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© Handelsblatt GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Zum Erwerb weitergehender Rechte wenden Sie sich bitte an [email protected]. HANDELSBLATT-THEMA 2| * MITTWOCH, 1. JULI 2009 | NR. 123 T ag für Tag exklusive Wirt- schaftsinformationen aus aller Welt zu beschaffen, wie Sie es vom Handelsblatt ge- wohnt sind, erfordert einen hohen Aufwand. Das Handels- blatt gehört zu den ganz weni- gen Wirtschaftsmedien in Europa, die mit eigenen Kor- respondenten in allen wichti- gen Industrienationen und Schwellenländern vertreten sind. Ob aus New York oder Peking, aus London oder Mai- land, aus Dubai oder Neu-De- lhi: Sie können sich als Leser des Handelsblatts darauf ver- lassen, keine austauschbaren Informationen aus zweiter Hand zu erhalten, die ledig- lich aus den Berichten von Nachrichtenagenturen zu- sammengeschrieben werden. Unsere Auslandskorrespon- denten arbeiten eng mit den Fachreportern des Handels- blatts im Inland zusammen, um wichtige Unternehmens- nachrichten allseitig zu be- leuchten und tiefer zu analy- sieren. A uch sonst bietet Ihnen das Handelsblatt exklu- sive Inhalte und Werkzeuge, die Sie nirgends sonst finden: Seit einigen Wochen veröf- fentlichen wir zusätzlich zu unserer renommierten Öko- nomie-Seite die neue Seite „Betriebswirtschaft und Fi- nanzen“. Unser wissenschaft- liches Ranking der Betriebs- wirtschaftsprofessoren gilt schon jetzt als einzigartig im deutschsprachigen Raum. Un- ser konjunktureller Frühindi- kator, den wir in Kooperation mit Barclays Capital einge- führt haben, bewährt sich als Prognoseinstrument gerade in der gegenwärtigen Krise. Bewährte Instrumente wie unseren Handelsblatt-Fir- mencheck, eine verglei- chende Bilanzanalyse der wichtigsten Konzerne, bauen wir aus. Der große Aufwand hat lei- der auch seinen Preis. Wir bit- ten Sie um Verständnis, dass wir den Einzelverkaufspreis des Handelsblatts zum 1. Juli auf 2,10 Euro erhöhen müs- sen. Der Monatspreis für ein Abonnement des Handels- blatts steigt auf 43,90 Euro. Sie können sich darauf verlas- sen, dass Deutschlands Wirt- schafts- und Finanzzeitung auch künftig ihr Geld wert sein wird. Bernd Ziesemer Chefredakteur Handelsblatt Für Laien klingt es wie eine unnö- tige Doppelung, doch im gestrigen Lissabon-Urteil des Bundesverfas- sungsgerichts ist die sogenannte Kompetenz-Kompetenz von zen- traler Bedeutung. Dort heißt es: „Das Grundgesetz ermächtigt die deutschen Staatsorgane nicht, Ho- heitsrechte derart zu übertragen, dass aus ihrer Ausübung heraus ei- genständig weitere Zuständigkei- ten begründet werden können. Es untersagt die Übertragung der Kompetenz-Kompetenz.“ Das heißt im Klartext: Brüssel kann nicht autonom – also ohne Zustim- mung der Nationalparlamente – be- stimmen, was es tun und regeln darf. Diesen Grundsatz hatten die Karlsruher Richter schon 1993 in ih- rem Maastricht-Urteil hervorge- hoben, in dem es ebenfalls um die EU-Integration ging. Damals be- fand Karlsruhe ganz auf der jetzi- gen Linie, dass die Übertragung von Hoheitsrechten an die EU nicht so weit gehen dürfe, dass die Bun- destagswahl ihr politisches Ge- wicht verliert. 2005 urteilte der Zweite Senat über den Europäi- schen Haftbefehl – und kassierte den entsprechenden Bundestags- beschluss, weil das Parlament seine Spielräume nicht „in einer grundrechtschonenden Weise“ ge- nutzt habe. Gestern betonten die Richter: „Im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen sind zusätzlich besondere Anforde- rungen an die Regelungen zu stel- len, die einem Mitgliedstaat spe- zielle Rechte im Gesetzgebungsver- fahren einräumen.“ | brc „Der Zweite Senat des Bun- desverfassungsgerichts hat heute entschieden, dass das Zustimmungsgesetz zum Ver- trag von Lissabon mit dem Grundgesetz vereinbar ist.“ „Dagegen verstößt das Ge- setz über die Ausweitung und Stärkung der Rechte des Bun- destages und des Bundesra- tes in Angelegenheiten der Eu- ropäischen Union insoweit ge- gen Art. 38 Abs. 1 ... GG, als Bundestag und Bundesrat im Rahmen von europäischen Rechtssetzungs- und Ver- tragsänderungsverfahren keine hinreichenden Beteili- gungsrechte eingeräumt wurden.“ „Die Ratifikationsurkunde der Bundesrepublik Deutschland zum Vertrag von Lissabon darf so lange nicht hinterlegt werden, wie die von Verfas- sungs wegen erforderliche ge- setzliche Ausgestaltung der parlamentarischen Beteili- gungsrechte nicht in Kraft getreten ist.“ „Die Europäische Union stellt weiterhin einen völkerrecht- lich begründeten Herrschafts- verband dar, der dauerhaft vom Vertragswillen souverän bleibender Staaten getragen wird. Die primäre Integrations- verantwortung liegt in der Hand der für die Völker han- delnden nationalen Verfas- sungsorgane.“ „Das Europäische Parlament ist weder in seiner Zusam- mensetzung noch im europäi- schen Kompetenzgefüge dafür hinreichend gerüstet, re- präsentative und zurechen- bare Mehrheitsentscheidun- gen als einheitliche politische Leitentscheidungen zu tref- fen. Es ist gemessen an staatli- chen Demokratieanforderun- gen nicht gleichheitsgerecht gewählt.“ „Zur Wahrung der Wirksam- keit des Wahlrechts und zur Erhaltung der demokrati- schen Selbstbestimmung ist es nötig, dass das Bundesver- fassungsgericht ... darüber wacht, dass die Gemein- schafts- oder die Unionsge- walt nicht mit ihren Hoheitsak- ten die Verfassungsidentität verletzt und nicht ersichtlich die eingeräumten Kompeten- zen überschreitet.“ „Die europäische Vereinigung ... darf nicht so verwirklicht werden, dass in den Mitglied- staaten kein ausreichender Raum zur politischen Gestal- tung der wirtschaftlichen, kul- turellen und sozialen Lebens- verhältnisse mehr bleibt.“ Liebe Leserinnen und Leser, Chefredakteur Handelsblatt MICHAEL BRACKMANN | DÜSSELDORF THOMAS SIGMUND | BERLIN Hinter Vizepräsident Andreas Voß- kuhle prangt der große Bundesadler aus Pinienholz, vor ihm im Saal sit- zen angespannte Prozessbeteiligte und Beobachter. „Das Grundgesetz sagt Ja zu Lissabon, verlangt aber auf nationaler Ebene eine Stärkung der parlamentarischen Integrationsver- antwortung“, sagt der Vorsitzende des Zweiten Senats gleich zum Auf- takt der Urteilsbegründung. Schlagar- tig wird klar: Das Bundesverfassungs- gericht billigt zwar grundsätzlich den EU-Reformvertrag von Lissa- bon, verlangt aber zwingend eine stärkere Mitwirkung des Parlaments bei EU-Entscheidungen. Damit ha- ben die Kläger – etwa der CSU-Bun- destagsabgeordnete Peter Gauweiler einen Achtungserfolg errungen. Und die Bundestagsabgeordneten ha- ben sich einen kräftigen Rüffel einge- fangen. Sie trafen nicht genügend Vorsorge für den Fall, dass Brüssel den Bundesadler ignoriert und allein die Europaflagge hisst. Deshalb ver- stößt das vom Parlament verabschie- dete Begleitgesetz zum Lissabon-Ver- trag nach Einschätzung der Richter klar gegen das Grundgesetz. Die Abgeordneten müssen ihren Urlaub unterbrechen und nachsit- zen. Am 26. August soll die erste Le- sung des überarbeiteten Begleitgeset- zes stattfinden, kündigten der parla- mentarische Geschäftsführer der Union, Norbert Röttgen, und SPD- Fraktionschef Peter Struck an. Die Verabschiedung des Gesetzes sei dann bei einer Sondersitzung am 8. September geplant. Aber wie muss das Begleitgesetz geändert werden? Klar ist nach dem Karlruher Urteil zunächst nur: Bei al- len Fragen, in denen Brüssel in die na- tionale Souveränität eingreift, neue Kompetenzen beansprucht oder Ab- stimmungsmodalitäten verändert, muss vorher der Bundestag zustim- men. Erst dann darf der deutsche Re- gierungsvertreter im Europäischen Rat seine Jastimme geben. Auf diese Weise soll die Kompetenzerweite- rung der EU zumindest vom nationa- len Parlament von Fall zu Fall kontrol- liert werden. Die pauschale Zustim- mung des Bundestags und des Bun- desrats zum Lissabon-Vertrag reicht den obersten Richtern nicht aus. Abgesehen von dieser generellen Stoßrichtung ist allerdings noch vie- les unklar. Im Bundestag gebe es bis- her nur den Europaausschuss, der für das Parlament in Integrationsfragen Erklärungen abgeben könne, sagte der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion, Wolfgang Bos- bach, dem Handelsblatt. „Ob dieser Ausschuss jetzt sein Sonderrecht be- hält oder andere Fachausschüsse, wenn nicht gar das ganze Parlament sich mit diesen Fragen beschäftigen müssen, wird jetzt so schnell wie möglich zu klären sein.“ Aus Sicht des Parlaments sei das Urteil zu be- grüßen, weil es seine Rechte stärke. Im Zuge des europäischen Einigungs- prozesses müsse das Parlament jetzt verstärkt darauf achten, dass die Grundrechte der Bürger und die Sou- veränitätsrechte des Staates gewahrt blieben. „Für die Bundesregierung dürften damit aber die Verhandlun- gen in Brüssel schwieriger werden“, erklärte Bosbach. Aus Sicht von Andreas Geiger, Partner der Europarechtskanzlei Al- ber & Geiger, läuft die Karlsruher Kri- tik am Begleitgesetz hingegen darauf hinaus, „das Parlament zu bevormun- den“. Im Kern bedeute das Urteil, das die Stimmenauszählung verändert werde, sagte Geiger dem Handels- blatt. „Bei künftigen Bundestagsbe- schlüssen über EU-Integrationspro- jekte sollen nach dem Willen der Richter Enthaltungen – anders als bis- her vorgesehen – wie Neinstimmen gewertet werden.“ Mit dieser Vor- gabe verfolge Karlsruhe seinen alten Kurs weiter, „den EU-Integrations- prozess zu behindern“. Nach Auffassung des Bundesver- fassungsgerichts ist das Europaparla- ment nicht „hinreichend gerüstet ... repräsentative und zurechenbare Mehrheitsentscheidungen als ein- heitliche politische Leitentscheidun- gen zu treffen“. Schon deshalb bekräf- tigte das Gericht gestern, Karlsruhe – und nicht etwa der Europäische Ge- richtshof (EuGH) in Luxemburg – habe das letzte Wort, wenn es um die Frage gehe, ob die EU ihre Kompeten- zen überschreitet. Der Zweite Senat und sein Berichterstatter Udo Di Fa- bio machten keinen Hehl daraus, dass ihnen die Brüsseler Machtfülle eigentlich schon jetzt zu weit geht. Die Selbstentmachtung Karlsruhes, die einige Kläger mit der Billigung des Lissabon-Vertrags heraufziehen sahen, hat jedenfalls nicht stattgefun- den. BERND ZIESEMER EU: Im Zweifel hat nicht Brüssel, sondern Karlsruhe das letzte Wort. Eine Ohrfeige für Berlin. NAMENSINDEX Aigner, Ilse 4 Aríztegui, Francisco Javier 23 Asmussen, Jörg 23 Bausch, Pina 13 Bernotat, Wulf 11 Borg, Anders 4 Bosbach, Wolfgang 2 Bräunig, Günther 23 Cromme, Gerhard 23 Fischer, Artur 13 Fleischer, Peter 24 Friesacher, Markus 16 Görg, Klaus Hubert 14 Grad, Aleksander 26 Groß, Alexander 23 Große Frie, Clemens 12 Großmann, Jürgen 18 Gurría, Angel 5 Hartje, Rainer 24 Herfurth, Ralf 27 Hilbers, Konrad 14 Hundt, Dieter 3, 4 Jobs, Steve 13 Kampeter, Steffen 4 Kempen, Otto Ernst 3 Kentzler, Otto 3 King, Mervyn 3 Kohl, Helmut 23 Kollmann, Dagmar 23 Kroes, Neelie 11, 25 Küting, Karlheinz 17 Leinberger, Detlef 24 Maliki, Nuri el 7 Mehlmann, Ulrich 14 Merkel, Angela 1 Merz, Friedrich 1 Müller, Hanns-Ferdinand 13 Nikai, Toshihiro 18 Obama, Barack 7 Odierno, Ray 7 Oettinger, Günther 25 Peters, Albert 23 Piszczek, Marzena 26 Rau, Johannes 23 Reinfeldt, Fredrik 4 Reutter, Georg 23 Rostowski, Jacek 26 Rothensteiner, Walter 3 Röttgen, Norbert 4 Sakamoto, Yukio 18 Sayeed, Sadeq 27 Schäfer, Rolf 13 Schmidt, Ulla 4 Schneider, Carsten 4 Scholz, Olaf 3 Schulz, Ekkehard 11, 14 Selim, Omar 27 Sinn, Hans-Werner 1 Sommer, Michael 3 Steinbrück, Peer 4, 23 Tajani, Antonio 18 Thiemann, Bernd 23 Verweyen, Norbert 13 Viehbacher, Chris 18 Voigtländer, Dietrich 23 Von Wedel, Hedda 23 Voßkuhle, Andreas 2 Weber, Axel 1 Wieandt, Axel 23 Wieck, Oliver 3 Wiedeking, Wendelin 16 Wulff, Christian 23 Zeitler, Franz-Christoph 25 Zitzewitz, Michael von 18 UNTERNEHMENSINDEX Adidas 20 Agravis Raiffeisen 12 AIG 26 Airbus 18 Aldi 16 Alstom 14 American Needle 20 Archer-Daniels-Midland 12 Areva 12 BAIC 16 Bank of America 26 Barclays Private Equity 14 BASF 18 Baywa 12 Berlin Brandenburg Int. 18 Blackstone 27 BNP Paribas 27 BP 6 Canon 18 Carlyle 27 Carrefour 18 Citigroup 26 Close Brothers 14 CNPC 6 Commerzbank 24 Continental Airlines 14 Daimler 3 Deutsche Euroshop 27 DG Hyp 23 Elpida 18 EnBW 20 Eon 11 Erste Bank 3 Euler Hermes 3 Evonik 18 Exxon Mobil 6 Ferrero 20 Fifth Third Bank 14 Flatex 27 Gaz de France 11 Generali 24 Global Gaming Factory 16 GM 16 Goldman Sachs 26 Hofer 16 HSBC 27 ING 14 Johnson & Johnson 11 JP Morgan 26 Kali + Salz 12 KfW 24 LBBW 25 Lehman Brothers 27 Lloyds 27 Lufthansa 14 Messe Düsseldorf 18 Messe Frankfurt 18 Monsanto 12 Morgan Stanley 26 Neumayer Tekfor 14 Nike 20 Nomura 27 Oliver Wyman 17 Outokumpu 14 Petronas 6 Pfizer 18 PKO Bank Polski 26 Porsche 12, 16 Postbank 24 Potash 12 Quelle 14 Raiffeisen 3 Reebok 20 RHJ 16 RWE 18 Sanofi-Aventis 18 Siemens 3, 14 Sparkasse Göttingen 20 Standard Chartered 27 Syngenta 12 Taiwan Memory Co. 18 The Pirate Bay 16 Thyssen-Krupp 3, 11, 14 Toepfer International 12 United Airlines 14 Vale do Rio Doce 14 Valovis 14 Voith 3 Volkswagen 12 WestLB 23 Wintershall 6 Yemenia 18 Klarer Kurs Kernsätze des Karlsruher Urteils Im Verbindungstunnel zum Reichstag: Die Verfassungsrichter haben die Parlamentarier dazu verdonnert, ihren Ur- laub zu unterbrechen. Abgeordnete sitzen nach IN DIESER AUSGABE Fotos: Caro - Ponizak, Handelsblatt - Judith Wagner

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©Handelsblatt GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Zum Erwerb weitergehender Rechte wenden Sie sich bitte an [email protected].

HANDELSBLATT-THEMA2 | * MITTWOCH, 1. JULI 2009 | NR. 123

Tag für Tag exklusive Wirt-schaftsinformationen aus

aller Welt zu beschaffen, wieSie es vom Handelsblatt ge-wohnt sind, erfordert einenhohen Aufwand. Das Handels-blatt gehört zu den ganz weni-gen Wirtschaftsmedien inEuropa, die mit eigenen Kor-respondenten in allen wichti-gen Industrienationen undSchwellenländern vertretensind. Ob aus New York oderPeking, aus London oder Mai-land, aus Dubai oder Neu-De-lhi: Sie können sich als Leserdes Handelsblatts darauf ver-

lassen, keine austauschbarenInformationen aus zweiterHand zu erhalten, die ledig-lich aus den Berichten vonNachrichtenagenturen zu-sammengeschrieben werden.Unsere Auslandskorrespon-denten arbeiten eng mit denFachreportern des Handels-blatts im Inland zusammen,um wichtige Unternehmens-nachrichten allseitig zu be-leuchten und tiefer zu analy-sieren.

Auch sonst bietet Ihnendas Handelsblatt exklu-

sive Inhalte und Werkzeuge,die Sie nirgends sonst finden:Seit einigen Wochen veröf-fentlichen wir zusätzlich zuunserer renommierten Öko-nomie-Seite die neue Seite„Betriebswirtschaft und Fi-nanzen“. Unser wissenschaft-liches Ranking der Betriebs-wirtschaftsprofessoren giltschon jetzt als einzigartig imdeutschsprachigen Raum. Un-ser konjunktureller Frühindi-kator, den wir in Kooperationmit Barclays Capital einge-führt haben, bewährt sich alsPrognoseinstrument geradein der gegenwärtigen Krise.Bewährte Instrumente wieunseren Handelsblatt-Fir-mencheck, eine verglei-chende Bilanzanalyse derwichtigsten Konzerne, bauenwir aus.

Der große Aufwand hat lei-der auch seinen Preis. Wir bit-ten Sie um Verständnis, dasswir den Einzelverkaufspreisdes Handelsblatts zum 1. Juliauf 2,10 Euro erhöhen müs-sen. Der Monatspreis für einAbonnement des Handels-blatts steigt auf 43,90 Euro.Sie können sich darauf verlas-sen, dass Deutschlands Wirt-schafts- und Finanzzeitungauch künftig ihr Geld wertsein wird.

Bernd ZiesemerChefredakteur Handelsblatt

FürLaienklingt eswie eineunnö-tigeDoppelung, doch imgestrigenLissabon-Urteil desBundesverfas-sungsgerichts ist die sogenannteKompetenz-Kompetenzvon zen-tralerBedeutung.Dort heißt es:„DasGrundgesetz ermächtigt diedeutschenStaatsorganenicht, Ho-heitsrechtederart zu übertragen,dassaus ihrerAusübungherausei-genständigweitereZuständigkei-tenbegründetwerden können.Esuntersagt dieÜbertragungderKompetenz-Kompetenz.“Dasheißt imKlartext: Brüssel kannnicht autonom–alsoohneZustim-mungderNationalparlamente–be-stimmen,wases tunund regelndarf. DiesenGrundsatz hattendieKarlsruherRichter schon1993 in ih-remMaastricht-Urteilhervorge-hoben, in demesebenfalls umdieEU-Integrationging.Damals be-fandKarlsruheganz aufder jetzi-genLinie, dassdieÜbertragungvonHoheitsrechten andieEUnichtsoweit gehendürfe, dassdieBun-destagswahl ihr politischesGe-wicht verliert. 2005urteiltederZweiteSenat überdenEuropäi-schenHaftbefehl–undkassiertedenentsprechendenBundestags-beschluss,weil dasParlamentseineSpielräumenicht „in einergrundrechtschonendenWeise“ ge-nutzt habe.GesternbetontendieRichter: „ImBereichder justiziellenZusammenarbeit inStrafsachensindzusätzlichbesondereAnforde-rungenandieRegelungen zustel-len, die einemMitgliedstaat spe-zielleRechte imGesetzgebungsver-fahreneinräumen.“ | brc

„DerZweiteSenat desBun-desverfassungsgerichtshatheuteentschieden, dassdasZustimmungsgesetzzumVer-tragvonLissabonmit demGrundgesetz vereinbar ist.“

„Dagegenverstößt dasGe-setzüber dieAusweitungundStärkungderRechtedesBun-destagesunddesBundesra-tes inAngelegenheitenderEu-ropäischenUnion insoweit ge-genArt. 38Abs. 1 ... GG, alsBundestagundBundesrat imRahmenvoneuropäischen

Rechtssetzungs-undVer-tragsänderungsverfahrenkeinehinreichendenBeteili-gungsrechteeingeräumtwurden.“

„DieRatifikationsurkundederBundesrepublikDeutschlandzumVertrag vonLissabondarf so langenicht hinterlegtwerden,wiedie vonVerfas-sungswegenerforderlichege-setzlicheAusgestaltungderparlamentarischenBeteili-gungsrechtenicht inKraftgetreten ist.“

„DieEuropäischeUnion stelltweiterhineinenvölkerrecht-lichbegründetenHerrschafts-verbanddar, derdauerhaftvomVertragswillen souveränbleibenderStaatengetragenwird.Dieprimäre Integrations-verantwortung liegt in derHandder für dieVölkerhan-delndennationalenVerfas-sungsorgane.“

„DasEuropäischeParlamentistweder in seinerZusam-mensetzungnoch imeuropäi-schenKompetenzgefüge

dafürhinreichendgerüstet, re-präsentativeundzurechen-bareMehrheitsentscheidun-genals einheitlichepolitischeLeitentscheidungenzu tref-fen.Es ist gemessenanstaatli-chenDemokratieanforderun-gennicht gleichheitsgerechtgewählt.“

„ZurWahrungderWirksam-keit desWahlrechtsundzurErhaltungderdemokrati-schenSelbstbestimmung istesnötig, dassdasBundesver-fassungsgericht ... darüber

wacht, dass dieGemein-schafts- oderdieUnionsge-waltnichtmit ihrenHoheitsak-tendieVerfassungsidentitätverletztundnicht ersichtlichdie eingeräumtenKompeten-zenüberschreitet.“

„Die europäischeVereinigung... darf nicht so verwirklichtwerden, dass indenMitglied-staatenkein ausreichenderRaumzurpolitischenGestal-tungderwirtschaftlichen, kul-turellenundsozialen Lebens-verhältnissemehrbleibt.“

LiebeLeserinnenund Leser,

ChefredakteurHandelsblatt

MICHAELBRACKMANN | DÜSSELDORFTHOMASSIGMUND | BERLIN

Hinter Vizepräsident Andreas Voß-kuhle prangt der große Bundesadleraus Pinienholz, vor ihm im Saal sit-zen angespannte Prozessbeteiligteund Beobachter. „Das Grundgesetzsagt Ja zu Lissabon, verlangt aber aufnationaler Ebene eine Stärkung derparlamentarischen Integrationsver-antwortung“, sagt der Vorsitzendedes Zweiten Senats gleich zum Auf-takt der Urteilsbegründung. Schlagar-tig wird klar: Das Bundesverfassungs-gericht billigt zwar grundsätzlichden EU-Reformvertrag von Lissa-

bon, verlangt aber zwingend einestärkere Mitwirkung des Parlamentsbei EU-Entscheidungen. Damit ha-ben die Kläger – etwa der CSU-Bun-destagsabgeordnete Peter Gauweiler– einen Achtungserfolg errungen.Und die Bundestagsabgeordneten ha-ben sich einen kräftigen Rüffel einge-fangen. Sie trafen nicht genügendVorsorge für den Fall, dass Brüsselden Bundesadler ignoriert und alleindie Europaflagge hisst. Deshalb ver-stößt das vom Parlament verabschie-dete Begleitgesetz zum Lissabon-Ver-trag nach Einschätzung der Richterklar gegen das Grundgesetz.

Die Abgeordneten müssen ihren

Urlaub unterbrechen und nachsit-zen. Am 26. August soll die erste Le-sung des überarbeiteten Begleitgeset-zes stattfinden, kündigten der parla-mentarische Geschäftsführer derUnion, Norbert Röttgen, und SPD-Fraktionschef Peter Struck an. DieVerabschiedung des Gesetzes seidann bei einer Sondersitzung am8. September geplant.

Aber wie muss das Begleitgesetzgeändert werden? Klar ist nach demKarlruher Urteil zunächst nur: Bei al-len Fragen, in denen Brüssel in die na-tionale Souveränität eingreift, neueKompetenzen beansprucht oder Ab-stimmungsmodalitäten verändert,

muss vorher der Bundestag zustim-men. Erst dann darf der deutsche Re-gierungsvertreter im EuropäischenRat seine Jastimme geben. Auf dieseWeise soll die Kompetenzerweite-rung der EU zumindest vom nationa-len Parlament von Fall zu Fall kontrol-liert werden. Die pauschale Zustim-mung des Bundestags und des Bun-desrats zum Lissabon-Vertrag reichtden obersten Richtern nicht aus.

Abgesehen von dieser generellenStoßrichtung ist allerdings noch vie-les unklar. Im Bundestag gebe es bis-her nur den Europaausschuss, der fürdas Parlament in IntegrationsfragenErklärungen abgeben könne, sagteder stellvertretende Vorsitzende derCDU/CSU-Fraktion, Wolfgang Bos-bach, dem Handelsblatt. „Ob dieserAusschuss jetzt sein Sonderrecht be-hält oder andere Fachausschüsse,wenn nicht gar das ganze Parlamentsich mit diesen Fragen beschäftigenmüssen, wird jetzt so schnell wiemöglich zu klären sein.“ Aus Sichtdes Parlaments sei das Urteil zu be-grüßen, weil es seine Rechte stärke.Im Zuge des europäischen Einigungs-prozesses müsse das Parlament jetztverstärkt darauf achten, dass dieGrundrechte der Bürger und die Sou-veränitätsrechte des Staates gewahrtblieben. „Für die Bundesregierungdürften damit aber die Verhandlun-gen in Brüssel schwieriger werden“,erklärte Bosbach.

Aus Sicht von Andreas Geiger,

Partner der Europarechtskanzlei Al-ber & Geiger, läuft die Karlsruher Kri-tik am Begleitgesetz hingegen daraufhinaus, „das Parlament zu bevormun-den“. Im Kern bedeute das Urteil, dasdie Stimmenauszählung verändertwerde, sagte Geiger dem Handels-blatt. „Bei künftigen Bundestagsbe-schlüssen über EU-Integrationspro-jekte sollen nach dem Willen derRichter Enthaltungen – anders als bis-her vorgesehen – wie Neinstimmengewertet werden.“ Mit dieser Vor-gabe verfolge Karlsruhe seinen altenKurs weiter, „den EU-Integrations-prozess zu behindern“.

Nach Auffassung des Bundesver-fassungsgerichts ist das Europaparla-ment nicht „hinreichend gerüstet ...repräsentative und zurechenbareMehrheitsentscheidungen als ein-heitliche politische Leitentscheidun-gen zu treffen“. Schon deshalb bekräf-tigte das Gericht gestern, Karlsruhe –und nicht etwa der Europäische Ge-richtshof (EuGH) in Luxemburg –habe das letzte Wort, wenn es um dieFrage gehe, ob die EU ihre Kompeten-zen überschreitet. Der Zweite Senatund sein Berichterstatter Udo Di Fa-bio machten keinen Hehl daraus,dass ihnen die Brüsseler Machtfülleeigentlich schon jetzt zu weit geht.Die Selbstentmachtung Karlsruhes,die einige Kläger mit der Billigungdes Lissabon-Vertrags heraufziehensahen, hat jedenfalls nicht stattgefun-den.

BERNDZIESEMER

EU: Im Zweifelhat nicht Brüssel,sondern Karlsruhedas letzte Wort.Eine Ohrfeige fürBerlin.

NAMENSINDEXAigner, Ilse 4

Aríztegui, Francisco Javier 23

Asmussen, Jörg 23

Bausch, Pina 13

Bernotat,Wulf 11

Borg, Anders 4

Bosbach,Wolfgang 2

Bräunig, Günther 23

Cromme, Gerhard 23

Fischer, Artur 13

Fleischer, Peter 24

Friesacher, Markus 16

Görg, Klaus Hubert 14

Grad, Aleksander 26

Groß, Alexander 23

Große Frie, Clemens 12

Großmann, Jürgen 18

Gurría, Angel 5

Hartje, Rainer 24

Herfurth, Ralf 27

Hilbers, Konrad 14

Hundt, Dieter 3, 4

Jobs, Steve 13

Kampeter, Steffen 4

Kempen, Otto Ernst 3

Kentzler, Otto 3

King, Mervyn 3

Kohl, Helmut 23

Kollmann, Dagmar 23

Kroes, Neelie 11, 25

Küting, Karlheinz 17

Leinberger, Detlef 24

Maliki, Nuri el 7

Mehlmann, Ulrich 14

Merkel, Angela 1

Merz, Friedrich 1

Müller, Hanns-Ferdinand 13

Nikai, Toshihiro 18

Obama, Barack 7

Odierno, Ray 7

Oettinger, Günther 25

Peters, Albert 23

Piszczek, Marzena 26

Rau, Johannes 23

Reinfeldt, Fredrik 4

Reutter, Georg 23

Rostowski, Jacek 26

Rothensteiner, Walter 3

Röttgen, Norbert 4

Sakamoto, Yukio 18

Sayeed, Sadeq 27

Schäfer, Rolf 13

Schmidt, Ulla 4

Schneider, Carsten 4

Scholz, Olaf 3

Schulz, Ekkehard 11, 14

Selim, Omar 27

Sinn, Hans-Werner 1

Sommer, Michael 3

Steinbrück, Peer 4, 23

Tajani, Antonio 18

Thiemann, Bernd 23

Verweyen, Norbert 13Viehbacher, Chris 18Voigtländer, Dietrich 23VonWedel, Hedda 23

Voßkuhle, Andreas 2

Weber, Axel 1

Wieandt, Axel 23

Wieck, Oliver 3

Wiedeking,Wendelin 16

Wulff, Christian 23

Zeitler, Franz-Christoph 25

Zitzewitz, Michael von 18

UNTERNEHMENSINDEXAdidas 20

Agravis Raiffeisen 12

AIG 26

Airbus 18

Aldi 16

Alstom 14

American Needle 20

Archer-Daniels-Midland 12

Areva 12

BAIC 16

Bank of America 26

Barclays Private Equity 14

BASF 18

Baywa 12

Berlin Brandenburg Int. 18

Blackstone 27

BNP Paribas 27

BP 6

Canon 18

Carlyle 27

Carrefour 18

Citigroup 26

Close Brothers 14

CNPC 6Commerzbank 24

Continental Airlines 14

Daimler 3

Deutsche Euroshop 27

DGHyp 23

Elpida 18

EnBW 20

Eon 11

Erste Bank 3

Euler Hermes 3

Evonik 18

ExxonMobil 6

Ferrero 20

Fifth Third Bank 14

Flatex 27

Gaz de France 11

Generali 24

Global Gaming Factory 16

GM 16

Goldman Sachs 26

Hofer 16HSBC 27

ING 14

Johnson & Johnson 11

JPMorgan 26

Kali + Salz 12

KfW 24

LBBW 25Lehman Brothers 27Lloyds 27Lufthansa 14

Messe Düsseldorf 18

Messe Frankfurt 18

Monsanto 12

Morgan Stanley 26

Neumayer Tekfor 14Nike 20Nomura 27

Oliver Wyman 17Outokumpu 14

Petronas 6

Pfizer 18

PKO Bank Polski 26

Porsche 12, 16

Postbank 24Potash 12

Quelle 14

Raiffeisen 3Reebok 20RHJ 16RWE 18

Sanofi-Aventis 18

Siemens 3, 14

Sparkasse Göttingen 20

Standard Chartered 27

Syngenta 12

TaiwanMemory Co. 18

The Pirate Bay 16

Thyssen-Krupp 3, 11, 14

Toepfer International 12

United Airlines 14

Vale do Rio Doce 14

Valovis 14

Voith 3

Volkswagen 12

WestLB 23Wintershall 6

Yemenia 18

Klarer Kurs

Kernsätze des Karlsruher Urteils

Im Verbindungstunnel zumReichstag:Die Verfassungsrichter haben die

Parlamentarier dazu verdonnert, ihren Ur-laub zu unterbrechen.

Abgeordnete sitzen nach

IN DIESER AUSGABE

Fotos:Caro-P

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