Aktuelle Entwicklungstrends und fachliche Herausforderungen: Kinder- und Jugendhilfe zukunftsfähig...
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Aktuelle Entwicklungstrends und fachliche Herausforderungen:
Kinder- und Jugendhilfe zukunftsfähig gestalten!
2. Kinder- und Jugendhilfekongress in Güstrow 07./08.05.09
Prof. Dr. Karin Böllert
Gliederung Sozialpolitische Schlaglichter Vier zentrale Herausforderungen Familialisierung und Kindorientierung in
der Kinder- und Jugendhilfe? Jugendhilfe ohne Jugend? Kinder- und Jugendhilfe als Bildungsort? Personal, Träger- und Finanzstruktur Schlussfolgerungen
Sozialpolitische Schlaglichter
Dritter Armuts- und
Reichtumsbericht: wachsende soziale Ungleichheit Zweiter Bildungsbericht: soziale
Benachteiligungen im Bildungssystem Nürnberger Institut für Arbeits- und
Berufsforschung: Prekarisierung der Beschäftigungssituation
Sozialpolitische Schlaglichter Bericht der EU-Kommission:
geschlechtspezifische Benachteiligung auf dem Arbeitsmarkt UNICEF-Bericht zur Lage der Kinder in
Deutschland: Verarmung von Kindern Bertelsmann-Stiftung: Gerechtigkeitsproblem
des bundesrepublikanischen Wohlfahrtsstaates DJI: Hilfen zur Erziehung gehen mit Armut
einher
Familialisierung und Kindorientierung
Kindorientierung durch Diskussion über Kindertagesstätten
Ausbau im Westen insgesamt Diskussionen über frühkindliche
Bildungsprozesse Akademisierung der
Erzieherinnenausbildung hoher Personalbedarf
Familialisierung und Kindorientierung
Ausgangssituation:
Elementarbereich soll erste Stufe des bundesrepublikanischen Bildungssystems werden!
Familialisierung und Kindorientierung
Und dennoch:
Kindertageseinrichtungen leisten
•Bildung und•Erziehung und•Betreuung!
Familialisierung und Kindorientierung
Trias von Bildung, Erziehung und Betreuung
Bildung: lebenslange aktive Aneignung der Welt, der Kultur und der Natur von Geburt an
Erziehung: Gesamtheit der Verhaltensweisen und Aktivitäten von Erwachsenen im verantwortlichen Umgang mit Kindern
Betreuung: umfassende Sorge für das leibliche und seelische Wohlbefinden der Kinder
Familialisierung und Kindorientierung
Wie viel Bildung?
Kindertagesstätten sind Bildungseinrichtungen, aber nicht ausschließlich. Sie leisten darüber hinausgehend Erziehung und Betreuung – zwei wesentliche Voraussetzungen für gelingende Bildungsprozesse!
Familialisierung und Kindorientierung
Bildung in Kindertageseinrichtungen heißt:
• Das Kind als aktiven Lerner zu verstehen• Die individuelle Entwicklung eines jeden einzelnen
Kindes zu fördern• Das Spielen als wertvolle Aktivität des Kindes
verstehen • Lerngelegenheiten in den Alltag und in die
Aktivitäten der Kinder zu integrieren
Familialisierung und Kindorientierung
Bildung in Kindertagestätten bedeutet nicht:
• Vorbereitung auf Schule im Sinne von „schulfähig machen“• Orientierung an vorgegebenen
Bildungsinhalten (Curricula) • Orientierung an Selektion durch Leistung• „Gleichbehandlung“ aller Kinder
Familialisierung und Kindorientierung
Bildung in Kindertageseinrichtungen setzt voraus:
In M-V vor allem qualitativen Ausbau! Befähigung des Personals! Anerkennung des Personals!
Familialisierung und Kindorientierung
Wie wird gebildet?
Frühkindliche Bildungsprozesse gelingen dann, wenn Erzieherinnen entsprechend ausgebildet sind, ihre Tätigkeit eine gesellschaftliche und trarifrechtliche Anerkennung erfährt und unter bildungsfreundlichen Arbeitsbedingungen stattfindet!
Familialisierung und Kindorientierung
Familialisierung in der Kinder- und Jugendhilfe
Kinderschutzdebatte Familienzentren Frühe Hilfen und soziale
Frühwarnsysteme
Familialisierung und Kindorientierung
Kinder- und Familienhilfen unterstützten die Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch den quantitativen und qualitativen Ausbau der Kindertagesstätten
Aber: die Vereinbarkeitsproblematik ist vielschichtiger und kann nicht auf
die ersten Lebensjahre von Kindern verkürzt werden! Sie bleibt ein „Problem“ von Frauen!
Familialisierung und Kindorientierung
Kinder- und Familienhilfen leisten
Frühförderung durch den Aufbau von Familienzentren und die Schaffung von Familienbildungsangeboten auch für die so genannten bildungsfernen Schichten
Aber: die Benachteiligung fördernden Strukturen werden nicht in Frage gestellt! Bildung in Selbstverantwortung soll soziale Probleme lösen!
Familialisierung und Kindorientierung
Kinder- und Familienhilfen sind Kinderschutz durch die Etablierung sozialer Frühwarnsysteme und Früher Hilfen zur Vermeidung von Kindesvernachlässigung
Aber: Gefahr der Stigmatisierung von Familien und die Zunahme familialer Kontrolle wird ebenso ausgeblendet wie die Gefahr eines Zurückdrängens der Kinder- und Jugendhilfe
auf obrigkeitsstaatliche Aufgaben!
Familialisierung und Kindorientierung
Präventionsversprechen: Vermeidung von Bil- dungsarmut, Vermeidung materieller Armut
und Verhinderung von Kindesvernachlässigung sowie hiermit erwartete Einspareffekte bei späteren reaktiven Hilfen. Aktivierung von Elternverantwortung als
Handlungsfeld der Kinder- und Jugendhilfe Gefahr, dass die Kinder- und Jugendhilfe zu
einem „Anhängsel“ von Aktivierungsstrategien werden könnte. Gefahr der Ausblendung anderer Adressaten
Jugendhilfe ohne Jugend Jugend findet öffentlich und politisch
nicht mehr statt! Es sei denn als rechtextremistische
Gruppierung, als Komasäufer oder als jugendliche Attentäter …
Jugendhilfe ohne Jugend„Von Resignation und Ausstieg in
vermeintliche jugendliche Ersatzwelten kann nach wie vor keine Rede sein. (…)
Welche Zukunftsperspektiven Jugendliche entwickeln, ist eng mit ihren
Sozialisationserfahrungen und aktuellen Lebensumständen in Familie, Schule und
Freizeit verbunden.
Jugendhilfe ohne Jugend
Die Shell-Jugendstudie 2006 zeigt, dass Jugendliche deutlich stärker besorgt sind, ihren
Arbeitsplatz verlieren bzw. keine adäquate Beschäftigung finden zu können. Waren es in
2002 noch 55%, die hier besorgt waren, sind es 2006 bereits 69%. Auch die Angst vor der schlechten wirtschaftlichen Lage und vor
steigender Armut nahm in den letzten Jahren von 62% auf 66% zu. (…)
Jugendhilfe ohne Jugend
Nach wie vor überwiegt mit 50% bei der Mehrheit der Jugendlichen eine eher zuversichtliche
Vorstellung von der eigenen Zukunft. 42% sehen ihre persönliche Zukunft eher gemischt – mal so mal so und nicht mehr als 8% eher düster. (…) Die Zukunft
der Gesellschaft beurteilen inzwischen 53% der Jugendlichen im Vergleich zu 45% im Jahr 2002 als eher düster und nur noch 44% im Vergleich zu 48%
eher zuversichtlich“ (Shell Deutschland Holding, 2006: 15 f.).
Jugendhilfe ohne Jugend
„Typisch zur Bewältigung der Lebensphase Jugend ist heute ein sehr hohes Ausmaß an persönlicher Selbstorganisation, eine große
Kompetenz der Problemverarbeitung und der flexiblen Virtuosität des Verhaltens. Jugendliche müssen früh ihren eigenen Lebensstil entwickeln und einen Lebensplan definieren. Sie müssen mit
den Widersprüchlichkeiten ihrer Lebenslage umgehen und die eigene Selbstdefinition auf diesen schwierigen Sachverhalt ausrichten.
Jugendhilfe ohne Jugend
Sie benötigen so etwas wie einen inneren Kompass, um die vielfältigen
Handlungsanforderungen bei der Einräumung von persönlicher Autonomie flexibel und sinnvoll zu
bewältigen und angesichts der Zukunftsunsicherheit ein Bild von der eigenen
Persönlichkeit zu entwerfen. Wer es schafft, aktive Formen des Selbstmanagements zu entwickeln,
kommt mit den gesellschaftlichen Strukturen des Jugendalters am besten zurecht“ (ebd., S. 35 f.).
Jugendhilfe ohne Jugend Unwissen über die Art und Weise des
Erlangens eines solchen inneren Kompasses der Lebensführung Diskutiert wird Verdichtung der
Lebensphase Jugend (DJI) Ungeklärtheit des Beitrages der
Kinder- und Jugendhilfe
Kinder- und Jugendhilfe als Bildungsort
Ausgangspunkte der aktuellen Bildungsdebatte:
Internationale Vergleichsstudien – PISA und IGLU Bildungsbericht der
Kultusministerkonferenz Nationale Bildungsberichte 2006 und
2008 zahlreiche Gutachten, Stellungsnahmen
und Reformvorschläge
Kinder- und Jugendhilfe als Bildungsort
Folgen der Bildungsdebatte:
Uneinigkeit über das Bildungsverständnis Uneinigkeit über die
Bildungsaufträge unterschiedlicher Institutionen Uneinigkeit über den Bildungsauftrag
der Kinder- und Jugendhilfe
Kinder- und Jugendhilfe als Bildungsort
Einigkeit besteht darin, dass
• …das Bildungssystem soziale Ungleichheiten verstärkt!• … das Bildungssystem nicht so
bleiben kann, wie es ist! • …das Bildung viele Orte hat!• …das Bildung nicht erst in der Schule
beginnt!
Kinder- und Jugendhilfe als Bildungsort
Enormer Bedeutungszuwachs von
Bildung
Bildung wird zum individuellen Schlüssel von Zukunft
Bildung wird zum gesellschaftlichen Schlüssel von Zukunft
Kinder- und Jugendhilfe als Bildungsort
Merkmale eines umfassenden Bildungsbegriffes sind:
1. Bildung als Aneignung vielfältiger Kompetenzen2. Dreiteilung des Bildungsbegriffes3. Ganztagsbildung
Kinder- und Jugendhilfe als Bildungsort
Ziel von Ganztagsbildung ist dann
… nicht nur die Verfügbarkeit von unmittelbar verwertbarem Wissen oder
berufsverwertbaren Fertigkeit, … sondern die Fähigkeit zu einer
befriedigenden und gleichermaßen verantwortungsvollen Lebensgestaltung
Kinder- und Jugendhilfe als Bildungsort
Ganztagsbildung ist
die gleichberechtigte Anerkennung und Förderung von formeller, nicht-formeller und informeller Bildung die Verbindung von zwei
Institutionen, die gemeinsam und arbeitsteilig ein drittes, neues Angebot schaffen
Kinder- und Jugendhilfe als Bildungsort
Zentrale Ergebnisse der Studie zur Entwicklung von Ganztagsschulen:
Repräsentative Befragung an 373 Schulen aus 14 Bundesländern
• 18.120 Eltern• 26.305 Schüler und Schülerinnen• 313 Schulleitungen• 6.706 Lehrkräfte• 820 Kooperationspartner• 1.665 weiteres pädagogisch tätiges Personal
Kinder- und Jugendhilfe als Bildungsort
Das Angebot an Ganztagsschulen hat sich erweitert Lernbezogene Angebote haben an Bedeutung
zugenommen Stärkere Nutzung durch die Schülerinnen und
Schüler (über 50 % in allen Jahrgangsstufen) freizeitbezogene Angebote und AG‘s sind
besonders beliebt, lernbezogene Angebote werden verstärkt genutzt Nutzungsunterschiede in Hinblick auf soziale
Selektivität sind nicht erkennbar
Kinder- und Jugendhilfe als Bildungsort
Schüler und Schülerinnen beurteilen die Angebote gleich bleibend positiv Schulleitungen sehen die räumliche Situation
verbessert, kritisieren aber die Personalausstattung Ganztagsangebot und Unterricht sind nur
selten miteinander verknüpft es gibt kaum eine veränderte Zeitstruktur an
den Ganztagsschulen die Zusammenarbeit bei erzieherischen
Problemen nimmt zu, die in anderen Bereichen geht zurück
Kinder- und Jugendhilfe als Bildungsort
Schulen haben viele Kooperationspartner, aber die strukturelle Verbindung über Verträge und Gremien stagniert auf niedrigem Niveau Eltern sind zufrieden, wünschen stärkere
individuelle Förderung ihrer Kinder Kinder voll erwerbstätiger Mütter nehmen
am regelmäßigsten am Ganztagsangebot teil Das Familienklima wird durch die
Ganztagsschule nicht negativ beeinflusst
Kinder- und Jugendhilfe als Bildungsort
Ganztagsschulen als Ganztagsbildung ?
Eher ja, denn
• Steigerung der Nutzung und der Angebotsstruktur• individuelle Förderung entwickelt sich
positiv• soziale Disparitäten werden nicht verstärkt
Kinder- und Jugendhilfe als Bildungsort
Eher nein, denn
• wenig gemeinsame Konzeptionsentwicklung und Planung • mangelhafte Kooperation zwischen den
beteiligten Fachkräften• fehlende flexiblere Zeitorganisation
Kinder- und Jugendhilfe als Bildungsort
Jugendhilfe hat ihren Schwerpunkt in der Ganztagsschule
in der Grundschule in der Hausaufgabenbetreuung,in der Mittagsbetreuung und Beaufsichtigung von Freizeitaktivitäten, in spezifischen Fördermaßnahmen, in naturwissenschaftlichen Angeboten in der Sekundarstufe bleibt das zurückhaltende
Engagement in Bezug auf fachnahe Themenfelder bestehen; es kristallisieren sich die Schwerpunkte Benachteiligten- förderung bzw. Schulsozialarbeit heraus
Kinder- und Jugendhilfe als Bildungsort
Das Unbehagen in der Kinder- und Jugendhilfe mit der Bildung
Aufwachsen und Kindheit ist mehr als Bildung! Jugendhilfe als fünftes Rad am Wagen der
Bildung! Grenzen der Allmacht von Bildung! Uneingelöste Potenziale der Ganztagsschule! Kinder- und Jugendarbeit auf der Suche nach
Zukunft!
Kinder- und Jugendhilfe als Bildungsort
Wie viel Jugendhilfe braucht die Schule?
Viel, wenn …
Den Wünschen von Eltern, Schülerinnen und Schülern entsprochen werden soll
Schule die Erfahrungen der Jugendhilfe in Bezug auf informelle und nicht- formelle Bildungsprozesse nutzen will
Kinder- und Jugendhilfe als Bildungsort
beide Institutionen
gleichberechtigte Partner einer Ganztagsbildung werden und den Bedeutungszuwachs von Bildung „teilen“ beide Bildung somit als Beitrag
zu sozialer Gerechtigkeit verstehen
Personal, Träger- und Finanzstruktur
Ausgaben und Personalzuwachs?
Ein erster Blick auf die aktuellen Personaldaten der Kinder- und Jugendhilfe lässt vermuten, dass es bezogen auf die
Personalsituation in den letzten Jahren zu keinen wesentlichen Veränderungen gekommen ist: Ende 2006 gab es fast
80.000 Einrichtungen, in denen 618.500 Personen beschäftigt waren
Personal, Träger- und Finanzstruktur
seit 2002 Personalabbau von fast 10.000
Stellen, was 2,3 % des gesamten Personals ausmacht. Berechnet man diese Entwicklung für alle
Handlungsfelder ohne die Kindertagesstättenbeträgt der Rückgang seit 2002 11,3 %, seit 1998 sogar 15,2 %, was 15.300 Vollzeitäquivalenten entspricht.
Personal, Träger- und Finanzstruktur
Am erheblichsten fällt vor dem Hintergrund der bundesweiten Kinder- und Jugendhilfestatistik der Abbau der Stellen im Bereich der Jugendarbeit mit 28,1 % aus. In Handlungsfeldern der ambulanten und
teilstationären Hilfen zur Erziehung beträgt der Rückgang bundesweit 12,5 %, in denen der stationären Hilfen 5,7 %. Auch in der
Jugendsozialarbeit ist ein Rückgang von 6,2 % zu beobachten.
Personal, Träger- und Finanzstruktur
im Bereich der Kindertagesstätten hat es eine Zunahme der Vollzeitstellenäquivalente von 4 % seit 1998 und von noch 1,9 % seit 2002 gegeben. Zusätzlich kann eine Zunahme von
Teilzeitbeschäftigungen und befristeten Beschäftigungsverhältnissen verzeichnet werden. So arbeiten nur noch 41 % der Erzieher und
Erzieherinnen Vollzeit, in den ambulanten Hilfen zur Erziehung arbeiten 15 % der Beschäftigten weniger als 16 Stunden wöchentlich. Hinzu kommt in diesem Bereich eine Zunahme von Honorarkräften, neben- und freiberuflich Tätigen.
Personal, Träger- und Finanzstruktur
Der Abbau des Personals und die Verschlechterung der Beschäftigungssituation finden bei wachsenden Fallzahlen statt. der Rückgang der Vollzeitäquivalente liegt
oberhalb der so genannten „Demographieverluste“. Der Rückgang der Stellen ist in Ostdeutschland
erheblich höher. der Rückgang der Stellen im Bereich der
Kinder- und Jugendarbeit liegt oberhalb der demographiebedingten Rückgänge.
Personal, Träger- und Finanzstruktur
fortgesetzter Rückgang des Anteils männ- licher Beschäftigter. Mit Ausnahme des Allgemeinen
Sozial- dienstes (ASD), in dem 71 % des Personals männlich ist, und der Jugendamtsleitungen, die zu 75 % mit Männern besetzt sind, sind alle anderen Handlungsfelder weiblich dominiert.
Personal, Träger- und Finanzstruktur
Insgesamt ist der Anteil der männlichen Beschäftigten auf 31 % gesunken. Die Kinder- und Jugendhilfe ist somit
überwiegendweiblich, ihre Leitung ist mit Ausnahme des Kindertagesstättenbereiches männlich.
Personal, Träger- und Finanzstruktur
Situation in M-V von 2002 bis 2006
insgesamt Rückgang: 27,4 % Jugendarbeit: - 55,2 % Jugendsozialarbeit: - 11,2 % HzE ambulant, teilstationär: -12,5 % HzE stationär: + 2,5 % Behindertenhilfe: -51,0 % Verwaltung: -35,8 %
Personal, Träger- und Finanzstruktur
Seit Inkrafttreten des KJHG‘s sind die Ausgaben für die Kinder- und Jugendhilfe kontinuierlich gestiegen. 1992 betrug die Gesamtsumme noch 14,3
Mrd. €, bis 2004 sind die Ausgaben um 43 % gestiegen und umfassen gut 20,6 Mrd. € - eine Summe, die überwiegend von den Kommunen aufgebracht worden ist.
Personal, Träger- und Finanzstruktur
die Mehrausgaben auf den Ausbau der Kinder-tagesbetreuung in Westdeutschland und bundesweit auf die Schaffung eines flächen-deckenden, ausdifferenzierten Angebotes an familienunterstützenden und familienergänzenden Erziehungshilfen zurückzuführen. Anfang der 1990er Jahre noch rund 370.000
Fälle im Kontext der Hilfen zur Erziehung, 2004 bereits 660.500 Fälle. Anstieg bei den unter 6-jährigen Kindern 57 %
bei den unter Dreijährigen 59 %
Personal, Träger- und Finanzstruktur
von 2005 auf 2006 Ausgabenanstieg auf 20.924 Mill. € (preisbereinigt – 1,5 %) von 2006 auf 2007 Anstieg auf 22.793
Mill. € (+ 3,3 %) Inobhutnahmen + 17,7 (West), + 5,9
(Ost) ambulante Erziehungshilfen (+ 5,8
West, + 3,6 Ost) M-V: 510.323 + 0,6 %, + 0,5 %
Kindertagesbetreuung, Inobhutnahme – 0,2
Personal, Träger- und Finanzstruktur
Trägervielfalt?
Befürchtungen des Verschwindens der Jugendämter im Kontext der Auswirkungen der
Föderalismusreform bislang nicht bestätigt Aufgabenverständnis der Jugendämter hat
sich dahingehend verändert, dass sie sich immer stärker aus der unmittelbaren Leistungserbringung zurückziehen
Personal, Träger- und Finanzstruktur
„Ob für die Politik des Rückzugs der Jugendämter immer und überall der Gedanke der Subsidiarität leitend ist,
kann zumindest angezweifelt werden. Hier vollzieht sich eine Entwicklung, an deren Ende die Qualität des
Jugendamtes als Fachbehörde zur Debatte stehen kann. Das Jugendamt verliert mit seinem Verzicht, selbst als
Anbieter zu agieren, immer stärker den Bezug zur Alltagspraxis sozialer Dienstleistungen. Es kann sich
künftig nicht mehr auf eigene Erfahrungen berufen und verringert dadurch auch seine Fähigkeit zur fachlichen
Kommunikation und Kooperation mit anderen Trägern der Kinder- und Jugendhilfe. (...)
Personal, Träger- und Finanzstruktur
Die Verbesserung der nach wie vor schwierigen Stellung der Kinder- und Jugendhilfe im lokalen
Politikfeld erfordert überdies eine hohe Identifikation des Jugendamtes mit seinem
Gegenstand. Sähen die Jugendämter ihre Aufgabe nur noch darin, die Rahmenbedingungen der
Leistungserbringung zu gestalten, Mittel zu verteilen und Controllingaufgaben wahrzunehmen, würde ihre Identifikation voraussichtlich abnehmen und damit
ein lokaler Bedeutungsverlust der Kinder- und Jugendhilfe eintreten“ (Pluto, u.a.2007:14)
Personal, Träger- und Finanzstruktur
• immer mehr privat-gewerbliche Träger als Leistungserbringer
• In 30 % der befragten Jugendamtsbezirke leisten diese Träger sozialpädagogische Einzelbetreuung, in 24 % der Fälle Erziehungsbeistandschaften, in 22 % Sozialpädagogische Familienhilfe, in 35 % Bereitschaftspflege, in 32 % werden Heime für Kinder und Jugendliche entsprechend betrieben
und in 26 % der Fälle leisten diese Träger Betreutes Einzelwohnen.
Personal, Träger- und Finanzstruktur
• Privat-gewerbliche Träger haben sich in der Kinder- und Jugendhilfe offensichtlich etabliert, was vor allem die Bereiche betrifft, die über Entgelte finanziert werden. • Unabhängig von der Qualität der von diesen
Trägern geleisteten Arbeit ist sie doch auch Aus- druck einer wachsenden Ökonomisierung der
Kinder- und Jugendhilfe; die DJI Forschungsgruppe sieht von daher sogar die These eines „disorgani- sierten Wohlfahrtskapitalismus“ bestätigt.
Schlussfolgerungen Qualität erfordert qualifiziertes
Personal, die Professionalisierung der Kinder- und Jugendhilfe muss weiter voranschreiten und dabei herkömmliche Tarifeinordnungen bedarfsgerecht weiterentwickeln, wenn die Kinder- und Jugendhilfe als Arbeitsmarkt attraktiv bleiben will bzw. werden soll.
Schlussfolgerungen Die Bezahlung muss mehr als nur
Existenz sichernd sein. Nur solche Fachkräfte sind auf Dauer in der Lage, den professionellen Erwartungen zu entsprechen und sich für herausfordernde, anstrengende und belastende Arbeitssituationen zu motivieren, die ihre Bezahlung als Anerkennung ihrer ernormen Leistungen erfahren.
SchlussfolgerungenEine gerechte Gesellschaft löst als öffentliche
Aufgabe die Verpflichtung ein, jedem Menschen „die materiellen, institutionellen
sowie pädagogischen Bedingungen zur Verfügung zu stellen, die ihm einen Zugang zum guten menschlichen Leben eröffnen und ihn in die Lage versetzen, sich für ein gutes
Leben und Handeln zu entscheiden“ (Nussbaum 1999:24).
SchlussfolgerungenGerechtes Aufwachsen ermöglichen heißt ….
durch die Bereitstellung und Sicherung von Grundbefähigungen dafür Sorge zu tragen, dass junge Menschen in die Lage versetzt werden, in
ihrer Lebensführung Wahlmöglichkeiten wahrnehmen oder ausschlagen zu können, d.h. die Freiheit von Menschen bemisst sich daran,
welche Fähigkeiten sie im sozialen Raum ausüben bzw. ob sie in der Lage sind, ihre Lebensweise
selbst wählen zu können!
SchlussfolgerungenFür die Kinder- und Jugendhilfe heißt dies
Lobbyistin von Kindern, Jugendlichen und Familien zu sein Vorschläge zur Bearbeitung
struktureller Ungleichheiten zu entwickeln und diese in öffentliche Debatten und
Entscheidungsprozesse einbringen
Schlussfolgerungen sie hält an ihrem Mandat der
allgemeinen Förderung durch eine soziale Infrastruktur fest sie spielt nicht einzelne
Leistungsbereiche gegeneinander auf sie knüpft mit ihren Angeboten nicht
an stigmatisierende Zuschreibungen an sie aktiviert nicht in erster Linie ihre
Adressaten, sondern sich selbst als professionelle Entscheidungsgröße!