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Themen zur Tierernährung Fachtagung 2008/2009 Bewertung von Futtermitteln & Milchviehrationen anhand von NDF, ADF und NFC Josef Menge Deutsche Vilomix Tierernährung GmbH 1. Einleitung Um das Leistungsvermögen der Milchkühe als Folge des Zuchtfortschritts unter Berück- sichtigung einer wiederkäuergerechten Fütterung nutzen zu können, ist die genaue Kenntnis der Abläufe im Verdauungssystem des Wiederkäuers und der daraus resultierenden Anforderungen unerlässlich. Der Stellenwert einer objektiven Bewertung von Futtermitteln und Milchviehrationen soll hier anhand der Bedeutung der Strukturbewertung von Futtermitteln und Milchvieh- rationen mittels NDF, ADF und NFC aufgezeigt werden. Die Bereitstellung einer angemessenen Strukturversorgung in Milchviehrationen durch angepasste Komponenten- wahl wird durch den Einfluss der Strukturversorgung auf die Gesundheit und Leistungsfähigkeit des Pansens und folglich der Milchkühe unterstrichen. Abbildung 1 zeigt die wichtigsten Einflussbereiche der Strukturversorgung auf. © COPYRIGHT DEUTSCHE VILOMIX TIERERNÄHRUNG GMBH SEITE 1 VON 13 www.Vilomix.com Tel.: 0 54 93 / 98 7 00 Fax: 0 54 93 / 98 7 90 Email: [email protected] ... www.Vilomix.com Bedeutung der Struktur Entscheidend für die Gesundheit und Leistungsfähigkeit des oder akute) Futteraufnahme & -verwertung Lahmheiten/ Klauenerkrankungen Milchleistung & -zusammensetzung Körperverluste & unerklärte Durchfälle Pansens und folglich der Kühe Pansenazidose (subakute [SARA] Abb. 1

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Themen zur Tierernährung Fachtagung 2008/2009

Bewertung von Futtermitteln & Milchviehrationen

anhand von NDF, ADF und NFC

Josef Menge

Deutsche Vilomix Tierernährung GmbH

1. Einleitung

Um das Leistungsvermögen der Milchkühe als Folge des Zuchtfortschritts unter Berück-

sichtigung einer wiederkäuergerechten Fütterung nutzen zu können, ist die genaue

Kenntnis der Abläufe im Verdauungssystem des Wiederkäuers und der daraus

resultierenden Anforderungen unerlässlich.

Der Stellenwert einer objektiven Bewertung von Futtermitteln und Milchviehrationen soll

hier anhand der Bedeutung der Strukturbewertung von Futtermitteln und Milchvieh-

rationen mittels NDF, ADF und NFC aufgezeigt werden. Die Bereitstellung einer

angemessenen Strukturversorgung in Milchviehrationen durch angepasste Komponenten-

wahl wird durch den Einfluss der Strukturversorgung auf die Gesundheit und

Leistungsfähigkeit des Pansens und folglich der Milchkühe unterstrichen. Abbildung 1

zeigt die wichtigsten Einflussbereiche der Strukturversorgung auf.

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Bedeutung der Struktur

Entscheidend für die Gesundheit und Leistungsfähigkeit des

oder akute)

Futteraufnahme & -verwertung

Lahmheiten/ Klauenerkrankungen

Milchleistung & -zusammensetzung

Körperverluste & unerklärte Durchfälle

Pansens und folglich der Kühe

Pansenazidose (subakute [SARA]

Abb. 1

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2. Hintergrund Vormagensystem Wiederkäuer

KASKE (2000) schreibt, dass sich Wiederkäuer im Laufe der Evolution zu Spezialisten für

die Verwertung von minderwertigem Futter entwickelt haben und sich ihre

Verdauungsstrategie im Laufe der Evolution als sehr erfolgreich erwiesen hat. Dies

spiegele sich vor allem darin wider, dass Wiederkäuer nahezu alle Klimazonen der Erde

besiedeln. Wiederkäuer sind in der Lage, Gräser als Futtergrundlage besonders effizient zu

nutzen. Dies ist insofern eine beachtenswerte Leistung, da Gräser aufgrund ihres hohen

Anteils an Gerüstsubstanzen (u. a. Cellulose, Hemicellulose und Lignin) und häufig

geringen Proteingehalten ein minderwertiges Futter darstellen (KASKE 2000). Das

Vormagensystem der Wiederkäuer, insbesondere der Pansen, führt zu wesentlichen

Besonderheiten im Hinblick auf deren Verdauungsphysiologie. Die aufgenommene und

wiedergekaute Nahrung gelangt zunächst in den Pansen und unterliegt dort erheblichen

mikrobiellen Ab- und Umbauprozessen (PÜSCHER & SIMON 1998; VAN SOEST 1994).

Das mikrobielle Ökosystem im Pansen und der Wiederkäuer stellen eine Symbiose dar.

Beide Partner sind auf die Leistungen des Anderen angewiesen. Das Wirtstier, der

Wiederkäuer, sichert den Mikroorganismen eine konstante Körpertemperatur, die

Substratbereitstellung aus aufgenommener Nahrung sowie die Aufrechterhaltung des

Fließgleichgewichtes durch Speichelsekretion, Flüssigkeits- sowie Partikelumsatz. Im

Gegenzug werden dem Wiederkäuer, als Wirtstier, durch die Mikroorganismen und deren

Fermentations- und Syntheseleistungen hochwertige Nährstoffe zur Verfügung gestellt

(BREVES & LEONHARD-MAREK 2000).

Bei den im Pansen stattfindenden Um- und Abbauprozessen fallen eine Reihe von

verschiedenen Produkten an. Hierbei handelt es sich vor allem um die kurzkettigen

Fettsäuren, Acetat, Propionat und Butyrat sowie um die Gärgase Kohlenstoffdioxid (CO2)

und Methan (CH4), welche durch Erruktion ausgeschieden werden können

(ENGELHARDT & BREVES 2000).

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Abbildung 2 zeigt schematisch den Aufbau des Vormagensystems des Wiederkäuers.

Bereits hier wird die Komplexität des Verdauungsapparates der Wiederkäuer deutlich.

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Magensystem

Pansen

Pansen

Netzmagen

LabmagenBlättermagen

Dünndarm

Futter

Speiseröhre

flüssige Phase

gasförmige Phase

modifiziert nach ANONYMUS (2008)

Abb. 2

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Durch das Eutergewebefließen täglich

ca. ...... Ltr. Blutfür die Produktionvon ...... kg Milch

16.000

24.000

N. B.: 40 - 45 Ltr. Blut im Tierkörper; ca. 400 Ltr. Blut je kg Milch

40

30

25TIERERNÄHRUNG GmbH

TIERERNÄHRUNG GmbH

TIERERNÄHRUNG GmbH

30.000

3. Stoffwechselleistungen Wiederkäuer

Unter Berücksichtigung der Stoffwechselleistungen, welche täglich von einer Milchkuh

vollbracht werden, wird schnell deutlich, dass die Fütterung neben einem artgerechten

Haltungssystem wohl der wichtigste Mosaikstein der Milchkuhhaltung ist. Diese enorme

Leistung wird am ehesten durch die Betrachtung der Blutmengen deutlich, welche täglich

durch das Euter fließen müssen, um die gewünschte Milchmenge produzieren zu können.

Um ein kg Milch zu produzieren müssen etwa 400 l Blut durch das Eutergewebe strömen.

Bei einer Milchmenge von ca. 40 kg pro Tag entspricht dies 16.000 l Blut.

Dieser Zusammenhang wird in Abbildung 3 graphisch verdeutlicht.

Abb. 3 Stoffwechselleistung der Wiederkäuer

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Themen zur Tierernährung Fachtagung 2008/2009 4. Einflussfaktoren auf die Strukturversorgung

Zu Beginn einer Laktation finden eine Reihe von schnell ablaufenden Veränderungen für

die Milchkuh statt. Die Futteraufnahme geht vor dem Abkalben auf bis zu 30% des

maximalen Trockenmasseaufnahmevermögens zurück. Um den Bedarf mit Nährstoffen

sicherzustellen, muss die Nährstoffkonzentration in der Ration erhöht werden. Dies geht ab

einem gewissen Punkt nur auf Kosten der Strukturversorgung. Hierdurch steigt die Gefahr

einer Strukturunterversorgung stark an. Dieses Risiko bleibt über den Laktationsverlauf in

Abhängigkeit vom Leistungsniveau mehr oder weniger lange bestehen. Bei hohen

Leistungen länger als bei geringeren Leistungen, abhängig von der Rationsgestaltung.

Abbildung 4 gibt einen Überblick über diese Wechselbeziehungen.

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Bedeutung der Struktur

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Steingaß, Zebeli, 2008

TM-Aufnahme

kg/Tag

1871701531361191028568513417

0

Ener

gie

MJ

NEL

/ Tag

Abb. 4

STEINGAß, ZEBELI (2008)

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Themen zur Tierernährung Fachtagung 2008/2009 5. Definition Struktur

Der Begriff der Struktur wurde bereits mehrfach benutzt ohne hierauf näher einzugehen.

Unter Struktur, besser Futterstruktur, versteht man allgemein eine mechanisch wirksame

Eigenschaft eines Futtermittels. Diese Eigenschaft beruht auf der Partikellänge sowie der

Partikelhärte, beeinflusst durch natürliche und Erntetechnik abhängige Faktoren des

Futtermittels. Diese mechanische Eigenschaft unterstützt die Pansenmotorik und regt die

Wiederkauaktivität der Milchkuh und folglich die Speichelproduktion an. Der entstehende

Speichel puffert die im Pansen gebildeten Säuren in einem gewissen Rahmen ab. Dieser

Abpufferung sind jedoch Grenzen gesetzt (vgl. Abbildung 5).

Eine unzureichende Bereitstellung an strukturiertem Futter und somit eine ungenügende

Aufnahme hat die Absenkung des ruminalen pH-Wertes unter den physiologischen Bereich

zur Folge. Als Folge hieraus kommt es zu einem Rückgang des Milchfettgehaltes, der

Futteraufnahme sowie der Leistung. Als Begleiterkrankungen können Labmagener-

krankungen, Leberschäden, Klauenerkrankungen und Eutererkrankungen auftreten.

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Säure- und Pufferproduktion

120.000

110.000100.000

90.000

80.00070.000

60.000

50.00040.000

RFOM: Pansen fermentierbare organische Substanz (kg/Tag)

meq/Tag

4 6 8 10 12 14 1630.000

Säure ProduktionPuffer Produktion

Shaver, Universitat Wisconsin, Madison (USA)

Abb. 5

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6. Strukturbewertungssysteme

Die Fülle an verschiedenen Systemen (Abbildung 6) zeigt, dass der Strukturbewertung eine

zentrale Rolle in der wiederkäuergerechten Fütterung von Milchkühen zukommt. Sie zeigt

aber auch, dass bisher noch nicht DAS System gefunden werden konnte. Die GfE stellt

2001 in ihren Empfehlungen fest, dass „gegenwärtig kein ausgereiftes System der

Bewertung der Strukturwirksamkeit der Futtermittel vorliegt und die Richtwerte derzeit

nur zur Orientierung herangezogen werden können“. Dieses wurde 2008 durch

STEINGASS und ZEBELI bestätigt. STEINGASS und ZEBELI (2008) stellten fest, dass

z. B. im System der strukturwirksamen Rohfaser (HOFFMANN, 1990) keine

verbindlichen Werte für verschiedene Futtermittel festgelegt zu sein scheinen, so dass es

schwer falle, einheitliche Zahlen anzugeben. Dies wird mit Beispielen belegt.

Nach LOBSIGER (2008) stellt Südekum fest, dass es auch, wenn man nach bestem Wissen

und Gewissen arbeite und die aktuellsten Methoden anwende, nach wie vor erhebliche

Unsicherheiten betreffend der Empfehlungen für eine optimale Fütterungsplanung gebe

und dass der Weg zu einer neuen, standardisierten und amtlich anerkannten Methode in der

Futtermittelbewertung noch weit sei.

Jedes System hat sicherlich eine Reihe von Vorteilen aber auch Nachteile, welche je nach

Rationstyp mehr oder weniger zum Tragen kommen. Hier sind verschiedene Faktoren wie

z. B. das Leistungsniveau der Herde, die zur Verfügung stehenden Rationskomponenten,

die mechanische Bearbeitung der Rationskomponenten oder die Rationszusammenstellung,

um nur einige zu nennen, von Bedeutung.

Eines ist aber allen Systemen gemein. Alle haben das selbe Ziel: möglichst exakte

(dynamische) Simulation der Vorgänge im Tier.

Abb. 6

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Strukturbewertungssysteme

• Rohfasergehalt (1860)• NDF, ADF (NRC 2001)• „Kohlenhydrate“ (XZ, XS, bXS, NDF, ADF,

NFC)• Kau- und Wiederkauzeiten (Piatkowski, 1977)• Kauindex (Noregaard, 1988)• strukturwirksame Rohfaser (Hoffmann, 1990)• physikalisch effektive NDF (Mertens, 1997)• Strukturwert (De Brabander, 1999)

Jedes System hat seine Berechtigung unter den Bedingungen, für die es entwickelt wurde.

FLACHOWSKY et al. stellten 2004 in einer Untersuchung fest, dass Rationen beurteilt

nach dem Strukturwert kritisch zu sehen waren. Unter Berücksichtigung der

strukturwirksamen Rohfaser lagen hierfür allerdings noch keine Anzeichen vor. Diese

Beobachtung ist auf die Ausgangssituationen zurückzuführen, unter denen die jeweiligen

Systeme entstanden sind. Der Strukturwert nach DE BRABANDER (1999) wurde für

maislastige Rationen entwickelt. Das System der strukturwirksamen Rohfaser

(HOFFMANN, 1990) basiert eher auf einer grassilagebetonten Fütterung.

Die Verwendung der peNDF ist für TMR-Rationen mit hohem Konzentratfutteranteil

ausgelegt. Aus diesen unterschiedlichen Ausgangssituationen heraus ergeben sich bei

paralleler Anwendung der verschiedenen Systeme auf eine Ration unterschiedlichen

Ergebnisse.

Abbildung 7 stellt verschiedene Systeme der Futtermittelanalytik nebeneinander. Je jünger

das System, um so feingliedriger ist es aufgebaut. Dies kann helfen, Rationen unter

schwierigen Bedingungen wiederkäuergerecht zu gestalten. Je „schärfer“ eine Ration

gestaltet wird, umso wichtiger ist die genaue Kenntnis der Zusammensetzung der

jeweiligen Rationskomponenten.

Abb. 7

Abb. 6

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Strukturbewertung

modifiziert nach Kirchgeßner, 2008

* durch Differenz errechnet

Rohfaser

N-freieExtrakt-stoffe*

Rohfett

Rohprotein

Rohasche

organischer Rest

Hemi-cellulose*

Zuckerorg. Rest

Stärke

Cellulose* Cellulose*ADL ADL

Hemi-cellulose*

Kohl

enhy

drat

eRohfett

Rohprotein

Rohasche

Rohfett

Rohprotein

Rohasche

NFC

Die Erfahrungen der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass die Streuung der jeweiligen

Nährstoffgehalte bei den in unseren Breitengraden eingesetzten Grundfuttermitteln sehr

groß ist. Diese Streuung ist dem Vegetationsstadium, den klimatischen Rahmenbe-

dingungen während der Ernte, dem Ernte-, Konservierungsverfahren sowie weiteren

Einflussfaktoren zuzuschreiben. Eine Rationsberechnung auf Basis von Durch-

schnittswerten aus Tabellen ist nur eine grobe Orientierung in der wiederkäuergerechten

Fütterung von Milchkühen. Empfehlenswert ist die Untersuchung der eingesetzten

Grundfuttermittel, um sich vor unerwarteten Überraschungen zu schützen.

Bis zu 80 % der organischen Masse eines pflanzlichen Futtermittels bestehen aus

Kohlenhydraten. In der 1860 in Weende bei Göttingen von Henneberg und Stohmann

entwickelten Weender-Analyse werden die Kohlenhydrate in Rohfasern und

stickstofffreie-Extraktstoffe (NfE) unterteilt. Diese Aufteilung erlaubt allerdings keine

detaillierte Aufschlüsselung der unterschiedlichen Kohlenhydrate. Diese Grenzen haben

Henneberg und Stohmann bereits aufgezeigt. Die Rohfaseranalyse bestimmt nicht nur die

Cellulose, sondern auch einen faserigen Rückstand, der je nach Pflanzenart Hemicellulose,

Lignin und pektinartige Substanzen in unterschiedlichen Anteilen enthält. Daher stammt

auch der Begriff Rohfaser. Auch wenn dieses Verfahren die Zellwandbestandteile nur grob

umschreibt, ist diese Methode dennoch in der Tierernährung für die Nährwert-Bestimmung

modifiziert nach KIRCHGEßNER (2008)

Abb. 7

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unerlässlich. In vielen nicht englischsprachigen Ländern findet die Rohfaseranalyse sowohl

in der täglichen Praxis als auch im Futtermittelrecht Anwendung.

Um eine genauere Planung der Fütterung zu ermöglichen, wurden im Laufe der Zeit

weitere Verfahren zur Analyse von Futtermitteln, im Hinblick auf die

Kohlenhydratfraktionen, entwickelt.

Etwa 100 Jahre nach der Entwicklung der Rohfaseranalyse beschrieben VAN SOEST et al.

1967 in den USA eine Methode, welche eine Unterscheidung der Kohlenhydrate in drei

Fraktionen erlaubt. Die Kohlenhydrate werden dabei dem Zellinhalt (Zucker, Stärke,

organischer Rest, Pektine) sowie der Zellwand (Hemicellulose, Cellulose, Lignin)

zugeteilt. Der analysierte Wert NDF (Neutral Detergent Fiber = in neutralen Detergentien

unlösliche Fasern) beschreibt dabei die gesamten Zellwände. Der analysierte Wert ADF

(Acid Detergent Fiber = in sauren Detergentien unlösliche Fasern) beschreibt den nur

schwer verdaulichen Teil der Zellwände - Cellulose und Lignin. Die Differenz aus NDF

minus ADF ergibt den besser verdaulichen Hemicelluloseanteil. Ist die Differenz zwischen

NDF und ADF gering, ist das Futtermittel folglich schwer verdaulich. Die verbliebenen

leicht löslichen Zellinhalts-Kohlenhydrate des Futtermittels werden wie bei der Weender-

Analyse als Differenz berechnet und sind in diesem System als NFC (Non-Fiber

Carbohydrates) bezeichnet.

Sowohl bei der Rohfaseranalyse als auch bei der Analyse auf NDF und ADF summieren

sich Analysen- und Methodenfehler in den NfE bzw. in den NFC. Mit weiteren zusätz-

lichen Analysemethoden können auch diese Bestandteile (Stärke, Zucker, organischer

Rest, Pektine) der Differenzfraktionen (NfE bzw. NFC) bestimmt werden.

Sowohl die in Deutschland gebräuchliche Rohfaser als auch die aus den USA stammende

NDF/ ADF Bewertung von Futtermitteln stellt lediglich eine chemische Umschreibung der

Futtermittel dar und sagt nichts über den Strukturwert aus. MAHLKOW-NERGE (1999)

stellte fest, dass ein Austausch der bewährten Maßstäbe durch die NDF für die

Rationsberechnung derzeit (1999) keine größere Genauigkeit zu bringen scheine. Dieser

Auffassung kann auch heute, 10 Jahre später, noch gefolgt werden. Zwischen der Rohfaser

und der NDF/ ADF besteht ein enger Zusammenhang (MAHLKOW-NERGE, 1999).

Eine Weiterentwicklung der Bewertung von Futtermitteln und Milchviehrationen anhand

von NDF/ ADF ist die physikalisch effektive NDF (peNDF). Dieses System wurde durch

MERTENS (1997, 2000) vorgestellt. In diesem System wird der chemisch analysierte

NDF-Gehalt mit der Herkunft (Futtermittel) und der physikalischen Eigenschaft der Faser

(der Partikellänge) des Futtermittels verknüpft. Ähnlich wie bei der strukturwirksamen

Rohfaser von HOFFMANN, wird ein Effektivitätsfaktor berücksichtigt, der in erster Linie

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auf der Partikellänge beruht und aufgrund von Untersuchungen zur Kauaktivität unter

Berücksichtigung des Milchfettgehaltes und des Pansen-pH-Wertes hergeleitet wurde.

Ein Vorteil dieses Systems stellt der direkte Bezug zur NDF und die Berücksichtigung der

Partikellänge dar. Diese wurde in den anderen Ansätzen nur z. T. berücksichtigt. Da das

Ausmaß und die Geschwindigkeit der ruminalen Fermentierbarkeit der Futtermittel keinen

Eingang fand, ist es umstritten, ob das System der peNDF einen Fortschritt zu den anderen

Systemen darstellt (DLG, 2001; NRC 2001).

STEINGASS und ZEBELI (2008) führen aus, dass mit der zunächst dilletantisch

erscheinenden Methode der Ermittlung der peNDF mittels „Schüttelbox“, erstaunlich gut

reproduzierbare Ergebnisse zu ermitteln seien. Hierbei wird die Siebfraktion > 1,18 mm

bestimmt und mit dem NDF Gehalt des Futtermittels bzw. Ration verrechnet.

Aus Abbildung 8 wird ersichtlich, welche weiteren Faktoren neben der Struktur den

Pansen-pH beeinflussen und bei der Berechnung von Milchviehrationen berücksichtigt

werden müssen, um eine wiederkäuergerechte Fütterung der Milchkühe sicherzustellen.

Sowohl Stärke als auch Zucker sind für eine detaillierte Bewertung von Milchviehrationen

unentbehrlich. Diese sind maßgeblich an der Gesamt-Säureproduktion im Pansen beteiligt.

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Fazit

Man kann festhalten, dass NDF, ADF und NFC keine zwingend notwendigen Werte für

die Beurteilung von Futtermitteln und Milchviehrationen darstellen.

Gemessen an der Bedeutung, die eine ausreichende Strukturversorgung in der Fütterung

von Milchkühen einnimmt, sind wie bereits bei den genannten Autoren beschrieben, die

zur Verfügung stehenden, in der Praxis zurzeit angewandten Systeme nur bedingt

aussagekräftig. Weder die Rohfaser (HENNEBERG, STOHMANN 1860), die NDF/ ADF

(VAN SOEST, 1963, 1967, 1982, 1987; NRC, 2001), die strukturwirksame Rohfaser

(HOFFMANN 1990), der Strukturwert (DE BRABANDER, 1999, 2002) noch die peNDF

(MERTENS, 1997, 2000) liefern Ergebnisse, die von ihrer Aussagekraft als optimal

bezeichnet werden können. ZEBELI et al. (2008) sehen den pH-Wert im Pansen als

zentrale Größe einer sicheren Charakterisierung der Strukturversorgung für Wiederkäuer.

Dies wurde durch STEINGASS und ZEBELI (2008) genutzt, um das System der peNDF

(MERTENS, 1997, 2000) zu bewerten, welches jedoch in der Praxis einer umfangreichen

Überprüfung unterzogen werden muss.

Unter Berücksichtigung der wiederkäuergerechten Versorgung der Milchkühe mit Stärke,

beständiger Stärke, Zucker sowie einer korrekten Strukturbeurteilung, unabhängig vom

angewandten System, können hervorragende Rationen zusammengestellt werden. Hierfür

ist die Berücksichtigung und Einhaltung von den bekannten Eckwerten der jeweiligen

Bewertungssysteme unerlässlich.

Literaturangaben sind beim Autor erhältlich.

Josef Menge

Deutsche Vilomix Tierernährung GmbH; Bahnhofstr. 30; 49434 Neuenkirchen-Vörden

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Auszug aus der anschließenden Diskussion mit dem Autor:

Frage 1: Wenn man für eine Ration alle Strukturdaten/Bewertungssysteme anwendet, ist

die Ration dann in allen Bewertungssystemen gleich gut?

Antwort: Es gibt Ausreißer. Manche Bewertungssysteme sind mehr für grassilagelastige

Rationen, andere mehr für maissilagelastige Rationen geeignet. Ein Berater muss

sich auf ein Bewertungssystem festlegen.

Frage 2: Kann eine Messung von Blutparametern und Speichel auch etwas über die

Versorgung aussagen?

Antwort: Blut, Harn und Milchdaten können weiterhelfen.

Frage 3: Können elektrische Systeme, die die Wiederkauaktivität messen, hilfreich sein?

Antwort: Diese Systeme sind noch in der Evaluierung. Im täglichen Gebrauch sind die

Systeme überflüssig. Sie sind eher für Versuchsbetriebe geeignet.

Frage 4: Inwiefern kann man vom Pansen pH Rückschlüsse auf Harn-pH und Milch-pH

schließen?

Antwort: Die genauen Zusammenhänge kenne ich nicht. Der Pansen pH ist ein Maß für

die Gesundheit des Pansens, das unter Praxisbedingungen allerdings nicht

anwendbar ist. Aus den USA gibt es Ansätze, aus der Ration den Pansen pH zu

berechnen.

Frage 5: Wie gut ist die Reproduzierbarkeit der Analyse von NDF, ADF?

Antwort: Wir haben eine gute Standardisierung über unsere Labore. Bei NDF und ADF ist

die Wiederholbarkeit der Analyse gegeben. Es sei denn, man gibt die Proben in

die Niederlande oder die USA. Dort gibt es teilweise andere Vorgehensweisen.

Eine wichtige Frage bei den Analysen ist, ob der Sandgehalt berücksichtigt wird.

Dieser kann bei Grassilagen sehr stark schwanken.

Bei der NIR muss die Kalibrierung ständig überprüft werden. Sie ist ein

Schnellverfahren. Am genauesten sind die nass-chemischen Verfahren.