Aller...2017/04/21  · 17 Feuilleton: Festival zweier Welten in Spoleto 18 Roman Radio Fernsehen 19...

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Donnerstag., 25. Juli 1^/4 Der Zürcher Zeitung 195. Jahrgang orgenausgabe Nr. J40 Aller <;3eiJ Abonncnicnle: /.urli-li um Schalter odci bei Ablagen Durch Austräger ins Haul gebracht .Schneit Dcstcllunp beim Postamt Lieferung unter Streifband Ausland Lieferung unter Streifband 1 Monat 3Mtc. «Mtc. 12Mtc. Fr. 8.25 9.- 23.50 25.50 9.- 25.50 10.50 29.50 44.50 48.50 48.50 54.50 87.- 93.- 93.- 106.50 16.50 46.50 88.50 170. Abonnements- und Inscratannahmc: Falkcnslr. 12 un d Bahnhofstr. 70 und schweizerisches Handelsblatt Täglich zwei Ausgaben Redaktion: Falkenstraßc 11 Verwaltung und Druckerei: GoctliesiraOe 10 Telefon (01) 32 71 00 Telex 52 157 (Annonccnablcilung 54 675) Briefadresse: Postfach, S021.Zürich Mit ausländischen Börsenberichten Annoncen: Die einspaltige Millimclerzcilc für alle Ausgaben Fr. 1. Reklamen, toxUpultenbreit Fr. 6.50 UricfaJressc der Annoncenabteilung derNZZi Postfach 215, 8021 Zürich l'ostcheck: Verwaltung, Abonnemente 80 - 645 Annoncen 80 - 1264 Karainanlis l>;ilclet Kabinett der Nationalen Einlieit Karatnanlh (links) bei Präsident Gizihis' Vereidigung der ueuen Regierung Von unserem Korrespondenten P.F. Athen, 24. Juli In Griechenland hat sich der Freudentaumel von gestern abend etwas gelegt. Die überschäu- mende Begeisterung de r Athener Bevölkerung erreichte in de r Nacht zum Mittwoch ihren Höhe- punkt, als Konstantin Karainanlis, der Regierungs- chef der Jahre 1955 bis 1963, in einem unver- gleichlichen Triumphzug vom Flugplatz ins Stadt- zentrum fuhr und dort in Anwesenheit Staats- präsident Glzikis von Erzbischof Seraphim, dem geistlichen Oberhaupt von Athen und ganz Grie- chenland, als Ministerpräsident einer neuen Zi- vilregierung vereidigt wurde. Bereits hat Kara- inanlis sein Kabinett de r Nationalen Einheit ge- bildet, und kurz nach Durchgabe dieses Berichts, um 16 Uhr Ortszeit, ist die neue Regierung in Palea Anaktora vereidigt worden. Neuer Außen- minister und Vizeregierungschef ist Gcorgios Mavros, Verteidigungsminister Angelas Averoff. Innenminister Gcorgios Haitis und Koordinalions- ministcr Xenoplwn Zolotas. Nach letzten Berichten werden bereits auch die ersten Schritte zur Lösung des Zypernproblems besprochen. Der türkische Botschafter in Athen hat Karamanlis ein Schreiben Bülent Ecevits übergeben, in dem de r türkische Ministerpräsident zu einer friedlichen Lösung Hand bietet. Die geplante Konferenz zwischen Großbritannien, de r Umfang 24 Seiten (Ausgabe Schweiz) Aus dem Inhalt Seit« Ausland: 2 Streiktag in Italien 3 Das Aktionsprogramm der ägyptischen Diplomatie Wirtschaft: 5 Diskontsatzerhöhung in Kanada 7 Börse Inland: 13 Budgetrichtlinien 1975 15 Stadt Zürich: ETH-Laboratorium für Atmosphärenphysik 17 Feuilleton: Festival zweier Welten in Spoleto 18 Roman Radio Fernsehen 19 Sport: Zwei Schweizer Degenfechter im WM-Halbfinal Türkei und Griechenland wird indessen nicht zeitgerecht beginnen können. Messianischer Einzug Karamanlis war noch vor Mitternacht in einer Maschine d e r französischen Regierung aus seiner Exilstadt Paris abgeflogen. Vor dem Abflug wie- derholte er Trumans Worte nach dem Tode Roosevelts: «Betet für mich!» Bei der triumpha- len Ankunft auf dem Athener Flugplatz, de r nur für diesen einen Flug geöffnet worden war, ver- sprach de r 67jährige nationalradikale Politiker, alles in seinen Kräften Stehende zu unternehmen, damit Griechenland die gegenwärtige Krise über- winde: «Ich komme zurück, um die Demokratie wieder herzustellen. Wir sind ein Volk mit vielen Tugenden. Ich verlange Einheit. Weisheit und Geduld; es gibt im Leben der Nationen Krisen, aus denen eine bessere Zukunft wächst. Ich bin sicher, daß die vereinten Kräfte dieses Landes die Vision eines wiedergeborenen Griechenlands ver- wirklichen werden. Mit Vertrauen, Hingabe und Zuversicht gehen wir voran.» Dann hielt Kon- stantinos Karamanlis nach langen Jahren des Exils, gefeiert wie ein Messias, seinen Einzug in die jubelnde Stadt. Ende der Regierung Amlroulsopoulos Die Rückkehr des demokratischen Politikers, der Griechenland in de r Nachkriegszeit acht Jahre lang regieren konnte, hat die überbordenden Gerüchtewellen von gestern wie ein scharfer Strahl geteilt. Mehrere Annahmen verdichten sich nun zur Gewißheit. Erstens steht fest, daß das aus zivilen Politikern und hohen Offizieren be- stehende Kabinett Androulsopoulos im Hasard- spiel um Zypern zuviel wagte und zu wanken begann, als sich das Geschehe n auf de r Insel nicht wunschgemäß entwickelte. Die Zauberlehrlinge in Athen waren de r Situa- tion im Grunde schon nicht mehr gewachsen, als Erzbischof Makarios ihre geheimen Verbindun- gen zur Eoka-2-Bewegung aufdeckte. Von da an spielten die Athener Drahtzieher mit zu hohem Einsatz. Ihr Sturz war nur die konsequente Folge eigener Hybris und Verantwortungslosigkeit. Androutsopoulos ist heute nacht offiziell zurück- getreten, doch führt er die Verwaltung weiter, bis die neue Administration ihre Aemter antritt. Zerstrittene Junta Zweitens liegt nun auf der Hand, daß sich die November-Junta in einer bedrohlichen außen- und militärpolitischen Krise zutiefst zerstritt. Bri- gadegeneral loannidis, der in seinen Händen alle Geheimdienst- und Polizeifäden zusammenzu- raffen suchte, scheint die Verantwortung für das widerrechtliche Vorgehen auf Zypern zu tragen. Daß sich sogar der engere Kreis der alten Macht- haber in mehrere Faktionen spaltete und nicht mehr geschlossen handeln konnte, beweisen die widersprüchlichen Befehle und hohlen Deklara- tionen seit Samstag. Nach unbestätigten Berichten ist Dimitrios loannidis bereits unter Arrest ge- stellt. Staatspräsident Gizikis soll den zivilen Poli- tikern schon gestern abend versprochen haben, de r gefürchtete Taktiker könne nicht mehr eingreifen. Zweifellos haben sich loannidis und General- leutnant Davos, de r Kommandant des Dritten Rückkehr zur Demokratie Mit der Berufung von Konstantinos Karamanlis zum Chef eines Kabinetts, wel- chem die Hauptexponenten der beiden großen alten politischen Formationen Griechenlands der Nationalradikalcn Union (ERE) und der Zentrumsunion angehören, zeichnet siel) in dem durch die unsinnige Zypernaktion der Militärjunta offenbar in eine Regimekrise geratenen Staat eine Lösung ab, die schon lange sozusagen bcreitlag. Seit mehr als sechs Jahren hatten sich die durch den Militärputsch vom April 1967 ausgeschalteten Politiker an ihrer Spitze Panajotis Kanellopoulos und Georgios Mavros geeinigt, ihre parteipoli- tischen und persönlichen Rivalitäten zurückzu- stellen, und (insbesondere auch den Amerika- nern) die Bildung einer Regierung unter Kara- manlis angeboten, welche die Wiederherstel- lung normaler Zustände hätte bewerkstelligen können. (Ursprünglich gehörte zu dieser Kon- zeption auch eine Rückkehr König Konstan- tins, als Symbol der Kontinuität; ob dies noch aktuell ist, wird sich zeigen.) Mit eindrücklicher Stantlliajtigkeit und unter Opfern hatten die Angehörigen der von den Militärs die alles taten, um sie zu dis- kreditieren so genannten «alten politischen Welt» die Fahne der Demokratie hochgehalten und sich (mit wenigen einzelnen Ausnahmen) geweigert, den Diktatoren, die hintenherum oftmals um sie warben, die Hand zur Zusam- menarbeit zu geben. Jetzt übernehmen die Politiker die Staatsgeschäfte zwar auf Auffor- derung der Militärs hin. Aber sie wären dieser, trotz dem Solidarisierungscffekt der türkischen Intervention auf Zypern, wohl kaum nach- gekommen, wenn sie nicht Grund zur Ueber- zeugung hätten, daß die Generäle wirklich zu ihren angestammten Aufgaben zurückkehren oder (unter anderem auch im Zusammen- hang mit den Differenzen, die zwischen den Militärs aufgetreten sind) hierzu gezwungen werden. Die Politiker haben durch ihre Hal- tung in den letzten Jahren bewiesen, daß sie als Marionetten schlecht geeignet sind. Vermutlich sind dem Regierungswechsel amerikanische Vorstellungen vorangegangen: Daß durch den griechischen Griff nach Niko- sia die ganze Südostflanke der Nato durchein- andergebracht wurde, dürfte für Washington genügende r Anlaß gewesen sein, endlich eine Beseitigung des Athener A er gewisses zu för- dern. Die Gelegenheil war insofern günstig, als durch die Bildung einer «Regierung der natio- nalen Einheit» die Position gegenüber der Türkei wenigstens nicht noch weiter ge- schwächt ist und so keinerlei nationale Gefühle verletzt wurden. Die Rückkehr zur Demokratie ist vielmehr geeignet, das Ansehen Griechenlands in der Welt zu fördern, und zwar in einer Weise, die auf der andern, der tUrkischen, Seite keinen Anlaß zu Klagen geben dürfte. Karamanlis hat als Ministerpräsident von 1955 bis 1963, als er hauptsächlich infolge eines Konflikts mit dem Königshaus demissio- nierte und nach Paris ins Exil ging, energisc h und gelegentlich auch mit harter Hand regiert aber wohlverstanden als legal in sein Amt gelangter Regierungschef mit der Mehrheil eines frei gewählten Parlaments hinter sich. Zu seiner Zeit begann ein bedeutender wirtschaft- licher Aufschwung des Landes. Weiteste Kreise, vor allem in den Städten, sahen in ihm seit der Errichtung der Militärdiktatur eine Art «Reiter». Abgelehnt wird er jetzt von der extremen Linken, mit der er damals sehr wenig zimperlich umging, und von Kräften, welche das Land aus der atlantischen Allianz hinausmanövrieren möchten. Der Jubel, den seine Heimkehr ausgelöst hat, läßt aber darauf schließen, daß diese Tendenzen im Volk nicht stark sind. Umgeben von gesetzten, kulti- vierten Ministern, gibt er Anlaß zur Erwar- tung, daß der Ucbcrgang sich in ruhigen Bah- nen vollzieht vor allem auch ohne Rache- akte. Alle diese Politiker haben ihre bitteren Er- fahrungen gemacht. So besteht denn wohl auch Grund zur Hoffnung, daß die Wiedererlangung der Freiheit nicht zugleich auch eine Wieder- kehr zeitweiliger früherer Verhältnisse bedeu- tet, die zum mindesten westeuropäischen Vor- stellungen von einer geordneten Demokratie in einigen Hinsichten recht wenig entsprachen. Aber entsprach es etwa dem griechischen Volk, unter militärischer Fuchtel, wie die Obersten und Generäle c-; als nötig ausgaben, zu staatsbürgerlicher Verantwortung «erzogen» zu werden? Sicher nicht! An den Griechen wird es nun wieder sein, selber über das ihnen ent- sprechende staatliche Leben zu bestimmen. fit. Armeekorps, seit Montag abend hinter den Kulis- sen wieder einen erbitterten Kampf geliefert, den der Geheimdienstchef verlor. Entscheidende Rolle der Streitkräfte Drittens ist nicht zu übersehen, daß hohen Offizieren gestern entscheidende Funktion zukam. General Grigorios Bonanos, de r Oberbefehlshaber aller Streitkräfte, Generalleutnant Andreas Galat- sanos, de r Kommandant des Landheeres, Vize- admiral Petros Arapakis, de r Kommandant de r Kriegsmarine, und Generalleutnant Alexandras Papanikolaoti, der Kommandant der Flugwaffe, nahmen aktiv an allen Verhandlungen zwischen Staatspräsident Gizikis und den Repräsentanten der alten demokratischen Welt teil. Man darf an- nehmen, daß angesichts de r katastrophalen Lage, in die loannidis das Land hineingeritten hatte, die liberalen Kräfte die Oberhand gewannen und beschlossen, eine Zivilregierung einzusetzen. Ungewiß ist jetzt natürlich, wie stark die Män- ner, die den Umsturz ausgelöst haben, im Hinter- grund bleiben; denn die Zivilregierung kommt nun ja nicht aus eigener Kraft an die Macht, sondern auf Geheiß der Armee. Immerhin bietet Kara- manlis, ein unbeugsamer Kämpfer von überragen- den Fähigkeiten, Gewähr, daß die zivilen Politi- ker sich nicht mehr beliebig dirigieren lassen. Neue Fragen So sehr die letzten 24 Stunden die Vermutun- gen über die latenten Machtkämpfe geklärt ha- ben, so offen stellen sich jetzt in der Stunde Null, de r Stunde der Freiheit, neue Probleme: zunächst die Frage nach de r innen- und außenpolitischen Ausrichtung der Regierung. Dann aber auch die Frage nach de r Einheit der neuerstandenen de- mokratischen Welt. Man muß sich bewußt sein, daß die Politiker, die gestern abend zusammen- kamen, die gleichen Männer sind, die in den Jah- ren vor 1967 die Demokratie in endlosen Partei- und Flügelkämpfen ruinierten. Als die Obersten am 21. April 1967 die Macht ergriffen, war Griechenlands politisches Leben nur noch die Karikatur einer Demokratie, und auch unter de r Diktatur Papadopoulos' fanden sich die Vertreter der alten Parteien nicht zu einem geschlossenen Kampf. Nun lautet die Frage: Wird es Karamanlis gelingen, die Intrigen, Klientele- wirtschaft und Korruption von einst zu überwin- den? Angesichts der spontanen Freude von gestern und der Deklarationen de r Einheit darf gehofft werden. Papadopoulos soll Griechenland verlassen haben Athen, 24. Juli, (ddp) Der beim Militärputsch am 25. November 1973 gestürzte griechische Prä- sident Gcorgios Papadopoulos soll am Dienstag mit seiner Frau Griechenland verlassen haben. Dies verlautete am Mittwoch aus Regierungs- kreisen in Athen. Papadoupoulos stand seit seinem Sturz in Lagonissi, rund 45 Kilometer von Athen entfernt, unter Polizeiaufsicht. Negative Reaktion Papandreous Toronto, 24. Juli, (ap) Der griechische Ex- politiker Andreas Papandreou hat auf die vor- gesehene Bildung einer Regierung der nationalen Einheit in Athen negativ reagiert. In einer in To- Nixon muß alle Tonbänder herausgeben Einstimmiger Spruch des Obersten Gerichts Wash'ngton, 24. Juli, (ap) Der Oberste ameri- kanische Gerichtshof hat am Mittwoch einstim- mig entschieden, daß Präsident Nixon alle im Zusammenhang mit der Watergate-Affäre von den mit de r Untersuchung sich befassenden Instanzen angeforderten Tonbänder und Aufzeichnungen herausgeben muß. Neue Zürcher Zeitung vom 25.07.1974

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Donnerstag., 25. Juli 1^/4 Der Zürcher Zeitung 195. Jahrgang orgenausgabe Nr. J40

Aller <;3eiJAbonncnicnle:/.urli-li um Schalter odci bei Ablagen

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.Schneit Dcstcllunp beim PostamtLieferung unter Streifband

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Telefon (01) 32 71 00 Telex 52 157 (Annonccnablcilung 54 675)

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Mit ausländischen Börsenberichten

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Die einspaltige Millimclerzcilc für alle Ausgaben Fr. 1.Reklamen, toxUpultenbreit Fr. 6.50

UricfaJressc der Annoncenabteilung derNZZi Postfach 215, 8021 Zürichl'ostcheck: Verwaltung, Abonnemente 80 - 645 Annoncen 80 - 1264

Karainanlis l>;ilclet Kabinett der Nationalen Einlieit

Karatnanlh (links) bei Präsident Gizihis'

Vereidigung der ueuen Regierung

Von unserem Korrespondenten

P.F. Athen, 24. Juli

In Griechenland hat sich der Freudentaumelvon gestern abend etwas gelegt. Die überschäu-

mende Begeisterung d er Athener Bevölkerung

erreichte in d er Nacht zum Mittwoch ihren Höhe-punkt, als Konstantin Karainanlis, der Regierungs-

chef der Jahre 1955 bis 1963, in einem unver-gleichlichen Triumphzug vom Flugplatz ins Stadt-zentrum fuhr und dort in Anwesenheit Staats-präsident Glzikis von Erzbischof Seraphim, demgeistlichen Oberhaupt von Athen und ganz Grie-chenland, als Ministerpräsident einer neuen Zi-vilregierung vereidigt wurde. Bereits hat Kara-inanlis sein Kabinett d er Nationalen Einheit ge-

bildet, und kurz nach Durchgabe dieses Berichts,

um 16 Uhr Ortszeit, ist die neue Regierung inPalea Anaktora vereidigt worden. Neuer Außen-minister und Vizeregierungschef ist Gcorgios

Mavros, Verteidigungsminister Angelas Averoff.Innenminister Gcorgios Haitis und Koordinalions-ministcr Xenoplwn Zolotas.

Nach letzten Berichten werden bereits auchdie ersten Schritte zur Lösung des Zypernproblemsbesprochen. Der türkische Botschafter in Athenhat Karamanlis ein Schreiben Bülent Ecevitsübergeben, in dem d er türkische Ministerpräsident

zu einer friedlichen Lösung Hand bietet. Diegeplante Konferenz zwischen Großbritannien, d er

Umfang 24 Seiten (Ausgabe Schweiz)

Aus dem InhaltSeit«

Ausland:

2 Streiktag in Italien

3 Das Aktionsprogramm

der ägyptischen Diplomatie

Wirtschaft:

5 Diskontsatzerhöhung in Kanada

7 Börse

Inland:

13 Budgetrichtlinien 1975

15 Stadt Zürich:ETH-Laboratorium für Atmosphärenphysik

17 Feuilleton: Festival zweier Welten in Spoleto

18 Roman Radio Fernsehen

19 Sport:

Zwei Schweizer Degenfechter im WM-Halbfinal

Türkei und Griechenland wird indessen nichtzeitgerecht beginnen können.

Messianischer Einzug

Karamanlis war noch vor Mitternacht in einerMaschine d er französischen Regierung aus seinerExilstadt Paris abgeflogen. Vor dem Abflug wie-derholte er Trumans Worte nach dem TodeRoosevelts: «Betet für mich!» Bei der triumpha-len Ankunft auf dem Athener Flugplatz, d er nurfür diesen einen Flug geöffnet worden war, ver-sprach d er 67jährige nationalradikale Politiker,alles in seinen Kräften Stehende zu unternehmen,damit Griechenland die gegenwärtige Krise über-winde: «Ich komme zurück, um die Demokratiewieder herzustellen. Wir sind ein Volk mit vielenTugenden. Ich verlange Einheit. Weisheit undGeduld; es gibt im Leben der Nationen Krisen,aus denen eine bessere Zukunft wächst. Ich binsicher, daß die vereinten Kräfte dieses Landes dieVision eines wiedergeborenen Griechenlands ver-wirklichen werden. Mit Vertrauen, Hingabe undZuversicht gehen wir voran.» Dann hielt Kon-stantinos Karamanlis nach langen Jahren desExils, gefeiert wie ein Messias, seinen Einzug indie jubelnde Stadt.

Ende der Regierung Amlroulsopoulos

Die Rückkehr des demokratischen Politikers,der Griechenland in d er Nachkriegszeit acht Jahrelang regieren konnte, hat die überbordendenGerüchtewellen von gestern wie ein scharferStrahl geteilt. Mehrere Annahmen verdichten sichnun zur Gewißheit. Erstens steht fest, daß dasaus zivilen Politikern und hohen Offizieren be-stehende Kabinett Androulsopoulos im Hasard-spiel um Zypern zuviel wagte und zu wankenbegann, als sich das Geschehen auf d er Insel nichtwunschgemäß entwickelte.

Die Zauberlehrlinge in Athen waren d er Situa-tion im Grunde schon nicht mehr gewachsen, alsErzbischof Makarios ihre geheimen Verbindun-gen zur Eoka-2-Bewegung aufdeckte. Von da anspielten die Athener Drahtzieher mit zu hohemEinsatz. Ihr Sturz war nur die konsequente Folgeeigener Hybris und Verantwortungslosigkeit.Androutsopoulos ist heute nacht offiziell zurück-getreten, doch führt er die Verwaltung weiter, bisdie neue Administration ihre Aemter antritt.

Zerstrittene JuntaZweitens liegt nun auf der Hand, daß sich die

November-Junta in einer bedrohlichen außen-und militärpolitischen Krise zutiefst zerstritt. Bri-gadegeneral loannidis, der in seinen Händen alleGeheimdienst- und Polizeifäden zusammenzu-raffen suchte, scheint die Verantwortung für daswiderrechtliche Vorgehen auf Zypern zu tragen.

Daß sich sogar der engere Kreis der alten Macht-haber in mehrere Faktionen spaltete und nichtmehr geschlossen handeln konnte, beweisen diewidersprüchlichen Befehle und hohlen Deklara-tionen seit Samstag. Nach unbestätigten Berichtenist Dimitrios loannidis bereits unter Arrest ge-

stellt. Staatspräsident Gizikis soll den zivilen Poli-tikern schon gestern abend versprochen haben, d ergefürchtete Taktiker könne nicht mehr eingreifen.

Zweifellos haben sich loannidis und General-leutnant Davos, d er Kommandant des Dritten

Rückkehr zur DemokratieMit der Berufung von Konstantinos

Karamanlis zum Chef eines Kabinetts, wel-chem die Hauptexponenten der beiden großen

alten politischen Formationen Griechenlandsder Nationalradikalcn Union (ERE) und

der Zentrumsunion angehören, zeichnetsiel) in dem durch die unsinnige Zypernaktionder Militärjunta offenbar in eine Regimekrisegeratenen Staat eine Lösung ab, die schonlange sozusagen bcreitlag. Seit mehr als sechsJahren hatten sich die durch den Militärputsch

vom April 1967 ausgeschalteten Politikeran ihrer Spitze Panajotis Kanellopoulos undGeorgios Mavros geeinigt, ihre parteipoli-tischen und persönlichen Rivalitäten zurückzu-stellen, und (insbesondere auch den Amerika-nern) die Bildung einer Regierung unter Kara-manlis angeboten, welche die Wiederherstel-lung normaler Zustände hätte bewerkstelligen

können. (Ursprünglich gehörte zu dieser Kon-zeption auch eine Rückkehr König Konstan-tins, als Symbol der Kontinuität; ob dies nochaktuell ist, wird sich zeigen.)

Mit eindrücklicher Stantlliajtigkeit undunter Opfern hatten die Angehörigen der vonden Militärs die alles taten, um sie zu dis-kreditieren so genannten «alten politischen

Welt» die Fahne der Demokratie hochgehalten

und sich (mit wenigen einzelnen Ausnahmen)geweigert, den Diktatoren, die hintenherumoftmals um sie warben, die Hand zur Zusam-menarbeit zu geben. Jetzt übernehmen diePolitiker die Staatsgeschäfte zwar auf Auffor-derung der Militärs hin. Aber sie wären dieser,trotz dem Solidarisierungscffekt der türkischenIntervention auf Zypern, wohl kaum nach-gekommen, wenn sie nicht Grund zur Ueber-zeugung hätten, daß die Generäle wirklich zuihren angestammten Aufgaben zurückkehren

oder (unter anderem auch im Zusammen-hang mit den Differenzen, die zwischen denMilitärs aufgetreten sind) hierzu gezwungen

werden. Die Politiker haben durch ihre Hal-tung in den letzten Jahren bewiesen, daß sie alsMarionetten schlecht geeignet sind.

Vermutlich sind dem Regierungswechsel

amerikanische Vorstellungen vorangegangen:

Daß durch den griechischen Griff nach Niko-sia die ganze Südostflanke der Nato durchein-andergebracht wurde, dürfte für Washingtongenügender Anlaß gewesen sein, endlich eine

Beseitigung des Athener A ergewisses zu för-dern. Die Gelegenheil war insofern günstig, alsdurch die Bildung einer «Regierung der natio-nalen Einheit» die Position gegenüber derTürkei wenigstens nicht noch weiter ge-

schwächt ist und so keinerlei nationaleGefühle verletzt wurden. Die Rückkehr zurDemokratie ist vielmehr geeignet, das AnsehenGriechenlands in der Welt zu fördern, undzwar in einer Weise, die auf der andern, dertUrkischen, Seite keinen Anlaß zu Klagengeben dürfte.

Karamanlis hat als Ministerpräsident von1955 bis 1963, als er hauptsächlich infolgeeines Konflikts mit dem Königshaus demissio-nierte und nach Paris ins Exil ging, energisch

und gelegentlich auch mit harter Hand regiertaber wohlverstanden als legal in sein Amt

gelangter Regierungschef mit der Mehrheileines frei gewählten Parlaments hinter sich. Zuseiner Zeit begann ein bedeutender wirtschaft-licher Aufschwung des Landes. WeitesteKreise, vor allem in den Städten, sahen in ihmseit der Errichtung der Militärdiktatur eineArt «Reiter». Abgelehnt wird er jetzt von derextremen Linken, mit der er damals sehrwenig zimperlich umging, und von Kräften,welche das Land aus der atlantischen Allianzhinausmanövrieren möchten. Der Jubel, denseine Heimkehr ausgelöst hat, läßt aberdarauf schließen, daß diese Tendenzen im Volknicht stark sind. Umgeben von gesetzten, kulti-vierten Ministern, gibt er Anlaß zur Erwar-tung, daß der Ucbcrgang sich in ruhigen Bah-nen vollzieht vor allem auch ohne Rache-akte.

Alle diese Politiker haben ihre bitteren Er-fahrungen gemacht. So besteht denn wohl auchGrund zur Hoffnung, daß die Wiedererlangungder Freiheit nicht zugleich auch eine Wieder-kehr zeitweiliger früherer Verhältnisse bedeu-tet, die zum mindesten westeuropäischen Vor-stellungen von einer geordneten Demokratie ineinigen Hinsichten recht wenig entsprachen.

Aber entsprach es etwa dem griechischenVolk, unter militärischer Fuchtel, wie dieObersten und Generäle c-; als nötig ausgaben,

zu staatsbürgerlicher Verantwortung «erzogen»zu werden? Sicher nicht! An den Griechen wirdes nun wieder sein, selber über das ihnen ent-sprechende staatliche Leben zu bestimmen.

fit.

Armeekorps, seit Montag abend hinter den Kulis-sen wieder einen erbitterten Kampf geliefert, dender Geheimdienstchef verlor.

Entscheidende Rolle der StreitkräfteDrittens ist nicht zu übersehen, daß hohen

Offizieren gestern entscheidende Funktion zukam.General Grigorios Bonanos, d er Oberbefehlshaberaller Streitkräfte, Generalleutnant Andreas Galat-sanos, d er Kommandant des Landheeres, Vize-admiral Petros Arapakis, d er Kommandant d erKriegsmarine, und Generalleutnant AlexandrasPapanikolaoti, der Kommandant der Flugwaffe,nahmen aktiv an allen Verhandlungen zwischenStaatspräsident Gizikis und den Repräsentantender alten demokratischen Welt teil. Man darf an-nehmen, daß angesichts d er katastrophalenLage, in die loannidis das Land hineingerittenhatte, die liberalen Kräfte die Oberhand gewannenund beschlossen, eine Zivilregierung einzusetzen.

Ungewiß ist jetzt natürlich, wie stark die Män-ner, die den Umsturz ausgelöst haben, im Hinter-grund bleiben; denn die Zivilregierung kommt nunja nicht aus eigener Kraft an die Macht, sondernauf Geheiß der Armee. Immerhin bietet Kara-manlis, ein unbeugsamer Kämpfer von überragen-den Fähigkeiten, Gewähr, daß die zivilen Politi-ker sich nicht mehr beliebig dirigieren lassen.

Neue Fragen

So sehr die letzten 24 Stunden die Vermutun-gen über die latenten Machtkämpfe geklärt ha-ben, so offen stellen sich jetzt in der Stunde Null,d er Stunde der Freiheit, neue Probleme: zunächstdie Frage nach d er innen- und außenpolitischenAusrichtung der Regierung. Dann aber auch dieFrage nach d er Einheit der neuerstandenen de-mokratischen Welt. Man muß sich bewußt sein,daß die Politiker, die gestern abend zusammen-kamen, die gleichen Männer sind, die in den Jah-ren vor 1967 die Demokratie in endlosen Partei-und Flügelkämpfen ruinierten.

Als die Obersten am 21. April 1967 die Machtergriffen, war Griechenlands politisches Leben

nur noch die Karikatur einer Demokratie, undauch unter d er Diktatur Papadopoulos' fandensich die Vertreter der alten Parteien nicht zu einemgeschlossenen Kampf. Nun lautet die Frage: Wirdes Karamanlis gelingen, die Intrigen, Klientele-wirtschaft und Korruption von einst zu überwin-den? Angesichts der spontanen Freude von gestern

und der Deklarationen d er Einheit darf gehofftwerden.

Papadopoulossoll Griechenland verlassen haben

Athen, 24. Juli, (ddp) Der beim Militärputscham 25. November 1973 gestürzte griechische Prä-sident Gcorgios Papadopoulos soll am Dienstag

mit seiner Frau Griechenland verlassen haben.Dies verlautete am Mittwoch aus Regierungs-

kreisen in Athen. Papadoupoulos stand seit seinemSturz in Lagonissi, rund 45 Kilometer von Athenentfernt, unter Polizeiaufsicht.

Negative Reaktion Papandreous

Toronto, 24. Juli, (ap) Der griechische Ex-politiker Andreas Papandreou hat auf die vor-gesehene Bildung einer Regierung der nationalenEinheit in Athen negativ reagiert. In einer in To-

Nixon mußalle Tonbänder herausgeben

Einstimmiger Spruchdes Obersten Gerichts

Wash'ngton, 24. Juli, (ap) Der Oberste ameri-kanische Gerichtshof hat am Mittwoch einstim-mig entschieden, daß Präsident Nixon alle imZusammenhang mit der Watergate-Affäre von denmit d er Untersuchung sich befassenden Instanzenangeforderten Tonbänder und Aufzeichnungenherausgeben muß.

Neue Zürcher Zeitung vom 25.07.1974