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Andreas Gebhardt Entscheidung zum Outsourcing von Logistikleistungen

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Andreas Gebhardt

Entscheidung zum Outsourcing von Logistikleistungen

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GABLER EDITION WISSENSCHAFT

Schriften des Kuhne-Zentrums fiir Logistikmanagement, Band 7 Herausgegeben von Universitatsprofessor Dr. Jiirgen Weber Wissenschaftliche Hochschule fur Unternehmens-fiihrung (WHU) - Otto-Beisheim-Hochschule

Die Schriftenreihe stellt Ergebnisse betriebswirtschaftlicher For-schung mit fuhrungsbezogenem Schwerpunkt aus der Logistik, dem Supply Chain Management und dem eCommerce vor. Der Leitgedan-ke der Reihe ist es, iiber die Weiterentwicklung der theoretischen Fundierung und empirischen Evaluierung der Forschungsfelder den wissenschaftlichen Diskurs voranzutreiben. Daruber hinaus soil durch konzeptionelle Arbeiten eine Uberfiihrung der theoretischen Erklarungsmuster in praxisnahe Losungsansatze realisiert werden, die Managern zur Bewaltigung ihrer aktuellen Herausforderungen dienen.

Band 1 und 2 sind unter dem Reihentitel „Schriften des Zentrums fur Logistik & eCommerce" erschienen.

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Andreas Gebhardt

Entscheidung zum Outsourcing von Logistikleistungen

Rationalitatsanforderungen und Realitat in mittelstandischen Unternehmen

Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Jurgen Weber

Deutscher Universitats-Verlag

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Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet iiber <http://dnb.ddb.de> abrufbar.

Dissertation Wissenschaftliche Hochschule fiir Unternehmensfiihrung (WHU) Vallendar, 2005

I.Auflage Juni2006

Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universitats-Verlag I GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006

Lektorat: Brigitte Siegel / Sabine Scholler

Der Deutsche Universitats-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media, www.duv.de

Das Werk einschlieSlich aller seiner Telle ist urheberrechtlich geschiitzt. Jede Verwertung auSerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbe-sondere fiir Vervielfaltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

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Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Druck und Buchbinder: Rosch-Buch, ScheSlitz Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany

ISBN-10 3-8350-0246-5 ISBN-13 978-3-8350-0246-3

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Geleitwort

Die vorliegende Arbeit von Gehhardt fiihrt drei Forschungsstrange meines Lehrstuhls zu-

sammen. Zunachst steht sie in einer Reihe von Arbeiten, die sich mit der Frage der Leistungs-

tiefe beschaftigen. Im Einzelnen sind hier die Dissertationen von Welcker (1993), von Stengel

(1999), Antlitz (1999) iind Engelbrecht (2004) zu nennen. Dariiber hinaus setzt sie Arbeiten

zum Logistikmanagement fort. Hierzu zahlen insbesondere die Dissertationen von Nippel

(1995), Warnke (1996) und Dehler (2001). SchlieBlich ftihrt sie Arbeiten zum Mittelstand

weiter, die mit der Dissertation von Kosmider (1991) begonnen haben, auf die die Disser­

tationen von Kummer (1992), Reitmeyer (2000) und Frank (2000) folgten.

Die Logistik hat sich empirisch als eine volkswirtschaftlich wie betriebswirtschaftlich sehr

wichtige Funktion herausgestellt, deren Beherrschung allerdings erhebliche Anforderungen

stellt. Mittelstandische Untemehmen besitzen auf dem Feld der Logistik gegeniiber Grofi-

untemehmen einen (erheblichen) Entwicklungsriickstand und sind zudem mit dem Problem

(sehr) beschrankter Ressourcen konfrontiert. Hieran hat sich seit der Dissertation von Kummer

offensichtlich nichts geandert. Dennoch nutzen sie bisher die Moglichkeit zum Outsourcing

logistischer Aufgabenumfange nur sehr zogerlich. Die Grunde hierftir in den spezifischen

Bedingungen mittelstandischer Untemehmen - auch in deren Entscheidungsverhalten - zu

suchen, liegt nahe, ist bislang aber in der einschlagigen Literatur noch nicht untersucht wor-

den. Insofem behandelt die Arbeit von Gebhardt ein theoretisch reizvolles und zudem - empi­

risch gesehen - okonomisch ausgesprochen wichtiges Thema.

Gebhardt wahlt zur Bearbeitung - aufbauend auf einer umfangreichen konzeptionellen

Grundlegung - einen empirischen Ansatz. Die von ihm gefiihrten Interviews liefem vielfaltige

spannende Ergebnisse, die zum Teil bestehende empirische Erfahrung im Mittelstand bestati-

gen, zum - groBeren - Teil neue Erkenntnisse prasentieren. Insgesamt zeichnet Gebhardt ein

alles in allem doch sehr emiichtemdes Bild. In den meisten befragten mittelstandischen Un­

temehmen spielt die Logistik nicht die Rolle, die ihr angesichts der in empirisch-groBzahligen

Erhebungen ermittelten wettbewerblichen Wirkung zukommen sollte. Der Entscheidungs-

prozess selbst weicht in erheblichem Mafie von dem Soll-Prozess ab, den Gebhardt in seiner

Arbeit herausarbeitet. Hiermit wird eine groBe Zahl von Rationalitatsdefiziten aufgezeigt, die

Ineffizienzen zur Folge haben.

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Insgesamt lasst sich die vorliegende Arbeit damit als sehr gelungen charakterisieren. Sie

liefert einen erheblichen Erkenntnisfortschritt. Sie uberzeugt durch die Sorgfalt der Argumen­

tation imd Gestaltung, die Schlussigkeit des Vorgehens, die hohe Professionalitat bei der

Durchfuhrung iind Auswertung der Interviews sowie eine breite theoretische Fundierung,

sowohl konzeptionell wie quellenmafiig gestiitzt. Die Sprache ist klar imd pragnant iind damit

auch fur einen Praktiker lesbar. Insofem ist der Arbeit ein moglichst breiter Leserkreis zu

wunschen.

Prof. Dr. Jurgen Weber

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Vorwort

Die Frage, ob und in welchem Umfang logistische Leistungen eigenstandig oder durch einen

extemen Dienstleister erbracht werden sollen, beschaftigt die betriebswirtschaftliche Literatur

wie auch die imtemehmerische Praxis seit langerer Zeit. Vor dem Hintergmnd stetig wach-

sender (logistischer) Anfordemngen und begrenzten Personal- und Wissensressourcen stellen

sich Fragen nach der optimalen Tiefe logistischer Leistungserbringung besonders mittelstan-

dischen Untemehmen.

Das Outsourcing-Verhalten dieser Gruppe von Untemehmen wurde bisher selten untersucht.

Insbesondere Ablauf und Parameter einer Outsourcing-Entscheidung waren wenig transparent.

Die vorliegende Arbeit stellt daher den Prozess der Entscheidung zum Logistik-Outsourcing

in das Zentrum der Betrachtung. Sie tragt dazu bei, Forschungsliicken in drei Kembereichen

zu schliessen:

• Ausgehend von einem konzeptionell-theoretischen Ansatz wird ein geschlossener soll-

rationaler Entscheidungsablauf zum Logistik-Outsourcing entwickelt.

• Eine empirischen Studie unter mittelstandischen Entscheidungstragem macht Ablauf

und Parameter von Logistik-Outsourcing-Entscheidungen transparent.

• Potenzielle Rationalitatsdefizite im Entscheidungsprozess werden identifiziert und MaB-

nahmen deduziert, mit denen sich die Entscheidungsqualitat verbessem liesse.

Die Arbeit wurde im Herbst 2005 an der Wissenschaftlichen Hochschule fur Untemehmens-

fuhrung (WHU) - Otto Beisheim School of Management eingereicht und als Dissertation

angenommen. Sie entstand im Rahmen meiner Tatigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am

Kiihne-Zentrum fiir Logistikmanagement des Lehrstuhls fur Controlling und Telekommunika-

tion. Zahlreiche Akteure haben zum Gelingen meines Dissertationsvorhabens beigetragen.

Mein Dank gilt an erster Stelle meinem Doktorvater Prof. Dr. Jiirgen Weber, der mir den

entscheidenden „Funken" zur Entwicklung des thematischen Ansatzes gab und im Laufe der

Arbeit jederzeit fur konzeptionelle und inhaltliche Hinweise ansprechbar war. Er ermoglichte

es mir auch, trotz erheblicher raumlicher Distanz die Tatigkeit am Zentrum fiir Logistikmana­

gement mit den Aufgaben eines, jungen" Familienvaters kombinieren zu konnen.

Fiir die Ubemahme des Zweitgutachtens sowie fiir wichtige Anregimgen bei der Konzeptiona-

lisierung der empirischen Untersuchung gilt mein Dank Prof. Dr. Lutz Kaufmann.

Weiterhin mochte ich all jenen danken, die mich wahrend meiner Tatigkeit an der WHU

begleitet haben. An erster Stelle seien hier Beata Kobylarz und Fotini Noutsia genaimt, auf

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deren Untersttitzimg in vielen kleinen administrativen Dingen, deren Erledigung aus der Feme

schwerfallt, ich stets zahlen konnte. Unvergesslich in vielerlei Hinsicht haben die Disserta-

tionszeit die Kollegen am Zentrum fur Logistikmanagement werden lassen. Mein besonderer

Dank gilt Peter Voss fiir die freundschaftliche Zusammenarbeit in zahlreichen Praxisprojekten

und seinen hoch geschatzten fachlichen Rat. Dr. Carl Marcus Wallenburg danke ich fiir die

kontinuierliche Unterstutzung und das umfassende inhaltliche Feedback zu einer fruheren

Version der Arbeit. Fiir die kollegiale Zusammenarbeit geht mein Dank auBerdem an die

anderen Kollegen des Zentrums, insbesondere Dr. Andreas Bacher, David Cahill, Jan Deepen,

Dr. Christoph Engelbrecht, Dr. Markus Groll, Wolfdieter Keppler, Ulrich Knobloch, Alexand­

ra Matthes, Alexander Schmitt und Serena Trelle.

Meine Tatigkeit an der WHU woirde ermoglicht durch eine langere Freistellung von meinen

„eigentlichen" Aufgaben bei The Boston Consulting Group in Hamburg. Mein Dank gilt hier

Dr. Hubertus Meinecke, der viel Verstandnis fiir die Miihen eines Dissertationsvorhabens

aufbrachte und sich hinsichtlich der Dauer meiner Freistellung flexibel zeigte.

Mein langjahriger Freund Dr. Thomas Meyer hat sich die Miihe gemacht, sich durch eine

friihe Fassung der Arbeit zu kampfen. Vielen Dank dafiir! Ein ganz herzlicher Dank geht auch

an Prof. Dr. Stefan Pohlmann fiir wichtige Hinweise zur qualitativen empirischen Methodik

sowie Katrin Althoetmar ftir das umfassende und stets ausgesprochen sorgfaltige Lektorat.

Den Reprasentanten aus mittelstandischen Untemehmen, die sich zur Teilnahme an der empi­

rischen Erhebung dieser Arbeit bereit erklart haben, sei an dieser Stelle herzlich fur ihre Zeit

und die offenen Gesprache gedankt. Besonderer Dank fiir die Ermoglichung dieser Untersu-

chung geht an Herm Hans Linicus, Herm Heinrich Heimbrock sowie Herm Martin Dubiel.

Die wichtigste Unterstiitzung jedoch erfiihr ich von meiner geliebten Frau Birte, die nicht nur

mit stetem Zuspruch auch die steinigen Passagen meines Dissertationsprojektes iiberwinden

half, sondem deren fachlicher Rat stets an der richtigen Stelle und auf dem Punkt war. Ihr und

meinen Eltem, deren Unterstiitzung in jeglicher Hinsicht ich mir immer sicher sein kann und

deren zeitlicher Einsatz gerade in der Endphase der Arbeit imersetzlich war, gilt mein ganz

besonderer Dank.

Unsere Tochter Kristin wurde im Verlauf des Dissertationsprojektes geboren. Sie tragt jeder-

zeit auf ihre ganz eigene Weise dazu bei, die Bedeutung anderer Lebensbereiche zu relativie-

ren. Dir ist diese Arbeit gewidmet.

Dr. Andreas Gebhardt

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Inhaltsubersicht IX

Inhaltsubersicht

1 Einfuhrung ^ «« 1

2 Gnindlagen 9

3 Theoretische Bezugspunkte 79

4 Modellierung eines Entscheidungsprozesses zum Logistik-Outsourcing 133

5 Empirische Forschungsmethode und Ablauf der Untersuchung 187

6 Ergebnisse der empirischen Untersuchung 219

7 Schlussbetrachtung 271

Anhang A: Literaturverzeichnis 283

Anhang B: Interview-Leitfaden 313

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Inhaltsverzeichnis XI

Inhaltsverzeichnis

1 Einfuhrung ^ „ 1

1.1 Ausgangslage und Problemstellung 1

1.2 Zielsetzung der Arbeit 4

1.3 Aufbauder Arbeit und Ablauf der Untersuchimg 5

2 Grundlagen ^ 9

2.1 Logistik 9

2.1.1 Begriffsdefinition 9

2.1.2 Entwicklungsstufen der Logistik 11 2.1.2.1 Logistik als fiinktionale Spezialisiening 12 2.1.2.2 Logistik als material- und warenflussbezogene

Koordinationsfunktion 15 2.1.2.3 Logistik als untemehmensinteme Durchsetzung der

Flussorientierung 16 2.1.2.4 Logistik als Supply Chain Management 17

2.1.3 Stand der Logistikentwicklung 18

2.1.4 Strukturierung der Logistik in Untemehmen 19

2.1.5 Logistikverstandnis dieser Arbeit 20

2.2 Outsourcing 21

2.2.1 Begriffsdefinition 22

2.2.2 Allgemeine Nutzen- und Gefahrenpotenziale 25 2.2.2.1 Nutzenpotenziale 26

2.2.2.1.1 Konzentration auf Kemkompetenzen 26 2.2.2.1.2 Verbesserung der Kostenposition 27 2.2.2.1.3 Verbesserung der angebotenen Leistung 28

2.2.2.2 Gefahrenpotenziale 29 2.2.2.2.1 Abhangigkeit und Know-how Veriust 29 2.2.2.2.2 Kostensteigerungen 30 2.2.2.2.3 Leistungsrisiken 31

2.3 Logistik-Outsourcing 32

2.3.1 Die Frage nach der optimalen Logistiktiefe 32

2.3.2 Besonderheiten der Auslagerung von Logistikleistungen 35

2.3.3 Chancen und Risiken des Logistik-Outsourcings 38 2.3.3.1 Chancen 38

2.3.3.1.1 Konzentration auf Kemkompetenzen 38 2.3.3.1.2 Kostensenkung 39 2.3.3.1.3 Leistungssteigerung 42

2.3.3.2 Risiken 42 2.3.3.2.1 Kostenrisiken 42 2.3.3.2.2 Leistungsrisiken 43

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XII Inhaltsverzeichnis

2.3.3.2.3 Risiken durch Abhangigkeit und Know-how-Verlust 44

2.3.4 Typen und Aufgaben von Logistikdienstleistem 45

2.3.5 Umfang und Art des Logistik-Outsourcings in Deutschland 48

2.4 Mittelstandische Untemehmen 51

2.4.1 Definition und Abgrenzung 51

2.4.2 Untemehmensfuhrung in mittelstandischen Untemehmen 54 2.4.2.1 Begriff der Untemehmensfuhrung 55 2.4.2.2 Charakteristika mittelstandischer Untemehmensfuhrung 56

2.4.2.2.1 Organisation und Qualifikation 57 2.4.2.2.2 Fiihmngsentscheidungen 59

2.4.3 Bedeutung des Outsourcings fiir mittelstandische Untemehmen 60

2.4.4 Logistik und Logistik-Outsourcing in mittelstandischen Untemehmen 62

2.5 Forschungsmodell 64

2.5.1 Ableitung des Forschungsbedarfs 65 2.5.1.1 Forschungsstand zu Outsourcingentscheidungen 65 2.5.1.2 Forschungsstand in der mittelstandsbezogenen Logistikforschung 68 2.5.1.3 Empirische Forschung zum Entscheidungsverhalten in

mittelstandischen Untemehmen 71 2.5.1.4 Resultierender Forschungsbedarf 74

2.5.2 Ableitimg von Forschungsfragen und Konzeption des Forschungsmodells 75

3 Theoretische Bezugspunkte 79

3.1 Ansatze zur Erklanmg des Outsourcings 79

3.1.1 Traditionelle Erklarungsansatze 79 3.1.1.1 Kostenrechnerische Ansatze 79 3.1.1.2 Untemehmensstrategische Ansatze 82

3.1.2 Erklarungsansatze der Neuen Institutionenokonomie 83 3.1.2.1 Die Neue Institutionenokonomie 83 3.1.2.2 Die Transaktionskostentheorie 86

3.1.2.2.1 Grundlagen und Kemaussagen 86 3.1.2.2.2 Anwendbarkeit bei Outsourcingfragestellungen 93 3.1.2.2.3 Kritik 95

3.1.3 Erklarungsansatze des strategischen Managements 97 3.1.3.1 Der marktorientierte Ansatz 97

3.1.3.1.1 Grundlagen und Kemaussagen 98 3.1.3.1.2 Anwendbarkeit bei Outsourcingfragestellungen 100 3.1.3.1.3 Kritik 100

3.1.3.2 Der ressourcenbasierte Ansatz 101 3.1.3.2.1 Grundlagen und Kemaussagen 101 3.1.3.2.2 Erweiterung durch den kompetenzbasierten Ansatz 104 3.1.3.2.3 Strategische Implikationen 106 3.1.3.2.4 Anwendbarkeit bei Outsourcingfragestellungen 107 3.1.3.2.5 Kritik 109

3.1.4 Implikationen fiir die vorliegende Arbeit 110

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Inhaltsverzeichnis XIII

3.2 Bezugsrahmen zur Erklarung von Fiihrungsentscheidungen in Untemehmen I l l

3.2.1 Verhaltenswissenschaftliche Entscheidungstheorie 111

3.2.2 Arten von Entscheidungen 112

3.2.3 Rationalitats- und Akteursverstandnis 114 3.2.3.1 Rationalitat einer Handlung 114 3.2.3.2 RationalitatsmaBstab 118

3.2.4 Rationale Entscheidungen 118

3.2.5 Entscheidimgsprozess 122 3.2.5.1 Ablauf 122 3.2.5.2 Entscheidungsanregung 124 3.2.5.3 Generierung von Handlungsaltemativen 125 3.2.5.4 Bewertung von Handlungsaltemativen 127 3.2.5.5 Wahl einer Handlungsaltemative (Entschluss) 129

3.2.6 Implikationen fur die vorliegende Arbeit 131

4 Modellierung eines Entscheidungsprozesses zum Logistik-Outsourcing 133

4.1 Kombinierte Theoriebasis 133

4.1.1 Pnifung der Vereinbarkeit der Ansatze 134

4.1.2 Zusammenfuhrung der Ansatze 137

4.2 Entscheidungsprozess 142

4.2.1 Rahmen 142

4.2.2 Beteiligte 144

4.2.3 Entscheidungsanregung 145

4.2.4 Generierung von Handlungsaltemativen 148 4.2.4.1 Inteme Analyse 149

4.2.4.1.1 Prozess-Sicht 149 4.2.4.1.2 Kompetenz-Sicht 152

4.2.4.2 Exteme Analyse 154 4.2.4.2.1 Branchenumfeld 155 4.2.4.2.2 Leistungsumfeld 158 4.2.4.2.3 Leistungsanbieter 160

4.2.4.3 Altemativenmodelliemng 162 4.2.5 Bewertung von Handlungsaltemativen 165

4.2.5.1 Qualitative Bewertung 166 4.2.5.1.1 Strategische Wirkung 167 4.2.5.1.2 Transaktionskosten 168 4.2.5.1.3 Zielerreichung 171 4.2.5.1.4 Zusammenfuhmng qualitativer Bewertungen 172

4.2.5.2 Quantitative Bewertung 174 4.2.5.3 Zusammenfassende Beurteilungsbasis 175

4.2.6 Wahl einer Handlungsaltemative (Entschluss) 175

4.2.7 Illustrierendes Beispiel 178 4.2.7.1 Ausgangslage 178 4.2.7.2 Generierung von Handlungsaltemativen 179

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XIV Inhaltsverzeichnis

4.2.7.3 Bewertimg von Handlungsaltemativen 182

4.3 Zusammenfassung 184

5 Empirische Forschungsmethode und Ablauf der Untersuchung 187

5.1 Designphase 187

5.1.1 Untersuchungsobjekte 187

5.1.2 Auswahl der empirischen Forschungsstrategie 188 5.1.2.1 Quantitative Forschungsstrategie 188 5.1.2.2 Qualitative Forschungsstrategie 189 5.1.2.3 Gewahlte Forschungsstrategie 192

5.1.3 Erhebungsmethodik 195 5.1.3.1 Grad der Standardisierung 196 5.1.3.2 Interviewtechnik 198

5.1.4 Interviewpartner 200

5.1.5 Gestaltung des Interviewleitfadens 202

5.1.6 Pretest 203

5.1.7 Konzeption der Datenerhebung 203

5.2 Feldphase 204

5.2.1 Datenerhebung 204

5.2.2 Umfang der Datenbasis 205

5.2.3 Charakterisierung der befragten Untemehmen 207

5.3 Analysephase 209

5.3.1 Aufbereitung der Datenbasis 209

5.3.2 Auswertung der Datenbasis 210 5.3.2.1 Grundlagen der qualitativen Inhaltsanalyse 212

5.3.2.1.1 Zusammenfassung und Explikation 212 5.3.2.1.2 Strukturierung 213

5.3.2.2 Vorgehen bei der Inhaltsanalyse 214 5.3.2.2.1 Zusammenstellung des Kategoriensystems 215 5.3.2.2.2 Materialdurchlauf und Paraphrasierung 218

6 Ergebnisse der empirischen Untersuchung 219

6.1 Charakterisierung der Rahmenbedingungen 219

6.2 Charakterisierung der Untemehmenslogistik 221

6.2.1 Logistikverstandnis und organisatorische Einordnung 222

6.2.2 Strukturen 224

6.2.3 Strategische Bedeutung 226

6.3 Charakterisierung des Logistik-Outsourcings 227

6.3.1 Umfang des Logistik-Outsourcings 228 6.3.2 Art der Zusammenarbeit mit Logistikdienstleistem 230

6.4 Charakterisierung des Entscheidungsprozesses 232

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Inhaltsverzeichnis XV

6.4.1 Untersuchte Entscheidungen 233

6.4.2 Prozessgestaltung: Struktur und Beteiligte 235

6.4.3 Entscheidungsanregung 237

6.4.4 Generiemng und Bewertung von Handlungsaltemativen 240 6.4.4.1 Interne Analyse 240 6.4.4.2 Exteme Analyse 242 6.4.4.3 Bewertungskriterien 245

6.4.5 Entschluss 247

6.4.6 Zusammenfassung 250

6.5 Identifikation und Erklarung von potenziellen Rationalitatsdefiziten 252

6.5.1 Problemdefinition 253 6.5.1.1 Art der Entscheidungsanregung 254 6.5.1.2 Umfang der Problemdefinition 255

6.5.2 Entscheidungsvorbereitung 258 6.5.2.1 Umfang und Ausrichtung der Informationssuche 258 6.5.2.2 Umfang der Altemativengenerienmg 260

6.5.3 Erwartungsbildung 260 6.5.3.1 Vollstandigkeit und Objektivitat der Datengrundlage 261 6.5.3.2 Schutz vor Verzemmgen 263

6.5.4 Praferenzen 264

6.6 Diskussion der Ergebnisse 266

6.6.1 Potenziale und ihre Wahmehmung 267

6.6.2 Risiken und ihre Bewertung 269

7 Schlussbetrachtung 271

7.1 Zusammenfassung zentraler Ergebnisse 271

7.2 Implikationen fur die Praxis 280

7.3 Weiterer Forschungsbedarf 281

Anhang A: Literaturverzeichnis 283

Anhang B: Interview-Leitfaden 313

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Abbildungsverzeichnis XVII

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Aufbau der Arbeit „ 6

Abb. 2: Stufen der Logistikentwicklung 11

Abb. 3: Funktionale Gliederung der Logistik 13

Abb. 4: Fuhrungs- und Ausfuhrungssystem 20

Abb. 5: Verteilung der Logistikentwicklung nach UntemehmensgroBen 63

Abb. 6: Forschungsmodell und Forschungsfragen 77

Abb. 7: Transaktionskostenverlauf bei verschiedenen Koordinationsformen 93

Abb. 8: Dimensionen der Rationalitat 114

Abb. 9: Struktur des Willensbildungsprozesses 124

Abb. 10: Differenz intemer und extemer Kosten in Abhangigkeit der Spezifitat 138

Abb. 11: Struktur des Willensbildungsprozesses 143

Abb. 12: Beispiele intemer und extemer Entscheidungsanregung 146

Abb. 13: Altemativengeneriemng mit Hilfe intemer und extemer Analysen 148

Abb. 14: Definiertes Leistungsniveau als Ausgangsbasis fur den Altemativenvergleich 162

Abb. 15: Qualitative und quantitative Altemativenbewertung 166

Abb. 16: Altemativenauswahl 177

Abb. 17: Modellierte Handlungsaltemativen (beispielhafte Auslagemngsaltemative) 181

Abb. 18: Modellierte Handlungsaltemativen (beispielhafte „Null-Strategie") 182

Abb. 19: Altemativenbewertung mit Hilfe der Nutzwertanalyse (Beispiel) 183

Abb. 20: Ablauf einer empirischen Untersuchung 187

Abb. 21: Kombination aus deduktivem und induktivem Vorgehen 194

Abb. 22: Mogliche Strukturierung qualitativer Forschungsmethoden 195

Abb. 23: Funktionen der Interviewpartner 206

Abb. 24: Kompetenz der Interviewpartner 207

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XVIII Abbildungsverzeichnis

Abb. 25: GroBenverteilung befragter Untemehmen 208

Abb. 26: Branchenverteilung befragter Untemehmen 208

Abb. 27: Detailinformationen zu den befragten Untemehmen 209

Abb. 28: Vorgehensmodell der inhaltlichen Stmkturiemng 215

Abb. 29: Kategoriensystem fiir die qualitative Inhaltsanalyse (Ausgangsversion) 217

Abb. 30: Ergebnis von Kategorisiemng und Paraphrasiemng (Muster) 218

Abb. 31: Logistikverstandnis der befragten Untemehmen 222

Abb. 32: Gruppiemng der befragten Untemehmen nach ihrem Outsourcing-Umfang 229

Abb. 33: Kategoriensystem der qualitativen Inhaltsanalyse (Endversion) 232

Abb. 34: In der empirischen Studie erhobene Outsourcingentscheidungen 234

Abb. 35: Revidiertes Phasenmodell eines Entscheidungsprozesses 235

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1.1 Ausgangslage und Problemstellung 1

1 Einfiihrung

1.1 Ausgangslage und Problemstellung

Die betriebswirtschaftliche Forschimg beschaftigt sich seit vielen Jahren mit der Optimierung

der Leistungstiefe von Untemehmen^ Dabei standen unter dem Schlagwort „Make-or-buy"

znnachst Fragestellungen nach der Eigenfertigung oder dem Fremdbezug von Sachgiitem im

Vordergmnd.^ Hauptsachliches Entscheidungskriterium bildeten Unterschiede in den Produk-

tionskosten. Die heute betriebene „Outsourcing"-Forschung geht iiber diese Sichtweise hinaus

und beschaftigt sich grundsatzlich mit der Koordinationsform aller Tatigkeiten eines Unter-

nehmens.^ Mit den Theoriegebauden der Neuen Institutionenokonomie und der Industrieoko-

nomik stehen aussagekraftige Erklarungsmodelle fiir die grundlegende Frage nach dem opti-

malen Verlauf von Untemehmensgrenzen zur Verfugung, in die weit mehr Aspekte einfliefien

als nur unterschiedliche Leistungserstellungskosten.

Auch die praktische Bedeutung des Outsourcing-Themas ist unbestritten. Wahrend in der

Praxis ebenfalls zunachst Fragen nach der optimalen Fertigungstiefe im Vordergrund standen,

hat sich mit der zunehmenden Bedeutung von Dienstleistungen fiir die Erzielung von Wett-

bewerbsvorteilen"^ dieser BHckwinkel aufgeweitet. Aus der praxisorientierten Darstellung

neuerer industrieokonomischer Ansatze^ in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts resuhier-

te eine „Kemkompetenzdebatte", die geradewegs einen Trend zur Konzentration auf Kemta-

tigkeiten und der Auslagerung von Randbereichen eingeleitet hat: So lag die Fertigungstiefe

in der deutschen Industrie bereits im Jahre 2000 durchschnittlich nur noch bei 57%, mit sin-

kender Tendenz/ Auslagerungsentscheidungen wurden auch durch die Entwicklung der In­

formations- und Kommunikationstechnologie beschleunigt, die die untemehmensiibergreifen-

de Zusammenarbeit vereinfacht hat. Neben dem Fertigungsbereich sowie offensichtlichen

Randftmktionen wie Kantinen- und Wachdienst hat diese Entwicklung im Zuge einer wach-

senden Zahl an extemen Leistungsanbietem auch die Untemehmenslogistik erfasst: Logisti-

sche Leistungen werden - trotz ihrer unbestritten hohen wettbewerblichen Bedeutung - von

Die Begriffe Untemehmen und Betrieb werden in dieser Arbeit synonym verwendet.

Vgl. stellvertretend Mannel (1968) und Mannel/Dumke (1973).

Vgl. Picot/Maier(1992), S. 15f.

Vgl. hierzu bereits Albach (1989), S. 10.

Vgl. hierzu Prahalad/Hamel (1990).

Vgl. Gruhler (1994a), S. 161; Schneider/Baur/Hopfinann (1994), S. 19, 24.

Vgl. Baumgarten/Darkow/Walter (2000), S. 15. Nach anderen Studien lag die durchschnittliche Fertigungs­tiefe bereits 1995 bei nur 55%, vgl. Kelsch (1995), S. 49.

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2 1 Einfiihrung

Untemehmen haufig nicht als Kemkompetenzen angesehen und immer haufiger an Logistik-

dienstleister ausgelagert.^ In einigen Industrien entfallen daher bereits bis zu 50% der Logis-

tikkosten auf exteme Dienstleister und in den meisten Branchen wird ein weiter steigender

Fremdleistungsanteil in der Logistik erwartet.^

Fragen nach der Optimierung ihrer Leistungstiefe stellen sich zunehmend auch mittelstandi-

schen Untemehmen. Das Markt- und Wettbewerbsumfeld, in dem diese Untemehmen agieren,

ist von wachsenden Anfordemngen gepragt. Aufgmnd des steigenden Preisdmcks in vielen

Branchen, der nicht zuletzt auf die Intensiviemng und GlobaUsiemng des Wettbewerbs zu-

riickgeht, entwickelt sich die kostengiinstige Produktherstellung zunehmend zur conditio sine

qua non und wird von den Abnehmem schlicht vorausgesetzt.^^ Viele mittelstandische Unter-

nehmen haben daher bereits ihre Fertigungstiefe optimiert und nutzen die Kostenvorteile einer

intemational verteilten Fertigung oder eines Fremdbezugs einzelner Komponenten.^'

Gleichzeitig fordem die Kunden mittelstandischer Produzenten zunehmend anspmchsvolle

Logistikleistungen, zu deren Erbringung sich Mittelstandler aufgmnd ihrer beschrankten

Verhandlungsmacht gezwungen sehen. Vor dem Hintergrund sinkender Margen kommt bei-

spielsweise der haufig als Vertriebsstufe genutzte GroB- und Einzelhandel seiner Biindelungs-

und Lagerfunktion immer weniger nach. Dariiber hinaus sind insbesondere groBe Handelsket-

ten bestrebt, logistische Komplexitat auf die vorgelagerte Wertschopfungsstufe zu verlagem.

Fur mittelstandische Produzenten steigen dabei nicht nur die Anspriiche hinsichtlich der

Koordination von Waren-, sondem insbesondere auch von Informationsflussen.

Diesen insgesamt wachsenden logistischen Anforderungen stehen erst in wenigen mittelstan-

dischen Untemehmen optimierte und flussorientiert ausgerichtete Logistikprozesse gegen-

iiber. ^ Die mittelstandische Untemehmenslogistik ist vielmehr haufig gepragt von „gewach-

senen" Strukturen, die sich - aufgrund der traditionell eher technischen Ausrichtung vieler

Untemehmer'^ - nach fertigungstechnischen Anforderungen zu richten haben. Vielfach sind

auch nur begrenzt logistische Kompetenzen und Kapazitaten fiir eine umfassende Optimie­

rung der Logistik vorhanden. " Aus diesen Griinden stellt gerade fiir mittelstandische Unter-

nehmen die Zusammenarbeit mit spezialisierten Dienstleistem eine Moglichkeit zur Lei-

Vgl. Accenture/The Institute of Management and Consulting Sciences (2002).

Vgl. Baumgarten/Thoms (2002), S. 2, 15.

Vgl. Lagemann (1997), S. 96f; Kohler (1999), S. 4.

Dies bestatigen auch die empirischen Ergebnisse dieser Arbeit.

Vgl. Harrington (1995), S. 55f.

In dieser Arbeit wird zur Erleichterung des Lesens das mannliche Genus fur beide Geschlechter verwendet. Alle Ausfiihrungen beziehen sich selbstverstandlich sowohl auf weibliche wie mannliche Akteure.

Vgl. Kummer (1992), S. 16; Pfohl (1997b), S. 268.

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1.1 Ausgangslage und Problemstellung 3

stungs- und EfFizienzsteigerung dar. Die Untemehmen konnten hierbei hinsichtlich der Ges-

taltung von Strukturen und Schnittstellen von extemem Wissen profitieren und durch gezielte

Entscheidungen iiber die geeignete Koordinationsform ihre logistischen Leistungen insgesamt

professionalisieren.

Die bisherigen Erkenntnisse zu Umfang und Art des Logistik-Outsourcing in mittelstandi-

schen Untemehmen sind jedoch gering. Die mittelstandisch orientierte Betriebswirtschaftsleh-

re betont zw ar die Bedeutung einer Konzentration auf Kemtatigkeiten, bescheinigt mittelstan-

dischen Untemehmen jedeoch eine haufig mangelnde strategische Planung der Leistungs-

erbringung sowie eine geringere Kooperationsbereitschaft.'^ Die vorhandenen empirischen

Untersuchungen zum Logistik-Outsourcing unterscheiden selten nach UntemehmensgroBen

und konzentrieren sich vielfach auf die Erfassung des Status quo der Fremdvergabe, gehen auf

die Griinde der Entwicklung allerdings nur sehr begrenzt ein.'^ Empirische Studien, die sich

speziell mit dem Logistik-Outsourcing in kleineren Untemehmen beschaftigen, sind dem

Verfasser nicht bekannt. Die Ergebnisse einiger Untersuchungen deuten jedoch darauf hin,

dass die Nutzung von Logistikdienstleistem in vielen mittelstandischen Untemehmen noch

eine geringe Rolle spielt und Outsourcingentscheidungen nur begrenzt getroffen werden.'^

In der betriebswirtschaftlichen Theorie liegen unterschiedliche Ansatze zur Unterstiitzung

einer Outsourcingentscheidung vor. Dabei ist vielfach eine Kombination verschiedener Theo-

rien erforderlich, um das Phanomen Outsourcing umfassend zu erklaren. In der Literatur

werden daher neben „traditionellen" komparativ produktionskostenorientierten Instrumenten

insbesondere die Wirkungen einer Auslagerung auf die Fahigkeiten des Untemehmens sowie

die entstehenden Transaktionskosten als Entscheidungskriterien herangezogen. ^ Erst sehr

vereinzelt finden sich jedoch Darstellungen, in denen diese unterschiedlichen konzeptionellen

und theoretischen Ansatze zu einem Entscheidungsablauf zusammengefuhrt und die erforder-

Hchen Analyseschritte beschrieben werden. ^

So verwundert es nicht, dass die wissenschaftHchen Erklarungsansatze der untemehmerischen

Praxis vielfach zu abstrakt erscheinen und Outsourcingentscheidungen nach wie vor zumeist

auf Kostenvergleichen und der intuitiven Abwagung qualitativer Kriterien beruhen - obwohl

die Limitationen einer solchen Betrachtung inzwischen auch in der auf die Praxis ausgerichte-

Vgl.Buse (1997), S. 443.

Stellvertretend fiir zahlreiche ahnliche Studien seien hier die regelmaCigen Erhebungen der TU Berlin ge-nannt, vgl. Baumgarten/Zibell (1988); BaumgartenAValter (2000); Baumgarten/Thoms (2002).

Vgl. Heinrich/Felhofer (1985a); Feldhahn (1991) und Kummer (1992). Diese Aussage wird auch durch die

aktuellen Erhebungen von Wallenburg (2004) und Engelbrecht (2004) gestiitzt.

Vgl. beispielsweise Fischer (1994c); Buhner/Tuschke (1997); Antlitz (1999); Maltz/Ellram (2000).

Ansatze hierzu finden sich beispielsweise bei Femerling (1997), Mclvor (2000), Franceschini et al. (2003) und Kang (2003).

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4 1 Einfiihrung

ten Literatur betont werden. ^ Dabei durften wesentliche Erklaningsansatze fur das Outsour­

cing-Verhalten von Untemehmen aus den jeweils ablaufenden Entscheidungsprozessen abzu-

leiten sein, wobei insbesondere die mit dem Outsourcing verbundenen Ziele und die zur Wil-

lensbildung genutzten Informationen eine Rolle spielen.

Die vorliegende Arbeit setzt daher an diesem Punkt an und stellt den Entscheidungsprozess

zum Logistik-Outsourcing in das Zentrum der Betrachtung. Eine wesentliche Liicke bestehen-

der Forschung soil dadurch geschlossen werden, dass die relevanten theoretischen und kon-

zeptionellen betriebswirtschaftlichen Ansatze zu einem vollstandigen Entscheidungsablauf

zusammengefuhrt werden. Weiterhin erfordert die Erklarung des Outsourcing-Verhaltens

mittelstandischer Untemehmen ein umfassendes Verstandnis des Ablaufs und der Inhalte der

in diesen Untemehmen getroffenen Entscheidungen fur oder gegen die Auslagemng logisti-

scher Leistungen. Dieses Verstandnis wird durch eine entsprechend ausgerichtete empirische

Studie hergesteUt.

1.2 Zielsetzung der Arbeit

Grundlegendes Ziel der Arbeit ist es, einen Beitrag zum Verstandnis unterschiedlichen Out­

sourcing-Verhaltens zu leisten. Die Willensbildung zur Auslagerung logistischer Leistungen

soil vor dem Hintergnmd bestehender Forschungserkenntnisse konzeptionalisiert und die

entsprechenden Entscheidungsprozesse in mittelstandischen Untemehmen mit Hilfe einer

empirischen Erhebung umfassend analysiert werden. Die Arbeit zielt damit auf einen Er-

kenntnisfortschritt in der Logistikforschung und ist daruber hinaus bestrebt, zur Erklarung der

Willensbildung in mittelstandischen Untemehmen allgemein beizutragen.

Vor dem Hintergnmd der im vorhergehenden Abschnitt dargestellten Problemstellung sollen

verschiedene Forschungslucken geschlossen werden. Auf der Grundlage einer Untersuchung

der fiir das Outsourcing relevanten Ansatze der betriebswirtschaftlichen Theorie auf ihre

Implikationen hinsichtlich der Auslagerungsentscheidung werden die unterschiedlichen Aus-

sagen zu einer geschlossenen theoretischen Basis zusammengefiihrt. Auf dieser Basis soil ein

Entscheidungsablauf zum Logistik-Outsourcing entwickelt und die Abfolge von Analysen

beschrieben werden, die im Sinne der bestehenden Forschungserkenntnisse fiir eine rationale

Willensbildung erforderlich sind. Erstes Ziel der Arbeit ist es somit, die Aussagen der unter­

schiedlichen Theoriegebaude in einem vollstandigen und in diesem Sinne soll-rationalen

Entscheidungsprozess zu integrieren. Um diesen Ablauf spater als Basis fiir einen Vergleich

mit Entscheidungsprozessen aus der Praxis nutzen zu konnen, geschieht die Operationalisie-

Vgl. hierzu beispielsweise Bruch (1998).

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1.3 Aufbau der Arbeit und Ablauf der Untersuchung 5

rung der aus den gewahlten theoretischen Ansatzen resultierenden Analysen imter Beriicksich-

tigung der kognitiven Begrenzungen realer Akteure.

Neben der Konzeptionalisiening des Entscheidungsprozesses spielt die empirische Untersu­

chung von Logistik-Outsourcingentscheidungen in mittelstandischen Untemehmen eine wich-

tige Rolle, um vorhandene Wissensdefizite hinsichtlich des Outsourcing-Verhaltens mittel-

standischer Untemehmen zu reduzieren. Zu diesem Zweck wird der Status quo der Auslage-

rung logistischer Leistungen und die ablaufenden Entscheidungsprozesse beim Logistik-

Outsourcing erhoben. Das zweite Ziel der Arbeit besteht darin, auf der Grundlage der empiri-

schen Ergebnisse das Outsourcing-Verhalten mittelstandischer Untemehmen umfassend zu

beschreiben.

Uber diese Beschreibung hinaus ist jedoch vor allem die Erklarung eines bestimmten Verhal­

tens von Interesse. Daher sollen die empirischen Erkenntnisse abschliefiend dazu verwendet

werden, die Willensbildung mittelstandischer Entscheidungstrager beim Logistik-Outsourcing

vor dem Hintergrund des zuvor modellierten soll-rationalen Vorgehens zu analysieren. Ziel ist

es, mit Hilfe dieser Analyse die zur Willensbildung genutzten Informationen zu identifizieren

und wichtige Entscheidungskriterien zu ermitteln. Dariiber hinaus werden die erhobenen

Ablaufe auf solche Bereiche untersucht, in denen Abweichungen zum modellierten Soll-

Prozess bestehen. Diese Abweichungen konnen beispielsweise darin resultieren, dass Poten-

ziale des Outsourcings nicht vollstandig realisiert oder Risiken nicht ausreichend berucksich-

tigt werden. Das dritte Ziel der Arbeit ist es, die Ergebnisse der Analysen und des Vergleichs

zu nutzen, um das Outsourcing-Verhalten mittelstandischer Untemehmen zu erklaren. Daraus

lassen sich wichtige Hinweise iiber die Willensbildung mittelstandischer Untemehmer sowie

Gestaltungsvorschlage fiir die Optimierung des Entscheidungsprozesses zum Outsourcing

logistischer Dienstleistungen in mittelstandischen Untemehmen ableiten.

1.3 Aufbau der Arbeit und Ablauf der Untersuchung

Die Arbeit ist in sieben Telle gegliedert (vgl. Abb. 1). In Teil 2 wird zunachst ein einheitliches

Verstandnis der Begriffe Logistik, Outsourcing und Logistik-Outsourcing erarbeitet sowie das

Untersuchungsobjekt mittelstandische Untemehmen abgegrenzt und charakterisiert. Die Dar-

stellung des Forschungsstandes und die Ableitung des Forschungsbedarfs konkretisiert die

untersuchte Problemstellung und mundet in der Formulierung der Forschungsfragen sowie des

Forschungsmodells.

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1 Einfilhrung

1. EinfOhrung

J Z 2. Grundlagen

2.1 Logistik 11 2.2 Outsourdng |

2.3 Logistik-Outsourdng 112.4 Mittelstand. Untemehmen|

2.5 Forschungsmodell |

3. Theoretische Bezugspunkte

3.1 Ansgtze zur Erkiamng des Outsourcings

3.2 Bezugsrahmen zur Erkiarung von Fijhaingsentsch.

4. Modellierung eines Entscheidungsprozesses zum Logistik-Outsourcing

4.1 Kombinierte Theoriebasis 11 4.2 Entschekiungsprozess 11 4.3 Zusammenfassung

5. Empirische Forschungsmethode und Ablauf der Untereuchung

5.1 Pesignphase 5.2 Feklphase 1 5.3 Analysephase

n: 6. Ergebnisse der empirischen Untereuchung

6.1 Charakterisierung der Rahmenbedingungen

6.2 Charakterisiemng der Untemehmenslogistik

6.3 Charakterisierung des 1 Logistik-Outsourdngs |

1 6.4 Charakterisierung des 1 EntsdiekJungsprozesses

6.5 Identifikation und Eridarung von potenziellen Rationalitatsdefiziten

3 Diskussion der Ergebnisse

7. Schlussbetrachtung

Abb. 1: Aufbau der Arbeit

Teil 3 fasst die theoretischen Bezugspunkte zusammen, die zur Beantwortung der Forschungs-

fragen erforderlich sind. Zunachst stehen Erklarungsansatze im Vordergrund, die typischer-

weise im Kontext des Outsourcings herangezogen werden. Neben traditionellen, kostenorien-

tierten Ansatzen sind dies das Theoriegebaude der Neuen Institutionenokonomie (insbesonde-

re die Transaktionskostentheorie) und Erklarungsmodelle aus dem strategischen Management

(insbesondere der ressourcenbasierte Ansatz). Der anschlieBend erlauterte Bezugsrahmen zur

Erkiarung von Fiihrungsentscheidungen in Untemehmen basiert auf der verhaltenswissen-

schaftlichen Entscheidungstheorie. Er beschreibt insbesondere das der Arbeit zugrunde lie-

gende Rationalitats- und Akteursverstandnis sowie die Grundstruktur eines Entscheidungs­

prozesses.

Die erarbeiteten konzeptionellen und theoretischen Grundlagen fuhrt Teil 4 zu einem soll-

rationalen Entscheidungsprozess zum Outsourcing von Logistikleistungen zusammen. Dazu

wird zimachst eine kombinierte Theoriebasis erarbeitet. Sie bildet die Grundlage fiir die Ab-

leitung eines geeigneten Entscheidungsrahmens und die Erarbeitung von Hinweisen zu Pro-

zessstruktur und Beteiligten. Darauf folgt eine detaillierte Erlauterung der vor dem Hinter-

grund der verwendeten theoretischen Ansatze erforderlichen Inhalte einzelner Phasen der

Willensbildung.

Teil 5 beschaftigt sich mit der Darstellung der in dieser Arbeit verwendeten Forschungsme­

thode und beschreibt das Vorgehen anhand eines idealtypischen Ablaufs einer empirischen

Studie. Erlautert wird zunachst die Wahl der empirischen Forschungsstrategie und der Erhe-

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1.3 Aufbau der Arbeit und Ablauf der Untersuchung 7

bungsmethodik sowie die Konzeption der Datenerhebung. Danach erfolgt eine Charakterisie-

rung der Stichprobe. Hieran schlieBt sich eine Erlauterung von Methodik und Vorgehen bei

der Aufbereitung und Auswertung der Datenbasis an.

Im Teil 6 steht die umfassende Erlauterung und Interpretation der empirischen Ergebnisse im

Mittelpunkt. Nach einer Charakterisierung der Rahmenbedingungen, in denen die befragten

Untemehmen agieren, und ihrer Logistik erfolgt eine Beschreibung ihres Logistik-

Outsourcings sowie der entsprechenden Entscheidungsprozesse. Kempunkt des sechsten Teils

bildet die Identifikation und Erklanmg potenzieller Rationalitatsdefizite auf Basis der erhobe-

nen Entscheidungsprozesse. Die Erkenntnisse tiber das Outsourcing-Verhalten mittelstandi-

scher Untemehmen werden abschlieliend zusammenfassend diskutiert.

Die Arbeit schliefit in Teil 7 mit einer Schlussbetrachtung der Kemergebnisse, der Erlauterung

von Implikationen fiir die Praxis sowie einer Darstellung des weiteren Forschungsbedarfs.

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2.1 Logistik 9

2 Grundlagen

In diesem Kapitel werden die begrifflichen Grundlagen fiir wesentliche im Rahmen dieser

Arbeit verwendete Termini gelegt. Zimachst erfolgt die Definition und inhaltliche Abgren-

zung der Begriffe Logistik (Kapitel 2.1), Outsourcing (Kapitel 2.2) und - darauf basierend -

Logistik-Outsourcing (Kapitel 2.3). In Kapitel 2.4 wird das Forschungsobjekt „mittelstandi-

sche Untemehmen" abgegrenzt und charakterisiert. Kapitel 2.5 untersucht abschliefiend die

bestehende Forschung und identifiziert das Forschungsdefizit. Auf dieser Basis werden die

Forschungsfragen der Arbeit abgeleitet und in einem Forschungsmodell zusammengefiihrt.

2.1 Logistik

Nicht nur in der untemehmerischen Praxis, sondem auch in der wissenschaftlichen Literatur

existieren zahlreiche, sehr unterschiedliche Auffassungen uber Inhalt und Abgrenzung des

Begriffes Logistik. Da die Logistik den wesentlichen Untersuchungsgegenstand bildet, werden

im folgenden Abschnitt zunachst mogliche Begriffsdefinitionen und Entwicklungsstufen der

Logistik dargestellt sowie der Entwicklungsstand der Logistik in deutschen Untemehmen

erlautert. Es folgt eine Strukturierung der Logistik aus Sicht eines (produzierenden) Unter-

nehmens. Das Kapitel schlieBt mit der zusammenfassenden Ableitung des Logistikverstand-

nisses dieser Arbeit.

2.1.1 Begriffsdefinition

In seiner heutigen Bedeutung geht das Konzept der Logistik' auf Anfange in der zweiten

Halfte des letzten Jahrhunderts zuruck." Die groBen Unterschiede in den definitorischen Ab-

grenzungen und Sichtweisen der Logistik sind darauf zuriickzufuhren, dass es sich bei der

Logistik nicht um ein Konzept akademischen Ursprungs handelt, sondem dass ein Phanomen

der Praxis beschrieben wird: Auch in der Praxis sind die realisierten Logistikkonzepte und die

Begriffsverwendung nicht einheitlich.

Haufig fmdet sich eine allgemeine Definition der Aufgaben und Ziele der Untemehmens-

logistik, die auf eine Abwandlung des okonomischen Prinzips zuruckgeht: „Aufgabe der

Logistik ist es, das richtige Produkt in der richtigen Menge zum richtigen Zeitpunkt am richti-

Zu den Ursprungen des Logistikbegriffs vgl. Dehler (2001), S. 9f und NSslund (2002a), S. 49.

Zur Entwicklung der Logistik aus ihren UrsprOngen im militarischen Bereich bis zu einer wettbewerbsrele-vanten Funktion in Untemehmen vgl. Weber/Kummer (1998), S. 1-6.

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10 2 Grundlagen

gen Ort zur richtigen Zeit fiir den richtigen Kunden zu den richtigen Kosten bereitzustellen"^.

Ein Grundkonsens besteht daruber, dass die Grundfimktion der Logistik die Gewahrleistung

der Versorgungssicherheit ist."* Material- und Warenfliisse bilden somit die Basis, und Aufga-

be der Logistik ist zumindest auch die Uberbriickung von Zeit-Raum-Disparitaten. Haufig

bleibt die Betrachtung der Logistik jedoch auf operative Funktionen beschrankt.

Die Definitionsvielfalt bestatigt auch ein Blick in die wissenschaftliche Literatur.^ Unter den

zahlreichen terminologischen Abgrenzimgsversuchen hat die Definition des Council of Sup­

ply Chain Management Professionals (CSCMP) dort eine breite Verwendung gefimden. Das

CSCMP beschreibt in der aktuellen Fassung der Definition den Begriff Logistik als einen Teil

des Supply Chain Management (SCM, vgl. Abschnitt 2.1.2.4): „Logistics Management is that

part of Supply Chain Management that plans, implements, and controls the efficient, effective

forward and reverse flow and storage of goods, services and related information between the

point of origin and the point of consumption in order to meet customers' requirements"^. Die

Definition orientiert sich also an den wirtschaftlichen Zielfimktionen Effizienz und Effektivi-

tat und betont die Bedeutung der Logistik als Funktion zur Uberbriickung von Zeit- und

Raumdisparitaten. In den letzten Jahren wurde die Definition um die Funktion der Entsor-

gungslogistik („reverse flow of products") sowie um Dienstleistungen („services") erweitert.^

In diesem Zusammenhang ist kritisch anzumerken, dass - entgegen der Implikation in der

Definition - eine „Lagerung" von Dienstleistungen gerade nicht moglich ist.

Andere Definitionen zielen starker auf eine allgemeine Betrachtung der Logistik als koordi-

nierende oder integrative Funktion ab. Diese Erweiterung fuhrt zu einer Abkehr von der

Engelsleben/Niebuer (1997), S. 8, vgl. auch Pfohl (2000), S. 12.

Diese Gnmdftmktion der Logistik lasst sich bereits an altesten Quellen belegen, vgl. dazu Weber (2002c), S. 5.

Eine Ubersicht uber ausgewahlte Definitionen des Logistikbegriffs findet sich z. B. bei Engelbrecht (2004), S. 8; Pfohl (2000), S. 12-13. Fiir eine umfassendere Diskussion vgl. auch Hadamitzky (1995), S. 27ff. Dies bezieht sich auf die ehemals vom Council of Logistics Management (CLM) formulierte Definition. Das CLM hat sich zwischenzeitlich in das Council of Supply Chain Management Professionals (CSCMP) umbe-nannt. Vgl. zur Verbreitung der urspriinglichen Defmition Pfohl (1990), S. 12. Der Defmition des CLM/CSCMP hat sich auch das Institute for Supply Management angeschlossen, vgl. Institute for Supply Management (2004), o. S.

Council of Supply Chain Management Professionals (2005), o. S. Nach dieser Abgrenzung umfassen lo-gistische Aktivitaten typischerweise: „Inbound and outbound transportation management, fleet management, warehousing, materials handling, order fulfillment, logistics network design, inventory management, sup­ply/demand planning, and management of third party logistics services providers. To varying degrees, the lo­gistics function also mcludes sourcing and procurement, production planning and scheduling, packaging and assembly, and customer service. (...)" Dieser Defmitionsansatz betrachtet die Logistik dementsprechend als andere Untemehmensfunktionen unterstiitzende Dienstleistung. Dies wird beispielsweise auch in der Abgren­zung von Rendez (1992), S. 19 deutlich.

Auf die Spezifika von Dienstleistungen wird im Rahmen des Abschnitts 2.3.2 naher eingegangen.

So die Defmitionen bei Klaus (2002), S. 31 und Weber/Kummer (1998), S. 22ff.

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2.1 Logistik 11

Konzentration auf die rein operativen Aufgaben der Untemehmenslogistik und betrachtet sie

als ein im gesamten Untemehmen zu verankemdes Fiihrungskonzept mit Auswirkungen auf

alle betrieblichen Funktionsbereiche.^^ Stellvertretend hierfur sei die Definition von Gopfert

(1999) genannt, nach der Logistik ein „spezieller Fuhmngsansatz zur Entwicklimg, Gestal-

tung, Lenkung und Realisation effektiver und effizienter Fliisse von Objekten (Outer, Infor-

mationen, Personen) in untemehmensweiten und -ubergreifenden Wertschopfimgssystemen"^^

ist. Ein solches Verstandnis wird auch als koordinationsorientierter Definitionsansatz der

Logistik bezeichnet. Es wird in den folgenden Abschnitten weiter beschrieben.

2.1.2 Entwicklungsstufen der Logistik

In der wissenschaftlichen Literatur besteht weitgehend Einigkeit daniber, dass sich der Ent-

wicklung der Logistik ein mehrstufiges Modell zu Grunde legen lasst. ^ Haufig wird die Ent-

wicklung dabei in vier Stufen unterteilt (vgl. Abb. 2). ^

Niveau des logistischen Wissens

Logistik als material- und warenflussbezogene

Dienstleistungsfunktion

Fehlen einer ausgeprSgten Logistik

Zeitliche Entwicklung

Abb. 2: Stufen der Logistikentwicklung'*

Vgl. Weber (2002c).

G6pfert(1999), S.28.

Vgl. beispielsweise Bowersox/Daugherty (1987); Bichler/Gerster/Reuter (1994); Hewitt (1994); Weber/Kummer (1998); Gopfert (1999); Klaus (1999); Weber (2002c).

Zum Teil werden die beiden hochsten Stufen der Logistikentwicklung auch zusammengefasst, so dass sich nur ein dreistufiges Modell ergibt.

Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Weber (2002c), S. 5.

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12 2 Grundlagen

Die Entwicklung der Logistik als Stufenmodell beschreibt den Lemprozess zur Erhohung des

logistischen Wissens in Untemehmen und beinhaltet das Konzept der Pfadabhangigkeit - die

Stufen bauen aufeinander auf und sind von Untemehmen nicht unabhangig voneinander

wahlbar. ^

In den ersten beiden Entwicklungsstufen steht die EfFizienzsteigerung logistischer Prozesse

durch Spezialisiemng, bereichsubergreifende Bundelung und materialflussbezogene Koordi-

nation im Vordergnind.^^ Der Ubergang zur dritten Stufe impliziert einen wesentlichen Be-

deutungswandel: Logistik wird hier als Fiihrungsfunktion verstanden mit der Aufgabe der

Realisierung der Flussorientienmg in alien Untemehmensbereichen, mithin also einer

Verbreitung des logistischen Denkens im ganzen Untemehmen. Die vierte Stufe schlieBlich

weitet den Betrachtungshorizont uber die Grenzen des Untemehmens hinaus aus.

Damit spiegeln die Entwicklungsphasen auch eine Verlagemng der Bedeutung logistischer

Funktionen weg von operativen, warenlogistischen Aufgaben und hin zu dispositiven Aufga-

ben wieder. ^ Dabei ist zu beachten, dass beim Wechsel in die nachsthohere Stufe die ftir die

darunter liegenden Stufen spezifischen Funktionen nicht vemachlassigt werden durfen. Die

vier Entwicklungsstufen werden im Einzelnen in den folgenden Abschnitten dargestellt.'

2,1.2,1 Logistik als funktionale Spezialisierung

Die Urspriinge der Logistik als eigenstandige Disziplin in der Betriebswirtschaftslehre sind

gekennzeichnet durch die funktionale Spezialisierung auf die material- und warenflussbezo-

genen Dienstleistungsfunktionen und Prozesse zur „Uberwindung von Raum-Zeit-

Disparitaten"^^. In dieser ersten Entwicklungsstufe umfasst die Untemehmenslogistik haupt-

sachlich operative Funktionen, die in die Prozesstypen Transport, Umschlag und Lagemng

(sogenarmte TUL-Prozesse) gegliedert werden konnen.

Die erstmalige Fokussierung auf logistische Fragestellungen ist zuriickzufiihren auf die stei-

gende Verhandlungsmacht von Kunden auf vielen Markten in der zweiten Halfte des letzten

Jahrhunderts, die mit der Notwendigkeit starkerer Marktorientierung einher ging. Daraus

entstanden umfangreichere Produktprogramme, die in komplexeren Fertigungsprozessen

resultierten und insgesamt die Anforderungen an die Beherrschung von Material- und Waren-

^ Vgl. Weber (2002c), S. 5.

' Vgl.G6pfert(1999),S.22.

' Vgl. Alt/Schmid (2000), S. 80.

Die nachfolgenden Ausftihnmgen orientieren sich an Weber (2002c), S. 6-23 und Weber et al. (2002), S. 23-28.

Ihde(1972),S. 129f

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2.1 Logistik 13

stromen erhohten. Im Rahmen der steigenden Kundenorientierung stieg gleichzeitig die Be-

deutung distributionsbezogener Leistungsmerkmale."^^ In der vorherrschenden funktionalen

Organisationsstruktur der Untemehmen wurden insbesondere im Bereich der TUL-Prozesse

Spezialisieningsvorteile noch nicht ausgeschopft, da diese aufgrund der unterschiedlichen

organisatorischen Zustandigkeiten getrennt abgewdckelt wurden." '

Daher erfolgt in der ersten logistischen Entwicklungsstufe eine Zusammenlegung verschiede-

ner material- und warenflussbezogener Dienstleistungen mit dem Ziel, Kostensenkungs-

potenziale zu erreichen. Durch die funktionale Spezialisierung lassen sich Vorteile bei der

Prozessdurchftihrung, z. B. durch Lemkurven-^^ oder GroBeneffekte^^ erzielen, Auf der Pla-

nungsebene sind EfFizienzsteigenmgen z. B. durch den Einsatz von mathematischen Modellen

zur Losung von Transport- und Lagerhaltungsproblemen realisierbar. Die gemeinsame Be-

trachtung unterschiedlicher material- und warenflussbezogener Dienstleistungen bietet dar-

iiber hinaus Potenziale durch die gemeinsame Optimierung unter Beriicksichtigung bestehen-

der Interdependenzen. "* Diese Optimierungsaktivitaten fmden - bedingt durch das Bestreben

der starkeren Ausrichtung am Kunden - in dieser Entwicklungsstufe haufig auf der Distributi-

onsseite statt. Diese Vorgehensreihenfolge ist - wie spater auch die Diskussion der empiri-

schen Ergebnisse zeigen wird - bis heute verbreitet.

Lieferant ^

Beschaffungs-logistik

Wareneingang

J Eingangslager i f

Produktions-logistik

Zwischenlager

lnner-/Zwischen-betrieblicher

Transport

Produzent

^

Distributions-logistik

Fertigwarenlager 1

KommissionierungP

Verpackung

Warenausgang

I Handel ^

^ Kunde

Abb. 3: Funktionale Gliederung der Logistik

Organisatorisch fiihren die Optimierungsbestrebungen der ersten Entwicklungsstufe zur Ent-

wicklung eigenstandiger Logistikfunktionen in Untemehmen, die fiir die moglichst effiziente

Abwicklung von TUL-Prozessen Sorge zu tragen haben. Entlang der betrieblichen Wert-

Vgl. Weber/Kummer (1998), S. 9.

Vgl. Weber (2002c), S. 7.

Vgl. Henderson (1984).

Unter BetriebsgrOBenvorteilen („economies of scale") wird volumenabhSngige Kostendegression verstanden, d. h. fallende StUckkosten aufgrund steigender BetriebsgrSBe, vgl. beispielsweise Bohr (1996), Sp. 375. Sie

gehOren neben der Fixkostendegression zu den statischen Skaleneffekten.

Vgl. Weber (2002c), S. 8.

Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Weber/Kummer (1998), S. 8.

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14 2 Grundlagen

schopfungskette werden diese Logistikfunktionen haufig in Beschaffimgs-, Produktions- iind

Distributionslogistik getreimt (vgl. Abb. 3).

Eine solche flmktionale Gliederung ist in vielen Untemehmen noch heute erkennbar. Daher

wird auf diese drei Bereiche hier genauer eingegangen:^^

• Die Beschaffungslogistik bezeichnet die Gestaltung der von seinen Lieferanten in das

Untemehmen gelangenden Material- und Informationsflusse.^^ Dabei kann es sich bei-

spielsweise um Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie Zukaufteile handeln. Operative

Funktionen in diesem Gestaltungsbereich sind dementsprechend u. a. der Wareneingang

(Anliefenmg, Entladung, Registrierung) sowie die Einlagerung und ggf. der Transport in

die Produktion. Dispositive Funktionen umfassen die Bestelldisposition und die Be-

darfsermittlung sowie ggf. den Frachteinkauf.

• Die Produktionslogistik befasst sich mit der Gestaltung von Material- und Informations-

flussen innerhalb der Produktion sowie der Schnittstellen zur Beschaffiings- und Distri­

butionslogistik. Dies umfasst beispielsweise die Materialbereitstellung an Produktions-

maschinen, ggf. das Fuhren von Zwischenlagem sowie den inner- und zwischenbetrieb-

lichen Transport. Dispositive Funktionen betreffen insbesondere die Steuerung des Ma-

terialflusses und der Bestande.

• Gestaltungsbereich der Distributionslogistik ist schlieBlich der Fluss von Fertigproduk-

ten und Ersatzteilen sowie den entsprechenden Informationen vom betrachteten produ-

zierenden Untemehmen zur nachgelagerten Handelsstufe oder bis zum Endkunden (Di-

rektbelieferung^^). Wichtige Funktionen der Distributionslogistik betreffen die Auf-

tragsabwicklung, Lagerwirtschaft, Kommissionierung, Verpackung, Verladung und den

Warenausgang sowie ggf den auBerbetrieblichen Transport." ^

Als spezialisierte Dienstleistungsfunktion ist die Logistik in der ersten Entwicklungsstufe

gekennzeichnet durch erhebliches Wissen uber die Beherrschung von material- und waren-

flussbezogenen Dienstleistimgen. Dieses Wissen bietet nicht nur eine Grundlage fiir die Reali-

Vgl. fur die folgende Darstellung Kummer (1992), S. 86ff; Herwig (1995), S. 34f; Guttenberger (1995), S. 13ff; Weber/Kummer (1998), S. 8; Schafer-Kunz/Tewald (1998), S. 13ff. Daruber hinaus werden teilweise noch Entsorgungs- und Retourenlogistik genannt, die hier jedoch nicht nSher betrachtet werden sollen.

Vgl. Essig (2004), S. 55.

Vgl. Weber/GebhardWoss (2004).

Vgl. GleiBner (2004), S. 105.

Page 30: Andreas Gebhardt Entscheidung zum Outsourcing von …€¦ · Dank gilt Peter Voss fiir die freundschaftliche Zusammenarbeit in zahlreichen Praxisprojekten und seinen hoch geschatzten

2.1 Logistik 15

sienmg von Wirtschaftlichkeitsgewinnen, sondem stellt gleicheraiafien die Basis fiir die nach-

sten Entwicklimgsstufen dar. ^

2,1,2,2 Logistik als material- und warenflussbezogene Koordinationsfunktion

Wahrend auf der ersten Entwicklimgsstufe insbesondere Potenziale zur Steigerung der Wirt-

schaftlichkeit in einzelnen Bereichen im Vordergrund standen, erfolgt auf der zweiten Stufe

der Logistikentwicklung die Abkehr von der Effizienzmaximierung isolierter Bereiche und

die Hinwendung zur bereichsiibergreifenden Koordination logistischer Aktivitaten iiber die

einzelnen Leistungserstellungsfunktionen hinweg: Mit dem Ziel der Effektivitatssteigerung

nimmt die Logistik untemehmensiibergreifende Koordinationsfunktion ein und hat erstmals

die Aufgabe der Bewaltigung des gesamten Material- und Giiterflusses.

Dies beseitigt die unzureichende Berucksichtigung von Interdependenzen der funktionalen

Sichtweise und die damit einhergehende Gefahr lokaler Suboptima. ^ Die bisherige organisa-

torische Trennung der Bereiche begtinstigt dariiber hinaus die Bildung von Partialinteressen,

die einer Gesamtoptimierung im Wege stehen. Auf der zweiten Stufe wird daher die Verbes-

serung der Abstimmung zwischen den Bereichen auf Basis einer warenstromorientierten

Herangehensweise angestrebt. Ziel ist die Beeinflussung von Menge und Struktur des Bedarfs

an material- und warenflussbezogenen Logistikleistungen durch Koordination.^^ Aus dieser

integrierten Betrachtung der Funktionsbereiche werden bereichsiibergreifende Optimierungs-

potenziale sichtbar, die sowohl Kosten- als auch Leistungswirkung haben konnen. Damit

bilden zunehmend auch Leistungssteigerungen (z. B. hinsichtlich Flexibilitat, Geschwindig-

keit und Servicegrad) das Ziel von Optimierungen, die Moglichkeiten fur eine Differenzierung

gegeniiber Wettbewerbem bieten.

Die Aufgaben der Logistik werden dadurch heterogen und sind mit den Planungs- und Steue-

rungsaufgaben unterschiedlicher Untemehmensbereiche verkniipft. Dir starker Bedeutungszu-

wachs macht die Gestaltung der Logistik zunehmend zur strategischen Komponente. Eine

durchgangige Anpassung organisatorischer Strukturen an die Querschnittsaufgaben der Logis­

tik erfolgt jedoch nur in wenigen Untemehmen. ^

Vgl. Weber et al. (2002), S. 24.

Vgl. Schneider/Baur/Hopfinann (1994), S. 184f.

Vgl. Weber/Kummer (1998), S. 17. Als Beispiele seien hier die Abstimmung von LosgrdBen zwischen verschiedenen Funktionsbereichen oder die Just-in-Time-Beliefenmg genannt, bei der benOtigte Ressourcen erst dann bereitgestellt werden, wenn sie benotigt werden, vgl. Klaus (2002), S. 93f.

Vgl. Weber (2002c), S. 12.