Anatomiekurs Besonderheit des Anatomiekurses Präparieren von Leichen erfordert Auseinandersetzung...

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Anatomiekurs Besonderheit des Anatomiekurses Präparieren von Leichen erfordert Auseinandersetzung mit Endlichkeit des Lebens/ Sterben fachlich notwendige Interesse am menschlichen Körper schützt nicht immer vor dem tiefen existenziellen Schrecken über Krankheit und Tod Keine früheren Erfahrungen bereiten uns auf die anatomische Zergliederung des menschlichen Körpers vor Es ist unumgänglich, daß wir bei der anatomischen Arbeit jahrtausendealte Tabus im Umgang mit menschlichen Leichen verletzen Das Präparieren zerstört den menschlichen Körper und bleibt, trotz der fachlichen Notwendigkeit, eine aggressive Handlung.

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Anatomiekurs

Besonderheit des Anatomiekurses

Präparieren von Leichen erfordert Auseinandersetzung mit Endlichkeit des Lebens/

Sterben

fachlich notwendige Interesse am menschlichen Körper schützt nicht immer vor dem

tiefen existenziellen Schrecken über Krankheit und Tod

Keine früheren Erfahrungen bereiten uns auf die anatomische Zergliederung des

menschlichen Körpers vor

Es ist unumgänglich, daß wir bei der anatomischen Arbeit jahrtausendealte Tabus im

Umgang mit menschlichen Leichen verletzen

Das Präparieren zerstört den menschlichen Körper und bleibt, trotz der fachlichen

Notwendigkeit, eine aggressive Handlung.

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Reaktionen auf den Anatomiekurs

Untersuchungen aus der USA zeigen: Angst (bei 75%) bis Horrorvorstellungen (bei 11 %) Ekel bis Abscheu Übelkeit, Appetitlosigkeit, Schlaflosigkeit, Alpträume Aber auch bei 40% tieferes Nachdenken über das menschliche Leben 67% haben ihre Einstellung während des Kurses verändert und würden

sich selbst nicht als Spender zur Verfügung stellen

Andere: Empfindungslosigkeit, Kaltschnäuzigkeit Tiefe innere Berührung Angst vor dem Tod Mitgefühl Ekel vor den Gerüchen Abscheu vor der Zerstörung des Körpers

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Reaktionen auf den Anatomiekurs II

Reaktionen

Individuell

Unterschiedlich zu verschiedenen Zeitpunkten des Kurses

Bis in private Umgebung, Schlaf

Niemand bleibt ohne Einfluss

Zynismus/Coole Reaktion (Verdrängung) erfordert psychische Anstrengung, deren

Ausmaß man nicht direkt spürt

Verarbeitung wichtig

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Anatomiekurs

Verarbeitung

Reaktionen sind normal, haben nichts mit „kein guter Arzt sein“ zu tun

Es gibt keine falschen und richtigen Verarbeitungen (von extremen Reaktionen

abgesehen)

Charakteristika der Verarbeitung:

Neuigkeit der Erfahrung

Verletzung von Intimitätsgrenzen

Konfrontation mit der körperlichen Zerstörung

Konfrontation mit Todesängsten, aber auch Fragen der menschlichen Existenz

Mangelnde Selbstbestimmung , da Pflicht zur Teilnahme

Konfrontation mit Ekel und Abscheu

Hohe soziale Kontrolle durch Beobachtung durch Kommilitonen

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Anatomiekurs- Copingstrategien

Reaktionen individuell, daher auch Strategien, gilt auch für andere belastende Situationen:

Gefühle nicht für sich behalten.

Allein sein ungünstig für die Verarbeitung und Gesundheit, Zusammengehörigkeitsgefühl auch für

spätere klinische Arbeit günstig

Positiven Erfahrungen austauschen.

Teilen Sie Ihre Begeisterung, erzählen Sie von Ihrer Bewältigung, von Ihren Einsichten und Ihren

Erkenntnissen.

kreative Möglichkeiten der emotionalen Verarbeitung nutzen

Nicht alle Empfindungen, Gefühle und Gedanken können sofort in den zwischenmenschlichen

Austausch gebracht werden (Tagebuch schreiben, Malen, Musizieren, Meditieren)

Keine Flucht in die Arbeit !

Ständiges Lernen kann zwar für die intellektuelle Verarbeitung des Stoffes gut sein, trägt aber zur

emotionellen Verarbeitung wenig bei. Im Gegenteil: für viele ist ihr unermüdlicher Arbeitseifer zum

Mechanismus der Verdrängung geworden.

Symptome einer akuten oder posttraumatischen Belastungsstörung ernstnehmen!

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Posttraumatische Belastungsstörung

Symptome:

Emotionaler Taubheit

Häufig wiederkehrenden aversive (sehr unangenehmen) Vorstellungen oder Träume

Deutliche Vermeidung von Hinweisreizen

Schlafstörungen

Konzentratiosstörungen

Lernschwierigkeiten

Unfähigkeit die notwendigen Arbeiten erledigen zu können

SELTEN!!

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Anatomiekurs / Copingstrategien

Situation Auf Situation vorbereiten

(mit älteren Semestern sprechen, evtl. Tutorium initiieren, Abbildungen/Internet anschauen, Auseinandersetzung mit Tod, nicht nüchtern hingehen,.. )

Zeitmanagement (andere Stressoren ausschalten, frühzeitig lernen, Zeit für Nachdenken über Kurs nehmen)

Systematische Problemlösung (Situation analysieren: was macht mir Stress/Angst? Was kann ich ändern, was muss ich akzeptieren?)

Klärende Gespräche (Angst Dozenten/Kommilitonen mitteilen, Übelkeit o.ä. offen in Situation ansprechen,

AUF KOMMILITONEN RÜCKSICHT NEHMEN!!)

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Anatomiekurs / Copingstrategien II

Person Copingstrategien aneignen

(Internet, Literatur, Freunde fragen, an diesem Seminar teilnehmen ) Bewertungen verändern

(Anatomiekurs ist kein Horrorkurs, sondern wissenschaftl. Möglichkeit, Kenntnisse als Mediziner zu erweitern, Bestandteil der Ausbildung, Menschen haben sich freiwillig zur Verfügung gestellt, praktischer Anteil an Studium, darf auch Spaß machen!!! Möglichkeit, sich mit Tod auseinanderzusetzen)

Belastbarkeit erhöhen(Sport, gesunde Ernährung, Entspannung , soziale Kontakte)

Stressreaktion (Deeskalation) Spontanentspannung

(Entspannung vor/nach Anatomiekurs, Sport, nicht permanent auf Stressymptome warten....)

Positive Selbstinstruktionen

(Bsp.“Mich interessiert der wissenschaftlichen Aspekt, das ist erst die erste Stunde, in den nächsten wird es mir leichter fallen..“)

Abreagieren

(Sport, Gespräche mit Freunden, Schreiben...)

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Arzt-Patienten-Beziehung

Tutorium: Medizinische PsychologieFrank Weiss-Motz

WS 04/05

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Welche Erfahrungen habt ihr mit Arztbesuchen gemacht?

Was ist euch negativ aufgefallen Was habt ihr als besonders positiv registriert

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Ergebnisse der Visitenforschung

Die durchschnittliche Gesprächsdauer pro Patient beträgt drei bis vier Minuten.

Die Mehrzahl der Sätze werden vom Arzt sowie vom übrigen Personal gesprochen. Die Visite ist eher Besprechung über den Patienten als Gespräch mit ihm.

Durchschnittlich stellt der Patient eine Frage pro Visite. Informationen erhält er häufiger „implizit“, d.h. durch das, was das Personal untereinander austauscht, als „explizit“ durch direkte Ansprache und Aufklärung.

Unterbrechungen und Störungen des Gesprächs ergeben sich dadurch, dass die Visite mit zusätzlichen Funktionen überlastet ist und dass (zu) viel Personal beteiligt ist.

Kein Aspekt des Krankenhausaufenthalts wird von Patienten so häufig kritisiert wie der Tatbestand mangelnder Information und Kommunikation.

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Welche Bedeutung hat das Gespräch zwischen Arzt und Patient?

Welche Funktionen hat es?

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Bedeutung von Gesprächen

Das Gespräch ist ein zentrales Element der Arzt-Patienten-Beziehung Anamneseerhebung Erkundung der Befindlichkeit Mitteilung von Informationen über die Krankheit und ihre

Behandlung (Aufklärungspflicht) Beratung Motivierung zur Mitarbeit Aussprechen von Trost und Mitgefühl

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Welche Probleme können in der Kommunikation zwischen Arzt und Patient auftreten?

Von Seiten des Arztes?

Von Seiten des Patienten?

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Pragmatische Regeln des Kommunizierens[WATZLAWICK]

1) Man kann nicht „nicht-kommunizieren“

(auch wer schweigt, kommuniziert).

2) Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt

(Der Beziehungsaspekt kann dabei den Inhaltsaspekt dominieren).

3) Kommunikationsabläufe werden subjektiv unterschiedlich interpretiert

(Jeder gliedert die Ereignisfolge auf seine Weise)

4) Kommunikation verläuft entweder symmetrisch oder komplementär

(Je nach Status der Gesprächspartner)

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Kontingenzformen bei der KommunikationKontingenzformen bei der Kommunikation(nach JONES & GERARD)(nach JONES & GERARD)

A B A B (a) = Pseudokontingenz:

A und B reagieren nicht

R R wirklich, sondern spulen ihre

R R Verhaltenspläne ab

R R

R R (b) = Asymmetrische Kontingenz:

R R A spult Verhaltensplan ab

R R und beeinflusst B, ohne dass

R R B Einfluss auf A hat

R

(a) (b)

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Kontingenzformen bei der Kommunikation Kontingenzformen bei der Kommunikation (Fortsetzung)(Fortsetzung)

(d) = Wechselseitige Kontingenz:

A und B handeln nach eigenen

Plänen, stets aber auch auf

ihren Interaktionspartner

(c) = Reaktive Kontingenz:

Starke Reaktion der

Interaktionspartner, eigene

Verhaltenspläne im Hintergrund

A B A B

R R

R R

R R

R R

R R

R R

(c) (d)

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Symmetrische vs. asymmetrische Kommunikation

Symmetrisch ist eine Kommunikation, bei der Adressat und Sender über vergleichbare Informationen und über vergleichbare Chancen verfügen, das Gespräch zu bestimmen.

In der asymmetrischen Kommunikation sind Informationsstand und Initiativchancen zwischen den Akteuren ungleich verteilt.

Aus soziologischer Sicht überwiegt in der Arzt-Patienten-Beziehung die asymmetrische Kommunikation.

Ein wichtiges Lernziel der Medizinischen Psychologie und Medizinischen Soziologie besteht darin, dem zukünftigen Arzt die Kommunikationsasymmetrie bewusst zu machen und Verhaltensweisen einzuüben, mit denen sich das Ausmaß der Asymmetrie verringern lässt.

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Kommunikation und Informationsvermittlung

Unterschiedliche Wissensverteilung gibt dem Arzt Expertenmacht, wohingegen der Patient dem Arzt in der Regel als Laie gegenübertritt (→ asymmetrische Beziehung).

Da ungleiche Wissensverteilung ein zentrales Merkmal der Arzt-Patienten-Beziehung ist, bilden Information und Aufklärung des Patienten durch den Arzt ein wesentliches Ziel der Kommunikation (→ Verringerung der Asymmetrie).

Die Bedeutung krankheitsbezogener Information lässt sich auf drei Ebenen verdeutlichen:

1. Der kognitive Aspekt dient der Orientierung, dem Verständnis und der Interpretation des durch die Krankheit geschaffenen Zustands und seiner Beeinflussung.

2. Der emotionale Aspekt der Kommunikation kann dem Patienten in einer Situation der Verunsicherung helfen (z.B. Trost, Aufmunterung).

3. Der pragmatische Aspekt ziel auf Verhaltensbeeinflussung beim Patienten (z.B. Befolgung ärztlicher Ratschläge).

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Kommunikation und Informationsvermittlung II

Patienten bringen in aller Regel hohe, spezifische und subjektiv begründete Informationsbedürfnisse in die Arzt-Patienten-Beziehung mit.

Eine Zusammenstellung der Befragungsergebnisse aus 20 internationalen Studien hat ergeben, dass über 80% aller Krankenhauspatienten über ihre Krankheit vom Arzt sorgfältig aufgeklärt und informiert werden möchten.

Auch unter schwer und unheilbar Kranken sind Informationsbedürfnisse in beachtlichem Umfang vorhanden, jedoch müssen diese im Einzelfall durch den Arzt sorgfältig abgeklärt werden.

Die Themen, auf die sich Informationswünsche beziehen, sind:1. Ursache(n) der Krankheit,

2. Behandlung,

3. Diagnose

4. Therapie und eigenes Verhalten nach der Krankenhausentlassung,

5. weitere Prognose.

Der Arzt darf nicht davon ausgehen, dass Patienten, die von sich aus keine Fragen stellen, nichts wissen wollen. Die Artikulation von Informationsbedürfnissen kann aus psychologischen (Hemmungen), soziokulturellen (Sprachkompetenz) oder organisatorischen Gründen (Zeitdruck beim Arzt) erschwert sein.

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Informationsdefizite und ihre Folgen:

Verschiedene Studien zeigen, dass selbst am Ende eines Krankenhausaufenthalts jeder dritte Patient noch hohe Informationsbedürfnisse bezüglich seiner Krankheit hat.

Informationsdefizite gehen einher mit: schlechtere subjektive Befindlichkeit, mehr Angst, höhere physiologische Stressreaktionen, höherer Schmerzmittelverbrauch, höhere postoperative Komplikationsrate, mehr Komplikationen während schwieriger diagnostischer

Eingriffe.

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Wie sollte eine gute Kommunikation/ ein gutes Gespräch zwischen Arzt und Patient aussehen?

Was muss der Arzt beachten, was sollte er tun, was darf er nicht tun?

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Grundsätze patientenzentrierter ärztlicher Kommunikation

Patienten persönlich (mit Namen) ansprechen, verständlich kommunizieren, gegebenenfalls Rückfragen

stellen, wahrheitsgetreu informieren, auf Patientenfragen eingehen (keine Ausweichstrategien), Unterbrechungen nach Möglichkeit vermeiden, suggestive Fragen vermeiden, entwertende Aussagen unterlassen, vorschnelle Urteile vermeiden, Patienten in Entscheidungen einbeziehen, Fortschritte bzw. positive Aspekte bei Patienten bekräftigen, Vorsicht vor unrealistischen Versprechungen.

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Anforderungen an ein qualitativ gehaltvolles Gespräch

1. EmpathieVersuch, sich in den Gesprächspartner einzufühlen, seine Gefühle und Wahrnehmungen zu vergegenwärtigen.

2. WertschätzungVersuch, dem Gesprächspartner Achtung und Wertschätzung entgegenzubringen und ihm zu vermitteln, dass er mit seinem Anliegen ernst genommen wird.

3. EchtheitVersuch, die eigene Meinung klar zum Ausdruck zu bringen und entsprechende Gefühle zu äußern.

4. TransparenzVersuch, konsistente Informationen zu geben sowie in den verbalen und nonverbalen Botschaften übereinzustimmen.

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Nichtsprachliche Kommunikation(Körpersprache)

Ausgangsexperiment: Studie zum „klugen Hans“

(PFUNGST)

Ursprünge von nonverbaler Kommunikation

Bei Tieren weithin angeboren (Vogel-Gesang, Bienen-Tanz als

Beispiele sozialer Signale);

beim Menschen ist einiges angeboren (Gesichtsausdruck bei

Überraschung, Erschrecken), einiges aber auch gelernt

(Kontrolle des Gesichtsausdrucks).

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Nichtsprachliche Kommunikation(Körpersprache) Fortsetzung

Warum gibt es nonverbale Kommunikation?

Über die Sprache lassen sich nicht alle Sachverhalte angemessen

vermitteln; die Körpersprache hat manchmal stärkere Wirkung,

da sie ursprünglicher und unmittelbarer ist („zweiter Kanal“).

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Verschiedene Verwendungsbereiche von Körpersprache

1. Äußerung von Gefühlen

(z.B. Angst, Ärger, Freude)

2. Mitteilen von interpersonalen Einstellungen

(Affiliation, Dominanz)

3. Mitteilungen über die Persönlichkeit

(körperliche Merkmale, gesellschaftliche Position, Persönlichkeitszüge)

4. Nonverbale Kommunikation beim Reden

(Prosodische Signale, Ausdruckskommentare, Gesten)

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Die verschiedenen Körpersignale

Gesichtsausdruck

Blick

Gesten und Körperbewegungen

Körperhaltung

Körperkontakt

Räumliches Verhalten (Distanz)

Kleidung, Körperbau und andere Aspekte der äußeren

Erscheinung

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Berühren oder Körperkontakt

Berührungen machen einen großen Teil der frühen

Eltern-Kind-Kommunikation aus.

Berührungen zwischen Erwachsenen unterliegen in den meisten

westlichen Kulturen strengen und komplizierten kulturellen Konventionen.

Wer wo wie wann und von wem berührt werden darf ist genau geregelt.

JOURARD (1966) fragte 300 junge Amerikaner beiderlei Geschlechts,

wer (z.B. Vater, Mutter, Freund, Freundin, etc.) ihren Körper wo berühren

dürfe. Die jungen Leute dieser westlichen Kultur waren sich in ihren

Zuweisungen recht einig. In anderen Kulturen können

solche erlaubten Berührungsmuster ganz anders ausfallen.

In buddhistischen Gesellschaften ist es z.B. untersagt den Kopf eines

anderen zu berühren, da der Kopf als Sitz der Seele gilt.

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Wo dürfen euch folgende Personen berühren?

Ein fremder Mann / eine fremde Frau

Ein männliches / weibliches Familienmitglied

Ein guter Freund / eine gute Freundin

Euer Partner / eure Partnerin

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Beispiel Körperkontakt

Häufigkeit der Körperkontakte von zwei Personen in Cafés

In unterschiedlichen Ländern während einer Stunde:

(nach JOURARD, 1966)

Kulturanthropologische Studien zeigen, dass selbst der Körperkontakt

zwischen Mutter und Kind von Kultur zu Kultur variiert.

San Juan (Puerto Rico): 180 BerührungenParis (Frankreich): 110 BerührungenGainesville (USA): 2 BerührungenLondon (England): 0 Berührungen

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Welche Dinge sollte ein Arzt bei der nonverbalen Kommunikation beachten?

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Abstand zum Gesprächspartner

Intimbereich bis 0.5 m physischer Kontakt mit Wahrnehmung vieler Hinweisreize (Atmung, Geruch, Körpertemperatur)

Persönliche Distanz - 0.5 - 1.25 m Norm für tägliche Interaktion mit Kollegen und Freunden. Die intimeren Hinweisreize sind nicht mehr wahrnehmbar aber Berührung ist noch möglich

Soziale Distanz - 1.25 - 4 m. Abstand für formlose Interaktionen, Geschäftsbeziehungen, Shopping etc. Bis auf verbale Hinweisreize geht alles verloren. In Bussen vermeiden Menschen oft nebeneinander zu sitzen, weil das als Eindringen in diesen oder noch intimere Nahbereiche angesehen wird.

Öffentliche Distanz 4 - 8 m Der Abstand für Kommunikation in formalen Umfeldern z.B. Lesesaal, Gerichtssaal etc. Diese Distanz minimiert die soziale Interaktion und bewahrt die Formalität der Situation.

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Kulturabhängigkeit des Abstands

BAXTER (1970) 859 Zoobesucher-Paare:

Farbige - 2,66 Einheiten Weiße - 2,29 Mexikaner - 1,78

Erwachsene - 2,46 Jugendliche - 2,28 Kinder - 1,99

Männer/Männer - 2,39 Frauen/Frauen - 2,23 Männer /Frauen - 2,11

Gefahr der Missverständnisse bei Nichtberücksichtigung (aufdringlich, kühl, kontaktbereit)!

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Welche potentiell schwierigen Patientengruppen gibt es und was ist beim Umgang mit ihnen zu beachten?

KollegenPsychisch KrankeSüchtigeFremdsprachlerMenschen mit potentieller oder realer Suizidabsicht

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Umgang mit Suizidanten

Ernst nehmen Nicht werten (ist ja schrecklich) Nicht beschwichtigen (ist doch alles nicht so schlimm) Nicht zu schnell nach positiven Änderungsmöglichkeiten suchen, sonst

fühlt sich der Patient nicht ernst genommen Nach einem konkreten Handlungsplan fragen (wenn ja dann ist das

Risiko größer) Fragen was den Patienten noch am Leben erhält Verhält sich der Patient bagatellisierend und abweisend bedeutet das

nicht, dass der Suizid überwunden ist Das Kind beim Namen nennen (sich umbringen, Selbstmord, Suizid) Kann sich der Patient nicht deutlich distanzieren, entweder ambulant

einen psychiatrischen Kollegen einschalten oder direkt stationär einweisen

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Die Sprache sozialer Gruppen

Gruppen, die häufig miteinander interagieren, können ihren eigenen

Jargon entwickeln, der dazu beiträgt eine soziale Gruppe zu definieren

(„in-group“- versus „out-group“-Problematik).

Beispiel: Ausschnitt aus dem Lexikon des Princeton-Jargons

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Wort Bedeutungwonk ein introvertierter Student, der immer studiert;

gilt allgemein vom Aussehen her als körperlich unattraktiv

stud gut aussehender Student mit Erfolg bei Frauen; cool und über den Dingen stehend

lunch äußerlich reizloser und sozial unattraktiver Student

meatball dasselbe wie oben, nur körperlich und intellektuell noch unattraktiver

grind Student, der immer mal wieder für längere Zeit emsig studiert; ein periodischer „wonk“

ceptsman jemand, der sich mit wenig, aber wichtigem Wissen und einer guten Schreibe durchs Studium mogelt; ein fauler Student

gut hopper Student, der nur „guts“, d.h. leichte Kurse belegt

bull thrower Student, der viel spricht und wenig sagt

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Verbale Konditionierung

Klassisches Experiment von GREENSPOON (1955):

Versuchsperson Versuchsleiter

HausSchuleBuchgehenlesenStudenten mmm - hmmDozenten mmm - hmmTürAutoLeute mmm - hmmPolizisten mmm - hmmSchulkinder mmm - hmmusw.

Was wird passieren?

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Verbale Konditionierung(Fortsetzung)

Hauptbefund: Personen ändern ihr sprachliches Verhalten auch unbewusst, wenn sie nur zum richtigenZeitpunkt belohnt oder verstärkt werden.

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Welche Informationen muss ein Arzt für eine Diagnose und für die Behandlung im Gespräch erheben?

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Nötige Informationen für Diagnose und Behandlung

Daten: Name, Geburtsdatum, Krankenkasse Symptome (Was hat er, warum kommt er) Vorerkrankungen (gleiche, ähnliche, andere) Genetische Risiken Unverträglichkeiten, Allergien Lebensgewohnheiten (rauchen, trinken, Drogen, Arbeit) Frühere Therapien (Eigenbehandlung und Fremdbehandlung) Theorien des Patienten über die Ursache der Erkrankung Einstellung des Patienten zu Medikamenten Soziales Umfeld (Familienverhältnisse, Arbeit, Wohnumfeld)

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Gruppenarbeit

Arbeitet in 3er-Gruppen Jeder der Drei zieht sich eine Krankheit aus dem Umschlag Ein anderer aus der Gruppe spielt den Arzt und führt ein

Gespräch mit dem Patienten In jeder Gruppe soll jeder einmal Patient und einmal der Arzt

gewesen sein Der jeweils Dritte schreibt seine Beobachtungen zum Gespräch

auf und gibt anschließend dem Arzt Rückmeldung über gute und schlechte Aspekte seiner Kommunikation sowie Hinweise zur Verbesserung

Bei der Bewertung bitte auf verbale und nonverbale Kommunikation achten

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Nötige Informationen für Diagnose und Behandlung

Daten: Name, Geburtsdatum, Krankenkasse Symptome (Was hat er, warum kommt er) Vorerkrankungen (gleiche, ähnliche, andere) Genetische Risiken Unverträglichkeiten, Allergien Lebensgewohnheiten (rauchen, trinken, Drogen, Arbeit) Frühere Therapien (Eigenbehandlung und Fremdbehandlung) Theorien des Patienten über die Ursache der Erkrankung Einstellung des Patienten zu Medikamenten Soziales Umfeld (Familienverhältnisse, Arbeit, Wohnumfeld)