Achtsamumgehenmitdem, waswiranThüringenhaben! · 2013-01-29 · Die wechselvolle Landschaft von...

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www.thueringen.de Achtsam umgehen mit dem, was wir an Thüringen haben! Umweltpolitische Schwerpunkte 2013/2014

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Achtsam umgehen mit dem,was wir an Thüringen haben!Umweltpolitische Schwerpunkte 2013/2014

 

Vorbemerkungen

Seit Oktober 2009 bin ich Umweltminister meiner Heimat Thüringen. Mit den Thüringerinnen und Thüringern, ob alteingesessen oder zugezogen, teile ich die Verbundenheit mit diesem schönen Landstrich, in dem es sich gut leben lässt.

Die wechselvolle Landschaft von Mittelgebirge und Thüringer Becken, von Waldgebieten, landwirtschaftlich genutzten Flächen und Naturschutzflächen mit besonders schützenswerten Biotopen sowie kleinen und größeren Siedlungen ist etwas Besonderes, das es zu schützen gilt. Auch bei notwendigen Anpassungen an äußere Umstände und gesellschaftliche Änderungen, seien es die Energiewende oder der sich abzeichnende Klimawandel, seien es demografische oder wirtschaftliche Entwicklungen und Baumaßnahmen, ist es mir besonders wichtig, dass wir achtsam mit dem umgehen, was wir hier an Thüringen haben – unsere natürlichen Ressourcen wie Wasser, Boden, Luft, Natur und eben die Kulturlandschaft.

Objektiv betrachtet hat sich der Zustand der Umwelt in Thüringen seit der Wende 1989 deutlich verbessert. Welche großen Schritte gemacht wurden und was dazu alles geleistet wurde, können wir nicht genug hervorheben. Beispielhaft an einigen Projekten habe ich das in der Broschüre „Natürlich gedacht!“ für die Öffentlichkeit dargestellt. Leider wird diese Leistung im heutigen Alltag zu leicht vergessen.

Hinsichtlich mancher Umweltfaktoren steht Thüringen im Vergleich der Bundesländer recht gut da. Der Flächenverbrauch ist bei uns niedriger als in den meisten anderen Flächenländern. Beim Anteil so genannter unzerschnittener Landschaftsräume – die wichtig sind für die Verbindung von Biotopen – führen wir sogar im Bundesvergleich. (Quelle: Länderinitiative Kernindikatoren, Indikator B1 „Landschaftszerschneidung“) Auch die Luftqualität ist durchweg gut, abgesehen von einigen problematischen innerstädtischen Bereichen, die hauptsächlich durch Verkehr belastet sind.

Gleichwohl gibt es auch bei uns für einen achtsamen Umgang mit unserer Umwelt und die Bewahrung unserer Lebensgrundlagen noch immer viel zu tun. Deshalb liegt es mir liegt am Herzen, dass wir die Energiewende verantwortlich mitgestalten, uns dem unvermeidbaren Klimawandel stellen und Anpassungsmaßnahmen in die Wege leiten, den Flächenverbrauch reduzieren, Ressourcenschonung konkret umsetzen und unser Naturerbe wertschätzen, stärken und bewahren.

Die Schwerpunkte meiner Tätigkeit bis zum Ende der Legislatur stelle ich mit diesem Papier vor.

Jürgen Reinholz Januar 2013 Minister für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz

Inhalt

1) Die Energiewende verantwortlich gestalten

2) Die Anpassung an den Klimawandel aktiv gestalten

3) Unverbaute Fläche für Landwirtschaft und Natur erhalten

4) Unsere Ressourcen effizient nutzen

5) Thüringen ist schön! Wir wollen unsere Natur und Kulturlandschaft bewahren und stärken

6) Unser Wald: Zwischen Nachhaltiger Nutzung und Stilllegung

7) Gestalten mit weniger Geld

8) Mitmachen erwünscht: LEADER stärken, offene Diskussionsprozesse führen und Umweltengagement würdigen

Die Energiewende verantwortlich gestalten

Die Energiewende ist eine besondere Herausforderung für die Gesellschaft – und auch für den Umwelt- und Naturschutz. Energiewende und Klimaschutz sowie Landschafts-, Arten- und Biotopschutz sind gleichberechtigte Umweltschutzziele. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien ist für das Gelingen der Energiewende auch in Thüringen unverzichtbar und im Einklang mit den Anforderungen des Natur- und Umweltschutzes möglich. Dies heißt im Klartext, dass neben der Betrachtung von wirtschaftlichen und technologischen Potenzialen der einzelnen Energieträger in Thüringen auch die Risiken für Umwelt und Landschaft berücksichtigt werden müssen. Darauf werde ich weiterhin dringen, u. a. bei den Novellierungen des Waldgesetzes und des Naturschutzgesetzes. Ich bleibe bei meiner Position, dass es Windenergieanlagen im Staatswald in Thüringen nicht geben soll. Auch der Nutzung der Wasserkraft sind durch die wichtigen Ziele für die Wiederherstellung bzw. Erhaltung der Gewässerökologie Grenzen gesetzt.

Planungen für ein Pumpspeicherwerk (PSW) Schmalwasser wird mein Haus kritisch, aber konstruktiv begleiten. Ich sage aber auch: Mit diesem und mit den bestehenden PSW leistet Thüringen für die Kurzzeitspeicher bereits viel! Wir müssen die Grenzen der Belastbarkeit für Thüringens Landschaft beachten. Nicht alles, was technisch denkbar ist, ist natur- und umweltpolitisch richtig.

Ganz sicher brauchen wir zur Bewältigung der Energiewende auch Energiespeicher – ich setze dabei vor allem auf innovative Technologien. Deshalb fördere ich gemeinsam mit meiner hessischen Amtskollegin ein „power-to-gas“-Forschungsprojekt für erneuerbares Methan als Speicher für

überschüssige Energie. Die ersten Forschungsergebnisse sind vielversprechend. Nach Abschluss des Projektes Ende 2013 und Auswertung der Ergebnisse bin ich bestrebt, ein Pilotvorhaben an einer Biogasanlage in Thüringen durchzuführen.

Auf Bundesebene wird mein Ministerium weiterhin federführend im Steuerungskreis der Plattform „Energiewende“ den Prozess um die Steuerung der Energiewende und die Gestaltung des EEG verantwortungsvoll mitgestalten. Die Arbeit dort werde ich eng verzahnen mit dem mir obliegenden Vorsitz der Umweltministerkonferenz 2013.

Die Biomasse bleibt für mich der wichtigste Energieträger im Erneuerbare-Energien-Mix unseres Freistaates. Wir sind in Thüringen schon gut aufgestellt – sowohl was die Zahl der Anlagen als auch was den Anteil der Reststoffverwertung wie Gülle etc. angeht. Zudem besteht beim Anbau von Energiepflanzen in Thüringen nicht das Problem der „Vermaisung“ wie in manch anderen Bundesländern. Darauf werde ich in der Kommunikation Wert legen, um einer Verunglimpfung der Biomasse vorzubeugen. An der Wertschätzung unserer Gesellschaft für den Beitrag unserer heimischen Landwirtschaft zur Versorgung mit erneuerbaren Energien will ich intensiv arbeiten. Ich sehe weiterhin Ausbaupotenzial in Thüringen, insbesondere bei der Nutzung von Nebenprodukten und Wärmenutzung von Biogasanlagen. Hierbei werden die Kommunen und Unternehmen im ländlichen Raum durch die 2008 gegründete Bioenergieberatung Thüringen (BIOBETH) fachkompetent beraten. Diese Form der Unterstützung bleibt für mich ein wichtiger Baustein bei der Energiewende in Thüringen. Energieeffizienz und Eigenenergieversorgung sind Themen mit großem Potenzial z. B. im Bereich der Abwasseraufbereitung. (s. Kapitel Ressourceneffizienz)

Die 380kV-Trasse über den Thüringer Wald ist als Teil des Ausbaus der Energienetze erforderlich, muss aber so naturverträglich wie nur möglich realisiert werden.

Ich wiederhole: Ein Einklang von Energiewende und Anforderungen des Umwelt- und Naturschutzes ist möglich. Wir müssen dazu aber die Akteure des Umwelt- und Naturschutzes einbinden. Ich werde daher in einem Dialogforum mit Verbänden und Institutionen zu den Auswirkungen der Energiewende auf Natur und Landschaft in Thüringen diskutieren.

Die Anpassung an den Klimawandel aktiv gestalten

Viele Anstrengungen wurden und werden auf verschiedenen politischen Ebenen unternommen, um den Ausstoß klimarelevanter Gase einzudämmen und damit den Klimawandel zu begrenzen. Das so genannte 2°C-Ziel bleibt ein sehr ehrgeiziges Unterfangen.

Trotz aller Anstrengungen steht fest, dass der Klimawandel bereits voll im Gange ist, und auch Thüringen wird von den Folgen betroffen sein. Dies bedeutet nicht nur Auswirkungen auf Umwelt und Natur, sondern auch auf Wirtschaft und Gesellschaft. Ob Städtebau, Katastrophenschutz oder Gesundheitsdienst – viele Bereiche müssen sich vorbereiten. Ich habe mit meinem Haus einen Dialog mit anderen Ministerien gestartet mit dem Ziel, einen Maßnahmenkatalog für Thüringen zur Anpassung an den Klimawandel zu erstellen. In 2013 werde ich das ressortübergreifend, unter

Berücksichtigung der voraussichtlichen regionalen Klimaentwicklungen bei uns in Thüringen erarbeitete Integrierte Maßnahmenprogramm zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels (IMPAKT) vorstellen für u.a. Gesundheit , Wasserwirtschaft, Katastrophenschutz, Energiewirtschaft, Tourismus, Verkehr, Natur und Forstwirtschaft. In einem weiteren Schritt soll die kommunale Ebene über IMPAKT eingebunden werden und mit fachlicher Unterstützung der Thüringer Klimaagentur die Diskussion und Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen erfolgen.

In meiner Zuständigkeit liegen die Forst- und die Landwirtschaft, aber auch der Hochwasserschutz. In all diesen Bereichen müssen wir uns auf die Folgen des Klimawandels vorbereiten. Der Waldumbau ist im Staatswald auf gutem Weg. Im Jahre 2010 wurde die Empfehlung der bis dahin gültigen Herkunftsgebiets-Verordnung unter Berücksichtigung der Klimaanpassung überarbeitet. Für das langfristige Vorhaben des Waldumbaus war es wichtig, die zu verwendenden herkunftsgerechten Baumarten entsprechend der Klimaveränderungen zu überprüfen. Denn die heute gepflanzten Baumarten müssen auch in 50 und in 100 Jahren mit den Bedingungen der Klimaveränderung gut leben können. Die Landesforstanstalt hat dazu festgestellt, dass von ihren Flächen rund 38.000 ha Wald umgebaut werden sollten. Auf 15.000 ha davon wurden dabei Verjüngungsmaßnahmen durch aktive Pflanzungen oder Saaten als unverzichtbar eingeschätzt. Das bereits begonnene „Landesprogramm Waldumbau“ wird auch in diesem und in den nächsten Jahren in der gleichen Größenordnung weitergeführt wie im Jahr 2012, als auf einer Fläche von rund 180 ha mit einer Pflanzenzahl von rund 100.000 Stk. Staatswald umgebaut wurde.

Für die Folgen des Klimawandels in der Landwirtschaft habe ich im Sommer 2012 die Studie „Regionaldifferenzierte Abschätzung der Auswirkungen des Klimawandels auf die Erträge von wichtigen Fruchtarten im Freistaat Thüringen“ vorgestellt, die wertvolle Hinweise auf Handlungsoptionen liefert. Auch wenn es keine grundlegenden, massiven klimabedingten Verschiebungen der Hauptfruchtarten in Thüringen geben wird, müssen wir uns den regional unterschiedlich ausfallenden Folgen des Klimawandels stellen. Die Anpassung der Landwirtschaft an den Klimawandel bleibt auch in den nächsten Jahren eines der wichtigsten Themen der angewandten landwirtschaftlichen Forschung in meinem Ressort. Gemeinsam mit dem Berufsstand der Thüringer Landwirte will ich den Dialog fortführen, welche der erforderlichen Maßnahmen wir gemeinsam in der nächsten Zeit angehen werden.

Der Klimawandel wird auch zu einem regional veränderten Wasserdargebot führen. Darüber hinaus wird es häufiger Starkregen geben, was sich auf die Wasserabflüsse auswirken und erhöhte Anforderungen an den Hochwasserschutz stellen wird. Thüringen wird bis Ende 2015 ein Landesprogramm Hochwasserschutz aufstellen. Dieses Programm dient nicht nur der Anpassung an den Klimawandel, damit machen wir das Hochwasserrisikomanagement für Thüringen generell fit für die Zukunft. Das Programm wird in enger Abstimmung mit Kommunen und Verbänden erstellt. Ich will einen offenen, transparenten Prozess gewährleisten, indem in Regionalkonferenzen mit Kommunen und betroffenen Gruppen die Maßnahmen und Ziele sowie mögliche Auswirkungen diskutiert werden. Bei diesem Programm geht es nicht darum, neue Gesetze und Anforderungen zu schaffen oder möglichst viel Geld zu verbauen. Vielmehr wollen wir die einzelnen Aktivitäten im Hochwasserschutz bündeln und besser managen. Dies ist einer der Ansätze für den weiter unten aufgeführten Punkt „Gestalten mit weniger Geld“.

Unverbaute Fläche für Landwirtschaft und Natur erhalten

Fläche ist ein wertvolles Gut – man kann sie nicht vermehren und nicht neu schaffen. Daher müssen wir die Versiegelung freier Flächen soweit wie möglich einzudämmen und Flächen, die aus verschiedenen Gründen brach liegen, wieder nutzen. Für Natur und Landwirtschaft ist es dabei besonders wichtig, die natürlichen Bodenfunktionen auf der Fläche zu erhalten oder wieder herzustellen. Dafür brauchen wir ein intelligentes Flächenmanagement. Vielfach kann erst durch die Instrumente der Bodenordnung Eigentum sozialverträglich verfügbar gemacht werden. Damit lassen sich Konkurrenzen um Flächennutzungen lösen. Flurbereinigung und freiwilliger Landtausch haben daher für mich einen unverändert hohen Stellenwert.

Im Rahmen der Thüringer Nachhaltigkeitsstrategie habe ich mit meinem Ministerium federführend ein Projekt für Nachhaltige Flächenpolitik gestartet. Basis war der von meinem Haus erarbeitete und im Januar 2012 vorgestellte „Aktionsplan nachhaltige Flächenpolitik“. Ressortübergreifend und mit vielen Akteuren aus Verbänden und Institutionen Thüringens will ich 2013 ein „Aktionsbündnis Fläche“ schließen, in dem Maßnahmen aus dem Aktionsplan Fläche begleitet und unterstützt werden. Ein zentrales Anliegen dieses Aktionsbündnisses muss aus meiner Sicht sein, die außerlandwirtschaftliche Inanspruchnahme von Agrarflächen zu verringern und auf das notwendige Maß zu begrenzen.

Grundlage des Bündnisses sind eine gemeinsame Erklärung und ein Arbeitsplan. Beide wurden in enger Zusammenarbeit und im Dialog mit den genannten Akteuren vorbereitet und stehen für eine breit angelegte gesellschaftliche Beteiligung. Das ehrgeizige Ziel ist eine möglichst ausgeglichene Bilanz zwischen Flächenneuinanspruchnahme und Rückwidmung für natürliche und naturnahe Zwecke bis zum Jahr 2020 (Quelle: Indikatorenbericht der Thüringer Nachhaltigkeitsstrategie 2012, Indikator Nr. 5).

In Zeiten des Bevölkerungsrückgangs ist es nicht zukunftsfähig, Siedlungsflächen auf der grünen Wiese auszuweiten. Ich werde daher die Förderung der Dorfentwicklung mehr und mehr auf Projekte konzentrieren, mit denen die Ortskerne gestärkt werden, also auf die Dorfinnenentwicklung und den Dorfumbau. Damit werden die Orte belohnt, die auf die Ausweisung von Neubaugebieten verzichten.

Wer sich auf die Innenentwicklung konzentriert, trägt zu attraktiven und lebendigen Siedlungen mit funktionsfähigen Ortskernen bei. Gleichzeitig wird ein wichtiger Beitrag zur Reduzierung des Flächenverbrauchs geleistet. Auch hinsichtlich der finanziellen Belastungen für Kommunen kommt der Innenentwicklung eine wichtige Bedeutung zu. Neu ausgewiesenes Bauland verursacht Folgekosten, besonders bei der Infrastruktur, die dann dauerhaft erhalten werden muss.

Ich weiß, dass es für die Innenentwicklung keine Patentrezepte gibt. Lösungsmodelle müssen immer an die örtliche Situation angepasst sein. Um einen Überblick über die Situation und die Realisierungsmöglichkeiten im jeweiligen Dorf zu bekommen, haben wir den Gemeinden als anwendungsorientierte Hilfestellung einen „Vitalitäts-Check“ zur Verfügung gestellt. Mit der Erfassung von Daten zur u.a. Siedlungsstruktur, Bevölkerungsentwicklung, Baulandpolitik, Gewerbe und Versorgungsstruktur können Bewertungen zu Chancen und Möglichkeiten für die

Innenentwicklung von den Verantwortlichen vor Ort erstellt werden. Ich habe festgelegt, dass der Vitalitäts-Check Voraussetzung für die Bewilligung von Fördermitteln zur Dorfentwicklung ist.

Unsere Ressourcen effizient nutzen und schonen

Während Energieeffizenz mittlerweile in der öffentlichen und politischen Wahrnehmung weit oben auf der Agenda steht, sehe ich hinsichtlich des schonenden Umgangs mit anderen Ressourcen durchaus noch Potenzial zur Sensibilisierung und Verbesserung.

Unser Lebensstil und Konsumverhalten führt immer noch dazu, dass viele Ressourcen verbraucht werden. In der Kreislaufwirtschaft lässt sich mit konkreten Maßnahmen durchaus noch mehr optimieren. Ich werde 2013 einen Vorschlag für eine Neufassung des Thüringer Abfallwirtschaftsgesetzes vorlegen, um es an die Regelungen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes anzupassen. Viele Ziele der Kreislaufwirtschaft sind längst schon festgelegt – es mangelt jedoch an der zufriedenstellenden Umsetzung. Ganz konkret werden leider immer noch zu wenige Recycling-Baustoffe in Baumaßnahmen verwendet. Unter Recycling-Baustoffen sind dabei insbesondere Baustoffe auf Basis mineralischer Abfälle aus industriellen Prozessen (z. B. Stahlwerksschlacken) sowie aus dem Baubereich (z. B. aufbereiteter Betonbruch) zu verstehen. Als Einsatzbereiche kommen neben dem Straßen- und Erdbau ebenfalls der Hochbau in Betracht. Auch die öffentliche Hand und Unternehmen des Landes gehen bei Ausschreibungen leider nicht immer mit gutem Beispiel voran. Auch wenn Recycling-Baustoffe natürliche Baustoffe wie Kies und Sand schon mengenmäßig nicht vollständig ersetzen können, so reduziert deren Verwendung sowohl den Abbau natürlicher Lagerstätten – und damit Eingriffe in unsere Landschaft - als auch die Deponierung von Bauschutt. Unter der Voraussetzung, dass Recyclingbaustoffe bautechnisch gleichwertig zu den zu ersetzenden natürlichen Rohstoffen sind, sollten Ausschreibungen für öffentliche Aufträge so gestaltet werden, dass Recyclingbaustoffe zumindest gleichwertig angeboten werden können. Ich will im Frühsommer 2013 eine Initiative zum verstärkten Einsatz von Recycling(RC)-Baustoffen starten. Im Dialog mit Kommunalvertretern und Verbänden will ich die Chancen für den Einsatz von RC-Baustoffen diskutieren und auf umweltgerechte Ausschreibungen drängen. Ziel der Initiative soll es sein, das Vertrauen in RC-Baustoffe zu stärken und deren Einsatz kontinuierlich zu erhöhen.

Elektronikgeräte enthalten viele Wertstoffe, die bisher nicht genügend wiederverwertet werden. Die Wiederverwertung kann sich durch eine verstärkte Rücknahme von Altgeräten noch verbessern lassen. Die Europäische Union hat dazu die „Elektroschrott-Richtlinie“ novelliert. Bei der anstehenden Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht im Elektronik- und Elektrogerätegesetz werde ich mich für verbraucherfreundliche Rücknahmesysteme einsetzen. Ein besonderes Anliegen sind mir die Energiesparlampen, da sie Schadstoffe enthalten und, um Glasbruch zu vermeiden, nicht zusammen mit anderen Elektrokleingeräten gesammelt werden dürfen. Damit sie nicht im Hausmüll landen, plädiere ich für ein flächendeckendes Sammel- oder Rücknahmesystem auch im ländlichen Raum. Hierfür werde ich mich auf Bundesebene im Rahmen meines Vorsitzes der Umweltministerkonferenz einsetzen.

Kläranlagen sind die größten Energieverbraucher in Kommunen. Bei steigenden Energiepreisen wird dies zunehmend zum Kostenfaktor, den letztlich die Verbraucher über Gebühren zu tragen haben. Auf zwei Wegen lassen sich hier Ressourcen schonen: Durch Steigerung der Energieeffizienz und durch Eigenerzeugung von Energie aus Faulgasen und Klärschlamm. Für beide Aspekte werde ich im Frühjahr 2013 eine Potenzialstudie „Energieverbrauch und Energieerzeugung in Kläranlagen“ für Thüringen vorstellen. Im Gespräch mit den Abwasserverbänden will ich für die Nutzung dieser Potenziale werben.

Sauberes Wasser ist lebenswichtig für Mensch und Natur. Damit das so bleibt und damit sich dort, wo unsere Gewässer in noch nicht ausreichend gutem Zustand sind, die Situation verbessert, müssen wir weitere Anstrengungen unternehmen, das Einleiten ungeklärter Abwässer in Thüringen zu verringern. Hier ist in den vergangenen Jahren sehr viel investiert worden, dennoch sind wir noch nicht am Ziel. Ich werde mich beim weiteren Ausbau des Anschlussgrades an die Abwasserentsorgung um Augenmaß bemühen, denn mir ist sehr wohl bewusst, welche Belastungen im Einzelfall die Menschen im Land über Gebühren oder Investitionen in Kleinkläranlagen zu schultern haben. Eine Entscheidungsgrundlage für notwendige Investitionen wird der Demografiecheck sein, der für die Planung und vor allem Priorisierung von Maßnahmen zur Abwasserreinigung in meinem Hause entwickelt und im Dezember 2012 vorgestellt wurde (s. unter „Gestalten mit weniger Geld“).

Das Thema Ressourceneffizenz gewinnt auch in der Landwirtschaft zunehmend an Bedeutung. Moderne Landwirtschaft muss sich durch eine ressourcenschonende Wirtschaftsweise auszeichnen. Eine Möglichkeit zur konkreten Umsetzung dieser Wirtschaftsweise ist dabei die Einführung von Umweltmanagementsystemen in der Landwirtschaft. Damit lassen sich Verbesserungspotenziale aufdecken – gleichzeitig könnte das Umweltmanagement eine wichtige Rolle spielen im „Greening“-Verfahren der zukünftigen EU-Agrarpolitik. Dafür werde ich mich einsetzen, bestehen doch gerade in Thüringen langjährige Erfahrungen mit der Entwicklung von Umweltmanagementsystemen in der Landwirtschaft. Das Thüringer Kriteriensystem Nachhaltige Landwirtschaft (KSNL) gehört bundesweit zu den führenden Arbeiten auf diesem Gebiet.

Thüringen ist schön! Wir wollen unsere Natur- und Kulturlandschaft bewahren und stärken

Thüringen zeichnet sich durch eine hohe biologische Vielfalt aus. Verteilt im Land finden sich wertvolle Lebensräume im Wald und im Offenland, Hot Spots der Biodiversität, seltene Tier- und Pflanzenarten. Dies korrespondiert mit dem vielerorts zu findenden ländlichen Charme Thüringens, der auf dem Wechsel von kompakten Waldgebieten des Thüringer Waldes, des Thüringer Schiefergebirges oder des Hainichs mit landwirtschaftlicher Nutzfläche sowie Naturschutz-Kleinoden beruht.

Diese Vielfalt und Schönheit unserer Natur- und Kulturlandschaft gilt es zu erhalten! 2011 habe ich die Thüringer Biodiversitätsstrategie vorgestellt. Jetzt will ich diese weiter mit Leben füllen und die daraus folgenden Maßnahmen angehen. Ende 2013 werde ich eine Schutzgebietskonzeption zur Umsetzung der Biodiversitätsstrategie vorlegen. Dabei sollen Lücken geschlossen und Kernbereiche

für den Biotopverbund herausgearbeitet werden. Dazu gehört auch die weitere Identifizierung von zukünftig nutzungsfreien Waldflächen für das 25.000ha-Ziel (siehe unten, Absatz „Wald“).

Derzeit wird das Thüringer Naturschutzgesetz grundlegend überarbeitet. Mein Ziel ist es, vor allem bisherige landesrechtliche Bestimmungen, soweit sie bewährt sind und dies möglich ist, neben dem unmittelbar geltenden Bundesrecht zu erhalten. Ich bin bestrebt, eine Kabinettsentscheidung im Winter 2013 herbeizuführen. In der Folge werde ich auch eine Verordnung über die gesetzlich geschützten Biotope vorlegen, die die bisherige Verwaltungsvorschrift ersetzt und auf den neuesten Stand bringt.

Wie eingangs erwähnt hat Thüringen eine gute Ausgangslage bei den unzerschnittenen Landschaftsräumen. Sie sind Inseln der Ruhe für die Erholung in der Natur. Auch für viele Tierarten sind große zusammenhängende Lebensräume (über-)lebenswichtig. Obwohl wir in den vergangenen beiden Jahrzehnten neue Zerschneidungen minimiert haben, etwa mit den Autobahntunneln und großzügigen Brückendurchlässen, besteht noch Handlungsbedarf. Daneben hat die Entwicklung der landwirtschaftlichen Produktionsverfahren zur Schaffung von großen Bewirtschaftungseinheiten geführt, die durch die Beseitigung von Strukturelementen wie Hecken und Feldrainen zu einer Verinselung von Lebensräumen für viele Arten der offenen Landschaft beigetragen haben. Die Wiedervernetzung der verinselten Lebensräume, auch über weite Strecken hinweg, ist nicht nur Voraussetzung dafür, dass solch prominente Arten wie die Wildkatze hier leben können, sondern hilft auch unsere in der Thüringer Biodiversitätsstrategie gesetzten Ziele zu erreichen.

Bis zum Ende der Legislaturperiode will ich zur Entwicklung des Biotopverbundes die Umsetzung von Maßnahmen aus dem Wiedervernetzungsprogramm an Bundesfernstraßen und notwendige Grünbrücken beim Ausbau von Straßen angehen. Hierzu will ich Konsens mit dem Thüringer Verkehrsminister erreichen. Weiterhin werde ich den Verbund von Wald- und Auenlebensräumen fördern und dies im Landesentwicklungsprogramm 2025 verankern.

Auch die Landwirtschaft soll ihren Beitrag leisten. In Räumen mit intensiver landwirtschaftlicher Nutzung sind ausreichend ökologische Vorrangflächen bereitzustellen, die den Erhalt der typischen Fauna und Flora der Agrarlandschaft sicherstellen. Dabei ist auf eine ausreichende Vernetzung der Lebensräume zu achten.

2013 werden wir den Antrag zur erneuten Anerkennung des wesentlich erweiterten Biosphärenreservats Vessertal-Thüringer Wald bei der UNESCO stellen. Ich bin zuversichtlich, dass die Neu-Anerkennung problemlos laufen wird. Wir haben mit dem Moderationsprozess zur Erweiterung des Biosphärenreservats vor Ort gut vorgearbeitet – der Moderationsprozess wurde von der UNESCO bereits als „best-practice-Beispiel“ für gute Beratung und Beteiligung der Bevölkerung anerkannt.

Den Moderationsprozess um die Kern- und Pflegezonenerweiterung des Biosphärenreservats Rhön will ich auf dem mit der Region gemeinsam gefundenen Weg weiter vorantreiben. Dies werde ich so im Evaluierungsbericht an das nationale MAB-Komitee („Men and Biosphere“) im Februar klar darstellen. Auch in der Rhön wird man von dem Biosphärenreservat weiter profitieren.

Die reiche Naturausstattung Thüringens hat auch in unserer Meldung von Natura 2000-Gebieten an die EU Niederschlag gefunden. Unsere dafür aus dem europäischen Naturschutzrecht resultierenden Verpflichtungen erfordern eine entsprechende Bewirtschaftung dieser Gebiete. Im Rahmen der Planungen für die neue EU-Förderperiode ab 2014 werde ich die Natura 2000-gerechte Bewirtschaftung wieder zu einem Schwerpunkt des Vertragsnaturschutzes machen.

Unser Wald: Zwischen Nachhaltiger Nutzung und Stilllegung

Mehr als ein Drittel Thüringens ist geprägt von Waldflächen. Die drei Funktionen des Waldes – Natur, Erholung und wirtschaftliche Nutzung – müssen immer wieder in Einklang gebracht werden. Der Begriff der Nachhaltigkeit ist bekanntlich in der Forstwirtschaft geprägt worden. Dem fühlen wir uns verpflichtet, insbesondere in der Verantwortung für den Staatswald. Deshalb will ich den in 2010 abgeschlossenen gesellschaftlichen Dialog „Wald im Wandel“ zur Förderung einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung und -entwicklung wieder aufnehmen und mit Engagement fortführen. Auf dieser Basis soll das Thüringer Forstprogramm von 2001 novelliert werden. Der Waldumbau dient sowohl der Stabilität der Wälder, dem Erhalt und der Verbesserung der Biodiversität als auch der Anpassung an den Klimawandel.

Dem 25.000ha-Ziel der Regierungskoalition zur Nutzungsaufgabe von Staatswaldflächen fühle ich mich verpflichtet. Damit leisten wir einen wesentlichen Beitrag zur Umsetzung der Thüringer Biodiversitätsstrategie. Im Januar 2013 habe ich ein umsetzungsorientiertes, langfristig angelegtes Konzept dazu vorgelegt, in dem für die Nutzungsaufgabe geeignete Flächen dargestellt werden. Die Nutzungsaufgabe wird schrittweise bis spätestens 2029 erfolgen. Zum Teil wird sie in naher Zukunft geschehen, bei den meisten Flächen jedenfalls bedeutend früher als im Koalitionsvertrag vereinbart.

Gestalten mit weniger Geld

Das Thüringer Umweltministerium ist eines der wenigen Ministerien, die sich aus dem Gedanken der Nachhaltigkeit und der Konsolidierung heraus im kommenden Doppelhaushalt beschränken und tatsächlich mit weniger Geld auskommen.

Zugleich werden bekanntermaßen in der folgenden Förderperiode der EU-Fonds für Thüringen durchweg weniger Mittel zur Verfügung stehen.

Dies zusammen bedeutet eine große Herausforderung für die Gestaltung von Fördermaßnahmen. Fördergelder müssen deutlich zielgerichteter eingesetzt werden. Ich will dennoch auch bei Fördermaßnahmen soweit möglich auf die Berücksichtigung der genannten Schwerpunkte achten. In der Programmplanung für die Dorfentwicklung wird stärker auf die Innenentwicklung zum Schutz unversiegelter Flächen gesetzt werden. Auch werde ich prüfen lassen, inwieweit Vorgaben zur Nutzung von Recycling-Baustoffen bei Baumaßnahmen z. B. im Wegebau verpflichtend an die Fördermittelvergabe geknüpft werden können.

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Zum zielgerichteten Einsatz von Geldern gehört auch die Berücksichtigung demografischer Entwicklungen. Dies bedeutet nicht, dass manche ländliche Regionen von der Förderung abgekoppelt werden – aber bei nachhaltiger Nutzung bestehender Finanzmittel müssen wir die Demografie beachten. Der von mir im Dezember 2012 vorgestellte Demografiecheck ermöglicht es, mit objektiven Kriterien Prioritäten für die Förderung transparent zu erarbeiten. Dies will ich zur Unterstützung der Abwasserverbände und eigenentsorgenden Gemeinden im Bereich der Förderung von Abwasserreinigungsmaßnahmen einsetzen. Mein Haus wird prüfen, inwieweit sich dieser Demografiecheck auf andere Fördermaßnahmen anwenden lässt – sowohl in meinem eigenen Ressort, aber auch im Gespräch mit meinen Ressortkollegen.

Mit Ressourcen besser umzugehen heißt auch, vor der eigenen Tür zu kehren und mit gutem Beispiel voranzugehen. Ich habe entschieden, dass mein Ministerium ein Umweltmanagementsystem entsprechend der anspruchsvollen europäischen EMAS-Verordnung einführt, das für Rechtskonformität, Glaubwürdigkeit und Transparenz steht. Unsere nächsten Schritte habe ich Anfang 2013 vorgestellt. Nachdem wir erste Erfahrungen damit gesammelt haben, werde ich prüfen, ob sich das Verfahren auf andere Institutionen meines Ressorts übertragen lässt und auch gegenüber meinen Kabinettskollegen für die Einführung von Umweltmanagement werben.

Mitmachen erwünscht: LEADER stärken, offene Diskussionsprozesse führen und Umweltengagement würdigen

Stark in den Regionen, stark in den Ortschaften – wenn Menschen mitgestalten, stärkt das die Akzeptanz von Maßnahmen z. B. der Integrierten ländlichen Entwicklung oder im Naturschutz. Das Instrument LEADER mit seinen Regionalen Aktionsgruppen (RAG) hat sich mittlerweile in Thüringen flächendeckend etabliert und bewährt. Viele gute Beispiele habe ich 2012 in der Broschüre „LEADER in Thüringen – Menschen bewegen ihr Land“ vorgestellt. Zwar können nicht alle Fördervorhaben und rechtlich notwendigen, vorgegebenen Maßnahmen den RAG zur Entscheidung überlassen werden, jedoch möchte ich für die künftige Förderperiode durchaus das Instrument LEADER stärken. Damit will ich bürgerschaftliches Engagement und Teilhabe fördern. Konkret ist geplant, den LEADER-Ansatz auf weitere Förderbereiche meines Hauses auszudehnen.

Offene Diskussionsprozesse wie bei der Erweiterung der Biosphärenreservate oder Gespräche und Workshops mit Betroffenen und Handelnden in Thüringen wie beim Thema Energieerzeugung in Kläranlagen und Verwendung von Recyclingbaustoffen gehören für mich zum Politikstil. Nicht immer sind neue Verordnungen und Gesetze gefragt, sondern aktives Werben für Maßnahmen und der konstruktive Austausch mit den Menschen im Land.

Der von mir vor zwei Jahren ins Leben gerufene Thüringer Staatspreis für Umwelt wird 2013 zum zweiten Mal ausgelobt. Der Umweltpreis ist ein Instrument, Umweltschutz ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken und gleichzeitig auf das vielfältige Engagement von Vereinen und Firmen, Kommunen und Einzelpersonen aufmerksam zu machen. Es wird bereits viel bewegt in unserem Land.