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Aerodynamisches Laboratorium Windkan¨ ale Zusammenfassung Experimentelle Untersuchungen in der Aerodynamik sind notwendig, da zum einen die theo- retische Modellierung komplizierter Str¨ omungsvorg¨ ange oft nicht direkt m¨ oglich ist und zum anderen die G¨ ultigkeit numerischer Verfahren experimentell ¨ uberpr¨ uft werden muss. Aerody- namische Experimente werden meist an Modellen in Wind- oder Wasserkan¨ alen oder auch in Stoßwellenrohren durchgef¨ uhrt, da die Untersuchung der Str¨ omung am Original aus Kosten- gr¨ unden nur selten m¨ oglich ist. Im Unterschied zum realen Fall bleibt der zu untersuchende Versuchsk¨ orper dabei in Ruhe, w¨ ahrend das Str¨ omungsmedium in Bewegung gebracht und so die gew¨ unschte Umstr¨ omung erzeugt wird. Windkan¨ ale mit einem Antrieb k¨ onnen kontinuier- lich betrieben werden, w¨ ahrend Druck- oder Vakuumspeicherkan¨ ale nur einen intermittierenden Betrieb zulassen, d.h. die Messzeit betr¨ agt jeweils nur einige (Milli-)Sekunden. 1 Vorbemerkungen Voraussetzungen f¨ ur die Verwendbarkeit von Windkan¨ alen f¨ ur str¨ omungstechnische Untersu- chungen: Die ¨ Ahnlichkeitsgesetze sind anwendbar, so dass die Ergebnisse an Modellen im Windkanal auf umstr¨ omte K¨ orper in Originalgr¨ oße, insbesondere auch auf Flugzeuge im freien Flug, ¨ ubertragbar sind. Die Randbedingungen f¨ ur Modelle im Windkanal und umstr¨ omte K¨ orper in Originalgr¨ oße, insbesondere auch f¨ ur freifliegende, sind ¨ ahnlich (z.B. Bedingung des Freistrahlrandes, Oberfl¨ achenrauhigkeit, Turbulenzgrad der Anstr¨ omung etc.). Ein Windkanal muss derart gebaut sein, dass in der Messstrecke ein Luftstrom mit zeitlich und r¨ aumlich konstanter Geschwindigkeitsverteilung erzeugt wird. 1.1 ¨ Ahnlichkeitskennzahlen Die Einhaltung s¨ amtlicher ¨ Ahnlichkeitsgesetze in einem Versuch ist in der Regel nicht m¨ oglich. Man beschr¨ ankt sich daher darauf, die f¨ ur das zu untersuchende Problem entscheidende Kennzahl zu ermitteln und im Versuch einzuhalten. ur station¨ are Experimente bei kleinen Geschwindigkeiten gen¨ ugt es beispielsweise, die gleiche Reynoldszahl wie bei der Großausf¨ uhrung zu realisieren. Dagegen ist es bei Versuchen mit h¨ ohe- 1

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Aerodynamisches Laboratorium

Windkanale

Zusammenfassung

Experimentelle Untersuchungen in der Aerodynamik sind notwendig, da zum einen die theo-

retische Modellierung komplizierter Stromungsvorgange oft nicht direkt moglich ist und zum

anderen die Gultigkeit numerischer Verfahren experimentell uberpruft werden muss. Aerody-

namische Experimente werden meist an Modellen in Wind- oder Wasserkanalen oder auch in

Stoßwellenrohren durchgefuhrt, da die Untersuchung der Stromung am Original aus Kosten-

grunden nur selten moglich ist. Im Unterschied zum realen Fall bleibt der zu untersuchende

Versuchskorper dabei in Ruhe, wahrend das Stromungsmedium in Bewegung gebracht und so

die gewunschte Umstromung erzeugt wird. Windkanale mit einem Antrieb konnen kontinuier-

lich betrieben werden, wahrend Druck- oder Vakuumspeicherkanale nur einen intermittierenden

Betrieb zulassen, d.h. die Messzeit betragt jeweils nur einige (Milli-)Sekunden.

1 Vorbemerkungen

Voraussetzungen fur die Verwendbarkeit von Windkanalen fur stromungstechnische Untersu-

chungen:

• Die Ahnlichkeitsgesetze sind anwendbar, so dass die Ergebnisse an Modellen im Windkanal

auf umstromte Korper in Originalgroße, insbesondere auch auf Flugzeuge im freien Flug,

ubertragbar sind.

• Die Randbedingungen fur Modelle im Windkanal und umstromte Korper in Originalgroße,

insbesondere auch fur freifliegende, sind ahnlich (z.B. Bedingung des Freistrahlrandes,

Oberflachenrauhigkeit, Turbulenzgrad der Anstromung etc.).

• Ein Windkanal muss derart gebaut sein, dass in der Messstrecke ein Luftstrom mit zeitlich

und raumlich konstanter Geschwindigkeitsverteilung erzeugt wird.

1.1 Ahnlichkeitskennzahlen

Die Einhaltung samtlicher Ahnlichkeitsgesetze in einem Versuch ist in der Regel nicht moglich.

Man beschrankt sich daher darauf, die fur das zu untersuchende Problem entscheidende Kennzahl

zu ermitteln und im Versuch einzuhalten.

Fur stationare Experimente bei kleinen Geschwindigkeiten genugt es beispielsweise, die gleiche

Reynoldszahl wie bei der Großausfuhrung zu realisieren. Dagegen ist es bei Versuchen mit hohe-

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ren Geschwindigkeiten bzw. Machzahlen nur sehr schwer moglich, die Ahnlichkeit der Reynolds-

zahl neben der der Machzahl einzuhalten. Es gibt Windkanale, die dies durch Aufpumpen der

Messstrecke (hoherer Ruhedruck) und starke Kuhlung (Verringerung der Zahigkeit) erreichen.

Ein Beispiel hierfur ist der”Europaische Transsonische Windkanal“ (ETW) in Koln (Abb. 1, 2)1.

Abbildung 1: Betriebsbereich des ETW

Abbildung 2: ETW-Messstrecke mit Modell

1http://www.etw.de/windtunnel/fr windtunnel.htm

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Die am haufigsten zu berucksichtigenden Kennzahlen sind:

Reynoldszahl Re =ρ u l

η=

u l

ν=

TragheitskraftZahigkeitskraft

Machzahl Ma =u

a=

StromungsgeschwindigkeitSchallgeschwindigkeit

Knudsenzahl Kn =lml

=mittlere freie Weglangecharakteristische Lange

Prandtlzahl Pr =η cpλ

= ReibungswarmeTemperaturleitfahigkeit

Strouhalzahl Sr =2 π f l

u=

ω l

uKennzahl periodischer Stromungsvorgange

Sr → 0 : quasistationare Stromung

Nusseltzahl Nu =α l

λ=

WarmeubergangWarmeleitung

Stantonzahl St =Nu

Re Pr=

α

ρcpu∞=

Warmeubergangkonvektiver Warmetransport

2 Einteilung der Windkanale

2.1 Einteilung nach der Machzahl

- Unterschallkanal (inkompressibel) 0 < Ma < 0,25

- Unterschallkanal (kompressibel) 0,25 ≤ Ma < 0,7

- Transsonikkanal 0,7 ≤ Ma < 1,2

- Uberschallkanal 1,2 ≤ Ma < 5

- Hyperschallkanal 5 ≤ Ma

Bei den Hyperschallkanalen unterscheidet man”kalte“ und

”heiße“ Kanale, je nachdem ob nur

die Machzahl oder auch die Ruhetemperatur richtig simuliert wird. Im letzteren Fall kann man

auch Realgaseffekte untersuchen.

2.2 Einteilung nach der Betriebsdauer

Kontinuierlich arbeitende Kanale Intermittierend arbeitende Kanale

Windkanale mit geschlossener Ruck- Vakuumspeicherkanal (Abb. 12–17),

fuhrung (Abb. 6-11), Druckspeicherkanal

Plasmakanal, Stoßrohr (Abb. 3, 4, 18–20),

MHD-Kanal (magneto-hydrodynamischer Injektorkanal, Rohrwindkanal,

Kanal). Kryo-Stoßwellenkanal, Gun-Tunnel.

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Abbildung 3: Stoßrohr-Transschallkanal (STk) des Stoßwellenlabors der RWTH Aachen2

Abbildung 4: Betriebsbereich des STk

2Th. Reichel, Stoßwellenlabor der RWTH Aachen, Personliche Mitteilung

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2.3 Einteilung nach der Bauart

2.3.1 Eiffel – Windkanal

Dieser Windkanaltyp besitzt keine Ruckfuhrung des Stromungsmediums. Der einfachste Eiffel-

kanal besteht aus einer Rohre mit Geblase, wobei die Luft aus der Umgebung angesaugt wird.

Die meisten vorhandenen Windkanale sind jedoch aufwandiger gebaut. Eiffelkanale werden oft

fur die Bauwerksaerodynamik verwendet, besitzen geringe Baukosten bei großen Abmessungen

und arbeiten vornehmlich im niedrigen Geschwindigkeitsbereich bis 40 m/s.

Um ein gleichformiges und turbulenzarmes Geschwindigkeitsprofil in der Messstrecke zu erhal-

ten, braucht man eine Duse mit einem Kontraktionsverhaltnis von AK/AD = 5 . . . 20. Eine

weitere Verbesserung der Geschwindigkeitsverteilung erreicht man durch Einbauten (Gleichrich-

ter, Siebe) vor der Messstrecke: Große Kontraktion bedeutet relativ kleine Geschwindigkeit in

der Vorkammer und damit geringe Verluste durch Einbauten.

Um die Betriebskosten gering zu halten (bei einem einfachen Windkanal tritt der gesamte Stau-

druck der Messkammer (ρ · u2)/2 als Verlust auf), verwendet man Diffusoren zur Druckruckge-

winnung.

Im Messquerschnitt herrscht Unterdruck (bei offener Messstrecke wird eine Unterdruckkammer

benotigt), Luftaustritt erfolgt durch einen Diffusor ins Freie (Ruckfuhrung auch innerhalb einer

Halle moglich, d.h. Unabhangigkeit von der Witterung). Das Geblase wird meist am Ende des

Windkanals installiert. Ein langer Diffusor bedeutet: hoher Druck-Ruckgewinn, aber hohere

Baukosten; bei sehr langem Diffusor nehmen jedoch die Verluste durch Wandreibung zu.

Abbildung 5: Transschallwindkanal des ILR der TU Berlin

Der in Abb. 5 abgebildete Windkanal des Instituts fur Luft- und Raumfahrt der TU Berlin3

ist ein kontinuierlich betriebener Eiffel–Saugkanal und dient zur Untersuchung von Trans- und

Uberschallstromungen. Die Messstrecke hat einen Querschnitt von 150 × 150 mm2.

3/http://Aero.ILR.tu-berlin.de/Forschung/forversuchsanlagen.html

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Vorteile des Eiffelkanals sind einfache Bauweise und damit niedrige Baukosten. Der Gutegrad

ist nur hoch bei entsprechend aufwendigem Diffusor (Kurzdiffusor = Diffusor mit großem Off-

nungswinkel - bis zu 35◦ - und inneren Leitflachen, um Ablosung zu vermeiden). Ein Eiffelkanal

benotigt keine Umlenkvorrichtungen und ist nicht fur Selbstverschmutzung anfallig.

Nachteile bestehen darin, dass bei offener Messstrecke der Messstrahl durch eine Unterdruck-

kammer umbaut werden muss. Beim Betrieb eines Eiffelkanls ist man von den Ansaugzustanden

abhangig. Eiffelkanale zeichnen sich durch einen relativ geringen Gutegrad bei gleichzeitig hohen

Betriebskosten aus.

2.3.2 Gottinger Windkanal

Bei einem Windkanal dieser Bauart wird das Stromungsmedium vom Messsquerschnitt durch

Diffusoren und Umlenk–Ecken zur Vorkammer zuruckgefuhrt. Die optimale Erweiterung der

Diffusoren (αopt/2 = 3 . . . 4◦) fuhrt bei gegebenem Messquerschnitt und Kontraktionsverhaltnis

zu Mindestbaulangen. Das Geblase soll moglichst weit vor der Messstrecke angeordnet sein,

damit Storungen (Drall, Ungleichformigkeit durch Nabe) abklingen konnen.

Vorteile: Bei offener Messstrecke herrscht im Messstrahl Umgebungsdruck, und die Messstrecke

ist leicht zuganglich. Der Gutegrad (also das Verhaltnis von Strahlleistung zu Geblaseleistung)

kann – insbesondere bei geschlossener Messstrecke – Hochstwerte erreichen. Man ist unabhangig

von Ansaugbedingungen (Temperatur, Feuchtigkeit).

Nachteile: Hohe Baukosten wegen des großeren Platzbedarfs; Selbstverschmutzung bei Zugabe

von Fremdstoffen (z.B. Rauch fur die Sichtbarmachung der Stromung).

Es gibt auch Windkanale Gottinger Bauart fur hohere Stromungsgeschwindigkeiten, wie zum

Beispiel den Transsonikwindkanal des DLR Gottingen (Abb. 6, 7, 8)4:

Abbildung 6: Transsonikwindkanal des DLR Gottingen (TWG)

4http://www.wk.go.dlr.de/

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Abbildung 7: Plenumkammer und Messstrecke des TWG

Abbildung 8: Betriebsbereich des TWG

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3 Windkanale des Aerodynamischen Instituts

3.1 Niedergeschwindigkeitskanal

Abbildung 9: Niedergeschwindigkeits–Windkanal des AIA

Abbildung 10: Duse und Messstrecke des Niedergeschwindigkeits–Windkanals

Der Windkanal fur kleine Geschwindigkeiten des Aerodynamischen Instituts der RWTH Aachen

ist als Gottinger Standardtyp gebaut. Es handelt sich um einen stationar betriebenen Umlauf-

windkanal, bei dem immer die gleiche Luft im geschlossenen Kreislauf mit Hilfe eines einstu-

figen Axialgeblases mit einer maximalen Antriebsleistung von 100 kW umgewalzt wird. Die

Messstrecke ist offen und hat einen Durchmesser von 1,2 m. Die maximal erreichbare Windge-

schwindigkeit betragt 60 m/s (216 km/h), sie ist also klein gegenuber der Schallgeschwindigkeit.

Kompressibilitatseinflusse konnen deshalb nicht untersucht werden.

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Weitere technische Daten des Niedergeschwindigkeits–Windkanals:

Reynoldszahl [Re/m] max. 4 × 106

Messstreckenlange 1.80 m

Gesamtlange des Kanals 51.6 m

Turbulenzgrad 0.1 - 0.3 %

Untersuchungen Gebaudeaerodynamik

Grenzschichtuntersuchungen

Transition (ebene Platte, Flugel)

Naher Nachlauf

Randwirbel (Flugel)

Eingesetzte Messtechnik Druckmessung

Kraft- und Momentenmessung

Hitzdraht- und Heißfilmtechnik

Sichtbarmachung mit Olanstrich

Laseroptische Verfahren

3.2 Trisonik-Windkanal

In diesem Kanal konnen Unterschall-, Transschall- und Uberschallanstromungen bei Machzahlen

von 0.2 bis 4.0 realisiert werden. Der Saugkanal wird intermittierend betrieben und erlaubt

Messzeiten von 2 bis 5 Sekunden. Die Luft wird dabei aus einem Luftsack durch den Windkanal

in einen Vakuumkessel gesogen.

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1 L u f t s a c k , V e f f = 1 6 5 m ³2 Z w i s c h e n s t ü c k3 D ü s e n v o r k a m m e r4 v e r s t e l l b a r e L a v a l d ü s e5 M e s s s t r e c k e m i t S i c h t f e n s t e r6 v e r s t e l l b a r e r D i f f u s o r

7 S c h n e l l s c h l u s s s c h i e b e r 8 K e s s e l a n l a g e , V g e s = 3 8 0 m ³ 9 R ü c k f ü h r u n g1 0 S c h r a u b e n v e r d i c h t e r1 1 A b s p e r r s c h i e b e r

2 3 4 5 6 7 8

91 01 11 2

Abbildung 11: Schematische Darstellung des Trisonik-Windkanals des AIA

Zwischen zwei Versuchen wird die Luft aus der Vakuumkesselanlage durch ein Trockenbett mit

Silicagel©R in den Luftsack zuruckgepumpt, bis der Druck im Kessel auf ca. 100 hPa gesun-

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ken ist. Gestartet und beendet wird ein Versuch durch Offnen bzw. Schließen eines Schnell-

schlussschiebers zwischen Kanal und Kessel. Der Ruhedruck im Luftsack entspricht stets dem

Umgebungsdruck und kann folglich als konstant angenommen werden. Aus dem Aufbau und der

Betriebsart des Windkanals ergibt sich somit, dass die Ruhegroßen des Versuchs – bis auf die

relative Luftfeuchtigkeit – immer den Umgebungsbedingungen in der Versuchshalle entsprechen.

Des weiteren folgt daraus, dass die Reynoldszahl, abgesehen vom geringen Einfluss wetterbe-

dingter Schwankungen, ausschließlich von der Machzahl und der Modellgroße abhangt. Bei einer

Profiltiefe von 150 mm und Machzahlen von 0.50 bis 0.80 liegen die Reynoldszahlen zwischen

1.5 und 2.2 Millionen.

Abbildung 12: Trisonik-Windkanal

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3.3 Uberschall-Windkanal

Analog zum Trans- und Trisonikkanal wird dieser supersonische Windkanal intermittierend im

Saugprinzip betrieben und ist mit vier Vakuumkesseln verbunden.

2

1

3 4 5 6

1 S i l i c a g e l - T r o c k e n f i l t e r2 L a v a l d ü s e3 M e s s s t r e c k e 1 5 x 1 5 c m ²4 v e r s t e l l b a r e r D i f f u s o r5 S c h n e l l s c h l u s s s c h i e b e r6 V a k u u m k e s s e l ( 4 x 9 5 m ³ )

Abbildung 13: Uberschall-Windkanal des AIA

Abbildung 14: Meßstrecke des Uberschall-Windkanals

Weitere technische Daten des Uberschall-Windkanals:

Machzahl 0.3–0.9, 1.5–2.9

Reynoldszahl [Re/m], Uberschall 10.4–5.7 × 106/m

Messstrecke 150 × 150 mm

Messzeit max. 30s bei Ma∞ = 2.1

Gesamtlange des Kanals 7.1 m

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3.4 Stoßrohr

Stoßrohre (meist zylindrisch) bestehen prinzipiell aus einem Hochdruck- und einem Niederdruck-

teil, die durch eine Membran voneinander getrennt sind. Die Durchfuhrung von Versuchen erfolgt

im Niederdruckteil, wo sich das Gas vor dem Versuch in einem definierten Zustand (Druck p1,

Dichte ρ1 und Temperatur T1) befindet. Das Gas im Hochdruckteil besitzt die entsprechenden

Eigenschaften p4 (bis zu einigen MPa), ρ4 und T4. Meist werden Luft oder Stickstoff als Gase im

Niederdruck- und im Hochdruckteil eingesetzt, in letzterem jedoch auch Helium und Wasserstoff.

Abbildung 15: Weg-Zeit-Diagramm eines Versuchs im Stoßrohr

Die Abbildung 185 zeigt die wahrend eines Versuchs auftretenden Zustande. Zu Beginn eines

Versuchs wird die durch die Druckdifferenz gespannte Membran zum Bersten gebracht, so dass

stromab in das Gas im Niederdruckteil ein Verdichtungsstoß und stromauf in das Gas im Hoch-

druckteil ein Expansionsfacher laufen. Beide Gase bewegen sich nun mit gleicher Geschwin-

digkeit in Richtung Niederdruckteil und sind durch eine Kontaktflache voneinander getrennt.

Fur gasdynamische und aerodynamische Untersuchungen wird das durch den einfallenden Stoß

komprimierte und gleichzeitig beschleunigte Gas des Niederdruckteils als Versuchsmedium mit

den Anstrombedingungen Ma2, p2, ρ2 und v2 verwendet. Die Messzeit beginnt, wenn der Stoß

den Versuchskorper passiert hat, und endet, wenn der am hinteren Ende reflektierte Stoß mit

der Kontaktflache zusammentrifft. Die Messzeit betragt im allgemeinen einige Mikro- bis einige

Millisekunden.

5Th. Reichel, Stoßwellenlabor der RWTH Aachen, Personliche Mitteilung

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Abbildung 16: Doppeltes Stoßrohr des AIA

Abbildung 17: Doppeltes Stoßrohr des AIA

Technische Daten des AIA-Stoßrohrs:

Machzahl 1.1 - 1.6

Meßstrecke Ø150 mm

Gesamtlange des Kanals 4.5 m

Uberdruck max. 17000 hPa

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Literatur

[1] H. Eckelmann. Einfuhrung un die Stromungsmeßtechnik. Teubner, Stuttgart, 1997.

[2] U. R. Mueller. Stromungsmeßverfahren I. Vorlesung RWTH Aachen, 1994.

[3] W. Nitsche. Stromungsmeßtechnik. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York, 1994.

[4] H. Oertel. Stoßrohre. Springer-Verlag, 1966.

[5] L. Prandtl and K. O. und K. Wieghardt. Fuhrer durch die Stromungslehre. Vieweg-Verlag,

Braunschweig, 1990.

[6] H. S. und Ewald Kunz. Stromungslehre, mit einer Einfuhrung in die Stromungsmeßtechnik

von J.-D. Vagt. de Gruyter, Berlin, 1989.

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1Windkanäle

Warum experimentelle ● theoretische Modellierung komplizierterUntersuchungen? Strömungsvorgänge nicht immer möglich

● Überprüfung numerischer Verfahren

○ Modelle in Wind-, Wasserkanälen oder im Stoßrohr

○ untersuchter Körper ruht, Strömungsmedium bewegt sich

○ Ähnlichkeitsgesetze anwendbar ⇒ Ergebnisse sind übertragbar

○ ähnliche Randbedingungen (Oberflächenrauhigkeit, Turbulenzgrad...usw.)

○ Bedingung: zeitlich und räumlich konstante Geschwindigkeitsverteilung

○ Einhaltung sämtlicher Ähnlichkeitsgesetze nicht immer möglich (z. B. Re u. Ma)

EINLEITUNG

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2Windkanäle

Einteilung nach der Machzahl Unterschallkanal (inkompressibel) 0 < M∞ < 0.25

Unterschallkanal (kompressibel) 0.25 ≤ M∞ < 0.7

Transsonikkanal 0.7 ≤ M∞ < 1.2

Überschallkanal 1.2 ≤ M∞ < 5

Hyperschallkanal 5 ≤ M∞

Einteilung nach der Betriebsdauer○ kontinuierlich arbeitende Kanäle (geschlossene Rückführung)

○ intermittierend arbeitende Kanäle (Druck- oder, Vakuumspeicherkanal, Stoßrohr)

EINTEILUNG VON WINDKANÄLEN

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3Windkanäle

Einteilung nach der Bauart

E i f f e l - W i n d k a n a l

keine Rückführung des Strömungsmediums (Versuchsluft aus Umgebung)

einfachste Bauart z. B. Rohr mit Gebläse (Bauwerksaerodynamik)

Vorteile: einfache Bauweise (keine Umlenkung), niedrige Baukosten, keine Selbstverschmutzung (z. B. durch Rauch)

Nachteile: offene Messstrecke erfordert evtl. Unterdruckkammer, Abhängigkeit von Ansaugzuständen (Feuchtigkeit, Temperatur), relativ geringer Gütegrad, hohe Betriebskosten (kontinuierliche Geschwindigkeit halten)

EINTEILUNG VON WINDKANÄLEN

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4Windkanäle

Einteilung nach der Bauart

G ö t t i n g e r W i n d k a n a l

○ Rückführung des Strömungsmediums durch Diffusoren und Umlenkungen zur Vorkammer

○ Vorteile: offene Messstrecke somit Umgebungsdruck im Messstrahl, hoher Gütegrad (Strahlleistung zu Gebläseleistung, besonders wenn Messstrecke geschlossen), unabhängig von Umgebungsbedingungen

○ Nachteile: hohe Baukosten wegen Platzbedarf, Selbstverschmutzung (z. B. Rauch)

EINTEILUNG VON WINDKANÄLEN

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5Windkanäle

129 m

Abmessung Messstrecke : 6 x 6 m u∞ = 152 m/s Re = 6 x 106

8 x 6 m u∞ = 116 m/s Re = 5,5 x 106

9.5 x 9.5 m u∞ = 62 m/s Re = 3,9 x 106

DNW- LLF

Fanleistung: 12,5 MW

BEISPIELE EXISTIERENDER WINDKANÄLE

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6Windkanäle

DNW – LLF

Simulation des Bodeneffekts mit sog. „moving belt“

Aachener Hyperschallkonfiguration ELAC 1a

BEISPIELE EXISTIERENDER WINDKANÄLE

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7Windkanäle

Rennwagen 1:1 mit „moving belt“ Lastkraftwagen 1:1

DNW – LLF

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8Windkanäle

Trisonik-Windkanal Aachen

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9Windkanäle

Trisonik-Windkanal Aachen

BEISPIELE EXISTIERENDER WINDKANÄLE

Stoß-Wirbel-Interaktion (Grundlagenforschung)

Stoß-Grenzschicht-Wechselwirkung (Grundlagenforschung)

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10Windkanäle

European Transonic Wind Tunnel (ETW) Köln

Machzahl:0,15 - 1,35

Temperatur:313K (+49°C) - 110 K (-163°C)

Druck:1,25 bar - 4,5 bar

BEISPIELE EXISTIERENDER WINDKANÄLE