Abwasser sicher ableiten: Die Hydraulik macht’s Aktueller ...

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72 SHK-REPORT 8/2019 In Deutschland soll häusliches Abwasser durch teilbefüllte Lei- tungen und belüftete Fallleitun- gen fließen. Diese Vorgaben lassen sich optimal lösen. Doch nur, wenn Leitungsführung und -werkstoff, Dimensionierung und nicht zuletzt die ausreichende Spülmenge aufeinander abge- stimmt sind. TGA Fachplaner und SHK Betriebe sind gut beraten, wenn sie auf erprobte und norm- konforme Systeme setzen. Bei allen Diskussionen um Schall- und Brandschutz ist die Hauptaufgabe eines Entwässerungssystems in der Gebäudetechnik etwas ins Hintertreffen ge- raten. Tatsächlich ist für den Nutzer oder Betreiber – egal in welchem Gebäudetyp, vom Einfamilienhaus bis zur Multifunktionsarena – eine Funktion beson- ders wichtig: Das anfallende Schmutzwasser muss störungsfrei in die öffentliche Kanalisation abgeleitet werden. Störungsfrei bedeutet, dass es zu keinen Verstopfungen kommt und keine Geruchsverschlüsse an den Einrichtungsgegenständen abgesaugt wer- den – also eine hydraulische Aufgabenstellung. Be- sonders Entwässerungsleitungen im Bestand haben bei der Sanierung einen großen Einuss auf die Pla- nungs- und Ausführungsleistungen. Bestehende Grundleitungen werden oftmals bei der Sanierung vernachlässigt. Dabei sind diese bei der Planung unbedingt zu berücksichtigen. Wird der Füllungsgrad von mindestens der Hälfte des Rohrdurchmessers nicht mehr eingehalten, kann es in den bestehenden Grundleitungen zu Verstopfungen kommen. Gute und exakte Planung ist Grundvoraussetzung Das Gefälle wird’s schon richten – wer sich bei Planung und Installation einer Entwässerungsan- lage von dieser Daumenregel leiten lässt, kann mit negativen Überraschungen konfrontiert werden. Unangenehme Gerüche aus leer gesaugten Siphons sind dabei noch das geringste Übel. Laute Fließ- geräusche oder ein Rückstau samt Austritt von Fä- kalien aus einem falsch geplanten oder falsch in- stallierten Entwässerungssystem sorgen für einen höchst unzufriedenen bzw. geschädigten Nutzer. Damit es zu keinen Störungen oder sogar Schäden kommt, ist eine sorgfältige Planung des Entwäs- serungssystems erforderlich. Mit welchen Wasser- mengen ist beim häuslichen Abwasser und bei Niederschlag am Gebäude oder auf dem Grund- stück zu rechnen? Welche Abflusskennzahl für die gleichzeitige Belastung des Systems kommt in Be- tracht? Das sind nur zwei von vielen Faktoren, die zu berücksichtigen sind. Zunächst Rahmenbedingungen prüfen Wer sich auf die Suche nach passenden Antworten macht, muss die komplette Bauaufgabe im Blick SHK-REPORT FACHWISSEN Abwasser sicher ableiten: Die Hydraulik macht’s Aktueller Stand der Technik Bild 1 • Computergestützte Simulation über das Strömungsverhalten des Abwassers im Umlenkungsbereich einer Entwässerungsinstallation. Bild 2 • Einströmverhalten unterschiedlicher Abzweige im Bereich der Fallleitung: Beim 88,5°Ab- zweig ohne Bogenradius (links) wird bei mäßiger Ablaueistung der Querschnitt der Fallleitung größtenteils verschlossen. Auch ist das Nachströmverhalten der Luft im Fallstrang behindert. Gün- stiger sieht es beim 45°-Abzweig in die Fallleitung aus, doch das Optimum liegt klar beim 88,5°- Bogenabzweig (rechts). Bild 3 • Sichtbarer Vergleich durch Gegenüberstellung von DN 90 zu DN 100.

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72 SHK-REPORT 8/2019

In Deutschland soll häuslichesAbwasser durch teilbefüllte Lei-tungen und belüftete Fallleitun-gen fließen. Diese Vorgabenlassen sich optimal lösen. Dochnur, wenn Leitungsführung und -werkstoff, Dimensionierung undnicht zuletzt die ausreichendeSpülmenge aufeinander abge-stimmt sind. TGA Fachplaner undSHK Betriebe sind gut beraten,wenn sie auf erprobte und norm-konforme Systeme setzen.

Bei allen Diskussionen um Schall- und Brandschutzist die Hauptaufgabe eines Entwässerungssystemsin der Gebäudetechnik etwas ins Hintertreffen ge-raten. Tatsächlich ist für den Nutzer oder Betreiber– egal in welchem Gebäudetyp, vom Einfamilienhausbis zur Multifunktionsarena – eine Funktion beson-ders wichtig: Das anfallende Schmutzwasser mussstörungsfrei in die öffentliche Kanalisation abgeleitetwerden. Störungsfrei bedeutet, dass es zu keinenVerstopfungen kommt und keine Geruchsverschlüssean den Einrichtungsgegenständen abgesaugt wer-den – also eine hydraulische Aufgabenstellung. Be-sonders Entwässerungsleitungen im Bestand habenbei der Sanierung einen großen Einfluss auf die Pla-nungs- und Ausführungsleistungen. Bestehende

Grundleitungen werden oftmals bei der Sanierungvernachlässigt. Dabei sind diese bei der Planungunbedingt zu berücksichtigen. Wird der Füllungsgradvon mindestens der Hälfte des Rohrdurchmessersnicht mehr eingehalten, kann es in den bestehendenGrundleitungen zu Verstopfungen kommen.

Gute und exakte Planung ist Grundvoraussetzung

Das Gefälle wird’s schon richten – wer sich beiPlanung und Installation einer Entwässerungsan-lage von dieser Daumenregel leiten lässt, kannmit negativen Überraschungen konfrontiert werden.Unangenehme Gerüche aus leer gesaugten Siphons

sind dabei noch das geringste Übel. Laute Fließ-geräusche oder ein Rückstau samt Austritt von Fä-kalien aus einem falsch geplanten oder falsch in-stallierten Entwässerungssystem sorgen für einenhöchst unzufriedenen bzw. geschädigten Nutzer.Damit es zu keinen Störungen oder sogar Schädenkommt, ist eine sorgfältige Planung des Entwäs-serungssystems erforderlich. Mit welchen Wasser-mengen ist beim häuslichen Abwasser und beiNiederschlag am Gebäude oder auf dem Grund-stück zu rechnen? Welche Abflusskennzahl für diegleichzeitige Belastung des Systems kommt in Be-tracht? Das sind nur zwei von vielen Faktoren, diezu berücksichtigen sind.

Zunächst Rahmenbedingungen prüfen

Wer sich auf die Suche nach passenden Antwortenmacht, muss die komplette Bauaufgabe im Blick

SHK-REPORT FACHWISSEN

Abwasser sicher ableiten: Die Hydraulik macht’s

Aktueller Stand der Technik

Bild 1 • Computergestützte Simulation über das Strömungsverhalten des Abwassers im Umlenkungsbereicheiner Entwässerungsinstallation.

Bild 2 • Einströmverhalten unterschiedlicher Abzweige im Bereich der Fallleitung: Beim 88,5°Ab-zweig ohne Bogenradius (links) wird bei mäßiger Ablaufleistung der Querschnitt der Fallleitunggrößtenteils verschlossen. Auch ist das Nachströmverhalten der Luft im Fallstrang behindert. Gün-stiger sieht es beim 45°-Abzweig in die Fallleitung aus, doch das Optimum liegt klar beim 88,5°-Bogenabzweig (rechts).

Bild 3 • Sichtbarer Vergleich durch Gegenüberstellung von DN 90 zu DN 100.

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haben. Welche Spülmengen sind erforderlich? Gehtes um die auf Wassersparen ausgelegten häuslichenAbwässer einer neuen Wohnanlage? Oder um dieTeilsanierung einer betagten Immobilie mit etlichenUnbekannten hinter der Wand bzw. im Untergrund?Im Bestand kann es möglich sein, dass das Aus-schwemmverhalten eines alten Systems nur dannfunktioniert, wenn eine erhöhte Spülmenge schwall-weise den überdimensionierten Leitungsquerschnittspült. Zur Erinnerung: 1960 war eine WC-Spülmengevon 14 Litern noch üblich. Heute können bereits 4Liter ausreichen, der Standard liegt bei 6 Litern. Fürden TGA Fachplaner und den SHK Betrieb ist es des-halb wichtig, die Rahmenbedingungen zu kennen,wenn eine Entwässerungsanlage nicht in gesamterLänge neu geplant und gebaut werden soll.

Enorme Weiterentwicklungen in derGebäudetechnik

Fachplaner und Fachhandwerk stehen in der Ver-antwortung, ihren Kunden ein funktionsfähiges Ent-wässerungssystem zu installieren, das dem aktuellenStand der Technik entspricht. Es genügt nicht, wennman das Abwasser lediglich zum Ablaufen bringt.Vor mehreren Jahrzehnten war das noch anders, dastand oft nur diese eine Funktion im Mittelpunkt.Also Hauptsache es läuft? Eben nicht. Mit der Sa-nierung eines jahrzehntealten Bades vollzieht sichheute ein Quantensprung in der Haus- und Gebäu-detechnik. Allein mit moderner, zeitgemäßer Vor-wandinstallation ziehen höchst komplexe Systemeins neue Bad ein. Sie stellen in der Versorgungs-technik beispielsweise sicher, dass am WC wasser-

sparende Spültechnik oder am Waschtisch stagna-tionsfreies Kalt- und Warmwasser zur Verfügungsteht – und störungsfrei ablaufen kann. Ein wenigGefälle allein reicht nicht aus. Die Herausforderungenan das SHK-Fachhandwerk enden auch nicht beimablaufenden Wasser.

Wie es gut laufen kann ist bekannt

Welcher Hydraulik bedarf es, um Schmutzwassermöglichst geräuscharm aus der Etage über die Fall-leitung und weiter bis in den öffentlichen Kanal zuführen? Um hier zu optimalen Ergebnissen zu kom-men, hat der Hersteller Geberit über Jahre hinwegzahlreiche Laborversuche für Hydraulik und Akustikdurchgeführt. Längst ist bekannt und in üblicherEntwässerungs-Software (z.B. Geberit ProPlanner)hinterlegt, mit welchen normativen Vorgaben zurechnen ist. Dazu zählen Faktoren wie Spülmenge,Rohrdurchmesser, Gefälle, der zu erwartende Anteilan Feststoffen und nicht zuletzt der Leitungswerk-stoff. Bei Letztgenanntem können beispielsweisedie hochschallgedämmten EntwässerungssystemeSilent-db20 oder Silent-Pro von Geberit bedenkenloseingesetzt werden.Doch das ist bei Weitem nicht alles: Entwässerungs-spezialisten wie Geberit entwickeln neue Formteiledurch aufwendige Strömungsberechnungen bzw.-simulationen in eigenen Sanitärlabors. Dabei hatsich erwiesen (siehe Abbildung 1), dass die Strö-mungsverhältnisse in die Fallleitung ungünstig sind,wenn es sich um einen 88,5°-Abzweig ohne Bo-genradius handelt. Die Auswirkungen: Der Quer-schnitt der Fallleitung wird größtenteils verschlossenund behindert so das Nachströmverhalten der Luftim Fallstrang. Die Ablaufleistung bleibt hinter denMöglichkeiten zurück.

Erhebliche Steigerung der Ablaufleistung

Günstiger sieht es beim 45°-Abzweig in die Falllei-tung aus, jedoch ist dieser nur bei gleicher Dimensionzulässig. Es kommt hinzu, dass die Belüftung in dieAnschlussleitung nicht besonders gut ist. Daherliegt das Optimum klar bei einem Bogenabzweig

Bild 6 • Dank ständig optimierter Spültechnik geht heute der Trend zur 4-Liter-Spülung. Trotzdem werden heute noch die meisten Schmutzwasserleitungen mit der längst überholten Nennweite DN 100 realisiert und nur etwa ein Drittel mit der passenden Nennweite DN 90.

Bild 5 • Störungsfreie Entwässerung: Erreicht der Füllungsgrad etwa die Hälfte des Innendurchmessers, kann man mit einem rück-standslosen Ausspülverhalten rechnen.

Bild 4 • Gegenüberstellung konventioneller Anschluss an den Fallstrang und Anschluss mit Kombibogenabzweig: Bisher (unten): Anschluss von WC und Dusche am Fallstrang mittels einer gemeinsamen Anschlussleitung – ein vergleichsweise hoher Fußbodenaufbau zur Estrichüberdeckung der Rohre. Besser (oben): Dank Kombibogenabzweig werden WC und Dusche separat über einen Abzweigdirekt am Fallstrang angeschlossen. Dies ermöglicht einen deutlich flacheren Bodenaufbau.

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von 88,5°. Hier bewirkt der Innenradius eine erheb-liche Steigerung der Ablaufleistung um ca. 30 Pro-zent. Ein weiterer Vorteil: Im Fallstrang sowie in derEinzel- und Sammelanschlussleitung ergibt sich einmöglichst günstiges Wasser-/Luft-Gemisch. Dieseerwünschten Effekte stellen sich natürlich nur ein,wenn Fachplaner und Fachinstallateure die Vorgabendes Herstellers einhalten.

Doppelabzweig für effiziente Montage

Ein Doppelabzweig macht es sogar möglich, dassgenau gegenüberliegende Seiten auf gleicher An-schlusshöhe in den Fallstrang sicher entwässertwerden können, ohne sich nachteilig zu beeinflussen.Auch hier spielt der Bogenradius (mindestens dieGröße des halben Durchmessers) die entscheidendeRolle, denn nur so lassen sich die Anwendungsgren-zen erweitern. Durch transparente Formteile konnteder Hersteller Geberit nachweisen, dass selbst dannkein Überspülen stattfindet, wenn nur auf einerSeite fäkalienhaltiges Abwasser einströmt. Einemögliche Störung im System für den gegenüberlie-genden Anschluss ist dadurch nicht zu befürchten.

Normative Grundlage

Die Grundlage für die Bemessung von Schmutz-wasserleitungen innerhalb von Gebäuden stellenfolgende Normen dar: DIN EN 12056-1 bis 5 [2001-

01] in Verbindung mit der nationalen Ergänzungs-norm DIN 1986-100 [2016-12]. Die DIN EN 12056-2, Abschnitt 4.2 beschreibt vier unterschiedliche Ty-pen von Entwässerungssystemen, die in Europa an-gewandt werden. In Deutschland gilt System I – dieEinzelfallleitungsanlage mit teilbefüllten Anschluss-leitungen mit einem Füllungsgrad von 0,5. In deraktuellen DIN 1986-100 [2016-12] sind viele An-schlussbedingungen korrigiert worden. Mit dieserAbwassernorm erhalten Planer und Installateuredie entsprechenden Vorgaben schwarz auf weiß.Für die effiziente Montage von Entwässerungssy-stemen in mehrgeschossigen Wohngebäuden be-deutet dies eine erhebliche Vereinfachung in derLeitungsführung, die sich zudem günstiger kalku-lieren lässt.

Abwasserleitungen in Gebäuden häufig überdimensioniert

Noch immer werden viele WC-Anschlussleitungenin Gebäuden mit Rohren in DN 100 verlegt, wie esfrüher üblich war. Dabei reicht heute in aller Regeldie Nennweite DN 90 aus, um auch mehrgeschossigeGebäude sicher und störungsfrei zu entwässern –vom Einzelanschluss am WC über die Fallleitungbis hin zur Grundleitung. Die Vorzüge der kleinerenDimension sind überzeugend: Abflusswasserleitun-gen DN 90 sind kostengünstiger und einfacher zumontieren. Dazu bieten sie bessere hydraulischeEigenschaften und verringern Schacht- und Vor-wandtiefen. Tatsache ist: Sind Abwasserleitungenzu groß dimensioniert, können die Feststoffe in denhorizontalen Leitungen nicht abtransportiert werden– Verstopfungen sind vorprogrammiert.In waagrechten Entwässerungsleitungen musseine bestimmte Schwemmtiefe gegeben sein, umdie Fäkalien und andere Stoffe abtransportierenzu können. Die Schwemmtiefe wird durch den Fül-lungsgrad definiert. Dieser bezeichnet bei liegendenAbwasserleitungen das Verhältnis der Wassertiefe(h) in der Wasserströmung zum Rohrinnendurch-messer (di). Um Fäkalien schwimmend abtrans-portieren zu können, wird ein Füllungsgrad h/divon 0,5 benötigt. Das Rohr sollte also währenddes Entwässerungsvorgangs zur Hälfte mit Wassergefüllt sein.

Einzelanschlussleitung

Bestimmend für die Dimensionierung der Anschluss-leitung am WC ist der Anschlusswert DU (DesignUnit). Dieser Wert definiert die Wassermenge, dievom Sanitärobjekt pro Sekunde abfließt. Für dieheute üblichen Spülkästen mit einer Spülwasser-menge von 6 Litern beträgt der Anschlusswert DU= 2 l/s. In Anlehnung an DIN 1986-100, Tab. 6, istbei diesem Wert die Anschlussleitung mit DN 90richtig dimensioniert. Viele Verbraucher entscheidensich jedoch aus Wasserspargründen für WC-Kera-miken, die mit 4 oder 4,5 Litern Wasser gespült wer-den. Der Anschlusswert beträgt bei diesen WCsdann nur noch 1,8 l/s. Eine Anschlussleitung mitNennweite DN 90 ist in diesem Fall zwingend, dennmit einer herkömmlichen Leitung DN 100 wird dernotwendige Füllungsgrad h/di von 0,5 nicht mehrerreicht.

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Bild 7 • Spielraum für Planer und Installateure: 15 Geschosse mit Bädern der hier gezeigten Ausstat-tung können an eine Fallleitung DN 90 angeschlossen werden.

Bild 8 • Einzelanschlussleitung nach DIN 1986-100, Tab. 6.

Bild 9 • Sammelanschlussleitung nach DIN 1986-100, Tab. 7.

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Sammelanschlussleitung

In Wohnhäusern können gemäß DIN 1986-100, Tab.7 die Sammelanschlussleitungen ebenfalls mit DN90 dimensioniert werden. Bedingung ist, dass dieAblaufleistung aller Sanitärobjekte 13 l/s (DU) nichtüberschreitet und dass nicht mehr als zwei WCs an-geschlossen sind. Auch in Gebäuden mit einer hö-heren Gleichzeitigkeit der Benutzung (Abflusskenn-zahl K= 0,7 oder 1,0), wie beispielsweise Schulen,Krankenhäuser oder auch öffentliche Anlagen, kön-nen Sammelanschlussleitungen in der NennweiteDN 90 ausgeführt werden, sofern die Begrenzungs-parameter der Tab. 7, DIN 1986-100 nicht über-schritten werden. Achtung: Werden die Anwen-dungsgrenzen für unbelüftete Einzel- oder Sam-melanschlussleitungen – wie Leitungslänge, Hö-hendifferenz oder Anzahl der Bögen – überschritten,muss die Leitung belüftet werden, um eine stö-rungsfreie Ableitung des Abwassers zu gewährlei-sten. Der Wechsel zu einer größeren Dimension,also zum Beispiel von DN 90 auf DN 100, ist nichtzielführend.

Fallleitung

Um die Nennweite einer Fallleitung mit Hauptlüftungzu bestimmen, muss der SchmutzwasserabflussQww berechnet werden. Dazu müssen, wie bei denSammelanschlussleitungen, die Anzahl und die An-schlusswerte der Sanitärobjekte sowie der Gebäu-detyp bekannt sein. Aus dem Gebäudetyp ergibtsich die Abflusskennzahl K. Es gilt:

Die Bemessung der Fallleitungen erfolgt nach DIN1986-100, Tab. 8. Darin werden zwei unterschiedlicheBelastungsgrade von Fallleitungen unterschieden:Die Verwendung von Abzweigen mit Bogenradiusund ohne Bogenradius. Die Steigerung der Ablauflei-stung eines Abzweigs mit Bogenradius beläuft sich

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auf ca. 30 Prozent gegen-über einem Abzweig ohneBogenradius. Deshalbkann beim Einsatz von Ab-zweigen mit Bogenradiuseine Fallleitung mit Haupt-lüftung mit QWW = 3,5 l/sbelastet werden, währendein scharfkantiger Ab-zweig die max. zulässigeGrenze bei QWW = 2,7 l/ssetzt. Abzweige mit Bo-genradius ermöglichengünstigere Einströmver-hältnisse in die Fallleitungund bewirken eine opti-male Luftströmung in derFall- und Anschlussleitung,was wiederum den erfor-derlichen Druckausgleichsicherstellt.

Beispiel mehrgeschossiges Wohnhaus

Ein Rechenbeispiel zeigt, welchen Spielraum Planerund Installateure heute beim Einsatz von Abwas-serleitungen DN 90 haben: Ein typisches Badezimmerin einem Mehrfamilienwohnhaus (AbflusskennzahlK = 0,5) ist mit einem WC, einem Waschtisch undeiner Dusche oder Badewanne ausgestattet. DieEntwässerungsgegenstände sind an eine Sammel-anschlussleitung angeschlossen. Das Abwasser derübereinanderliegenden Bäder wird über eine ge-meinsame Fallleitung abgeleitet. Es werden Ab-zweige mit Innenradius eingesetzt.

Der Anschlusswert der Sammelanschlussleitung∑DUSAL errechnet sich wie folgt:

Wie viele Geschosse können an diese FallleitungDN 90 angeschlossen werden?

Der maximale Anschlusswert der Fallleitung ∑DUFL

beträgt 49 l/s.

Der Quotient ∑DUFL ∕ ∑DUSAL ergibt die maximaleAnzahl an Geschossen, die an eine Fallleitung DN90 angeschlossen werden können. Im vorliegendenRechenbeispiel sind das 15 Geschosse.

Die Vorzüge von DN 90 liegen auf der Hand: DieKosten für Rohre, Formstücke, Befestigungen undBrandschutzmaßnahmen sinken. Auch das Endpro-

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dukt – das Entwässerungssystem – wird letztlichoptimiert, denn die hydraulischen Eigenschafteneiner Abwasserinstallation mit angepasster Rohr-Nennweite sind deutlich besser als die Eigenschafteneiner überdimensionierten Abwasserleitung. Derhöhere Füllungsgrad der Nennweite DN 90 bedingteine höhere Schwemmtiefe und garantiert damitden schwimmenden Abtransport der Fäkalien. Auchdie Fließgeschwindigkeit wird beim Einsatz der klei-neren Dimension erhöht und damit eine bessereSelbstreinigungsfähigkeit des Entwässerungssystemserreicht. Die Gefahr von Rohrverstopfungen sinkt.

Quintessenz: Hydraulik ist keine Gleichung mit mehreren Unbekannten

Ein häusliches Entwässerungssystem muss die er-forderliche Luftströmung für den Druckausgleichbereitstellen und Wasser mit Inhaltsstoffen stö-rungsfrei abtransportieren können – und zwar

ohne Druck, nur mit Gefälle. Das Motto „Haupt-sache es läuft“ passt heute keineswegs mehr. Eineeinwandfreie Funktion des Entwässerungssystemskann nur realisiert werden, wenn die Dimensio-nierung der Leitung mit den entsprechenden Spül-mengen harmoniert. Moderne Bauteile innerhalbeines Systems sind so abgestimmt, dass sich einmöglichst günstiger Füllungsgrad sowie ein rück-standsloses Ausspülverhalten ergeben. Abschlie-ßend darf festgehalten werden: Mit dem Einsatzvon Abwasserleitungen in DN 90 statt DN 100 ver-bessern sich nicht nur die hydraulischen Eigen-schaften. Gleichzeitig ist diese Dimension kosten-günstiger und einfacher zu montieren. Zusätzlichverringern sich Schacht- und Vorwand-tiefen.Mehr Informationen zu diesem Thema:

Autor: Philipp Claus, Produktmanager Rohrleitungssysteme, Geberit Vertriebs GmbH

Bild 10 • Fallleitung nach DIN 1986-100, Tab. 8.

Bild 11 • Philipp Claus, Produktmanager Rohrleitungssysteme, Geberit Vertriebs GmbH

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