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Alfred Uhl Alkohol & Ritual - Zürich, 30.9.2010 Suchtforschung Suchtforschung als Ritual als Ritual Alfred Uhl Alfred Uhl SucFoDok SucFoDok Suchtpr Suchtpräventionsforschun ventionsforschun g und -dokumentation und -dokumentation ANTON-PROKSCH-INSTITUT ANTON-PROKSCH-INSTITUT K L I N I K U K L I N I K U M A K A D E M I A K A D E M I E F O R S C H U N G F O R S C H U N G

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Suchtforschung Suchtforschung als Ritualals Ritual

Alfred UhlAlfred Uhl

SucFoDokSucFoDokSuchtprSuchtprääventionsforschungventionsforschungund -dokumentationund -dokumentation

ANTON-PROKSCH-INSTITUT ANTON-PROKSCH-INSTITUT

K L I N I K U MK L I N I K U M

A K A D E M I EA K A D E M I E

F O R S C H U N GF O R S C H U N G

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(1) Passt der Ausdruck „Ritual“ für

das, was ich kritisiere ?

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Thema: Suchtforschung als Thema: Suchtforschung als RitualRitual

Balzritual(angeboren)

Zwangsritual(krankhaft)

Adrian Monk

Grußritual(sozialisiert)

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Ritual (lat. für Ritus) = die für gewisse gottesdienstliche Zeremonien

vorgeschriebene Regel

mein Brockhaus - 1908mein Brockhaus - 1908

DevinoDevino

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Mario ErdheimMario Erdheim - - Was ist ein Ritual?Was ist ein Ritual?

• bezeugen des Bezugs zu einer bestimmten Gemeinschaft

• etwas ritualisieren = so zu tun, als ob esdiesen Anlass schon lange gibt und er deshalb unbedingt durchgeführt werden muss

• … sollen den Glauben immer wieder bestärken, ohne, dass man darüber nachdenkt

• … beinhaltet eine gewisse Feierlichkeit• … zentral ist die Herstellung von Sinn

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Meine Arbeitsdefinition vonMeine Arbeitsdefinition von Ritual? Ritual?

• mechanistischer, unreflektierter Ablauf,• spart Zeit– aber behindert Denken,• gibt Sicherheit– aber verschleiert Mehrdeutigkeit,• drückt Zugehörigkeit zu einer Gruppe aus und

wird von ihr erwartet.

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(2) Alltagserkenntnis vs.

wissenschaftliche Erkenntnis?

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Formen eines inneren Modells der Wirklichkeit(bewusst oder intuitiv)

Behauptungen – Hypothesen – GlaubeErfahrungen – Beobachtung – Empirie

Nachdenken – Theorie – Logik

Wir verfügen über bewusste und unbewusste innere Kausalmodelle der Wirklichkeit, die es uns ermöglichen

intuitiv oder nachdenkend vorherzusagen welche Auswirkungen

Verhalten haben wird.

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Evidenzbasiertheit: Fokus auf Empirie ???

Glauben / Annahmen … dass Wissenschaft nicht nur Wissen schafft,

schon dass vieles an ihr auch auf Glauben beruht ...… ist nicht falsch, sondern unumgänglich.

(Kritz et al., 1990)

Kritz, J.; Lück, H. E.; Heidbrink, H. (1990): Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie. Leske, Opladen

Papst RatzingerPapst Ratzinger Galileo GalileiGalileo Galilei

Logik / Theoriewir beobachten jeden Tag,

dass sich die Sonne um die Erde dreht - um zu verstehen, dass das nicht so ist,

brauchen wir theoretisches Denken in Modellen

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Entwicklung der Menschen

Vertrauen Zweifel Weisheit

Prä-Pubertät Pubertät Post-Pubertät

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Entwicklung der Wissenschaft

Glauben in OffenbarungGlauben in Erkenntnis

Technikglauben

Skeptizismus Realismus

Prä-Moderne Moderne Postmoderne

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Öffentliches Image der empirischen Forschung

Empirische Forschung wird oft in schizophrener Art so präsentiert, dass vorpositivistischer naiver Glaube in die

Gültigkeit publizierter wissenschaftlicher Ergebnisse genährt, das Odium eines positivistischen Geltungsanspruchs erzeugt und dabei auch noch mit post-positivistischem Realismus die Begrenztheit der Erkenntnismöglichkeiten anerkannt wird.

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(logischer) Positivismus ist tot

Karl PopperKarl Popper

Der logische Positivismus ist tot: Wer ist der Täter? Ich fürchte,

dass ich mich als Täter bekennen muss.

Popper, K. R. (1979): Ausgangspunkte. Hoffmann und Campe, Hamburg . Hoffmann und Campe, Hamburg

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Wissenschaft – negativ

Brecht, B. (Brecht, B. (1948): ): Das Leben des Galilei, Suhrkamp,

Bert BrechtBert Brecht

das Höchste, was man erhoffen kann,

ein Geschlecht erfinderischer Zwerge, die für alles gemietet werden können.

Bert Brecht (1939)

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Wissenschaft – positiv

Isaak NewtonIsaak Newton

Wir sind Zwerge, die auf den Schultern von Riesen sitzen. Wir können weiter sehen als unsere Ahnen und in dem Maß ist unser Wissen größer als das ihrige und doch wären wir nichts, würde uns die Summe ihres Wissens nicht

den Weg weisen!

Bernhard von Chartres (1080-1167)

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Wissenschaft – positiv

Das Bild der Zwerge auf den Schultern von Riesen entspricht einem Ideal von dem wir uns immer weiter entfernen. Das Bild erfordert, dass die Zwerge auf die Schultern der Riesen klettern – also sich deren Wissen vollständig aneignen, um darauf aufbauen zu können. Für Zwerge, die durch den Wald laufen und bloß manchmal über die Schuhe

von Riesen stolpern, ist dieses Bild nicht zutreffend.

Eine Forschungsförderung allerdings, die primär Output orientiert ist und laufenden Erkenntnisgewinn sowie Austausch unter Wissenschaftlern nicht adäquat unterstützt

ermöglicht den Zwergen nicht die Schultern der Riesen zu erklimmen. Das Studium alleine reicht dazu aber sicherlich nicht aus – notwendig ist lebenslanges Dazulernen.

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hermeneutischer Prozess

Der hermeneutische Prozess enthält ein Paradoxon: Das, was verstanden werden soll, muss schon vorher irgendwie verstanden worden sein.

Ich bekomme bei IKEA 20%. Wieviel macht das in Euro ?

Ohne Erfahrung kann man ein Ultraschallbild von einem Embryo weder als solcher erkennen noch aus diesem Rückschlüsse ziehen. Unsinnige Fragen zeigen,

dass für weitere Erkenntnisschritte Vorwissen nötig ist.

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adäquates Forschungsverständnis

Puzzlelösen divergenter ZugangHermeneutische Spirale Versuch und Irrtum

Dialektik

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(3)absurde Beispiele

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Wirkung von AlkoholwerbungNichtbeachten der Validität

Messerschmidt Scharknarr

1. Kinder, die sich an Alkoholwerbung erinnern,konsumieren mehr Alkohol

2. „subjektive Erinnerung“ = „objektiver Kontakt“

3. Beweis: Werbung fördert Alkoholkonsum (?????)(Morgenstern et al., 2009)

Morgenstern et al. (2009): Jugendliche und Alkoholwerbung - Einfluss der Werbung auf Einstellung und Verhalten. IFT-Nord, Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung GmbH, Kiel ,

Ignorieren von „selektiver Wahrnehmung“&

Gleichsetzen von Unterschiedlichem

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Stillen und Alkohol schlampige Analogien

Messerschmidt Scharknarr

1. Wenn Schwangere trinken ist das Kind gefährdet (FAS)

2. Daher: Alkohol beim Stillen muss auch ein Problem sein(Das Kind trinkt mit!)

3. „Wer Alkohol trinkt soll abpumpen“ (DHS, 1011)

DHS (1011) Alkohol weniger ist besser. http://www.aktionswoche-alkohol.de/hintergrund-alkohol/schwangerschaft.html Paulos, J. A. (1988): Innumeracy: Mathematical Illiteracy and its Consequences. Penguin, London

Unfähigkeit Plausibilität nachzurechnen„Zahlenblindheit“

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Stillen und Alkohol

70kg Körpergewicht der Mutter 1,5% des Körpergewichts als Getränk

z.B. 1 Liter Bier (5 Vol.-% Alkohol) 1 : 50 Verdünnung

Bier : Blut ~ Muttermilch0,1 Vol.-%Alkohol in Blut (0,8 Promille)0,1 Vol.-%Alkohol in Muttermilch (0,8g / kg)

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1 : 50 1 : 50

doppelte Verdünnung1 : 2500

Das Baby hat mit 0,0016 ‰ rund 5% des physiologischen Alkoholspiegels von 0,03 ‰

Uhl et al. (2009): Handbuch: Alkohol - Österreich: Zahlen, Daten, Fakten, Trends 2009. dritte überarbeitete und ergänzte Auflage. BMG, WienPfannhauser (2004): Alkohol: Freund oder Feind? Aspekte der Lebensmittelchemie, Vortrag am ÖGE - Symposium "Alkoholprävention"

am 19. September. Technische Universität Graz, Institut für Lebensmittelchemie und -technologie, Graz

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Was bedeutet 0,8g Alkohol / Kilogramm?

1 x 3 x 6 Stunden: 7-8 x 3-5 x

6x 6x 6x

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Ist trinken und Stillen gefährlich ?

Bildquelle: William Hogarth. Gin Lane. 1751. Engraving. The British Museum, London, UK.

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Jugend und Alkohol schlampige Analogien

Messerschmidt Scharknarr

Alkoholspiegel von 0,5 Promille kann tödlich sein (BZgA, 2011)

Alkoholabbau bei Kleinkindern erheblich langsamer (Feuerlein, 1979)

BZgA (2011): Alkohol kenn dein Limit. http://www.kenn-dein-limit.de/alkohol-beratung/haeufige-fragen/fragen-zu-alkohol/was-passiert-bei-wie-viel-promille

Feuerlein, W. (1979): Alkoholismus - Missbrauch und Abhängigkeit. 2. überarbeitetet und erweiterte Auflage. Thieme, Stuttgart

Keine Überprüfung der Behauptungen

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Uhl et al. (2008): Alkohol und erhöhte Vulnerabilität in Kindheit und Jugend?. Bundesministeriums für Gesundheit, Familie und Jugend Abteilung Jugendpolitik, Wien

Kinder sind verletzlicher

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relative Alkoholmenge(gleicher BAK)

vs.

absolute Alkoholmenge

Wer verträgt mehr Alkohol – Elefant oder Maus ?

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9 Kinder zwischen 0 und 12 Jahren mit 5,5 ‰ und 12,5 ‰ kein einziger Todesfall 18 Monate alte Säuglings doppelte Abbaurate(Ragan et al., 1979)

Ragan et al. (1979): Ethanol Ingestion in Children. A Five-Year Review. The Journal of the American Medical Association, 242, 25, 2787-2788.

Behauptungen und Ergebnisse zu Mortalität und Alkoholabbau

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Äquivalent von 16 Flaschen Bier

White et al. (2000)

White et al. (2000): Binge Pattern Ethanol Exposure in Adolescent and Adult Rats: Differentail Impact on Subsequent Responsiveness to Ethanol. Alcoholism: Clinical and Experimental Research, 24, 8, 1251-1256

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7

erwachsene Ratten

7

adoleszente Rattennicht „Intent to Treat“

sondern

„Intent to Cheat“?

White et al. (2000)

White et al. (2000): Binge Pattern Ethanol Exposure in Adolescent and Adult Rats: Differentail Impact on Subsequent Responsiveness to Ethanol. Alcoholism: Clinical and Experimental Research, 24, 8, 1251-1256

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Wenn man das Verhalten von Frauen und Kinder problematisiert

braucht man das nicht wirklich begründen !

Groucho Marx

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wirtschaftliche Kosten durch Alkoholunglaubliche Milchmädchenrechnung

Messerschmidt Scharknarr

volkwirtschaftliche Kosten durch Alkohol in Deutschlandrund 24 Milliarden Euro (1% des BIP)

(besonders absurd: Hauptmann & Hübner, 2006 behaupten: Illegale Drogen kosten 13% des BIP)

Uhl, A. (2006): Darstellung und kritische Analyse von Kostenberechnungen im Bereich des Substanzmissbrauchs. Sucht, 52, 2, 121-132

Hauptmann & Hübner (2008): Soziale Kosten des Drogenmissbrauchs, Neue Juristische Monografien, Band 51. NWV Neuer Wissenschaftlicher Verlag, Wien Graz

Unfähigkeit in Modellen zu denken und diese nachzuprüfen

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Etwas anschaulicher zu den Etwas anschaulicher zu den volkswirtschaftlichen Kostenvolkswirtschaftlichen Kosten

Empfängnisverhütung

Flüchtlingspolitik

Alkohol

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Spontanremission bei AlkoholabhängigkeitUnkenntnis der Regressionsartefakte

Messerschmidt Scharknarr

2/3 der Alkoholabhängigen remittieren innerhalb eines Jahres ohne Intervention

Bruijn et al. (2006): The three Year Course of Alcohol Use Disorders in the General Population: DSM-IV, ICD-10 and the Craving Withdrawal Model. Addiction, 101, 385-392

Klingemann & Carter Sobell (eds.) (2007): Promoting Self-Change from Addictive Behaviors. Springer, New York

Ein Hammer für die Therapieforschung

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Regression in der Veränderungsmessung

Sir Francis Galton 1822 – 1911

In der Veränderungsmessung gibt es oft gravierende Scheinveränderungen !

Galton, F. (1886): Regression Towards Mediocrity in Hereditary Stature. The Journal of the Anthropological Institute of Great Britain and Ireland, 15, 246-263

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Bei einer Sensitivität und Spezifität von 90% ergibt sich ohne tatsächliche Veränderungen eine

artifizielle Spontanremission von 66%!

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etc.

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(4)Problemfelder

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Problem der Finanzierung

Finanzierung Profilierung als Experte Erkenntnisinteresse

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Problem der Finanzierung

Musil, R. (1937): Über die Dummheit - (Lizenzausgabe 2004). Alexander Verlag, Berlin

ad Finanzierung:Forschungsergebnisse sind Produkte, die wie alle Güter verkauft werden müssen. Für Forscher ist es kein Hobby – sie müssen davon leben.

ad Experten:Experten sind häufig Menschen, die so oft Auskunft geben, dass sie keine Zeit mehr haben sich zu informieren. Es gibt eben kaum Experten, die, wenn sie in den Medien über ihnen unbekannte Sachverhalte befragt werden, ehrlich sagen: „Das weiß ich nicht!“ Musil spricht in diesem Zusammenhang von „höherer Dummheit“ (im Gegensatz zur „ehrlichen Dummheit“) – die sich Leistungen anmaßt, die ihr nicht zusteht.

ad Erkenntnisinteresse: Für die meisten Forscher ist echtes Erkenntnisinteresse wie eine wertvolle Perle – sie können es sich nicht leisten.

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Keine Forschungsfinanzierung sondern Projektfinanzierung

kontinuierliche Forschungsprogramme werden kaum finanziert.

(Exploration wird daher oft als Bestätigung präsentiert)

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Erwartung - Expertentum

Freeman Dyson (2007): Many Colored Glass:, University of Virginia Press, 2007

Klaus Maria Brandauer als Mephisto

Die Öffentlichkeit hört am liebsten auf Forscher, die selbstsichere Antworten auf Fragen geben und selbstsicher Prognosen machen. … Daher tendieren Experten, die öffentlich über politisch sensible Fragen sprechen dazu weit eindeutiger zu sein als sie es eigentlich meinen.

Sie machen selbstsicher Prognosen übern die Zukunft und am Ende glauben sie ihre eigenen Prognosen. Die Vorhersagen werden zu Dogmen die nicht mehr hinterfragt werden.

Deswegen sind Häretiker nötig, die die Dogmen hinterfragen.

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Verhalten ist großteils unbewusst

Siegmund Freud)Burrhus Frederic Skinner )

Der Großteil unseres Verhaltens und unserer Emotionen erfolgen

unbewusst – und bauen auf etwas wie Intuition auf.

geschulte externe Beobachter

können die Motive oft eher klären als die Betreffenden

selbst.

Nisbett, RE; Wilson, TD. (1977): Telling More Than We Can Know: Verbal Reports on Mental Processes. Psychological Review, 84, 3, 231-259

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Kommunikationsprobleme

Als erstes ist unwahrscheinlich, dass einer überhaupt versteht, was der andere meint, ... Sinn kann nur kontextgebunden verstanden werden, und als Kontext fungiert für jeden zunächst einmal das, was sein eigenes Gedächtnis bereitstellt.

ESPAD / WHO-Fragebögen / EU - Fragebögen

Luhmann, N. (2000): Die Unwahrscheinlichkeit der Kommunikation. In: Pias, C.; Vogl, J.; Engell, L.; Fahle, O.; Neitzel, B.: Kursbuch Medienkultur. Die maßgeblichen Theorien von Brecht bis Baudrillard. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart

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Gestalt – Vergleich zweier Personen

• Mann• geschieden• drei Kinder• kein Maturaabschluss• hat Alkoholproblem• Beginn des problematischen Trinkens vor 10 Jahren• mehrere erfolglose Abstinenzversuche

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Gestalt – Strukturerkennung

…, dass der erfahrene Autofahrer über viele «Superzeichen» verfügt: eine bestimmte Verkehrssituation ist für ihn kein Konglomerat einer Unzahl von Einzelmerkmalen,

die einzeln beachtet werden müssen, sondern eine «Gestalt», so wie das Gesicht eines Bekannten ...

Dörner, D. (2003): Die Logik des Misslingens Strategisches Denken in komplexen Situationen, erweiterte Neuausgabe. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg

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Gestalt – automatische Kausalinterpretation

Denken in Ursachenketten, ist genetisch vorprogrammiert.Riedl (1978/79)

Riedl, R. (1978/79): Über die Biologie des Ursachendenkens - ein evolutionistischer, systemkritischer Versuch. Mannheimer Forum, Boehringer

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theoriefreier Empirismus

Hier sind meine Daten !Ich weiß noch nicht was sie

bedeuten.

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Bestätigungsbias – Rückschaubias

Wenn wir vergangene Ereignisse verstehen wollen, testen wir implizit die Hypothesen, die wir verwenden, um die Welt zu verstehen und

Ereignisse vorherzusagen. Rückblickend unterschätzen wir die Überraschungen, die uns die Vergangenheit gebracht hat, wir prüfen die Hypothesen mit sehr schwachen Tests und finden keine Gründe sie zu ändern. Das Ergebnis gibt uns das Gefühl die Vergangenheit zu verstehen und hindert uns daran irgendetwas darüber zu lernen.

Um uns gegen diesen Bias zu schützen müssen wir die psychologischen Prozesse verstehen, die diesen zugrundeliegen.

(Fischhoff, 1980 )

Fischhoff (1980): For Those Condemned to Study the Past: Reflections on Historical Judgment. New Directions for Methodology of Social and Behavioral Science, 4, 79-93

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Bestätigungsbias – Rückschaubias

Üblicherweise gilt:Ganz gleich was uns an Unzusammenhängendem und Uninterpretierbarem angeboten wird,wir interpretieren es ad hoc in einer Art und Weise, die unser Weltbildstützt.

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naiver Empirismus vorherrschend

Kritz et al. (1990): Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie. Leske, Opladen

Jürgen KritzJürgen Kritz

… gerade Psychologen, in deren Wissenschaftsbereich die Abhängigkeit

kognitiver Leistungen wie Wahrnehmung und Gedächtnis von sozialen Bedingungen fällt, wenden erstaunlich wenig ihre Ergebnisse

auf den eigenen wissenschaftlichen Erkenntnisprozess an, sondern sind in dem Glauben an die Objektivität ihrer Daten und

Ergebnisse gefangen.

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(5) Rituale

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Gesundheitssektor und Wissenschaft Alkoholwirtschaft

Polarisierung, z.B. Alkoholpolitik

Konsumenten

Rothman, K. J. (1993): Conflict of Interest. The new McCarthyism in Science. JAMA, 269, 2782 - 2784

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Ihre Ergebnisse sind 3 Jahre alt – das ist veraltet …

Mode oder Wissenschaft?

Aktualität

Wahrheit kann widerlegt werden – aber grundsätzlich nicht einfach veralten.

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• kaum jemand will darauf verzichten• jeder ist kreativ „Das müssen wir unbedingt fragen !“• kaum jemand fragt, was man damit beantworten will• viele betrachten die Daten als …

Routinedokumentationen

Golum in Herr der RingeGolum in Herr der Ringe

Schatz

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Evalopathie ist die ans krankhafte grenzende Evaluiersucht, auch wo es nicht geht und

auch wo es nicht sinnvoll ist, mit untauglichen Mitteln und unsinnigen Zielen

(Uhl, 2000)

Evalopathie

Uhl (2000): Evaluation vs. Evalopathy: Support for Practical Improvement vs. Irrational Nuisance. Paper presented at the 3rd Nordic Health Promotion Research Conference, Tampere, 6-9 September, 2000. STAKES, Tampere

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Schlagwort:„Evidenzbasiertheit“

Flamenco Museum Sevilla 2010Flamenco Museum Sevilla 2010

Ich kann das nicht mehr hören:Es wurde immer die –

nach Meinung des Interpretierenden – beste Evidenz verwendet.

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Potemkin Science – Zitieren ohne zu lesen

Katarina die Große und Fürst Potemkin

Simkin, M.V.; Roychowdhury V.P. (2003): Read before you cite!. Complex Systems, 14, 269-274Demmel, R. (2004): Potemkinsche Wissenschaft: Lesen Sie noch bevor sie zitieren?. Sucht, 50, 40, 224-225

Nur ca. 20% jener, die zitieren,

lesen das Original

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• Reviewer werden nicht bezahlt• Reviewer Auswahl nicht objektiv und transparent• Zitate und Daten werden kaum geprüft• Entscheidungen sind zufällig bis willkürlich

(Junior Scientists müssen teilweise „2 Peer-Review“ Artikel pro Jahr schaffen – Publish or Perish)

* Experiment: 12 Artikel noch einmal eingereicht – 3 erkannt – 1 genommen* Experiment: 12 Artikel noch einmal eingereicht – 3 erkannt – 1 genommen* Experiment 68% erkannten nicht, dass Interpretation nicht mit Ergebnissen * Experiment 68% erkannten nicht, dass Interpretation nicht mit Ergebnissen zusammenpassten zusammenpassten

Fröhlich, G. (2002): Anonyme Kritik. Peer Review auf dem Prüfstand der empirisch-theoretischen Wissenschaftsforschung. In: Pipp. E. (Hrsg.): Drehscheibe E-Mitteleuropa. Information: Produzenten, Vermittler, Nutzer. Die gemeinsame Zukunft. Phoibos, Wien

Peer Reviewing

und Qualität

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Methodismus

Fokus auf Bereich, der sich gut beherrschen lässt

(z.B. Statistik)und dabei wird vergessen worum es eigentlich geht.

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inadäquater Umgang mit Signifikanzen

• Exploration wird als Hypothesenprüfen präsentiert.• unzählige Hypothesen ohne Alphaadjustierung.• insignifikante Ergebnisse werden nicht präsentiert.

Skulptur in Milano

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Lakatos, I. (1978): Die Geschichte der Wissenschaft und ihre rationale Rekonstruktion. In: Diederich, W. (Hrsg.): Theorien der Wissenschaftsgeschichte - Beiträge zur diachronischen Wissenschaftstheorie. Suhrkamp, Frankfurt a.M.

Irmre LakatosIrmre Lakatos

… Wenn eine wissenschaftliche Schule zur Pseudowissenschaft degeneriert, dann mag es angebracht sein, eine

methodologische Debatte zu erzwingen …

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Umdenken

• Zuerst sammeln, denken (Theorie) dann forschen(Abduktion – Induktion – Deduktion)

• divergente Hypothesen formulieren• Wechselspiel aus bestätigen und anzweifeln• Sozialpsychologie und Wahrnehmungspsychologie

beachten• systematisch Forschen (nicht unzusammenhängende

und widersprüchliche Einzelbefunde)

• Unmögliches nicht „pseudo“ lösen• Mut zur Kritik (Häresie)• Komplexität und Ökologie beachten

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Umdenken

• ethische Fragen diskutieren• Annahmen explizieren• Unsicherheiten zugeben und aushalten• Quantitatives, nur wo sinnvoll und möglich• Methodismus hinterfragen• gesunde Mischung aus Intuition (Soft-Skills und Common Sense)

und kritisch methodischem Vorgehen• Für geänderte bessere Rahmenbedingungen kämpfen

(Think-Tanks, langfristig, ausreichend finanziert)

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