AKAD. das Hochschulmagazin Heft 22 | April 12

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Heft 22 I April 12 AKAD. Das Hochschulmagazin. Pressemacht Freiheit und Unfreiheit der Medien I Kapitalismus und Religion Max Weber heute I Software Günstig für Studierende I Selbstständigkeit Besser mit Konzept Medien – die vierte Macht

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Pressemacht: Freiheit und Unfreiheit der Medien I Kapitalismus und Religion: Max Weber heute I Software: Günstig für Studierende I Selbstständigkeit: Besser mit Konzept

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Heft 22 I April 12

AKAD. Das Hochschulmagazin.

Pressemacht Freiheit und Unfreiheit der Medien I Kapitalismus und Religion Max Weber heute ISoftware Günstig für Studierende I Selbstständigkeit Besser mit Konzept

Medien – die vierte Macht

Page 2: AKAD. das Hochschulmagazin Heft 22 | April 12

Studierendenbefragung 2011

Stereotypen gibt es zuhauf – aber nicht bei uns!

Den typischen AKAD-Studenten sucht man, laut den

Ergebnissen der letzten Studierendenbefragung,

vergebens. Seite 35

Gottgefälliger KapitalismusNach Max Weber bietet der Protestantismus die besse-ren Voraussetzungen für das Wirtschaften. Seite 28

In dieser Ausgabe

„Jeder Tag ist eine neue Bewährungsprobe“Roland Freund, Chef Inland der dpa, klärt auf über

Selbstverständnis und Angebote der Deutschen Presse-

Agentur und darüber, was guter Journalismus seiner

Meinung nach leisten sollte. Seite 24

AKAD. DAS HOCHSCHULMAGAZIN. 22 I April 122

TitelthemaMedien – die vierte Macht

14 Die vierte Macht im StaatWie frei kann die Presse überhaupt sein?

18 MassenmedienDaten, Zahlen, Fakten

20 Gebühren für die MeinungsvielfaltWie zeitgemäß ist das öffentlich-rechtliche

Finanzierungsmodell?

24 dpa-Chef Inland Roland Freund im GesprächInterview über die dpa im Speziellen und

Journalismus im Allgemeinen

26 CampusgeflüsterAus welchen Medien informieren Sie sich und warum?

Wirtschaft und Wissenschaft

12 Und was kommt danach?Tipps rund um die Themen Selbstständigkeit und

„richtiges Bewerben“

28 Kapitalismus und ReligionMax Weber bleibt auch in der Finanzkrise aktuell

30 Aktuelle AbschlussarbeitenStrategische Marktanalysen, optimierte Qualitäts-

managementsysteme, die Bedeutung einer

„Corporate Culture“ sowie der ISO 26000

Porträts

10 Fernstudium als PassionJörg Albert Fink ist nach 25 Jahren Fernlernen

motivierter denn je

44 ProfessorenporträtRupert Hasenzagl

45 Kulinarisches PorträtDüsseldorf

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Schwerpunkt in dieser Ausgabe sind die Massenmedien. Sie gelten zu Recht

als vierte Macht im Staat, da sie eine wichtige Vermittlungs- und Kontroll-

funktion ausüben. Anders als in Diktaturen zeichnen sich Demokratien

dadurch aus, die Pressefreiheit zu garantieren. Die Medien genießen einen

besonderen Schutz vor staatlichen Zugriffen, müssen sich jedoch auch auf

dem freien Markt behaupten, was beispielsweise zu Monopolisierungen, Ein-

sparmaßnahmen in den Redaktionen und anderem führen kann. Schlimms-

tenfalls beeinflusst dies die freie und unabhängige Berichterstattung.

Anders als die Printmedien genießen die öffentlich-rechtlichen Sender durch

die Pflichtgebühren eine Sonderstellung; auch vor dem Hintergrund der

2013 kommenden „Haushaltsgebühr“ widmen wir ihnen darum einen

eigenen Beitrag. Der Inlandschef der Berliner dpa, Roland Freund, stand uns

für ein Interview zur Verfügung, in dem er über die Massenmedien aus Sicht

der größten deutschen Nachrichtenagentur spricht. Zudem haben wir einige

Studierende gefragt, in welchen Medien sie sich ihre Informationen holen.

Manche von Ihnen liebäugeln vielleicht mit dem Gedanken, sich selbst-

ständig zu machen oder sich beruflich zu verändern: Der Leipziger Pro-

rektor Professor Dr. Daniel Markgraf gibt in einem Interview Hinweise,

was man beim Übergang zur Selbstständigkeit beachten sollte, während

die Stuttgarter Rektorin Professor Dr. Eva Schwinghammer vor Fettnäpfchen

bei Bewerbungen warnt.

Der Beitrag über Vergünstigungen für Studierende, die Softwareprodukte

beziehen oder Zeitungen abonnieren möchten, sei Ihnen an dieser Stelle

besonders empfohlen.

Passend zum Themenschwerpunkt gibt es dieses Mal 23 Abonnements beim

Preisrätsel zu gewinnen. Und natürlich freuen wir uns über Leserbriefe

zum Titelthema oder zu anderen Beiträgen, die Maildresse lautet wie immer

[email protected].

Nun wünsche ich Ihnen viel Vergnügen bei der Lektüre.

Ihr

Dr. Jörg Schweigard

Chefredakteur

AKAD Hochschulmagazin

EDITORIAL

Liebe Leserinnen und Leser,

AKAD. DAS HOCHSCHULMAGAZIN. 22 I April 12 3

AKAD aktuell

6 AKAD Hochschulnews

Neuigkeiten von den deutschlandweiten Standorten

8 AKAD proudly presentsDie besten Absolventen des Jahres 2011

32 Gemeinsam zum ErfolgTandem-Studierende bei AKAD

34 Mit AKAD bares Geld sparen Vergünstigte Software und Printmedien für

AKAD-Studierende

35 Wer, wie, was?Die Studierendenbefragung 2011 gibt Antworten

36 Studieren ohne Abitur?AKAD klärt auf!

37 Master-Studiengang für Fortgeschrittene„MBA in Advanced Management“ startet an der WHL

38 Bitte recht freundlich!Rückblick auf die Kolloquiumsfeiern des

vergangenen Jahres

40 Alle Absolventen auf einen BlickSeptember 2011 bis Februar 2012

Rubriken

3 Editorial

4 Nachrichten – Innovationen – Menschen

46 AKADalumni

48 Leserbriefe

49 Gewinnspiel

50 Kalender/Impressum

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AKAD. DAS HOCHSCHULMAGAZIN. 22 I April 124

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NACHRICHTEN – INNOVATIONEN – MENSCHEN

Ausgereizt:

Viele Jobs, wenig Geld

Drei V iertel aller Arbeitnehmer arbeiten in Deutschland im

Dienstleistungssektor − das sind 14 Prozent mehr als noch vor

20 Jahren. Wissenschaftler des Institutes Arbeit und Qualifi-

kation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen haben die Folgen

dieses Strukturwandels genauer untersucht. Ein Ergebnis der

Studie ist, dass sich die Arbeitsbedingungen verschlechtert

haben, da in Teilen des Dienstleistungssektors „atypische und

Ausgeschrieben:

Wissenschaftspreis WirtschaftsethikDie Plansecur-Stiftung hat für die Jahre 2012 und 2013 einen

Wissenschaftspreis ausgeschrieben. Er wir d für „heraus -

ragende, innovative, wissenschaftliche Arbeiten“ im Ber eich

Wirtschafts- und Unternehmensethik vergeben. Ausgezeichnet

werden jeweils eine Dissertation und eine Diplom-, Master -

oder Magisterarbeit von Nachwuchswissenschaftlern, die sich

mit wirtschaftsethischen Grundsatz- und/oder Anwendungs-

fragen beschäftigen. Das Pr eisgeld beträgt 10 000 Euro pro

Jahr. Davon entfallen 7 500 Euro auf die ausgezeichnete Dis-

sertation und 2 500 Euro auf die prämierte Diplom-, Master-

Ausgerechnet:

Wer in Deutschland was studiert*** 39 Prozent eines Abiturjahrganges schreiben sich an einer Hochschule ein *** nur 23 Prozent der Studienanfängerinnen

entscheiden sich für ein naturwissenschaftlich-technisches Studium *** 48 Prozent aller Studierenden sind weiblich, an Fach-

hochschulen nur 38 Prozent *** 42 Prozent studieren auf Bachelor, 3 Prozent sind Promotions-Studierende *** 71 von

100 Akademikerkindern studieren, aber nur 24 von 100 Kindern aus Nichtakademikerfamilien *** knapp 12 Prozent der

Studierenden kommen aus dem Ausland *** 26 Prozent der Studierenden leben in einer WG, 23 Prozent bei ihren Eltern.

(Quellen: aud!max ING.INGENIEUR, duz Studium)

oder Magister-Arbeit. Eingereicht werden können Arbeiten,

die nicht vor dem Jahr 2010 und auf Deutsch verfasst worden

sind. Bevorzugt wer den Teilnehmer bis 35 Jahr e. Über die

Preisvergabe entscheidet eine Jury aus namhaften W issen-

schaftlern unterschiedlicher Fachgebiete.

Mehr zum Wissenschaftspreis und zur Plansecur-Stiftung unter

www.plansecur-stiftung.de

(Quelle: Pressemeldung der Plansecur-Stiftung)

gering bezahlte Beschäftigungsverhältnisse“ zum Normalfall

geworden sind: Zeitarbeit, Minijobs, befristete und/oder Teil-

zeitstellen. Die Autor en Pr ofessor Dr . Gerhar d Bosch und

Professor Dr . Claudia W einkopf empfehlen neben arbeits -

marktpolitischen Instrumenten wie der Einführung von Min-

destlöhnen und allgemeinverbindlichen T arifverträgen auch

strukturelle Veränderungen: Insbesondere personenbezogene

Dienstleistungen wie Kinderbetreuung sollten besser bezahlt

und über Sozialversicherungen finanziert oder öffentlich bereit-

gestellt werden. Dadurch fördere man nicht nur das Beschäf-

tigungswachstum, sondern mache die Dienstleistungen auch

allen Bevölkerungsgruppen zugänglich.

(Quelle: WSI-Mitteilungen)

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AKAD. DAS HOCHSCHULMAGAZIN. 22 I April 12 5

Ausgesucht: Literaturtipps

Gut jeder zweite Deutsche (54 Pr ozent) sorgt

sich um das eigene berufliche Fortkommen. Fast

jeder Vierte (24 Prozent) fürchtet sich davor, dass

gesundheitliche Probleme, also körperliche oder

seelische Krankheiten, die Karrier e behind ern.

Eine geringere Rolle spielt – vor dem Hintergrund

positiver Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt –

die Angst vor Arbeitslosigkeit: Rund jeder Sechste

(18 Prozent) macht sich Gedanken um eine mög-

liche Kündigung oder Pleite des Arbeitgebers.

Die Zahlen sind Ergebnisse einer repräsentativen

Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes T o-

luna, das im Auftrag der AachenMünchener

NACHRICHTEN – INNOVATIONEN – MENSCHEN

Ausgesorgt?

Jeder Zweite fürchtet Karriereknick

Weltwirtschaftskrise 1929–1939 für Kenner

Das neu aufgelegte Werk vom 2003 verstorbe-

nen US-Nationalökonomen Charles P. Kindle-

berger bekommt in diesen T agen ungeahnte

Aktualität. W ie damals steht auch heute das

weltweite Finanzsystem kurz vor dem Kollaps.

Das vom Finanzexperten Max Otte herausge-

gebene Fachbuch ist ein umfassender Erklä -

rungsversuch über Ursachen und Folgen des

Börsencrashs von 1929.

Das Buch ist in mehrere kleine Kapitel unterteilt und geht chronologisch

vor. Abgerundet wir d das gehaltvolle, aber erschwingliche W erk von

einem Erklärungsversuch des Zusammenbruchs. Der Autor erläutert,

wieso das Ausmaß der Krise aus seiner Sicht so gr oß war und das

Hauptproblem in der Abwesenheit einer Führungsnation lag. Einem

Leser ohne wirtschaftspolitische Vorkenntnisse ist die Lektüre nicht zu

empfehlen, da er auf schwierige finanztechnische Begrif fe trif ft. Die

eigentlichen Zielgruppen wie Studierende der Wirtschaftswissenschaften

finden in diesem Buch aufschlussr eiche Details zur W irtschaftskrise,

deren Verlauf und deren Überwindung.

Otte, Max (Hg.); Kindleberger, Charles P.: Die Weltwirtschaftskrise

1929–1939. − München, 2010. 416 Seiten, 24,95 Euro.

Kämpfer für Gerechtigkeit und Menschenwürde

Hinter der immer noch recht unbekannten Persönlichkeit des früheren

hessischen Generalstaatsanwalts und pr omovierten Juristen Fritz Bauer

steckt die Geschichte eines überzeugten Aufklärers. Nach dem Ende des

Zweiten Weltkriegs aus dem skandinavischen Exil zurückgekehrt, ver -

suchte der jüdische Emigrant mit allen Mitteln, die NS-Delikte juristisch

korrekt aufzudecken. Dies zeichnet die Leiterin des NS-Dokumentations-

zentrums, Irmtrud Wojak, eindrücklich nach. An Bauers Hauptver dienst

lässt sie keinen Zweifel: Er ermöglichte maßgeblich die Auschwitz-Pro-

zesse in den 1960er-Jahren trotz deren Ablehnung durch einige Gesell-

schaftsschichten und schlimmer persönlicher Anfeindungen. So leitete er

eine öf fentliche Auseinandersetzung mit der Holocaustthematik ein.

Wojak beschreibt die Vorgänge anhand umfang-

reichen Quellenmaterials sehr ausführlich und

anschaulich. Für Spannung sorgt Bauers Spuren-

suche nach Martin Borman und Adolf Eichmann.

Nicht nur für den historisch oder juristisch Inte-

ressierten ein empfehlenswertes Buch.

Wojak, Irmtrud: Fritz Bauer, 1903–1968.

Eine Biographie. − München, 2009. 638 Seiten,

38 Euro.

Versicherung 1001 Bundesbürger befragt hat.

Dass die Risiken in der Berufswelt sich in den

letzten Jahr en auch objektiv verschärft haben,

geht hingegen aus einer Studie des Instituts für

Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor:

Heute hat jeder zweite Ostdeutsche und jeder

fünfte Westdeutsche zwischen 31 und 65 Jahren

bereits eine Phase der Arbeitslosigkeit erlebt.

1991 lag dieser Wert für Deutschland insgesamt

bei etwa elf Prozent. (Quellen: dpa / IAB)

Angst vor KarriererückschlagHaben Sie Angst, infolge eines Karriereknicks in Ihrem Berufsleben zurückgeworfen zu werden?Wenn ja, aus welchen Gründen?

Ja, aus gesundheitlichen Gründen

Ja, durch Kündigung seitens des Arbeitgebers

Ja, durch Insolvenz des Arbeitgebers

Ja, durch Schicksalsschläge in der Familie

Ja, durch falsche Karriereentscheidung

Nein, bisher hatte ich keine Karriererückschlägeund ich mache mir darum auch keine Gedanken.

Basis: alle Befragten, N = 1001 (Mehrfachnennung)Quelle: AachenMünchener Versicherung AG

24 %

18 %

17 %

12 %

11 %

46 %

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AKAD. DAS HOCHSCHULMAGAZIN. 22 I April 12

AKAD AKTUELL

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Champion des Jahres 2011

Rückblick: FACT-BankenForum

Neue Prorektoren in Lahr und LeipzigProfessor Dr. Markus Pütz, der den Lehrstuhlfür Allgemeine BWL mit Schwerpunkt Con-trolling innehat, ist seit Februar nun auchProrektor in Lahr . In Leipzig hat Pr ofessor Dr. Daniel Markgraf neben seiner Pr ofessurfür BWL, Schwerpunkt Marketing-, Innova -tions- und Gründungsmanagement, ber eitsEnde 2011 den Posten des Pr orektors über-nommen.

Wissenschaftliche Arbeiten

richtig schreibenDer Ratgeber von Duden „Wie schreibt man

wissenschaftliche Arbeiten?“ stellt Arbeits -

techniken und Grundsätze wissenschaftli-

chen Argumentier ens vor , zudem gibt es

Tipps und Beispiele für die Ber eiche Recher-

chieren, Gliedern, Formulieren und Zitieren.

Der AKAD-Student Max Hoff wurde von anderen Profisportlern

unterschiedlicher Disziplinen im Oktober 2011 zum „Champion

des Jahres“ gekürt. Der Kölner kam vor circa drei Jahren zum

Kanurennsport und stieß innerhalb kürzester Zeit in die inter-

nationale Spitze vor: Bei der letzten WM gewann er zwei

Goldmedaillen und gehört nun zu den Hoffnungsträgern für

Olympia 2012 in London (27. Juli bis 12. August). T rotz aller

sportlichen Erfolge hält Hoff eine Weiterbildung neben dem

Sport für unerlässlich. Nach einem erfolgr eich absolvierten

Biologiestudium studiert der 29-Jährige aktuell bei AKAD BWL

auf Diplom – wofür er seine Pr omotion hintangestellt hat:

„Mit dem BWL-Studium bekomme ich eine breite Ausbildung

mit vielfältigen Berufsmöglichkeiten. Mit einer Pr omotion in

meinem ursprünglichen Fachgebiet Biologie/Biochemie wäre

ich zu stark festgelegt

gewesen.“ Ein Fer n-

studium ist zudem für

ihn praktisch, da man

„mehr Freiheiten als an

der normalen Uni und keine exakt festgelegten Semester hat.

Kurszeiten können selbst eingeteilt werden – gleichzeitig wird

man bei AKAD aber auch sehr gut betr eut“. Auf die Frage,

wo er sich in zehn Jahren sehen würde, antwortet Max Hoff:

„Das ist eine gute Frage. W ie es exakt in zehn Jahr en sein

wird – we'll see what happens. Ich denke jedoch, dass ich

dank meiner dualen Karrier e sicherlich irgendwo beruflich

unterkommen und ein Leben führ en wer de, mit dem ich

dann zufrieden, gesund und glücklich sein kann.“

Das F ACT-BankenForum 2011 beschäftigte sich mit dem

Rahmenthema „Personalmanagement in Kr editinstituten –

Der Kampf um die Köpfe“. Teilnehmer aus dem In- und Aus-

land diskutierten an der Wissenschaftlichen Hochschule Lahr

(WHL) ausgewählte Fragestellungen. Dabei ging es um demo-

grafische Entwicklungen, die sinkende Attraktivitätswahrneh-

mung des Bankerberufs, anhaltende Fusions- und Restruktu-

rierungsprozesse im Kreditwesen und gleichzeitig wachsende

Anforderungen an die Qualifikation von Mitarbeiter n. Auf-

grund des gr oßen Er-

folgs wir d das F ACT-

BankenForum auch

2012 stattfinden.

Das FACT-BankenForum ist Teil des F ACT-Center e. V. FACT

steht für „Finance, Accounting, Contr olling and T axation“.

Ein Ziel des gemeinnützigen Vereins ist es, themenverwandte

Forschungsaktivitäten an der WHL zu unterstützen. Außer -

dem soll eine erweiterte Plattform für den Gedankenaus-

tausch zwischen W issenschaftlern und Praktiker n gebildet

werden. Dementsprechend fanden im Oktober und Novem-

ber 2011 die ersten beiden Vorträge der Veranstaltungsreihe

FACT-UnternehmerDialog statt. Martin Bellin, Gründer und

Geschäftsführer der BELLIN GmbH, r eferierte zum Thema

„Treasury – Die dritte Säule der Finanzwirtschaft“ und Jens

Tucheck von der Spitzmüller AG gab den Studier enden der

WHL Einblicke in die Technologieförderung in Deutschland.

500. Absolvent an der WHLPünktlich zu W eihnachten 2011 konnte die

Wissenschaftliche Hochschule Lahr (WHL) ihren

500. Absolventen vermelden. Es handelt sich

dabei um Jochen Eberhar d, Absolvent des

Master-Studiengangs „Finance and Banking“.

© Thonfeld / Camera4

Weitere Informationen finden Sie im Inter net unter

www.whl-lahr.de/fact

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AKAD AKTUELL

AKAD. DAS HOCHSCHULMAGAZIN. 22 I April 12 7

AKAD Seminar- und PrüfungsorteUm den AKAD-Studierenden eine noch größere räum-

liche Flexibilität zu bieten, wandelt AKAD seine „Studi-

enzentren“ seit 2011 sukzessive in „Seminar- und Prü-

fungsorte“ um. Der Grund für diese V eränderung ist,

dass mit dem Ausbau des deutschlandweiten AKAD-

Netzes den Studierenden mehr Orte zu Verfügung ste-

hen, Seminare zu besuchen und Prüfungen abzulegen –

lange Anreisen entfallen, da AKAD „direkt ums Eck“ ist.

Wie gewohnt können sich Studierende an den Seminar-

und Prüfungstagen mit ihren Fragen und Anliegen an

die AKAD-Mitarbeiter vor Ort wenden. 2011 kam zu

den bisherigen Standorten noch Augsburg hinzu.

Noch in diesem Jahr sollen Hannover und Berlin folgen.

Seit Anfang Oktober 2011 ist Pr ofessor

Dr. Gerd Siegmund an der AKAD Hochschule

Stuttgart Dozent für Elektr o- und Informa -

tionstechnik. „Die Arbeit an der AKAD gefällt

mir, da ich mich mit den Studier enden hier

durchaus identifizieren kann. Auch ich habe

keinen komplett geraden Berufsweg hinter

mir, sonder n mich Stück für Stück weiter

vorangearbeitet.“ V or seiner Tätigkeit bei

AKAD war Siegmund 25 Jahre bei Alcatel SEL

Stuttgart in der Har d- und Softwar eentwicklung, später als

Leiter der Abteilung „System Design“ der Bürokommunikation

und als Leiter der Abteilung Systeme und Pr odukt evolution

im Geschäftsfeld „Intelligente Netze“ tätig. W eitere sieben

Jahre arbeitete er innerhalb der Mobile-Netze-Entwicklung

bei Siemens als Bildungsbeauftragter und war hierbei ver -

antwortlich für die Koor dination der fachlichen Ausbildung.

Neben AKAD doziert Siegmund unter anderem am Steinbeis-

Transferzentrum „Technik der Netze“, das er

seit 2003 auch leitet.

Anfang September 2011 hat Dr . Dor een

Schwinger eine Pr ofessur für BWL, Schwer -

punkt Unternehmensführung und Organisa-

tion, an der AKAD Hochschule Leipzig ange-

treten. An AKAD r eizt sie besonders, „mit

hoch motivierten Studenten zusammenzuar-

beiten, die oft ber eits über umfangr eiche

praktische Erfahrungen verfügen. Diese Stu-

denten möchte ich auf ihr em weiteren Weg unterstützen“.

Schwinger studierte von 1995 bis 1999 Betriebswirtschafts-

lehre an der Fachhochschule Merseburg und promovierte an-

schließend zum Thema „Unternehmensnetzwerke und virtuelle

Unternehmen als Wettbewerbsstrategie für kleine und mittlere

Logistikunternehmen“. Neben ihrer Lehrtätigkeit bei AKAD ist

Schwinger geschäftsführende Gesellschafterin in ihrem Fami-

lienunternehmen, der Meissner Kamm GmbH in Naumburg.

AKAD-GeschenkgutscheineAufgrund vermehrter Anfragen von Studie-renden und Kolleg-Kunden kann man beiAKAD ab sofort Geschenkgutscheine (ab einem Wert von 50 Euro) erwerben. Interes-senten schicken für Bestellungswünsche oderweitere Informationen bitte eine Mail [email protected].

Es darf gefeiert werdenAuch in diesem Jahr gibt es bei AKAD wieder

Grund zur Freude. Die Termine der diesjähri-

gen AKAD-Festivitäten stehen im Kalender

(Seite 50).

Buchtipp für PersonalerAnfang 2012 erschien die 28., völlig neu bear-

beitete und erweiterte Auflage von „Betriebli-

che Personalwirtschaft. Aktuelle Herausfor de-

rungen, praxisorientierte Grundlagen und Bei-

spiele“ im expert verlag. Autor en sind Udo

Stopp (verstorben) und Professor Dr. Uta Kirsch-

ten, AKAD-Professorin für Human Ressour ces

Management.

Neue Dozenten für Elektro- und Informations-technik und Allgemeine BWL

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AKAD. DAS HOCHSCHULMAGAZIN. 22 I April 1210

Fernstudium als Passion

Der Weg des erfolgreichen AKAD-Studierenden folgt meist einem bestimmten

Muster: Schule, Ausbildung, Beruf, AKAD-Studium, Karriere. Dann gibt es noch

einige Absolventen, die nach dem FH-Fernstudium einen Master oder das uni-

versitäre Diplom an der WHL anhängen. Selten ist es jedoch, dass jemand seinen

gesamten höheren Bildungsweg von der Hochschulreife bis zum Universitäts-

abschluss bei AKAD zurücklegt − so wie Jörg Albert Fink. Mit 47 Jahren hat der

studierte Betriebswirt und Diplom-Kaufmann jetzt sein drittes Fernstudium

bei AKAD begonnen.

Seit letztem Herbst belegt Fink den neuen Master-Studiengang

Wirtschaftsingenieurwesen an der AKAD Hochschule Stutt-

gart. Da er in der Baubranche genau im Grenzbereich zwischen

Wirtschaft und Technik arbeitet, haben es ihm die interdiszipli-

nären Studieninhalte angetan. Aber der berufliche Aspekt

allein ist es nicht: „Ich komme wieder, weil ich merke: Es fehlt

mir, meinen Geist zu fordern“, erklärt der Familienvater seine

Motivation, auf dem Höhepunkt seiner beruflichen Karrier e

erneut zu studieren. Zudem schätzt er den Ausgleich zur täg-

lichen Arbeit: „Man hat vielleicht negative Erlebnisse in Beruf

und dafür dann positive im Studium − oder anders herum hat

man im Studium mal einen Durchhänger und freut sich dann

wieder aufs Geschäft. Ich merke, diese Ausgewogenheit,

die erdet mich.“

Fink spürt im Studium vor allem die Freude am Lernen, nicht

den Leistungsdruck:„Wenn man das erste Diplom schon mal

hat, muss man sich ja nicht mehr unter Druck setzen“, lacht er.

In der Tat kann Jörg Albert Fink sein neues Studium entspannt

angehen: Als Geschäftsführ er seiner eigenen Firma IPF Im-

mobilien- und Pr ojektmanagement in Schwieber dingen bei

Stuttgart hat er seinen T raumjob bereits gefunden. „Ich be-

treue bundesweit und immer wieder auch im Ausland große

Bauprojekte, nehme jeweils die Aufgaben des Bauherren wahr

und bin so ein Manager auf Zeit − von der grünen Wiese bis

zum Abschluss des Bauvorhabens“, so skizziert er seine Arbeit.

„... und da dachte ich, da gehe ich mal hin.“

Die AKAD-Bildungskarriere des Jörg Albert Fink begann in den

1980er-Jahren: Als ausgebildeter Dachdecker und Industrie-

kaufmann im elterlichen Handwerksbetrieb kam er damals mit

der Methode Fernstudium in Kontakt − und bald auch auf den

Geschmack: „Mein Vater hat gesagt, du gehst jetzt erstmal

mit in den Betrieb − ich wollte aber immer schon das Abitur

machen und studieren“, erinnert sich Fink. Durchlässigkeit im

Bildungssystem sei damals noch kein großes Thema gewesen.

„In der Zeitung habe ich dann entdeckt, dass man als Berufs-

tätiger bei AKAD einen vorber eitenden Lehrgang zur Fach-

hochschulreife machen konnte und anschließend neben dem

Beruf studieren“, erzählt er, „und da dachte ich, da gehe ich

mal hin.“

Was wohl eine gute Entscheidung war . „Für mich hat sich

damit ein neuer Lebensweg aufgetan“, sagt Fink rückblickend,

denn parallel zu seinem Aufstieg auf der Bildungsleiter nahm

er auch im Beruf zügig die Karrier estufen: Nach Abschluss

seines BWL-Studiums an der AKAD Hochschule Stuttgart im

Jahr 1993 fing er bei der Kreisbaugesellschaft Waiblingen an.

„Die Stelle hätte ich ohne das Diplom nicht bekommen“, er-

innert er sich. Zwei Jahr e später wechselte er zur Häussler -

Gruppe, die unter anderem das Einkaufszentrum „Schwaben-

galerie“ in Stuttgart-Vaihingen gebaut hat. Dort begann er

als Projektsteuerer, wurde bald darauf Prokurist und gehörte

schließlich zum engeren Führungskreis. Zu diesem beruflichen

Erfolg beigetragen habe in jedem Fall, dass er nebenbei noch

ein Studium an der WHL absolvierte, meint Fink: „Das FH-Di-

plom war sicherlich für mich wichtig, um den Berufseinstieg

zu finden, aber ich habe dann schnell gemerkt: Ich muss

noch weitermachen, um mich von der Masse abzuheben.“

Lernen am Strand und im Krankenhaus

Natürlich sei das Lernen neben der vollen Berufstätigkeit oft

anstrengend gewesen, räumt Jörg Albert Fink ein – insbeson-

dere während des WHL-Studiums, als er bereits Führungskraft

war und eine Arbeitswoche weit mehr als 40 Stunden um-

Für Jörg Albert Fink ist das Fernlernen seit 25 Jahren Teil seines Lebens

PORTRÄTS

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AKAD. DAS HOCHSCHULMAGAZIN. 22 I April 12 11

fasste. „Aber bei AKAD konnte man das ja flexibel handhaben,

statt eines Buches hatte ich in der Freizeit eben ständig AKAD-

Lektionen dabei. Meine Familie kennt mich nicht anders, weil

das schon immer so war“, erzählt er: „Einmal lag ich zwei

Wochen lang mit einem gebr ochenen Fuß im Krankenhaus,

in der Zeit habe ich zum Beispiel enorm viel gelernt.“

Seine Hauptmotivation dafür, das Fernstudium zu einem festen

Bestandteil seines Lebens zu machen, sei nie der berufliche

Aufstieg an sich gewesen, erklärt Fink, sondern zuallererst sein

Wissensdurst: „Ich sage auch zu Kollegen, die heute berufs-

begleitend studieren oder ein Zweitstudium planen, dass sie

gar nicht darüber nachdenken sollen, ob das jetzt dir ekt

karrierefördernd ist. Das kommt fast automatisch, wenn man

einen Studiengang wählt, der in den Berufsweg hineinpasst.“

„Ich will versuchen, der Beste auf meinem Gebiet

zu werden.“

Nach seinem universitären Abschluss an der WHL und rund

zehn Jahren bei der Häussler -Gruppe wagte der frischgeba-

ckene Diplom-Kaufmann vor sieben Jahren den Sprung in die

berufliche Selbstständigkeit. „Das klingt jetzt vielleicht sehr

plakativ“, sagt Fink, „aber so kann ich besser meine eigenen

Ideen verwirklichen. Und es war von Anfang an klar: Ich will

versuchen, der Beste auf meinem Gebiet zu wer den.“ Zudem

sah und sieht er großen Bedarf für seine Beratungsleistungen:

„Es gibt so viele gescheiterte Großprojekte“, erklärt er, „Bau-

vorhaben wer den oft so dilettantisch abgewickelt, dann

kommt es zu Kostenexplosionen – positiv ausgedrückt: Hier

ist unglaublich viel Potenzial für Verbesserungen.“

„Ohne AKAD wäre ich vielleicht heute noch

Dachdecker.“

Heute leitet Jörg Albert Fink selbst Workshops für Geschäfts-

führer und Gesellschafter gr oßer Bauunternehmen aus dem

deutschsprachigen Raum, in denen er sein Know-how ver -

mittelt. Vorträge halten, Bauprojekte betreuen − Jörg Albert

Fink ist ständig in ganz Deutschland unterwegs. Fehlt ihm nicht

manchmal die Erdung, die lokale Verbundenheit des elterlichen

Handwerksbetriebes?„Nein“, sagt Fink − das, was er jetzt

mache, sei genau das, was er sich immer gewünscht habe:

„Große, interessante Projekte leiten und mein Wissen weiter-

geben.“

In diesem Arbeitsumfeld hat er es fast ausschließlich mit Aka-

demikern zu tun, die den geraden Weg über Gymnasium und

Universität gegangen sind. „Man wir d nur akzeptiert, wenn

man die entsprechende akademische Ausbildung hat, sonst

tut man sich sehr schwer“, hat er erfahr en und fr eut

sich über das, was er erreicht hat. Andererseits be-

merke er an sich selbst eine etwas bodenständi-

gere Haltung als bei manchem Kollegen, sagt er

nachdenklich: „Ich habe mir das ja alles selbst er-

kämpft, da ist man ein bisschen demütiger – wenn

man weiß, wie es ist, draußen als Handwerker zu

arbeiten. Was ja an sich nicht schlecht ist, aber

eben etwas ganz anderes. Und heute bin

ich derjenige, der die Vorträge hält.“

Er wolle nicht pathetisch klingen, sagt

Jörg Albert Fink, „aber ohne AKAD

wäre ich heute vielleicht noch

Dachdecker“. Das sei natürlich

auch ein anständiger Beruf, aber

er habe gemerkt, dass seine

Stärken ganz woanders lägen,

meint er und fügt hinzu: „Ich

wäre wahrscheinlich nie der

beste Dachdecker gewor den.

Heute habe ich die Chance, das

zu machen, wozu ich wirklich

Talent habe.“

(wz)

PORTRÄTS

Ausbildung zum Dachdecker

Ausbildung zum Industrie-kaufmann

BWL-Diplom(FH)

BWL-Diplom(WHL)

Master-Studium Wirtschaftsingenieurwesen

Lehrgang zur Fachhochschul reife

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AKAD. DAS HOCHSCHULMAGAZIN. 22 I April 12

WIRTSCHAFT UND WISSENSCHAFT

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No-gos im Bewerbungsverfahren

Tipps für die Zeit nach AKAD

von Prof. Dr. Eva Schwinghammer

Wenn sich das Studium bei AKAD dem Ende entgegenneigt, stellt sich für viele Studierende die Frage, wie es danach weitergehen soll:

Ist man noch zufrieden mit seinem Arbeitgeber, kommt eine Bewerbung bei einem anderen Unternehmen in Frage oder möchte man

vielleicht sogar den Schritt in die Selbstständigkeit wagen?

Welches waren die lustigsten Entschuldi-

gungen und Ausreden auf einen Bewer-

bungsausrutscher?

Ein zu spät kommender Kandidat entschuldigte

sich mit einem ausgefallenen Zahn. Die Lücke

war sichtbar.

Die Bewerbungen auf eine ausgeschriebene

Stelle trudeln ein. Was wäre für Sie ein Fall

für den Papierkorb?

Zunächst beachte ich formale Anfor derungen

der Bewerbung, also die V ollständigkeit von

Anschreiben, Lebenslauf und Zeugnissen. Sind

die wesentlichen Informationen so übersichtlich

dargestellt, dass ich sie sofort finde? Kann ich an-

hand der Unterlagen schon erkennen, ob sich der

Bewerber mit der Stelle und dem Unternehmen

auseinandergesetzt hat? Enthält das Anschreiben

Rechtschreibfehler? Im zweiten Schritt steige ich

inhaltlich ein. Dann beachte ich zum Beispiel, ob

jemand seine Stelle zu häufig wechselt, ohne dass

dafür ein externer Grund gegeben ist (z.B. Insol-

venz etc.). Das signalisiert, dass jemand noch

nicht so recht weiß, was er will.

Wie sollten sich künftige Arbeitnehmer

zwischen Posteinwurf, Zwischenbescheid

und eventuellem Vorstellungsgespräch

verhalten und was könnten sie vorberei-

tend tun?

Viele Bewerbungsratgeber weisen darauf hin,

dass man beim genannten Ansprechpartner noch

einmal telefonisch nachhaken und sich somit

positiv in Erinnerung bringen soll. Diesen T ipp

halte ich für wenig praxistauglich. Der Auswahl-

prozess wird dadurch nicht beeinflusst und even-

tuell fühlen sich die Angerufenen sogar genervt.

Wenn allerdings kein Zwischenbescheid eingeht,

sollte man der Sache nachgehen: Vielleicht ist die

Bewerbung gar nicht angekommen. Vorbereiten

kann sich der Bewerber auf ein mögliches T ele-

foninterview, indem er Notizen erstellt, die er

dann griffbereit hat, wenn sich das Unternehmen

meldet. Ansonsten ist es natürlich sehr wichtig,

das Vorstellungsgespräch vorzubereiten und sich

Antworten auf die typischen Interviewfragen zu

überlegen. Und natürlich sollte man sich über

das Unter nehmen, bei dem man sich bewirbt,

ausgiebig informieren.

Unpünktlichkeit, mangelhafte Vorbereitung,

unklare Jobvorstellungen ... Fehler, die im

Vorstellungsgespräch passieren. Was wäre

für Sie ein K.-o.-Kriterium?

Zum einen lassen sich unklar e Jobvorstellungen

oft nur schwer ausräumen. In diesem Fall ist es

besonders fraglich, ob ein Bewerber für die Stelle

geeignet ist. Daneben geht es im V orstellungs-

gespräch vor allem auch darum, dass sich beide

Seiten kennen ler nen und prüfen, ob eine Zu-

sammenarbeit möglich ist. Hier muss die Chemie

stimmen – die wenigsten beruflichen Konflikte

entstehen allein aus einem inhaltlichen und

sachlichen Grund. Mein Tipp: Seien Sie authen-

tisch!

Was raten Sie künftigen Arbeitnehmern,

um Fettnäpfchen zu vermeiden, und was,

wenn man bereits reingetreten ist?

Wenn man ber eits reingetreten ist, dann of fen

ansprechen. Ein Fehler, der einem nicht auffällt,

ist schlimmer als ein Fehler, den man zugibt. Ge-

nerell gilt: Selbstr eflexion ist eine wichtige Ei-

genschaft, die in jeder beruflichen Situation

weiterhilft. Natürlich sollte diese mit einer ge-

wissen Souveränität gekoppelt sein.

Zum Schluss noch eine Anekdote einer an

Sie gerichteten Bewerbung?

Vor kurzem erhielt ich die Bewerbung einer chi-

nesischen Absolventin, die im Bereich Coaching

und interkulturelle Trainings tätig ist und uns ihre

Dienste mit der Begründung anbot, dass sie als

Chinesin für interkultur elle Trainings geradezu

prädestiniert sei, da interkultur elles Training in-

haltlich mit China gleichzusetzen wär e. Ihr war

offensichtlich nicht klar, dass die interkulturellen

Herausforderungen schon bei unseren Nachbarn,

zum Beispiel den Franzosen, beginnen.

Page 11: AKAD. das Hochschulmagazin Heft 22 | April 12

WIRTSCHAFT UND WISSENSCHAFT

AKAD. DAS HOCHSCHULMAGAZIN. 22 I April 12 13

To-dos auf dem Weg in die Selbstständigkeitvon Prof. Dr. Daniel Markgraf

Was macht Ihrer Meinung nach den Reiz an

einer beruflichen Selbstständigkeit aus?

In erster Linie liegt der Reiz wohl darin, dass man

im Rahmen einer Selbstständigkeit die eigenen

Ideen, Vorstellungen und Visionen verwirklichen

kann. Darüber hinaus gefällt vielen die fr eie

Zeiteinteilung oder der stärkere Einfluss auf das

eigene Einkommen. W ie immer im Leben hat

eine Medaille aber auch eine zweite Seite. Eine

Selbstständigkeit kann also nicht nur Chance,

sondern auch Belastung sein.

Für wen ist eine Selbstständigkeit geeignet?

Man muss schon ein gewisses Maß an Selbst-

vertrauen und Glauben an die eigenen Ideen

und Fähigkeiten mitbringen. Aber auch Eigen-

initiative, Zielorientierung, ein wenig Extraversi -

on und etwas Risiko bereitschaft sind wohl die

wichtigsten Zutaten für einen Gründer.

Wie risikoreich ist der Schritt in die beruf -

liche Selbstständigkeit?

Der Übergang in die Selbstständigkeit ist natür-

lich immer mit einem Risiko verbunden. Aller -

dings sammeln Gründer vor der Gründung in

der Regel eine V ielzahl von Informationen, so

dass sie ihr e Entscheidungen gezielt und gut

durchdacht tr effen. Darüber hinaus kann man

auf verschiedenen Wegen in die Selbstständigkeit

starten – nebenberuflich, mit einem erpr obten

Konzept – zum Beispiel Franchise – oder mit an-

deren Partnern gemeinsam.

Welche Fragen sollte man sich selbst stellen,

bevor man von der Festanstellung in die

Selbstständigkeit wechselt?

Eine wichtige Frage, die man sich zu Beginn ehr-

lich stellen sollte: Ist die Idee, mit der ich starten

möchte, länger als dr ei bis sechs Monate am

Markt wettbewerbsfähig und kann sie weiter -

entwickelt werden? Man sollte sich zudem genau

darüber im Klaren sein, was man in jedem Fall am

Ende des Monats im Geldbeutel haben möchte.

Und last, but not least ist auch ein positiv ge-

stimmtes persönliches Umfeld hilfr eich, da es

gerade zu Beginn der Selbstständigkeit eine

Menge Rückhalt geben kann.

Wann ist der richtige Zeitpunkt, sich über

eine Selbstständigkeit Gedanken zu

machen?

Idealerweise sollte man für die V orgründungs-

Unterstützung beim Schritt in die SelbstständigkeitAKAD-Studierende aus Sachsen können sich an die Selbst Management Initiative Leipzig

(SMILE) wenden. Informationen und Ansprechpartner finden Interessierte entweder auf

www.smile.uni-leipzig.de

oder direkt an der AKAD Hochschule Leipzig, die Kooperationspartner von SMILE ist.

Auch der Lehrstuhl BWL/Schwerpunkt Marketing-, Innovations- und Gründungsmanagement

an der AKAD Hochschule Leipzig klärt über SMILE auf – und gibt zudem T ipps und Hilfe -

stellungen zum Thema Selbstständigkeit für AKAD-Studierende aus dem ganzen Bundesgebiet:

www.akad.de

Auf bundesweiter Ebene sind Gründerinitiativen vor Ort oder etwa das Existenzgründungs-

portal des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie empfehlenswert:

www.existenzgruender.de

Für welchen Weg sich unsere erfolgreichen Absolventen letzten Endes auch entscheiden – unsere Experten Professor Dr. Eva Schwinghammer

(Rektorin der AKAD Hochschule Stuttgart und Professorin für Kulturwissenschaft mit Schwerpunkt Internationales Management) und

Professor Dr. Daniel Markgraf (Prorektor der AKAD Hochschule Leipzig und Professor für BWL, Schwerpunkt Marketing-, Innovations-

und Gründungsmanagement) geben Tipps für die Zeit danach.

phase circa drei bis sechs Monate Zeit einplanen.

Einen guten Rahmen bietet zum Beispiel die

Endphase des Studiums, da man Projektberichte

und Abschlussarbeiten nutzen kann, um bei-

spielsweise das Potenzial der Idee zu analysieren

und das Geschäftskonzept zu entwickeln.

Welche Punkte müssen in jedem Fall

abgehakt sein, bevor es losgehen kann?

Nachdem die Idee in Form gebracht und aus

verschiedenen Richtungen beleuchtet wur de,

sollten grundlegende Kontakte zu Partner n,

Kunden und Beratern oder Gründernetzwerken

recherchiert und aufgebaut werden. Auch bei

den Kammern oder Berufsverbänden sollte man

sich vor der Gründung noch einmal informieren

und etwa die rechtlichen Anforderungen für die

einzelnen Branchen und Geschäftsideen klären.

Page 12: AKAD. das Hochschulmagazin Heft 22 | April 12

Massenmedien: Daten, Zahlen, Fakten

Artikel 5 GG:„Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift

und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich

aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert

zu unterrichten. [...] Eine Zensur findet nicht statt.“

Aufgaben und Funktion der Medien

Fernsehmarkt Deutschland: Marktanteile einzelner Sender

Glaubwürdigkeitder MedienWelches Medium ist am glaubwürdigsten?

Tageszeitungen

Öffentlich-rechtliches Fernsehen

Öffentlich-rechtlicher Hörfunk

Privates Fernsehen

Internet Online-Dienste

Privater Hörfunk

Keins

43 %

27 %

10 %

6 %

6 %

2 %

6 %

(Quelle: Die deutschen Zeitungen in Zahlen und Daten,Auszug aus dem Jahrbuch „Zeitungen 2011/12“)(Quelle: AGF/GfK-Fernsehforschung)

(Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung, 2009)

AKAD. DAS HOCHSCHULMAGAZIN. 22 I April 12

MEDIEN – DIE VIERTE MACHT

18

Page 13: AKAD. das Hochschulmagazin Heft 22 | April 12

Massenmedien: Daten, Zahlen, Fakten

Minuten/Tag

Basis: BRD gesamt (bis 1900 nur alte Bundesländer), Mo–So (bis 1990 Mo–Sa), 5–24 Uhr,14+ Jahre, bis 2005 Deutsche, ab 2010 deutschsprachige BevölkerungQuelle: ARD/ZDF-Langzeitstudie Massenkommunikation 1964–2010

1964 1970 1974 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010

220 TV

187 Radio

83 Internet

22 Bücher

6 Zeitschriften

23 Tageszeitung

225

200

175

150

125

100

75

50

25

0

Nutzungsdauer der einzelnen Medien

TV und Radio vorn

In Deutschland gibt es ... 329 regionale und lokale Abonnementzeitungen

21 Wochenzeitungen

10 überregionale Zeitungen

8 Straßenverkaufszeitungen

6 Sonntagszeitungen

(Quelle: Die deutschen Zeitungen in Zahlen und Daten, Auszug aus dem Jahrbuch „Zeitungen 2011/12“)

Die so genannten E-Papers, ...... die digitalen Zeitungsausgaben,

verzeichneten 2011 stetig steigende

Auflagen. Allein vom zweiten zum

dritten Quartal 2011 wur de ein

Wachstum von 50 Prozent ermittelt.

Titel mit einer E-Paper-Auflage von über

5 000 Exemplaren

Bild Deutschland: 25824

Zeitungsgruppe Neue Westfälische: 9 521

Süddeutsche Zeitung: 8700

Frankfurter Allgemeine Zeitung: 7336

Neue Osnabrücker Zeitung: 6111

Rhein-Zeitung gesamt: 5552

(Quelle: IVW – Informationsgemeinschaft zur Feststel-lung der Verbreitung von Werbeträgern e.V.)

Seit 1991 ist die verkaufte Auflage (proTag) von Tageszeitungen in Deutschlandvon 27,3 Mio. Exemplaren auf 18,8 Mio.Exemplare gesunken. (Quelle: Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger e.V.)

MEDIEN – DIE VIERTE MACHT

AKAD. DAS HOCHSCHULMAGAZIN. 22 I April 12 19

Page 14: AKAD. das Hochschulmagazin Heft 22 | April 12

Bei der Gründung der Bundesr epublik verließ man sich im

Unterschied zur Presse in Sachen Rundfunk nicht darauf, dass

der fr eie Markt, also eine V ielzahl an Anbieter n, zugleich

Meinungsvielfalt mit sich bringen würde. Diese sollte bei Radio

und Fer nsehen vielmehr dur ch eine so genannte „binnen -

plurale“ Organisation und Staatsferne erreicht werden.

Die so unterschiedlich geschaf fenen Struktur en auf dem

Presse- bzw. dem Rundfunksektor haben zwei Hintergründe:

zum einen die „besondere Bedeutung [des Rundfunks] für die

politische Meinungsbildung“ (IpB 2010, S. 26) − noch frisch

in Erinnerung waren die Suggestionskraft bewegter Bilder und

die damit verknüpften Erfahrungen aus dem dritten Reich.

Zum anderen herrschte beim Rundfunk Fr equenzknappheit,

das heißt, es stand rein technisch nur eine begrenzte Anzahl

von Sendefrequenzen zur Verfügung.

Rundfunkräte sollen Meinungsvielfalt im Programm

garantieren

Um innerhalb dieser Gegebenheiten Meinungsvielfalt zu er -

reichen und den Rundfunk gleichzeitig „vor einem dir ekten

Durchgriff der Regierung auf die Pr ogrammgestaltung zu

schützen“ (IpB 2010, S. 24), wur den nach dem V orbild der

britischen BBC die öf fentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten

geschaffen. Die Besonderheit im V ergleich zu Länder n wie

England oder Schweden besteht bis heute im föderalen Auf-

bau der Rundfunkordnung, der Einflüsse zentraler staatlicher

Macht verhinder n sollte. Die gesetzliche Regulierung des

Rundfunks war also von Anfang an Aufgabe der Länder .

Rundfunkgesetze und Rundfunkstaatsverträge zwischen meh-

reren Bundesländern, die bis heute immer wieder verändert

und der aktuellen Entwicklung angepasst werden, garantieren,

dass in den Aufsichtsgremien (Rundfunkräten) Vertreter aller

gesellschaftlich r elevanten Gruppen wie Kir chen, Parteien,

Gewerkschaften, Verbände und andere vertreten sind und die

Programmgestaltung beeinflussen. Insbesondere der Einfluss

der politischen Parteien auf diese Gremien sorgte wiederholt

für kontroverse Diskussionen.

Gebühren für die MeinungsvielfaltDigitalisierung verschärft Diskussion um Sonderstellung der öffentlich-rechtlichen Sender

Ab nächstem Jahr müssen alle Haushalte in Deutschland eine Rundfunkgebühr

bezahlen − unabhängig davon, ob sie ein Empfangsgerät vorhalten oder nicht.

Diese pauschale „Haushaltsgebühr“ wirft in der öffentlichen Diskussion wieder

die Frage nach der Berechtigung des so genannten „dualen Rundfunksystems“

auf: Die öffentlich-rechtlichen Sender werden faktisch zum überwiegenden Teil

vom Steuerzahler finanziert, obwohl sie keine staatlichen Einrichtungen sind –

begründet wird das durch ihren besonderen Programmauftrag. Aber wird dieser

in Zeiten der Digitalisierung und dem dadurch gestiegenen Anpassungsdruck

an die Privaten überhaupt noch erfüllt?

AKAD. DAS HOCHSCHULMAGAZIN. 22 I April 1220

MEDIEN – DIE VIERTE MACHT

Page 15: AKAD. das Hochschulmagazin Heft 22 | April 12

Streitpunkt „Haushalts abgabe“

Diskutiert wird auch im Moment wieder, vordergründig über

die Änderung der Rundfunkgebühr en: Die Gebühr , die die

Unabhängigkeit der öffentlich-rechtlichen Sender in der Pro-

grammgestaltung auch durch finanzielle Unabhängigkeit si-

cherstellen soll, bemaß sich bisher nach der Anzahl der Geräte,

mit denen man Fer nseh- bzw. Radioprogramme empfangen

kann. Nach dem 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom

Dezember 2010 soll es nun ab dem Jahr 2013 eine Pauschal-

gebühr von zunächst monatlich 17,98 Eur o pr o Haushalt

geben – unabhängig davon, wie viele Geräte es in diesem

Haushalt gibt und wie viele Personen dort leben. Mit Einnah-

men von 7,4 Milliar den jährlich rechnet die Kommission zur

Ermittlung des Finanzbedarfs der öffentlich-rechtlichen Rund-

funkanstalten (KEF) durch die neue sogenannte „Haushalts-

abgabe“ (Der Tagesspiegel, 18.1.2012).

Die Änderung soll zum einen den Aufwand für die Daten -

erhebung und die Kontrolle durch die Beauftragten der GEZ

entfallen lassen (Die W elt, 9.6.2010) und zum ander en den

veränderten technischen und gesellschaftlichen Rahmen -

bedingungen Rechnung tragen − die Geräte zu zählen, mit

denen Fernsehen und/oder Radio empfangen wer den kann,

hat sich in Zeiten mobiler Endgeräte als nicht mehr praktikabel

erwiesen. Dennoch spr echen Kritiker von einer entmündi-

genden Zwangsabgabe, die dem Bürger die W ahlfreiheit

nehme, aufs Fer nsehen zu verzichten. Mit einer solchen

Gebühr müsse auch die Möglichkeit verbunden sein, Einfluss

auf die Pr ogrammgestaltung zu nehmen, beispielsweise

durch eine für bestimmte Sender oder Sendungen reservierte

Abgabe (IpB 2010, S. 28).

Die Diskussion über die neue Gebühr führt wieder zur Frage

nach der Existenzber echtigung des öf fentlich-rechtlichen

Rundfunks: Ist seine Rolle für die Demokratie so wichtig, dass

eine Pauschalgebühr für alle Bürger zulässig ist?

Um hier in die Nähe einer Antwort zu kommen, müssen zwei

unterschiedliche Aspekte der Fragestellung berücksichtigt

werden. Erstens: Wird die Grundversorgung in der heutigen

Medienlandschaft nicht schon durch die Vielfalt der privaten

Sender gesichert, so dass das „binnenplurale“ Konzept aus der

Nachkriegszeit überflüssig ist? Zweitens: Die öffentlich-recht-

lichen Sender haben einen speziellen Pr ogrammauftrag −

wird dieser inhaltlich in Zeiten verstärkten W ettbewerbs mit

den Privaten noch erfüllt?

Digitalisierung: Vielzahl der Sender = Vielfalt der

Inhalte?

Es ist kein Zufall, dass diese Diskussion zum jetzigen Zeitpunkt

wieder aufbricht: 68 Pr ozent der Haushalte in Deutschland

Gesellschaftlich relevante Gruppen im dualen RundfunksystemVertreter der pluralistisch besetzten Aufsichtsgremien

Gebührenzahler, Zuschauer, Hörer, Werbekunden

Öffentlich- rechtlicher Rundfunk

Rundfunk -anstalten

Landesmedien -anstalten

Privater Rundfunk

ARD (BR, HR, MDR,NDR, RB, RBB, SR,SWR, WDR, DW,),

ZDF, DRadio

Rundfunkrat/ Verwaltungsrat

Intendant/ IntendantinHörfunk- und

Fernsehredaktion

MedienratDirektor/ Direktorin

Zulassung und Aufsicht

Unternehmens -gruppen:

ProSiebenSat1 (TV),RTL (TV, Radio),

Sky (Pay TV), Axel Springer (Radio),

Müller Medien (Radio), u.a.

Werbetreibende Wirtschaft

AKAD. DAS HOCHSCHULMAGAZIN. 22 I April 12 21

MEDIEN – DIE VIERTE MACHT

Quelle: IpB 2010

Page 16: AKAD. das Hochschulmagazin Heft 22 | April 12

AKAD. DAS HOCHSCHULMAGAZIN. 22 I April 12

MEDIEN – DIE VIERTE MACHT

22

Strategien für die Herausforderungen der Digitalisierung

Muss also jeder, der sich etwas eingehender mit dem Sachver-

halt beschäftigt, zu dem Ergebnis kommen, dass der öffentlich-

rechtliche Rundfunk unangefochten ist? Nicht ganz, denn in

digitalen Zeiten kommt auch der öf fentlich-rechtliche Pr o-

grammauftrag nicht aus der Diskussion. „Der öffentlich-recht-

liche Rundfunk muss Strategien entwerfen, wie er den zukünf-

tigen Herausforderungen der Digitalisierung begegnen will, um

auch weiterhin seinen verfassungsmäßigen Auftrag zu erfüllen

und die privilegierte Stellung rechtfertigen zu können“, schreibt

beispielsweise Stefan Wolf in seiner Studie (2007, S. 10 ).

Grundlage für die privilegierte Stellung ist ein gesetzlicher

Programmauftrag in der Verfassung, nach dem das Programm

Information, Bildung, Unterhaltung, Beratung enthalten und

damit eine mediale „Grundversorgung“ leisten soll (APuZ

2009, S. 26). Diese beinhaltet explizit auch die Unterhaltung −

die öffentlich-rechtlichen Sender haben also nicht den Auftrag

nur zur „Restversorgung“ mit allen anspruchsvollen Inhalten,

die die Privaten nicht abdecken. Der Begrif f „Grundversor-

gung“ kann jedoch nicht eindeutig definiert werden (IpB 2010,

S. 29), damit ist auch das Verständnis des öffentlich-rechtlichen

Auftrags immer ein Stück weit Auslegungssache. Auf der

Grundlage insbesondere des 6. Rundfunkurteils des Bundes-

verfassungsgerichtes von 1991 hat sich hierzulande eine breite

Auslegung dieses Auftrags etabliert, die sich mit den Begriffen

Vielfalt, Breite und Qualität zusammenfassen lässt.

„Süßstofftendenzen“ und „Pilcherisierung“

Doch die Grenzen verschwimmen. Der Bielefelder Juraprofes-

sor und Experte für das duale Rundfunksystem Martin Stock

sprach bereits 2008 von einem „stetigen Anpassungsdruck“

aus Quotengründen und einer daraus resultierenden „schlei-

chenden Selbstkommerzialisierung“ der öffentlich-rechtlichen

Programme. Insbesonder e im Unterhaltungspr ogramm be-

klagte er„quotenbringende Süßstof ftendenzen“ und eine

„fortschreitende Pilcherisierung“, die der nach Paragraf 11

notwendigen programmlichen Qualitätssicherung widersprä-

chen, und forderte Reformen (S. 5).

Diese kamen wenig später, zum 1.1.2009: Der 12. Rundfunk-

änderungsstaatsvertrag legt fest, dass die öffenlich-recht lichen

Programmangebote künftig einem Dr ei-Stufen-Test („Public

Value Test“) unterzogen wer den sollen, um zu überprüfen,

ob sie dem am Gemeinwohl orientierten Pr ogrammauftrag

entsprechen.

empfangen Fernsehen bereits über einen digitalen Übertra -

gungsweg. Die Technikumstellung im terr estrischen Bereich

(Antenne) ist bereits abgeschlossen, im April soll das analoge

Satellitenfernsehen ebenfalls abgeschaltet wer den. Nur der

Übertragungsweg über Kabel ist noch nicht vollständig umge-

stellt. Mit der Digitalisierung können im gleichen Fr equenz-

bereich erheblich mehr Hörfunk- und Fer nsehprogramme

übertragen werden, statt fünf oder sechs sind es nun zum Teil

mehr als 30 (Digitalisierungsbericht 2011, S. 50/51). Die Frage,

ob das r eine „Mehr“ an Pr ogrammen auch eine inhaltliche

Vielfalt schafft, die die Öffentlich-Rechtlichen und mithin die

Rundfunkgebühr überflüssig macht, kann mit Blick auf das

private Programmportfolio hierzulande aber dennoch r elativ

eindeutig verneint werden: Anders als bei den Printmedien

steht eine V ielzahl an Anbieter n hier (wie auch in ander en

Staaten) nicht für eine inhaltliche Vielfalt. Das liegt vor allem

daran, dass die Privatsender sich r ein dur ch W erbeeinnah-

men finanzieren müssen und ihr Programm auf die wichtigen

Werbezielgruppen ausrichten. Damit wir d das Pr ogramm in

den Privatsendern, so viele es auch geben mag, austauschbar,

und bestimmte, weniger werberelevante Bevölkerungsgrup-

pen sind überall ausgeschlossen (IpB 2010, S. 25). Eine Sen-

dung wie beispielsweise „Menschen − das Magazin“, die

wöchentlich im ZDF ausgestrahlt wir d und Menschen mit

Behinderung ein Forum bietet, fände in einer werbegesteu -

erten Programmgestaltung keinen Platz.

Quelle: WDR

Verteilung der monatlichen Rundfunkgebühren

Gesamt: 17,98 Euro 0,34 EuroLandesmedienanstalten

0,01 EuroKEF

12,51 EuroARD (BR, hr, MDR, NDR, RadioBremen, rbb, SR, SWR, WDR,Deutsche Welle) inkl. ARTE,3sat, PHOENIX, KI.KA

4,73 EuroZDF (inkl. ARTE, 3sat,

PHOENIX, KI.KA)

0,39 EuroDeutschlandradio

Page 17: AKAD. das Hochschulmagazin Heft 22 | April 12

MEDIEN – DIE VIERTE MACHT

AKAD. DAS HOCHSCHULMAGAZIN. 22 I April 12 23

Und wer „Public Value“ bietet, dem stehen selbstverständlich

Rundfunkgebühren zu. Ob die jeder bezahlen muss? Hier sei

ein Hinweis auf andere öffentliche Bereiche erlaubt: Auch die

Steuergelder von Bürger n, die nicht Auto fahr en, wer den

zum Bau von Autobahnen verwendet.

Die gesellschaftliche Funktion der öffentlich-rechtlichen Sender,

die diese von den Privaten abhebt, hat die ehemalige EU-Kom-

missarin und schwedische Kulturministerin Margot W allström

einmal prägnant auf den Punkt gebracht: „Unser multikultu-

reller Schulalltag ist genauso wichtig wie Beverly Hills – und

diesen Programmanspruch erfüllen nur die Öffentlich-Recht-

lichen“ (Wienholz 2006, S. 76).

(wz)

Volker Lilienthal, verantwortlicher Redakteur des Fachdienstes

epd medien, bewertet diese Regelung positiv, da die Bundes-

länder als Rundfunkgesetzgeber den Pr ogrammauftrag auf

diese W eise konkr etisiert und damit definiert hätten, was

„unter den Komplexen Information, Bildung und Kultur detail-

liert zu verstehen“ sei. Zudem wer de erstmals hinzugefügt,

dass auch Unterhaltung bei ARD und ZDF ein gewisses Niveau

nicht unterschreiten dürfte (APuZ 2009, S. 7).

Öffentlich-rechtliche als Gewinner der Digitalisierung?

Nun könnte der Eindruck entstehen, die Digitalisierung und

ihre Möglichkeiten sei per se eine Gefahr für die öf fentlich-

rechtlichen Sender. Es gibt aber durchaus Bereiche, in denen

ARD und ZDF auch von der technischen Entwicklung profitie-

ren und diese, wie Experten meinen, im Sinne ihres Programm-

auftrages nutzen. Im Digitalisierungsbericht 2011 ist gar zu

lesen: „Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist der größte Ge-

winner der Digitalisierung. [...] Er expandierte, dank einem

Finanzierungsmodell, das ihm mit zusätzlichen Erträgen neue

digitale Kanäle [...] ermöglichte“ (S. 16). Will heißen: Auch den

Öffentlich-Rechtlichen stehen mehr Fr equenzen zur V erfü-

gung, die sie für Spartensender mit speziellem Profil nutzen –

wie beispielsweise Phoenix, ZDFinfokanal oder 3sat. Der Züri-

cher Medienwissenschaftler Stefan Lucht sieht dur ch diese

Kanäle die Binnenpluralität und die Plattformfunktion für

verschiedene politische und gesellschaftliche Akteure gestärkt,

die sonst im Fer nsehbereich kaum berücksichtigt wür den

(APuZ 2009, S. 30). Beispiele dafür sind die stundenlange

Übertragung der Schlichtungsgespräche für Stuttgart 21 bei

Phoenix oder kulturelle Beiträge bei 3sat.

Bedauerlich ist allerdings, dass gar nicht alle gebührenzahlen-

den Zuschauer auch alle Spartenprogramme sehen können −

immer wieder ärgerlich, wenn die Moderatorin der „Heute“-

Sendung im ZDF-Hauptprogramm auf vertiefende Sendungen

im ZDFinfokanal oder auf ZDFneo hinweist und man keine

Möglichkeit hat, dieser Empfehlung zu folgen.

Werden doch gerade die Spartenpr ogramme gern genannt,

wenn es um die eingangs gestellte Frage geht: ob die Öf fent-

lich-Rechtlichen ihren Programmauftrag erfüllen. „Trotz aller

Einschränkungen lässt sich mit Fug und Recht immer noch

sagen, dass die öf fentlich-rechtlichen Fernsehsender, zumal

unter Einbeziehung von 3sat, AR TE und Phoenix, ihrem Pro-

grammauftrag nachkommen und der Gesellschaft ,Public

Value’ in erheblichem Ausmaß bieten“, r esümiert Journalist

Lilienthal (APuZ 2009, S. 11).

Literatur (Auswahl):

die medienanstalten – ALM GbR: Digitalisierungsbericht 2011:Offen, neutral, hybrid − die neue (Un)Ordnung der Medien. – Berlin, 2011

Bundeszentrale für politische Bildung: Informationen zur politischen Bildung (IpB), Heft 309: Massenmedien. – Bonn, 2010

Bundeszentrale für Politische Bildung: Aus Politik und Zeit -geschichte (APuZ), Heft 9–10/2009: Öffentlich-rechtlicher Rundfunk. –Bonn, 2009

Stock, Martin: Noch einmal zum Reformbedarf im „dualenRundfunksystem“. Public Service-Rundfunk und kommerziellerRundfunk – wie können sie koexistieren? – Köln, 2008 (Arbeitspapieredes Instituts für Rundfunkökonomie; 244)

Wolf, Stefan: Wie verzichtbar wird der öffentlich-rechtlicheRundfunk durch die Digitalisierung? – Köln, 2007 (Arbeitspapieredes Instituts für Rundfunkökonomie; 238)

Wienholz, Heike: Gemeinwohlanspruch im Wandel. Die Auswir-kungen der Digitalisierung auf die Rolle des Public Service-Fernsehensin Schweden. – Stuttgart (Universität Hohenheim), 2006

Anteile der Programmkategorien in Prozent

Quelle: ZDF Jahrbuch 2010

10,6 % Nachrichten

14,3 % Aktuelle Tagesinformation

2,1 % Wissenschaft,Technik und Umwelt6,8 % Alltag und Lebensbewältigung2,9 % UnterhaltendeInformation

2,4 % Regionale Information0,8 % Wirtschaft

Fernsehspiel 5,7 %

Specials 0,1 %Unterhaltung 7,5 %

Konzert- und Bühnen-darbietung 0,4 %

Sport 6,6 %

Kinderprogramm 5,1 %Übertragungen 0,7 %

Programmpräsentation 4,3 %

Reihen und Serien 13,2 %

Spielfilm 8,3 %Fiction (ohne Kinder-programm) 27,4 %

Information48,0 %

Sonstige24,6 %

2,7 % Kulturinformation2,9 % Gesellschaft

2,5 % Politik

Page 18: AKAD. das Hochschulmagazin Heft 22 | April 12

AKAD. DAS HOCHSCHULMAGAZIN. 22 I April 12

MEDIEN – DIE VIERTE MACHT

24

„Jeder Tag ist eine neue Bewährungsprobe“

Roland Freund ist seit Juli 2010 Chef Inland und damit Mitglied der Chef-

redaktion der dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH. Im Interview gibt

der gebürtige Franke Auskunft über Selbstverständnis und Redaktions-

statute der dpa sowie das Angebot der Agentur – und erklärt, was

guter Journalismus seiner Meinung nach leisten sollte.

Der frühere dpa-Chefredakteur Wilm Herlyn hat 2009 in

einem Interview gesagt: „Wir sind die Leuchttürme in

der Nachrichtenflut.“ Ist dieser Vergleich noch aktuell,

Herr Freund?

Es stimmt: Orientierung in der Informationsflut ist wichtiger

denn je. Unser jetziger Chefredakteur Wolfgang Büchner be-

schreibt die Rolle der dpa außerdem gern als Teil eines Netz-

werks mit unser en Kunden. Im Fokus unser er Arbeit steht

dabei, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden, Wah-

res von Unwahrem zu trennen; aber eben auch die Weiterga-

be von Links und anderen Zusatzinfos, die unser en Kunden,

den Redaktionen, dabei helfen, dass sie unverwechselbare ei-

gene Inhalte erstellen können.

Die Arbeit der dpa ist also interaktiver geworden?

Wir chatten mit unser en Kunden. Und zwar laufend. Dabei

fragen uns die Jour nalisten auf unserem Kundenportal dpa-

news.de ganz direkt zu aktuellen Themen an: Können Sie uns

noch ein Porträt zum neuen Konzernchef schicken? Haben Sie

eine Graphik zum Grubenunglück? Gibt es einen Audiobei-

trag zur überraschenden Hochzeit dieses oder jenes Promis?

Bei einem so umfassenden Service auf der einen Seite

und zurückgehenden Mitarbeiterzahlen in den Redak-

tionen auf der anderen Seite – werden da nicht immer

mehr dpa-Meldungen 1:1 abgedruckt?

Darüber führen wir keine Statistik. Man kann aber sicher sagen,

dass es bestimmte Zeiten gibt, in denen Redaktionen ver -

stärkt auf unser e Arbeit zurück greifen, zum Beispiel an den

Wochenenden oder an den Feiertagen. Das Gleiche gilt auch,

wenn es überraschende Er eignisse zu späten Zeiten, An-

druckzeiten oder sehr früh morgens gibt. Wann immer eine

Redaktion also nicht gut besetzt ist, dann ist die Sternstunde

einer Agentur – das ist ganz klar.

Wo liegt heute das Kerngeschäft der dpa – ist es noch

immer das geschriebene Wort?

Unser Kerngeschäft ist das Mediengeschäft. Wir machen Text,

Bild, Audio, Graphik, V ideo ... also alle Mediengattungen, die

man sich vorstellen kann. Schließlich ist auch eine Zeitung

heute kein reiner Printtitel mehr, sondern möchte als Marke

mehrere Medien bespielen: Es gibt in der Regel ein Online-An-

gebot, unter anderem mit Video- und Audiobeiträgen et cetera.

Sie bieten also bereits einen breiten Angebotsmix. Gibt

es da überhaupt noch Wachstumspotenzial für die dpa?

Das liegt im Geschäft mit Kunden außerhalb der Medien.

Jüngstes Beispiel: Wir haben von Brüssel aus den Dienst „dpa

Insight EU“ gestartet, der Entscheidern und anderen Experten

in Parlamenten und Parteien, Unternehmen, Verbänden und

Institutionen eine Kombination aus Nachrichten, Analyse

und spezifischer Recherche zur Politik und zu Regulierungs-

maßnahmen der Europäischen Union bietet – ein hochspan-

nendes Projekt.

dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH

Die dpa Deutsche Pr esse-Agentur GmbH wir d getragen von 189Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen, Rundfunk- und Fer nsehgesell-schaften sowie weiteren Medienhäusern. Das dpa-Statut begr enztden Anteil pro Gesellschafter auf maximal 1,5 Pr ozent des Stamm-kapitals. Das Angebot der dpa besteht aus Texten, Bildern, Graphiken,Audiobeiträgen, O-Tönen, Videofilmen, Online-Dienstleistungen undApps. Im Ausland beliefert die dpa Kunden auch mit Nachrichtenin Englisch, Spanisch und Arabisch. Die Finanzierung der Agenturerfolgt in der Regel über den Abschluss von Abonnementverträgen.Der Kundenkreis geht dabei über den der dpa-Gesellschafter hinaus– auch Unternehmen, Verbände und Regierungsorganisationen be-ziehen dpa-Dienste. Schwerpunkt ist jedoch das Mediengeschäft.Im Geschäftsjahr 2010 betrug der Umsatz der dpa (ohne Umsätzeder Tochtergesellschaften) gut 87,8 Millionen Euro.

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MEDIEN – DIE VIERTE MACHT

AKAD. DAS HOCHSCHULMAGAZIN. 22 I April 12 25

Verlässlichkeit, Souveränität, Unabhängigkeit – das sind

Markenzeichen und letztlich auch Verkaufsargumente

der dpa. Wie stellen Sie diese sicher?

Grundsätzlich gilt: Jeder Tag ist eine neue Bewährungsprobe –

man kann sich nicht auf dem ausruhen, was einmal err eicht

worden ist. Die wichtigste Regel ist jedoch: Richtigkeit geht

vor Geschwindigkeit. Das ist eine uralte Agenturr egel, die

heute, nicht zuletzt durch das Internet, wichtiger denn je ist.

Wir sind zwar gern schnell, aber wir sind noch lieber richtig.

Hierfür haben wir unter ander em den so genannten dpa-

Kompass, eine Art Online-Handbuch, das wie ein Wiki funk-

tioniert. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter finden in

dem dpa-Kompass unsere Regeln und Standards, zum Beispiel

wie der Wahrheitsgehalt von eingehenden Meldungen über-

prüft wer den kann. Außer dem können neue Erkenntnisse

und wichtige Hinweise eingegeben wer den, so dass der

Schatz an Erfahrungen ständig wächst – schließlich ler nen

auch wir immer wieder aus Fehlern.

Können Sie einen Fehler nennen, aus dem die dpa

besonders viel gelernt hat?

Ich könnte eine Kategorie nennen, aus der wir viel geler nt

haben: gefälschte Informationen. Das hat zu Fax-Zeiten mit

dem gefälschten Kohl-Fax angefangen und geht heute weiter

mit gefälschten E-Mails und Inter netauftritten. Unsere Kon-

sequenz aus diesen V orfällen ist, dass wir inzwischen zum

Beispiel die Echtheit von Webseiten überprüfen.

Was macht Ihrer Meinung nach einen

sauber arbeitenden Journalisten aus?

Als Agenturjour nalist aus Leidenschaft bin

ich davon überzeugt, dass die Menschen sich

selbst ein Urteil bilden wollen und auch sollen.

Ich will ihnen die Fakten dafür so gut und so

verantwortungsvoll es geht aufber eiten. Ich

würde daher sagen, dass Information, Unab-

hängigkeit, Zuverlässigkeit und Sorgfalt die wesentlichen

Punkte sind, die guten Journalismus ausmachen.

Denken Sie, dass die wirtschaftliche Abhängigkeit

mancher Zeitungen gegenüber großen Anzeigenkunden

aus Wirtschaft oder Industrie zum Verlust der Presse-

freiheit führen kann?

Ich würde sagen, für die journalistische Unabhängigkeit ist in

erster Linie jeder Journalist selbst verantwortlich. Das fängt im

Alltag an: Lasse ich mich von Unter nehmern oder Politikern,

über die ich berichte, einladen? Lasse ich wichtige Fakten aus

meinem Artikel raus, weil sie vielleicht nicht in meine Ge-

schichte oder mein Bild passen? Bringe ich eine Gefälligkeits-

geschichte, weil ich mir beim nächsten Mal von meiner Quelle

irgendwelche Vorteile ver-

spreche? Und dann gibt

es sicher die von außen

drohenden Gefahren der

Einflussnahme und der

Ab hängigkeiten – aber

dafür gibt es, wür de ich

sagen, Chefr edakteure

mit Rückgrat, die müssen

ihren Redaktionen den

Rücken stärken.

Haben die meisten

Chefredaktionen in

Deutschland Rückgrat?

Ich kenne sehr viele Chef-

redakteure mit Rückgrat.

Also lautet meine Ant-

wort: Ich denke mal ja.

Bietet die deutsche

Medienlandschaft eine

ausgewogene Bericht-

erstattung?

Die Medienvielfalt in Deutschland ist im inter nationalen Ver-

gleich enorm. Das heißt aber nicht, dass immer und automa-

tisch eine ausgewogene Berichterstattung gelingt. W ir haben

Themen, die laufen lange Zeit in eine Rich-

tung, und die Jour nalisten laufen mit dem

Strom, dem „Mainstr eam“, mit. Und dann

gibt es Kollegen, die gerade bei diesen The-

men mit gut r echerchierten Geschichten he-

rausstechen, die gegen den Strich gebürstet

sind, die einen Perspektivwechsel wagen –

das ist mutig, das ist mühsam, und das soll-

ten wir viel öfter machen.

Warum richten sich Journalisten überhaupt danach,

was das Leser-Gros vermeintlich lesen möchte?

Also wenn Sie nicht für den Leser schr eiben, für wen dann?

Das wäre meine Gegenfrage. Allerdings glauben wir manch-

mal zu wissen, was die Leser möchten – und wissen es gar

nicht. Dann laufen wir als Jour nalisten in eine Richtung los

und unterschätzen, dass der Leser eigentlich viele Perspektiven

haben will, um sich sein eigenes Bild zu machen. Das sollte

man nicht vergessen: Die Leser sind viel schlauer , als wir

manchmal denken.

(lv)

„Ich bin davonüberzeugt, dass

die Menschen sichselbst ein Urteilbilden wollen

und auch sollen.“