Abminderung der Knitterspannung bei Sandwichelementen mit Polyurethankern unter erhöhter Temperatur

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369 © Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin · Stahlbau 77 (2008), Heft 5 Sandwichelemente, die als Dach- oder Fassadenelement verlegt sind, erfahren bei Sonneneinstrahlung große Temperaturdifferen- zen zwischen Außen- und Innenoberfläche. Bei statisch unbe- stimmter Lagerung führt dies zu Zwangsschnittgrößen, die bei der Bemessung maßgebend sein können. Zudem verliert das Kernmaterial an Festigkeit und Steifigkeit, wodurch die Knitter- spannung herabgesetzt wird. Dieser Effekt wird gemäß EN 14509 durch den Abminderungsfaktor k 1 berücksichtigt, der bei Kennt- nis der aufnehmbaren Versagensspannung (Knitterspannung) bei 20 °C eine Abschätzung der Knitterspannung bei erhöhten Tem- peraturen ermöglichen soll. Da der Faktor k 1 nur auf Basis des Querzug-Elastizitätsmoduls gewonnen wird, gibt er die tatsächli- che Veränderung der Bettung nur unvollständig wieder. Ergebnis der vorliegenden Untersuchung ist ein modifizierter Abminde- rungswert für die Ermittlung der Knitterspannung unter erhöhten Temperaturen. Mit ihm ist es möglich, im günstigen Fall größere Stützweiten bei der Verlegung der Bauteile zu ermöglichen und was jedoch wichtiger ist, im ungünstigen Fall Schäden zu vermei- den, die eine kostenintensive Sanierung nach sich ziehen wür- den. Reducing the wrinkling stress of sandwich panels with a poly- urethane core under high temperatures. Sandwich panels which are used for roof covering or wall cladding may be subject to se- ver temperature differences between their inside and their out- side on sunny days. Within a statically indetermined system this will lead to internal forces that might govern the design. In addi- tion to this the core material’s stiffness and strength will decrease under high temperatures reducing the wrinkling stress. EN 14509 gives the factor k 1 to take care of this. It is based on the cross panel tensile modulus of elasticity. Therefore it contains only a small part of the parameters having influence on the wrinkling stress. A new factor will be derived that will allow a more accu- rate prediction of the panels behaviour under high temperature differences. This might lead to better economy and higher safety. 1 Einführung Sandwichelemente mit Polyurethanhartschaumkern und metallischen Deckschichten sind als Dach- bzw. Wand- bausysteme aus dem modernen Industrie- und Kühlhaus- bau nicht mehr wegzudenken. Neben den guten Trageigen- schaften ist hauptsächlich die ausgezeichnete Wärmedäm- mung für den Erfolg der Bauelemente verantwortlich. Die Kombination aus Lastabtragung und Wärmeschutz führt bei diesen Verbundelementen allerdings zu einer Beson- derheit. Mit dem Wärmeschutz soll erreicht werden, dass sich im Gebäudeinneren auf wirtschaftliche Weise die ge- wünschte Raumtemperatur einstellen lässt. Durch den PUR- (Polyurethan-)Kern mit einem sehr geringen λ-Wert von bis zu 0,025 W/mK wird dies ermöglicht. Die Problematik, die sich einstellt, ist die unterschiedliche Oberflächentem- peratur der Deckbleche, sobald die Außentemperatur stark von der Innentemperatur abweicht bzw. durch Sonnen- einstrahlung gar eine Aufheizung der Fassadenoberfläche stattfindet. Hierbei kann es zu großen Temperaturdifferen- zen innerhalb der etwa handbreiten Dämmkernschicht kommen. Je dunkler die Fassade, umso größer ist dabei die Absorption der Sonnenenergie. Deckblechtemperaturen bis 80 °C müssen bei der Bemessung der Elemente berück- sichtigt werden. Bei einer statisch bestimmten Lagerung erfährt das Sandwichelement infolge der Sonneneinstrah- lung eine Aufwölbung. Schnittgrößen entstehen hierbei nicht, es kann allerdings für die Verbindungsmittel zu pro- blematischen Verformungen kommen. Wird das Element statisch unbestimmt gelagert, so entstehen durch die Be- hinderung der Aufwölbung Zwangsschnittgrößen im Bau- teil (Bild 1). Das Stützmoment über dem Zwischenaufla- ger kann bei bauüblichen Spannweiten zur maßgebenden Schnittgröße bei der Bemessung werden. Nach der verein- fachten Sandwichtheorie wird das Biegemoment bei un- profilierten Deckschichten über den inneren Hebelarm der beiden Deckschichten als Kräftepaar aufgenommen. Das bestimmende Versagenskriterium der Elemente ist die maximal aufnehmbare Knitterspannung der gedrückten Deckschicht, auf die unter Abschnitt 2.1 noch näher ein- gegangen werden soll. Die Schubbeanspruchung wird von Abminderung der Knitterspannung bei Sandwichelementen mit Polyurethankern unter erhöhter Temperatur Jörg Lange René Mertens Fachthemen DOI: 10.1002/stab.200810050 Bild 1. Zweifeldgelagertes Sandwichelement unter Tempera- turbelastung durch Sonneneinstrahlung Fig. 1. Two-span sandwich panel under temperature load due to sunshine

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Sandwichelemente, die als Dach- oder Fassadenelement verlegtsind, erfahren bei Sonneneinstrahlung große Temperaturdifferen-zen zwischen Außen- und Innenoberfläche. Bei statisch unbe-stimmter Lagerung führt dies zu Zwangsschnittgrößen, die beider Bemessung maßgebend sein können. Zudem verliert dasKernmaterial an Festigkeit und Steifigkeit, wodurch die Knitter-spannung herabgesetzt wird. Dieser Effekt wird gemäß EN 14509durch den Abminderungsfaktor k1 berücksichtigt, der bei Kennt-nis der aufnehmbaren Versagensspannung (Knitterspannung) bei20 °C eine Abschätzung der Knitterspannung bei erhöhten Tem-peraturen ermöglichen soll. Da der Faktor k1 nur auf Basis desQuerzug-Elastizitätsmoduls gewonnen wird, gibt er die tatsächli-che Veränderung der Bettung nur unvollständig wieder. Ergebnisder vorliegenden Untersuchung ist ein modifizierter Abminde-rungswert für die Ermittlung der Knitterspannung unter erhöhtenTemperaturen. Mit ihm ist es möglich, im günstigen Fall größereStützweiten bei der Verlegung der Bauteile zu ermöglichen undwas jedoch wichtiger ist, im ungünstigen Fall Schäden zu vermei-den, die eine kostenintensive Sanierung nach sich ziehen wür-den.

Reducing the wrinkling stress of sandwich panels with a poly-urethane core under high temperatures. Sandwich panels whichare used for roof covering or wall cladding may be subject to se-ver temperature differences between their inside and their out-side on sunny days. Within a statically indetermined system thiswill lead to internal forces that might govern the design. In addi-tion to this the core material’s stiffness and strength will decreaseunder high temperatures reducing the wrinkling stress. EN 14509gives the factor k1 to take care of this. It is based on the crosspanel tensile modulus of elasticity. Therefore it contains only asmall part of the parameters having influence on the wrinklingstress. A new factor will be derived that will allow a more accu-rate prediction of the panels behaviour under high temperaturedifferences. This might lead to better economy and higher safety.

1 Einführung

Sandwichelemente mit Polyurethanhartschaumkern undmetallischen Deckschichten sind als Dach- bzw. Wand-bausysteme aus dem modernen Industrie- und Kühlhaus-bau nicht mehr wegzudenken. Neben den guten Trageigen-schaften ist hauptsächlich die ausgezeichnete Wärmedäm-mung für den Erfolg der Bauelemente verantwortlich. DieKombination aus Lastabtragung und Wärmeschutz führtbei diesen Verbundelementen allerdings zu einer Beson-

derheit. Mit dem Wärmeschutz soll erreicht werden, dasssich im Gebäudeinneren auf wirtschaftliche Weise die ge-wünschte Raumtemperatur einstellen lässt. Durch den PUR-(Polyurethan-)Kern mit einem sehr geringen λ-Wert vonbis zu 0,025 W/mKwird dies ermöglicht. Die Problematik,die sich einstellt, ist die unterschiedliche Oberflächentem-peratur der Deckbleche, sobald die Außentemperatur starkvon der Innentemperatur abweicht bzw. durch Sonnen-einstrahlung gar eine Aufheizung der Fassadenoberflächestattfindet. Hierbei kann es zu großen Temperaturdifferen-zen innerhalb der etwa handbreiten Dämmkernschichtkommen. Je dunkler die Fassade, umso größer ist dabei dieAbsorption der Sonnenenergie. Deckblechtemperaturenbis 80 °C müssen bei der Bemessung der Elemente berück-sichtigt werden. Bei einer statisch bestimmten Lagerungerfährt das Sandwichelement infolge der Sonneneinstrah-lung eine Aufwölbung. Schnittgrößen entstehen hierbeinicht, es kann allerdings für die Verbindungsmittel zu pro-blematischen Verformungen kommen. Wird das Elementstatisch unbestimmt gelagert, so entstehen durch die Be-hinderung der Aufwölbung Zwangsschnittgrößen im Bau-teil (Bild 1). Das Stützmoment über dem Zwischenaufla-ger kann bei bauüblichen Spannweiten zur maßgebendenSchnittgröße bei der Bemessung werden. Nach der verein-fachten Sandwichtheorie wird das Biegemoment bei un-profilierten Deckschichten über den inneren Hebelarmder beiden Deckschichten als Kräftepaar aufgenommen.Das bestimmende Versagenskriterium der Elemente ist diemaximal aufnehmbare Knitterspannung der gedrücktenDeckschicht, auf die unter Abschnitt 2.1 noch näher ein-gegangen werden soll. Die Schubbeanspruchung wird von

Abminderung der Knitterspannung bei Sandwichelementen mit Polyurethankern unter erhöhter Temperatur

Jörg LangeRené Mertens

Fachthemen

DOI: 10.1002/stab.200810050

Bild 1. Zweifeldgelagertes Sandwichelement unter Tempera-turbelastung durch SonneneinstrahlungFig. 1. Two-span sandwich panel under temperature loaddue to sunshine

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der Kernschicht übernommen. Es ist zu beachten, dassdurch die Schubweichheit des Kernmaterials der Schub-anteil der Verformung beim Sandwichelement nicht ver-nachlässigt werden kann. In diesem Zusammenhang sprichtman auch von den Partialdurchsenkungen wM infolge Bie-gung und wQ infolge Querkraft (Bild 2).

Neben der Schubweichheit weist der Kernwerkstoffzudem temperaturabhängige Eigenschaften auf. Bei zu-nehmender Temperatur verliert Polyurethan an Festigkeitund Steifigkeit. Dieser Effekt wurde von Berner bereits in[1] untersucht. Dies hat Einfluss auf das Tragverhalten desgesamten Sandwichelements. Für die Bemessung werdendeshalb die aufnehmbaren Grenzspannungen gemäß bau-aufsichtlicher Zulassung [2] bzw. zukünftig nach EN 14509[3] mit dem Abminderungsfaktor k1 reduziert, um somitden Einfluss einer erhöhten Temperatur zu berücksichti-gen.

(1)

ECt,80°C charakteristischer Querzug-E-Modul des Schaum-kerns bei 80 °C

ECt,20°C charakteristischer Querzug-E-Modul des Schaum-kerns bei 20 °C

Die Herleitung des Abminderungsfaktors k1 wird im Ab-schnitt 2.2 nachvollzogen. Daran anschließend soll über-prüft werden, ob die getroffenen Annahmen, die zum k1-Faktor führen, für heutige PUR-Schaumsysteme nochzulässig sind. Ob der Abminderungsfaktor bei erhöhterTemperatur k1 das reduzierte Tragvermögen realitätsnahabbildet, kann nur überprüft werden, sofern anstelle vonMaterialproben komplette Sandwichpaneele unter einerTemperaturbeanspruchung bis zum Versagen getestet wer-den, um so die Knitterspannung σxT,ΔT infolge ΔT zu erhal-ten.

Im Rahmen dieser Arbeit wurden Versuche durch-geführt, bei denen Sandwichelemente (Länge = 4000 mm

kEE

vgl EN ACt C

Ct C1

80

20

2

3 14509 16=⎛

⎝⎜⎞

⎠⎟°

°

,

,. ( . )

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und Breite = 1000 mm) in einer Klimakammer mit einerTemperaturdifferenz beansprucht wurden, wobei eines derDeckbleche auf bis zu 80 °C aufgeheizt wurde und das an-dere zunächst eine vorab definierte Ausgangstemperaturbehielt und nur stark verzögert erwärmt wurde. Zusätzlichwurden Sandwichpaneele aus der gleichen Herstellungs-charge ohne ΔT-Belastung bei 20 °C getestet und so dieKnitterspannung σxT,20°C ohne Temperatureinfluss ermit-telt. Durch das Verhältnis der beiden Versagensspannun-gen σxT,ΔT und σxT,20°C ergibt sich der tatsächliche Abmin-derungsfaktor k*

1 nach Gl. (2), mit dem eine Verifizierungdes rechnerisch ermittelten k1-Faktors nach Gl. (1) durch-geführt werden kann.

(2)

2 Einfluss erhöhter Temperatur auf die aufnehmbareKnitterspannung

2.1 Knitterspannung bei Sandwichelementen

Die Knitterspannung ist die aufnehmbare Grenzspannungder gedrückten Deckschicht. Über den Ansatz des ela-stisch gebetteten Balkens [7] gelangt man zu einer ideali-sierten Verzweigungsspannung σwr der auf dem Schaum-kern elastisch gebetteten und gedrückten Deckschicht mitden Werkstoffparametern EF für den E-Modul des Stahl-deckblechs, EC für den E-Modul und GC für den Schub-modul des Schaumkerns.

vergleiche [4] (3)

Berücksichtigt man zudem herstellungsbedingte Vorver-formungen der Deckbleche, die mit w1/ax,0 angegebensind, und die Zugfestigkeit des Schaumkerns fct erhält maneine reduzierte aufnehmbare Druckspannung des Deck-blechs. Hierbei liegt kein Stabilitätsversagen der Deck-schicht mehr vor, sondern durch die angesetzte Imperfek-tion vielmehr ein Spannungsproblem nach Theorie II. Ord-nung. Die so ermittelte Beanspruchung wird deshalb auchals Traglastspannung bezeichnet.

vergleiche [4] (4)

In [4] wurde anhand einer Beispielrechnung der Einflussder Vorbeulung des Deckblechs dokumentiert. Für die re-lative Vorbeulung wurde damals w1/ax,0 = 1/100 angesetzt.Für heutige weiterentwickelte Fertigungstechniken dürf-ten die Imperfektionen aus der Herstellung im Bereichvon w1/ax,0 = 1/200 bis w1/ax,0 = 1/1000 liegen. Setzteman für die Materialparameter des Kernmaterials für da-malige Schaumsysteme übliche Werte ein, ergab sich fürdie Traglastspannung

vergleiche [4] (5)

Um den bereits angesprochenen Temperatureinfluss aufdie aufnehmbare Knitterspannung zu berücksichtigen, istin den bauaufsichtlichen Zulassungen für Sandwichele-mente [2] und in der EN 14509 [3] der Abminderungsfak-

σxT F C CE E G= ⋅0 50 3,

σ σxT

wr

x

C C

ct

wa

E Gf

=

+1 3 1

0,

σwr F C CE E G= ⋅0 82 3,

k xT T

xT C1

20

* ,

,=

°

σσ

Δ

Bild 2. Partialdurchsenkungen eines einfeldgelagertenSandwichbalkens unter gleichförmiger BelastungFig. 2. Partial deflections of a single span sandwich panelunder uniform load

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tor k1 mit Gl. (1) angegeben. Somit folgt für die Bemes-sung σwr,80°C = k1 · σwr,20°C.

2.2 Kernwerkstoff

Die in der Gleichung verwendeten Querzug-E-Modulndes Schaumkerns werden durch Versuche an würfelförmi-gen Proben (100 mm × 100 mm × Bauteildicke) bestimmt.Ebenso werden der Druck-E-Modul sowie die Druck- undZugfestigkeiten an diesen Versuchskörpern bestimmt. DerSchubmodul und die Schubfestigkeit des Materials wer-den an Sandwichbalken, die ebenfalls aus dem Elementherausgeschnitten werden, in einem 4-Punkt-Biegever-such ermittelt (Bild 3b). Die mittleren Abmessungen derSchubbalken betragen 1000 mm × 100 mm × Bauteildicke.

Die Versuchsdurchführung zur Bestimmung der Quer-zug-E-Moduln wurde für die vorliegende Untersuchunggemäß EN 14509 durchgeführt. Die Würfelproben wur-den hierbei in einem eigens dafür angefertigten Versuchs-stand in der Klimakammer bei unterschiedlichen Tempe-raturen getestet (Bild 3a), um die exakte Einhaltung derVersuchstemperatur garantieren zu können. Die Bestim-mung der Knitterspannung für erhöhte Temperaturen überden k1-Faktor mit Hilfe einzelner Materialparameter ist

vom Prinzip her sinnvoll, da die Bestimmung der Knitter-last unterTemperaturbeanspruchung am gesamten Bauteileine äußerst aufwendige Versuchsdurchführung in einergroßen Klimakammer erforderlich macht.

2.3 Der Abminderungsfaktor k1

Der k1-Faktor ist, wie in Gl. (2) angegeben, der Verhältnis-wert der Knitterspannung bei 80 °C und 20 °C , d. h. dieReduzierung der aufnehmbaren Knitterspannung unterdem Einfluss einer Temperatur von 80 °C, wie sie z. B. imSommer unter Sonneneinstrahlung auftreten kann. Setztman für die jeweilige Knitterspannung Gl. (3) ein, so er-hält man folgenden Ausdruck

(6)

Man geht davon aus, dass die E-Moduln der Stahldeck-schicht EF bei 20 °C und 80 °C nicht signifikant voneinan-der abweichen. Somit ergibt sich:

(7)

Der Elastizitätsmodul EC wird vereinfachend aus demMittelwert des Zug-E-Moduls ECt und des Druck-E-Mo-duls ECc des Kernmaterials gebildet. Man stellt fest, dasssich durch die alternierende Wellenform der Knitterwel-len die Deckschicht abwechselnd in den Schaum ein-drückt (vgl. z. B. [9]) und im direkt angrenzenden Bereicham Schaum zieht. Durch den Mittelwert aus beiden E-Moduln wird eine gute Annäherung an das reale Verhaltenermöglicht (vgl. z. B. [4]). Hierdurch ergibt sich:

(8)

Durch die Annahme, dass sich die Verhältniswerte dieserverbleibenden Materialparameter unter dem Einfluss derTemperatur gleich verhalten:

(9)

(10)

vereinfacht sich Gl. (8) zu der bekannten Gleichung desk1-Faktors.

(11)

3 Kritische Betrachtung des Faktors k1

Die getroffenen Annahmen, die zu Gl. (11) führen, sollenauf ihre Gültigkeit hin überprüft werden.

kEE

vgl EN ACt C

Ct C1

80

20

2

3 14509 16=⎛

⎝⎜⎞

⎠⎟°

°

,

,. ( . )

GG

EE

C C

C C

Ct C

Ct C

,

,

,

,

80

20

80

20

°

°

°

°=

EE

EE

Cc C

Cc C

Ct C

Ct C

,

,

,

,

80

20

80

20

°

°

°

°=

kE E G

E E G

Ct C Cc C C C

Ct C Cc C C C1

80 80 80

20 20 20

32

2=

+( ) ⋅

+( ) ⋅° ° °

° ° °

, , ,

, , ,

/

/.

kE GE G

C C C C

C C C C1

80 80

20 203=

⋅⋅

° °

° °

, ,

, ,.

kE E G

E E G

wr C

wr C

F C C C C C

F C C C C C1

80

20

80 80 803

20 20 203

0 82

0 82= =

⋅ ⋅ ⋅

⋅ ⋅ ⋅°

°

° ° °

° ° °

σσ

,

,

, , ,

, , ,

,

,.

Bild 3. a) Versuchsstand für Würfelversuche; b) Versuchs-stand für SchubbalkenFig. 3. a) Test setup for cross panel tensile test; b) Test setupfor shear test

a)

b)

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3.1 Verhalten des Elastizitätsmoduls von Stahl unter Temperatureinwirkung

Zum Temperaturverhalten des Stahls gibt es eine Reihevon Veröffentlichungen. In [8] ist der Einfluss der Tempe-ratur auf den Elastizitätsmodul des Stahls angegeben. FürTemperaturen bis 100 °C darf davon ausgegangen werden,dass keine Abminderung des E-Moduls vorliegt.

3.2 Verhältnis der Kernwerkstoffkennwerte bei 20 °C und 80 °C

Es soll geklärt werden, ob die in der Herleitung des k1-Faktors mit den Gln. (9) und (10) getroffenen Annahmenrealistische Gegebenheiten widerspiegeln. Im Rahmen dervorliegenden Untersuchung wurden alle diese Werkstoff-kennwerte durch Würfelzugversuche und -druckversuchesowie Schubbalkenversuche in der Klimakammer bei ge-nauer Einhaltung derVersuchstemperaturstufen von –25 °C,20 °C, 40 °C, 60 °C und 80 °C bestimmt (Bilder 4 bis 6).

Betrachtet man die experimentell ermittelten Verhält-niswerte (Bilder 7 und 8), so wird deutlich, dass die An-nahme der gleichen proportionalen Änderungen allerMaterialparameter unter dem Temperatureinfluss bei denuntersuchten Versuchsreihen nicht zutreffend ist. EineModifikation des k1-Faktors ist notwendig, da durch dieVernachlässigung der Änderung des Druck-E-Moduls unddes Schubmoduls die Gefahr besteht, dass die Einschät-zung der Knitterspannung bei erhöhten Temperaturen aufder unsicheren Seite liegen kann. Die unsichere Einschät-zung kann zu Schäden an der Fassade führen, wie sie inmehreren Veröffentlichungen z. B. in [6] dokumentiertsind. Eine durchgehende Knitterfalte über dem Mittelauf-lager ist kennzeichnend für diese Schäden.

Um Schädigungen aufgrund einer falschen Einschät-zung der Knitterspannung im Falle erhöhter Temperaturzu vermeiden, scheint es sinnvoll, den Abminderungsfak-tor k1 um die Berücksichtigung der beiden zusätzlichenMaterialparameterverhältnisse zu erweitern. Führte manzusätzlich Versuche zur Bestimmung des Druck-E-Modulssowie des Schubmoduls bei 80 °C durch, so könnte mandie Abminderung der Knitterspannung bei erhöhter Tem-peratur auf der Grundlage mehrerer Materialparameterabschätzen und somit eine bessere Annäherung an diereal vorkommende Abminderung erhalten. Kehren wirzurück zur Herleitung des Abminderungsfaktors, so ist mitGl. (12) eine exaktere Bestimmung des k1-Faktors mög-lich

(12)

Eingesetzt in diese Gleichung ergeben sich für die beidenvorgestellten Versuchsreihen der Hersteller A und B gegen-über den k1-Faktoren gemäß EN 14509 [3] die in Ta-belle 1 dargestellten Abweichungen.

Berücksichtigte man in einem weiteren Schritt zurErmittlung der aufnehmbaren Knitterspannung zusätzlichnoch die Deckblechvorbeulung und die Zugfestigkeitendes Schaumkernmaterials bei 20 °C und 80 °C, so ergibtdas Verhältnis der beiden Traglastspannungen aus Gl. (4)den Abminderungsfaktor k1,mod2.

kE E G

E E G

Ct C Cc C C C

Ct C Cc C C C1 1

80 80 80

20 20 20

32

2,mod

, , ,

, , ,

/

/.=

+( ) ⋅

+( ) ⋅° ° °

° ° °

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Bild 4. Einfluss der Temperatur auf den E-Modul des Kern-werkstoffs unter ZugbelastungFig. 4. Effect of temperature on the modulus of elasticity ofthe core under tension

Bild 5. Einfluss der Temperatur auf den E-Modul des Kern-werkstoffs unter DruckbelastungFig. 5. Effect of temperature on the modulus of elasticity ofthe core under compression

Bild 6. Einfluss der Temperatur auf den G-Modul des Kern-werkstoffs Fig. 6. Effect of temperature on the shear modulus of the core

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(13)

Die Zugfestigkeit fct,i wird bisher bei der Bestimmung derQuerzug-E-Moduln für beide Temperaturstufen bereits er-mittelt. Es sind somit keine zusätzlichen Versuche erforder-lich. Die Deckblechvorbeulung wurde bei allen Versuchs-körpern gemessen. Die maximal gemessenen Vorbeulungensind maßgebend für die angesetzte Imperfektion. Bei Her-steller A wurden größere Vorbeulen festgestellt. Die größtengemessenen Imperfektionen lagen im Mittel bei w1/ax,0 =1/250. Bei Hersteller B waren die Imperfektionen sehr ge-ring. Die größten Deckblechvorbeulungen lagen unterw1/ax,0 = 1/800. Bei der Messung dieser herstellungsbeding-ten Imperfektionen ist zu beachten, dass man bei der analo-gen Messung mit einer Genauigkeit von 0,1 mm nur voneiner Abschätzung der Vorbeulung ausgehen kann. Wollteman die Imperfektionen genauer bestimmen, so sollten hier-für geeignete Messinstrumente z. B. eine photogrammetri-sche Abtastung der Oberfläche eingesetzt werden. Die Wertefür k1,mod2 sind in Tabelle 2 angegeben.

Vorausgesetzt, die Versagensgrenze der Elemente wirddurch die modifizierten k1-Faktoren besser eingeschätzt,zeigt sich in der Versuchreihe „Hersteller A“ eine auf der si-cheren Seite liegende Einschätzung derAbminderung durchden k1-Faktor. In Versuchreihe „Hersteller B“ liegt der Ab-minderungsfaktor dann jedoch auf der unsicheren Seite. Fürdie Bemessung der Sandwichelemente würde dies bedeuten,dass im Falle erhöhter Temperatur von einer überschätztenaufnehmbaren Knitterspannung ausgegangen wird, wasletztlich bei voller Ausnutzung zu den bereits genanntenSchädigungen der Elemente führen kann.

Um die modifizierten k1-Faktoren überprüfen zu kön-nen, wurden anstelle der Versuche mit Einzelproben zurBestimmung der Werkstoffkennwerte Versuche mit kom-pletten Sandwichelementen durchgeführt. Somit wurde dietatsächliche Abminderung der Knitterspannung bei Tem-peratureinfluss für diese Elemente bestimmt.

k xT C

xT C1 2

80

20,mod

,

,= °

°

σσ

Bild 7. Einfluss der Temperatur auf die Steifigkeitswerte –Prozentuale Abminderung bezogen auf 20 °C-Werte (Herstel-ler A)Fig. 7. Effect of temperature on the material characteristicsfor two different suppliers (supplier A)

Bild 8. Einfluss der Temperatur auf die Steifigkeitswerte –Prozentuale Abminderung bezogen auf 20 °C-Werte (Herstel-ler B)Fig. 8. Effect of temperature on the material characteristicsfor two different suppliers (supplier B)

Tabelle 1. Mittlere Werkstoffparameter und daraus abgeleitete Abminderungen k1 und k1,mod1Table 1. Average material parameters and k1 und k1,mod1 derived from them

ECt ECc GC k1,mod1in N/mm2 in N/mm2 in N/mm2

Hersteller A20 °C 5,09 5,24 5,1780 °C 3,51 3,67 4,39

0,781 0,839

Hersteller B20 °C 4,43 4,59 4,4980 °C 3,50 3,32 3,14

0,855 0,810

kEE

Ct C

Ct C1

80

20

2

3=⎛

⎝⎜⎞

⎠⎟°

°

,

,

Tabelle 2. Mittlere Werkstoffparameter und daraus abgeleitete Abminderung k1,mod2Table 2. Average material parameters and k1,mod2 derived from them

ECt ECc GC w1/ax,0 fct k1,mod2in N/mm2 in N/mm2 in N/mm2 in N/mm2

Hersteller A20 °C 5,09 5,24 5,17

0,0040,1470

0,87480 °C 3,51 3,67 4,39 0,1304

Hersteller B20 °C 4,43 4,59 4,49

0,001250,1001

0,83680 °C 3,50 3,32 3,14 0,0931

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4 Experimentell ermittelte Abminderung der Knitterspannungbei erhöhten Temperaturen

4.1 Versuchsaufbau in der Klimakammer

Für die Versuche in der 4,50 m × 3,50 m großen Klima-kammer des Fachgebiets Stahlbau an der TU Darmstadtwurde das zu testende Sandwichelement mit einer wärme-gedämmten und luftdichten Umfassung versehen (Bilder 9und 10). Hierbei bildete das Sandwich selbst den oberenAbschluss der Wärmedämmung, so dass das obere Deck-blech des Paneels mit Hilfe der veränderbaren Klimakam-mertemperatur aufgeheizt werden konnte und das wärme-isolierte untere Deckblech zunächst die kalte Ausgangs-temperatur behielt und nur sehr verzögert eine Erwärmungerfuhr. So entstand die gewünschte Temperaturdifferenzder beiden Deckbleche. Bei den hier vorgestellten Versu-chen konnte ein ΔT von bis zu 65 K erreicht werden. DieZugkraft am Mittelauflager wurde mit zwei Kraftmessdo-sen aufgezeichnet. Die Verformung des Elements wurdemit acht Wegaufnehmern, die der Länge nach verteilt mit-tig unter dem Prüfkörper angebracht waren, erfasst. DieDeckblechtemperaturen wurden mit mehreren Tempera-tursensoren gemessen, die direkt auf das obere bzw. dasuntere Deckblech aufgeklebt wurden. Die zweifeldgelager-

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ten Sandwichelemente hatten eine Länge von 4000 mmund eine Breite von 1000 mm (Hersteller A) bzw. 1100 mm(Hersteller B). Die Stützweite betrug L1 = L2 = 1950 mm.

4.2 Versuchsdurchführung und Versagensmechanismus unter ΔΔT-Einwirkung

Durch den zweifeldgelagerten Einbau des Elements ent-stand bei Aufbringen der Temperaturdifferenz ein Stütz-moment über dem Mittelauflager. Nach der vereinfachtenSandwichtheorie sorgt dies für eine Zugspannung im un-teren Deckblech und für eine Druckspannung im oberenDeckblech. Über der Mittelstütze stellt sich der maximaleWert der Spannungen ein. Zudem verringern sich die Fes-tigkeit und Steifigkeit des Kernmaterials bei zunehmenderTemperatur auf der Klimakammerseite des Paneels. Dieshat Auswirkungen auf die elastische Bettung, die durchden Schaumkern gegeben ist, und somit auf die Stabilitätdes gedrückten Deckblechs. Diese beiden Effekte führtenschließlich zum Versagen des Sandwichelements. Am Mit-telauflager trat bei den durchgeführten Versuchen im obe-ren Deckblech eine quer zur Tragrichtung verlaufendeKnitterfalte auf (Bild 11). Dabei entstand die Knitterfaltenicht direkt am Auflagerprofil, sondern in ca. 10 bis 20 cmAbstand davon.

An einem Einzelversuch soll zunächst der Versagens-mechanismus des Sandwichelements bei Temperaturdiffe-renz der Deckbleche erläutert werden. Im Diagramm(Bild 12) sind hierzu die Punkte A, B und C markiert.Dargestellt ist die Temperatur des oberen Deckblechs so-wie die Temperaturdifferenz beider Deckbleche, aufgetra-gen über die Versuchszeit bzw. Aufheizzeit. Durch das ra-sche Aufheizen des oberen Deckblechs und das verzögerteErwärmen des unteren Deckblechs entsteht die Tempera-turdifferenz ΔT. Nach ungefähr 45 Minuten (Punkt A) hatsich über die Querschnittsdicke ein nahezu linearer Ver-lauf der Temperatur eingestellt. Dadurch erwärmt sich dasuntere Blech ab diesem Zeitpunkt in etwa mit der gleichenGeschwindigkeit wie das obere. Dies führt zu einer kon-stanten Temperaturdifferenz ab Punkt A von ΔT = 55 K.Wird das Maximum der Temperaturdifferenz von ΔT =

Bild 10. Foto des Versuchstands in der KlimakammerFig. 10. Photo of the test setup in the temperature chamber

Bild 11. Versagen des Sandwichelements durch eine Knitter-falte infolge TemperaturbelastungFig. 11. Failure of a sandwich panel due to temperature gra-dient

Bild 9. Versuchsaufbau in der Klimakammer (schematisch)Fig. 9. Test setup in the temperature chamber

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55,8 K (Punkt B) erreicht, so entsteht die größte Momen-tenbeanspruchung und somit die größte Druckspannungim oberen Deckblech über der Mittelstütze. Dies führt al-lerdings noch nicht zum Versagen der Deckschicht. Erstnach weiteren 20 min. Aufheizzeit versagt das Element.Die Temperaturdifferenz ist dabei nach Überschreiten desMaximums auf ΔT = 53,6 K (Punkt C) gefallen, das Zwangs-moment hat sich also reduziert. Was hingegen gestiegenist, ist die Oberflächentemperatur des Sandwichelements.Lag sie bei Punkt B noch bei Toben = 63,7 °C, so erreichtsie im Versagenszustand eine Temperatur von Toben =70,5 °C. Dieser zusätzliche Anstieg der Temperatur sorgtletztlich für die Reduktion der elastischen Bettung direktunterhalb der oberen Deckschicht und begünstigt derenKnitterversagen.

Um diesen Effekt im Versuch zu erzielen, waren beijederVersuchsreihe einige Vorversuche notwendig, um dierichtige Temperaturdifferenz bei möglichst hoher obererDeckblechtemperatur zu erzielen. Ersichtlich wird das inBild 13.

Hier ist die gemessene Auflagerkraft an der Mittel-stützung über der Temperatur des oberen Deckblechs auf-getragen. Nach jedem Versuch wurde eine Justierung desVersuchsstands durchgeführt. Durch eine geringe Stützen-

senkung des Mittelauflagers, ist es möglich, ein in die glei-che Richtung wirkendes Zwangsmoment dem Sandwich-element einzuprägen. Diese Vorgehensweise entspricht imPrinzip der Versuchsbeschreibung der ECCS-Empfehlun-gen für Sandwichelemente [5], worin eine simulierte Tem-peraturbelastung, hervorgerufen durch eine voreingestellteStützensenkung des Mittelauflagers, vorgeschlagen wird.Die Sandwichelemente in den Vorversuchen V1 bis V3versagten alle im aufsteigenden Ast derAuflagerkraft wäh-rend der Aufheizphase, da die eingeprägte Stützensenkungzu hoch eingestellt war. Der Einfluss der Stützensenkungauf das Versagensstützmoment betrug bei den folgendenVersuchen V4 bis V7weniger als 15 %. Diese Versuche zei-gen den bereits in der Versuchsreihe „Hersteller A“ be-schriebenen Versagensmechanismus. Sie versagten erst 20bis 30 min. nach Erreichen der maximalen Auflagerkraftim Bereich hoher Deckblechtemperaturen Toben ≥ 62 °C.Der Verdacht, langzeitiger Einfluss aus dem Kriechvor-gang des Schaumkernmaterials sei für das Versagen nachdem Beanspruchungsmaximum verantwortlich, entkräftetsich dadurch, dass ein Kriechen des Kerns das Stützmo-ment abmindert. Das Versagen findet bei konstantem bzw.sogar leicht abfallendem ΔT, wie prognostiziert, durch dieVeränderung der Bettungsverhältnisse bei erhöhter Tem-peratur statt.

4.3 Versuchsdurchführung ohne Temperaturdifferenz

Zur Ermittlung der aufnehmbaren Knitterspannung ohneTemperaturdifferenz wurden die Sandwichelemente, dieaus der jeweils gleichen Herstellungscharge stammten, ineinem 6-Punkt-Biegeversuch bei 20 °C gemäß EN 14509getestet (Bild 14). Bei allen Versuchen erfolgte das Versa-gen durch ein Knittern der gedrückten Deckschicht. DieVersuchsauswertung lieferte die Grenzspannung des obe-ren Deckblechs σxT,20°C.

Bild 12. Temperatur-Zeit-Diagramm eines Bauteilversuchsin der KlimakammerFig. 12. Temperature-time-relation of a panel in the tempe-rature chamber

Bild 13. Auflagerkraft-Temperatur-Diagramm – Sandwich-elemente unter Temperaturbelastung in der KlimakammerFig. 13. Bearing force-temperature-relation of a panel in thetemperature chamber

Bild 14. Versuchsaufbau des 6-Punkt-Biegeversuchs bei 20 °CFig. 14. 6 point bending test at 20 °C

4.4 Überprüfung der Abminderungsfaktoren

Um den Versuchsaufwand gering zu halten, sollte die Ab-minderung bei erhöhter Temperatur auch weiterhin rech-

Aufheizzeit – Temperaturdifferenz DTHersteller A

Aufheizzeit in min

Tem

per

atu

r °C

bzw

. K

80757065605550454035302520151050

0,00 15,00 30,00 45,00 60,00

Toben = 63,7 °C

Temp.-diffe-renz ~ konst.

Toben = 70,5 °C

maximale Temperatur-differenz ΔT = 55,8 K

Versagen desPrüfkörpers bei ΔT = 53,55 K

Differenz außen – innenΔT: Taussen – Tinnen

Temperatur oberesDeckblech

CBA

75,00 90,00

–5–10–15

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nerisch mit Werkstoffkennwerten zu ermitteln sein. Nach-dem durch die Versuche am ganzen Sandwichelement dietatsächliche Abminderung im Falle erhöhten Temperatur-einflusses als Ergebnis vorliegt, sollte überprüft werden, obdie in dieser Untersuchung vorgestellten und modifizier-ten Faktoren k1,mod1 und k1,mod2 realistischere Einschät-zungen liefern, als dies durch k1 gem. EN 14509 gegebenist. In Tabelle 3 sind die ermittelten Knitterspannungender gedrückten Deckschicht aufgeführt.

Die Abminderungen bei erhöhterTemperatur, die sichaus den Bauteilversuchen ergeben, und die dazugehöri-gen rechnerischen Abminderungen sind für beide Herstel-ler ebenfalls in Tabelle 3 angegeben und zusätzlich in denBalkendiagrammen in den Bildern 15 und 16 dargestellt.Es ist festzustellen, dass k1,mod1 in beiden Versuchsreiheneine auf der sicheren Seite liegende Einschätzung der Ab-minderung liefert und die Abweichung zum realen Ver-

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hältniswert zudem geringer ist, als dies bei k1 gemäßEN 14509 der Fall ist. Noch geringer ist die Abweichungbei k1,mod2, bei dem zusätzlich Deckblechimperfektionenund die Zugfestigkeit des Kernmaterials berücksichtigtwerden. Eine Überschätzung (um 1 %) der aufnehmbarenKnitterspannung bei erhöhter Temperatur ist bei der Ver-suchsreihe „Hersteller B“ dennoch festzustellen.

4.5 Berechnung des Abminderungsfaktors unterBerücksichtigung der experimentell ermitteltenKnitterspannung σσxT,20°C

Ermittelt man die Knitterspannung im Versuch bei 20 °C,so ist mit dieser Traglastspannung der Grad der Imperfek-tion bereits erfasst. Die Imperfektion setzt sich aus zweiAnteilen zusammen. Zum einen ist dies die Vorbeulungdes Deckblechs w1/ax,0, zum anderen die Verklebung desSchaums mit den Deckblechen, die herstellungsbedingtkleinere Lufteinschlüsse (Lunker) aufweisen kann. DurchEinführung des Faktors r soll die verkleinerte Verklebungs-fläche und somit die reduzierte Zugfestigkeit der Verkle-bung berücksichtigt werden.

Geht man von der Gleichung der Traglast bei 20 °Caus (Gl. (4)) und setzt den Faktor r ein, so erhält man

(14)

wobei für den E-Modul des Kerns folgende Annahme ge-troffen wird:

EC,i = (ECc,i + ECt,i)/2 (15)

Durch Umformen ergibt sich folgende Gleichung:

(16)

Ermittelt man die Traglastspannung σxT,20°C experimentell,so lässt sich der Grad der Imperfektion mit Gl. (16) be-rechnen. Setzt man nun den erhaltenen Ausdruck in dieGleichung der Traglastspannung unter ΔT ein

(17)

so erhält man durch Einführen der Hilfsvariablen ξ und ζdie Traglastspannung nach Gl. (18) mit den Hilfsvariablen

σxT CF C C C C

x

C C C C

ct C

E E G

wa r

E G

f

,, ,

,

, ,

,

,80

80 803

1

0

80 80

80

0 82

1 3

°° °

° °

°

=⋅ ⋅ ⋅

+ ⋅⋅

⋅⋅

wa r

E E G

f

E G

x

F C C C C

xT C

ct C

C C C C

1

0

20 203

20

20

20 20

1 0 821

3

,

, ,

,

,

, ,

,⋅ =

⋅ ⋅ ⋅−

⎝⎜⎜

⎠⎟⎟ ×

×⋅ ⋅

° °

°

°

° °

σ

σxT CF C C C C

x

C C C C

ct C

E E G

wa

E G

r f

,, ,

,

, ,

,

,,20

20 203

1

0

20 20

20

0 82

1 3

°° °

° °

°

=⋅ ⋅ ⋅

+ ⋅ ⋅⋅

Bild 15. Balkendiagramm – Experimentell ermitteltes Abmin-derungsverhältnis und dazugehörige Abminderungsfaktoren(Hersteller A)Fig. 15. Bar chart – reduction of wrinkling stress accordingto tests compared to design factors (supplier A)

Tabelle 3. Verifizierung der Abminderungsfaktoren am realen Abminderungsverhältnis Table 3. Comparison of the reduction factors to the test results

σwr,20°C σwr,ΔT Verhältnis k1 k1,mod1 k1,mod2in N/mm2 in N/mm2 σwr,ΔT/σwr,20°C

Hersteller A 99,85 89,04 0,892 0,781 0,839 0,874

Hersteller B 116,77 96,83 0,829 0,855 0,810 0,836

Abminderung der Knitterspannung bei erhöhter TemperaturHersteller A

0,9500

0,8917

σwr,ΔT/σwr,20°C k1 k1,mod1 k1,mod2 k1,mod3

0,7806

0,8389

0,8737 0,87610,9000

0,8500

0,8000

0,7500

0,7000

Kni

tters

pann

ungs

verh

ältn

is Δ

Tzu

20°

C

Bild 16. Balkendiagramm – Experimentell ermitteltes Abmin-derungsverhältnis und dazugehörige Abminderungsfaktoren(Hersteller B)Fig. 16. Bar chart – reduction of wrinkling stress accordingto tests compared to design factors (supplier B)

Abminderung der Knitterspannung bei erhöhter TemperaturHersteller B

0,8800

0,8293

σwr,ΔT/σwr,20°C k1 k1,mod1 k1,mod2 k1,mod3

0,8545

0,8101

0,8361 0,83160,8400

0,8600

0,8000

0,8200

0,7400

0,7600

0,7800

0,7200

0,7000

Kni

tters

pann

ungs

verh

ältn

is Δ

Tzu

20°

C

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(18)

(19)

(20)kf

f f fct

ct ct xT ct xT1 3

80 80 20

20 20 80 80 20 20 20 20 80

4141 50 50,mod

,

, , , , ,=

⋅ ⋅ ⋅⋅ ⋅ ⋅ + ⋅ ⋅ ⋅ − ⋅ ⋅ ⋅

° ° °

° ° ° ° ° ° ° ° °

ξ ζξ ζ σ ζ σ ζ

ξ ζi F C i C i i C i C iE E G und E G= ⋅ ⋅ = ⋅, , , , .3

σσ ξ ζ

ξ ζ σ ζ σ ζxT Cct xT

ct ct xT ct xT

ff f f,

, ,

, , , , ,80

80 20 80 20

20 20 80 80 20 20 20 20 80

4141 50 50°

° ° ° °

° ° ° ° ° ° ° ° °=

⋅ ⋅ ⋅ ⋅⋅ ⋅ ⋅ + ⋅ ⋅ ⋅ − ⋅ ⋅ ⋅

nach Gl. (19). Durch Bildung des Verhältniswertes σxT,80zu σxT,20°C erhält man den gesuchten Abminderungsfaktork1,mod3 nach Gl. (20) (s. Kasten).

Voraussetzung für die Gültigkeit dieser Gleichungsind die gleichgroßen Imperfektionen der Sandwichele-mente eines Herstellers. Da die Deckblechvorbeulung unddie Qualität der Verklebung maßgeblich von der Beschaf-fenheit der Produktionsstrasse abhängig ist und die Sand-wichelemente mit PUR-Kern kontinuierlich hergestelltwerden, ist davon auszugehen, dass die Vorbeulung undVerklebung der Bleche annähernd gleichbleibend ist. Dieswurde für die Vorbeulung durch die Messungen, wie imAbschnitt 3.2 beschrieben, auch bestätigt.

Setzt man nun die durch Versuche bestimmten Para-meter in die Gl. (20) ein, so erhält man mit dem Faktork1,mod3 eine rechnerische Abminderung der Knitterspan-nung bei erhöhter Temperatur, die sehr nah an die experi-mentell ermittelte Abminderung heranreicht. Deutlichwird dies im Überblick der stufenweise modifizierten k1-Faktoren.

5 Ergebnis und Ausblick

Durch die genauere Einschätzung der aufnehmbaren Knit-terspannung bei erhöhten Temperaturen, wie sie durch diek1,mod-Faktoren beschrieben werden, könnte es möglichsein, Sandwichelemente zukünftig durch größere zuläs-sige Stützweiten wirtschaftlicher und sicherer zu bemes-sen. Weiterer Forschungsbedarf besteht dennoch. Inwie-weit die in dieser Untersuchung gewonnenen Kenntnisse

auf alle Sandwichelementtypen übertragbar sind, mussmit weiteren Versuchsreihen geklärt werden.

Literatur

[1] Berner, K.: Stahl/PUR-Sandwichtragwerke unter Tempera-tur- und Brandbeanspruchung. Technische Hochschule Darm-stadt, 1978.

[2] Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung für Sandwichele-mente Nr. 10.4-XX, Deutsches Institut für Bautechnik.

[3] EN 14509 – Selbsttragende Sandwichelemente mit beid-seitigen Metalldeckschichten – Werkmäßig hergestellte Pro-dukte – Spezifikationen 2007.

[4] Stamm, K.,Witte, H.: Sandwichkonstruktionen. Berlin: Sprin-ger Verlag 1974.

[5] CIB/ECCS European Recommendations for Sandwich Pa-nels. CIB-Report – Publication 257/ECCS, 2000.

[6] Davies, J.: Lightweight Sandwich Construction. Oxford:Blackwell Science 2001.

[7] Petersen, C.: Statik und Stabilität der Baukonstruktionen.Braunschweig/Wiesbaden: Vieweg & Sohn Verlag 1982.

[8] DIN EN 1993 Eurocode 3: Bemessung und Konstruktionvon Stahlbauten – Teil 1-2: Allgemeine Regeln – Tragwerks-bemessung für den Brandfall, Tabelle 3.1, 2005.

[9] Meyer, J.: Die analytische Bestimmung der Knitterspannungeinachsig gespannter Sandwichplatten. Dissertation, Techni-sche Universität Darmstadt, 1999.

Autoren dieses Beitrages:Prof. Dr.-Ing. Jörg Lange, Dipl.-Ing. René Mertens, Institut für Stahlbau und Werkstoffmechanik, TU Darmstadt, Petersenstraße 12, 64287 Darmstadt

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