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Prof. Dr. Thomas Deißinger, Universität Konstanz – Prof. Dr. Josef Aff, WU Wien Vortrag auf dem Wirtschaftspädagogik-Kongress 2013 in Graz „Hybridqualifikationen in berufsbildenden Vollzeitschulen – eine Erfolgsgeschichte?

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Vortrag auf dem Wirtschaftspädagogik-Kongress 2013 in Graz

„Hybridqualifikationen in berufsbildenden Vollzeitschulen – eine Erfolgsgeschichte?

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Vortrag auf dem Wirtschaftspädagogik-Kongress 2013 in Graz

Gliederung

• Anmerkungen zur Tertiarisierung der Berufsbildung

• Die österreichische BHS – ein Erfolgsmodell?

• Zur Problematik von Hybridqualifikationen in Deutschland – das Beispiel Berufskolleg Baden-Württemberg

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Vortrag auf dem Wirtschaftspädagogik-Kongress 2013 in Graz

Tertiarisierung der Berufsbildung – drei Bedeutungen

• Schulische Berechtigungen führen über berufsbildende Schulen in die Hochschulen – ggf. über „hybride“ Qualifikationsangebote (Höhere Berufsfachschulen, Berufliche Gymnasien, BHS)

• Hochschulen entwickeln verstärkt berufsorientierte Angebote im klassischen Angebotssegment (Bachelor)

• Hochschulen kopieren Strukturmodelle aus der Berufsbildung und differenzieren ihre institu-tionelle und didaktische Angebotsstruktur (duale Hochschulen)

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“Hybridqualifikationen” (HQ) (Leonardo Projekt 2009-2011)

“Doppelqualifikationen” oder “Hybridqualifikationen (HQ)

… bezeichnen die doppelte Zielsetzung von beruflicher (Aus-)Bildung und des

Erwerbs einer allgemeinen schulischen Berechtigung,

die in den Hochschulbereich führt

… historisch verkoppelt mit der emanzipatorischen Berufspädagogik und der

Bildungsreformdiskussion der 60er und 70er Jahre (u.a. BLK und Dt. Bildungsrat)

... heute aktuell und relevant durch den Europäischen Qualifikationsrahmen und

die Themen “Durchlässigkeit” und “Gleichwertigkeit” zwischen/von

unterschiedlichen Qualifikationen bzw. Bildungs-/Ausbildungswegen

(vgl. Kell 1996, S. 103; Fingerle 1983, S. 198;

Blankertz 1972; Deißinger 1998, S. 25 ff.; Zimmermann 1982; Deißinger et al.

2013).

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Vortrag auf dem Wirtschaftspädagogik-Kongress 2013 in Graz

Tertiarisierung der Berufsbildung

• Schulische Berechtigungen führen über berufsbildende Schulen

unter Relativierung oder Aufgabe der Qualifizierungsfunktion

beruflicher Bildung in die Hochschulen – ggf. über „hybride“

Qualifikationsangebote (Höhere Berufsfachschulen, Berufliche

Gymnasien)

Probleme:

• Ambivalenz der Zielsetzungen beruflicher Bildung trotz

wichtiger Funktion im Rahmen des „beruflichen

Bildungsweges“

• Hybridfunktion greift zu kurz aufgrund von etablierten

Konkurrenzangeboten, vor allem durch das duale System

• Konkurrenz zum klassischen Abitur bleibt i.d.R. bestehen

• Diese Probleme sind weitgehend typisch für das

deutsche Berufsbildungssystem

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Vortrag auf dem Wirtschaftspädagogik-Kongress 2013 in Graz

Gliederung

• Anmerkungen zur Tertiarisierung der Berufsbildung

• Die österreichische BHS – ein Erfolgsmodell?

• Zur Problematik von Hybridqualifikationen in Deutschland – das Beispiel Berufskolleg Baden-Württemberg

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Basisrouten im Sekundar- und Tertiärsystem in Deutschland

Alter

18/

19

Hauptschule

10

Vollzeitschulen

beruflich

24

Realschule

Vollzeitschulen

beruflich Gymnasium (G8 / G9)

DUALES SYSTEM

HOCH-

SCHULEN

16

Traditionelle Wege

Atypische Wege

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Quelle: Statistisches Landesamt Baden Württemberg, 2012

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2011 2012

Allgemeinbildende Schulen 324935 317266

Mit Fachhochschulreife 13769 14314

Mit allgemeiner Hochschulreife 311166 302952

Berufliche Schulen 182017 181142

Mit Fachhochschulreife 132812 129837

Mit Hochschulreife 49205 51305

Insgesamt 506952 498408

Mit Fachhochschulreife 146581 144151

Mit Hochschulreife 360371 354257

Quelle: Statistisches Bundesamt Destatis (Hrsg.) (2013): Bildung und Kultur Schnellmeldungsergebnisse zu Studienberechtigten der allgemeinbildenden und beruflichen Schulen - vorlaufige Ergebnisse. Seite 10. .

Absolventen in Deutschland mit Hochschulreife 2011 und 2012 (vorläufige Daten)

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Typen von Hybridqualifikationen in Deutschland

(vgl. Deißinger/Heine/Ott 2011)

Typ 1: HQ via duales System (Abitur)

Typ 2: HQ via duales System (Fachhochschulreife)

Typ 3: HQ via Vollzeitschulen (Abitur)

Typ 4: HQ via Vollzeitschulen (Fachhochschulreife)

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Subsysteme des

Berufsbildungssystems in Deutschland

Berufliches Schulwesen und duales System…

sind nach....

Aufgabenstellung / Funktion Pädagogischem Selbstverständnis Öffentlicher Wahrnehmung und Bewertung Berechtigungswesen Administrativ-politischer Steuerung

...getrennte Subsysteme

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Berufliche Schulen in Baden-Württemberg

Schultypen

Technisch-gewerbliche

Schulen

Kaufmännische Schulen

Hauswirt-schaftliche

Schulen

Sozial-pflegerische

Schulen

Schularten

Wirtschafts-gymnasium

Berufsfachschule Wirtschaft

(Wirtschaftsschule)

Berufskolleg Berufsschule (Duales System)

BK Fremd-sprachen etc.

Duales BKBK I

BK II

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Berufskollegs (KMK, 1975)

„ ... berufliche Bildungseinrichtungen, die den Realschulabschluss

oder einen gleichwertigen Schulabschluss voraus setzen.

Sie führen in ein bis drei Jahren zu einer beruflichen

Erstqualifikation und können bei mindestens zweijähriger Dauer

unter besonderen Voraussetzungen auch zur

Fachhochschulreife führen“

Berufskollegs in BW

(Höhere Berufsfachschulen

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Realschule (6 Jahre)

Mittlerer Bildungsabschluss

Duales System

2 – 3,5 Jahre

10 + 3

Berufsoberschule

1 Jahr

Fachschule

1, 2 Jahre

Berufskolleg

1,2,3 Jahre

Berufliches

Gymnasium

3 Jahre

Hochschulreife Hochschulreife Fachhochschulreife Fachhochschulreife

BK – ein Bildungsweg für Realschüler

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Position der

vollqualifizierenden

Berufsfachschulen im

beruflichen

Bildungssystem

Technische

Assistenten

Duales System

Wirtschafts-

Assistenten

Traditionell mit

Schulabschluss und

Gleichstellung zum

Dualen System

Personenbezogene

Dienstleistungs-

berufe

„kooperativ“ – mit

Betriebphase(n) und

Kammerprüfung

außerhalb

BBiG/HwO

(Landesrecht)

gemäß

BBiG/HwO

vollqualifizierend Nicht

vollqualifizierend

Berufsfach-

schulen

Schulen des

Gesundheits- und

Sozialwesens

(Bundesrecht)

Beamtenausbildung

(ohne höheren

Dienst)

Berufsausbildung im

Sekundarbereich in Deutschland

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Studie zur Wirksamkeit praxisorientierter Angebote im Bildungsgang des BK

a) Mit Blick auf Lehrzeitverkürzungen

b) Mit Blick auf Direkteinstiege in einen kfm. Beruf

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Forschungsprojekt ÜFA (Deißinger/Ruf 2006) – ausgewählte

Ergebnisdimensionen

Schulische Vorbildung der BK-Schüler

Gründe für den Besuch des BK

Perspektiven nach Abschluss des BK

Funktion des BK aus Sicht der Betriebe

Akzeptanz des BK aus Sicht der Betriebe

Möglichkeit von Lehrzeitverkürzung aus Sicht der Betriebe

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Bildungsgangentscheidungen der BK-Schüler

Motive bei der Bildungsgangentscheidung für das BK mit Übungsfirma

"Ich bin auf das Berufskolleg gegangen, um..."

3,06

2,83

2,37

1,98

1,81

1,65

1,00 1,50 2,00 2,50 3,00 3,50 4,00

den Abschluss Wirtschaftsassistent zu

erlangen

Zeit zu überbrücken auf der Suche nach einer

Lehrstelle

Zeit für Berufswahl zu gewinnen

kaufmännische Grundbildung zu erhalten

die Fachhochschulreife zu erwerben

meine Chancen auf einen Ausbildungsplatz zu

erhöhen

1-stimmt völlig; 2-stimmt etw as; 3-stimmt w enig; 4-stimmt nicht

BK II BK I Gesamt

Vgl. Deißinger/Ruf 2006, S. 123

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Fazit (Schülersicht)

BK II wird stärker berechtigungsorientiert wahrgenommen als das BKF

BKF wird stärker inhalts- bzw. berufsorientiert wahrgenommen als das

BK II

Assistentenqualifikation spielt kaum eine Rolle bei der Bildungsgang-

entscheidung

Duale Ausbildung nach dem BK wird vergleichsweise häufig erwogen

(hierbei keine reine Pufferfunktion des BK)

BK schlagt insgesamt eine „Brücke“ zum Dualen System!

Deißinger/Ruf 2006

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Fazit (Unternehmenssicht)

Unternehmen gewähren eher eine Lehrzeitverkürzung nach dem Besuch

des BK II als nach absolviertem BK I.

Die Unternehmensbefragung zeigt, dass mit der Implementation der

Übungsfirma in das kaufmännische Berufskolleg eine höhere Akzeptanz

bei denjenigen Betrieben erzielt werden kann, die dem BK gegenüber positiv

eingestellt sind.

Die Bereitschaft, eine Lehrzeitverkürzung einzuräumen, ist unternehmensseitig

stärker ausgeprägt als die zum Direkteinstieg von Wirtschaftsassistenten

Die Akzeptanz vollzeitschulisch erworbener Berufsabschlüsse ist im

Dienstleistungsbereich, im Handel und im Handwerk wesentlich höher

als in der Industrie.

Deißinger/Ruf 2006

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BK hat i.S. der Qualifizierungsfunktion sowohl aus Sicht der

Betriebe als auch der Schüler einen nachrangigen Status

gegenüber dem Dualen System

Schüler verbinden mit dem BK vor allem eine

Berechtigungsperspektive sowie – noch ausgeprägter –

eine „Vorstufe“ zur dualen Ausbildung

Betriebe sind unterschiedlich aufgeschlossen, wenn es um

Lehrzeitverkürzungen bzw. um Direkteinstiege geht, es

überwiegt jedoch die Skepsis wg. „mangelnder Praxis“

BK-Studie Deißinger/Ruf 2006

Übungsfirmen am Kaufmännischen Berufskolleg in Baden-

Württemberg

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Fachhochschulreife als Regelabschluss

Assistentenausbildung optional

Verzahnung der Curricula mit anerkannten Ausbildungsberufen

Aktuelle Ausrichtung des BK in BW (seit 2009)

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Vollzeitschulen bleiben im wesentlichen auf die Berechtigungsfunktion

beschränkt

Politik stützt diese traditionelle Ausrichtung nach wie vor unverkennbar

Verknüpfungen mit dem dualen System sind nach wie vor nicht

erkennbar

Abbau der Binnendifferenzierung im Schulsystem

(Gemeinschaftsschulen) und zunehmende Gymnasialisierung könnten

künftig die Schülerklientel der beruflichen Schulen nach unten drücken

Schulen wären dann u.U. vorrangig zuständig für das sog.

„Übergangsmanagement“ (Berufsvorbereitung, -grundbildung)

Fazit und Ausblick

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Gliederung

• Anmerkungen zur Tertiarisierung der Berufsbildung

• Die österreichische BHS – ein Erfolgsmodell?

• Zur Problematik von Hybridqualifikationen in Deutschland – das Beispiel Berufskolleg Baden-Württemberg

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Vortrag auf dem Wirtschaftspädagogik-Kongress 2013 in Graz

Vergleich (1)

Lehre (auch im dualen System) hat nicht die überragende Bedeutung

wie in Deutschland, in England kann sogar von einem nur schwach

institutionalisierten Teilsystem mit wenig Attraktivität gesprochen werden

Hochschulen sind an die Berufsbildung „angedockt“, wenn auch mit

unterschiedlicher Intensität

Während in Österreich die BHS ein anerkanntes Regelmodell für den

Hochschulzugang sind, hängt in England vieles von den aufnehmenden

Hochschulen ab, da hier HQ sich vor allem an praktisch Ausgebildete und

bereits im Arbeitsleben stehende Personen richten

Was unterscheidet andere Länder von Deutschland?

Vgl. Deißinger/Heine/Ott 2011

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Vortrag auf dem Wirtschaftspädagogik-Kongress 2013 in Graz

Vergleich (2) - Österreich

BHS (und mit Einschränkungen BMS) als Beispiele für eine gut

funktionierende Hybridstruktur in der beruflichen Bildung

Arbeitsmarktfähigkeit der Abschlüsse ist gegeben

Bestimmte Berufe werden „bedient“, die nicht im dualen System oder

nicht auf der gleichen Niveaustufe wie im dualen System ausgebildet

werden

Grundprinzipien des dualen Systems werden nicht aufgegeben

(Berufstheorie, Allgemeinbildung, Praxisphasen)

Hochschulorientierung überwiegt tendenziell, jedoch liegt der Anteil der

Direkteinstiege in den Beruf über 30 % (HAK) bzw. 50 % (HTL)

In Deutschland sind die beruflichen Vollzeitschulen – anders als bspw. in

Österreich – keine vollwertigen Alternativen zur dualen Ausbildung

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• Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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BHS

Bachelor

Berufs-akademie

Bachelor

Bildungspolitische Herausforderungen – Sandwich-Position der BHS?

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Leitgedanken für die Berufsakademie (Initiative der WKO)

Ausgangssituation: Fachkräftemangel, daher soll die Berufsbildung deutlich

aufgewertet werden

Durch die Berufsakademie soll der Übertritt von berufliche Qualifizierten (z.B.

Lehrabsolvent/inn/en) in den tertiären Bildungsbereich ermöglicht werden. Bestehende

Abschlüsse auf hohem Niveau, wie bspw. Meister, sollen durch die Berufsakademien an

Attraktivität gewinnen.

Voraussetzung für die Berufsakademie: Erfolgreich abgelegte Lehrabschlussprüfung oder BMS

mit 2jähriger Berufspraxis – Matura oder Studienberechtigungsprüfung ist nicht erforderlich

Das Studium ist berufsbegleitend konzipiert und umfasst 180 ECTS, non-formale

Bildungsnachweise, wie bspw. die Meister- oder Unternehmerprüfung werden angerechnet und

verkürzen die Studiendauer.

Berufsakademien können von bestehenden Einrichtungen, etwa der Erwachsenenbildung,

angeboten werden (Akkreditierung bei der Qualitätssicherungsagentur AQA.Austria). Die

Finanzierung erfolgt auf privater Basis.

Berufsakademien schließen mit dem akademischen Grad Bachelor Professional ab

Die Berufsakademie soll als „Dritte Säule“ neben den Universitäten und Fachhochschulen

etabliert werden

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Entnommen aus: WKO Broschüre „Projekt Berufsakademie“, http://portal.wko.at/wk/format_detail.wk?angid=1&stid=676927&dstid=0&titel=Berufsakademie%3a%2cMehr%2cDurchl%c3%a4ssigkeit%2cim%2cBildungssystem

Die Verankerung der Berufsakademie in der österreichischen Bildungsarchitektur lt. WKO

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Die Höhere Duale Schule auf einen Blick (Modellversuch der WK Tirol mit dem Land Tirol und dem LSR

Tirol – geplant ab Schuljahr 2013/14)

1. Die Höhere Duale Schule fokussiert den thematischen Schwerpunkt „Wirtschaft“

2. Sie dauert fünf Jahre (14-19) und vermittelt eine dreifache Qualifikation:

• Lehrabschluss

• Berufsreifeprüfung (Matura)

• Unternehmerprüfung

3. Es erfolgt ein „Joint Venture“ zwischen dem Poly, der Berufsschule, der Betrieblichen

Ausbildung sowie der Vorbereitung auf die Matura im WIFI. Die Ausbildung in der

Polytechnischen Schule soll vertieft werden, ebenso die kaufmännische Ausbildung in der

Berufsschule. Die Vorbereitung auf die Matura erfolgt im WIFI (Finanzierung der

Ausbildungsbausteine durch den Staat – vgl. Lehre mit Matura).

4. Die Höhere Duale Schule zielt darauf ab, die Polytechnische Schule und die Fachberufsschule

besser zu verknüpfen und neben den berufsspezifischen Ausbildungsanteilen die

Allgemeinbildung zu erhöhen. Ein verpflichtender integrierter Auslandsaufenthalt zur

Sprachförderung ist Teil dieser ganzheitlichen Konzeption.

Ziel: Erhöhung der Attraktivität der Lehre –

Rekrutierung von leistungsstärkeren Lehrlingen

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4-6

verpflichtendes Kindergartenjahr

verpflichtendes Schulvorbereitungsjahr

ab 7. Schulstufe: Bildungsberatung, Berufsinformation, Potentialanalyse

8. Schulstufe: Mindeststandards D, E, M

9. Schulstufe inkl. Persönlichkeits-/Berufsvorbildung

Lehre (3-4

Jahre)

BHS (Kurssystem)

Lehre mit

Matura AHS

(Kurssystem)

BMS (Kurssyste

m, 3-4 Jahre)

6-1

0

10

-15

1

5-1

8

19

2

0 u

nd

ält

er

-2

Sch

uls

tufe

-1

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

Tertiärbereich: Uni + FH

Aufbaulehrgang Berufsreifeprüfung 2

0

Höhere Duale

Schule

Berufsakademie (Bachelor)

Sozialpartner-Vorschlag

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Sek

un

dars

tufe

I

4.-

8.

Sch

uls

tufe

Sek

un

dars

tufe

II

8.-

12

. S

chu

lstu

fe

Gymnasiale

Unterstufe

Hauptschule – Neue Mittelschule

Gymnasiale

Oberstufe

Poly

BMS

BHS

Lehre

Bachelor – Uni, FH (Stufe 6)

Master – Uni, FH (Stufe 7)

PhD – Uni (Stufe 8)

Aufbau-

lehrgang

Lehre mit Matura

her

e d

ual

e S

chu

le

Akademisches

Kolleg –

Undergraduate Bachelor

(Stufe 5.5.4)

Bachelor

Professional

(Stufe 6)

Berufsakademie

?

Ter

tiäre

r B

erei

ch

?

Integration der BHS in den Tertiärbereich – Bildungsarchitektur

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Allgemein-

bildung

Berufsbildende

Theoriefächer

Schulische

Praxis und

Simulation

Reale Arbeits-

erfahrung

Die curriculare

Hybridarchitektur der

Berufsbildenden Höheren Schulen in Österreich

49 % 32 % 19 % 0-32 Wochen

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The Austrian interview partners

Stakeholder

Number of

interview partners

in Austria

Target group

clusters

Policy makers 4 stakeholders

that have an

educational

influence

competence

Social partners and entrepreneurs 4

Representatives of higher education 2 (3)

Program managers of vocational

colleges 3

Teachers at vocational colleges 3 (4) teachers at

vocational colleges

Graduates from vocational colleges 3 graduates from

vocational colleges

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Stärken der Berufsbildung auf der Sekundarstufe II

1

1

1

1

1

1

1

1

2

2

2

2

3

3

3

4

4

5

7

10

die Tatsache, dass es gelingt

dueales System als attraktive Alternative zur…

Entrepreneurship

Flexibilität der AbsolventInnen

Lehre mit Matura

manuelle Fertigkeiten im technischen Bereich

Praxisnähe des dualen Systems

Vollzeitschule als Alternative zu doppeltem Übergang

duales System per se

Durchlässigkeit

Einzigartigkeit

junge qualifizierte AbsolventInnen

Akzeptanz der Wirtschaft

geringe Jugendarbeitslosenrate

hohe Qualität der Ausbildung

qualifizierte Lehrpersonen

Vielfalt des Bildungsangebots

direkter Einstieg in qualifizierten Beruf möglich

Praxisbezug der vollzeitschulischen Ausbildung

Hybrid Qualifikation

Häufigkeit der Nennung

Page 38: „Hybridqualifikationen in berufsbildenden …...Prof. Dr. Thomas Deißinger, Universität Konstanz – Prof. Dr. Josef Aff, WU Wien Vortrag auf dem Wirtschaftspädagogik-Kongress

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Differenzen innerhalb der Kernausbildung

Drop-Outs auf Grund mangelnder Information

Einzigartigkeit

mangelnde Allgemeinbildung in der BHS

junge Lehrlinge

Lehre mit Matura

magelnde Kreativität

mangelnde Freizeit

mangelnder Praxisbezug in BHS

mangelnde Vernetzung der Hybrid Qualifikation

Veränderungsresistenz des Bildungssystems

zu geringes Angebot attraktiver Lehrstellen

mangelnde Allgemeinbildung im dualen System

9. Schuljahr als doppelter Übergang

mangelnde Durchlässigkeit

zu früher erster Übergang

Entlastungsverordnung 2003

fehlende objektive Information vor Übergängen

zu starke Verästelung des Bildungsangebots

Häufigkeit der Nennung

Schwächen der Berufsbildung auf der Sekundarstufe II