiv (9) wird manchmal als Absentiv beschrieben.

1.1.3.1

Hilfsverb

Auxiliar

Verben, die zusammen mit ande-ren Verben einen → Verbalkom-plex bilden und dabei die Katego-rienklassen Tempus und → Mo-dus realisieren.

Mit den Hilfsverben sein, haben und werden + → Partizip II kön-nen → Perfekt (1), → Plusquam-perfekt (2) und → Doppel(plus-quam)perfekt (3) gebildet wer-den sowie das → Passiv (4, 5). werden erlaubt im Gegensatz zu den anderen Hilfsverben auch die Kombination mit dem → Infi-nitiv zur Bildung von → Futur I (6) und → Futur II (7) oder zur Bil-dung von werden-Konstruktionen mit modaler Bedeutung wie in (8).

(1) Er hat geschlafen.

(2) Sie hatte gelacht.

(3) Er hat/hatte ihnen das gesagt gehabt.

(4) Das Werk ist vollbracht.

(5) Der Laden wird geschlossen.

(6) Karl wird essen.

(7) Karl wird gegessen haben.

(8) Karl wird vermutlich gerade essen.

Hilfsverben können nicht allein im → Vorfeld stehen:

(7’) *Haben wird Karl gegessen, aber: Gegessen wird Karl haben.

Finite Hilfsverben kongruieren in → Person und → Numerus mit dem Subjektsausdruck, sind je-doch im Gegensatz zum → Voll-verb keine Träger der → Valenz.

(9) Er hat gekocht, aber:

(9’) *Er haben gekocht.

1.1.3.2

Modalverb

Verben, die einen reinen → Infi-nitiv anschließen und Modalität realisieren.

Die Modalverben sind müssen, dürfen, sollen, wollen, können und mögen (möchten).

Es werden zwei Typen von Moda-lität unterschieden: die subjekt-bezogene (deontische, objektive) und die sprecherbezogene (epis-temische, subjektive). In (1) bis (3) sind die Modalverben deon-tisch gebraucht: Sie zeigen an, was das Subjekt tun muss/darf/ kann, also eine Erlaubnis (1), Notwendigkeit (2) oder Möglich-keit (3). In (4) und (5) sind die Modalverben epistemisch ge-braucht. Sie zeigen an, welche Einstellung der Sprecher im Hin-blick auf die Handlung einnimmt, also: Vermutung (4, 5).

(1) Die Kinder dürfen heute ins Kino gehen.

(2) Die Schülerinnen müssen die Klausur schreiben.

(3) Wir können Nudeln kochen.

(4) Sie sollten in der Bücherei sein.

(5) Carlo müsste in Berlin ange-kommen sein.

Andere Meinungen

In der Forschung werden die Verben brauchen sowie werden auch als Modalverben beschrie-ben. Während das Verb brauchen in der ne-gierten Form (Du brauchst nicht kommen) die gleiche Funktion wie nicht müssen erfüllt, kann werden in Äußerungen wie Er wird in der Bü-cherei sein eine Vermutung des Sprechers aus-drücken und nicht etwa einen Zukunftsbezug. Letzteres wird als Argument genutzt, dem Deutschen das → Futur als → Tempus abzu-sprechen.

Terminus

andere

gebräuchliche

Termini

Definition Erläuterung Beispiele Problemlöseverfahren Kommentare

1.1.3.3

Halbmodale

modifizierende

Verben

Modalitäts-verben

Verben, die mit → zu-Infinitiv bzw. reinem → Infinitiv kombi-nierbar sind und eine modifizie-rende Funktion haben.

Zu dieser heterogenen Gruppe gehören Verben wie scheinen, pflegen, drohen, versprechen (1, 2, 3, 4), haben, sein (5, 6, 7) oder brauchen (8).

Zu den Verben unter 1–4 und zu brauchen (8) gibt es auch gleich-lautende → Vollverben (vgl. z.B. 2’).

(1) Sie scheint das zu verstehen.

(2) Das Gebäude droht einzustür-zen.

(2’) Sie drohte ihm mit einem Anwalt.

(3) Er pflegt mit seinem Bruder zu scherzen.

(4) Das Fest verspricht ein Erfolg zu werden.

(5) Niemand hat das zu bestim-men.

(6) Der Antrag ist nachzureichen.

(7) Das ist doch nicht zu glauben.

(8) Du brauchst nicht gleich in die Luft (zu) gehen.

Weiterführendes

Das Verb brauchen zeigt, dass Zuordnungen zu Verbklassen graduell sein können. Es kann auf-grund seiner Entwicklung sowohl zu den → Modalverben als auch (noch) zu den → Halb-modalen gezählt werden.

1.1.4

transitives Verb

Verben, die ein → Akkusativob-jekt verlangen.

Transitive Verben wie verkaufen, waschen (1, 2) können das → Vorgangs- (3) und das → Zu-standspassiv (4) bilden sowie → Attribute aus → Partizip I und → Partizip II (5, 6).

(1) Wir verkaufen unser Haus.

(2) Er wäscht das Auto.

(3) Unser Haus wird verkauft.

(4) Das Auto ist gewaschen.

(5) der lesende Schüler

(6) das verkaufte Haus

Weiterführendes

Die Passivfähigkeit gilt nur für Handlungsver-ben und nicht für possessive Verben wie ha-ben, bekommen, besitzen.

1.1.5

intransitives Verb

Verben, die kein → Akkusativob-jekt verlangen.

Ein Passiv können nur solche Verben bilden, die ein agentivi-sches Subjekt haben. Das Passiv ist dann immer subjektlos (sog. unpersönliches Passiv) (1, 2, 6).

Das → Attribut mit dem → Parti-zip I kann regelmäßig gebildet werden (3), die Bildung des At-tributs mit → Partizip II ist dage-gen nur unter bestimmten Vo-raussetzungen möglich (4).

Intransitive Verben können an-dere Objekte als Akkusativobjek-te, zum Beispiel → Dativobjekte, verlangen (5, 6).

(1) Hier wird getanzt.

(2) Es wird wieder gelaufen.

(3) Die tanzenden Teenager we-cken die schlafenden Hunde.

(4) Die aus Frankfurt gekomme-nen Studenten suchen die Uni.

(5) Die Studenten helfen ihm.

(6) Ihm wird geholfen.

1.1.6

Funktionsverb-gefüge

Gefüge aus einem Verb und einer nominalen oder präpositionalen Gruppe, das als Ganzes eine ei-genständige Bedeutung hat.

Innerhalb des Funktionsverbge-füges übernimmt das Funktions-verb vorwiegend eine grammati-sche Funktion, der lexikalische Schwerpunkt liegt auf dem → Substantiv.

Die Gruppe der Verben, die in

(1) zur Aufführung/in Verlegen-heit/zur Entscheidung/zum Schluss bringen

(2) in Kenntnis/in Verbindung setzen

(3) zum Ende kommen

(4) Zustimmung erteilen/geben

Der Übergang zwischen Funkti-onsverbgefügen und Verbindun-gen aus Vollverb und Objekt ist fließend.

Einige Kriterien helfen bei der Identifizierung von Funktionsver-ben:

Weiterführendes

Funktionsverbgefüge kommen vor allem in der Amts- und Fachsprache vor und sollten vor al-lem im Fachunterricht als wichtiges grammati-sches Phänomen behandelt werden.

Terminus

andere

gebräuchliche

Termini

Definition Erläuterung Beispiele Problemlöseverfahren Kommentare

Funktionsverbgefügen verwen-det werden, ist überschaubar. Es handelt sich vor allem um Zu-stands- und Bewegungsverben: sein, bringen, setzen, erteilen, nehmen, geben, kommen, gera-ten, stellen, legen, liegen, stehen, finden, bekommen usw.

Sehr häufig gebrauchte Verben sind bringen (1), setzen (2), kommen (3), erteilen/geben (4), nehmen (5).

Zu den Funktionsverben gibt es auch gleichlautende → Vollver-ben (5’).

(5) zur Kenntnis nehmen

(5’) ein Buch nehmen

1. Der nominale Teil eines Funk-tionsverbgefüges lässt sich nicht erfragen:

(3’) * Wozu kam die Veranstal-tung? Zum Ende.

2. Der nominale Teil eines Funk-tionsverbgefüges kann nicht durch → Attribute erweitert werden:

(5") *zur wohlwollenden Kenntnis nehmen

3. Funktionsverbgefüge lassen sich in der Regel durch ein → Vollverb ersetzen:

(1’) aufführen

(2’) verbinden

(3’) beenden

1.2

Verbformen

1.2.1

infinite Verbform

Verbform, die nicht nach → Per-son und → Numerus flektiert ist.

Infinite Verbformen sind der → Infinitiv (1), das → Partizip I (2) und das → Partizip II (3).

Bisweilen wird auch der → Inflek-tiv (4) zu den infiniten Formen gerechnet.

(1) schlafen

(2) schlafend

(3) geschlafen

(4) grins

1.2.1.1

Infinitiv

Grundform

Nennform

reiner Infinitiv

Infinite Verbform mit Suffix -en/-n

In Sätzen kommt der Infinitiv oh-ne zu als Ergänzung von → Mo-dalverben (1) und werden (2) vor.

Der Infinitiv ist auch die Ba-sisstruktur für die sog. Substanti-vierung (→ Substantiv) von Ver-ben, die verstärkt in Fachtexten auftritt (3).

(1) will schlafen

(2) wird schlafen

(3) das Einschmelzen der Grundsubstanzen

Ob eine Form im Infinitiv steht, erkennt man am Suffix -en/-n und daran, dass sie kein → Sub-jekt erlaubt (Abgrenzung zu den formgleichen Formen der 1./3. Person Plural, die ein Subjekt ver-langen):

wir/sie spielen

1.2.1.2

Partizip I

Partizip Präsens

Infinite Verbform mit Suffix -end/-nd

In Sätzen erscheint das Partizip I in den folgenden Funktionen: als Attribut (1), als freies Prädikativ (2), als Kern einer satzwertigen Partizipgruppe (3).

(1) der bellende Hund

(2) Der Hund rannte bellend um das Haus

(3) Der Hund stand an der Tür, nervös mit dem Schwanz we-delnd.

Das Partizip I ist regelhaft aufge-baut aus Verbstamm und Suffix -end/-nd.

Andere Meinungen

Weil das Partizip I sich wie ein Adjektiv verhält und nicht zur Bildung eines finiten Prädikats beiträgt, gilt es in manchen Grammatiken nicht als Verbform.

Weiterführendes

Im Gegensatz zum → Partizip II drückt das Par-tizip I Nichtabgeschlossenheit aus (vgl. der an-gelnde Hobbyfischer vs. der geangelte Fisch).

1.2.1.3 Infinite Verbform, charakteristi-scherweise mit Präfix ge- sowie

Das für das Partizip II charakteris-tische ge-Präfix (1) fehlt bei Prä-

(1) gelacht / geschlafen Ob es sich bei einer gegebenen Form um ein Partizip II handelt,

Weiterführendes

Terminus

andere

gebräuchliche

Termini

Definition Erläuterung Beispiele Problemlöseverfahren Kommentare

Partizip II Partizip Perfekt mit den Suffixen -et/-t oder -en/-n.

fixverben (2). Bei Partikelverben (→ Verbpartikel) steht es zwi-schen der Partikel und dem Verbstamm (3). Das Suffix -en/n steht bei → starken Verben (4), das Suffix -et/-t bei → schwachen Verben (5).

In Sätzen kommt das Partizip II zusammen mit haben (6), sein (7) und werden (8) vor und bildet mit diesen zusammen einen → Verbalkomplex. Außerdem kann das Partizip II u.a. → prädikativ (9) und → attributiv (10), also ähnlich wie → Adjektive, ver-wendet werden.

(2) verlacht / verschlafen

(3) ausgelacht / ausgeschlafen

(4) geschlafen, getan

(5) gelacht, gerechnet

(6) Er hat geschlafen.

(7) Wir sind gekommen.

(8) Er wird geliebt.

(9) Die Theke bleibt geschlossen.

(10) gestohlene Ware

kann durch die haben/sein-Probe ermittelt werden: Kann ein Aus-druck haben oder sein folgen und entsteht daraus ein Verbalkom-plex im Perfekt, liegt ein Partizip II vor.

Beispiele:

gefallen, gespielt (= Partizip), ge-recht, gezackt (kein Partizip)

Proben:

ist gefallen → gestern ist er gefal-len = Perfektform

hat gespielt → gestern hat er ge-spielt = Perfektform

ist gerecht → *gestern ist er ge-recht ≠ Perfektform

ist gezackt → *gestern ist er ge-zackt ≠ Perfektform

Im Gegensatz zum Partizip I drückt das Partizip II in der Regel Abgeschlossenheit aus (vgl. der angelnde Hobbyfischer vs. der geangelte Fisch).

1.2.1.4

zu-Infinitiv

Infinitiv mit zu

Infinitiv mit zu zu steht charakteristischerweise vor dem Verb (1), bei Partikel-verben (→ Verbpartikel) steht es zwischen Partikel und Verb-stamm (2).

Im Satz findet der zu-Infinitiv u.a. Verwendung in satzwertigen Er-gänzungen zu → Vollverben (3) oder als Ergänzung zu haben (4), sein (5) oder weiteren → Halb-modalen (6).

(1) zu lachen, zu schlafen

(2) auszulachen, auszuschlafen

(3) Er verspricht, ihr zu folgen.

(4) Er hat zu folgen.

(5) Die Böden sind zu reinigen.

(6) Das Gebäude droht einzustür-zen.

1.2.1.5 Inflektiv Konjugationsform von Verben, mit denen der Sprecher ein Er-eignis inszeniert (knatter) oder kommentiert (gähn).

Die Inflektivform ist identisch mit dem Stamm eines Verbs. Sie ist person-/numerusneutral.

würg, frier, lach, grins Weiterführendes

Die Verwendungsschwerpunkte des Inflektivs sind Comic und Chat.

Es gibt auch zusammengesetzte Inflektive (→ Komposition); die Orthographie ist hier noch im Fluss: sichwegduck, ganzdollknuddel.

1.2.2

finite Verbform

Personalform des Verbs

Verbform, die person- / nume-rusmarkiert ist.

Das Vorhandensein einer finiten Verbform ist die Voraussetzung für das Auftreten eines → Sub-jekts im Satz.

Karl schläft. Ob eine Verbform finit ist, er-kennt man am Vorliegen eines nominalen Subjekts, mit dem die Verbform kongruiert.

1.2.2.1

starke Verben

unregelmäßige

Verben

Verben mit einem Konjugations-muster mit variierenden Stamm-formen.

Charakteristisch ist ein Vokal-wechsel (Ablaut), wobei drei Muster unterschieden werden: ABA (1a), ABB (1b), ABC (1c).

Viele starke Verben weisen eine Vokalhebung in der 2./3. Person

(1a) schlafen – schlief – geschla-fen

(1b) lügen – log – gelogen

(1b) finden – fand - gefunden

(2) lesen: (du) liest, (er) liest

Ob ein Verb stark konjugiert, ist nicht vorhersagbar. Es handelt sich um eine lexikalische Eigen-schaft, die einzeln gelernt wer-den muss.

Einen gewissen Hinweis geben

Weiterführendes

Die starken Verben sind Verben der älteren Sprachschicht. Im Laufe der Geschichte sind mehrfach Übertritte in die schwache Konjuga-tion zu verzeichnen. Vgl. aktuell:

melken – molk/melkte – gemolken/gemelkt,

Terminus

andere

gebräuchliche

Termini

Definition Erläuterung Beispiele Problemlöseverfahren Kommentare

Singular auf (2), die häufig auch im → Imperativ erscheint (3).

Das → Partizip Perfekt und präte-ritale Formen werden ohne t-Suffix gebildet (4).

(3) lies

(4) geschlafen / *geschlaft, schlief / *schlafte

die semantische Zugehörigkeit und die Frequenz: Häufig ge-brauchte Verben mit basaler, prototypischer Semantik (essen, trinken, schlafen, geben, neh-men, finden, halten) konjugieren häufig stark.

milk/melk(e), er milkt/melkt, du milkst/melkst

Traditionell werden die Ablaute in sieben so-genannten Ablautreihen sortiert:

1. ei – i/ie – ie/i (schreiben, schreiten)

2. ie – o – o (schieben)

3. e/i – a – o/u (brechen, singen)

4. e/o – a – o (nehmen, kommen)

5. e/i – a – e (lesen, bitten)

6. a – u – a (graben)

7. ei/au/o/a/u – i/ie – ei/au/o/a/u (heißen, lau-fen, stoßen, halten, rufen)

Ob solche Zusammenstellungen beim Erwerb der starken Verben (vor allem im L2-Erwerb) hilfreich sind, ist bislang nicht erforscht.

1.2.2.2

schwache Verben

regelmäßige Verben

Verben mit einem Konjugations-muster, bei dem die Stammform konstant bleibt.

Das → Partizip II und präteritale Formen werden mit t-Suffix ge-bildet.

gelacht/lachte Ob ein Verb schwach konjugiert, ist nicht vorhersagbar. Es handelt sich um eine lexikalische Eigen-schaft, die einzeln gelernt wer-den muss. Die Bildung selbst ist demgegenüber regelhaft und kann generalisiert werden.

1.2.2.3

gemischte Verben

unregelmäßige

Verben

Verben mit einem Konjugations-muster, das Eigenschaften der → starken und der → schwachen Konjugation vereint.

Wir unterscheiden:

Fälle ohne Vokalwechsel, aber zugleich ohne t-Suffix im → Partizip II (1)

Fälle mit Vokalwechsel und zugleich mit t-Suffix t (2).

Beispiel (3) zeigt wie (1) ein wei-teres Verb im Übergang: Die Prä-teritumform ist bereits schwach (die starke Form molk ist wie buk veraltet), die Form des Partizips II variiert hingegen noch.

(1) backen – backte – geba-cken/*gebackt

(2) brennen – brannte – gebrannt

(3) melken – melkte – gemol-ken/gemelkt

(4) winken – winkte - gewunken

Ob ein Verb gemischt konjugiert, ist nicht vorhersagbar. Es handelt sich um eine lexikalische Eigen-schaft, die einzeln gelernt wer-den muss.

Weiterführendes

Die gemischte Konjugation unter (1) kommt durch Übertritte von Verben von der starken zur schwachen Konjugation zustande.

Verben wie senden oder brennen liegt ein schwaches Konjugationsmuster zugrunde.

Ein dritter Fall von schwankender Konjugation sind Verben, die sowohl stark als auch schwach flektiert werden können (erschrecken; hän-gen). Häufig ist damit die Unterscheidung zwi-schen einer transitiven (er erschreckte mich) und einer intransitiven Variante (ich erschrak) verbunden.

1.2.2.4

Präteritopräsens

Verb, das das → Präsens so bildet wie → starke Verben das Präteri-tum.

Zu den Präteritopräsentia gehö-ren alle → Modalverben und wis-sen.

(ich) kann – (ich) lief

(du) kannst – (du) liefst

(er) kann – (er) lief

1.3

verbale

Kategorien

1.3.1

Tempus

Verbale Kategorienklasse zur zeitlichen Situierung von Sach-verhalten, relativ (zumeist) zum

Die Tempusformen → Präsens und → Präteritum werden flexi-onsmorphologisch gebildet: (ich)

Tempusformen sind im Falle von Präsens und Präteritum flexi-onsmorphologisch bestimmbar

Weiterführendes

Semantisch lassen sich sehr unterschiedliche

Terminus

andere

gebräuchliche

Termini

Definition Erläuterung Beispiele Problemlöseverfahren Kommentare

Zeitpunkt des Sprechens (Origo) oder einem kontextuell bereitge-stellten Zeitpunkt.

sage, (ich) sagte.

Die übrigen Tempora werden mit → Hilfsverb(en) gebildet:

→ Perfekt: (ich) habe gesagt

→ Plusquamperfekt: (ich) hatte gesagt

→ Doppelperfekt: (ich) habe ge-sagt gehabt

→ Doppelplusquamperfekt: (ich) hatte gesagt gehabt

→ Futur I: (ich) werde sagen

→ Futur II: (ich) werde gesagt haben

(siehe einzelne Tempora). Die übrigen Fügungen Perfekt, Plus-quamperfekt, Doppelperfekt, Doppelplusquamperfekt, Futur I und Futur II werden durch die Form ihres → Hilfsverbs und die des → Vollverbs bestimmt.

Herangehensweisen an Tempora ausmachen. Allen Ansätzen gemeinsam ist die Annahme mindestens zweier Analyseeinheiten: Die Sprechzeit ist die Zeit, zu der die Äußerung gemacht wird. Die Ereigniszeit wird als die Zeit definiert, zu der der mit dem Tempus erfasste Sachverhalt zutrifft.

Die hier dargestellten temporalen Verhältnisse sind ausschließlich am → Indikativ ausgerich-tet; zwischen dem → Konjunktiv I und II sind keine temporalen Bedeutungsunterschiede auszumachen. Da der Konjunktiv I morpholo-gisch vom Indikativ Präsens, der Konjunktiv II vom Indikativ Präteritum abgeleitet wird, spricht man auch vom Konjunktiv Präsens und vom Konjunktiv Präteritum, was jedoch an der Morphologie und nicht an ihrer temporalen Bedeutung liegt.

Für bestimmte Textsorten ist die Wahl des Tempus charakteristisch. So stehen schriftlich konzeptualisierte Erzählungen (z.B. Märchen) vorwiegend im Präteritum, mündlich konzep-tualisierte Erzählungen (z.B. Was hast Du am Wochenende gemacht) im Perfekt.

1.3.1.1

Präsens

Tempusform ohne eigene mor-phologische Markierung.

Der Indikativ Präsens wird flexi-onsmorphologisch gebildet und kann stets zum Ausdruck von Ge-genwärtigem (1) und Zukünfti-gem (2) verwendet werden. Das Deutsche erlaubt auch die Kom-bination des Indikativ Präsens mit seit-Adverbialen wie in (3). Der Indikativ Präsens wird auch zum Ausdruck allgemeingültiger Sachverhalte verwendet (4).

(1) Ich telefoniere.

(2) Sie ist morgen in Paris.

(3) Er ist seit 1990 Lehrer.

(4) Zwei und zwei ist vier.

Das Indikativ Präsens ist flexi-onsmorphologisch bestimmbar. Im Unterschied zum Indikativ Präteritum gibt es kein eigenes indikativisches Präsensmorphem; das Präsens wird also im Ver-gleich zum Indikativ Präteritum durch das Fehlen eines eigenen → Morphems ermittelt (wir lach-t-en vs. wir lach-en). Die Person-Numerus-Endungen des Indikativ Präsens lauten: -e, -(e)st, -(e)t, en, -(e)t, -(e)n.

Andere Meinungen

Aufgrund der Vielzahl von Verwendungen des Indikativ Präsens gehen manche Autoren da-von aus, dass er keine spezifische temporale Bedeutung anzeigt.

1.3.1.2

Perfekt

Präsensperfekt

Tempusform aus → Präsens von sein/haben und → Partizip II des → Vollverbs.

Der Indikativ Perfekt kann zum Ausdruck von einer Art „Gegen-wartsrelevanz“ (1) oder von ein-facher Vergangenheit (2) ver-wendet werden. Gelegentlich kann es alternativ zum → Futur II (3) verwendet werden.

(1) Ich habe meine Brille verloren (und finde sie einfach nicht mehr).

(2) Sigurd ist gestern in Tübingen angekommen (und heute mor-gen schon wieder abgefahren).

(3) Bis nächste Woche habt ihr den Text gelesen.

Das Indikativ Perfekt muss zu-gleich flexionsmorphologisch und syntaktisch bestimmt werden. Es besteht aus einer Form von ha-ben oder sein im Indikativ Prä-sens und einem Partizip II.

Weiterführendes

Das Perfekt ist in der gesprochenen Sprache das bevorzugte Tempus zum Ausdruck von ein-facher Vergangenheit. Eindeutige semantische Unterschiede zwischen Perfekt und Präteritum lassen sich nicht ausmachen, vielmehr scheint die Wahl des Tempus eher von syntaktischen Faktoren wie dem Klammerprinzip abzuhän-gen: Da die → Satzklammer ein zentrales Strukturierungsprinzip im Deutschen ist, wird Vergangenheitsbezug bei einfachen Verben bevorzugt durch das Perfekt hergestellt, weil

Terminus

andere

gebräuchliche

Termini

Definition Erläuterung Beispiele Problemlöseverfahren Kommentare

dadurch eine Klammer realisiert werden kann.

Wenn es sich dagegen um ein komplexes Prä-dikat handelt, das ohnehin schon klammerbil-dend ist (zum Beispiel → Modalverben + → In-finitiv oder → Funktionsverbgefüge), wird das Präteritum bevorzugt:

(4) Sie wollte den Film unbedingt sehen.

(5) Das Ensemble brachte das Stück zur Auf-führung.

1.3.1.3

Präteritum

Imperfekt

Tempusform bei → schwachen Verben auf -te und bei → starken Verben mit verändertem Stamm-vokal.

Das Indikativ Präteritum situiert einen Sachverhalt als vor der Sprechzeit liegend (1). In einem Satz wie (2) wird offen gelassen, ob Peter immer noch verliebt ist.

(1) Ich ging.

(2) Peter war verliebt.

Das Indikativ Präteritum ist flexi-onsmorphologisch bestimmbar. Bei → schwachen Verben wird der Stamm um -te ergänzt:

(4) sag-en → ich sag-te

Bei starken Verben wird das Prä-teritum durch Ablaut gebildet:

(5) sing-en → ich sang

Bei unregelmäßigen Verben wird -te mit Stammänderungen (bei den Vokalen, teilweise auch bei den Konsonanten) kombiniert:

(6) renn-en → ich rann-te

(7) denken → ich dach-te

Grenzfälle

Bei Einbettung in einen Vergangenheitskontext kann das Präteritum auch verwendet werden, wenn der durch das Verb ausgedrückte Sach-verhalt nicht in der Vergangenheit liegt:

(4) Wir kamen über die Autostrada nach Flo-renz, das in einem breiten Tal lag.

(5) Sie hatte den Baum zu schmücken. Morgen war Weihnachten.

In diesen Beispielen drückt der Indikativ Präte-ritum die Fortdauer des Sachverhalts aus: Flo-renz liegt nach wie vor in einem breiten Tal und Weihnachten ist erst am folgenden Tag.

Weiterführendes

Die Bezeichnung Imperfekt, die auf eine aspek-tuelle Bedeutung hinweist, wird von den meis-ten heutigen Grammatiken nicht mehr ver-wendet.

1.3.1.4

Plusquamperfekt

Präteritum-perfekt

Tempusform aus → Präteritum von sein/haben und → Partizip II des → Vollverbs

Zumeist wird der Indikativ Plus-quamperfekt als Ausdruck von Vorzeitigkeit relativ zu einer be-reits vergangenen Zeit beschrie-ben.

Die Wahl des → Hilfsverbs ist identisch mit der des Indikativ Perfekts.

(1) Als ich nach Hause kam, hatte Fabian seinen Schoppen bereits getrunken.

(2) Nachdem er die Platten ge-kauft hatte, hörte er sie sich an.

Der Indikativ Plusquamperfekt muss zugleich flexionsmorpholo-gisch (= Form des → Hilfsverbs haben oder sein im → Präteritum und dem → Partizip II des Voll-verbs) und syntaktisch (= Kombi-nation von Hilfsverb und Partizip II) bestimmt werden.

Weiterführendes

Die in (2) durch das Plusquamperfekt ausge-drückte zeitliche Abfolge der Ereignisse kann auch durch Adverbiale realisiert werden:

(2’) Er hat sich die Platten gekauft. Dann er sie sich angehört.

In der gesprochenen Sprache wird das Plus-quamperfekt auch zum Ausdruck von einfacher Vergangenheit verwendet:

(3) Ich war beim Becker gewesen.

1.3.1.5

Doppelperfekt

Perfekt II

Tempusform aus → Präsens von sein/haben, einem → Partizip II von sein/haben und Partizip II des → Vollverbs

Das Indikativ Doppelperfekt drückt häufig Vorvergangenheit, also Vorzeitigkeit relativ zu ei-nem vergangenen Zeitpunkt, aus (1). Im Gegensatz zum → Plus-quamperfekt, mit dessen Ver-wendungen es sich zum Teil überschneidet, drückt es oft Ab-geschlossenheit und damit →

(1) Hier hast du dein Buch zurück. Ich habe es ganz vergessen ge-habt.

(2) Mein Mann ist zu mir ge-kommen und hat zu mir gesagt gehabt, das ist besser, wenn wir uns trennen.

Der Indikativ Doppelperfekt muss zugleich flexions-morphologisch (= Form des Hilfsverbs haben o-der sein im Indikativ Präsens, dem Partizip II gehabt oder ge-wesen und dem Partizip II des Vollverbs) und syntaktisch (= Kombination von zwei Hilfsver-ben (eins davon in Form eines

Andere Meinungen

In einigen Grammatiken zum Gegenwartsdeut-schen fehlt das Doppelperfekt noch, die Du-dengrammatik zählt es bereits zu den Tempus-formen.

Weiterführendes

Während die doppelten Perfektbildungen (Doppelperfekt und Doppelplusquamperfekt)

Terminus

andere

gebräuchliche

Termini

Definition Erläuterung Beispiele Problemlöseverfahren Kommentare

Aspekt aus.

In der gesprochenen Sprache kann das Doppelperfekt auch einfache Vergangenheit ausdrü-cken (2).

Die Wahl der → Hilfsverben ist identisch mit der des Indikativ → Perfekts.

Partizip II) und dem Partizipien II des Vollverbs) bestimmt werden.

im Indikativ unter dem Einfluss sprachpflegeri-scher Bemühungen teilweise nur eingeschränkt akzeptiert werden, ist ihr Gebrauch im → Kon-junktiv I und II nicht Gegenstand sprachpflege-rischer Bemühungen. Das liegt wahrscheinlich daran, dass nur mit den doppelten Perfektbil-dungen im Konjunktiv Vorvergangenheit aus-gedrückt werden kann:

(3) Der Regierungssprecher ließ mitteilen, er habe von dem Debakel nichts gewusst gehabt.

1.3.1.6

Doppelplus-quamperfekt

Plusquam-perfekt II

Präteritum-perfekt II

Tempusform aus → Präteritum von sein/haben, einem → Parti-zip II von sein/haben und Partizip II des → Vollverbs

Wie auch der Indikativ → Dop-pelperfekt wird auch der Indika-tiv Doppelplusquamperfekt häu-fig als Alternative zum → Plus-quamperfekt verwendet (Vorver-gangenheit, 1).

Es kann aber auch Vorzeitigkeit relativ zur Vorvergangenheit ausdrücken (2). Es erlaubt aus-schließlich Abge-schlossenheitslesarten.

Die Wahl der → Hilfsverben ist identisch mit der des Indikativ → Perfekts.

(1) Hier hast du dein Buch zurück. Ich hatte es ganz vergessen ge-habt.

(2) In dem Augenblick fühlte er sich am linken Arm ergriffen und zugleich einen sehr heftigen Schmerz. Mignon hatte sich ver-steckt gehabt, hatte ihn ange-fasst und ihn in den Arm gebis-sen. (Johann Wolfang Goethe: Wilhelm Meisters Lehrjahre, V. Buch, 12. Kap.)

Der Indikativ Doppelplusquam-perfekt muss zugleich flexions-morphologisch (= Form des Hilfs-verbs haben oder sein im Präteri-tum, dem Partizip II gehabt oder gewesen und dem Partizip II des Vollverbs) und syntaktisch (= Kombination von zwei Hilfsver-ben (eins davon in Form eines Partizip II) und dem Partizipien II des Vollverbs) bestimmt werden.

Andere Meinungen

In einigen Grammatiken zum Gegenwartsdeut-schen fehlt das Doppelplusquamperfekt noch, die Dudengrammatik zählt es bereits zu den Tempusformen.

1.3.1.7

Futur I

Verbale Fügung aus → Präsens von werden und → Infinitiv des → Vollverbs.

Das Futur I lokalisiert Sachverhal-te als zukünftig (1).

Es erlaubt auch modale Verwen-dungen zum Ausdruck von ge-genwärtigen Annahmen (2).

Neben der Verwendung in (1) kann das Präsens, das dann oft entsprechend → adverbial modi-fiziert wird, zum Ausdruck von Zukünftigem verwendet werden (3).

(1) Ich werde gehen.

(2) Peter wird wohl gerade schla-fen.

(3) Ich gehe gleich.

Das Futur I ist gleichzeitig flexi-onsmorphologisch und syntak-tisch bestimmbar: Es besteht aus einer Form des Hilfsverbs werden im Präsens und dem Infinitiv des Vollverbs.

Andere Meinungen

Die Klassifikation des Beispiels (2) als Form des Futur I wird kontrovers diskutiert. Aufgrund der modalen Bedeutung und der Gegenwarts-lesart von (2), nach der Peter im Moment des Sprechens schläft, kann werden hier als → Mo-dalverb analysiert werden.

1.3.1.8

Futur II

Futurperfekt

Verbale Fügung aus → Präsens von werden, → Partizip II des → Vollverbs und → Infinitiv von ha-ben/sein als → Hilfsverb

Das Futur II drückt aus, dass ein noch ausstehender Sachverhalt vor einer ebenfalls noch ausste-henden Zeit liegt (1). Es wird oft durch das Perfekt ersetzt (die Verdeutlichung durch ein Adver-bial ist nur bei unklarem Kontext nötig).

Es erlaubt auch modale Verwen-dungen zum Ausdruck von ge-genwärtigen Annahmen über be-

(1) Ich werde gegangen sein.

(2) Maria wird (wahrscheinlich) gelacht haben.

(3) Bis heute Abend bin ich schon gegangen.

Das Futur II ist gleichzeitig flexi-onsmorphologisch und syntak-tisch bestimmbar: es besteht aus einer Form des Hilfsverbs werden im Präsens, dem Infinitiv von ha-ben oder sein und dem Partizip II des Vollverbs.

Andere Meinungen

Aufgrund der modalen Bedeutung und der Ge-genwartslesart von (2), in der vermutet wird, dass Maria vor dem Zeitpunkt des Sprechens bereits gelacht hat, könnte werden hier als → Modalverb analysiert werden.

Terminus

andere

gebräuchliche

Termini

Definition Erläuterung Beispiele Problemlöseverfahren Kommentare

reits stattgefundene Sachverhal-te (2).

Die Wahl des Hilfsverbs des Infi-nitivs haben/sein wird vom Voll-verb im Partizip II geregelt und ist identisch mit der des Indikativ → Perfekts.

Alternativ zu der Verwendung in (1) kann das Perfekt, das dann oft entsprechend adverbial modi-fiziert wird, verwendet werden (3).

1.3.2

Aktionsart

lexikalischer Aspekt

Der Verbbedeutung inhärente le-xikalische, vorwiegend zeitliche Struktur.

Aktionsarten können danach dif-ferenziert werden, ob die Verb-bedeutung inhärent durativ oder resultativ ist; ob sie also eine Zeitspanne oder ein Resultat im-pliziert. erwachen ist beispiels-weise nicht-durativ und resulta-tiv: es führt stets zum Resultat des Wachseins. Ein Verb wie ren-nen impliziert kein Resultat.

erwachen

rennen

Die Aktionsart eines Verbs kann systematisch durch sein Verhal-ten in bestimmten sprachlichen Kontexten ertestet werden.

Nicht-durative und resultative Verben wie erwachen können aufgrund ihrer Bedeutung nicht durch Ausdrücke, die Zeitspan-nen bezeichnen (z.B. den ganzen Abend lang), und resultatsaus-schließende Ausdrücke (z.B. am + Infinitiv, das den Verlauf der Handlung angibt und nicht das Resultat) modifiziert werden.

Die „den-ganzen-Abend“-Probe:

(1) Sie *erwachte den ganzen Abend lang.

(2) Sie rannte den ganzen Abend lang.

1.3.3

Aspekt

grammatischer

Aspekt

Verbale Kategorienklasse, die sich auf die interne Zeitstruktur eines Ereignisses oder Zustands bezieht und grammatisch kodiert ist.

Im Gegensatz zur → Aktionsart (= lexikalischem Aspekt) ist der grammatische Aspekt nicht der lexikalischen Bedeutung des Verbs inhärent, sondern wird in verschiedenen Sprachen entwe-der morphologisch am Verb oder syntaktisch in einer Fügung reali-siert. Im Unterschied zu → Tem-pus lokalisiert Aspekt nicht eine Zeit relativ zu einem anderen Zeitpunkt, sondern gibt lediglich die interne Zeitstruktur des Er-eignisses/des Zustands in Einhei-ten wie abgeschlossen oder nicht-abgeschlossen an. Im Deut-schen wird grammatischer As-pekt nur syntaktisch realisiert als

(1) Er ist am schlafen.

(2) Die Kinder waren noch am ko-chen.

Begründung

Die Existenz des grammatischen Aspekts findet in der deutschen Grammatikschreibung nur zögerlich Eingang, für die schulischen Fremd-sprachen, z.B. für den Sprachvergleich mit dem Englischen, ist seine Behandlung relevant.

Aspekt ist eine Kategorienklasse, der am-Progressiv ist eine Aspektkategorie.

Es ist in Bezug auf das Deutsche bisher nicht üblich, von einem Aspektkategorienpaar (etwa: abgeschlossen vs. nicht abgeschlossen) auszu-gehen. Deshalb erfolgt die Beschreibung der Kategorienklasse Aspekt und die dazugehörige Kategorie am-Progressiv hier integrativ.

Wenn man den am-Progressiv als verbale Ka-tegorie betrachtet, dann wird der Infinitiv kleingeschrieben.

Terminus

andere

gebräuchliche

Termini

Definition Erläuterung Beispiele Problemlöseverfahren Kommentare

sog. am-Progressiv (1, 2), der mit dem englischen Continous ver-gleichbar ist (he is sleeping). Er drückt aus, dass die Handlung andauert bzw. nicht abgeschlos-sen ist.

Manche empfinden das als kontraintuitiv, weil sie nach am eine Substantivierung (→ Substan-tiv) erwarten. Es sei deshalb hier darauf hin-gewiesen, dass am ja auch an anderer Stelle als Bestandteil einer grammatischen Kategorie vorkommt: beim Superlativ des Adjektivs.

1.3.4

Verbmodus

Aussageweise

Kategorienklasse finiter Verb-formen zur Spezifizierung der Re-lation zwischen der Aussage und außersprachlichen Gegebenhei-ten.

Unterschieden werden → Indika-tiv (1), → Konjunktiv I/II (2) und → Imperativ (3).

(1) Opa lacht/lachte, Oma singt/sang

(2) Opa lache/lachte, Oma sin-ge/sänge

(3) Trink/t deinen/euren Tee!

1.3.4.1

Indikativ

Wirklichkeits-form

Modusform des Verbs, die aus-drückt, dass die Gesamtbedeu-tung eines Satzes direkt mit au-ßersprachlichen Gegebenheiten abgeglichen werden kann.

Indikativformen weisen gegen-über → Konjunktivformen keinen spezifischen morphologischen Modusmarker auf.

Unterschieden werden muss zwi-schen dem Indikativ → Präsens (gelegentlich auch Indikativ I) und dem Indikativ → Präteritum (gelegentlich auch Indikativ II). Der Indikativ Präsens weist ne-ben der Person-Numerus-Markierung keine weitere mor-phologische Markierung auf (1), der Indikativ Präteritum wird bei schwachen Verben mit dem Den-talsuffix t (2a), bei → starken Verben mit → Ablaut gebildet (2b).

(1) Karl sieht rot. Maria füttert ihre Katze.

(2a) Maria fütterte ihre Katze.

(2b) Karl sah rot.

Weiterführendes

Die außersprachliche Gegebenheit, mit der die Gesamtbedeutung eines Satzes im Indikativ abgeglichen wird, muss nicht die „Wirklichkeit“ sein. Es kann sich ebenso um fiktional Konstru-iertes oder um rein Erdachtes handeln (z. B. ein Einhorn).

Der Unterschied zwischen dem Indikativ und dem Konjunktiv besteht darin, dass Sprecher und Hörer beim Indikativ Sachverhalte als (re-al, fiktional, mental) gegeben annehmen, beim Konjunktiv nicht.

1.3.4.2

Konjunktiv

Möglichkeits-form

Modusform des Verbs, die aus-drückt, dass die Gesamtbedeu-tung eines Satzes nicht direkt, sondern nur mittelbar mit außer-sprachlichen Gegebenheiten ab-geglichen werden kann.

Konjunktivformen weisen cha-rakteristischerweise das → Mor-phem e auf (1). Unterschieden werden muss zwischen dem → Konjunktiv I (Konjunktiv Präsens), der auf der Basis des Stammes des Indikativ Präsens gebildet wird (2), und dem → Konjunktiv II (Konjunktiv Präteritum), der auf der Basis des Stamms des In-dikativ Präteritums gebildet wird (3a für schwache Verben, 3b für starke Verben).

(1) (er) gehe, (er) spiele, (sie) nehme, (sie) habe gespielt, (ihr) kämet, (er) liefe

(2) (er) gehe, (er) spiele, (sie) nehme, (sie) habe gespielt

(3a) (ich) spielte, (ihr) lachtet

(3b) (ich) sänge, (ihr) kämet

Weiterführendes

Die Tempusmarkierungen werden beim Kon-junktiv auf andere Weise gedeutet als beim In-dikativ. Sie kodieren nicht zeitliche, sondern modale Nähe/Distanz.

1.3.4.2.1

Konjunktiv I

Konjunktiv

Präsens

Konjunktivform, die aus dem Stamm des Indikativ → Präsens gebildet wird.

Typische Verwendungsdomänen für den Konjunktiv I sind Setzun-gen (1a) und die indirekte Rede

(1a) Es werde Licht. Man nehme 500g Mehl. x sei eine Primzahl.

(1b) Hilde sagt, er schlafe. Er be-

Weiterführendes

Unter einer Setzung versteht man eine sprach-liche Handlung, mit der der Sprecher die Welt

Terminus

andere

gebräuchliche

Termini

Definition Erläuterung Beispiele Problemlöseverfahren Kommentare

(1b). hauptete, er werde den Mount Everest besteigen. Sie glaubte, sie habe alles verloren.

den Worten anpasst.

Typische Domäne für den Konjunktiv I sind Texte, in denen die Unterscheidung zwischen den eigenen Aussagen und den Aussagen Drit-ter wichtig ist, etwa Zeitungsartikel oder wis-senschaftliche Arbeiten.

1.3.4.2.2

Konjunktiv II

Konjunktiv

Präteritum

Konjunktivform, die aus dem Stamm des Indikativ → Präteri-tum gebildet wird.

Typische Verwendungsdomänen für den Konjunktiv II sind der Po-tentialis (1a) und der Irrealis (1b).

Eine weitere typische Verwen-dungsdomäne des Konjunktivs II sind Höflichkeitskontexte (1c).

(1a) Wenn er käme, führen wir.

(1b) Wenn er gekommen wäre, wären wir gefahren.

(1c) Könnten Sie mir bitte das Salz reichen? Hätten Sie die Güte, …

1.3.4.2.3

würde-Form

Ersatzform Verbkomplex mit würde als fini-ter Form.

Die würde-Form kann in vielen Fällen analog zu den reinen → Konjunktiven I und II verwendet werden. Genutzt werden kann sie beim Potentialis (1a) und in Höflichkeitskontexten (1b) sowie bei bestimmten Formen der indi-rekten Rede (1c). Wenig üblich ist die würde-Form beim Irrealis (1d), gar nicht möglich ist sie bei Setzungen (1e).

(1a) Wenn er kommen würde, würden wir fahren.

(1b) Würden Sie mir bitte das Salz reichen? Würden Sie die Gü-te haben, …

(1c) Hilde sagt, er würde schlafen

(1d)?Sie glaubte, sie würde alles verloren haben. – ?Wenn er ge-kommen sein würde, würden wir gefahren sein.

(1e) *Man würde 500g Mehl nehmen.

Begründung

Die würde-Form ist ursprünglich der Konjunktiv II von werden. Da sie aber systematisch als Er-satzform für Konjunktiv I und II verwendet wird, wird sie meist als eigenständige Konjunk-tivform betrachtet.

Weiterführendes

Die würde-Form wird häufig dann verwendet, wenn Indikativ- und Konjunktivformen gleich sind.

1.3.5

Imperativ

Befehlsform

→ Flexionskategorie des Verbs, mit der Aufforderungen realisiert werden können.

Der Imperativ richtet sich immer an eine angesprochene Person. Den Kernbereich bilden Impera-tive mit der formalgrammati-schen Eigenschaft → 2. Person (Imperativ im engeren Sinn; sie-he auch Kommentar). Entspre-chende Subjektspronomen der 2. Person Singular und Plural er-scheinen meist nur zu Kontrast-zwecken; siehe aber auch die Re-flexiva und Possessiva mit Sub-jektsbezug in den Beispielen (1).

Viele → starke Verben mit Stammvokal e bilden die Singu-larform des Imperativs endungs-los mit Stammvokal i (2). Bei den anderen Verben ist die Impera-tivform des Singulars endungslos oder geht auf -e aus, meist in freier Varianz (1). Die Pluralform entspricht dem Indikativ (1, 3).

(1) Bring deine Sachen mit! (Bring auch du deine Sachen mit!) Bringt eure Sachen mit. (Bringt auch ihr eure Sachen mit!) – Kümmer(e) dich darum! (Küm-mer(e) du dich darum!) Kümmert euch darum! (Kümmert ihr euch darum!)

(2) (helfen ) Hilf mir bitte! (ver-sprechen ) Versprich mir, dass du kommst. (vergessen ) Ver-giss den Zettel nicht!

(3) Helft mir bitte! Versprecht mir, dass ihr kommt. Vergesst den Zettel nicht.

Weiterführendes

Mit dem Imperativ kann man auch zur Bewer-tung einer Handlung auffordern:

(4) Schlaf du mal nur zwei Stunden und halt dann ein Referat!

Grenzfälle

Den Kernbereich des Imperativs bilden die Formen, bei denen ein Subjektspronomen der 2. Person steht oder hinzuzudenken ist. In ei-nem weiteren Sinn kann man dem Imperativ auch Pluralformen mit der Höflichkeitsform Sie (5) und mit wir (6) zuordnen. Diese Pronomen sind nicht weglassbar:

(5) Nehmen Sie Ihre Sachen weg. Kümmern Sie sich bitte darum!

(6) Nehmen wir unsere Sachen weg! Kümmern wir uns darum!

Die Singularformen des Imperativs sind auch mit einigen Indefinita als Subjektspronomen verträglich (7), vor allem umgangssprachlich (dafür älter der → Konjunktiv I, (8)). Solche Imperative richten sich an eine unbestimmte

Terminus

andere

gebräuchliche

Termini

Definition Erläuterung Beispiele Problemlöseverfahren Kommentare

Person aus der angesprochenen Gruppe:

(7) Nimm einer diese Sachen weg. Kümmere sich jemand darum!

(8) Nehme einer diese Sachen weg.

Weiterführendes

Aufforderungen können nicht nur mit Impera-tivformen im engen oder weiteren Sinn ausge-drückt werden, es gibt dafür auch zahlreiche andere sprachliche Mittel (9, 10):

(9) Würdest du bitte diese Sachen wegneh-men? Bitte diese Sachen wegnehmen. Weg mit diesen Sachen!

(10) Aufpassen! Aufgepasst!

1.3.6

Diathese

Genus verbi

Verbale Kategorienklasse, mit der verschiedene Perspektiven auf ein Ereignis ausgedrückt werden können.

Unterschieden werden bei Hand-lungsverben → Aktiv, mit Per-spektivierung auf den Handeln-den (Agens) (1), und → Passiv, mit Perspektivierung vom Han-delnden weg auf andere Mitspie-ler, z.B. auf von der Handlung Be-troffene (Patiens) wie in (2) die „Diamanten“.

(1) Diebe klauen gerne Diaman-ten.

(2) Diamanten werden (von Die-ben) gerne geklaut.

Weiterführendes

Eine echte Wahlmöglichkeit (Aktiv für die Per-spektivierung auf den Handelnden, Passiv für die Perspektivierung auf andere Mitspieler) gibt es nur bei Handlungsverben.

Bei Zustandsverben wie sein und wohnen und Vorgangsverben wie erkranken und einschlafen ist das Aktiv die einzige mögliche Form.

1.3.6.1

Aktiv

Verbale Kategorie, die bei Hand-lungsverben verwendet wird, wenn die Perspektive auf dem Handelnden liegt: Der Dieb hat die Diamanten gestohlen.

Bei anderen Verbarten stellt das Aktiv die einzige Möglichkeit dar.

Das Aktiv kann entweder synthe-tisch (1, 2) oder analytisch (3, 4) gebildet werden.

(1) Luis liebt Pralinen.

(2) Die Kinder waren nett.

(3) Elif hat lange getanzt.

(4) Ich werde den Brief noch schreiben.

Weiterführendes

Da alle Verben Aktivformen bilden können, gilt diese Kategorie als unmarkiert. Deshalb bezie-hen sich auch viele grammatische Bestimmun-gen, wie etwa die Bestimmung der → Valen-zeigenschaften eines Verbs, auf das Aktiv.

1.3.6.2

Passiv

Verbale Kategorie, die dann ver-wendet wird, wenn die Perspek-tive nicht auf dem Handelnden liegt.

Das Passiv wird nur analytisch gebildet. Unterschieden werden das → Vorgangspassiv (1), das → Zustandspassiv (2) und das → Rezipientenpassiv (3).

(1) Der Brief wird geschrieben.

(2) Der Brief ist geschrieben.

(3) Carlo bekommt den Schaden ersetzt.

Passivformen können nicht von allen Verben gebildet werden. Zum Teil bilden ganze Klassen von Verben kein Passiv wie etwa die → Modalverben bzw. → Prä-teritopräsentia. → Intransitive Verben, die Zustände ausdrücken wie wissen, wohnen, kennen, können ebenfalls kein Passiv lie-fern.

Weiterführendes

Das Vorgangspassiv wird sehr viel häufiger verwendet als das Zustandspassiv. Eine weitere Variante des Passivs ist das modale Passiv mit gehören (4).

(4) Das Buch gehört gelesen.

1.3.6.2.1

Vorgangspassiv

werden-Passiv

Passiv, das mit dem → Hilfsverb werden und → Partizip II gebildet wird.

Das Vorgangspassiv beschreibt prototypisch Handlungen und Vorgänge und kann gebraucht werden, wenn das Agens nicht bekannt ist (1), wenn es nicht wichtig ist oder als bekannt vo-rausgesetzt wird (2, 3, 4) oder

(1) Das Fenster wurde einge-schlagen.

(2) Das Gesetz ist bereits verab-schiedet worden.

(3) Der Dieb wurde verhaftet.

(4) Dann wird die Probe ausge-

Das Vorgangspassiv wird flexi-onsmorphologisch und syntak-tisch bestimmt. Es besteht aus einer Form von werden und dem Partizip II.

Weiterführendes

Passivformen werden besonders in fachsprach-lichen resp. institutionellen Textsorten ge-braucht.

Terminus

andere

gebräuchliche

Termini

Definition Erläuterung Beispiele Problemlöseverfahren Kommentare

wenn es bewusst nicht genannt werden darf/soll (5). Wird das Agens genannt, dann wird eine → Präpositionalgruppe ge-braucht (6) (siehe Unterstrei-chung).

wertet.

(5) Es wird erzählt, dass er ein Betrüger ist.

(6) Der Dieb wurde von der Poli-zei verhaftet.

1.3.6.2.2

Zustandspassiv

sein-Passiv

Passiv, das mit dem → Hilfsverb sein und → Partizip II gebildet wird.

Das Zustandspassiv beschreibt aus Handlungen und Vorgängen resultierende Zustände (1, 2) und wird eher selten mit dem Agens gebraucht (3) (siehe Unterstrei-chung).

(1) Das Werk ist vollbracht.

(2) Der Streit war geschlichtet.

(3) Der Boden ist vom Regen auf-geweicht.

Das Zustandspassiv wird flexi-onsmorphologisch und syntak-tisch bestimmt. Es besteht aus einer Form von sein und dem Partizip II.

Weiterführendes

Das Zustandspassiv kann nur von Verben ge-bildet werden, die auch das Vorgangspassiv bilden können. Intransitive Verben bilden kein Zustandspassiv.

Andere Meinungen

Das Zustandspassiv wird nicht von allen Grammatikern als grammatische Kategorie an-erkannt. Eine Alternative ist die Betrachtung von sein+Partizip II als → Kopulakonstruktion.

1.3.6.2.3

Rezipientenpassiv

bekommen-Passiv

Dativ-Passiv

Passiv, das mit bekommen (er-halten, kriegen) und → Partizip II gebildet wird.

Das Rezipientenpassiv kann nur bei meist dreiwertigen Verben (vgl. → Valenz) gebildet werden, die ursprünglich ein Dativobjekt fordern würden (1, 2). Das Dativ-objekt (siehe Unterstreichung) wird im Rezipientenpassiv zum Subjekt (siehe gestrichelte Linie), das Agens muss nicht genannt werden.

(1) Der Patient bekam ein Medi-kament verordnet.

Vgl. Der Arzt verordnet dem Pa-tienten ein Medikament.

(2) Meine Freundin kriegt den Ur-laub genehmigt.

Vgl. Der Chef genehmigt meiner Freundin den Urlaub.

Das Rezipientenpassiv wird flexi-onsmorphologisch und syntak-tisch bestimmt. Es besteht aus einer Form von bekom-men/kriegen/erhalten und dem Partizip II.

2

nominaler Be-reich

2.1

nominale Kate-gorien

2.1.1

Kasus

Fall

Kategorienklasse nominaler Ein-heiten (→ Nominalgruppen, → Substantive, → Adjektive und → Pronomen), die syntaktische Funktionen auf Wortgruppen- und Satzebene kennzeichnen.

Das Deutsche unterscheidet vier Kasus:

→ Nominativ

→ Akkusativ

→ Dativ

Mit den Kasus sind v.a. inner-sprachliche Funktionen verbun-den (z.B. die Zusammengehörig-keit oder Abhängigkeit sprachli-cher Einheiten in Wortgruppen anzuzeigen); sie sind deshalb ei-ne weitgehend formale Erschei-nung. Im Zusammenspiel mit den Wechselpräpositionen erfüllen sie auch die Funktion einer Un-terscheidung von Richtung (13) und Ort (14).

Nominalgruppen können von an-

(1) Ihrer Krankheit begegnete sie gelassen.

(2) Nach seinem Examen war er sehr gelassen.

(3) Der Pförtner war dem Liefe-ranten behilflich.

(4) Die Hälfte des Grundstücks war verwildert.

(5) Das Verhältnis der Größe des Kopfes der Skulptur zu den ande-ren Körperteilen stimmt nicht.

(6) Der Rektor ist der erste Red-

Ersatzprobe:

Um den Kasus zu ermitteln, eig-nen sich am besten Nominal-gruppen im Maskulinum, weil sich nur in diesem Genus alle vier Kasus unterscheiden. Zur Unter-scheidung von Nominativ, Akku-sativ und Dativ eignen sich auch die Formen von ich/du/er:

Nominativ: der Mann/ der Fall/ der Einsatz/ ich/ du/ er

Akkusativ: den Mann/ den Fall/

Begründung

Auf die Terminologie „Werfall“, „Wenfall“ etc. wird verzichtet, weil sich die entsprechenden Fragen nicht auf den Kasus, sondern allenfalls auf Satzglieder beziehen lassen (und auch da-für gilt die Fragemethode als unzulänglich).

Ebenso wird auf die Nummerierung der Kasus verzichtet, weil sie eine sprachsystematische Grundlage suggerieren und einer systemati-schen Darstellung entgegenstehen.

Weiterführendes

Der Terminus ‚Kasus‘ wird in der Sprachwis-

Terminus

andere

gebräuchliche

Termini

Definition Erläuterung Beispiele Problemlöseverfahren Kommentare

→ Genitiv deren Einheiten im Kasus (hier: Dativ) regiert werden: von einem → Verb (1), einer → Präposition (2) oder einem → Adjektiv (3).

Nominale Einheiten können an-dere nominale Einheiten im Ge-nitiv an sich binden (4, 5).

In → Prädikativen wie (6, 7), → Adjunktorgruppen (8, 9) und → Appositionen ist Kasus eine Kon-gruenzerscheinung.

Freie Kasus wie der Akkusativ in (11) oder der Genitiv in (12) kommen selten vor.

ner.

(7) Sie nannte ihren Freund einen Trottel.

(8) Reinhold friert wie ein Schneider.

(9) Ich habe ihm als seinem Nachfolger das gleiche Vertrauen entgegengebracht.

(10) Die Anklageschrift wird dem Richter, dem Vorsitzenden des Verfahrens, übergeben.

(11) Den ganzen Tag regnete es.

(12) Eines Morgens rief sie ihn an.

(13) Der Kurier fährt in die Stadt.

(14) Der Kurier fährt in der Stadt.

den Einsatz/ mich/ dich/ ihn

Dativ: dem Mann/ dem Fall/ dem Einsatz/ mir/ dir/ ihm

Genitiv: des Mannes/ des Falles/ des Einsatzes

In den folgenden begleiterlosen Nominalgruppen „Geld“ wird der Kasus erst nach einer entspre-chenden Ersatzprobe oder durch das Einfügen eines Artikels sicht-bar:

(Das) Geld verdirbt nicht. Geld (den Gewinn) habe ich nie in Ak-tien angelegt. (Dem) Geld wird eine zu große Bedeutung beige-messen.

senschaft auch zur Bezeichnung semantischer Rollen wie Agens (= Handelnder) und Patiens (= von einer Handlung Betroffener) verwendet. Die hier vorgelegten Erklärungen beziehen sich ausschließlich auf das Verständnis von Kasus als Kategorienklasse zur Flexion von nominalen Elementen im Deutschen.

2.1.1.1

Nominativ

Casus rectus

(alle anderen Kasus: Casus

obliqui)

Unmarkierter Kasus, der am Sub-jekt (3), bei der Anrede (4) und beim Gebrauch ohne syntakti-schen Kontext.

Darüber hinaus kann der Nomi-nativ bestimmten Nominalgrup-pen über Kongruenz zukommen.

(1, 2): Nominativ am Subjekt

(3, 4): Nominativ in der Anrede

(5): kontextloses Nennen

(6): kontextloses Verweisen

Kongruenz:

(7, 8): Nominativ an prädikativen → Nominalgruppen

(9) Nominativ an einer Appositi-on

(10) Nominativ an einer Nomi-nalgruppe mit Adjunktor (→ Ad-junktorgruppe)

Der Nominativ wird auch zur An-rede und für Wörterbucheinträge verwendet (11).

(1) Der Vogel singt sein Lied.

(2) Der kleine Mann ist der Rek-tor.

(3) Guten Abend, meine Damen und Herren, …

(4) Lieber Heinz, …

(5) Butter und Käse

(6) du und ich

(7) Der kleine Mann ist der Rek-tor.

(8) Das wird der schönste Tag in ihrem Leben.

(9) Der Richter, ein älterer Herr, befragte die Zeugen gründlich.

(10) Als guter Schwimmer er-reichte er schnell das andere Ufer.

(11) Beispiel, das; -[e]s, -e

2.1.1.2

Akkusativ

Casus obliquus (neben Dativ und Genitiv)

Markierter → Kasus, der im Satz in der Regel von Verben oder Präpositionen regiert wird (→ Rektion).

Der Akkusativ kann von anderen Einheiten regiert werden: von ei-nem → Verb (1), einer → Präpo-sition (2) oder einem → Adjektiv (3).

Der Akkusativ kann auch über → Kongruenz in Strukturen mit → Objektsprädikativ (4), einer →

(1) Sie beeindruckte ihren Freund.

(2) Ohne ihren Pass kann sie nicht verreisen.

(3) Er war die viele Arbeit satt.

(4) Sie nannte ihn einen Auf-schneider.

(5) Sie hatte ihn als einen kulti-vierten Menschen kennenge-

Weiterführendes

Sowohl für den Erst- und Zweitspracherwerb als auch sprachsystematisch müsste man den Akkusativ als den zweiten Fall betrachten, der sich in den meisten Formen vom Dativ unter-scheidet.

Der sog. AcI (Akkusativ mit Infinitiv) stellt auch eine Verbabhängigkeit dar:

(10) Er hörte seinen Nachbarn einen Nagel in

Terminus

andere

gebräuchliche

Termini

Definition Erläuterung Beispiele Problemlöseverfahren Kommentare

Adjunktorgruppe (5) oder einer → Apposition (6) erscheinen.

Freie Akkusative wie das tempo-rale bzw. lokale Akkusativadver-bial wie in (7, 8) oder Akkusativ-attribute wie in (9) kommen rela-tiv selten vor.

lernt.

(6) Man sollte seine Mitmen-schen, insbesondere die Hilfsbe-dürftigen, immer unterstützen.

(7) Sie feierten den ganzen Tag.

(8) Er lief einen Kilometer am Strand entlang.

(9) Das Wetter diesen Sonntag wird schön.

die Wand schlagen.

In diesem Beispiel wird der Akkusativ seinen Nachbarn vom Verb hören regiert und der Ak-kusativ einen Nagel vom Verb schlagen.

2.1.1.3

Dativ

Casus obliquus (neben Akkusa-tiv und Genitiv)

Markierter → Kasus, der im Satz in der Regel von Verben, Präposi-tionen oder Adjektiven regiert wird (→ Rektion).

Der Dativ kann von anderen Ein-heiten regiert werden: von ei-nem → Verb (1), einer → Präpo-sition (2) oder einem → Adjektiv (3).

Der Dativ kann auch über Kon-gruenz in Strukturen mit einer → Adjunktorgruppe (4) oder einer → Apposition (5) erscheinen.

Der Dativ erscheint außerdem als Pertinenzdativ (6, 7), als Dativus commodi/incommodi (8), als Da-tivus iudicantis (9) und als ethi-scher Dativ (10).

(1) Sie half ihrem Freund.

(2) Mit dem Konflikt kam er nicht zurecht.

(3) Der Prinz war dem Aschen-brödel hold.

(4) Ich habe ihm als seinem Nachfolger das gleiche Vertrauen entgegengebracht.

(5) Die Anklageschrift wird dem Richter, dem Vorsitzenden des Verfahrens, übergeben.

(6) Sie zwickte ihm in die Hand.

(7) Ihm schmerzte sein Bein.

(8) Heinz trug ihr den Koffer.

(9) Der Koffer war ihr zu schwer.

(10) Du bist mir ja so einer!

Weiterführendes

Als umgangssprachlich gelten pränominale Da-tive wie in (11).

(11) Dem Heinz sein Auto springt nicht an.

2.1.1.4

Genitiv

Casus obliquus (neben Akkusa-tiv und Dativ)

Markierter → Kasus, der im Satz von Verben, Präpositionen oder Adjektiven regiert wird (→ Rekti-on) oder als Genitivattribut er-scheint.

Der Genitiv kann von anderen Einheiten regiert werden: von ei-nem → Verb (1), einer → Präpo-sition (2) oder einem → Adjektiv (3).

Der Genitiv kann auch über → Kongruenz in Strukturen mit ei-ner → Adjunktorgruppe (4) oder einer → Apposition (5) erschei-nen.

Am häufigsten erscheint der Ge-nitiv als Genitivattribut wie in (6).

Freie Genitive wie das modale, temporale oder kommentierende Genitivadverbial in (7–9) kom-men selten vor.

(1) Sie erbarmte sich des Kindes.

(2) Während des Konzerts war es ganz still.

(3) Sie waren des Wartens müde.

(4) Sie gedachten seiner als eines talentierten Nachwuchswissen-schaftlers.

(5) Der Vortrag Professor Schalls, des Ärztlichen Direktors, hat alle begeistert.

(6) Die zweite Startbahn des Flughafens wurde gesperrt.

(7) Erhobenen Hauptes ging er nach vorn.

(8) Eines Tages wird sie ihr Glück finden.

(9) Meines Erachtens kommt die Grammatik zu kurz.

Weiterführendes

Der Genitiv erscheint insbesondere in Geniti-vattributen.

2.1.2 Jedes Substantiv weist ein be- Das Genus eines Substantivs (1a) der kalte Wind/ Das Genus von Substantiven lässt Weiterführendes

Terminus

andere

gebräuchliche

Termini

Definition Erläuterung Beispiele Problemlöseverfahren Kommentare

Genus stimmtes Genus auf. Im Deut-schen gibt es drei Genera:

Maskulinum

Femininum

Neutrum

Über → Kongruenz können auch Adjektive, Artikel und Pronomen Genusmerkmale tragen (1–3).

Im Plural ist die Genusunter-scheidung neutralisiert (Einheits-formen).

kommt formal nicht am Substan-tiv selbst zum Ausdruck, sondern an den Flexionsformen kongruie-render Wortformen, nämlich an Artikeln und Adjektiven inner-halb der Nominalgruppe (→ No-minalgruppenflexion, 1) sowie bei Pronomen (2).

Die Flexion nach dem Genus ist oft mit der nach dem → Nume-rus und dem → Kasus kombiniert (3).

Zur Genuszuweisung bei Sub-stantiven siehe Problemlösever-fahren und Kommentar.

Ein kalter Wind (mask.)

(1b) die kalte Wand eine kalte Wand (fem.)

(1c) das weiße Rind ein weißes Rind (neut.).

(2) Der alte Mann – er; die alte Frau – sie

(3a) Nom. Sing: der Wind, die Hand, das Kind

(3b) Akk. Sing.: den Wind, die Hand, das Kind

(3c) Dat. Sing.: dem Wind, der Hand, dem Kind

(3d) Gen. Sing.: des Windes, der Hand, des Kindes

sich nur sehr eingeschränkt auf allgemeine Gesetzmäßigkeiten zurückführen.

(a) Zu Personenbezeichnungen siehe Kommentar, Weiterfüh-rendes.

(b) Sachbezeichnungen auf -e sind meist Feminina (4). Im Grundwortschatz finden sich al-lerdings auch Maskulina und Neutra (5). Siehe außerdem (8) sowie Personen- und Tierbe-zeichnungen (6):

(4) die Tasche, die Lücke

(5) der Käse, das Auge

(6) der Zeuge, der Rabe

(c) Derivationsaffixe weisen ge-wöhnlich ein bestimmtes Genus auf, zum Beispiel:

(7) Feminina: -heit, -keit, -schaft, -ung

(8) Neutra: -chen/-lein (Diminu-tivsuffixe); Ge…e (Getriebe, Gela-ge)

Aber je nach Lexem:

(9) das Herzogtum, das Brauch-tum; der Reichtum, der Irrtum

(10) das Verhältnis, das Geheim-nis; die Erlaubnis, die Erkenntnis

(d) Bei nicht regelhaften Genus-zuordnungen muss ein Wörter-buch konsultiert werden.

Bei Personenbezeichnungen ist zwischen Ge-nus und Sexus (natürliches oder semantisches Geschlecht) zu unterscheiden. Im Deutschen gibt es die folgenden Beziehungen:

(a) Semantisch immer sexusneutral, Genus nicht vorhersagbar:

(11) die Person, die Geisel, die Waise; der Mensch, der Star; das Mitglied

(b) Semantisch immer sexusspezifisch; dann gilt gewöhnlich: weiblich → Femininum, männ-lich → Maskulinum.

(12) die Frau, die Dame; der Mann, der Junge

Aber mit Diminutivsuffix (vgl. auch (8)):

(13) das Mädchen

(c) Bestimmte Maskulina werden traditionell teils spezifisch für männliche Personen, teils sexusneutral (= generisch) gebraucht. Neben ihnen gibt es meist feminine Ableitungen auf -in, die spezifisch auf weibliche Personen refe-rieren:

(14) ein Student, der Kollege

(15) eine Studentin, die Kollegin

Hierher gehören auch Ableitungen auf -er bzw. -erin:

(15) der Arbeiter, der Sprecher

(16) die Arbeiterin, die Sprecherin

Was Tierbezeichnungen betrifft, so gibt es vor allem bei Nutztieren Gesetzmäßigkeiten: das Pferd, das Rind, das Huhn (Oberbegriff); die Stute, die Kuh, die Henne (weibliches Tier); der Hengst, der Stier, der Hahn (männlich); das Fohlen, das Kalb, das Küken (Jungtier).

2.2

Nominal-gruppenflexion

Kooperatives Prinzip der Flexion in der Nominalgruppe.

In → Nominalgruppen stimmen Artikel (→ Pronomen und Artikel) und → Adjektive mit dem Sub-stantiv in → Kasus, → Numerus und → Genus überein.

Jede Nominalgruppe hat einen Hauptmerkmalträger. Als Hauptmerkmalträger wird meist die am weitesten links stehende Wortform gewählt. Das kann ein Artikel sein (1–3) oder ein Adjek-

(1) Mit einem fröhlichen Lächeln begrüßte sie ihre Gäste.

(2) Der Chef meines alten Nach-barn ist letzte Woche gestorben.

(3) Siehst du den bunten Vogel?

(4) Er begrüßte mich mich mit breitem Grinsen.

(5) Starker schwarzer Kaffee hilft immer.

(6) Dieser starke schwarze Kaffee

Artikel haben starke Endungen, wenn sie Hauptmerkmalträger sind, sonst gar keine.

Adjektive haben starke Endun-gen, wenn sie Hauptmerkmalträ-ger sind, sonst schwache.

Begründung

Traditionell werden zur Beschreibung der De-klination der Adjektive die Termini → ,starke und schwache Deklination‘ verwendet. Ergän-zend zu diesen Termini wird hier der Terminus ‚Nominalgruppenflexion‘ aufgeführt, weil sich in der Grammatikforschung inzwischen die Ein-sicht durchgesetzt hat, dass man die Prinzipien der Deklination besser verstehen kann, wenn man das Zusammenspiel der verschiedenen Bestandteile der Nominalgruppe betrachtet.

Terminus

andere

gebräuchliche

Termini

Definition Erläuterung Beispiele Problemlöseverfahren Kommentare

tiv (4).

Dieses Prinzip kann als eine Art „Arbeitsteilungsprinzip“ betrach-tet werden. Wenn die grammati-schen Kategorien nur an einem Element der Nominalgruppe markiert sind, spricht man von ‚Monoflexion‘.

Mehrere Adjektive werden dage-gen parallel flektiert, d.h., sie er-halten stets die gleiche Endung (‚Parallelflexion‘) (5, 6).

hilft bestimmt. Weiterführendes

Da die Prinzipien der Monoflexion und der Pa-rallelflexion quasi konkurrierende Prinzipien der Nominalgruppenflexion sind, geraten selbst kompetente erwachsene Sprecher häu-fig in Zweifel. Beispiele für solche Zweifelsfälle sind:

(7) folgender überraschender Anblick vs. fol-gender überraschende Anblick

(8) vieles anderes Zeug vs. vieles andere Zeug

Da jeweils beide Varianten erklärbar sind (in der Variante mit Parallelflexion verhält sich folgender bzw. vieles eher wie ein Artikel, in der anderen Variante wie ein Adjektiv), sollte man tolerant mit der grammatischen Varianz umgehen.

2.3

Wortarten im nominalen Be-

reich

2.3.1

Substantiv

Nomen

Substantive realisieren die Kate-gorienklassen Numerus, Kasus und Genus. Dabei ist das Genus lexikalisch festgelegt.

Der zum Substantiv gehörige Ar-tikel zeigt das → Genus des Sub-stantivs an, das lexikalisch festge-legt ist.

Substantive können Konkreta (1, 3, 4) oder Abstrakta (2), Belebtes (3) oder Unbelebtes (1, 4) be-zeichnen sowie klassenbildend (Appellativa; 1–4) bzw. nicht klassenbildend (Eigennamen; 5) sein.

Bei einer Substantivderivation (Substantiv mit Suffix) weist das Suffix auf das Genus des Substan-tivs hin (6).

(1) Um den Tisch stehen drei Stühle.

(2) Sie hatte eine schöne Kind-heit.

(3) Katzen jagen Mäuse.

(4) Viele Steine liegen auf dem Weg.

(5) Eva spielt Klavier.

(6) Er hat sich eine schöne Woh-nung gekauft.

Weiterführendes

Lehnwörter (die/das E-Mail) und Produktna-men (der/die/das Nutella) können Genus-schwankungen unterliegen. Mit unterschiedli-chen Genuszuweisungen können auch unter-schiedliche Bedeutungen verbunden sein, wie zum Beispiel das Verdienst (= die Leistung) vs. der Verdienst (= das Gehalt).

Es besteht ein Unterschied zwischen Substan-tiven (lexikalische Wortart) und Substantivie-rungen (syntaktische Wortart; siehe auch → Konversion):

Systematische Substantivierungen wie das Ste-hen oder der Neue sind Verb- bzw. Adjektiv-formen, die den Kern einer Nominalgruppe bil-den.

Es können aber auch andere Wortarten sub-stantiviert werden: das Ich, das Morgen etc.

2.3.2

Pronomen und Artikel

(Gesamtbereich)

Pronomen und Artikel realisieren die Kategorienklassen → Nume-rus, → Kasus und → Genus. Das Genus ist nicht lexikalisch festge-legt.

Pronomen und Artikel sind Wör-ter mit Verweisfunktion, die be-

Pronomen und Artikel haben keine „autonome“ Bedeutung, sondern verweisen auf andere Elemente, und zwar

a) auf Personen, Gegenstände etc. in der jeweiligen Redesitua-tion (1),

b) auf Textelemente im sprachli-

(1) [Beim Anblick von Blumen] Die sind aber schön.

(2) Dort steht ein Mann. Er hat einen schwarzen Hut auf.

(3) Sie liegen schnurrend auf dem Sofa. Evas Katzen haben sich ei-nen guten Platz ausgesucht.

(4) Die Blumen sind aber schön.

Verschiebeprobe zur Unterschei-dung von stellvertretender und begleitender Verwendung von Pronomen:

Im Satz kann das begleitend ver-wendete Pronomen/der Artikel im Unterschied zum stellvertre-tenden Pronomen nur zusammen mit der gesamten Nominalgrup-

Begründung

Man kann unterscheiden zwischen Pronomen im engeren Sinne (= nur stellvertretend ge-brauchte Pronomen; Personalpronomen (2, 3) und Reflexivpronomen (sich, einander)), Artikel im engeren Sinne (= nur begleitend verwende-te Artikel; definiter und indefiniter Artikel (4)) und Pronomen und Artikel, die sowohl beglei-tend (5, 6) als auch stellvertretend (7, 8) ge-

Terminus

andere

gebräuchliche

Termini

Definition Erläuterung Beispiele Problemlöseverfahren Kommentare

gleitend (= als Artikel) oder stell-vertretend für → Substantive bzw. → Nominalgruppen auftre-ten (= als Pronomen).

chen Kontext, und zwar aus-schließlich in der 3. Pers. Sg. oder Pl. (= phorischer Gebrauch),

indem sie auf bereits Genann-tes zurückverweisen (= ana-phorisch; → Anapher) (2)

oder auf Nachfolgendes vo-rausverweisen (= kataphorisch; → Katapher) (3).

(5) Dort steht ein Mann mit ei-nem Koffer. Sein Koffer ist sehr groß.

(6) Jedes Kind mag Ferien.

(7) Meins ist eher klein.

(8) Jeder mag Ferien.

(9) Ich habe welche gefunden.

(10) Wen kennst du?

(11) Den Mann, den hier jeder kennt, kenne ich nicht.

pe verschoben werden (siehe aber auch Kommentar):

(12a) Ihr steht dieses Kleid gut.

(12b) → Dieses Kleid steht ihr gut.

(12c) → *Dieses steht ihr gut Kleid.

braucht werden können. Da für die letzte Gruppe gilt, dass sie je nach ihrer grammati-schen Umgebung als Pronomen oder Artikel verwendet werden, verwenden wir in der un-ten stehenden Übersicht semantische Bezeich-nungen, die als Überbegriffe für beide Ver-wendungsweisen fungieren können (Possessi-vum (7), Demonstrativum (1), Indefinitum (9), Interrogativum (10), Relativum (11)).

Sowohl stellvertretend als auch begleitend verwendbar sind dabei die genannten Klassen; das bedeutet nicht, dass jedes einzelne Exemplar dieser Klassen sowohl begleitend als auch stellvertretend gebraucht werden kann (bspw. kann mein nur begleitend gebraucht werden, stellvertretend dagegen nur meins (7)).

Weiterführendes

Die Verschiebeprobe funktioniert bei einigen Artikeln nur eingeschränkt (13):

(13) Er hat keine Freunde. → Freunde hat er keine. (Aber: *Keine hat er Freunde.)

Pronomen sind selbständige Konstituenten im Satz; Artikel sind Bestandteil einer Nominal-gruppe.

Auf den Terminus „Fürwort“ wird verzichtet, da häufig angenommen wird, dass „Fürwörter“ nur für „Nomen/Substantive“ stehen, nicht aber für Wortgruppen etc.

Auch „Personalpronomen“, die die Sprecher- und Hörerrolle ausdrücken (ich, du, wir, ihr) sind keine „Fürwörter“.

Pronomen erfüllen wichtige Textfunktionen, wie z. B. die Verweis- und Identifizierungsfunk-tion, die Vermeidung von Wortwiederholun-gen, Textkohärenz

Übersicht

Wichtige Formen Gebrauch als Artikel

Gebrauch als Pronomen

Personalpronomen

ich, mich, mir, meiner; wir, uns, unser du, dich, dir, deiner; ihr, euch, euer er, sie, es, ihn, seiner; sie, ihnen, ihrer

Ich komme. Das freut mich. Er hat uns überrascht. Sie hat sich seiner erinnert. Bitte setzen Sie sich. Wie geht es der Patientin?

Reflexivpronomen, reziprokes Pronomen

mich, mir – uns; dich, dir – euch sich; einander

Sie beeilt sich. Ich wasche mich. Ich wasche mir den Rücken.

Sie waschen einander den Rücken. (Verbindungen mit Präposition:) Sie reden miteinander. Wir warten aufeinander.

Possessivum

mein – unser; dein – euer sein – ihr

Wir treffen uns in eurer Wohnung. Dies macht sie für ihre Freun-din. Das ist mein Heft!

Das ist meins!

Demonstrativum

der, die, das (Langformen: denen, dessen, deren, derer); dieser – jener; derjenige; derselbe

Es passierte an jener Kreuzung, an derselben Kreuzung. Mit dem Kerl rede ich nicht mehr! Mit diesen Leuten rede ich nicht mehr! Ich verwende nur das Material.

Dies ist ein guter Einfall. Mit dem rede ich nicht mehr! Diejenigen, die etwas wissen, sollen sich melden. Sie war noch ganz dieselbe. Ich verwende nur das.

Mit denen rede ich nicht mehr!

Definiter Artikel

der, die, das

der Mond, die Sonne, das Haus gegenüber

Relativum (Selten:) Sie möchte sich die Haare färben lassen, mit welcher Absicht er gar nicht einverstanden ist.

Das ist das Buch, welches ich dir empfohlen habe.

Das ist das Buch, das ich dir empfohlen habe. Wer Wind sät, wird Sturm ernten (= Derjenige, der Wind sät, wird Sturm ernten). Das ist alles, was ich weiß.

Interrogativum

wer, was; welcher; was für (einer)

Welches Buch soll ich nehmen? Was für ein Buch willst du kau-fen? (Was willst du für ein Buch kaufen?) Was für Leute kennst du?

Welches ist der bessere Vorschlag? Was für einer kommt denn da hergelau-fen?

Was soll ich nehmen? Wem bist du begegnet?

Indefinitum

man, jedermann, jemand, irgendjemand, niemand, nichts, etwas, irgendetwas, irgendwas, was, irgendwer, wer, ge-nug, alle, jeder, sämtliche, beide, einige, etliche, manche, welche, solche, irgendwelche, irgendein, kein, allerlei, sol-cherlei, derlei, dreierlei, unsereiner, deinesgleichen, der-gleichen, ein bisschen, ein wenig, ein paar

Du hast noch etwas Farbe an der Hand. Ich mag nichts Süßes. Du musst noch einige Minuten warten. Anna kommt mit allen Leu-ten gut aus. Daniela trifft sich heute mit irgendwelchen Kollegin-nen. Angela schwirrten allerlei Fragen durch den Kopf. Alles Gute zum Geburtstag!

Du hast noch etwas in den Haaren. Du isst ja gar nichts! Da kann ja jeder kommen. Anna kommt mit allen gut aus. Ich habe noch allerlei vor. Irgend-welche werden das schon wissen.

Das ist nicht jedermanns Geschmack. Man ärgert sich darüber. Das ärgert ei-nen. Ich streite nicht mit deinesgleichen. Kommen noch welche hinzu? Ich ha-be noch was vor.

Indefiniter Artikel

ein, eine

eine Katze, ein roter Apfel, ein guter Wein Ich habe einen gefunden.

Terminus

Andere

gebräuchliche Termini

Definition Erläuterung Beispiele Problemlöseverfahren Kommentare

2.3.2.1

Artikel im enge-ren Sinne

Artikel realisieren die → Katego-rienklassen → Numerus, → Kasus und → Genus. Dabei ist das Ge-nus nicht lexikalisch festgelegt.

Man unterscheidet den → defini-ten (der, die, das; 1) und den → indefiniten Artikel (ein, eine, ein; 2).

Im Plural steht entweder der de-finite Artikel die (3) oder kein Ar-tikel (4).

(1) Die Sonne schien den ganzen Tag.

(2) Dort drüben steht ein Mann.

(3) Die Hunde des Nachbarn bel-len nie.

(4) Bellende Hunde beißen nicht.

Der Artikel steht in der Regel am linken Rand einer → Nominal-gruppe.

Er kongruiert mit seinem nomi-nalen Bezugswort.

Weiterführendes

Massennomina können auch ohne Artikel auf-treten: Gold ist selten. Wasser ist unsere Le-bensgrundlage.

2.3.2.1.1

definiter Artikel

Artikel der

bestimmter

Artikel

Artikel, der einem Hörer/Leser das durch eine → Nominalgruppe Bezeichnete als bereits bekannt markiert oder einen generalisie-renden Gebrauch anzeigen kann.

Der definite Artikel ist der, die, das.

Die Nominalgruppe wird als be-kannt markiert durch den Kon-text (1), durch Welt- oder Erfah-rungswissen (2), durch Bezug auf die Sprechsituation (3).

Der definite Artikel kann den ge-neralisierenden Gebrauch des dazugehörenden Substantivs / Nomens anzeigen (4).

(1) Dort drüben steht ein Mann. Der Mann trägt einen schwarzen Hut.

(2) Die Erde dreht sich um die Sonne.

(3) Das Haus hier gehört Eva.

(4) Der Hund ist ein Freund des Menschen.

Begründung

Der Terminus „bestimmter Artikel“ ist irrefüh-rend, da er angibt, dass der Artikel „bestimmt“ sei. „Bestimmt“ ist aber die Nominalgruppe, deren Teil er ist.

2.3.2.1.2

indefiniter Artikel

Artikel ein

unbestimmter

Artikel

Artikel der, die einem Hö-rer/Leser das durch eine → No-minalgruppe Bezeichnete als noch nicht bekannt, als ein ein-zelnes Element oder in generali-sierender Funktion vermittelt.

Der indefinite Artikel ist ein, eine, ein.

Er kann sich sowohl auf etwas (noch) nicht Bekanntes wie in (1) als auch auf etwas Bestimmtes, nur dem Hörer nicht Bekanntes wie in (2) beziehen.

Der indefinite Artikel kann den generalisierenden Gebrauch des dazugehörenden Substantivs / Nomens anzeigen (3).

(1) Vielleicht bauen wir später einmal ein Haus.

(2) Wir haben letztes Jahr ein Haus gebaut.

(3) Ein Lied erfreut das Herz.

Begründung

Der Terminus „unbestimmter Artikel“ ist noch problematischer als der Terminus „bestimmter Artikel“.

In dem Satz Nena ist eine berühmte Sängerin verweist eine auf eine bestimmte Person.

2.3.2.2

Pronomen im en-geren Sinne

2.3.2.2.1

Personalprono-men

→ Pronomen, das teils auf Spre-cher (ich, wir), teils auf Ange-sprochene (du, ihr, Sie) und teils auf besprochene Personen, Din-ge, Sachverhalte (er, sie, es) ver-weist.

Das Personalpronomen wird nach → Person, → Numerus und → Kasus dekliniert, in der dritten Person Singular auch nach → Genus.

Auf der Textebene verweist das Personalpronomen der 3. Pers. Sg. oder Pl. meist auf Zuvorge-nanntes (anaphorisch; → Ana-pher) (1) oder (weitaus seltener) auf Nachfolgendes (kataphorisch; → Katapher) (2).

Die 3. Person Plural Sie stellt die

(1) Die Frau kennt Peter schon seit Jahren. Sie ist eine alte Schul-freundin von ihm.

(2) Bevor er seine Freundin be-sucht, soll Peter noch einkaufen gehen.

(3) Haben Sie noch Fragen?

Weiterführendes

Das Pronomen es kann neben der Verwendung als Anapher (4) auch noch in anderer Weise verwendet werden:

- als → Subjekt-/Objektplatzhalter (5, 6)

- als → Vorfeldplatzhalter (7)

- als → Korrelat (8)

In der Verwendung als unpersönliches Prono-men kann es unter Beibehaltung der Wortfolge nicht durch ein anderes Textelement ersetzt werden.

Nur das Korrelat-es kann durch das ersetzt

Terminus

Andere

gebräuchliche Termini

Definition Erläuterung Beispiele Problemlöseverfahren Kommentare

Höflichkeitsform der Anrede dar (3).

werden (bei manchen Verben umgangssprach-lich auch der Subjektplatzhalter):

(3) (Das Kätzchen →) Es miaut.

(4) Es regnet. (Wie das wieder regnet!)

(5) Die Kinder trieben es allzu bunt.

(6) Es erschienen mehr als 20 Gäste zum Fest.

(7) Es kommt selten vor, dass du etwas ver-gisst. (Das kommt selten vor, dass du etwas vergisst.)

2.3.2.2.2

Reflexivprono-men

→ Pronomen, das sich meist auf das → Subjekt desselben Satzes bezieht.

Die Formen des Reflexivprono-mens stimmen in der 1. und 2. Person Singular und Plural mit dem Dativ (1) und Akkusativ (2) des Personalpronomens überein.

Für die 3. Person Singular und Plural lautet die Form im Dativ und Akkusativ sich.

Manche Verben werden aus-schließlich mit Reflexivpronomen gebraucht: z. B. sich schämen, sich kümmern (3)

Bei anderen Verben ist das Refle-xivpronomen durch eine Nomi-nalgruppe austauschbar. In die-sem Fall hat das Reflexivprono-men Satzgliedstatus: z. B. sich/jdn. waschen, sich/jdn. ver-sorgen (4, auch 1, 2).

Ein reziprokes Reflexivpronomen liegt vor, wenn ein Wechselver-hältnis angezeigt werden soll (5).

(1) Ich kaufe mir ein Eis.

(2) Du darfst dich nicht ärgern.

(3) Ich freue mich auf die Ferien.

(4) Erst kämmt sie die Haare ihrer Tochter, dann kämmt sie sich.

(5) Sie küssten sich.

Ersatzprobe zur Feststellung, ob es sich um ein Verb mit obligato-rischem oder austauschbarem Reflexivpronomen handelt:

(6) Sie schämt sich. –

(6’) *Sie schämt den Mann.

(7) Sie kauft sich Eis.

(7’) Sie kauft Peter Eis.

In (7) ist Ersatzprobe möglich; Verb mit austauschbarem Refle-xivpronomen.

Zur Feststellung des reziproken Reflexivpronomens: Ersetzung durch gegenseitig bzw. einander:

(5’) Sie küssten einander.

2.3.2.3

Pronomen und Artikel

Für die einzel-nen Teilkassen:

Possessiv-pronomen

Possessiv-artikel

Demonstra-tivpronomen

Demonstra-tivartikel

Indefinit-pronomen

Indefinit-artikel

Klassen von Sprachzeichen, die sowohl als Pronomen als auch Artikel verwendet werden kön-nen.

Possessiva drücken im weitesten Sinne Besitzverhältnisse und Zu-gehörigkeiten aus (1, 2).

Demonstrativa verweisen in der Redesituation oder im sprachli-chen Kontext (3, 4).

Indefinita verweisen auf allge-meine Weise auf Personen oder Sachverhalte (5, 6).

Interrogativa leiten Ergänzungs-fragen ein (7, 8).

Relativa leiten Nebensätze ein und beziehen sich auf ein nicht-verbales Element des → Obersat-

(1) Immer suche ich meine Schlüssel.

(2) Das Glas ist meins.

(3) Dieses Problem muss nun endlich gelöst werden.

(4) Die kenne ich!

(5) Kein Mensch kann alles wis-sen.

(6) Man tut, was man kann.

(7) Welches Kleid ziehst du heute an?

(8) Wer liest das Buch?

(9) Die Frau, die dort drüben

Die Abgrenzung zwischen der, die das als Demonstrativum und der, die, das als definiter Artikel er-folgt über die Verschiebeprobe: Nur das Demonstrativum ist im Satz frei verschiebbar, der defini-te Artikel hingegen ausschließlich zusammen mit der gesamten Nominalgruppe.

Steht der, die, das am linken Rand einer Nominalgruppe, han-delt es sich um den → definiten Artikel.

Begründung

Die traditionelle Bezeichnung für die einzelnen Teilklassen derjenigen Formen, die sowohl als Pronomen als auch als Artikel gebraucht wer-den, sind:

Possessivpronomen

Demonstrativpronomen

Indefinitpronomen

Interrogativpronomen

Relativpronomen.

Wir haben in der oben stehenden Übersicht die Termini ‚Possessivum‘, ‚Demonstrativum‘, ‚Indefinitum‘, ‚Interrogativum‘ und ‚Relativum‘, gewählt, weil diese Formen eben nicht nur als

Terminus

Andere

gebräuchliche Termini

Definition Erläuterung Beispiele Problemlöseverfahren Kommentare

Interrogativ-pronomen

Interroga-tivartikel

Relativ-pronomen

zes (9, 10).

Als Artikel kongruieren (→ Kon-gruenz, → Nominalgruppenflexi-on) die jeweiligen Exemplare al-ler Klassen Artikel in → Kasus, → Numerus und → Genus mit sei-nem Bezugswort innerhalb der → Nominalgruppe (1, 3, 5, 7, 9).

Als Pronomen werden sie nach → Kasus und → Numerus dekli-niert (2, 4, 6, 8, 10), zum Teil auch nach Genus (2, 4, 9, 10).

Der possessive Artikel der 3. Per-son Plural Ihr(-e, -er) stellt die Höflichkeitsform der Anrede dar (11).

Beim indefiniten Pronomen man (6) werden Akkusativ und Dativ durch Ersatzformen gebildet (ei-nen, einem; eine, einer).

Die Indefinitpronomen etwas und nichts bekommen im Akku-sativ und Dativ keine Kasusen-dungen; der Gebrauch im Genitiv ist ausgeschlossen.

Interrogativa können auch in in-direkten Fragesätzen (12) und Ausrufen (13) verwendet wer-den.

Die Relativpronomen wer und was (auch immer) können auch ohne Bezugswort vorkommen, wie in sog. freien Relativsätzen (14).

sitzt, kenne ich.

(10) Die Frau, welche dort drüben steht, kenne ich.

(11) Ich habe Ihr Schreiben erhal-ten.

(12) Ich frage mich, wer das weiß.

(13) Was du nicht sagst!

(14) Wer das weiß, ist klug.

Zur Unterscheidung zwischen Re-lativa als Pronomen im engeren Sinne wer, was und der Frage-pronomen wer, was in indirekten Fragesätzen können Proben an-gewandt werden: Nur bei Rela-tivsätzen lässt sich das Relativum wer, was in der Regel durch der-jenige, der bzw. dasjenige, das ersetzen:

(14’) Derjenige, der das weiß, ist klug.

(8’) * Derjenige, der liest das Buch?

Zur Unterscheidung des Relati-vums das und des Subjunktors dass dient die Ersatzprobe: Nur das Relativum lässt sich z. B. durch welches ersetzen:

(15) Der Autor signierte das Buch, das er in der Lesung präsentiert hatte.

(15’) Der Autor signierte das Buch, welches er in der Lesung signiert hatte.

(16) Ich hoffe, dass der Zug heute pünktlich kommt.

(16’) * Ich hoffe, welches der Zug heute pünktlich kommt.

Pronomen, sondern auch als Artikel gebraucht werden können.

Der oben stehenden Übersicht ist zu entneh-men, dass einzelne Exemplare der Demonstra-tiva, Interrogativa und Indefinita nur als Pro-nomen, nicht aber als Artikel verwendet wer-den können:

(17) denen, was, wem, welche, man, jeder-mann

Sie werden dennoch den jeweiligen Klassen zugeordnet, weil die Klassen funktional be-stimmt sind.

Weiterführendes

Das Genus von wer (Maskulinum) und was (Neutrum) ist erkennbar, wenn ein pronomina-les Bezugswort vorhanden ist (vgl. 4: wer – sei-ne Geldbörse).

Das Relativum welcher, welche, welches gilt als stilistisch markiert. Ganz selten erscheint es auch als Relativartikel:

(18) Die Kinder wollten allein verreisen, mit welcher Absicht die Eltern aber gar nicht ein-verstanden waren.

2.3.3

Adjektiv

Eigenschafts-wort

Adjektive realisieren die Katego-rienklassen → Kasus, → Numerus und → Genus und häufig auch Komparation. Das Genus ist nicht lexikalisch festgelegt.

Das Adjektiv erscheint im Satz in attributiver (→ Attribut) (1–3), prädikativer (→ Prädikativ) (4–5) oder adverbialer (→ Adverbial) Funktion (6–8).

Wie Adjektive werden auch die Formen des → Partizips I (2, 3, 8) oder des → Partizips II gebraucht (5, 7).

Attributive Adjektive erscheinen üblicherweise in einer → Nomi-nalgruppe vor dem Nomen und erhalten im Zusammenspiel der gesamten Nominalgruppe eine Deklinationsendung (→ Nomi-

(1) das weite Land

(2) der verlorene Schlüssel

(3) das winkende Kind

(4) Weit war das Land.

(5) Der Zaun ist frisch gestrichen.

(6) Weit erstreckte sich das Land.

(7) Heinz reagierte beherrscht.

(8) Winkend stand das Kind am Zaun.

Adjektive sind von manchen → Adverbien und auch von man-chen Artikeln (→ Pronomen und Artikel) schwierig abzugrenzen.

Während die meisten Adjektive attributiv gebraucht werden können, gilt dies nicht für Adver-bien, die nicht deklinationsfähig sind:

der häufige Besuch

*der ofte Besuch → oft ist kein Adjektiv.

der eventuelle Besuch

*der vielleichte Besuch → viel-

Weiterführendes

Zu substantivierten Adjektiven siehe → syntak-tisches Wort.

Nicht bzw. nur eingeschränkt komparierbar sind u.a. Zahl- und einige Farbadjektive (drei, lila), Adjektive, die eine nicht graduelle Eigen-schaft bezeichnen (stumm, ledig, viereckig), und Adjektive, die bereits ein Höchstmaß oder eine Einzigartigkeit ausdrücken (maximal, op-timal, ideal).

Zum Randbereich der Adjektive gehören Ein-heiten, die nur prädikativ verwendet werden wie quitt, pleite oder untertan.

Terminus

Andere

gebräuchliche Termini

Definition Erläuterung Beispiele Problemlöseverfahren Kommentare

nalgruppenflexion). Dabei stim-men alle Mitglieder der Nomi-nalgruppe in → Kasus, → Nume-rus und → Genus überein. Nur wenige Adjektive wie rosa und li-la erscheinen ohne Endung.

leicht ist kein Adjektiv.

2.3.3.1

schwache Dekli-nation

Es gibt zwei schwache Adjekti-vendungen: -e und -en.

Attributive Adjektive werden in einer Nominalgruppe schwach dekliniert, wenn ein anderes Mitglied die starke Deklinations-endung trägt.

Die Unterscheidung von schwa-cher und starker Deklination ist in der Nominalgruppe etwas völ-lig anderes als beim Verb.

Die Adjektivdeklination ist den Prinzipien der → Nominalgrup-penflexion untergeordnet.

Mit schwacher Endung erschei-nen in der → Nominalgruppe nur attributive Adjektive (1–2) sowie Substantivierungen (3) (siehe → Konversion).

(1a) der große Baum

(1b) mit einem lauten Knall

(1c) trotz der lauten Musik

(2) alle schönen Dinge

(3a) alles Schöne

(3b) alle Anwesenden

Weiterführendes

Die Formen der beiden schwachen Endungen gibt es auch als starke Endungen. Insofern sieht man den Endungen nicht an, ob sie als schwache gelten. Man muss im folgenden Bei-spiel die starke Endung im Begleiter ihren er-kennen, um die Endung in großen als schwache zu identifizieren:

durch ihren großen Fleiß; analog dazu: mit ei-nem großen Knall (stark wäre die äußerlich gleiche Endung im folgenden Beispiel: durch großen Fleiß; analog dazu: mit großem Knall)

2.3.3.2

starke Deklinati-on

-er, -en, -em, -es, -e

Attributive Adjektive tragen die starke Deklinationsendung, wenn sie nicht an einer anderen Einheit der Nominalgruppe sichtbar wird.

Die Adjektivdeklination ist den Prinzipien der → Nominalgrup-penflexion untergeordnet.

Mit gleichlautenden Endungen erscheinen in der → Nominal-gruppe üblicherweise die Artikel (→ Pronomen und Artikel), im Genitiv auch die Nomen.

(1a) ein großer Baum

(1b) mit lautem Knall

(1c) trotz lauter Musik

(2) schöne Dinge

(3a) etwas Schönes

(3b) viele Anwesende

3

Adverb

Das Adverb ist nicht flektierbar und wird fast ausschließlich ad-verbial verwendet.

Im Deutschen gibt es folgende semantische Subklassen:

lokal (1) mit Subklasse direkti-onal (Angabe der Richtung, 2)

temporal (3) mit Subklasse du-rativ (Angabe der Dauer, 4) und Frequenz (Angabe der Häufigkeit, 5)

final (6)

instrumental (Angabe des Mit-tels oder Instruments, 7)

kausal (8)

Modifikativ (Angabe der Art und Weise, 9)

(Zum → Modalwort siehe dort.)

Einige Adverbien sind attributiv verwendbar (10).

Nur wenige Adverbien sind kom-parierbar (11, 12).

Eine Untergruppe von Adverbien

(1) Hier wohnt sie.

(2) Sie fährt dorthin.

(3) Heute arbeitet sie.

(4) Sie fährt lange.

(5) Sie schreibt immer.

(6) Dafür tut sie es.

(7) Damit schreibt man.

(8) Deshalb schreibt sie.

(9) Sie arbeitet gerne.

(10) Das schrittweise Vorgehen der Mitarbeiter erwies sich als klug.

(11) Wir sollten uns öfter treffen.

(12) Zu Hause fühlen wir uns am wohlsten.

Von den → Partikeln unterschei-den sich Adverbien dadurch, dass diese im Gegensatz zu jenen al-lein vorfeldfähig sind:

(13) Gern/manchmal/dort liest sie die Zeitung. (Adverb)

(13’) *Wohl/doch/ja liest sie Zei-tung. (Partikel)

Dies kann durch die Umstellpro-be ermittelt werden.

Zur Abgrenzung vom → Mo-dalwort siehe dort.

Abgrenzung Adverbien vs. → Verbpartikeln (Sie fährt dorthin vs. Sie fährt weg): Adverbien sind im Gegensatz zu Verbpartikeln im Satz frei beweglich und para-phrasierbar:

(2) Sie fährt dorthin.

Terminus

Andere

gebräuchliche Termini

Definition Erläuterung Beispiele Problemlöseverfahren Kommentare

bilden die sogenannten Präposi-tional- bzw. Pronominaladverbi-en (3, 5). Dabei handelt es sich um Verschmelzungen aus Adverb und Präposition (deshalb ‚Präpo-sitionaladverb’), die Stellvertre-terfunktion haben (deshalb ‚Pro-nominaladverb’).

Eine weitere Untergruppe bilden die sogenannten Konjunktional-adverbien (6). Konjunktionalad-verbien verbinden zwei Sätze miteinander. Sie stehen dabei im → Vorfeld oder → Mittelfeld des jeweils nachfolgenden Satzes.

(2’) Sie fährt nach Karlsruhe.

4

Partikeln

4.1

Abtönungsparti-kel

Modalpartikel Abtönungspartikeln verweisen auf eine sprecherbasierte Ein-ordnung der Aussage in den kommunikativen Zusammen-hang.

Die Einordnung in den kommuni-kativen Zusammenhang kann die Beziehung der Gesprächspartner zueinander sowie die argumenta-tive und emotionale Bedeutung des Gesagten betreffen.

Abtönungspartikeln sind nicht flektierbare → Wörter (1–5), zu denen es oft gleichlautende Wör-ter in anderen → Wortarten gibt (1a–5a).

(1) Du bist eben eine Frau.

(1a) Eben ist er hinausgegangen. → Adverb

(2) Wie sieht’s hier denn aus?

(2a) Sie gingen nach Hause, denn es war schon spät. → Konjunktor

(3) Ich habe dir das doch gesagt.

(3a) Sie wollte ins Zimmer, doch sie hatte den Schlüssel vergessen. → Konjunktor

(4) Das steht ja im Grundgesetz.

(4a) Steht das im Grundgesetz? Ja. → Antwortpartikel

(5) Hast du etwa Angst?

(5a) Wir brauchen etwa drei Kilo Zucker. → Fokuspartikel

Abtönungspartikeln stehen im → Mittelfeld, d.h. sie können nicht allein ins → Vorfeld verschoben werden.

(1’) *Eben bist du eine Frau.

(4’) *Ja das steht im Grundge-setz.

Abtönungspartikeln kann man nicht erfragen.

(1’’) Wie bist du eine Frau? Eben.

Dagegen:

(1a’’) Wann ist er herausgegan-gen? Eben.

Im Gegensatz zu → Fokus- und → Intensitätspartikeln sind Abtö-nungspartikeln nicht Bestandteil eines anderen → Satzgliedes und deshalb nicht gemeinsam mit ei-nem anderen Satzglied ver-schiebbar.

(5’) *Etwa Angst hast du?

(5a’) Etwa drei Kilo brauchen wir.

Weiterführendes

Abtönungspartikeln werden auf funktionaler Ebene als → Kommentarglieder bestimmt.

Abtönungspartikeln treten manchmal auch kombiniert auf:

(6) Du hast ja wohl nicht alle Tassen im Schrank?

4.2

Fokuspartikel

Gradpartikel

Rangierpartikel

Fokuspartikeln beziehen sich auf ein bestimmtes Element im Satz und verknüpfen dieses mit einer Vorannahme.

Nicht versprachlichte Vorannah-men in den Beispielen rechts:

(1) Keine Person außer Christine hat Peter gratuliert. Ich hätte das auch von anderen Personen er-wartet.

(2) Sie ist Äpfel gerne.

(1) Nur Christine hat Peter zum Geburtstag gratuliert.

(2) Sie isst ausschließlich grüne Äpfel gerne.

(3) Sie hat sogar gesungen.

(4) Sogar nach ihrer langen Krankheit war sie wieder erfolg-

Die Fokuspartikeln beziehen sich nicht auf den gesamten Satz, sondern nur auf ein Bezugsglied innerhalb des Satzes. Deshalb sind sie nur mit dem Bezugsglied verschiebbar und substituierbar.

(1’) Peter hat nur Christine zum

Weiterführendes

Obwohl Fokuspartikeln Gliedteile und keine ei-genständigen → Konstituenten sind, können sie nicht als → Attribute betrachtet werden, da für sie nicht gilt, dass sie den Geltungsbereich des Bezugselements einschränken, sondern das Bezugselement vielmehr spezifizierend o-

Terminus

Andere

gebräuchliche Termini

Definition Erläuterung Beispiele Problemlöseverfahren Kommentare

(3) Man hätte nicht erwartet, dass sie singen würde.

(4) Es war nicht zu erwarten, dass man nach einer solchen langen Krankheit wieder erfolgreich sein kann.

Fokuspartikeln nehmen immer Bezug auf ein bestimmtes Ele-ment im Satz. In ihrem Bezug sind sie syntaktisch flexibel, da der Bezug semantisch motiviert ist:

In (1) bezieht sich nur auf ein Substantiv. In (2) bezieht sich ausschließlich auf ein Adjektiv. In (3) bezieht sich sogar auf ein Vollverb. In (4) bezieht sich sogar auf eine Präpositionalgruppe.

reich. Geburtstag gratuliert.

(2’) Ausschließlich grüne Äpfel ist sie gerne.

der kontrastierend mit einer Vorannahme ver-knüpfen.

Da Fokuspartikeln somit den Geltungsgrad ei-ner Aussage näher charakterisieren, kann ihre Funktion im Satz als eine → Kommentarglied-funktion beschrieben werden.

4.3

Intensitätsparti-kel

Gradpartikel

Steigerungs-partikel

Intensitätspartikeln bestimmen den Grad der durch ein → Adjek-tiv bezeichneten Eigenschaft.

Intensitätspartikeln können eine Eigenschaft verstärken (1) oder abschwächen (2). Die Abschwä-chung kann sich auch auf eine durch ein Adjektiv bezeichnete Menge beziehen (3).

(1) Das Konzert war sehr/besonders/voll/irre gut.

(2) Das Konzert war einigerma-ßen/ziemlich/etwas gut.

(3) Wir brauchen etwa drei Kilo Zucker.

Verstärkende Intensitätspartikeln sind immer durch sehr, abschwä-chende durch nicht sehr ersetz-bar.

Weiterführendes

Intensitätspartikeln können sich auch auf eini-ge → Adverbien und → Verben beziehen:

(4) So allein hat er sich lange nicht gefühlt.

(5) Peter hat sehr getrauert.

4.4

Negationspartikel

Die Negationspartikel negiert den Satz oder Teile des Satzes.

Die Negationspartikel bezieht sich entweder auf den ganzen → Satz (1) oder wie die Fokusparti-keln auf beliebige andere Ele-mente des Satzes (2).

Der Terminus ‚Negationspartikel’ umfasst ausschließlich das Lexem nicht.

(1) Ich lade ihn nicht ein.

(2) Nimm dir etwas zum Kaffee, aber nimm nicht das größte Stück Torte.

Anders als Negation ausdrücken-de → Adverbien kann nicht ge-wöhnlich nicht im → Vorfeld ste-hen.

(1’) *Nicht lade ich ihn ein.

(3) Keinesfalls lade ich ihn ein.

Weiterführendes

Negation kann auf vielfältige Weise ausge-drückt werden, unter anderem durch be-stimmte → Adverbien (3) und bestimmte → Indefinita (4):

(4) Auf dem Tisch steht keine Vase.

Zum Erzielen bestimmter stilistischer Effekte (zum Beispiel in literarischen Texten) kann die Negationspartikel auch im Vorfeld stehen:

(5) Nicht errettet den göttlichen Held die un-sterbliche Mutter (Schiller: Nänie)

4.5

Antwortpartikel

Responsiv Antwortpartikeln bringen als Antworten auf Entscheidungs-fragen reine Bestätigung oder Ablehnung zum Ausdruck.

(1) Willst du Selma (nicht) zum Geburtstag einladen?

(1a) Ja

(1b) Nein

(1c) Doch

Antwortpartikeln sind Satzäqui-valente. Das bedeutet, dass sie durch ganze Sätze ersetzt wer-den (1a,b’): Ich will Selma (nicht) zum Geburtstag einladen.

Weiterführendes

Ja oder Nein können auch durch andere Wör-ter ersetzt werden, bspw. durch → Modalwör-ter:

(1c) Vielleicht.

(1d) Wahrscheinlich.

4.6

Gesprächspartikel

Gesprächswort

Gesprächswörter dienen der Or-ganisation von gesprochener Sprache.

Mit Gesprächswörtern können sowohl der

Sprecherwechsel als auch inter-

(1) Naja, ich sehe das anders.

(2) Du siehst das doch genauso, oder?

Gesprächswörter stehen in der Regel außerhalb der → Felder-struktur.

Andere Meinungen

Manche Grammatiken ordnen die Gesprächs-partikeln den → Interjektionen zu.

Terminus

Andere

gebräuchliche Termini

Definition Erläuterung Beispiele Problemlöseverfahren Kommentare

Dialogpartikel aktive und inhaltliche Aspekte von Gesprächen organisiert wer-den.

(3) Hallo, hörst du mir noch zu?

(4) Ähm ich habe drei äh vier Mandarinen.

4.7

Modalwort

Kommentar-adverb

Satzadverb

Modalpartikel

Modalwörter bringen die subjek-tive Einschätzung des Sachver-halts durch den Sprecher zum Ausdruck.

Der Inhalt der Einschätzung kann einerseits den Grad der Wahr-scheinlichkeit betreffen (1), an-dererseits die persönliche, emo-tionale Haltung (2).

(1) Selma lädt ihn vermut-lich/wahrscheinlich/vielleicht zu ihrem Geburtstag ein.

(2) Selma lädt ihn lei-der/hoffentlich/ dummerweise zu ihrem Geburtstag ein.

Modalwörter können ins → Vor-feld verschoben werden:

(1a) Vermutlich/leider lädt Sel-ma ihn zum Geburtstag ein.

Modalwörter können Antworten auf Entscheidungsfragen bilden.

(3) Lädt Selma ihn zum Geburts-tag ein? Hoffentlich / Wahr-scheinlich.

Weiterführendes

Modalwörter werden auf funktionaler Ebene als → Kommentarglieder bestimmt. Sie charak-terisieren den Geltungsgrad einer Äußerung oder kommentieren diese aus der Perspektive des Sprechers.

5

Interjektion

Interjektionen sind selbständige Einheiten mit emotionaler Funk-tion.

Interjektionen können u.a. die folgenden Gefühle ausdrücken:

Freude (1)

Ekel (2)

Schmerz (3)

Spott (4)

Verwunderung (5)

(1) hurra, jippie, super

(2) pfui, äh

(3) aua, ah

(4) ätsch, haha

(5) ach, ah, nanu

Als selbständige Einheiten sind Interjektionen nicht Bestandteil einer → Felderstruktur.

Grenzfälle

Nicht immer ist eine eindeutige Zuordnung ei-ner Emotion möglich. Zum Beispiel kann ach neben Verwunderung auch Bedauern, Schmerz oder einen plötzlichen Einfall signalisieren. Ei-ne eindeutige Zuordnung ist auch nicht not-wendig. Die Aufzählung der Möglichkeiten in der Erläuterungs- und Beispielspalte soll ledig-lich das breite Spektrum illustrieren.

Andere Meinungen

Manche Grammatiken zählen zu den Interjek-tionen auch die → Gesprächspartikeln.

6

Junktor

Wörter mit verknüpfender Funk-tion.

Als verknüpfte Elemente kom-men in Frage:

→ Sätze (1, 2)

→ Teilsätze (3, 4)

→ Wortgruppen (5)

→ Wörter (6)

Teile von Wörtern (7)

Die → Konjunktoren verknüpfen gleichrangige Elemente (1, 5–7). Diese Funktion können auch be-stimmte Adverbien übernehmen (2) (→ Adverb: Konjunktionalad-verb).

Die → Subjunktoren (3, 4) ord-nen einen → Teilsatz einem an-deren unter.

Die → Adjunktoren (8, 9) haben zuweisenden Charakter, sie die-nen dem Vergleich oder der Identifizierung.

(1) Ich gehe jetzt nach Hause und mache mir einen Kaffee.

(2) Frieda ist müde, deshalb geht sie nach Hause.

(3) Wenn der Zug pünktlich kommt, erreiche ich den An-schluss.

(4) An den Löchern in der Straße sieht man, dass die Haushaltsla-ge mies ist.

(5) Chinesische Teeschalen und bayrische Maßkrüge sollten nicht gemeinsam in einer Vitrine ste-hen.

(6) Regenschirme und Highheels sind als Mordwaffen geeignet.

(7) Regenschirme und Highheels sind als Mordwaffen und –werkzeuge geeignet.

(8) Der Igel rennt nicht so schnell wie der Hase.

(9) Als Direktor kann Meier sich

Siehe einzelne Junktoren Weiterführendes

Viele Junktoren verknüpfen die jeweiligen Elemente nicht nur grammatisch, sondern sa-gen gleichzeitig etwas über die inhaltliche Art der Beziehung aus. So werden mit und einfach mehrere Elemente additiv aneinander gereiht, aber dagegen drückt einen Gegensatz aus und denn eine Begründung.

Aus der Art der semantischen Relation kann nicht auf die Art der grammatischen Verknüp-fung geschlossen werden. So kann bspw. die kausale Relation durch Subjunktoren (10), Kon-junktoren (11) und Adverbien mit Verknüp-fungsfunktion (12) ausgedrückt werden.

(10) Lea geht nicht zur Schule, weil sie krank ist.

(11) Lea geht nicht zur Schule, denn sie ist krank.

(12) Lea ist krank. Deshalb geht sie nicht zur Schule.

Nur die Verknüpfung mit einem Subjunktor ist eine hierarchische Verknüpfung von → Haupt-

Terminus

Andere

gebräuchliche Termini

Definition Erläuterung Beispiele Problemlöseverfahren Kommentare

das leisten. und → Nebensatz. (Der Nebensatz ist erkenn-bar an der Endstellung des finiten Verbs.) Kon-junktoren und Adverbien mit Verknüpfungs-funktion dagegen verknüpfen stets gleichran-gige Elemente, in (11) und (12) also zwei Hauptsätze.

Nicht immer wird eine inhaltliche Beziehung durch Junktoren ausgedrückt, sie kann auch implizit sein:

(13) Lea geht nicht zur Schule. Sie ist krank.

6.1

Konjunktor

Konjunktion Konjunktoren verknüpfen gleich-rangige Elemente.

Als verknüpfte Elemente kom-men in Frage:

→ Sätze (1, 2)

→ Wortgruppen (3)

→ Wörter (4)

Teile von Wörtern (5)

Als Konjunktoren kommen neben kopulativen Konjunktoren (1–5) auch solche in Frage, die eine Al-ternative (6), einen Gegensatz (7) oder eine Begründung (8) aus-drücken.

(1) Ich gehe jetzt nach Hause und mache mir einen Kaffee.

(2) Dass es regnet und dass es kalt ist, spricht nicht gerade für den Klimawandel.

(3) Chinesische Teeschalen und bayrische Maßkrüge sollten nicht gemeinsam in einer Vitrine ste-hen.

(4) Regenschirme und Highheels sind als Mordwaffen geeignet.

(5) Regenschirme und Highheels sind als Mordwaffen und –werkzeuge geeignet.

(6) Wir gehen ins Kino oder in die Disco.

(7) Sie wartet stundenlang, aber Peter kommt nicht wieder.

(8) Frieda geht nach Hause, denn sie ist müde.

Konjunktoren gliedern sich bei Satzverknüpfungen nicht in die → Felderstruktur ein. Sie stehen zwischen den Felderstrukturen der beiden Sätze, die sie ver-knüpfen.

Weiterführendes

Sowohl Konjunktoren als auch → Adjunktoren verknüpfen Gleichrangiges. Mit Konjunktoren wird dabei eine Reihung vorgenommen.

Neben solchen Konjunktoren, die aufgrund ih-res Wortcharakters dieser Wortart zugeordnet werden können, gibt es auch paarige Konjunk-toren:

(9) Weder Frieda noch Selma färbt sich die Haare.

(10) Sowohl Frieda als auch Selma tragen Ohr-ringe.

(11) Am Wochenende soll es nicht nur regnen, sondern auch schneien.

6.2

Subjunktor

Subjunktion Subjunktoren ordnen einen → Teilsatz einem anderen Teilsatz unter.

Viele Subjunktoren drücken eine Inhaltsrelation aus (1–4). Sie können aber auch neutral sein (5–6).

(1) Frieda geht nach Hause, weil sie müde ist. → kausal

(2) Wir treffen uns, um über das Problem zu diskutieren. → final

(3) Nachdem der erste Schnee gefallen war, rannten alle Kinder zum Rodelberg. → temporal

(4) Wenn der Zug pünktlich kommt, erreiche ich den An-schluss. → konditional

(5) An den Löchern in der Straße sieht man, dass die Haushaltsla-ge mies ist.

(6) Ich frage mich, ob nächstes Jahr die Turnhalle gebaut wird.

Alle Subjunktoren treten in Ver-bindung mit Verbendstellung auf. Elemente mit ähnlicher Seman-tik, aber anderem Stellungsver-halten sind keine Subjunktoren:

(7) Frieda geht nach Hause, denn sie ist müde.

Weiterführendes

Mit ‚neutral‘ ist in Bezug auf die Subjunktoren dass und ob gemeint, dass sie keine Inhaltsre-lation ausdrücken.

Ein Unterschied zwischen dass und ob besteht darin, dass ob interrogativ ist.

Wenn als die Bedeutung von als ob oder wie wenn hat, folgt das finite Verb unmittelbar:

(8) Sie benahm sich, als hätte sie Fieber.

(8’) Sie benahm sich, als ob / wie wenn sie Fie-ber hätte.

Zu den Subjunktoren kann man auch bestimm-te Einleitungen von Infinitivkonstruktionen rechnen:

(9) Statt das Geschirr abzuwaschen, schaute er fern.

(10) Um in der Dämmerung nicht aufzufallen,

Terminus

Andere

gebräuchliche Termini

Definition Erläuterung Beispiele Problemlöseverfahren Kommentare

kleidete er sich grau.

(11) Sie zog los, ohne das Portemonnaie einge-packt zu haben.

6.3

Adjunktor

vergleichende Konjunktion

Adjunktoren sind die Elemente als und wie, wenn sie verglei-chende oder identifizierende Funktion haben.

Adjunktoren verknüpfen an ein einen Vergleich ausdrückendes Element mit einem Bezugsele-ment an. Das den Vergleich (1–2) oder die Identifizierung (3) aus-drückende Element übernimmt dabei den Kasus vom Bezugsele-ment.

(1) Die Studentin singt schöner als die erfahrene Sängerin.

(2) Der Igel rennt nicht so schnell wie der Hase.

(3) Als Direktor kann Meier sich das leisten.

Weiterführendes

Sowohl → Konjunktoren als auch Adjunktoren verknüpfen Gleichrangiges. Mit Adjunktoren wird dabei eine identifizierende oder verglei-chende Zuordnung vorgenommen.

Zu den Adjunktoren kann man auch Wortfor-men wie statt, anstatt, außer zählen, wenn sie keinen Kasus regieren:

(4) Er wählte den Film statt das Buch.

(5) Hamster sind schläfrig außer in der Nacht.

7

Präposition

Präpositionen regieren → Nomi-nalgruppen, d.h. sie fordern ei-nen → Kasus (→ Rektion).

Viele Präpositionen regieren ei-nen festen Kasus (1–3).

Manche Präpositionen regieren mehr als einen Kasus, ohne dass damit ein Bedeutungsunter-schied verbunden wäre (4–5).

Bei den sogenannten ‚Wechsel-präpositionen’ dagegen geht mit den unterschiedlichen Kasus (Da-tiv und Akkusativ) ein Bedeu-tungsunterschied einher (lokal vs. direktional; 6–7).

Die meisten Präpositionen sind vorangestellt (1–7). Vereinzelt sind Präpositionen auch nachge-stellt (8). Diese können dann prä-zisierend als ‚Postpositionen’ be-zeichnet werden. Schließlich gibt es auch einrahmende Zirkumpo-sitionen (9).

(1) Sie trinkt ihre Limo immer mit einem Strohhalm.

(2) Das Auto fährt gegen den Baum.

(3) Angesichts der hohen Zahl von Arbeitslosen ändert die Re-gierung ihre Strategie.

(4) Wegen des Unfalls/wegen dem Unfall wurde die Straße ge-sperrt.

(5) Während des Früh-stücks/während dem Frühstück liest sie Zeitung.

(6) Das Heft liegt auf dem Tisch. → lokal

(7) Er legt das Heft auf den Tisch. → direktional

(8) Ihrem Bericht zufolge ist die Lage ernst.

(9) Von Beginn an lief alles gut.

Präpositionen treten immer zu-sammen mit der regierten Nomi-nalgruppe auf und sind somit auch nur gemeinsam mit ihr im Satz verschiebbar:

(3’) Die Regierung ändert ihre Strategie angesichts der hohen Zahl von Arbeitslosen.

(3’’) *Angesichts ändert die Re-gierung ihre Strategie der hohen Zahlen von Arbeitslosen.

Präpositionsausdrücke erkennt man daran, dass sie nicht erwei-terbar sind:

(10’) *In meiner Anbetracht der neueren Entwicklungen sollte die Strategie geändert werden.

(12’) *Auf wackeligem Grund der jüngeren Entwicklungen wurde die Strategie geändert.

Weiterführendes

Neben den Präpositionen, die aufgrund ihres Wortcharakters klar als solche identifiziert werden können, gibt es auch Präpositions-ausdrücke, die aus mehreren Wörtern zusam-mengesetzt sind:

(10) In Anbetracht der neueren Entwicklungen sollte die Strategie geändert werden.

(11) Die Sparpläne der Regierung gehen auf Kosten der Bevölkerung.

(12) Auf Grund/aufgrund der jüngeren Ent-wicklungen wurde die Strategie geändert.

(13) Wir konnten das Problem mithilfe der Ge-meinde lösen.

Wenn eine Erweiterung vorgenommen wird, handelt es sich nicht um einen Präpositions-ausdruck, sondern um eine → Präpositional-gruppe:

(13’) Wir konnten das Problem mit der unei-gennützigen Hilfe der Gemeinde lösen.

Wenn Präpositionen mit → Adjektiven oder → Adverb gebraucht werden, fordern sie keinen Kasus:

(13) Man hält sie für ehrlich.

(14) Seit gestern scheint die Sonne.