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ANDUIN 102

Mai 20111

Inhalt

Inhalt

IMPRESSUM

aduiFzie fr psisce Spiee

CefredkeuriF.Schmutzler

Se. CefredkeurNN

ascrif AnduinFritz von Wille Str. 554296 [email protected] www.anduin-fanzine.de

Feißige heferaureL.-H. Schilling, K.-H. Zapf, F. Schmutz-ler, T. Michalski, U. Pelchen

tiebidS. Mandel

ZeicerT.Heinen, Indooropilly, K.-H. Zapf

lekrF. Schmutzler

hiweiseDie Artikel in dieser Ausgabe stellendie Meinung der einzelnen Autoren darund müssen nicht mit der Meinung derRedaktion übereinstimmen. Die Redak-tion distanziert sich von Internetseitenmit verfassungswidrigen, radikalen oderpornographischen Inhalten. Die meisten indieser Ausgabe genannten Produkte sindWarenzeichen ihrer jeweiligen Hersteller.Die Verwendung von geschützten Waren-zeichen stellt keine Copyrightverletzung

seitens der Redaktion dar, auch wenn die-se ohne Kennzeichnung genannt werden.Nachdruck oder Wiederveröentlichung(digital oder analog) – auch auszugsweise– nur mit schriftlicher Genehmigung derRedaktion. Ausdruck und Weitergabe fürprivate Zwecke ausdrücklich erwünschtund erlaubt. Die Redaktion behält sich dasRecht vor, eingesandte Artikel zu kürzenoder zu ändern. Die Rechte der eingesand-ten Artikel und Zeichnungen verbleibenbeim Urheber. Die Redaktion der Anduinerhält die Erlaubnis, die Werke im Rahmendes Fanprojekts Anduin zu veröentli-chen. Für unaufgefordert eingesandteArtikel kann keine Haftung übernommenwerden. 

Abnur4 Ds Geeimis der Geiserpire †

Sind die Deichdachse in diesem Abenteuer erfolgreich undl lösen das Geheimnis imHafen von Hoddel?

11 Scsse i Bcke†

  In der englischen Kleinstadt Blackheath wird scharf geschossen! Die Private Eyessind gefragt, um aufzuklären, wer den braven Constabler ins Visier genommen hat

29 Ds auge des abssusSchafst Du es, Deinen Freund Michael in diesem Solo-Abenteuer aus den Fängen desBösen zu befreien.. oder seid ihr beide verdammt?

Lsn & Spln10 Ssemrseug: 1W6 Freude† 25 lierespieecke

Das etwas andere Detektivrollenspiel Über das Verfassen eines Plots20 Ssemrseug: Prie Ee†  37 Die Kus zu öe † 

Detektive in der viktorianischen Zeit Ermittlungsmethoden durch die Zeit 22 Deekie †

Gibts dazu auch was zum Rollenspiel? 

Rznsonn41 Krimi-Sck: Im Irreus 41 Eismer Wf: Scuc des Scick

s

  † = Artikel zum Schwerpunktthema

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Detektive

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DIE DRIttE SEItE

Di ditt SitJa, liebe Leserin und lieber Leser, ihr habt

richtig gesehen: Das hier ist eine neue Andu-in. „Die gibts noch?“ mag jetzt manch einerfragen, und ich kann die Frage beantwortenmit „Ja, NOCH.“

Jja, das klingt so, wie es gemeint ist.

Es spielte in der letzten Zeit auch eine gan-ze Menge „mieses Karma“ eine Rolle (zumin-des kam es mir bald so vor, nachdem ständigirgendeine dumme Kleinigkeit verhinderthat, dass die Anduin im Mai erscheint, wiegeplant), aber nichtsdestotrotz, die grossealte Dame unter den Rollenspielmagazinen,

inzwischen fast so alt wie die ältesten Sys-teme auf dem deutschen Rollenspielmarkt,braucht dringend Hilfe. So sehr ich das Hob-by und seine Möglichkeiten wie eben ein Fan-zine zu machen, liebe, so sehr nimmt einenso etwas auch zeitlich in Anspruch, Zeit, dieich in letzter Zeit eben nicht mehr habe, weilich sie in meinen Brötchenerwerb und ande-re Projekte stecken muss und will.

Die Redaktion besteht inzwischen nurnoch aus mir und zwei wackeren Mitstrei-tern, die mir zwar helfen, wo sie nur können,

aber natürlich können wir nicht allein Artikel

schreiben, Systeme recherchieren, Rezensio-nen verfassen oder Zeichnungen und Bilderbeisteuern, layouten, Messestände betreu-en, Werbung machen und und und.

Das ist eine Aufgabe, die die Communityübernehmen muss. Ich hoe doch, dass derName Anduin noch so viel Klang und Gewichthat, dass die deutsche Rollenspielszene sichaufmacht, zu verhindern, dass ein Traditions–Fanzine vielleicht endgültig verschwindet.

Mal ehrlich: Rummeckern, dass keine neu-en Ausgaben erscheinen, bringt keinen wei-

ter, das baut nur unnötig Frust auf, auf beidenSeiten. Selbst aktiv werden und fragen, woman anpacken kann, das wäre ein schönerZug. Positives Feedback ist das Schlüsselwort.Wir beissen nicht, und wenn jemand sichsagt, „ich habe noch Material, weiß abernicht, ob es gut genug ist,“ dann schickt esuns einfach. Übung macht den Meister, undklein angefangen haben wir doch alle mal.Groß rausgekommen sind danach auch eini-ge. Und versprochen, ich lese die Artikel undgebe Feedback, soweit es mir neben der Ar-

beit möglich ist.

Also los, traut euch und schließt euch„Rettet die Anduin!“ an. Dann kann es auchwieder regelmässig vier Ausgaben im Jahrgeben, und nicht alle Jubeljahre eine.

Read on,

Eure Friederike / Niniane

I n e i g e n e r S a c h e :

Die Anduin ist umgezogen! Wir sind

  jetzt unter www.anduin-fanzine.de

erreichbar und Leserbriefe schickt ihr

an [email protected].

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Di 1W6 FundUND DAS GeheImNIS Der GeISterpIrAteNtExt: THOMAS MICHALSKIZEIChnUnGEn: THOMAS HEINEN

eINleItUNGDies ist ein Fall für Die 1W6 Freunde – Das

Jugenddetektive-Abenteuerspiel. Es kann alsTeil einer Kampagne oder auch als ein Einzel-abenteuer gespielt werden. Die Handlung istinsgesamt relativ geradlinig, allerdings gibtes im Mittelpart der Geschichte mehrereVerzweigungen, die ein nicht-lineares Spiel

unterstützen. Da es nicht möglich ist, sich indieser Geschichte in eine Sackgasse zu ma-növrieren, ist der Fall auch für unerfahreneSpieler sehr gut geeignet.

„Die 1W6 Freunde und die Geisterpiraten“ist in der Millionenstadt angesiedelt, wiesie auch im Grundregelwerk des Spieles be-schrieben wird. Dabei ist die Zeit, in der esspielt ist, für die Geschichte relativ egal, sodass es sowohl in der Gegenwart wie auch inden 80er Jahren, der Hauptzeit der Jugend-detektiv-Geschichten, gespielt werden kann.

Eine Kenntnis des Settings durch die Spielerist nicht weiter erforderlich.

Beispiel-Charaktere nden sich in Form der1W6 Freunde bereits im Grundregelwerk.Eine weitere Beispiel-Bande, die Deichdach-se, ist in dieser Ausgabe des Anduin zu n-den.

DIe VorGeSchIchteIm Norden der Millionenstadt liegt auch

ein Hafen. Im Stadtteil Hoddel angesiedelt,ist dieser Hafen nicht zuletzt eine Verbin-dung in die skandinavischen Länder und im-mer wieder ein Ort abenteuerliche Versuche,den Zoll zu umgehen.

Eine ganz eigenartige Methode dazu ha-ben zwei Gauner, Ingmar Buselmeier undGötz Gödel, ersonnen. Sie stützen sich aufeine alte Legende von Piraten, die vor Jahr-hunderten die Küste vor der heutigen Millio-nenstadt unsicher machten und tarnen ihregeplanten Schmuggelfahrten ins ferne Däne-mark als gruselige Geistererscheinungen. Umdabei auch vor den lokalen Fischern sicher zu

sein, schleichen sie zudem zwei Nächte vorBeginn dieses Falles auf das Hafengeländevon Hoddel und sabotieren die dort liegen-den Fischerbote, damit ihnen auf hoher Seeja niemand begegnet.

Für die Jugenddetektive wird ein Fall dar-aus, als in der Nacht, bevor sie involviert wer-den, eine Grillfeier der Oberstufe am Deichim Norden der Stadt stattndet. Dort wer-den die Schüler Zeuge eines technisch auf-wendigen Spektakels, als das falsche Geis-terschi vor der Küste kreuzt. Im Kreis derJugendlichen ist auch Rudger Guckma ausder Jahrgangsstufe 11. Dieser wendet sich zu

Beginn des Abenteuers an die Detektive undso nimmt die Geschichte ihren Lauf.

KApItel 1morGeNS IN Der SchUle

Die Jugenddetektive verbringen, zusam-men mit den anderen Schülern, gerade ihregroße Pause auf dem Hof der Schule, alsRudger zu ihnen tritt. Er fragt, ob sie einenMoment Zeit hätten und schildert dann, wasin der vergangenen Nacht passiert ist:

Sie waren mit zahlreichen Schülern derOberstufe auf dem Deich in Hoddel im Nor-den der Stadt, um dort zu grillen. Kurz vorMitternacht dann wurden sie alle gemein-sam Zeuge eines eigenartigen Schauspiels:Ein Schi tauchte am Horizont auf und schienaus sich selbst heraus zu leuchten. Ein riesi-ges, schwarzes Segel habe sich vor den Wol-ken abgezeichnet, ein weißer Totenschädelmit gekreuzten Knochen prangte darauf. Füreinige lange Minuten habe das Schi dort vorder Küste gekreuzt, dann habe die Dunkel-

heit es wieder verschluckt. Er möchte, dasssie dieses Rätsel lüften.

Keine Frage, das Geheimnis der Geisterpi-raten ist ein Fall für die 1W6 Freunde.

NächSte SchrItteIm Grunde gibt es an diesem Punkt zwei

Wege, den die Gruppe einschlagen kann.Entweder sie fahren zur Küste, um sichselbst einen Eindruck zu machen, oder abersie möchten der Frage nachgehen, welcheVergangenheit mit Piraten die Millionenstadtwohl hat.

Nachfolgend werden beide möglichen Pfa-de weiter beschrieben.

SoNNeNScheIN AUF DemDeIch

Sollte die Bande den Grillplatz bei Tag un-tersuchen, so nden sie ihn leicht anhandvon Rudgers Beschreibung. Er liegt etwasaußerhalb, aber gut über eine kleine Straßezu erreichen. Die Fläche selber zeigt noch guterkennbar die Spuren von fast 100 grillenden

Jugendlichen – dunkle, rußige Flecken, eini-ger Müll und einige Bieraschen in einem Ge-büsch. Der Blick auf das Meer ist tadellos, dieSee liegt ruhig und friedlich dar.

Jenen, denen ein Wurf auf Cleverness ge-lingt, fällt zudem auf, dass keine Fischerboo-te auf dem Meer zu sehen sind, was um dieseTageszeit sehr ungewöhnlich ist. WirklicheSpuren gibt es sonst so ohne weiteres vorOrt nicht, wohl aber besteht die Chance, einesehr eigentümliche Bekanntschaft zu schlie-ßen.

Wenn die Bande gerade den Platz unter-sucht, taucht eine bullige Gestalt in gelbemÖlzeug auf, die unter buschigen Augenbrau-en und über einen wirren, grauen Bart hin-weg sehr skeptisch auf die jungen Ermittlerblickt. Es handelt sich bei ihm um den FischerHannes Duckbert.

Duckbert fand sein Boot sabotiert vor undist seither auf der Suche nach den Schuldi-gen; er ist fest davon überzeugt, dass es ma-rodierende Jugendliche waren. Insofern istÄrger natürlich vorprogrammiert.

Mit gut ausgespielter Höichkeit oder ei-nem gelungenen Wurf auf Umgang ist esallerdings möglich, ihn zu beruhigen undvernünftig mit dem Mann zu reden. Er wirdihnen dann von der Misere mit den Fischer-booten berichten und sie gerne damit beauf-tragen, herauszunden, wer im Hafen vonHoddel gewütet hat. Er lädt sie ein, ihn amHafen zu besuchen, um sich selbst ein Bild zumachen.

Alles weitere dazu ndet man weiter hin-ten in diesem Abenteuer unter der Über-

schrift Ermittlungen in Hoddel.

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WeNN eS NAcht WIrDAN Der KüSte

Alternativ ist es denkbar, dass die Bandesich nachts auf die Lauer legt. Dabei könnensie tatsächlich das Geisterschi auch mit ei-genen Augen sehen. Rudgers Beschreibung

ist akkurat: Es leuchtet wie von selbst (wasan einer Lichtanlage liegt, mit der sie dasSchi beleuchten) und das Segel mit dem To-tenschädel weht hart im Wind.

Nach wenigen Minuten verschwindet dasSchi wieder binnen Sekunden in der Dun-kelheit (da sie dort die Lichtanlage wiederausschalten). Die Detektive können an dieserStelle nur wenig unternehmen; mit einemWurf auf Cleverness können sie aber ermit-teln, dass das Schi grob Kurs auf den Hafenim Stadtteil Hoddel gesetzt hat.

DAS StADtArchIVWenn die Charaktere es vorziehen, ihre

Ermittlungen erst mal in der sicheren In-nenstadt durchzuführen, führt sie ihr Wegzwangsläug ins Stadtarchiv. Ganz ohne Pro-be können sie dort herausnden, dass es inder Tat an der Küste der Millionenstadt einstPiraten gegeben hat.

Im letzten Viertel des 14. Jahrhunderts trie-ben diese auf See vor der Küste ihr Unwesenund trugen in wenigen Jahren ein erstaunli-

ches Vermögen zusammen, bevor sie dannkurz nach der Jahrhundertwende oenbarvon der Hanse wieder vertrieben wurden.

Wenn die Charaktere ein wenig tief gehen-der recherchieren wollen, so können sie miteiner erfolgreichen Probe auf Cleverness zu-dem einige alte Dokumente aus der Zeit imArchiv nden, die eine kleine, aber durchauswichtige Informationen beinhalten: Die Pira-ten damals waren so genannte Höhlenpira-ten, Seeräuber, die aus einem Höhlenlaby-rinth entlang der Küste heraus zuschlugen.

Dies ist letztlich eine wichtige Spur, die dieBande auf das Höhlensystem aufmerksammachen kann, was weiter hinten in diesemAbenteuer unter der Überschrift Die Gängeder Piraten beschrieben wird.

KApItel 2ermIttlUNGeN INhoDDel

In Hoddel selbst gibt es drei Plotfäden, de-

nen die Charaktere nachgehen können. Einerder drei allerdings ist eine falsche Fährte, diemit dem Hauptplot nichts zu tun hat und nurdazu dient, die Spielwelt insgesamt etwasvielfältiger zu gestalten.

DIe VerSUNKeNeNBoote VoN hoDDel

Wenn sie sich am Hafengelände umhören,stoßen sie vermutlich sehr schnell auf HaukeHaien, den Aufseher dort. Hauke ist sehr auf-geregt. Einerseits ist sein Hund „Strubbel“

gestern Nacht entlaufen (siehe unten) undandererseits sind ausnahmslos alle Bootevor Ort Opfer eines Sabotageaktes gewor-den: Man hat jedem Boot oenbar ein Leckgeschlagen.

Zuerst wird Hauke wie auch Hannes dieCharaktere in Verdacht nehmen, doch wenndas einmal aus der Welt geräumt ist, wird ersie auch gerne gewissermaßen mit „beidenFällen betreuen“. Der etwas grantige Manndenkt sich vor allem, dass mehr Hilfe immerbesser ist als weniger Hilfe.

Leider weiß er auch nicht viel mehr zu be-richten, außer dem Tatbestand, der oen-sichtlich ist.

Es gibt zwei mögliche Spuren und einweiteres Kuriosum. Einerseits können dieDetektive, wenn sie sich auf dem Geländeumschauen, mit einer gelungenen Probeauf Cleverness (wobei jeder Wurf etwa einehalbe Stunde Absuchen symbolisiert) Reifen-spuren entdecken. Diese sind oenbar voneinem großen und schweren Fahrzeug hin-terlassen worden, mutmaßlich sogar schon

über das hinausgehend, was im normalenStraßenverkehr zu nden ist. Wenn sie sicherkundigen, eigentlich egal bei welchemNSC, so wird dieser recht schnell auf denNamen Ingmar Buselmeier kommen. Ingmarnämlich fährt einen Unimog.

Dies ist dann ein klarer Hinweis zum Guts-hof Buselmeier – dazu später mehr.

Die zweite Spur ist der Oswald Ente, ge-nannt Dök, der auf einem Hausboot wohntund damit am Hafen anliegt. Sein Hausbootwurde, da jemand an Bord war, bei der nächt-

lichen Sabotage verschont, ist aber ohnehinschon lange nicht mehr dazu geeignet, mehrzu tun, als vor Anker zu liegen.

Allerdings hat Oswald noch immer guteOhren und wenn ihn jemand überzeugt, dasser ein guter Junge oder ein gutes Mädchenist – im Zweifel durch einen erfolgreichenWurf auf Umgang – berichtet er auch gernedavon.

Was er gehört hat, ist vor allem ein mons-tröses Motorengeräusch, begleitet vom ble-

chernen Scheppern nicht richtig vernieteterMetallplatten: Der zweite Hinweis auf Ing-mars Unimog. Außerdem meint Oswald, dassstets zwei laute Schläge aufeinander gefolgtsind, bevor wieder für einen Moment Stilleeingetreten sei. Das liegt daran, dass Ingmar

und Götz jeweils pro Person ein Schi nachdem anderen abgearbeitet haben. Das kön-nen die Detektive an dieser Stelle zwar nichtwissen, aber ein solcher Rückschluss ist na-türlich denkbar.

Das Kuriosum ist ein weiterer alter Herr na-mens Friedrich Freimund, der jeden Tag amSteg sitzt und die Möwen mit altem Brot füt-tert. Friedrich weiß in der Tat von nichts undhat keine konkreten Hinweise mehr, hat abergroßes Geschichtswissen. Wenn die Charak-tere nicht im Stadtarchiv waren, so kann erihnen zumindest von den alten Piraten vonHoddel erzählen. Zwar weiß er nicht, dassdiese aus Höhlen heraus operiert haben,aber er weiß dafür eine andere Geschichte zuerzählen: Der größte Freibeuter der Regionwar damals angeblich ein Mann namens Ka-pitän Rötschreck. Bei seiner Hinrichtung habe

sein Kopf schon auf dem Richtblock gelegen,als er einen Fluch ausgestoßen habe: Er wer-de wiederkehren und wenn es soweit wäre,werde er persönlich dafür Sorge tragen, dassniemals wieder eine elende Landratte einenKiel ins Wasser senken werde.

Für Friedrich ist klar: Das hier ist keineSabotage im Hafen, sondern der Fluch desKapitän Rötschreck. Das ist natürlich reinerQuatsch. Aber es ist eine schöne Geschichte– und einen Hinweis auf Kapitän Rötschreckist dann später in den Höhlen sogar wirklich

noch zu nden, wie im entsprechenden Ab-schnitt erklärt.

eINBrUch BeI FIrmAlIcht-leUchter

Wenn die Detektive sich hingegen imStadtkern von Hoddel etwas umsehen wol-len, gibt es dort für sie eine weitere Spur. AmMarkplatz von Hoddel, einem von alten Fach-werkgebäuden gesäumten, runden Platz, be-ndet sich auch die Filiale des Innenbeleuch-tungs-Fachgeschäftes „Licht-Leuchter“.Ludwig Leuchter führt das Geschäft in vierterGeneration, doch schon wenn die Detektiveüber das Kopfsteinpaster des Marktplat-zes schreiten, wird ihnen auallen, dass dortheute alles andere als ein idyllischer Familien-frieden zu nden ist.

In der vorigen Nacht ist eingebrochen wor-den – zum nunmehr zweiten Mal. Ludwigwird den Charakteren gerne alles schildern,was er weiß, nur viel ist es nicht. In der ver-gangenen Nacht wurde ein zweiter Einbruchauf das Geschäft verübt, nachdem sich be-reits in vor zwei Wochen jemand gewaltsamZutritt verschat hatte. Vor zwei Wochenwaren dabei mehrere große Scheinwerfer,wie sie im Theater Verwendung nden, ent-wendet. Das alleine ist für Ludwig schon

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verwunderlich, denn die Geräte sind sperrig,teuer im Betrieb und eigentlich kaum zu et-was abseits der Bühne zu gebrauchen. Ing-mar und Götz verwenden sie natürlich, umdas Geisterschi auszuleuchten und habensie mit dem Unimog abtransportiert – auchüber diese Spur können die Detektive auf

den Mann und sein sperriges Fahrzeug auf-merksam werden, wenn sie sich umhören,wer wohl ein Auto habe, mit dem man dieScheinwerfer fahren könne.

Beim zweiten Einbruch nun wurde ein„Leuchtmittel“ entwendet, in diesem Fallealso das Äquivalent zu einer Glühbirne beiprofessionellen Lichtanlagen. Natürlich fürgenau den Strahlertypus, der beim vorigenEinbruch entwendet worden ist.

Weitere Hinweise sind auf diesem Wegnicht zu nden.

hAUKeS eNtlAUFeNerhUND

Der letzte Plotfaden, der entlaufene Terri-er Strubbel des Hafenaufsehers Hauke, hatmir der eigentlichen Handlung nichts zu tunund dient als falsche Fährte, ein sogenannter„roter Hering“. Strubbel ist ausgebüchst underfreut sich gerade im Hafenlokal „Krebsfal-le“ eines glücklichen Lebens voller Fleisch-wurst und Schinken. Wenn die Detektive sich

beispielsweise nach Hundegebell erkundi-gen, wird man sie schnell dorthin und an denLokaleigner Johann Momsen, verweisen undder winzige Fall im Fall ist gelöst.

Spielleiter, die ihren Spielern das Lebenetwas schwerer machen wollen, könnten na-türlich zudem eine weitere Hürde einbauen,indem Hauke die Detektive erst am Hafenherumschnüeln lässt, wenn sie sich durchdie „Rettung“ Strubbels als würdig erwiesenhaben.

Selbst wenn sie Strubbel vermutlich bes-

tenfalls vor Überfettung retten können.

KApItel 3NächSter hAlt: GUtS-hoF BUSelmeIer

Im vorigen Abschnitt sind eine ganze ReiheHinweise auf Ingmars Unimog zu nden: DieReifenspuren am Hafen, die Motorengeräu-sche, die Oswald „Dök“ Ente gehört hat so-wie die Tatsache, dass die bei Ludwig Leuch-ter gestohlenen Lampen Sperrgut sind, das

man kaum mit einem Kleinwagen entwendethat.

Damit sind die Charaktere der Lösung desFalles bereits ein großes Stück näher ge-kommen, aber noch nicht am Ziel. Ingmar ist

selbst, wenn man nicht seinen Straftaten aufder Spur ist, ein unfreundlicher Zeitgenosseund er ist Einbrechern gegenüber in etwa soaufgeschlossen wie ein Dobermann gegen-über einem Kaninchen. Dennoch führt für dieCharaktere im Grunde kein Weg an seinemHof vorbei.

Das Grundstück ist groß und umfasst ne-ben einem Haupthaus, das sich in die Grund-stücksecke schmiegt, einen verwildertenAcker und eine verfallene Scheune. Tatsäch-lich kann man im Haupthaus auch nichts n-den außer Ärger – der arbeitslose Buselmei-er ist die meiste Zeit daheim und wäre eineunliebsame Bekanntschaft, zumindest andiesem Punkt.

Die Scheune dagegen bietet eine heißeSpur: Wenn die Detektive sich darin umse-hen, können sie schnell feststellen, dass eingroßer Teil des alten und halb verfaultenHeus oenbar vor kurzem noch von großenKisten oder Kartons platt gedrückt wordenist. Dies waren die gestohlenen Lampen.Eine gelungene Probe auf Cleverness fördertzudem das defekte, ausgebrannte Leucht-mittel hinter einem Heuballen zutage, dasdie Gauner mit dem zweiten Einbruch ausge-tauscht haben.

Die Unimog-Spuren vor Ort sind ziemlicheindeutig jene, die sie auch bei den Bootengesehen haben. Interessant ist jedoch, dass

es eine weitere Reifenspur gibt: neben der,die Richtung Hoddel führt, gibt es auch eine,die zur Steilküste führt.

Sollten die Detektive Ingmar über einenlängeren Zeitraum beobachten wollen, sokönnen sie zudem gegen Abend beobach-ten, wie er mit seinem lärmenden Ungetümvon Fahrzeug Kurs auf die Küste nimmt.

Zwar könnten sie an dieser Stelle elegantdie Polizei auf Buselmeier ansetzen, das Ge-heimnis des Geisterschies würden sie damit

aber sicherlich noch nicht gelöst bekommen.Folgen sie den Spuren und/oder Ingmar,

so stoßen sie dagegen bald auf einen Zugangzum Höhlensystem in der Steilküste im Nor-den Hoddels.

DIe pIrAteNhöhleNAbhängig von der Tageszeit nden die Cha-

raktere vielleicht am Eingang zu den Höhlenden Unimog selber vor – ansonsten führendie Reifenspuren einfach zu einer verborgengelegenen Höhle im Norden der Millionen-

stadt, direkt an der Küste.

Betreten die Detektive das Höhlensystem,gibt es verschiedene Ansätze, wie man dasam Spieltisch umsetzen kann. Im Test hat essich bewährt, die Spieler – ganz wie in einem

Dungeonszenario – mitzeichnen zu lassen,aber sie dabei zu bitten, es aus Sicht ihresCharakters heraus zu machen. Wenn danndas Klischee-Mädchen der Gruppe an dunk-len, nassen Ecke „Ieh!“ oder so danebenschreibt, gewinnt diese Karte schnell so viel‚Charakter‘, dass sie eine gute Chance hat,

noch lange in der Mappe eines Spielers alsTrophäe mitgeführt zu werden.

Wem das natürlich nicht so zusagt, derkann auch einfach die „Hotspots“ nachein-ander durch die Charaktere entdecken las-sen. Schöner ist allerdings zweifelsfrei dieerstgenannte Variante.

DAS lAmpeNlAGerIn diesem Raum lagern die restliche Teile

sowie die Verpackung der bei Licht-Leuchter

gestohlenen Lampen. Das ist leicht anhandder Auleber auf den Kartons zu erkennen.Wem zudem ein Wurf auf Cleverness gelingt,der kann erkennen, dass nicht alle Lampen-elemente, die in den Kartons waren, auchhier gelagert werden.

Die fehlenden Teile sind auf dem Geister-schi untergebracht.

DAS pSeUDoSchIFFDes Rätsels Lösung: Hier liegt das Schi

vor Anker. Es ist groß und beeindruckend,

aber kein tolles Piratenschi. Zwar hat es dasgroße Segel, doch dahinter verborgen ragtein Schornstein in die Höhe: Das vermeintli-che Phantom ist oenbar ein alter Schlepper.Götz hat ihn günstig von einigen Russen er-worben und einige kyrillische Symbole dar-auf künden noch davon.

Darauf installiert ist die beeindruckendeLichtanlage, die dem Schi bei Nacht seinengespenstischen Glanz gibt. In den meistenFällen wird sich Götz auf dem Schi aual-ten – eventuell kann es hier also zu Schleich-

einlagen oder einer Konfrontation kommen.

Der WASSerFAllEntlang des Weges passieren die Jugend-

detektive einen Wasserfall, der oenbar überden Durchgang zu einem weiteren Teil derHöhle ießt, den man über einen schmalenSims erreichen könnte. Diese Ecke hat nichtsmit dem eigentlichen Fall zu tun, könnte aberdennoch recht spannend sein.

Wem ein Wurf auf Mut gelingt, um sich die

Überquerung zu trauen und im Anschlusseine zweite Probe auf Stärke meistert, umdiese dann auch zu schaen, ndet sich da-nach in einer bisher unentdeckten Kammerwieder. Wer die Probe nicht schat, kann

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entweder noch von einem seiner Freundeam Hosenbund gepackt werden (Probe aufStärke, investierter Bandenpunkt oder etwas

in der Art) oder aber stürzt herab, überlebtdurch großes Glück den Sturz und wird dannletztlich über einen Gang, der unter Wasserseine Bahn zieht, in die Höhle mit dem Geis-terschi gesogen.

Gelingt es hingegen, in die Kammer hin-ter dem vorzustoßen, wartet dort noch einganz besonderer Fund auf die Detektive: DerSchatz des Kapitän Rötschreck! Einige Dub-lonen, ein Haufen verfaulter, einstmals wert-voller Stoe und einige weitere Beutestücke,die der alte Kapitän der Hanse abspenstig ge-

macht hat.Falls dieses Abenteuer nicht nur als Einzels-

zenario gespielt wird, bietet es sich natürlichan, hier auch gleich etwa mit einer gefunde-nen Karte oder dem Tagebuch des Piraten

die Spur zu einem neuen Fall zu legen. Aberdies liegt in der Hand jedes einzelnen, indivi-duellen Spielleiters.

DAS SchmUGGlerGUtHier nun des Rätsels Lösung: Das Schmugg-

lergut. Diese Höhle ist gefüllt mit einer be-reits recht beachtlichen Zahl von Containern,allesamt dänisch beschriftet. Darin enthaltensind alle möglichen Güter, vor allem aberElektronikgeräte, die Ingmar und Götz be-reits heimlich nachts über das Meer ins Landgeschat haben.

An diesem Punkt nun sollte den Spielernspätestens der Zweck der ganzen Scharade

klar werden. Damit haben sie das titelgeben-de Geheimnis der Geisterpiraten gelöst. Undden Fall? Den auch, fast zumindest.

DAS FINAleWie das Finale sich genau gestaltet, ist ein

bisschen von dem abhängig, was bisher ge-

schehen ist und in welcher Zeitepoche dasAbenteuer gespielt wird. In der Gegenwartmüssen sie im Prinzip mit dem Handy nur Fo-tos machen, die Höhlen wieder verlassen undFotos der Container mit ihrem Smartphonesvia Twitter der ganzen Stadt vor Augen füh-ren, um den Schmugglern das Geschäft zuversauen.

Doch egal ob sie diese Option haben odereinfach nur in den seligen 80ern wieder her-aus aus den Gängen wollen, um sich auf ihreDrahtesel zu schwingen und die Polizei zu

alarmieren: Im Idealfall ndet das Finale hierin der Höhle statt.

Da stellen sich aber weitere Fragen. Ist In-gmar bereits vorher, etwa auf seinem Guts-hof, auf sie aufmerksam geworden und weiß

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er somit, dass „diese Rotznasen“ drohen,seinen Plan zu vereiteln? Hat Götz sie beimHerumschleichen erwischt oder haben sieumgekehrt es bereits geschat, den Gaunerbeispielsweise irgendwo auf dem Schlepperin einen Raum zu locken und dort einzusper-ren?

Waren sie so klug und haben das getan,was viele Jugenddetektive in neueren Hör-spielen gerne tun und haben sie die Polizeiangerufen, bevor sie in die Höhlengänge ge-gangen sind?

Klassisch wäre es, dass Ingmar sie irgend-wo bei den Containern ertappt, sich dannvon den Charakteren schildern lässt, wie sieauf seine Spur gekommen sind, dann seiner-seits eine Pistole zieht und dann, ja, durcheine List außer Gefecht gesetzt wird.

Ein alternativer Entwurf, um Dynamik indas Finale zu bringen, läge etwa darin, dassdie Detektive mitbekommen, wie Ingmarund Götz das Schi wieder in Bewegung set -zen, um zur nächsten Fahrt aufzubrechen.Sie könnten sich dann an Bord schleichen,um die Gauner auf frischer Tat zu ertappenoder, langweiliger, die Polizei holen und aufdie Verbrecher warten, wenn sie mit demSchi heimkehren.

Das Ende eines in Einzelteilen so oen ge-haltenen Szenarios ist schwer abzusehen.

Eine Möglichkeit, es zu einer spannendenKonfrontation in den Höhlengängen kom-men zu lassen, ist aber mit Sicherheit zu n-den.

epIloGWenn das Rätsel um die Geisterpiraten ge-

löst ist, ist die Freude sicherlich groß. Im Na-men der Millionenstadt sowie der Regierungvon Dänemark wird den Jugenddetektivenexplizit Dank gesagt, Ingmar und Götz wan-dern hinter Schloss und Riegel.

Wurde der Schatz von Kapitän Rötschreckgefunden, so geht dieser in den Besitz desMuseums über, wo der Fund oziell unterdem Namen der Jugendbande („Die 1W6Freunde-Sammlung“, „Die Deichdachs-Sammlung“ etc.) ausgestellt wird. Eventuel-le Hinweise auf folgende Abenteuer könnenja dann in diesen umgesetzt werden.

Rudger Guckma wird den Jugenddetekti-ven fortan als guter Freund zur Verfügungstehen; wenn sie mal Hilfe aus der Oberstufebrauchen, ist er zur Stelle.

Und natürlich sind die jugendlichen Ermitt-ler ihrem nächsten Bandenpunkt wieder ei-nen Fall näher gekommen.

DIe NIchtSpIelerchA-rAKtere Im üBerBlIcK

Inga Busi (ganig Kinvb)Ingmar ist der Sohn eines Bauern der Re-

gion gewesen, kann aber mit Landwirtschaft

nichts anfangen. Er hat seine Finger immermal wieder in krummen Geschäften gehabt,aber bisher ist dem hageren, vernarbtenMann der große Wurf nicht gelungen.

Er ist nicht intelligent, besitzt aber ein im-menses Maß an Bauernschläue. So kam erauch auf die Ideen mit dem Piratenschi, ba-sierend auf einer Legende, die sein Vater ihmals Kind gerne erzählt hat.

G Gd (uskus Gau-n-Gi)

Götz ist ein Mann fürs Grobe. Über 1,90groß, breite Schultern, kahl rasiert und miteiner eindrucksvollen Narbe auf dem Hinter-kopf, die er sich mal in einer Kneipenschlä-gerei mit einer abgebrochenen Bieraschezugezogen hat. Er mag die Idee, reich zuwerden und Ingmar hat ihn vor allem an Bordgeholt, da er wenig Fragen stellt, skrupellosist und viel Kraft in den Armen hat.

rudg Guka (Sukaadd Jugnddkiv; Auag-gb)Ein Schulkamerad der Jugenddetektive.

Er ist ein eher unauällige Erscheinung undkein besonderen Fraktion oder Subkulturzugehörig. Er ndet ganz spannend, was dieBande so treibt, aber hatte bisher noch nieengeren Kontakt damit. Als er auf einer Partyam Deich – und er mag Partys am Deich – dasGeisterschi sieht, ist ihm aber klar, an wener sich zu wenden hat.

hanns Dukb (a Sb)Ein bulliger, älterer Seefahrer, Archetypus

Seebär, der meist in seinem gelben Ölzeugvor die Türe geht. Er ist bereits im Renten-alter, aber fährt nach wie vor zur See, denndas Meer ist sein Leben. Die kühle Brise imGesicht, das Rauschen des Windes in den Se-geln, das ist Glück für Hannes.

Entsprechend erbost ist der ansonstensehr gütige Mann über die Sabotage an denSchien.

hauk hain (hanaus 

und hundna)Der Hafenaufseher. Mitte vierzig, insge-

samt ein eher sanft erscheinender Mann,der aber durchaus auch seine Erfahrungenmit dem Meer hat. Er ist weniger der Seefah-

rer als mehr der Deichfürst, verlebt aber diemeiste Zeit unter dem Grundsatz „Solangeniemand wem in die Quere kommt, habe ichdie Augen zu.“

Ärgerlich nur, dass das diesmal nicht geht.

Schlimmer aber noch, ist die Abwesenheit

seines Terriers Strubbel. Er liebt den kleinenVierbeiner über alles und ist ehrlich verzwei-felt, dass er fort ist.

oswad „Dk“ en (a hausbbsi)Oswald Ente war lange, lange Jahre Fischer

im Belt von Hoddel, hat sich aber mittlerwei-le zur Ruhe gesetzt. Sein Boot, der „FlinkeStör“, liegt nach wie vor im Wasser, ist aberbei weitem nicht mehr so gepegt und inSchuss, wie es mal war. Im Grunde sind sichim Hafen alle einige, dass es kein Zufall sein

kann, dass Oswald mit Nachnamen Enteheißt, denn seine großen Augen und seinevorstehende Mundpartie geben dem Manntatsächlich etwas entenhaftes.

Er ist mittlerweile etwas wacklig auf denBeinen und auch insgesamt etwas langsamergeworden, aber senil ist er nicht.

Fidi Fiund (sni,a h)Friedrich ist senil. Oh, wie Friedrich senil

ist. Er erfüllt alle Klischees, die damit ein-

hergehen. Der leere Blick, das anhaltendeSchmatzen rund um die dritten Zähne, dasregelmäßige Verlieren des Fadens mitten imGespräch – alles vorhanden,

Kombiniert mit einer übergroßen Horn-brille, einem Jägerhut und massiven Hosen-trägern ist Friedrich eine unverkennbare Er-scheinung.

Einzig das, was lange zurück liegt, ist beiFriedrich noch abruar. Insofern kann er na-türlich zum Thema Piraten besser Auskunftgeben als jeder andere.

ludwig lu (Inab dsladns „li-lu“)Über einem monströsen Wahlrossschnurr-

bart schweben scheinbar zwei warme,freundliche Augen, in dem Mund daruntersteckt zumeist eine große Pfeife. LudwigLeuchter liebt sein Geschäft, er liebt Lampenund er liebt es, darüber zu erzählen.

Wenn die Jugenddetektive ihn treen, istdies natürlich etwas eingeschränkt, da er vonden Einbrüchen nicht nur getroen, sondernauch regelrecht seelisch betroen ist, dennwer gegen seinen Laden vorgeht, schadetdem Traum, den er sein ganzes Leben langgelebt hat.

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Mai 2011

Der beste Weg, ihn wieder fröhlich zu stim-men, ist vermutlich ein Gespräch über Lam-pen...

 Jann msn (Wi ahan vn hdd)Der Wirt der Krebsfalle. Ein bulliger, bär-

beißiger Kerl, mit einem großen Anker aufdem rechten Oberarm, einer Seemannsmüt-ze und einem gestreiften Hemd. Zwar ist Jo-hann eigentlich ein recht aufgeweckter Kerl,aber er hat schnell herausgefunden, dassdieses Image letztlich hilft, Touristen in seinEtablissement zu locken. Stellt sich die Frage,ob die Jugenddetektive hinter sein Image bli-cken werden.

Johann mag Tiere. Wenn sich mal eines zuihm verirrt, dann kriegt es „ein Leckerchen“und damit ist es gut. Dass Strubbel es sich

dort gleich langfristig gemütlich machenmöchte, hat er nicht vorhergesehen und istauch nicht seine Absicht. Er wird insofernauch keine großen Schwierigkeiten machen,wenn der Hund bei ihm gefunden wird.

Auch wenn man vermutlich daran fühlenkann, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bisder Terrier wieder seinen Weg zu ihm ndet.

DIe DeIchDAchSeKaus S 

Klaus ist der Kopf der Bande. Er hat denDeichdachsen ihren Namen gegeben, dennentlang des Scheitels seiner langen, schwar-zen Haare, die er meist mit Gel nach hintentreibt, verläuft ein gefärbter, weißer Streifenvon der Stirn bis in den Nacken.

Klaus ist begeisterter Fußballer und seineWelt setzt sich zu großen Teilen aus Meta-phern zusammen, die sich um das rundeLeder drehen. Immer wieder erstaunt er sei-ne Freunde damit, in wie vielen Situationener Leibwächter, Überfälle und Tatorte als

Manndecker, Blutgrätschen und Strafräumedenieren kann, um nur einige Beispiele zu

nennen. Noch erstaunlicher ist allerdings,dass diese verquere Weltsicht zu funktionie-ren scheint.

Feißkärce: Drei Ecke, eiEfer

Klaus ist ein Meister darin, unter Zuhilfena-

me seines Fußball-Jargons, den Bruch mit be-stehenden, festen Regeln als „Sonderregel“zu denieren und andere Leute davon zuüberzeugen, dass es in diesem Falle durchausSinn hätte (also „spielfördernd wäre“), es sozu handhaben.

Er erhält +1 auf Umgang, wenn er versucht,einen Regelbruch gegenüber jemandem zurechtfertigen, ob im Voraus oder im Nachhi-nein.

Wi Di Viig,

gnann „Saub“Schrauber liebt es, an Geräten zu basteln.Wenn seine Arme nicht bis zum Ellbogenvoll Schmieröl sind, seine Haare nicht nachReinigungsbenzin riechen und hinter seinenohnehin recht ausladenden Ohren nicht we-nigstens ein 10er-Schlüssel steckt, ist er nichtzufrieden. Normalerweise trägt er graue,dreckige T-Shirts und eine blaue Latzhosedarüber. Seine Haare sind auf 9mm rasiert;der Mittelscheitel sogar auf 6mm, um den„Dachslook“ zu transportieren.

Schrauber kann nicht gut mit Menschen,Schrauber mag auch keine ligrane Technikin Klavierlack, aber wenn es Muttern und Nie-ten hat, Blech oder Stahl, dann ist das seineWelt.

Feißkärce: ac, ds ä!

Es ist erstaunlich, wie viel eine Schraubehalten kann, wenn nur Schrauber sie irgend-wo verwendet. Mit Nägeln und etwas Spu-cke kriegt er alte Motoren wieder ans Laufenund mit wildem Geschrei und Schlägen mitder Rohrzange vermutlich sogar einen Pan-

zer, wenn es sein muss.

Schrauber erhält +1 auf Cleverness wenn esdarum geht, defekte (im weitesten Sinne me-chanische) Technik wieder auf Vordermannzu bringen.

Nadja UandNadja wirkt manchmal bei den Deichdach-

sen etwas deplatziert. Sie ist ein gebildetesjunges Mädchen, liest gerne Tolstoi und Mo-lière, kann Goethe, Schiller und Walther vonder Vogelweide zitieren und ist ohnehin sehrwortgewandt. Sie war mal Schulsprecherin,bis sie beschloss, ihre Zeit lieber der Verbre-chensbekämpfung zu widmen.

Wie sie jetzt ausgerechnet an Klaus undSchrauber geraten ist, weiß keiner so genauund sorgt auch auf dem Schulhof immer malwieder gerne für Verwirrung. Insgesamt istNadja durch diese Freundschaft ein wenig

aus der Clique der coolen Mädels herausge-rutscht und bei den Sportlern und vor allemden Rebellen der Schule erheblich in derGunst gestiegen.

Wenn sie mit der Schule fertig ist, möchtesie ein Doppelstudium anstreben: Literaturund Kriminalistik.

Feißkärce: Ewig jug is urdie Psie

Nadja verfügt über einen gewaltigen Zi-tateschatz, vor allem Schiller hat es ihr sehr

angetan. Sie versteht es, diese Zitate zu denpassendsten und unpassendsten Gelegen-heiten immer wieder rhetorisch so einzuset-zen, dass sie genau im rechten Licht dasteht.Nur klappt das nicht mit allen: Die jungenWilden schauen zu der schlauen Frau auf undKünstler-Typen nden in ihr eine Verwandteim Geiste. Die Sportler der Schule und an-sonsten eher bildungsferne Gestalten sinddagegen immun gegen den Charme der Wei-marer Literatur.

Nadja erhält +1 auf Umgang in Gesprächen

mit Leuten, die ihren Zitateschatz würdigenkönnen.

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Abenteuer 

SChüSSE In BlaCKhEath

Wer in den 80ern groß geworden ist, derkennt es sicherlich: Diese paar schrillen Töne,bevor ein Chor fast ebenso schrillen Stimmenverkündete, die „Pros in Spe“ zu sein. Obman sich jetzt den drei Fragezeichen, denFunkfüchsen oder TKKG, der urdeutschenJugenddetektiv-Institution schlechthin, eherzugetan fühlte, irgendwie hat doch jeder mit-geebert, wenn ein neues Hörspiel erschien.

Zwar stehen am Anfang im Grunde nochsolche Namen Erich Kästner und Enid Bly-

ton, doch die Helden jener Hörspiele folgenletztlich doch ganz eigenen Regeln. Es sindGruppen von Jugendlichen, die sich zumeistaus einem ausgeprägten Abenteuer- oderGerechtigkeitssinn heraus anschicken, Rätselzu lösen, Mysterien zu lüften und Verbrecherzu stellen.

Meist sind es mehr Jungs als Mädchen,meistens sprechen sie eine recht eigenartigeForm von Jugendsprache, oft operieren siescharf nach dem Motto „Der Zweck heiligtdie Mittel“ und zudem leben sie in einem

Setting, dass diesen generellen Umstand –Kinder helfen bei der Lösung von teilweisekapitalen Verbrechen – nicht nur toleriert,sondern oft sogar befördert.

Sie arrangieren sich dabei in einer Bande,die oftmals in irgendeiner Form einem The-ma zugeordnet ist (Pizza, Funk, oder Ferien,um nur drei Beispiele zu nennen) und neigendazu, relativ spezielle Orte wie Internateoder Schrottplätze zum Zentrum ihres Han-delns zu machen.

DIe IDeeAls wir uns das mit der Zeit aber mal so ab-

strakt anschauten, schrie das geradezu nacheinem Rollenspiel – doch so etwas gab eseinfach nicht auf dem Markt. Wir setzten unsalso zusammen und überlegten, wie ein sol-ches Spiel wohl aussehen könnte. Was müss-te ein Spiel bieten, um es einer Spielgruppezu ermöglichen, die Abenteuer ihrer Jugend-helden nach zu erleben?

Wir mussten feststellen, dass das gar nicht

so einfach umzusetzen war. Einige Parallelenwaren leicht zwischen all den Reihen aus-zumachen: Meist hat jeder Detektiv in derGruppe sein Spezialgebiet und meist gibt esauch etwas, was er besonders gut kann. Aber

diese Spezialgebiete variierten auch nocheinmal von Reihe zu Reihe und an manchenStellen stößt man auch auf Hauptcharaktere,die im Grunde dann doch nichts können au-ßer vielleicht eine Nische zu füllen; „das Mäd-chen der Gruppe“ ist ein klassisches Beispiel.

DIe reGelNWir kochten letztlich all das auf vier Attribu-

te herunter, die das Arbeitsfeld der Charakte-re umschreiben können: Stärke, Cleverness,Mut und Umgang. Das sind im Grunde dievier Dinge, in denen Jugenddetektive unter-schiedlich gut sind. Auf einen Wert wie „Ent-decken“ verzichteten wir explizit, da zwardas Verwerten von Hinweisen via Clevernessein Faktor für typische Jugenddetektive ist,der reine Informationserwerb hingegen ei-gentlich nie. Wir verzichteten auch bewusstauf ein eher auf Ressourcen-Managementausgelegten Ansatz, wie ihn einige moderneGenre-Systeme besitzen, da wir ein schnel-les, einfaches und im weitesten Sinne auch

traditionelles Rollenspiel schreiben wollten.Interaktion zwischen Spielercharakteren undNichtspielercharakteren erfolgt am Spieltischvor allem durch die Interaktion der Spielermit dem Spielleiter.

Um zudem den ganz besonderen Bega-bungen der Charaktere Rechnung zu zollen,fügten wir das „Fleißkärtchen“ hinzu – dasist gewissermaßen ein einzelner, sehr spezi-alisierter Vorteil, der einem Charakter hilft,eben in dem, was er gut kann, auch wirklichgut zu sein.

Wer „Die 1W6 Freunde“ aber vor sich hat,wird zudem bemerken, dass die Regeln nureinen sehr geringen Umfang in dem Spieleinnehmen. Denn noch wichtiger als die Me-chanismen war es uns, mit dem Spiel auchden Flair der Geschichten einzufangen, mitall ihren Macken und Eigenarten.

DIe mIllIoNeNStADtUm eine Möglichkeit zu haben, all die un-

terschiedlichen Trends bedienen zu können,

die innerhalb des Jugenddetektiv-Genresexistieren, wählten wir den selben Kni, derauch schon für TKKG gut funktioniert hat:Ähnlich wie das Springeld der Simpsons istdie Millionenstadt, in der „Die 1W6 Freunde“

angesiedelt ist, eine Stadt mit allem, wasman sich wünschen kann. Braucht man einenFlughafen, so hat die Stadt einen Flughafen.Braucht man ein großes Stadion? Die Stadthat sicher eines.

Dabei gilt es, den Vorbildern zu folgen undaus dem zwangsläug mit der Zeit entste-henden Makel eine Tugend zu machen undetwa die geograsche Lage nie genau festzu-legen. Die Stadt liegt in der Nähe der Alpen,es gibt Kohletage- und Tieau in der Region

genauso wie die alljährliche Segel-Regattaund einen lebendigen Tourismus-Zweig imBereich Wintersport.

Das Abenteuer in dieser Ausgabe des An-duin spielt dabei sehr die hanseatische Seiteder Millionenstadt aus und suggeriert, dasssie wohl irgendwo im Norden des Landes,vielleicht in Schleswig-Holstein, liege. Eswäre ein Fehler, diesem Eindruck glauben zuschenken.

DIe GeSchIchteNWas wir schnell feststellen mussten, war,dass es gar nicht so trivial war, ausgefuchs-te Fälle für die Detektive zu konzipieren. DieDramaturgie der Hörspiele ist nur mit großenAbstrichen auf ein interaktives Medium über-tragbar und fordernde, zugleich aber arche-typische Geschichten zu entwerfen war nichtganz ohne. Ein Resultat davon ist unter ande-rem der Abenteuergenerator, der im Grund-regelwerk zu nden ist und der mit wenigenWürfelwürfen relativ schematische, aber gutzu leitende Fälle für den Einstieg generierenkann. Aber wir wollen uns auch bemühen,den Spielleitern da draußen möglichst vielespielfertige Fälle zu präsentieren; sei es wiehier im Anduin, bei uns auf der DORP odervielleicht auch in Druckform.

Interessant ist übrigens auch, wie vielepotentielle Aspekte der Geschichten um ju-gendliche Helden im Jugenddetektiv-Genregenerell eher ausblendet werden. Der ganzeHandlungsbereich etwa, der den Übergangvon der Kindheit ins Erwachsenenlebenbehandelt, hat traditionell keinen Platz inden Fällen der ewig-jungen Detektive. Wernatürlich gerne auch damit im Rahmen derJugenddetektive spielen möchte, kann diesnatürlich ohne Schwierigkeiten tun.

Di 1W6 FundtExt: THOMAS MICHALSKI

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Abenteuer 

SChüSSE In BlaCKhEath

Aber insgesamt sind die Geschichten un-serer Vorbilder so spezialisiert wie viele ihrerHelden: Es gibt Detektive im Schulkinderal-ter, es gibt einen Fall und der wird gelöst.Auf jeden Fall.

DAS SpIelDie erste Fassung des Spieles war sehr,sehr dünn und erschien vor einigen Jahrenals PDF auf unserer Webseite. Dies wiede-rum erzeugte einige Aufmerksamkeit undbrachte uns letztlich auch mit Prometheus inKontakt, die Interesse bekundeten, das Spielzu verlegen.

Wir nahmen daher unseren im Grunde fer-tigen Ergänzungsband, der „Ein Fall für alleFälle“ heißen sollte, fusionierten es mit dembisherigen Grundregelwerk und so entstand„Die 1W6 Freunde – Das Jugenddetektive-Abenteuerspiel“ in der Form, die auch alsBuch im Laden und als kostenlose PDF-Datei

auf der Prometheus-Webseite verfügbar ist.Wer Seite an Seite mit TKKG, den drei ???

und den Funkfüchsen groß geworden ist, wervielleicht gerne über die Ferienbande lacht,gerne auch mal die „Insel der Abenteuer“besuchen oder mit fünf Freunden Geisterzü-ge jagen möchte, oder aber, wer einfach ein

gewaltfreies Rollenspiel sucht, dass er auchmal mit seinen Kindern oder anderen jungenVerwandten spielen möchte, der sollte de-nitiv mal einen Blick riskieren und vielleichteiner der „1W6 Freunde“ werden.

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Die 1W6 Freunde bei Prometheus herun-terladen:

http://www.prometheusgames.de/index.php/downloads/52-downloads-1w6f

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Süss in BlakatEIn aBEntEUER FüR PRIvatE EyEtExt: ULRIKE PELCHENBIlDER: ULRIKE PELCHEN

Times – 11.10.1878

Schüsse auf einen Bobby!

Verroht die Unterwelt immer mehr? Müssendie Bobbys bewanet werden?

Gestern erlebte die bereits seit Monatenanhaltende Einbruchserie im Londoner Osten und Süden einen neuen und höchstdramatischen Höhepunkt!

Constabler Edward Robinson entdeckteauf seinem nächtlichen Rundgang durchBlackheath einen verdächtigen Lichtscheinin einem Haus in Lewisham Hill. Mutig schlich der Constabler näher an das Hausund beobachtete durch das Fenster eine

dunkle Gestalt, die sich in verdächtiger Weise dort zu schaen machte. Das konntenur das so genannte Blackheath-Phantomsein! Im Stadtteil Blackheath sind zur Zeitwegen der Einbrüche die Bobbys verstärktauf Streife. Und schon bald eilte ein Kollege,Constabler Thadeus Girling, zu Hilfe. Diebeiden wollten den vermeintlichen Einbre-cher, das Blackheath-Phantom, in die Zangenehmen: Robinson von hinten, Girling ander Vordertür. Letzterer klopfte an die Tür.Davon aufgeschreckt riss der Unbekannteeines der hinteren Fenster auf, schrie: „Zu-

rück oder ich schieße!“, und sprang in denGarten. Robinson wollte ihm den Weg ab-schneiden. Da schoss der Unbekannte! Der Bobby warf sich zu Boden, stürzte sich dannaber tapfer auf den Schützen. Der feuerte

erneut und traf den Polizisten in den Arm.

Schmerzen und Blutverlust hielten Consta-bler Robinson nicht davon ab, das dreiste

Subjekt festhalten. Doch schließlich konntesich der Verbrecher losreißen und entkom-

men, kurz bevor sein Kollege ihm helfenkonnte.

Innenminister Richard Assheton Crossist aufs Höchste aufgebracht über denunglaublichen Vorfall und hat ScotlandYard eingeschaltet. Bisher haben sogar dieGauner unsere Bobbys respektiert. Ist dasnun vorbei? Müssen die Bobbys nun mitPistolen bewanet und damit ein typischesKennzeichen unserer britischen Nation

zunichte gemacht werden?

eINFührUNG Der DeteK-tIVe

Diese Meldung der Times, die mit ähn-lichem Inhalt, wenn auch reißerischeremWortlaut so in mehreren Zeitungen am 11.Oktober des Jahres 1878 erscheint, wird un-seren Detektiven zweifellos ins Auge sprin-gen. Und sie sicher genauso empören wie dieVerfasser (s. Anmerkungen).

Vielleicht haben die Detektive ja bereitsin den letzten Monaten immer mal wiedereine Meldung über einen erneuten Einbruchdes „Blackheath-Phantoms“ gelesen. Möch-te der Spielleiter das Abenteuer von langer

Hand vorbereiten, kann er sie bereits vorhermit passenden Zeitungsartikeln einstimmen.Ansonsten werden sich zumindest die in Lon-

don lebenden und eifrig die Zeitung lesendenDetektive einfach an entsprechende Artikelerinnern.

Sind sie als Polizisten, Kriminologen oderGeheimpolizisten bei der Detektivabtei-lung von Scotland Yard (s. Anmerkungen)angestellt, sind sie automatisch in den Fallinvolviert, da ihre Abteilung diesen untersu-chen soll. Zudem muss sich diese nach derNeuorganisation bewähren. Der Leiter vonScotland Yard, Commissioner Sir EdmundHenderson, lädt die Detektive persönlich

in sein Büro, um ihnen die Wichtigkeit desFalles deutlich zu machen. Für den Gerichts-mediziner gibt es mangels Leiche eigentlichnoch nichts zu tun, aber hier ndet der Spiel -leiter sicher eine Erklärung. Der Journalistwill natürlich an dieser wichtigen Story dran-bleiben, Berufsdetektiv oder Anwalt werdenvon der bestohlenen Familie eingeschaltet,ersterer, um ein Familienerbstück wieder zubeschaen (s. Die Beute), letzterer, weil diezahlreichen Polizisten und Schaulustigen denVorgarten zertrampelt haben und zudemständig diverse Reporter zu den unmöglichs-ten Zeiten vorsprechen.

Anmerkungen

1. Traditionell tragen die Streifenpolizisten,die Bobbys, keine Schusswaen. Sie sind nur

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SChüSSE In BlaCKhEath

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Abenteuer 

SChüSSE In BlaCKhEath

mit einem Schlagstock und einer Trillerpfei-fe ausgestattet. Bei der Gründung der Me-tropolitan Police (Scotland Yard) 1829 wardies ein Kompromiss, da die Bürger in derEinrichtung einer Polizeitruppe einen Angriauf ihre bürgerliche Freiheit sahen. Deshalbwird ein Angri mit Schusswaen auf einen

Bobby besonders streng bestraft. Im Gegen-zug ist dies aber auch in Gaunerkreisen weit-gehend verpönt – was deren Job aber nichtungefährlicher macht.

2. Die Detektivabteilung ist eine spezielleAbteilung bei Scotland Yard und ausschließ-lich für die Untersuchung von Kriminalfällenzuständig. Ihre Angehörigen tragen keineUniform wie normale Polizisten – und sind imGegensatz zu diesen bewanet. Ihre aktuelleForm ist für die Charaktere noch neu, denn1878 reorganisierte der Rechtsanwalt How-

ard Vincent das vorherige Detective Depart-ment unter der neuen Bezeichnung CriminalInvestigation Department (CID), das am 8.April seine Arbeit aufnahm.

WAS ISt pASSIert?Di BbbysDer Artikel in der Times enthält bereits die

wichtigsten Fakten. Doch die Detektive wol-len sicher die beiden Bobbys nach weiterenDetails befragen.

Constabler Edward RobinsonEr ist klein und eher drahtig, mit kurzen

braunen Haaren und einem glatt rasiertenGesicht. Der Enddreißiger ist bereits seit 14Jahren Bobby. Im Stadtteil Blackheath arbei-tet er seit sechs Jahren. Momentan liegt er imGuy’s Hospital, um seine Schussverletzungauszukurieren. Die Kugel hat seinen linkenArm durchschlagen. Robinson ist schon wie-der recht munter, wenn ihm auch die großeAufmerksamkeit, die ihm neuerdings gezolltwird, etwas unangenehm ist. Dennoch freut

er sich über die positiven Seiten. Schließlichwar sogar der Innenminister zusammen mitdem Commissioner zu Besuch und er ist be-fördert worden.

Aussage: Er patroullierte kurz vor derMorgendämmerung des 9. Oktobers in Le-wisham Hill. Er wurde aufmerksam, weil derLichtschein im Erdgeschoss des Hauses Nr.23 immer wieder hin- und herhuschte, als objemand dort umherginge. Wegen der Ein-bruchserie hatte man in seiner PolizeistationGreenwich verfügt, dass jeweils zwei Bobbys

nahe beieinander patroullieren sollten. Des-halb wusste er, dass sein Kollege in der Nähesein musste. Als Constabler Girling eintraf,gingen sie wie in der Zeitung beschriebenvor. Der Einbrecher nutzte ein Fenster nur

wenige Schritte von seiner eigenen Positionentfernt zur Flucht. Robinson wollte ihm denWeg abschneiden, doch da schoss der Unbe-kannte. Der Bobby warf sich zu Boden. DerVerbrecher gab einen zweiten Schuss ab, ver-mutlich weil er Constabler Girlings herannah-ende Schritte hörte. Diese Ablenkung nutzte

Robinson, sich auf den Schützen zu werfen.Doch der feuerte erneut und traf den Polizis-ten in den Arm. Er versuchte dennoch, denGauner festzuhalten, aber der wehrte sichheftig, und schließlich verließen Robinsondie Kräfte, was er sich immer noch vorwirft.So kam Girling zu spät.

Immerhin konnte er seinem Gegner dieWae entwinden. Sein Kollege verfolgteihn, doch der Unbekannte konnte deutlichschneller rennen als er selbst.

Robinson ist beim Bericht deutlich erschüt-tert. Er ist sich sicher, dass der Einbrecherihn hatte erschießen wollen. Trotz manchbrenzliger Situation in seinen Dienstjahrenhat er eine solch massive Bedrohung nochnicht erlebt. Den Grund kennt er nicht. DerUnbekannte hatte nur eine nicht einmal be-sonders prall gefüllte Umhängetasche dabei,also keine großen Beutestücke. Seine Kör-perstatur war der des Bobbys ähnlich. Weiles noch ziemlich dunkel war, hat er von sei-nem Gesicht kaum etwas erkennen können.Aufgefallen sind ihm nur die abstehenden

Ohren und der dichte Schnurrbart.Constabler Thadeus Girling

Ihn treen die Detektive in der Polizeistati-on Greenwich an. Er ist das genaue Gegenteilvon Constabler Robinson, groß, blond, mitblauen Augen und von kräftiger, wohlge-nährter Statur.

Aussage: Girling berichtet im Wesentlichen

das Gleiche wie Robinson. Er hatte durch dieFenster die schattenhafte Gestalt des Ein-brechers gesehen, wie dieser mit einer abge-blendeten Laterne durch die Räume huschte.Deshalb kann auch er zum Aussehen dessel-ben nicht viel mehr als sein Kollege aussa-gen. Als er an die Vordertür klopfte, rannte

der Einbrecher sofort in die hinteren Räume.Weil er aus dem Garten Stimmen hörte, lief ersofort um das Haus herum. Leider versperrteein niedriger Zaun den direkten Zutritt zumGarten, dessen Tor verschlossen war, so dasser den Zaun erst überklettern musste. Kaumauf der anderen Seite, peitschte ein Schussauf und er duckte sich, bis er einen drittenSchuss hörte. Erst nach einigen Augenbli-cken wagte er sich aus der Deckung, auchweil er Kampfgeräusche hörte. Auf dem Ra-sen rangen zwei Männer miteinander, doch

als er hinrannte, riss sich einer los und rannteblitzschnell davon. Er trug nur eine Umhän-getasche. Als er sah, dass sein Kollege nochlebte und ihm aufmunternd mit der erbeute-ten Pistole zuwinkte, machte er sich an dieVerfolgung, doch der Unbekannte war deut-lich schneller er selbst.

Auch Girling ist betroen von dem Verhal-ten des Ganoven. Dass jemand auf einen Bob-by schießt, wertet er als besondere Schuld.Er hot, dass der Täter bald verhaftet wird.

D taBlackheath ist ein kleiner, etwas verträumt

wirkender Stadtteil, der teils zum Stadtbe-zirk Lewisham gehört, teils zu Greenwich.Er grenzt direkt an den südlichen Teil desgroßen Greenwich Parks. Namengebend istder Blackheath Hill, eine großes Areal oe-nes Grasland, das quasi den nördlichen Teildes Greenwich Parks mit dem berühmten

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Abenteuer 

SChüSSE In BlaCKhEath

Observatorium bildet. Weil das Gras dunk-ler scheint als üblich, wurde es als „Schwar-ze Heide“ (Blackheath) bezeichnet. Das sogenannte Village – mit der Blackheath Rail-way Station auch das Zentrum – südlich desHeath gehört zu Lewisham, die nördlich undöstlich gelegenen Häuser zu Greenwich. Dasmarkanteste Bauwerk ist die 1857 errichteteAll Saints Church mitten auf dem Heath. InBlackheath wohnen vor allem Angehörigeder Mittel- und Oberschicht, aber auch Be-dienstete und andere Menschen, die für die

Infrastruktur wie für zahlreiche kleine Ge-schäfte sorgen.

Die Straße Lewisham Hill liegt am west-lichen Rand des Heath und zweigt von derHauptstraße Lewisham Road ab. Die Nr. 23ist ein typisches englisches Reihenhaus miteinem winzigen Vorgarten, einer schmalenFront und einem kleinen Garten hinter demeinstöckigen Haus. Das kleine Haus ist ausrötlichem Stein gebaut. Haus und Garten ma-chen einen gepegten Eindruck. Währendden Vorgarten einige Blumen verschönern,

beinhaltet der hintere Garten außer einemkleinen Rasen und ein paar Blumenrabattenauch Gemüse- und Kräuterbeete. Die Spu-ren des Geschehens sind noch vorhanden:Während sich der Rasen inzwischen wiederaufgerichtet hat, sind einige Blumen arg zer-trampelt. Dort ist auch die Erde etwas zer-wühlt und mit Blutecken gesprenkelt. EineSpur beginnt unter einem der Fenster. DieAbdrücke stammen Schuhen ohne besonde-re Kennzeichen. Die Größe deutet auf einenhöchstens mittelgroßen Mann mit schmalen

Füßen. Die anderen beiden Spuren könnenals die der beiden Bobbys identiziert wer-den.

An der Stelle des Kampfes kann im Bodeneine Pistolenkugel Kaliber .44 gefunden wer-

den. Die beiden anderen sind erst nach län-gerer Suche in einem Busch und dem Stammeines Baumes zu entdecken. Beide stehen inRichtung des Weges, den man am Haus ent-lang gehen muss, um von vorne in den hinte-ren Garten zu gelangen.

Diese Spuren können die Detektive nur n-den, wenn sie sich umgehend auf den Wegmachen. Ansonsten haben vor allem diezahlreichen Journalisten zumindest die Fuß-abdrücke zertrampelt.

Di BuDas Ehepaar Simco war einige Tage nach

Bath gereist und kehrt nach einem Tele-gramm von Scotland Yard am 12. Oktober zu-rück. Sie sind weder über den Einbruch nochüber den Aufruhr, den der Fall verursacht,erfreut, zumal nun ständig Reporter an ihreTür klopfen. Das Ehepaar zeigt bereitwilligalle Räume und den Garten und beschreibteingehend die gestohlenen Stücke.

Die Beschreibung zeigt, dass der Dieb we-niger auf wertvolle, aber schwer zu verkau-fende Einzelstücke aus war als vielmehr aufBeute, die zwar insgesamt nicht so viel Geldeinbringt, aber eher von den Hehlern ange-nommen wird, weil sie leichter verkäuich ist(s. Das Ehepaar Simco – Aussage). Das passtzu den bisherigen Raubzügen des Black-heath-Phantoms. Gleichzeitig sollten sich dieDetektive aber auch darüber wundern, dassder Einbrecher für diese geringe Beute mitseinen Schüssen auf den Bobby die Todes-strafe riskierte. Denn sonst wäre er mit weni-gen Jahren Gefängnis davongekommen.

Anmerkung

Die Suche nach Fingerabdrücken ist 1878noch kein Thema – auch nicht für die Detek-tive.

Das eaa SiBeide sind Mitte fünfzig und bewohnen

das Häuschen allein. Die einzige Tochter istvor einigen Jahren nach ihrer Heirat ausge-zogen und wohnt nun in Surrey. Mr. VincentSimco, schmal, mit Bauchansatz und deutli-chem Haarrückgang auf dem Kopf, arbeitetin der Verwaltung der Royal Albert Hall. Mrs.Elsbeth Simco, etwas fülliger, die grauenHaare hochgesteckt, ist Hausfrau und bes-sert das Familienbudget mit dem Klöppelnvon Spitzendeckchen auf. Das Paar verfügterkennbar über keine besonderen Reichtü-mer, das Haus muss Mr. Simco von seinemkleinen Gehalt noch einige Jahre abbezah-len. Für die Reise haben beide lange gespart,weshalb diese Unterbrechung besonders un-erfreulich ist.

Aussage: Zum Hergang der Tat könnenbeide keine Angaben machen. Gestohlenwurde nur wenig und nichts wirklich Wert-volles: eine einfache, momentan kaputte Ta-schenuhr aus Messing (Mr. Simco war nochnicht dazu gekommen, sie zum Uhrmacherzu bringen), ein Scheckbuch mit einer wegender Reise verbliebenen Summe von £15 undeinige kleine Schmuckstücke. Das einzigeauällige Stück ist ein silberner Anhänger miteinem Bernstein, den Mrs. Simco von ihrerMutter zur Hochzeit bekam. Dieses Erbstückbedeutet ihr sehr viel. Der ideelle Wert über-

trit den tatsächlichen bei weitem.

DIe SUche NAch Demtäter

Die Detektive stehen deutlich unter Druck,möglichst bald den Täter zu präsentieren.Sind sie bei Scotland Yard beschäftigt, soheizt ihnen Superintendent Williamson aufDruck des Commissioners und des Innenmi-nisters kräftig ein, sich zu beeilen. Den ande-ren sitzen Mrs. Simco, die Presse bzw. öent-liche Meinung und natürlich die Konkurrenzder Polizei im Nacken.

Die Detektive haben nicht viele Möglich-keiten. Der Einbrecher wird sicher versu-chen, seine Beute zu verkaufen. Sie könnenalso versuchen, verschiedene Hehler nachdem auälligen Anhänger zu befragen. Ent-weder kann einer der polizeibekannten Heh-ler weiterhelfen oder, wenn der Spielleiteres den Detektiven nicht zu einfach machenoder ein Bonbon für den Geheimpolizistenpräsentieren möchte, verweist dieser Hehlerauf einen bisher unbekannten „Kollegen“,der dem Hörensagen nach einen solchenAnhänger gerade zum Verkauf anbietet (s.Der Hehler). Der Spielleiter kann den Hin-tergrund des Hehlers variabel an seine Be-dürfnisse anpassen. Je nachdem, wie viel er

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Abenteuer 

SChüSSE In BlaCKhEath

der Gruppe zutraut, kann der Spielleiter denAnhänger direkt im Schaufenster platzieren,sonst zeigt ihn der Hehler erst, wenn man ge-zielt nach einem Schmuckstück mit Bernsteinfragt („ein besonderes Stück“).

Die Detektivekönnten anhandder genauen Be-schreibung des An-hängers von Mrs.Simco auch aufdie Idee kommen,eine Zeichnungin der Zeitung zuveröffentlichen.Sind sie weder aufden Hehler nochüber die Wae aufdie Stammkneipe

gestoßen (s. TheGolden Barrel),meldet sich zweiTage nach dem Ein-bruch Miss Halcut,eine junge Frau aus einfachen Verhältnissen,die den Anhänger an diesem Morgen in ei-nem kleinen Schmuckgeschäft in Deptfordgekauft hat. Sie fürchtet zwar, verhaftet zuwerden, möchte aber auch kein Diebesgutbehalten. Miss Halcut führt die Detektive zudem Geschäft von Mr. Stranton.

Alternativ kann der Spielleiter sie aufandere Weise zum Goldenen Fass führen.Vielleicht meldet sich ein Informant beimGeheimpolizisten (oder einem anderen, derdies wiederum dem CID meldet), dass einGast betrunken damit prahlte, einen Bobby„fertiggemacht und zu Tode erschreckt“ zuhaben.

DdTrotz seiner großen Geschichte ist Dept-

ford inzwischen ein trostloser, herunterge-

kommener Stadtteil direkt an der Themse.Einst lag an diesem Abschnitt des Flussesdie erste königliche, von Heinrich VIII. 1513gegründete Werft (King’s Yard), wo mehre-re historische Ereignisse stattfanden, u. a.arbeitete hier Zar Peter der Große inkognitoals Schisbauer. Doch die guten Zeiten fürden Stadtteil änderten sich, der Schisbauwanderte zu anderen Werften ab, z. B. dengroßen Surrey Commercial Docks im nahenRotherhithe, und die Werft schloss 1869 end-gültig ihre Pforten. Nur ein wenig Industrieblieb. Auch der große Foreign Cattle Mar-

ket, wo importiertes Vieh verkauft und ge-schlachtet wird, ändert nichts an der Armut,die große Teile des Stadtteils beherrscht.

Die Häuser stehen dicht an dicht und sindrecht heruntergekommen, in den düsteren

Hinterhöfen und an den Wänden der schma-len Straßen stapeln sich immer wieder stin-kende Müllberge. Dazwischen sitzen undstehen Bettler, kleine Straßenhändler mitBauchläden oder Karren und oft abgehärmt

wirkende Männer und Frauen in einfachenKleidern. Zwischen all dem spielen schmutzi-ge Kinder und streunen Hunde, Katzen undRatten umher.

Die Detektive werden hier möglicherwei-se unangenehm auallen. Vor allem wennsie sich eleganter kleiden, müssen sie sich

auf provokante Sprüche und Gesten gefasstmachen. Allerdings wird man sie nur angrei-fen, wenn sie gleichermaßen provozierendreagieren. Trotzdem sollten die Detektivemöglichst auf Alleingänge in den nsterenGassen verzichten, wenn sie ihr Abenteuernicht um eine handgreiiche Komponentevertiefen möchten. Weibliche Mitglieder derDetektivgruppe werden zudem mit Penund anzüglichen Blicken bedacht – falls sienicht um ihres guten Rufes willen darauf ver-zichten, diese Gegend aufzusuchen.

Eine ortsübliche Verkleidung wirkt nurecht, wenn die Detektive auch Verhalten undSprache erfolgreich imitieren (gute Würfeauf Schauspielern).

D h Will Stranton betreibt in der Florence Road

nach außen ein kleines Schmuckgeschäft. Erhat sich entsprechend der Gegend auf we-niger zahlungskräftige Kunden spezialisiert,verkauft also Schmuckstücke aus nicht allzukostspieligen Materialien, die nichtsdesto-

trotz teilweise recht hübsch sind. Zusätzlichhandelt er mit allerlei „Kleinkram“ wie ver-zierten Schachteln, Dosen und Kästchen, Va-sen, Geschirr, Spitzendecken usw. Das viel-fältige Sortiment eignet sich hervorragenddazu, gerade die Beutestücke von Kleingano-

ven unterzubringen. Diesem Erwerbszweiggeht der etwas gebückt gehende Mann inmittleren Jahren schon seit längerer Zeitnach. Dabei war er immer vorsichtig, so dassbisher kaum etwas nach außen gedrungenist.

Robert Stranton

Er wirkt stets etwas verknien, das Ge-sicht ist vorzeitig gealtert und in die dünnerwerdenden braunen Haare mischt sich einstarker Grauanteil. Den Anhänger hat er an-geblich von einer alten Frau gekauft. Natür-lich kennt er sie nicht. Die Detektive müssenihn schon gehörig unter Druck setzen, bevorer redet. Erklären sie ihm dagegen, dass derAnhänger aus der Beute von dem Einbrecherstammt, der auf den Bobby geschossen hat,wird Mr. Stranton aschfahl und berichtetfreiwillig, was er weiß. Mit einer solch heißen

Beute will er nichts mehr zu tun haben.Eigenschas- und Fergkeitswerte:

Stufe: 3, Reputation 3

STA 42, GES 64, KON 52, INT 81, AUS 50, BIL65

LP 10

Fertigkeiten: Fälschen 60, Schauspielern45, Stadtkenntnis 50, Wahrnehmung 64

Aussage: Ward nennt sich der Mann, derim Mai erstmals bei ihm auftauchte und ihmein paar kleinere Gegenstände zum Verkauf

anbot. Seitdem versorgt er ihn regelmäßigetwa alle zwei Wochen mit Nachschub. Daes sich stets um einfachere Stücke handelt,die sich gut verkaufen lassen, hat er ihm im-mer alles abgenommen. Wo Ward wohnt,weiß er nicht. Schließlich ist es nicht seineAufgabe, das Privatleben seiner Kunden zukennen. Aber er weiß von anderen „Frei-schaenden“, dass er oft im Goldenen Fassin der Watergate Street nahe dem ForeignCattle Market anzutreen ist. Der Hehler be-schreibt Ward: klein, vielleicht 1,65 m groß,

eher drahtig, irgendwo Ende dreißig, braunekurze Haare, oben auf dem Kopf schon etwasdünn, ein ungewöhnlich dichter Schnurrbartund abstehende Ohren.

Ob die Detektive Mr. Stranton irgendwiebelangen oder ihn als zukünftigen Informan-ten strarei lassen, bleibt ihnen überlassen.

Di Su ds paaksDer Revolver ist ein auälliges Stück. Die

beiden Constabler haben eine solche Waf-fe noch nie gesehen. Erst ein entsprechend

vorgebildeter Detektiv oder ein Experte beiScotland Yard erkennt, dass es sich um ei-nen amerikanischen Colt Single Action Army,genannt Peacemaker, handelt, der zwarerstmals 1873 hergestellt wurde, aber im so

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Abenteuer 

DaS GEhEIMnIS DER GEIStERPIRatEn

genannten Wilden Westen bereits seinen Sie-geszug begonnen hat. Der sechsschüssigeColt hat ein Kaliber von .44, misst insgesamt33 cm und wiegt 1 Kilo. Der Gri ist aus edlemMahagoni gefertigt und mit einer schönenSchnitzerei, die ein sich auäumendes Pferdzeigt, versehen.

Wenn den Detektiven nicht von selbstklar wird, dass ein Revolver dieser Sorte undnoch dazu in dieser besonderen Ausführungungewöhnlich ist für einen britischen Einbre-cher, wird der die Ermittlungen leitende In-spector darauf kommen – oder ein andererPolizeiangehöriger.

Man kann also davon ausgehen, dass derFlüchtige die Wae gestohlen hat. Doch wo-her? Zudem könnte ihn vielleicht jemand beider Tat beobachtet oder irgendwo mit derWae gesehen haben. Der Revolver könntealso zum Einbrecher führen.

Die Detektive können nun verschiedeneWaenhändler in London aufsuchen oder einBild des Colts in einer oder mehreren Zeitun-gen veröentlichen. Die Händler erweisensich als Fehlanzeige. Zwar bestätigt jeder dieEinzigartigkeit des Revolvers und mehr alseiner würde ihn gerne erwerben, doch hatkeiner ihn vorher gesehen.

Suchen die Detektive nicht den Hehler auf,der sie auf der Spur von Wards Stammkneipe

bringt, so erhält z. B. aufgrund der Zeitungs-bilder der Geheimpolizist der Gruppe (odereiner der Polizei, der dies dann den Detekti-ven mitteilt) einen Tipp: Ein Mann, der erstseit ungefähr einem halben Jahr in der be-wussten Kneipe öfter auftaucht, hat dieseWae mehrmals herumgezeigt.

Doch gerade die Zeitungsbilder ergeben– aber erst nach einiger Zeit – eine weitereSpur (s. Ein Colt geht nach Norden).

t Gdn Ba (Das G-dn Fass)Die Kneipe liegt mitten in der Watergate

Street. Die Fenster erlauben schon lange kei-nen klaren Durchblick mehr, die abblättern-de Fassade ist von unbestimmbarer Farbe.Man muss schon sehr nahe an das Pubschildherangehen, um zu erkennen, dass das Fassirgendwann einmal mit goldener Farbe be-strichen worden ist. Innen ist das Fass ge-nauso schmierig wie außen. Die Möbel sindroh zusammengezimmert und das schumm-rige Licht der Gaslaternen kann sich nur müh-sam durch die Rauchschwaden kämpfen.

Boden, Tische und Gläser hätten dringendeine gründliche Reinigung nötig und sindvon einem schmierigen Film überzogen. DasAngebot umfasst einige Sorten Bier und billi-gen Fusel. Das tut der lärmenden Stimmung

aber keinen Abbruch – oder ist wohl eherdafür verantwortlich. Die Gäste sind einfacheArbeiter, Tagelöhner, Straßenhändler oderBettler, die hier versuchen, den tristen All-tag zu vergessen. Die wenigen anwesendenFrauen gehören oensichtlich zum horizon-talen Gewerbe.

Hier müssen die Detektive mit Fingerspit-zengefühl vorgehen. Provokantes Auftretenkann das Goldene schnell in ein Pulverfassverwandeln, auch eine Dienstmarke vonScotland Yard zählt hier nicht allzu viel, vorallem dann, wenn der Detektiv allein ist.

Herr im Haus ist Douglas Croft, von allennur „Doug“ genannt. Er kennt trotz desscheinbaren Chaos seine Gäste gut. Aller-dings besitzt er die von diesen sehr geschätz-te Eigenschaft, strikt neutral zu bleiben undniemals Informationen von und über diesean andere preiszugeben. Das ist auch derGrund, warum hier gerade Kleinganovenund die örtlichen Straßenbanden gerne ihre„Geschäfte“ regeln. Doug macht nur sehrselten eine Ausnahme von seiner Regel.Das werden die Detektive schnell feststel-len. Eine Polizeimarke lässt Doug kalt. Erweiß, dass man ihm nichts vorwerfen kann.Sogar seine Bücher sind ordentlich geführt,das Bier und der übrige Alkohol zwar vombilligsten, aber nicht gepanscht. Erwähnendie Detektive aber, dass sie in dem Fall des

angeschossenen Bobbys ermitteln, sieht dieSache anders aus. Das geht Doug gegen die„Ehre“. Sich mit einem Bobby zu prügeln,mag ja angehen. Aber schießen? Erklären dieDetektive, den Täter unter seinen Gästen zuvermuten, wird Doug ihnen helfen. So einenNestbeschmutzer will er nicht unter seinemDach haben.

Wie viel Arbeit vor den Detektiven liegt,hängt stark von ihren Erkenntnissen ab. Diedürre Beschreibung der Constabler passt aufneun Männer, die hier regelmäßig verkeh-

ren. Bringen die Detektive die zeitliche Kom-ponente ins Spiel, nämlich den Beginn derEinbruchserie seit März, fallen sofort fünfMänner heraus. Diese kamen schon vorherhierher. Die übrigen müssten die Detektiveeinzeln ermitteln. Da sie aber hoentlichdie genauere Beschreibung vom Hehler Mr.Stranton haben (s. Der Hehler) oder den Coltvorzeigen (s. Die Spur des Peacemakers),kann ihnen Doug sofort den passendenMann nennen: John Ward.

Wie die Detektive nun vorgehen, um dem

Gesuchten eine Falle zu stellen, ist ihnenüberlassen. Doug wird sie nicht daran hin-dern, ihn zu verhaften, und auch seine Gästeentsprechend instruieren, falls diese die Ver-haftung mitbekommen sollten.

Douglas Cro

Besitzer des Goldenen Fasses, genannt„Doug“, ein bulliger glatzköpger Mittfünf-ziger, der immer noch beeindruckende Mus-keln und riesige Fäuste vorweisen kann. Inbeiden Ohren trägt er goldene Ringe, dienackten Arme sind mit diversen Tätowie-

rungen übersät. Die Motive können so man-chem viktorianischen Herrn (und vor allemdie Damen) empört Luft holen lassen.

Eigenschas- und Fergkeitswerte:

Stufe: 5, Reputation 3

STA 82, GES 74, KON 72, INT 61, AUS 46, BIL42

LP 14

Fertigkeiten: Faustkampf 75 (AW 45, VW30), Nahkampfwaen (Stuhlbein; Messer) 63(AW 33, VW 30), Stadtkenntnis 50, Wahrneh-

mung 50, Werfen (Messer) 40 (= AW)Aussage: Ward tauchte im Februar zum

ersten Mal auf. Auällig an ihm waren seineetwas steifen Bewegungen, was sich aberspäter gab, und sein abschwellendes blau-es Auge und die geschwollene Lippe. Dougtippt auf eine vorangegangene Schlägerei,vielleicht ein bis zwei Wochen vorher. WoWard wohnt und wie er sein Geld verdient,weiß Doug nicht – will es auch nicht –, aber daer mindestens vier Mal in der Woche kommt,ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die De-

tektive ihn bald antreen werden. Ward hatden Colt ein oder zwei Mal herumgezeigt, alser sehr tief ins Glas geschaut hat.

Typischer Schläger in Depord bzw. im

Golden Barrel

Eigenschafts- und Fertigkeitswerte:

Stufe: 2, Reputation 1

STA 74, GES 66, KON 77, INT 60, AUS 45,BIL 39

LP 15

Fertigkeiten: Faustkampf 70 (AW 40, VW

30), Nahkampfwaen (Stein; Knüppel; Mes-ser) 53 (AW 30, VW 23), Wahrnehmung 50,Werfen (Stein; Messer) 35 (= AW)

eIN mANN SchWeIGtJohn Ward erweist sich selbst für den ver-

siertesten Verhörexperten als harte Nuss.Die Tat bestreitet er, den Colt will er nie ge-sehen haben. Er bezichtigt Douglas Croft derLüge. Immerhin kann ihm mit geschicktenVerhörtechniken (gute Würfe auf Verhören)einer der Detektive seine Adresse entlocken.

Die winzige Wohnung in der HamiltonStreet in Deptford macht den Eindruck einesNotquartiers. Die wenigen Möbel sind buntzusammengewürfelt und in schlechtem Zu-

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DaS GEhEIMnIS DER GEIStERPIRatEn

stand, persönliche Dinge sucht man verge-bens. Immerhin nden die Detektive nebeneiner Umhängetasche, einem Brecheisenund einem Satz Dietriche das auf Mr. SimcosNamen ausgestellte Scheckbuch, ein paarSchmuckstücke, die von den Simcos, aberauch anderen Bestohlenen stammen, undein prächtiges Lederholster, in das der Colthaargenau passt. Aber nichts hier rechtfer-tigt die Schüsse auf die Bobbys.

Jetzt gibt Ward zwar zu, dass ihm der Colt

gehört, aber er will ihn bei einem ihm un-bekannten Straßenhändler gekauft haben.Mehr ist aus dem Mann nicht herauszukrie-gen.

Spätestens jetzt sollten sich die Detektivefür den Colt interessieren (s. Die Spur desPeacemakers). Haben sie bereits Photos inder Zeitung veröentlicht oder an verschie-dene Polizeistationen geschickt, so bekom-men sie einige Tage nach dem Einbruch eineinteressante Meldung aus Sheeld. Wie vie-le Tage das sind, sollte der Spielleiter je nach

dem Vorankommen der Gruppe entscheiden.John Ward

Dieser ist Ende dreißig, sehr schlank, eherdrahtig, ungefähr 1,65 m groß, mit braunen

kurzen Haaren, die sich auf dem Kopf

schon deutlich zu lichten beginnen. In seinhageres Gesicht haben sich bereits einigeFalten eingegraben. Auällig sind der großedichte Schnurrbart und die Segelohren.

Eigenschafts- und Fertigkeitswerte:

Stufe: 3, Reputation 2

STA 62, GES 84, KON 73, INT 67, AUS 48,BIL 44

LP 15

Fertigkeiten: Faustkampf 45 (AW 25, VW

20), Klettern 65, Schauspielern 40, Schlei-chen 53, Schlösser önen 62, Schusswaen(Colt) 30 (AW/VW 15), Stadtkenntnis 30,Wahrnehmung 60, Verstecken 52

eIN colt Geht NAchNorDeN

Die Detektive erhalten aus der nordengli-schen Stadt Sheeld einen entscheidendenHinweis: Der Colt gehörte einem pensionier-ten Major, dem der am 3. Februar gestohlen

wurde. Wichtiger aber noch ist in diesem Zu-sammenhang, dass bei diesem Diebstahl einPolizist ermordet wurde. Die Tat gilt aber alsaufgeklärt, der Täter sitzt im Zuchthaus.

Irgendetwas passt hier nicht zusammen!

Fällt das den Detektiven nicht auf, soerteilt ihnen ihr Vorgesetzter Superin-tendent Williamson den Auftrag, nachSheeld zu reisen und dort genaueInformationen einzuholen. Den Coltdürfen sie mitnehmen.

Am besten geeignet ist ein Zug derGreat Northern Railway, Startpunktist die King’s Cross Station. Sheeldist von London gut 175 Meilen bzw.281 km entfernt. Die Detektive solltenfür die Reise mindestens vier, eherfünf Stunden einplanen.

SdDiese Stadt liegt im südlichen Teil

der Grafschaft Yorkshire direkt amFluss Sheaf und ist das Zentrum derbritischen Stahlindustrie. Gleichzei-

tig ist es aber auch bekannt für dieschlechten Arbeitsbedingungen inden Fabriken, auf welche die Arbeiterimmer wieder mit Streiks und – auchgewalttätigen – Protesten reagieren.Dennoch wächst die Bevölkerung (z.Z. ca. 300.000) massiv, denn Arbeits-kräfte sind ständig gesucht. Die Ober-schicht ist winzig, die meisten Ein-wohner sind Arbeiter, daneben gibtes aber noch zahlreiche Handwerker.Schon vor dem Stahlboom war Shef-

eld ein bedeutender Standort derMesser- und Besteckindustrie.

Im Gegensatz zu den meisten anderenStädten bildet Sheeld keinen konzentrier-ten Ballungsraum, sondern verteilt sich aufmehrere Hügel, so dass mehrere Grüngürtelzwischen den einzelnen Stadtteilen liegen.

SheFFIelDer oFFeNBA-rUNGeN

Sobald die Detektive ihr Hotel bezogen ha-ben, führt sie ihr Weg zweifellos zur Polizei-station, von der das CID informiert wordenist. Inspector Delham begrüßt die Detektivefreundlich und erzählt ihnen alles über diedamaligen Ereignisse, während er den frühe-ren Besitzer des Colts holen lässt.

Im Sommer 1877 begann in der Stadt eineSerie von Einbrüchen. Mindestens zwei Malim Monat schlug der Täter zu. Er stahl vor-nehmlich weniger auällige Schmuck- undDekorationsstücke und natürlich auch Bar-geld. Dabei ging er sehr geschickt zu Werke,so dass die Polizei kaum jemals eine Spurfand – und selbst die waren wenig aussage-kräftig. Es blieb auch unbekannt, wohin erdie Beute schate. Die ortsbekannten Hehlererwiesen sich zumindest in diesem Fall alsunschuldig.

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SChüSSE In BlaCKhEath

Am 3. Februar aber kam es zu einem tra-gischen Ereignis: In den frühen Abendstun-den ertappte oensichtlich Constabler HughCock den Einbrecher auf frischer Tat im Hau-se vom Major Stockwood. Dabei wurde derPolizist erschossen, vielleicht sogar mit demColt des Majors, der zusammen mit einigen

anderen Dingen gestohlen wurde. Vorhermusste es zu einem Kampf gekommen sein,bei dem wahrscheinlich auch der Täter ver-letzt wurde, denn im Esszimmer des Hausesgab es entsprechende Kampfspuren wieumgeworfene Möbel und eine zerbrocheneVase, außerdem führte ein dünne Spur vonBlutstropfen nach draußen.

Nach eberhafter Suche verhaftete manschließlich am 10. Februar William Habron.Natürlich leugnete er die Tat. Aber er warin seinem Beruf als Handwerker für Klein-

reparaturen in der ganzen Stadt unterwegsund hatte nachweislich einen Großteil derausgeraubten Wohnungen und Häuser vor-her besucht – auch das Haus des Majors.Außerdem hatte er in seiner Jugend bereitseinmal einen Diebstahl begangen (Zwiebelnauf dem Markt). Das letzte Indiz aber war,dass er leicht verletzt war, sicher von demKampf mit dem Polizisten. Zwar behaupteteMr. Habron, einen Unfall mit seinem Fahrradgehabt zu haben und dabei aufs Gesicht ge-fallen zu sein, doch dieses hatte er bestimmt

nachträglich demoliert. Jedenfalls hörtendie Einbrüche nach seiner Verhaftung auf,weshalb man davon ausging, den Richtigenerwischt zu haben.

Major a. D. Arthur Hubert Stockwood

Der alte Soldat ist trotz seiner 76 Jahrenoch sehr rüstig, schlank, weißhaarig, mit ei-nem gewaltigen Backenbart und einem leich-ten Bauchansatz, den auch seine aufrechteHaltung nicht ganz verbergen kann. Der glü-hende Patriot hat sich nach seiner Pensionie-rung in seiner Geburtsstadt zur Ruhe gesetzt.

Obwohl er in der Armee in Indien und Afrikawar, wollte er doch einmal die „abtrünnigenKolonien“ in Amerika besuchen, was er 1876mit seiner Frau auch tat. Von dieser Reisebrachte er den Colt als Souvenir mit.

Aussage: Mr. Stockwood erkennt denPeacemaker sofort als denjenigen, der ihmgestohlen wurde. Er und seine Frau warenan dem bewussten Abend bei Freunden zumKartenspiel eingeladen. Als sie zurückkehr-ten, fand das entsetzte Ehepaar im Esszim-mer, in dem es ein paar Kampfspuren gab,

den toten Polizisten. Übrigens hatte dortder Colt in seinem Holster zur Zierde an derWand gehangen. Außer der Wae waren einpaar Schmuckstücke, eine Taschenuhr unddas in der Teedose auewahrte Bargeld von£24 verschwunden. Der Major hot, den Colt

bald wieder an die Wand hängen zu dürfen.

Iungn und WiungnDen Detektiven wird sicherlich klar, dass

der Fall des Blackheath-Phantoms plötzlichgrößere Ausmaße annimmt. Ward scheintetwas mit dem Cock-Fall zu tun zu haben. Zu-

dem ähnelt die Beschreibung der Einbrüchein Sheeld auällig denen von Blackheath.Hinzu kommt, dass die Sheelder EinbrücheAnfang Februar mit dem Polizistenmord en-deten, Ward aber erstmals Mitte Februar inLondon zweifelsfrei gesehen wurde und dortAnfang März die Einbruchserie begann.

Zeigen die Detektive ein Photo Wards odergeben eine genaue Beschreibung ab (diesefordert der Inspector ggf. ein), nimmt der Fallnoch eine neue Wendung: Inspector Delhamerkennt in ihm einen Mann, der vor einigen

Monaten als vermisst gemeldet wurde. Nacheinigem Suchen präsentiert er den Detekti-ven ein Hochzeitsphoto, datiert vom 4. April1874. Der Mann des nur einfach geschmück-ten Paares ist eindeutig John Ward!

Nun wird oenbar, dass er einen falschenNamen benutzt. Eigentlich heißt er CharlesPearce und wurde am 14. Februar diesenJahres von seiner Frau oziell als vermisstgemeldet!

Di vassn eau

Mrs. Pearce wohnt in einer kleinen Woh-nung in einem vierstöckigen Haus in einer Ar-beitersiedlung in Burngreave, einem Stadtteilnördlich des Zentrums. Sie arbeitet in einerFabrik, die Bestecke herstellt, und ist dahernur abends zu Hause anzutreen. Natürlichkönnen die Detektive die Frau auch an ihremArbeitsplatz aufsuchen. Sobald der Vorarbei-ter hört, dass seine Arbeiterin von der Polizeibesucht wird, will er genau wissen, ob siesich etwas zuschulden kommen ließ. In die-sem Fall würde sie sofort entlassen werden.

Cynthia Pearceist eine unscheinbare Frau Ende zwanzig,einfach, aber sauber gekleidet, mit zu einemZopf gebundenen blonden Haaren. Sie ist an-gesichts des hohen Besuchs aus London einwenig eingeschüchtert, beantwortet aberoen alle Fragen.

Aussage: Sie lernte ihren Mann in ihrer Fa-brik kennen. Doch vor etwa zwei Jahren kün-digte er, um „etwas Besseres zu machen“.Sie wusste nie genau darüber Bescheid, aberer brachte mal mehr, mal weniger Geld nach

Hause. Ab und zu verschwand er für zweioder drei Tage, hatte dann aber immer ge-nug Geld dabei, dass sich die beiden auchmal eine kleine Anschaung wie ein neuesKleid oder ein Möbelstück leisten konnten.

Deshalb machte sie sich auch erst keine Sor-gen, als er am 3. Februar abends nicht nachHause kam. Am 8. Februar ging sie aber danndoch zur Polizei, wo man ihr riet, noch einpaar Tage zu warten. Am 14. Februar wurdeer dann oziell als vermisst gemeldet.

Mrs. Pearce erkennt nach der Beschreibungund natürlich auf dem Photo ihren Mann so-fort wieder. Sie wirkt nicht sehr unglücklich.Sie mochte Charles, die große Liebe war esaber nicht. Warum ihr Mann sie verlassenhat, weiß sie nicht. Sie hatten keinen Streit,aber sie vermutet ihre bisherige Kinderlo-sigkeit als Grund. Keiner der Nachbarn hatteCharles an diesem Tag gesehen. Einzige Aus-nahme war Mr. Peabody, der örtliche Wirt,wo Charles mittags eine Hafergrütze zumEssen kaufte.

Wi AussagnMr. Peabody wird dies den Detektiven be-stätigen. Mehr weiß er nicht. Beschreibt manihm das Blackheath-Phantom oder zeigt ihmein Photo, erkennt er darauf sofort CharlesPearce. Auch der Vorarbeiter der Fabrik, inder Mrs. Pearce arbeitet, wird dessen Identi-tät bestätigen und dass er bis vor etwa zweiJahren dort gearbeitet hat.

Vaiann – Au and Wgn na SdFalls die Detektive nicht wie beschrieben

über den Colt die Spur nach Sheeld nden,gibt es noch andere Möglichkeiten. Habensie statt von der Wae vom verhaftetenMr. Ward ein Photo veröentlicht, wird sichebenfalls die Sheelder Polizei melden, dies-mal natürlich mit der Mitteilung, dass es sichum den seit Februar vermissten Charles Pear-ce handelt. Alles weitere ergibt sich dann inSheeld.

Etwas schwieriger wird die Sache desSpielleiters, wenn die Detektive von sich auskein Photo in die Zeitung bringen. Dann kanndies immer noch ein eifriger Journalist getanhaben. Oder ein vor kurzem aus Sheeldnach London versetzter Kollege erinnert sichan die dortige Einbruchserie ... Ein weiteresIndiz kann für sprachlich versierte DetektiveMr. Wards Aussprache sein, die zeigt, dass erkeinesfalls aus London stammt, sondern ausYorkshire.

eIN JUStIzIrrtUm?Sicher möchten die Detektive den ver-

meintlichen Täter William Habron aufsuchen.Der sitzt im Zuchthaus in Wakeeld. Ange-sichts der neuen Beweislage erhalten die De-tektive eine Besuchserlaubnis.

Das wuchtige Gebäude mit den dicken

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SChüSSE In BlaCKhEath

hohen Mauern wirkt außen genauso düsterund abweisend wie innen. Sämtliche Fens-ter und Türen sind vergittert – und es sindviele Türen, durch die die Detektive von denWachmännern geleitet werden. Der Direk-tor überprüft penibel ihre Besuchserlaubnis.Weiblichen Detektiven verwehrt er den Be-

such kategorisch. Überhaupt ist er deutlichschlecht auf Habron zu sprechen. Fragt manihn nach dem Grund, sagt er nur: „Polizisten-mörder!“ Habron wurde zu lebenslänglicherHaft verurteilt, in seinen Augen ein zu mildesUrteil. Grund war die Tatsache, dass er alleinnach Indizien gerichtet wurde, denn ein Ge-ständnis hat er nicht abgelegt. Die Detektivetreen Habron in einem speziellen Besuchs-raum, der bis auf einen Tisch mit zwei Stüh-len leer ist. Der Häftling wird mit Handschel-len gefesselt hereingeführt. Es ist ständig ein

Wärter anwesend.Wakefeld

Die mit gut 20.000 Einwohnern erheblichkleinere Stadt liegt gute 30 Meilen bzw. 48km nördlich von Sheeld. Sie ist von dortaus gut mit dem Zug erreichbar. Kornhan-del, Textilindustrie und Kohlebergbau sinddie Säulen ihrer Wirtschaft. Die Detektivewerden wahrscheinlich von der Stadt selbstkaum etwas zu sehen bekommen.

William Habron

Er ist Anfang vierzig mit kurz geschorenen

schwarzen Haaren, einigermaßen glatt ra-siert, hochgewachsen und kräftig, wenn auchinzwischen etwas mager und abgehärmt.

Mr. Habron ist eine Art „Allround“-Hand-werker, der für allerlei Kleinreparaturen oderHilfsarbeiten in Haus und Garten stunden-oder tageweise engagiert wird.

Aussage: Der bedrückt wirkende Mannkann kaum glauben, dass die Detektive inseinem Fall noch einmal ermitteln oder garetwas Positives für ihn erreichen könnten. Erberichtet ihnen quasi dasselbe wie Inspector

Delham. Habron beteuert seine Unschuld anden Einbrüchen und vor allem am Tod vonConstabler Cock. Nur von Berufs wegen habeer viele Häuser besucht. Erst im Gerichtssaalsei ihm aufgefallen, dass vor allem seit demHerbst immer öfter gerade in die Häuser ein-gebrochen wurde, die er einige Tage vorheraufgesucht hatte. Und er sei tatsächlich zweiTage vor dem Mord mit dem Fahrrad ge-stürzt und habe sich dabei einige Verletzun-gen im Gesicht zugezogen.

Beim Gespräch mit Habron stellen die De-tektive schnell fest, dass er entgegen seineräußeren Erscheinung ein eher schüchterner,zurückhaltender Mensch von geringer Bil-dung ist. Er schaut oft zu Boden und sprichtnur wenig. Dazu mag ein leichtes Stotternbeitragen. Seine „Jugendsünde“, der Zwie-

beldiebstahl auf dem Sheelder Markt,wurmt ihn noch heute. Er war damals 16 Jah-re alt und erhielt als Strafe fünf Peitschenhie-be und musste für ein Jahr in ein Arbeitshaus.Er schwört, seitdem nichts Ungesetzlichesmehr getan zu haben, was die Polizei bestä-tigen kann.

Zeigen ihm die Detektive ein Photo vonPearce oder beschreiben diesen genau,meint er sich erinnern zu können, einen sol-chen Mann ein- oder zweimal bemerkt zuhaben, wenn er in einem Haus eine Repara-

tur ausgeführt hat. Er hat sich aber nie etwasdabei gedacht.

Möchte der Spielleiter diesen Beweis fürdie Gruppe sicherer machen, so ist Habronfest überzeugt, Pearce gesehen zu haben.

GeSteheN SIe!Wenn die Detektive nach London zurück-

kehren, haben sie hoentlich eine MengeBeweise gegen Charles Pearce alias JohnWard im Gepäck. Der leugnet noch eine Wei-

le, doch spätestens, wenn sie ihm InspectorDelham gegenüberstellen, gesteht er alles.Schon in der Zeit, als er noch in der Fabrikbeschäftigt war, besserte er seinen Lohn mitkleineren Diebstählen auf. Doch er fühlte sichzu mehr berufen und startete eine „Karrie-re“ als Einbrecher. Dabei stieß er nach einerWeile auf William Habron, dessen Aufträgener in unregelmäßiger Folge einen Einbruchfolgen ließ. Er wollte den Verdacht nicht zusehr auf ihn lenken, um noch möglichst langein Sheeld „arbeiten“ zu können. Erst wennHabron verhaftet würde, würde er sein Tätig-

keitsfeld wechseln. Seine Frau war ihm egal,sie diente nur als Tarnung. Doch dann ertapp-te ihn der Constabler auf frischer Tat im Hausvon Major Stockwood. Er kämpfte mit ihm,bekam zufällig den Colt in die Finger – undschoss. Ward schwört, dass es ein Unfallwar. Panisch verließ er Sheeld noch in derNacht und tauchte in London unter. Kaumwar er wieder einigermaßen auf den Beinen,war auch das Geld aus dem Verkauf der Beu-

te aufgebraucht. Also startete er eine neueEinbruchserie. Und als ihn die beiden Bobbysbei den Simcos überraschten, verlor er dieNerven ...

Nach dem Verbleib der Beute aus sei-nen Sheelder Raubzügen befragt, nenntPearce einen Hehler in Manchester. Inwie-weit die Detektive hier tätig werden, bleibtdem Spielleiter überlassen.

Damit ist der Fall gelöst und Charles Pearcewird in Old Bailey bald der Prozess gemacht.Während ihn der Strick erwartet, gibt esnoch ein kleines Problem zu lösen: WilliamHabron. Eine Revision ist nach dem Gesetznicht möglich. Hier erwartet die Detektiveeine letzte Mission: Sie werden mit einemSchreiben des Innenministers zum Zucht-haus geschickt. Der überglückliche WilliamHabron wird in aller Stille entlassen und er-hält eine Entschädigung von £800. Er nimmteinen neuen Namen an und beginnt in Man-chester ein neues Leben. Über diesen letztenAkt muss allerdings Stillschweigen gewahrtwerden – auch vom Journalisten.

zeItleISteSommer 1877: Charles Pearce verlegt sich

von verschiedenen Gaunereien auf Einbrü-che, Beginn der Einbruchserie in Sheeld

3. Februar 1878: Constabler Cock über-

rascht Pearce im Haus von Major Stockwoodund wird von diesem erschossen

4. Februar 1878: Pearce ieht überstürztnach London und nennt sich fortan JohnWard

10. Februar 1878: William Habron wird ver-haftet

14. Februar 1878: Cynthia Pearce meldet ih-ren Mann als vermisst

Anfang März 1878: Pearce/Ward beginntseine Einbruchserie in London

9. Oktober: Pearce/Ward wird im Haus derSimcos von den beiden Bobbys überrascht

11. Oktober: das Abenteuer beginnt

Anmerkung

Das Abenteuer basiert auf einem tatsächli-chen Kriminalfall in London und Sheeld desJahres 1878, den ich für diesen Zweck eigensausgestaltet habe (beschrieben in Der Wür-ger von Notting Hill von Christian Heermann).

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pivat eytExt: ULRIKE PELCHEN

Private Eye (engl. Privatdetektiv) ist einRollenspiel für Krimifans, für Leute, die De-tektivabenteuer spielen möchten – und zwar„richtige“ Detektivabenteuer, kein Inter-mezzo zwischen der Monsterjagd und demDungeoncrawl. Ihr Schwerpunkt liegt aufdem lustvollen Kombinieren. Aus verschie-denen Indizien und Aussagen sind diejenigenherausltern, die der Wahrheit entsprechen,und diese müssen dann wie ein Puzzle zu-sammengesetzt werden, damit sich am Endedas komplette Bild des Verbrechens ergibt– und dieses somit aufgeklärt werden kann.

Auch wenn Private Eye dieselben Spiel-mechanismen wie ein Fantasy-Rollenspielverwendet, muss man die Fantasy weitge-hend streichen. Hintergrund ist unsere realeErde Ende des 19. Jahrhunderts. Egal wie un-heimlich der Fall auch beginnt, wie seltsammanche Erscheinungen auch sein mögen,so hat doch am Ende alles eine natürliche Er-klärung. Es gibt keine Magie, keine Monster,keinen Mythos. Man kann Private Eye auchals ein historisches Rollenspiel bezeichnen,denn einen Gutteil seiner Atmosphäre be-zieht es aus dem Erleben einer Zeit, die nochgar nicht so lange vergangen scheint. Des-halb kommt einem einerseits vieles vertrautvor und scheint dann doch andererseits wie-der unendlich weit weg zu sein, fast wie eineandere Welt.

GeSchIchtePrivate Eye ist trotz des englischen Na-

mens eine deutsche Eigenentwicklung. Thilo

Bayer, Frank Bezner und Jan Christoph Stei-nes, alle in der Fanszene aktiv, entwickeltendas Rollenspiel, das 1988 auf der Spielmessein Essen das Licht der Welt erblickte. Das dün-ne kopierte Heft im braunen Einband fandschnell eine Fangemeinde, denn es betratmit seiner Ausrichtung auf Detektivabenteu-er und die reale viktorianische Zeit in dop-peltem Sinne Neuland. Beügelt durch denErfolg gründete Thilo Bayer den Verlag B&B-Productions. Das Regel- und gleichzeitig Hin-tergrundwerk erlebte noch zwei Auagen,die letzte 1993, wobei es jedes Mal erheblichan Umfang gewann. Zudem erschienen fünf„ozielle“ Abenteuer, z. T. mehrfach neuaufgelegt: Eine tödliche Wette (nur in der1. Auage des Regelwerks), Der Schreckenvon Randall Castle, Der Millionencoup, Der

doppelte Biber und Auge um Auge. WeiteresMaterial erschien in den Fanzines AdventureMaster und Trodox.

Seit der Mitte der 90er-Jahre wurde es stillim Private Eye, berufsbedingt hatten die dreiEntwickler immer weniger Zeit für ihr Sys-tem. Abenteuer und Regelwerk wurden zugesuchten Sammlerstücken und nur der Tro-dox brachte ab und an noch ein Abenteuer.

Zur Jahrtausendwende stieß die Redakti-on Phantastik, bisher durch den Phantastik-

Kalender und die Master’s Survival Packsbekannt, auf das Rollenspiel. Seitdem veröf-fentlicht der kleine Zweifrauenverlag sowohldie alten Abenteuer in optisch und inhaltlichaufgearbeiteter Form als auch neues Mate-rial. Auch das Grundregelwerk ist – passendzum 20-jährigen Jubiläum – 2008 in einerHardcoverversion neu erschienen.

hINterGrUNDFür die stimmige Umgebung bietet das

Rollenspiel einen besonderen Hintergrundan: unsere reale Erde in der viktorianischenZeit. Genauer gesagt liegt das Augenmerketwa auf den Jahren 1875-1895, also der Zeitdes berühmtesten aller Detektive: SherlockHolmes. Die Spieler agieren in der klassi-schen Zeit der Detektivgeschichten, der sogenannten Gaslight-Epoche.

Dafür bietet das Regelwerk, das zum größ-ten Teil aus Hintergrundmaterial besteht,umfangreiche Informationen. Zum einen all-gemeine zu Themen wie Verkehr, Technik,Mode, Postwesen usw., aber auch speziellezu den Methoden kriminalistischer Untersu-chungen, die in dieser Zeit bekannt und mög-lich sind. Da müssen sich die Spieler schnellvon ausgefeilten Methoden à la CSI verab-schieden. Fingerabdrücke? Erst gegen Endedes Jahrhunderts bekannt. Blutspuren? Aufjeden Fall nachweisbar, allerdings kann Blutnicht nach Mensch oder Tier unterschiedenwerden, von einer individuellen Zuordnungganz zu schweigen.

Traditionell ist Private Eye in England an-gesiedelt. Nicht umsonst besteht ein großerTeil des Regelwerkes aus Hintergrundinfor-mationen zum viktorianischen England imallgemeinen und London im besonderen. Soist auch Scotland Yard, speziell dessen De-tektivabteilung, diejenige Behörde, mit der

die Charaktere besonders häug zu tun be-kommen.

reGelNcaaksafung, eign-san und FigkinMan kann Private Eye als Old-School-Sys-

tem bezeichnen. Die Regeln – sie machen26 Seiten im 256 Seiten starken Regelwerkaus – sind bewusst einfach gehalten. Sie sind

als Grundgerüst gedacht, damit grundsätz-liche Abläufe wie Proben auf Eigenschaftenund Fertigkeiten und Kämpfe abgewickeltwerden können. Das tatsächliche Spiel, dieErmittlungen und dabei das Ausspielen dereigenen Rolle, soll dagegen frei ablaufen.Eine Grundlage dafür ist die sorgsame Cha-raktererschaung, auf die sich ein Großteilder Regeln bezieht. Es kann auf das Würfelnauch weitgehend verzichtet werden. Dannspiegeln die Werte wider, wie gut man be-stimmte Dinge beherrscht, und man wickeltdas Spielgeschehen vor allem über das Er-

zählen ab.

Der Charakter verfügt über sechs Grundei-genschaften: Stärke (STA), Geschicklichkeit(GES), Konstitution (KON), Intelligenz (INT),Ausstrahlung (AUS) und Bildung (BIL). Durchsechs Würfe mit dem W100 ermittelt derSpieler eine Anzahl von Punkten, die er nachseinen Wünschen auf diese Eigenschaftenverteilt. Die Werte sollen zwischen 10 (Mini-mum) und 97 (Maximum) liegen.

Dann erfolgt die Entwicklung der Fertig-

keiten. Es stehen 22 Fertigkeiten zur Aus-wahl. Auch hier gilt es wieder, die Punktefrei zu verteilen. Wie viele das sind, hängtnicht nur von der Höhe, sondern auch vonder Anzahl der Würfelwürfe ab, die man ma-chen kann. Besondere Bildung, Intelligenzund Geld können diese erhöhen. Aus demermittelten Punktepool verteilt der Spielerseine Punkte, sollte dabei aber bereits einenSchwerpunkt auf die Fertigkeiten legen, dieseinem gewählten Beruf entsprechen. Hierliegen die Werte zwischen 05 und 97. EinigeFertigkeiten sind nur als Gruppe angelegt, z.

B. Fremdsprachen oder Wissenschaft. Darinkann der Spieler auch mehrere Fertigkeitengetrennt erlernen, z. B. mehrere Sprachenwie Französisch oder Spanisch oder unter-schiedliche wissenschaftliche Gebiete wie

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Medizin oder Chemie. Außerdem ermuntertdas Regelwerk ausdrücklich zur Kreierungneuer Fertigkeiten.

Deshalb gibt es sogar ein zweites Charak-terblatt, auf dem keine Fertigkeiten aufge-listet sind. Dieses kann als Ergänzung zumersten verwendet werden von diejenigen,denen dieses nicht ausreicht, aber auch alseinziges Charakterblatt für Spieler, die ihrenCharakter lieber möglichst frei entwickelnmöchten.

Um den Charakter abzurunden, werdennoch die Lebenspunkte ermittelt und ver-schiedene persönliche und soziale Eigen-schaften wie Ausbildung, Herkunft, Ver-mögen und die Reputation (das Ansehen)festgelegt. In der hierarchischen Gesellschaftder viktorianischen Zeit beeinussen dieseDinge das Auftreten und die Möglichkeiteneines Charakters stark.

Private Eye ist ein stufenbasiertes System.Hat man ausreichend Erfahrungspunkte fürdie nächste Stufe gesammelt, wird wiederein Punktepool ermittelt und die neuen Punk-te nach den bekannten Prinzipien verteilt.Natürlich können sich in Absprache mit demSpielleiter auch bei den persönlichen und so-zialen Eigenschaften Änderungen ergeben.

pbn und KFür Private Eye benötigt man den W100.

Alle Würfe werden damit durchgeführt. Esgilt immer das Prinzip kleiner/gleich demWert, dann ist die Probe gelungen. Natür-lich können entsprechend der Situation Bonioder Mali zum Einsatz kommen.

Für den Kampf gibt es vier Fertigkeiten:Faustkampf für alle Arten von Nahkämpfenohne Waen; Nahkampfwaen, egal welcherArt, für den Nahkampf; Schusswaen für denFernkampf, und Werfen für den Fernkampfmit Wurfwaen, egal ob Stein oder Bola.

Der jeweilige Fertigkeitswert wird aufge-teilt in Angriswert und Verteidigungswert.Sie spiegeln die oensiven bzw. defensivenFähigkeiten des Charakters wider. Die Höhelegt der Spieler selbst fest, entweder dauer-haft für die Stufe oder frei in jeder Sitzungoder sogar je nach Situation. Beispiel: Mr.Smith, Hafenarbeiter, ist mit einem Wert von60 gut im Faustkampf. Da er mehr ein oen-siver Typ ist, hat er einen Angriswert von 40

und einen Verteidigungswert von 20. Auchhier gilt wieder die Regel, dass für die erfolg-reiche Probe kleiner bzw. gleich des Wertesgewürfelt werden muss. Bei einem Erfolgwird der Schaden ermittelt, wobei nachstumpfen und spitzen Waen bzw. Schuss-waen unterschieden wird. Es gibt noch die

Möglichkeit, gezielte Angrie durchzufüh-ren. Sie sind schwieriger, verursachen aberauch höheren Schaden.

Überhaupt können Kämpfe bei Private Eyeschnell übel enden. Ganz nach den Gegeben-heiten der Zeit kann eine Pistolenkugel so-fort tödlich wirken, Wunden heilen langsamund können einen Charakter für Monate ausdem Verkehr ziehen. Es gibt also weder lan-ge Kampforgien noch durch Heiltränke blitz-schnell wiederhergestellte Charaktere.

BuIn Private Eye heißen die Charaktere Detek-tive. Damit ist nicht gemeint, dass sie alle vonBerufs wegen Detektive sind. Es gibt neunHauptberufe – in anderen Systemen z. B.Charakterklassen genannt: Berufsdetektiv,Polizist (verschiedene Ränge möglich), An-walt, Versicherungsdetektiv, Journalist, Ge-heimpolizist, Gerichtsmediziner, Kriminologeund Coroner (eine Art ziviler Beamter, der Er-mittlungen leitet). Diese werden ausführlichvorgestellt. Gemäß der historischen Ausrich-

tung gibt es besondere Tipps für Spielerin-nen. Natürlich bleibt es jeder Gruppe selbstüberlassen, wie stark sie sich an den histori-schen Gegebenheiten orientiert oder ebendoch ein Stück Fantasy einießen lässt.

Daneben gibt es aber auch weitere Mög-lichkeiten, z. B. kann ein Spieler auch einenreichen Adeligen spielen, der gerne auf Ver-brecherjagd geht, oder eine Gesellschafterin,die im Zweitberuf als Detektivin arbeitet.

pUBlIKAtIoNeNDie „alten“ Publikationen von B&B-Pro-

ductions sind höchstens noch bei Ebay oderim Antiquariat zu bekommen. Aktuell (Janu-ar 2011) sind folgende Veröentlichungen:

Redki Psik (www.redki-psik.de)

Regelwerk (mit Einführungsabenteuer Fa-milienglück)

1: Eine tödliche Wette (überarbeitete Neu-auage), dazu Quellenmaterial: Die Weltaus-stellung in Chicago 1893

2: Der Schrecken von Randall Castle (über-arbeitete Neuauage), dazu das Abenteuer:Eine Studie in Scharlachrot

3: Tod und andere Unannehmlichkeiten(Abenteuer)

4. Der Millionencoup (überarbeitete Neu-auage), dazu Quellenmaterial: Der HydePark

Spielleiterschirm, Beilagen: Corbridge(Schauplatz mit zwei Abenteuervorschlä-gen), Detektivabenteuer spielen und leiten(Spielhilfe)

Master’s Survival Pack VII – Grundrisse fürGaslight (inkl. 7 Abenteuervorschläge)

Das Londoner Halstuch (Abenteuer; Flyer)Ein seltsamer Selbstmord (Abenteuer;

Homepage)

Tödliche Diplomatie (Abenteuervorschlag;Homepage)

Kurzsccker 9: Die Frau im Koer (Aben-teuer; www.rollenspiel-almanach.de)

Zufb 4/2009: Die Tragödie von Birls-tone (Abenteuer)

trd

26: Der Sturm (Abenteuer)

28: Kleine Fische (Abenteuer)

31: Der Mord in der Rue Morgue, Der Beil-mörder aus Altona (Abenteuer)

32/33: Stolz und Gerechtigkeit (Abenteuer)

Diese Abenteuer sind auch auf der Fanpa-ge zu nden.

Private-Eye-Fanpage: http://www.priva-teeye-fanpage.de

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hIntERGRUnD

DtktivtExt: LARS HENDRIK SCHILLING

 „System does matter.“

- Ron Edwards

Das System ist wichtig. Die Eigenschaftendes Rollenspielsystems haben einen großenEinuss auf das Spielgefühl und Rollenspiel-geschehen am Spieltisch. Ron Edwards, dervielen Rollenspielern vielleicht als Vater desGNS-Modells bekannt ist, richtete sich mitseinem Ausspruch aber nicht nur an Spie-ler bei der Auswahl des Systems. Er meinte

damit auch, dass man Systeme bewusstso schreiben sollte, dass sie ein gewissesSpielerlebnis zum Ziel haben. Mittlerweilegibt es viele Rollenspiele, die auf ein solchesZiel zugeschnitten sind. Sie bilden beispiels-weise vor allem Moralische Dilemmata ab,versuchen eine Fernsehserie nachzuempn-den oder möchten packenden Horror erzeu-gen. Und ebenso – wen sollte es wundern?– gibt es Rollenspiele, die nicht nur von derSpielwelt her, sondern auch durch die Regelnspezisch auf investigative Abenteuer zuge-schnitten sind.

Diesem Thema soll sich dieser Text wid-men. Es soll die Vorteile und Schwächenvon Rollenspielen erläutern, die nicht nur inihrer Spielwelt, sondern auch in ihrem Sys-tem über kriminalistische Nachforschungs-elemente verfügen. Als Grundlage zu diesemVergleich sollen hier H. P. Lovecrafts Cthulhu(kurz: CoC, vom englischen Call of Cthulhu)und Trail of Cthulhu (kurz: ToC) verwendetwerden. Beide spielen in der bizarren Hor-rorwelt, die H. P. Lovecraft in seinen Roma-nen schilderte. Während die Spielwelt also

bei beiden gleich ist, lässt sich der Einussdes Systems gut nachvollziehen. CoC ist einklassisches Rollenspielsystem ohne Mecha-nismen, die investigatives Spiel fördern, ToCdagegen hat spezielle Regeln, um den Spie-lercharakteren bei ihren Nachforschungenzu helfen. Welches System bietet sich fürwelche Gruppe an? Ist gar eines klar besserals das andere? Das soll hier näher beleuchtetwerden.

Di Vsung d Kna-

nnDie Heimmannschaft in diesem Wettstreitist ohne Frage H. P. Lovecrafts Cthulhu (CoC).Mit mittlerweile neunundzwanzig Jahren aufdem Buckel kann es auf eine breite Produkt-

palette zurückblicken. Im amerikanischenOriginal erscheint es bei Chaosium, währenddie deutschen Produkte von Pegasus Pressstammen. Da Pegasus eigenes Material pro-duzieren darf und von diesem Recht aucheißig Gebrauch macht, hat sich über dieJahre die deutsche CoC-Linie deutlich andersentwickelt als die amerikanische (dazu spä-ter mehr).

CoC basiert auf dem System Basic Role-playing, einem Universalsystem der altenSchule. Es handelt sich um ein einfaches Sys-tem mit Attributen und Fertigkeiten. Probenwerden mit W100 abgelegt und wie in denmeisten Rollenspielen entscheidet nur derWürfel über Erfolg und Misserfolg. Haben dieSpieler Würfelpech bei der Suche nach Hin-weisen, muss der Spielleiter improvisieren,damit die Charaktere die wichtigen Faktendes Abenteuers dennoch herausnden.

Das Basic Roleplaying hat sich für Cthul-hu gut etabliert, weil es sehr einfach ist unddamit viel Raum für Handlung und Horror

bietet. Dennoch merkt man dem Spiel seinAlter durchaus an. Es trägt nämlich einigeAltlasten mit sich herum. So ndet sich solchunterschiedliches körperliches und geistigesKönnen unter den Fertigkeiten wie Biblio-theksnutzung, Physik, Springen und Ver-borgenes erkennen. Die Höhe dieser Wertehängt jedoch nur von Intelligenz und Bildungab, die bestimmen, wie viele Punkte man aufseine Fertigkeiten verteilen darf.

Gegen solche möglicherweise veraltetenIdeen steigt nun ein junger Spund in den

Ring: Trail of Cthulhu. Es basiert auf demGUMSHOE-System von Robin D. Laws, dermanchen Rollenspielern vielleicht durch dievon ihm eingeführte Spielertypenklassi-zierung bekannt sein könnte. Das Systembasiert auf einem einfachen W6-Mechanis-mus und verwendet einen Satz Fähigkeitenanstatt jeweils einen Satzes Attributen undspeziellen Fertigkeiten. Das besondere amGUMSHOE-System ist jedoch die Untertei-lung der Fähigkeiten in allgemeine und in-vestigative Fähigkeiten. Erstere werden in

gewöhnlichen Situationen verwendet (Ath-letik, Fahren usw.) und arbeiten mit einernormalen Probe.

Die investigativen Fähigkeiten funktionie-ren dagegen anders. Hier verfügt der Cha-

rakter über Punkte, die der Spieler einsetzenkann, um einen passenden Hinweis auf jedenFall zu nden. Hat der SC beispielsweise denWert Verhören, kann der Spieler einen Punktdarin ausgeben, wenn er jemanden verhört.Dann bekommt er den entsprechenden Hin-weis vom Spielleiter, weil sein Charakter denZeugen erfolgreich verhört hat. Die Idee da-hinter ist, dass keine Probe nötig ist, durchderen Scheitern die Spieler das entscheiden-de Indiz vielleicht nicht nden können. Daran

kann das Abenteuer also nicht mehr schei-tern. Dennoch verlangt es Einsatz von denSpielern und garantiert nicht von Anfang anden Erfolg der Untersuchungen. Da die Zahlder Punkte in investigativen Fähigkeiten be-grenzt ist, müssen die Spieler damit haushal-ten und versuchen, so viel wie möglich durcheigene Ranesse ohne die Hilfe dieser Punk-te herauszunden.

Das sind also die beiden Widersacher, diehier exemplarisch für klassische Systeme(CoC) und speziell investigative Systeme

(ToC) um die Gunst der Spieler buhlen sollen.Wie wirken sich die Systeme auf das Spielaus? In welchen Situationen entsteht wel-ches Spielerlebnis? Fangen wir an mit diesenFragen.

Achtung! Bitte an den Lektor, die nachhergelöscht werden sollte!

Ich bin mir nicht sicher, wie ich das hier ein-tippen soll, aber folgende zwei Abschnittesollten am besten als Boxen in den Text ein-gebettet werden:

h. p. lvas cuuSystem: Basic Roleplaying

Spielerhandbuch (ISBN-10: 3937826947):24,95 €

Spielleiterhandbuch (ISBN-10:3937826955): 39,95 €

Kostenlose Textversion: http://www.pega-sus.de/951.html

tai cuuSystem: GUMSHOE-System

Regelwerk (gedruckt): 39,95 $Regelwerk (pdf): 20,95 €

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hIntERGRUnD

Wi n da in aa Fagnan Si…Am deutlichsten wird der Unterschied

zwischen CoC und ToC natürlich in Spielsi-tuationen, in denen die SpielercharaktereNachforschungen anstellen. Hier entstehtein deutlich anderes Spielgefühl.

Im Falle des klassischen Systems kann dieUntersuchung scheitern, wenn die Spieler et-was übersehen oder eine Probe fehlschlägt.Das kann sehr frustrierend sein. Aber es lie-fert auch eine eigene Form von Spannung.Wer H. P. Lovecrafts Cthulhu spielt, der kannsich nie sicher sein, dass sein Spielercharak-ter Erfolg hat. Das unbarmherzige Schicksalkann sich gegen Einen wenden.

Es kann sich aber auch für Einen entschei-den und den Erfolg des Abenteuer ungeahnt

leicht erreichbar machen. Für viele Spielerstellt diese Möglichkeit auch eine Absiche-rung gegen Spielleiterwillkür dar. Der Spiel-leiter mag entscheiden, was für Hinweise ereinem geben möchte, aber gegen den Wür-felerfolg kann er nicht angehen.

In gewisser Weise macht diese Regelunges aber auch dem Spielleiter leichter. Er mussnicht alle Spannung über die Handlung her-beiführen. Der Nervenkitzel der schwierigenProbe liefert ihm eine gewisse Form von Dra-matik frei Haus.

Außerdem muss der Spielleiter weniger fal-sche Fährten vorbereiten. Da die Spieler kor-rekte Indizien im Zweifelsfall nicht einfacheinfordern können, denken sie oft von selbstin die falsche Richtung.

Bei Trail of Cthulhu verläuft das Spiel deut-lich anders. Hier können bei den Nachfor-schungen Proben nicht fehlschlagen. Selbstwenn der Spieler etwas übersieht, kann ersich nötige Informationen mit seinen Punk-ten in investigativen Fähigkeiten einkaufen.Es ist also sehr unwahrscheinlich, dass die

Untersuchungen und damit das Abenteuerscheitern.

In einem solchen Spiel entsteht die Span-nung nicht über die Frage, ob die Spielercha-raktere Erfolg haben werden, sondern imRätseln darüber, was hinter all dem steckenmag, das man da untersucht. Es ist fühlt sichdadurch wirklich wie ein Krimi an. Jeder Zu-schauer einer Krimiserie weiß, dass der Mör-der gefasst werden wird. Die packende Fra-ge ist doch eher, um wen es sich handelt undwelches Motiv oder welche Intrige dahinter

stecken.Solche Abenteuer sind fordernder für den

Spielleiter. Tatsächlich sind sie bei weitemanstrengender als die meisten Spielleiterglauben, die solches Spiel noch nicht auspro-

biert haben. Er muss eine interessante undpackende Handlung zusammenstellen undsich dabei gut überlegen, welche Indiziener den Spielern wann zur Verfügung stellt,damit der Spannungsbogen gehalten wird.Da die Spieler durch die garantierten Hinwei-se seltener von selbst ins Nirwana denken,

muss der Spielleiter des Weiteren bei ToCmehr Verwirrendes und falsche Fährten aufLager haben als im klassischen CoC.

Und sns s?Auch auf das Spielgeschehen, in dem ge-

rade nichts erforscht wird, hat die Wahl desSystems einen klaren Einuss. Man solltees vielleicht nicht erwarten, aber die bloßeExistenz von speziellen Regeln für krimina-listische Untersuchung beeinussen auchSzenen, die mit solcher Untersuchung nicht

zu tun haben. Es tritt nämlich so eine ArtMonkey Island-Syndrom ein: man klickt allesnoch mal an. Die Spieler versuchen sozusa-gen in jedem Bild jede Handlungsoption mitjeder Person und jedem Objekt durchzupro-bieren, weil sie einfach erwarten, dass siefrüher oder später einen Hinweis nden sol-len. Ist die Szene jedoch nur dazu gedacht,der Spielwelt etwas Farbe zu verleihen oderjenseits der eigentlichen Handlung Charak-terspiel zu durchleben, muss der Spielleiterdie Spieler teilweise mit der Nase auf diesenHintergedanken stoßen, damit durch falsche

Erwartungen das Spiel nicht abaut oderlangweilig wird.

Das mag sehr negativ klingen, hat aberauch seinen Vorteil: Die Spieler bleiben beider Sache und verzetteln sich nicht. ToC eig-net sich somit zwar nicht gut, um das Lebens-gefühl vergangener Epoche nachzuemp-nden, aber wenn das gar nicht gewünschtist, kann es das Spiel gut auf das eigentlicheAbenteuer fokussieren.

Auch in diesem Bereich behält Ron Ed-

wards Recht und das System ist von Bedeu-tung für das Spielerlebnis. Je nachdem, wieviel Beiwerk man möchte, sollte man alsodas System wählen. CoC erlaubt viel Neben-handlung, die das Abenteuer bereichern, inder man sich aber auch verzetteln oder garscheitern kann, während ToC das Spiel deut-lich auf die eigentlichen Ermittlungen desgrauenhaften Geschehens fokussiert.

Was das sin?Wie die Darstellung oben vermutlich schon

erkennen lässt, sind die beiden Ansätze vom

Spielgefühl her so unterschiedlich, dass mankein klares Fazit ziehen kann, welches davonbesser sein sollte. Es ist einfach Geschmacks-sache, wie man kriminalistische Abenteuererleben möchte.

Der Spielleiter und die Spieler sollten sichgemeinsam entscheiden, auf welche Weisesie spielen wollen. Der Spielleiter sollte sichdabei auch vor Augen halten, dass ein Systemwie das GUMSHOE-System ihm mehr abver-langen wird als ein klassisches Würfelsystem,dass ihm Spannung und Irrwege sozusagen

als angenehmen Nebeneekt kostenlos mit-liefert.

Und was is j i cuu?Das war also das Fazit für Kriminalaben-

teuer im Allgemeinen. Schön und gut, aberwie sieht es mit dem Spezialfall CoC gegen-über ToC aus? Was davon sollte ich für meineCthulhu-Runde wählen?

Wenn die Spielgruppe möchte, kann sieTrail of Cthulhu gut nutzen. Das Regelwerkenthält einfache Konvertierungsregeln, so

dass man auch das gesamte Material zumklassischen H. P. Lovecrafts Cthulhu nutzenkann. ToC liefert außerdem weitere Ansätzedazu, wie man den Wahnsinn des Mythos undseine Geheimnisse einsetzen und präsentie-ren kann. Diese sind durchaus anregend undinnovativ, weshalb auch jeder CoC-Spielleiterdarüber nachdenken sollte, ob er sich dasWerk nicht zumindest als pdf zulegt.

Wie dem auch sei, ich persönlich würdeniemals ToC spielen. Trotz der nützlichenIdeen im Regelwerk, die dieses durchaus le-

senswert machen, halte ich das GUMSHOE-System für Lovecrafts Welt für vollkommenungeeignet. Das ist nur meine Meinung –Andere mögen das ganz anders sehen – ichmöchte meine Gedanken dazu aber kurz dar-legen:

Ich halte das GUMSHOE-System aus zweiGründen für völlig unpassend für den Cthul-hu-Hintergrund. Der erste ist recht einfach:Ich sehe Cthulhu nicht als rein investigativesRollenspiel. Das liegt vor allem daran, dasssich die deutsche Cthulhu-Linie deutlich von

der amerikanischen unterscheidet. Wer dieamerikanischen Bücher kennt, kann leichtverstehen, warum man es in die Sparte gru-seliges Krimirollenspiel einordnen mag. Nichtumsonst heißen die Spielercharaktere dortInvestigators.

Da Pegasus Press jedoch eigene Produkteveröentlichen darf, hat sich über die Jahrein Deutschland eine deutlich andere Cthulhu-Kultur entwickelt. Darin spielen persönlicherHorror und die Verlorenheit in der modernenGesellschaft eine große Rolle. (Letzteres

vor allem bei Cthulhu Now) Dafür wäre dasGUMSHOE-System nicht nur unnütz, wegendes klaren Fokus auf Nachforschungen wärees sogar hinderlich. Und da ich diese Aspek-te sehr schätze, fällt für mich bereits hier die

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NSC-ECkE

Wahl auf das klassische CoC; trotz seiner of-fensichtlichen Mängel.

Es gibt aber noch einen zweiten Grund,warum ich dem alten System den Vorrangzuspreche. Dieser hat nichts mit spezischenAbenteuerformen zu tun, sondern betritden gesamten Cthulhu-Hintergund. Die zen-trale Idee und auch die Quelle des Grauensvon H. P. Lovecrafts Romanen ist die Unwich-tigkeit des Menschen. Der Mensch kann diewahre Natur des Universums nicht begreifen,ohne dem Wahnsinn zu verfallen. Er ist dieserwahren Natur auch völlig egal. Geboren in eingnadenloses Universum, in dem menschlicheVorstellungen, Ziele und Wünsche bedeu-tungslos sind, wird er zum Spielball höhererMächte und kann nur hoen, gegen diese be-

stehen zu können. Das ist die zentrale Ideehinter allen cthuloiden Geschichten. Nichtnur hat Lovecraft es immer so begründet, eswird dem Leser seiner Texte auch nach etwasReexion darüber rasch klar.

Sowohl als Spieler als auch als Spielleiterempnde ich dieses Prinzip als von ToC völliguntergraben. Es kommt mir so vor, als könn-te ich mir mit den Punkten in den investiga-tiven Fähigkeiten vom Universum einen Hin-weis wünschen. Ich möchte vorankommenund die Welt beugt sich diesem Willen, wennich einen Punkt ausgebe. Aber für mich per-sönlich ist es für das packende Spielgefühlvon Cthulhu absolut unabdingbar, dass dieWünsche und Honungen meines Charak-ters dem All vollkommen gleichgültig sind.

Er mag noch so sehr herausnden möchten,was hinter einem Rätsel steckt, ob er es wirk-lich herausndet, hängt nur daran, ob dieUmstände glücklicherweise so beschaensind, dass die gnadenlosen Naturgesetze desUniversums dafür sorgen, dass er es erfährt.Dieses gefühllose Wechselspiel von Zufall

und Notwendigkeit scheint mir persönlichnur ein klassisches System vernünftig erfahr-bar zu machen. So sehr ich die Lektüre vonTrail of Cthulhu genossen habe (noch einmal:als reine Anregung kann ich es wirklich emp-fehlen), würde ich es doch niemals spielen.

Man kann das alles aber auch ganz anderssehen…

Lars-Hendrik Schilling ([email protected])

NSc - ektExt: LARS HENDRIK SCHILLING

Mr. Poisson, der Mann im Hintergrund

Gere: Detektivabenteuer, am besten zwi-

schen 1850 und 1950nme: John Henry Poisson

aer: 51 Jahre

Größe: 1,74 m

Sur: eher schmal mit leichtem Fett-bauch

hrfrbe: grau

augefrbe: grün

Bescreibug: John Henry Poisson ist einperfekte Kavalier der alten Schule. Das muss

er für seinen Beruf auch sein. Seit seine Vor-fahren von Frankreich nach England umsie-delten (Er behauptet gerne scherzhaft, vonMadame de Pompadour abzustammen.), wa-ren sie Händler und Fachleute für Schmuckund Kunstwerke. John hat seine guten Ver-bindungen zu vielen adeligen und reichenFamilien quasi geerbt und dieses Erbe sehrwürdevoll ausgefüllt. Von der Südspitze derbritischen Inseln bis nach Edinburgh ist Mr.Poisson dafür bekannt, wertvolle Objekteeinzuschätzen und zu handeln. Auch sein

Wissen über Geschichte und Musik werdensehr geschätzt. So verkehrt der Kunsthänd-ler beruich und privat mit Reichen undMächtigen der gesamten britischen Insel undNordirland. Nach Irland selbst unterhält das

sehr fromme Mitglied der Anglikanischen Kir-che so gut wie keine Kontakte.

Neben seinen geschäftlichen Kontakt, istMr. Poisson auch sehr interessiert an Ge-schichte, Ahnenforschung und Beziehun-gen innerhalb der Oberschicht generell. Dasmacht ihn praktisch zum idealen Zeugen.John Henry Poisson kennt fast alle Intrigenund Feindschaften, kleine Geheimnissen undAusbrüche von Neid und Missgunst. Mit die-sem Wissen konnte Poisson schon mehrfachDetektiven und Polizei helfen, Kunstdiebstallaufzuklären. Insofern ist er in den entspre-chenden Kreisen als verlässlicher Informant

bekannt und könnte bei anderen Verbrechenin der Oberschicht als Hilfe hinzugezogenwerden – beispielsweise bei einem Mord-fall. Dabei könnte der Kunsthändler den for-schenden Detektiven durchaus hilfreich sein.

Zumindest, wenn es sich bei dem Täter umeinen Mann handelt. Den wenigsten Leutenist klar, was für eine Schwäche John Pois-son für die Weiblichkeit hat. Das bezieht sichnicht nur auf romantisches Interesse, auchwenn er diese natürlich ebenfalls hat. Mr.Poisson hatte schon immer ein sehr ausge-

prägtes Gerechtigkeitsempnden. Hineinge-boren in eine Welt, in der Frauen als Bürgerzweiter Klasse gelten, ist er mit diesem Um-stand schon immer unzufrieden gewesen.Die Tatsache, dass seine vier Kinder allesamt

Töchter sind, die John innig liebt, unterstütz-te diese Einstellung noch weiter. Seit dem

Tode seiner Frau vor sieben Jahre hat sichPoissons Einstellung gegenüber Frauen nochweiter verstärkt.

Er ist gegenüber Mädchen, Frauen und al-ten Damen sehr höich und zuvorkommendund neigt stark dazu, im Zweifelsfall derenSeite einzunehmen.

Wenn er beispielsweise zu einem Fall be-fragt werden würde, bei dem er weiß, dassein Mann von seiner Frau ermordet wurde,so wird sich Poisson daraus höchstwahr-scheinlich schließen, dass das Opfer seine

Frau schlecht behandelt und es daher nichtanders verdient hatte. Er wird daher durchgeschickte Falschaussage und falsche Fähr-te versuchen, die Investigatoren in die Irrezu führen. Da er sowohl ein kreativer undgeschickter Lügner ist, als auch sehr begabtdarin, Andeutungen und Vermutungen zumachen, die die Detektive auf den falschenWeg bringen, ohne dass es ihm als absicht-liche Täuschung ausgelegt werden könnte.

Bekeisgrd: Unter den Reichen undAdeligen ist John Henry Poisson überall be-

kannt. Sein Ruf als fachkundiger Kunsthänd-ler und Ahnenforscher wird vermutlich nurvom seinem Ruf als interessanter und gut in-formierter Gesprächspartner in den Schattengestellt.

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Mii: Neben seinem Geschäftssinnund seiner Fürsorge für seine Töchter treibenvor allem seine Neugier und sein Gerechtig-keitssinn John an.

vere: Als wohl erzogener Gentlemanund Kavalier zeigt er jederzeit vorbildlichesBetragen. Seine Sprache ist ebenfalls sehrgewählt und häug sehr abschweifend. Pois-son beherrscht neben Englisch, Französisch,Spanisch und Deutsch auch Latein, Grie-chisch und Gälisch in Grundzügen.

Mgie der Psi: Poisson ist für Weltengedacht, in denen Magie und Psi entwedernicht vorkommen oder sehr selten sind. Erbeherrscht weder das eine, noch das andere.

Gerce: „Angeblich stammt er von einerfranzösischen Adeligen ab.“ – „Ich schätzeseinen Sachverstand, aber wie viel ihm meineFrau anvertraut, scheint mir unangebrachtzu sein.“

Zie: „Ich fürchte, dieses Werk sollten Siebesser restaurieren lassen, bevor Sie es zum

Verkauf anbieten, Sir.“ – „Es handelt sicheindeutig um ein Gemälde im typischen Ba-rockstil. Doch leider ist es oensichtlich eineFälschung.“

abeeuerrscäge: Poisson sollte vorallem als zentraler Zeuge eingesetzt werden.Ob er die Detektive dabei in die richtige Rich-tung weist oder sie ablenkt, das hängt vomFall und dem Gerechtigkeitsempnden desKunstfachmanns ab.

„hast mal 'n bißnplot?“DENkANStöSSE, tIpS UND trICkS zUm UmgANg mIt LArp-pLotStExt: KARL HEINZ ZAPFBIlDER: KARL HEINZ ZAPF

Seien wir doch mal ehrlich: Wer von unsndet es nicht klasse, wenn er bei einem

Live-Rollenspiel eine tolle, spannende undgut durchdachte Handlung vorndet? Jedemmacht es doch Spaß, zu rätseln, Mysterienzu entschlüsseln, bohrende Fragen zu beant-worten und auf (möglichst viele und schönvorbereitete) Questen zu gehen…

Aber wer denkt sich denn so was über-haupt erst mal aus? Und benötigt man hier-für wirklich unbedingt so etwas wie einePlotübersicht, bei der dies alles festgehaltenwird?

Ich selbst habe mit gut durchdachten und

in sich schlüssigen Handlungsnotizen jeden-falls die besten Erfahrungen gemacht undmöchte daher an dieser Stelle etwas näherauf dieses für Live-Organisatoren nützliche(und meiner Ansicht nach fast schon überle-bensnotwendige) Werkzeug eingehen…

Natürlich verlangen die verschiedenenArten von Live-Rollenspiel eventuell auchverschiedene Arten von Plotübersichten.Selbst bei einem Diplomatielive, bei dem imNormalfall alle Spieler(innen) ihre ureigenenGeschichten und Ideen sehr stark mit einbrin-

gen können, sollten zumindest diverse festeNebenplots dafür sorgen, dass nicht irgend-wann gähnende Langeweile beim zigstenGespräch mit dem ständig selben Themaauommt.

Auch die sogenannten Schlachtenlivesbrauchen zumindest kleinere Aktionen, wel-

che die Spielleitung immer dann einstreuenkann, wenn die Teilnehmer (innen) dannnach soundsovielen Stunden des aufeinan-der Eindreschens sich davon auch mal erho-len wollen – nicht nur die Muskeln, auch dasGehirn will da mal angesprochen werden…

Und Turnier-Veranstaltungen benötigenauch bei einem oft engen Zeitplan aus demselben Grund diverse Abwechslungen für dieSpieler(innen), wenn auch anderer Natur…

Leider habe ich bereits auch schon die Er-fahrung machen müssen, dass gerade bei

den oben angeführten Live-Rollenspiel-Ar-ten viele Veranstalter der Auassung sind,Plot sei kaum oder gar nicht nötig – weit ge-fehlt! Natürlich gibt es unzählige Arten vonLive-Rollenspieler(innen) und dementspre-chend viele Einstellungen zum Thema Plot:Ich kann nur für mich sprechen, würde abergerne meine Erfahrungen in dieser Hinsichtteilen…

Zunächst einmal: Wozu benötigt man denneigentlich Plot?

Wenn die Handlung eines Lives richtigausgearbeitet worden ist, kann diese z.B.als hervorragende Möglichkeit dazu dienen,den Hintergrund des bespielten Landes ganznebenbei den Spieler(innen) nahezubringen.

Ich persönlich nde es immer extrem öde,mit meinem Charakter von Live zu Live zu

reisen und dabei oft so gut wie nichts überden Background mitzubekommen. Der ver-mutlich wichtigste Grund für Plot ist es abernatürlich, den Teilnehmer( innen) ganz ein-fach etwas zu bieten – und das in jeder nurerdenklichen Hinsicht!

Ohne „richtigen“ Plot gibt es keine eigensdafür angefertigten Kostüme, keine Hand-outs wie Bücher oder Pergamente, keineüberraschenden oder grusligen Ereignisse,keine interessanten und wichtigen NSCs,keine außergewöhnlichen Kreaturen oder

Monster – für mich also alles eben genau dieDinge, die ein gutes Live wirklich ausmachen.

Wenn man sich also dazu entschieden hat,ein Live mit Handlung anzubieten, dann soll-te man diesen Weg auch konsequent zu Endeweiter verfolgen.

Allerdings ist der Weg zur fertigen Plot-übersicht nicht unbedingt immer ganz ein-fach, denn auch hierbei gilt der gute alte Leit-satz: „Zu viele Köche verderben den Brei!“Und als Veranstalter sollte man niemals un-terschätzen, wie viel Arbeit eine schlüssige,

in sich stimmige und für alle Spielleiter undauch NSCs verständliche Plotübersicht ma-chen kann…

Zu Beginn einer jeden Veranstaltung stehtja bekanntlich erst einmal eine Idee, und re-

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gelmäßige Treen der Organisatoren sindin jedem Fall sehr empfehlenswert, alleineschon deswegen, weil der Meinungsaus-tausch und damit die kreativen Vorschlägealler Beteiligten das Live nach und nach fastwie von selbst zum Leben erwecken. Aller-

dings sollte man am Anfang nicht den Fehlermachen, sich allzu sehr auf eine Handlungzu versteifen, denn sehr oft fallen einemerst nach einiger Zeit und vielem Überlegenwirklich gute Geschichten ein und dann mussman eventuell noch einmal alles umarbeiten,was man bisher niedergeschrieben hat.

Daher ist es praktisch, zuerst einige Orga-sitzungen zu besuchen, um einfach ein gutesBrainstorming zu machen und sich sozusa-gen die grobe Basis der ganzen Handlung zuvergegenwärtigen.

Wichtig ist hierbei, dass es immer jeman-den gibt, der die Ergebnisse dieser Treenauch schriftlich festhält, denn sonst begin-nen jedesmal wieder die Diskussionen, wer

denn nun was gesagt hat bzw. welche Ideenun akzeptiert und welche verworfen wur-de!

Dabei ist es besonders nützlich, wenn die-se Notizen z.B. per email auch regelmäßig

ausgetauscht werden, damit alle Personenimmer auf dem neuesten Stand sind (zumin-dest kann dann auch niemand behaupten, erhätte von nichts gewusst).

Obendrein kann durch solche auf den ers-ten Blick zeitaufwändigen Aufzeichnungenso manche Meinungsverschiedenheit undunnötige Diskussion vermieden werden, dieletzten Endes dann doch alle nur mehr Zeitund Nerven kosten würde…

Sobald man sich dann eventuell auf einenBasis-Handlungsstrang entschieden hat und

auch weiß, in welchem Live-Rollenspiel-Landund dort welcher Gegend es stattnden wird(was für eine sinnvolle Plotübersicht eineentscheidende Rolle spielen kann), kannman sich den Luxus erlauben, weiter ins De-

tail zu gehen.

Ich habe gute Erfahrungen damit ge-macht, einen nicht zu komplexen Hand-lungsstrang als Hintergrund für alleTeilnehmer(innen) zu erstellen und da-von ausgehend damit verwobene unddavon unabhängige große und kleine-re Nebenplots zu entwicklen. Dies hatden nicht zu unterschätzenden Vorteil,dass weniger wichtige Nebenplotsauch jederzeit bei Zeitmangel einfachgestrichen und andere stärker als an-fangs geplant hervorgehoben werdenkönnen, ohne dass hierunter eventuelldie eigentlich wichtige Haupthandlungzu leiden hat.

Wichtig ist dabei unter ande-rem, dass man sich vor Augen hält,in welcher ktiven Gegend sich dieAbenteurer(innen) benden werden…

Denn hiervon ist es auch teilweiseabhängig, was an Plot gebracht wer-den sollte und was nicht. Bendenwir uns in einem großen Waldgebiet,dann könnte man so lebendige Baum-wesen, Feenvolk oder Orks einbauen,in einer Burganlage wäre es passend,einen (oder mehrere) umherspukendeGeister und diverse Geheimgänge undverborgene Kammern einzuplanen. Ineiner Wüste könnte es bizarre Echsen-

wesen geben, die einem fremdartigenGötzen huldigen und in den Bergendarf auch mal ein unfreundlicher Trolloder ein Lindwurm sein Unwesen trei-ben…

Natürlich sind dies nur einige wenigeBeispiele, aber wenn man mit seinen

Plotideen erst einmal soweit ist, dass manweiß, was für Kreaturen auftauchen sollen,was an Ambientegegenständen oder Hand-outs benötigt werden und natürlich eben-falls, welche wichtigen Personen oder Orte

denn dargestellt werden müssen, dann kannman wirklich damit beginnen, Nägel mit Köp-fen zu machen.

Ausgehend von den bisherigen Notizenund Besprechungen zum Plot sollte man nundie Aufgaben verteilen und diese unbedingtmöglichst terminlich festlegen, denn wasnützt einem schon die tollste Plotidee, wennz.B. das hierfür dringend benötigte Kostümeinfach nicht fertig wird?

Gibt es viele wissenswerte Informationen

über das bespielte Land und eine gut ausgear-beitete Geschichte hierzu, dann spricht wirk-lich gar nichts dagegen, die Spieler(innen)möglichst oft mit diesem Wissen zu konfron-tieren, denn dadurch wird die Veranstaltung

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auch in sich logisch und jeder kann sich mehrdarauf einlassen. Für meine Begrie kann esübrigens gar nicht genügend Background ei-nes Landes geben…

Aber auch dies will bei der Plotübersichtmit eingeplant sein, denn vielleicht will manja diverse Pergamentrollen ausgeben, aufdenen es z.B. Legenden oder Tagebuchauf-zeichnungen zu nden gibt – man sollte esdann nicht dem Zufall überlassen, welcherNSC diese Handouts bei sich hat bzw. an wel-chem Ort sie gefunden werden.

Allerdings sollte man sich im Zusammen-hang mit Plotübersichten immer einen ex-trem wichtigen Gesichtspunkt vor Augenhalten: Nichts, was dort geschrieben stehtist wirklich in Stein gemeißelt! Wir alle wissenzur Genüge, dass es den Spielleitern immernoch ein hohes Maß an Flexibilität abfordert,die Geschichte eines Lives selbst bei einernoch so guten Plot-Vorbereitung zu erzäh-len…

Dennoch kann sie einem ungemein helfen,unter anderem dadurch, dass dort für allelesbar und jederzeit zugänglich alle jene In-formationen zu nden sind, die das Live be-treen. So kann jeder Spielleiter oder NSCjederzeit und überall nachvollziehen, wie erdenn in einer Situ-ation am bestenagieren oder reagie-

ren sollte – nichtimmer ist jemandnämlich wirklich an-sprechbar, der denganzen Plot verin-nerlicht hat!

Da es nun ver-mutlich hinreichendklar sein dürfte,warum eine schrift-liche und übersicht-lich gegliederte

Plotübersicht füralle Beteiligten einegroße Erleichterungdarstellt, kommenwir zu einer ganzanderen Frage: Wassoll da denn sinnvol-lerweise eigentlichalles reingeschrie-ben werden?

Viele Informatio-nen sind natürlich

meistens gut, aberzu viele Informati-onen führen gernemal in die Irre undlenken oft auch ein-

fach nur ab… Zuerst ist es einmal wichtig,den gesamten Handlungsablauf des Haupt-plots zusammenzufassen, wie er eventuellablaufen könnte (und es auch sollte, wenndie Vorarbeit funktioniert hat). Natürlich wirdes mehr oder weniger viele Abweichungengeben, je besser der Plot aber durchdacht

ist, desto minimaler wird dann der Aufwandvor Ort sein!

Neben diesem Abriss des Ablaufs soll-te außerdem eine ungefähre Zeitvorgabefestgehalten werden, wann welches Ereig-nis stattndet – allerdings sollte diese zeit-liche Fixierung wirklich nur als völlig loseRichtlinie gelten, denn wir wissen ja, dassSpieler(innen) sich nicht wirklich in einenZeitplan pressen lassen. Schließlich kannkein Veranstalter vorhersagen, wann denngenau plötzlich persönliche Gesichtspunkte

der Charaktere zu Tage treten und einen Ploteventuell hemmen oder vorantreiben…

Dennoch dient ein erfasster Zeitablaufallen Spielleitern dazu, stets vor Augen zuhaben, wie weit die Veranstaltung fortge-schritten ist und vor allem, was in welcherZeitspanne denn überhaupt noch machbarsein dürfte.

Übrigens bricht sich niemand – auch nicht

der noch so abgebrühte Plotschreiberling –einen Zacken aus der Krone, wenn er gewis-se kleine „Tricks“ benutzt, um den Plotablaufgegebenenfalls zu hemmen oder zu be-schleunigen. Es ist eben immer frustrierend,wenn die Spieler(innen) mal wieder nicht dasmachen, was im Plot steht und entweder

bereits am Freitag alles gelöst oder aber amSonntag Mittag immer noch an der erstenRätselnuss zu knabbern haben!

Daher sollte man bereits in die Plotüber-sicht gewisse Elemente mit einbeziehen, diespäter während des laufenden

Lives dieses besser kontrollierbar machen(so gut das eben möglich ist). Hierzu könntezum Beispiel gehören, dass gewisse Infor-mationen erst zu einem späteren Zeitpunktdurch einen ganz bestimmten NSC zugäng-lich gemacht werden (der genaue Ort derletzten Schlacht des Raubritters, dessen Ge-beine gefunden werden sollen) oder aber derim Gegensatz dazu stehende frühere Beginneines Nebenplots, der die Handlung durchganz bestimmte Aktionen wieder voran-treibt (der Tod eines Kaufmanns, der von derHand des schon lange gesuchten Meuchel-mörders starb, der just dabei ertappt wird).Aber wie gesagt, das sind nur ganz einfache

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Beispiele – dennoch sollte man sich diesenGesichtspunkt wirklich zu Herzen nehmen,denn ein gut und üssig laufender Plot wirdauch durch solche kleinen Knie niemandenverärgern, ganz im Gegenteil zum lapidarenSatz: „Ähm, das könnt ihr jetzt aber noch garnicht nden!“...

Die gesammelten Nebenplots sollten üb-rigens – unabhängig von der zeitlichen undschriftlichen Erfassung des Hauptplots –nach dem gleichen Schema wie der Haupt-plot erstellt werden und je nach Wichtigkeitund Personenbedarf mit einem zugehöri-gen klaren Stichwort aufgelistet werden.Was unbedingt in der Plotübersicht stehensollte sind Informationen und Werte derwichtigsten Personen und Monster, die denTeilnehmer(innen) begegnen können!

Es ist oft einfach lästig, wenn nur wenige

Spielleiter oder NSCs wirklich zur GenügeBescheid wissen und diese vielleicht im ent-scheidenden Moment – nämlich dann, wennein wichtiger NSC plötzlich einspringen muss– nicht greiar sind.

Ein persönliches Brieng vor allem vonFestrollen-NSCs können diese Infos in derPlotübersicht natürlich nie wirklich erset-zen, aber zumindest werden viele Fragenund Missverständnisse durch eine schriftli-che Zusammenfassung deutlich vermindertund Unklarheiten treten so meistens erst

gar nicht auf. Auch bei Monstern ist es rat-sam, zumindest die Werte und Fähigkeitennach dem verwendeten Live-Rollenspiel-Regelwerk anzugeben, denn so gibt es keineunangenehmen Überraschungen, wenn dernächste Zombie, der um die Ecke kommt, sourplötzlich sehr viel stärker, schneller und wi-derstandsfähiger ist als der Untote, der ge-rade eben noch niedergemacht worden ist!

Vor allem bei Zauberkundigen bietet essich an, eine kurze Liste an Auswahlsprüchenanzugeben, so muss ein NSC auch nicht das

ganze Regelwerk kennen, was ohnehin oftgenug nicht der Fall ist…

Gerade Spezialfähigkeiten von nicht sohäugen Kreaturen wie z.B. Riesenspinnenoder Lindwürmern sollten in der Plotüber-sicht auf alle Fälle erwähnt werden! So wirdwenigstens weitgehend ausgeschlossen,dass vor Ort anwesende Spielleiter(innen)plötzlich völlig bizarre und überzogene Ide-en verwirklichen möchten bzw. der ach-so-schreckliche Oberdämon so rein gar nichtsauf dem Kasten hat…

Außerdem kommen mir z.B. bei der Nie-derschrift eines Plots oft die besten Ideen fürspezielle Eigenschaften und beim Durchle-sen fallen mir obendrein dann auch gewisse

Denkfehler leichter auf, die sonst eventuellerst auf der Veranstaltung selbst zu Tage tre-ten. Und da ist es dann oft zu spät bzw. esmuss extra eine eventuell zeitraubende SL-Sitzung anberaumt werden, wenn die Hand-lung eigentlich bereits voll im Gange ist.

Wenn eine gewisse Kontinuität gewahrtwird, dann werden somit auch die Orks aufden Veranstaltungen der gleichen Organi-satoren und im gleichen Land auch immerdie gleiche Stärke bzw. Fähigkeiten aufwei-sen (okay, sieht man vielleicht man von denStammesführern oder Schamanen ab), waseinem die Spieler(innen) sicherlich auf langeSicht durchaus danken werden. Denn nichtsnervt mehr als die Tatsache, dass wirklichkein Ork von Live zu Live einigermaßen ein-schätzbar ist…

Bei Festrollen-NSCs sollte obendrein die

Motivation, das Hintergrundwissen und per-sönliche Dinge festgehalten werden, damitder NSC nicht völlig über das Ziel hinaus-schießt und eventuell Informationen preis-gibt, die er eigentlich (zumindest zu diesemZeitpunkt) gar nicht haben kann! Auch nichtschaden kann es, wenn bei den Angaben zuden NSCs aufgelistet ist, was sie an persön-lichen Habseligkeiten besitzen (unter ande-rem vielleicht wichtige Dinge, die den Plotvoranbringen können).

Nachfolgend ein einfaches Beispiel der

möglichen Beschreibung eines auf einem„Löwentor“-Live aufgetauchten NSCs (aufBasis des verwendeten Regelwerks „That‘sLive“ 10):

Der Zyklop Mabronn: Im Gegensatz zumfreundlichen und weisen Zyklopen Zalazaar,der in der Nähe des Kulter Forstes lebt,ist Mabronn ein typischer Vertreter seinerArt: Brutal, grausam und allzeit streitlustig!Als die Fee Amathys verucht worden ist,schloss er sich ihr an, da er sich erhote, da-durch noch mehr Leid und Elend über diese

Gegend bringen zu können...

LP: 6; MP: 0

Vorteile: Ogerkraft (+1 SP), Schmerzun-empndlichkeit, Schnelle Heilung

Nachteile: Einäugig

Fähigkeiten: Bewusstlos schlagen, Feuermachen, Giftkunde (alle Gifte der Stufen 1-3),Magieresistenz (Angst, Verwirrung, Schlaf),Meucheln, Orientierung, Panzenkunde

Waenfähigkeiten: Nach Belieben (Ein-

handwaen).Zaubersprüche: –

Besondere Eigenschaften: –

Fundus-Bedarf: Waldläufer-Kleidung (mit

Gugel), Umhang, Zyklopen-Maske.

Je nach Wichtigkeit des NSCs sollten die-sem in der Plotübersicht dementsprechendmehr oder weniger Informationen zugeord-net sein…

Ein einfacher Kultist nimmt daher natürlich

weniger Raum ein als der Nekromant, dergerade nebenan mal wieder die ganze Weltunterjochen möchte und bis obenhin voll-gestopft ist mit magischen Gegenständen!Sehr wichtig in diesem Zusammenhang ist esauch anzugeben, was die NSCs eventuell anFundusgegenständen (wie z.B. Masken oderWappenröcken) benötigen bzw. in welcherAnzahl sie auftauchen sollen. Neben der Be-schreibung der NSCs und dem Handlungsab-lauf ebenfalls von großer Bedeutung ist eineAuistung der Handlungsorte. Das klingtnun vielleicht etwas seltsam, aber oft ist

vor Ort nicht wirklich viel Zeit da und wennjeder Spielleiter einen Schauplatz herrichtenkann, weil er ganz einfach auch ohne großeBesprechung weiß, was an Ambientegegen-ständen aus dem Fundus bereitgestellt undaufgebaut werden muss, dann kann das vielZeit und vor allem Nerven sparen (und er-spart demjenigen, der die Auistung erstellthat vielleicht auch einen durchaus unnötigenHerzinfarkt)!

Außerdem wissen dadurch alle SLs undNSCs, was denn wo zu nden sein wird und

vor allem, welche wichtigen Orte es denn ei-gentlich auf der Veranstaltung zu nden gibt.Auch dies kann manche lange Besprechungzumindest deutlich vereinfachen oder gar er-sparen, wofür wohl jeder dankbar sein wird,der schon mal ein Live unter Zeitdruck orga-nisieren musste…

Nicht vergessen sollte man bei der Plot-übersicht eventuell auch die Auistung desgesamten Teams, damit auch jeder weiß,wer wofür im Einzelfall zuständig sein wird– dieser Punkt kann aber natürlich bei kleine-

ren Veranstaltungen eventuell entfallen, woohnehin jeder jeden kennt. Für manche eherweniger zart besaiteten Zeitgenossen, dieunter Umständen den Fundusraum und auchden Fundus in völliges Chaos oder totale Zer-störung stürzen, ist auch ein kurzer Hinweiszur Fundus-Benutzung angeraten: Natürlichkann dies auch auf einer kurzen Ansprachegeklärt werden (und dies sollte auch unab-hängig von der etwaigen Erwähnung in derPlotübersicht gemacht werden), aber wennwirklich jeder NSC und Spielleiter die schrift-

liche Übersicht erhält, dann kann sich zumin-dest niemand mehr damit rausreden, dass erangeblich bei der Besprechung nicht dabeiwar (nicht zugehört hat, seine Zehennägelmaniküren musste, Mastix im Ohr hatte etc.

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Abenteuer 

DaS aUGE DES aBySSUS

Das Aug ds Abyssus.. ManChE tüREn SolltEn BESSER vERSChloSSEn BlEIBEn!

EIN SoLo - AbENtEUEr IN DEN WELtEN DES grAUENStExt: KARL HEINZ ZAPFFoto: HAUNTED HOUSE VON INDOOROPILLY UNTER CC / FLI CKR.COM

Wie lange war es nun eigentlich schonher, seit du deinen alten Schulkameradenund späteren Freund Michael Singer zumletzten Male gesehen hast? Mit einem leisenSchmunzeln erinnerst du dich an die langenAbende, die ihr bei einer guten Tasse Tee undmit überaus interessanten Gesprächen zuge-bracht habt.

In diesen Gesprächen habt ihr beide im-mer wieder die Themen Theologie, Esoterikund Okkultismus gestreift. Michael schienschon seit frühester Jugend an von diesen

Dingen und vor allem dem Aberglauben derMenschen fasziniert zu sein und währenddu dich für einen soliden Beruf entschiedenhast, wählte er das Studium, um sein Wissenin dieser Hinsicht noch weiter zu vergrößern.

Bei manchen der späteren Diskussionenerschien er dir fast schon unheimlich, wenner mit fanatischer Begeisterung und einemunirdischen Leuchten in den Augen von sei-nen Fortschritten erzählte und den priva-ten Forschungen, die er obendrein betrieb.Aber trotz dieser seltsamen Marotten undLaunen blieb er natürlich dein treuer Freundund Weggefährte Michael Singer, und esschien fast, als könne nichts eure Freund-schaft zerstören. Doch das Unglück erschienschließlich in Gestalt einer jungen Frau, einer

Mitstudentin namens Sylvia Lanz; sie schienihn vom ersten Tage ihrer Bekanntschaft anin ihren Bann zu ziehen und da auch sie ei-nen starken Hang zum Okkultismus verspür-te, wurde Michaels Interesse an ihr nur noch

weiter entfacht. Dies wäre ja an sich nichtweiter schlimm gewesen, denn dir war schonseit langem klar geworden, dass dein Freundjemanden an seiner Seite brauchte, der wirk-liches Interesse für sein Studium und gleich-zeitig ausgefallenes Hobby aurachte.

Sylvia schien genau die richtige Partnerinfür ihn zu sein. In der Tat war sie ein durchausattraktives Mädchen von einnehmendem,intelligentem Wesen, aber von Anfang anerschien sie dir auf unerklärliche Weise mehrals einfach nur exzentrisch. Sie hatte eine

merkwürdige, fast überhebliche Art an sichund ein so seltsames, wissendes und spötti-sches Lächeln...

Die Besuche Michaels wurden jedenfallsimmer seltener und bei diesen Gelegenhei-

– man kennt die Problematik ja)!

Es ist ja traurig genug, dass man überhaupterwähnen muss, dass u.a. die Fundusge-genstände peglich behandelt und wiederordentlich zurückgebracht sowie verräumtwerden sollten. Aber wer so wie ich schonmiterleben „durfte“ wie manche Leute mitKostümen oder Ambientegegenständen um-gesprungen sind, in denen viel Zeit, Müheund Geld steckt, weiß bestimmt, wovon ichhier schreibe…

Da es durchaus nach wie vor nicht unüb-lich ist, dass viele NSCs sich erst kurzfristiganmelden oder vor Ort für andere einsprin-gen, kann es übrigens auch nicht schaden,zumindest einige wichtige Hintergrundinfosallgemeiner Natur in der Plotübersicht fest-zuhalten. Dabei sollte man sich vor Augenführen, wonach denn eine Person, die ja an-geblich aus dem bespielten Land stammt,wohl von den Teilnehmer(innen) gefragtwerden könnte: Zumindest ein Basiswis-sen über die unmittelbare Umgebung desHandlungsschauplatzes, aber auch Informa-tionen z.B. zu den jeweils wichtigen Götternund einussreichen Personen der jeweiligenLive-Welt, üblichen Gepogenheiten wietypischen Festen oder aber den normalen

Umgang mit anderen Fantasy-Völkern sollteeinem jeden NSC an die Hand gegeben wer-den. Je nach Interesse wird die jeweilige Per-son sich dann ohnehin mehr oder weniger inseine Rolle hineinversetzen. Wenn dann aberdie Spieler(innen) merken, dass der Hinter-grund stimmig ist und sie nicht von jedem

zweiten NSC, den sie über etwas befrageneine völlig unsinnige und anderslautendeAntwort bekommen, dann trägt dies natür-lich auch wieder zur allgemeinen Stimmungund dem Flair der Veranstaltung deutlichmit bei. Ich persönlich nde es durchausangenehm, auch eine kleine Auswahl an„typischen“ magischen Gegenständen undderen Wirkung mit aufzuführen: So werdenAusrutscher vermieden („Okay, du hast jetztGronzo Giganto, das Schwert der Apoka-lypse in diesem Dunghaufen gefunden!“)

und man kann obendrein wieder einmalden einmaligen Hintergrund des jeweiligenLandes darstellen. So wurden z.B. bei ei-nem unserer „Löwentor“-Lives, bei dem dieTeilnehmer(innen) Kontakt zu Feenwesenhatten, magische Spruchrollen und Edelstei-ne mit Feenrunen gefunden – ein sehr einfa-cher, aber schöner Weg, den Hintergrund derVeranstaltung zu vermitteln…

Wie ich bereits eingangs erwähnt habe,dient eine gut durchdachte Plotübersicht inerster Linie dazu, allen Personen auf einemLive-Rollenspiel viel Ärger und Arbeit zu er-sparen – natürlich muss hierfür im Vorfeldmehr Aufwand betrieben und vielleicht daseine oder andere öfter überdacht werden,

aber am Ende wir wirklich jeder davon pro-tieren! Übrigens kann ich abschließendnur jedem ans Herz legen, einen ganz, ganzschlimmen Denkfehler nicht zu begehen: Esgibt nämlich niemals genügend Plot, auchwenn manche Veranstalter diese Meinungvielleicht vertreten! Gerade Nebenplots soll-ten wirklich möglichst viele „vorrätig“ sein,denn diese können ja erst dann gelesen undvorbereitet werden, wenn man sich vor Ortdazu entschieden hat, sie auch wirklich ein-zubauen – und wenn sie auf dieser Veran-

staltung dann doch nicht verwertet werden,dann eben beim nächsten Mal. Wie erwähnt,durch eine gut gemachte Plotübersicht wirdvieles sehr viel leichter.

Es gibt dabei eigentlich nur noch ein klitze-kleines Problem: Das eigentliche Lesen undVerstehen der Plotübersicht kann der jewei-ligen Person nämlich niemand abnehmen…

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ten erschien er dir kaum mehr als ein jungerMann, sondern eher so, als wäre er um Jah-re gealtert und von Sorgen niedergedrückt,über die er aber immer nur sehr vage An-deutungen machte. Sylvia musste allerdingsetwas mit seinem Zustand zu tun haben undjedesmal, wenn du bei den immer seltener

werdenden Gesprächen ihren Namen er-wähntest, zuckte er zusammen und sah sichunbehaglich und misstrauisch um...

Schließlich hörten seine Besuche ganz aufund obwohl du dir einige Gedanken gemachthast, bist du beim besten Willen nicht dazugekommen, dich bei ihm zu melden. Aber alsdu dann heute von deinem Büro nach Hausegekommen bist, el dir sofort der unfrankier-te Umschlag im Brieasten auf, der an dichadressiert war und als Absender MichaelsNamen trug: Er enthielt eine kurze, mit zitt-

riger Hand geschriebene Notiz, die deineschlimmsten Ahnungen und Vorstellungenbei weitem übertraf...

Mein lieber Freund!Ich habe kaum Zeit, diese wenigen

Zeilen zu schreiben, denn bald schonwird sie kommen, um mich abzuholen.Um unserer alten Freundschaft willenflehe ich dich an: Komm rasch hierherund hilf mir! Sylvia und ich sind zu weit gegangen und nun kann sie nichtsmehr aufhalten – mein Freund, ich habeAngst vor ihr...  Diese Notiz wird ein Nachbarjunge

bei dir einwerfen, denn sie lässt michnicht mehr aus dem Haus, nicht mehraus den Augen! Und schon gar nichtheute, meiner vielleicht letzten Nachtauf dieser Welt! Bitte komm bald,denn ich fürchte um meinen Verstandund um mein Leben! Dein alter Freund MichaelNun gab es kein Zögern mehr für dich:

Nach der langen Zeit voller Ungewissheitund der Zweifel wusstest du endlich, was zutun war (O) ...

0

Die Dunkelheit des Winterabends emp-fängt dich mit oenen, begierigen Armen aufdeinem von düsteren Vorahnungen gepräg-ten Weg zu Michaels Haus, das am Stadtrandnahe dem Walde lag. Er hatte es von seinenEltern geerbt, ehemals wohlhabenden undeinussreichen Leuten. Bei diesem Gedan-ken fällt dir urplötzlich auf, wie lange du

schon nicht mehr dort gewesen bist und eineigentümliches Gefühl beschleicht dich.

Schließlich aber kommst du am Ende derStraße an und erschrickst leicht, als sich die

Umrisse des dunkel und abweisend wirken-den Hauses deines Freundes aus dem Nebelherausschälen. Es ist absolut dunkel, nir-gendwo ein Licht zu entdecken und die Lä-den der Vorderfront sind oensichtlich allegeschlossen und verriegelt. Du erinnerst dichmit einem Frösteln an den Brief und über-

legst, ob du erst einmal zu Michaels nebenanwohnenden Nachbarn (4), oder zur Haustürgehen und sofort läuten sollst (6); du kannstaber auch versuchen, die Türe zu önen, umso ins Haus einzudringen (9) oder aber nacheinem unverschlossenen Fenster im Erdge-schoss suchen (11)...

1

Du erreichst die Tür zu Michaels Zimmer,önest sie und trittst ein. Im Gegensatz zudem sonst überall herrschenden Eindruckvon Unbewohntheit sieht dieses Zimmer

ganz gewöhnlich aus. Eilig durchsuchst dudie Schränke, Regale und den Schreibtisch,aber du ndest lediglich das Tagebuch deinesFreundes!

Nach einigem Zögern entschließt du dich,es zu lesen, um so vielleicht einen wichtigenHinweis zu nden. Hastig überiegst du diein dem Buch niedergeschriebenen Zeilen...

10. Januar : Habe heute mein neu-es Tagebuch begonnen, muss die grau-enhaften Ereignisse festhalten. Sylvia

hat mir von ihren okkulten Erfahrun-  gen erzählt – selbst ich bin entsetztüber ihre Vorstellungen vom Wert desmenschlichen Lebens...22. Januar : Am heutigen Tage hat

Sylvia ihr okkultes Laboratorium imKeller fertiggestellt. Mich schaudertbei dem bloßen Gedanken an die Be-schwörungen, die sie dort vollführenwill!2. Februar : Ich bin völlig von ihr ab-

hängig! Als ich heute zu meinem alten

Freund gehen und ihm vom schändlichenTreiben Sylvias erzählen wollte, fandich mich plötzlich in meinem Zimmerwieder – völlig angezogen und die Klei-der bereits abgekühlt von den winterli-chen Temperaturen draußen. Sie hat es gelernt, meinen Geist zu kontrollieren!Was soll ich nur tun?4. Februar : ln dieser Nacht führ-

te Sylvia ihre erste Evokation durch– doch sie misslang! Als ich am Morgendanach ihr Gesicht sah, guter Gott, sie

erschien mir mindestens um zehn Jahre gealtert! Die Beschwörung kostete sie viel Kraft und als sie sich davon erhol-te, konnte ich meinen Plan entwerfen...6. Februar : Während sich Syl-

  via von der gewaltigen Anstrengungausruht, habe ich mit dem in der Bi-bliothek stehenden Buch »Mysterien der druidischen Alraunenzauberei« einStoffamulett aus verschiedensten Zu-taten erstellt, das mich vor ihren Kräf-ten schützen soll. Mittels des Werkes»Amulette, Fetische und Talismane«belegte ich es dann mit einem Zauber,der hoffentlich auch wirksam genug ist gegen ihre dunklen Künste...

7. Februar : Das Amulett bewahrtemich leider doch nicht vor Sylvias di-abolischen Gedankenmanipulationen undsie hat es entdeckt und in ihr Zimmer gebracht, um es dort genauer zu unter-suchen. Jetzt darf ich mein Zimmerund Gefängnis überhaupt nicht mehr verlassen!

10. Februar : Nun weiß ich also end-lich, was sie vorhat! In drei Tagen, wenndie Sternenkonstellationen günstig sind,wird sie Aalsirroth beschwören, den Dämon und Gott der Achten Sphäre!Möge Gott der Welt und uns Men-schen beistehen, wenn ihr dieses Unter-fangen wirklich gelingen sollte...12. Februar : Mit einigen ihrer unse-

ligen Gefährten vom Bund der neuen Dämmerung versuchte sie in der heuti-

  gen Nacht wieder eine Beschwörungs-zeremonie. Nach den Geräuschen, dieseither aus dem Keller dringen, diesmaloffenbar mit Erfolg! Was soll nuraus mir werden? Aus Sylvias vagen undspöttischen Andeutungen entnehme ich,dass sie mich als Opfer für die Evo-kation vorgesehen hat – danach wirdsie wohl mittels ihrer neu gewonnenenMacht erst einmal untertauchen undwarten, bis die Zeit wieder reif ist...13. Februar: In der allgemeinen Auf-

regung ließen ihre Kontrollen heute einwenig nach und ich konnte dem Nach-barjungen den Brief und somit meineletzte Hoffnung durch das Fensterzuwerfen. Voller Hohn offenbarteSylvia mir später, dass mein Amulett inder Tat ein voller Erfolg war und mir gegen ihren Herrn und Meister, den siemit meiner unfreiwilligen Hilfe herbeiholen will, gut hätte beistehen können!

Spottend über meine Hilflosigkeiterzählte sie mir sogar, dass das Amulett

in ihrem Zimmer unter dem steiner-nen Briefbeschwerer gut aufgehobenwäre, wo es sicher außerhalb meinerReichweite wäre! Wie habe ich michnur so in ihr täuschen können?

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ANDUIN 102

Abenteuer 

DaS aUGE DES aBySSUS

Später...Bald werden sie kommen, um mich ab-

zuholen! Sie werden mich in die alteKapelle im Wald bringen, die sich schonlange im Besitz von einem der fana-tischen Anhänger des Kults befindet

und wohl auch ebenso lange entweihtist. Dort soll die Beschwörung erfolgen.Ich hoffe, dass Rettung naht, aber...

Hier bricht das Tagebuch aprupt ab und duwischt dir den kalten Angstschweiß von derStirn. Gehst du nun in die Bibliothek (5), denKeller (3), zu Sylvias Zimmer (12) oder ver-lässt du rasch das Haus (42)?

2

Du rennst angsterfüllt zurück zumschwach erkennbaren Eingang, die drohen-de Atmosphäre des Hauses war wohl einfach

zuviel für deine angespannten Nerven! In derkühlen Winterluft besinnst du dich jedochschließlich, denn immerhin steht das Wohlund das Leben deines Freundes auf demSpiel (7), oder aber du gehst tatsächlich nie-dergeschlagen nach Hause zurück (14).

3

Du önest die Tür, die in den Keller führt,und ein Schwall widerlich süßlich riechenderLuft schlägt dir entgegen und raubt dir fastden Atem! Ein seltsames, irgendwie schmat-zendes und schlürfendes Geräusch ist vonirgendwo aus der Dunkelheit zu hören unddu nimmst an, dass Ratten im Keller hausen– sehr große Ratten! Andererseits..? Steigstdu ins Ungewisse hinab (16) oder kehrst duum und entscheidest dich kurzentschlossenanders (25)?

4

Mit einem mulmigen Gefühl im Magen klin-gelst du an der Haustür der Nachbarn. Es istschließlich nicht gerade eine normale Frage,die du diesen fremden Leuten stellen möch-

test... Eine ältere Frau önet und sieht dichmisstrauisch und fragend an. Wirst du sienach ihrem Sohn fragen (10) oder erst einganz unverfängliches Gespräch beginnen(13)?

5

Du önest die schwere Tür, welche in dieBibliothek führt und der im Halbdunkel er-scheinende Anblick fasziniert dich trotz derunheimlichen Atmosphäre wie jedesmal,wenn du dieses große Zimmer betrittst. Indem Raum stehen Hunderte von Büchern

in Regalen, die bis an die Decke reichen undkaum noch Platz für die beiden Fenster las-sen! Diese Sammlung von Büchern aller Art,von den Eltern und Großeltern deines Freun-des zusammengetragen, wäre wohl auch ei-

nes Museums würdig...

Plötzlich fällt dein Blick auf ein neues Regal,das unüblicherweise mitten im Zimmer stehtund dir völlig unbekannt ist. Deine Neugierbewegt dich dazu, näher heranzugehen undmit einem unbehaglichen Gefühl überiegstdu die Titel der dort auewahrten Folianten:„Mysterien der druidischen Alraunenzaube-rei“, „Amulette, Fetische und Talismane“,„Das dunkle Arkanum der 666 Geheimnis-se“, „Fragmentedes Pentagramms“, „Apo-kalyptische Oenbarungen“, »Der SchlüsselSalomons“ und ähnliche uralte und längstvergessene Bücher lagern hier. Unwillkürlichund wie unter Zwang nimmst du eines mitdem seltsamen Titel „Die neue Dämmerung“und beginnst darin zu lesen:

I hr soll t nun wissen, dass die Ä onenalt en dasLeben nur zu ihr er B elust i gung er schaf fen ha-ben. D enn auf diese A r t und Weise laben sie sichan uns und unseresgleichen und nie wird es ihnendaher an S peisung mangeln! D enn sie, die schondie Weiten zwischen den Gal axi en dur cheil t haben,bevor das Licht die ewige Finsternis schändeteund besudelte, sie nähren sich und zehren von denKr äf ten, welche dur ch V erzwei f l ung, Wahnsinn,Qual und To d herv or ger ufen werden! U nd wo auchimmer die armselige und unwissende Menschheitin Zukunft i hr D asein f r i sten mag – diese Kr äf tewerden ewiglich um sie sein.. .

Angewidert und doch auch fasziniert

greifst du dir ein weiteres Buch mit dem be-zeichnenden Titel „Homunkulus“ und liestdort:

D ie R elikt e aber, die von den vergangenen,grossen Zeiten auch noch heute Kunde tun und dasLeid der Menschen zu den dunklen Göttern lei-ten, diese Relikte können nicht vernichtet werdendurch müden Menschengeist oder zit trige Men-schenhand...

Schnell wendest du dich von dem Regal ab,denn von draußen ertönt plötzlich ganz aus

der Nähe das typische Geräusch einer Auto-tür, die zugeschlagen wird! Du verharrst undglaubst dann zu hören, wie unten im HausSchritte ertönen, langsam und hallend, heim-lich und darauf bedacht, nicht vernommenzu werden...

Gehst du nach unten, um dem Eindringlingzu begegnen (18), versteckst du dich (28)oder kletterst du lieber schnell zum Fensterhinaus (32)?

6

Auf deine Betätigung der Türglocke re-

agiert niemand und grübelnd blickst du ander trutzig emporragenden Hausfassadehoch. Entweder du gehst nun doch zu denNachbarn deines Freundes (4), versuchst dieTür zu önen (9) oder steigst heimlich durch

ein Fenster ein (11)...

7

Wieder trittst du ein, tief durchatmendund dir selbst Mut machend, so weit dies nurmöglich ist. Du ndest einen Lichtschalter,doch als du ihn betätigst, ammt kein beru-

higendes Licht auf! Mit einem leisen Fluchauf den Lippen suchst du nach Kerzen undndest schließlich einen Leuchter, dessenKerzen du mit Hilfe deines Feuerzeugs ent-zündest. Im eher spärlichen Licht entdeckstdu einen Schemel, über den du in der Dunkel-heit gestolpert und dadurch auf eine staub-bedeckte Sitzgarnitur gefallen bist (25)...

8

Nach einiger Suche ndest du einen Licht-schalter, doch es ammt keine Beleuchtungauf, als du diesen betätigst! Mit einem un-

terdrückten Fluch suchst du im Dunkel nachKerzen und ndest endlich einen Leuchter.Im ackernden und tanzenden Licht derKerzen entdeckst du einen kleinen Schemel,über den du gestolpert und dadurch auf einealte Sitzgarnitur gefallen bist (25)!

9

Zu deinem großen Erstaunen ist die Türnicht verschlossen und du kannst sie ohneProbleme önen. Ein Schwall abgestandenerLuft schlägt dir entgegen und du weichst un-willkürlich wieder einen Schritt zurück. Wer

weiß, was dich dort erwartet (15)?

10

„Ich kenne sie nicht. Gehen sie oder ichrufe die Polizei!“ Diese unwirsche Antwortertönt, kurz bevor die Tür vor deiner Nase zu-geschlagen wird! Wirst du nun bei MichaelsHaus an der Türe auf dich aufmerksam ma-chen (6), oder aber versuchen, unbemerkteinzudringen (9)?

11

Tatsächlich entdeckst du bereits nach kur-

zer Suche ein Fenster auf der Rückseite desHauses, das nicht mit Läden verschlossenist. Du beschließt, es einzuschlagen. Zwarschneidest du dich am scharfen Glas und einHund fängt in der Nachbarschaft laut zu bel-len an, aber danach steigst du das dunkle Ge-bäude ein, das dich mit düsterem Schweigenempfängt (15)...

12

Mit vorsichtigen Schritten kommst du beider Tür zu Sylvias Zimmer an und versuchst

sie zu önen, aber leider ohne Erfolg! Sie istverschlossen. Wirst du versuchen, die Türeeinzutreten (29), nach einem Schlüssel su-chen (31) oder dich abwenden und lieber zuMichaels Zimmer (1), in den Keller (3) oder

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Abenteuer 

DaS aUGE DES aBySSUS

die Bibliothek (5) gehen? Du kannst jetzt na-türlich auch das Haus verlassen (42).

13

Die Frau ist oensichtlich überaus miss-trauisch, aber als du das Gespräch geschicktauf deinen alten Freund und ihren Nachbarn

Michael Singer lenks, hellt sich ihre Miene au-genblicklich auf.

„Ja, ein sehr netter junger Mann und ofthier bei uns zu Besuch. Zumindest bis erdieses Mädchen kennengelernt hat. Ein biss-chen merkwürdig war er selber ja auch, aberals sie dann zu ihm ins Haus gezogen ist...“

Sie erschauert und bittet dich dann freund-lich herein. Lehnst du ab, da die Zeit drängt(17) oder nimmst du ihre Einladung an (20)?

14

Mit schwerem Herzen lenkst du deineSchritte deinem Heim zu, als plötzlich ausdem Nebel drei Gestalten in bizarren Robentreten. Ehe du noch reagieren kannst, wirstdu von ihren Dolchen durchbohrt...

15

Du stehst oensichtlich im langen Gang,der zur Treppe in den ersten Stock und zuden weiteren Räumlichkeiten führt. Es istfast völlig nster und du bedauerst es jetzt,deine Taschenlampe nicht bei dir zu haben.Der Geruch nach modriger, verbrauchter

Luft ist hier fast überwältigend stark und duertastest dir deinen Weg auf der Suche nacheinem Lichtschalter.

Plötzlich stolperst du und fällst auf eineweiche, formlose Masse, die wahre Staub-fontänen aufwirbelt und dich damit zu ersti-cken droht! Willst du schnell iehen (2) oderdich in aller Ruhe aufrappeln (8)?

16

Der unruhige Schein der Kerzen lässt denohnehin nicht sehr anheimelnden Keller

noch unheimlicher erscheinen. Als du denFuß der Treppe erreichst, streift dich ein star-ker, übelriechender Luftzug und die Kerzenerlöschen...

Es wird schlagartig stockdunkel und nunkannst du eindeutig hören, wie sich et-was Massiges, Schleimiges schlurfend undschmatzend auf dich zubewegt und deineFurcht wächst von Sekunde zu Sekunde!

Willst du jetzt schnell versuchen, die Ker-zen wieder anzuzünden (19), den Leuchterals provisorische Wae fur einen Kampf im

Dunkel verwenden (21) oder panikartig zuiehen versuchen (22)?

17

Durch ein mahnendes Gefühl der Dringlich-

keit vorangetrieben lehnst du die Einladungab, obwohl du ahnst, dass hier vielleichtnützliche und wichtige Informationen ingreiarer Nähe sind. Du wendest dich nunentweder der Haustür zu (6) oder versuchstüber ein Fenster einzudringen (11)...

18

Mutig, aber auch vorsichtig tappst du zu-rück in den Gang und siehst dich plötzlichvom starken Strahl einer Taschenlampe völ-lig geblendet. „Sieh mal an, Sylvia hatte alsoRecht: Michaels Freund will tatsächlich denHelden spielen“, ertönt eine düstere Stimme,dann peitschen Schüsse und um dich wird esfür immer dunkel..!

19

Was auch immer dort im Dunkel auf dichzutaumelt, es ist oenbar sehr schwerfällig.

So gelingt es dir gerade noch rechtzeitig,die Kerzen zu entzünden. Du blickst hochund siehst direkt in die Augen einer blas-phemischen Kreatur, die nicht von dieserWelt stammen kann! Ein scheinbar unferti-ger, halb geformter Mensch von ekelhaftschmutzig-weißer Hautfarbe, missgestaltetund verzerrt, voll von Absonderungen einesdurchsichtigen Schleims. Rote, angeschwol-lene Adern pulsieren im Körper dieses ent-setzlichen Geschöpfes und es wankt auf dichzu, das unförmige Gesicht verzerrt zu einer

Grimasse der Gier – der Gier nach deinem Le-ben!

Doch als dann das Licht der Kerzen vollauf diese unselige Kreatur fällt, da zuckt sieröchelnd zurück und schlägt sich die ver-krümmten Krallenhände vor das Gesicht...Du nutzt die Gelegenheit und rennst panikar-tig die Treppe hinauf (23)!

20

 „Am besten unterhalten Sie sich mit meinemSohn, er war nämlich relativ oft drüben beiHerrn Singer zu Besuch!“ Die Frau führt dich

ins Wohnzimmer und stellt dich ihrem Sohnvor. „Stimmt, ich habe mich viel mit Michael

unterhalten, vor allem bevor Sylvia zu ihm  gezogen ist. Er ist schon ein echtes Original,kennt alle die alten Horror- Schinken auswen-dig und hat ein richtiges kleines Hexenlabor imKeller. Und erst die Bücher in der Bibliothek– manchmal hat er mir aus ihnen vorgelesen,auch aus denen, die Sylvia mitgebracht hat...“  Der junge Mann verstummt und ein Schattenscheint sich über sein Gesicht zu legen. Dufragst nach Sylvia Lanz und seine Miene wird

noch düsterer. „Eigentlich ein wirklich nettesMädchen, sollte man meinen. Aber mehr nochals Michael war sie von Dämonen, Geistern undall’ diesem Zeug richtig besessen. Zuletzt habeich sie kaum noch gesehen, sie versteckte sich

regelrecht vor mir. Zufällig sah ich sie dann ein-mal am Fenster stehen, erkannte sie aber nichtsofort... Sie war nämlich so gealtert, dass sieaussah wie ihre eigene Mutter!“

Du bedankst und verabschiedest dich, nundoch von einem mahnenden Gefühl zur Eilegetrieben. Kurz darauf stehst du wieder vorMichaels Haus: Wirst du klingeln (6) die Türegleich zu önen versuchen (9), oder durchein Fenster einsteigen (11)?

21

Du schwingst den Leuchter wild umherund ein wirklich gespenstischer Zweikampfentbrennt! Mehrmals berührt dich etwasSchleimiges, doch jedesmal gelingt es dir,durch einen raschen Sprung in Sicherheit zukommen! Bei einem erneuten Hieb mit demLeuchter trist du dann etwas in der Dunkel-

heit und ein Körper sackt mit einem dampfenPlatschen zu Bodenl Wirst du nun den Kellerdurchsuchen (24) oder diesen Ort schnellverlassen (23)?

22

Du eilst hastig zu den Stufen, welche fürdich Sicherheit und Freiheit bedeuten, dochplötzlich schnellt ein fauliger Arm aus derDunkelheit und packt dich mit unmensch-licher Kraft an der Kehle. All’ dein Schreienund Strampeln nützt nichts, dies ist deinEnde..!

23

Da die Zeit nun wirklich langsam sehrknapp wird, musst du dich beeilen: Wirst duin Michaels Zimmer gehen (1), doch lieberSylvias Raum aufsuchen (12) oder aber wo-möglich das Haus verlassen (42)?

24

Die wieder entzündeten Kerzen enthül-len dir die Greuel der Kreatur, gegen die dueben noch gekämpft hast und mit einemSchaudern wendest du dich schnell ab! Als

nächstes entdeckst du das mit schwarzerKreide auf den Boden gemalte Pentagramm,umgeben von mysteriösen Runen sowie Ker-zen und Räucherschalen. Außerdem ndestdu mehrere Roben aus schwarzem Sto dieein rot aufgesticktes, umgedrehtes Penta-gramm tragen!

Auf einem Podest außerhalb des Zeichensliegt oenbar ein dickes Buch. Wirst du nunden Keller verlassen (23), eine Robe an dichnehmen (27) oder das Buch genauer betrach-ten (30)?

25

Im ackernden Schein der Kerzen siehstdu dich in der kleinen Eingangshalle um:Huschende Schatten, drohende Schemen in

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Abenteuer 

DaS aUGE DES aBySSUS

allen Ecken lassen dich bisweilen erschro-cken zusammenfahren! Alle Möbel hier sindmit weißen Tüchern abgedeckt, überall liegtStaub – du fragst dich, was in diesem Hausewohl vorgegangen ist und immer stärker ver-spürst du nagende Furcht in dir emporkrie-chen. Wirst du das Zimmer deines Freundesaufsuchen (1), in den Keller gehen (3), die

Bibliothek betreten (5), oder Sylvias Zimmersuchen (12)?

26

Du kommst sehr spät in der Nacht beimverlassenen Steinbruch an und suchst gerau-me Zeit, kannst aber leider keine Spur vondeinem Freund entdecken. Verbittert undtodmüde gibst du schließlich auf und machstdich auf den Heimweg, um deine verworre-nen Gedanken zu ordnen (14)...

27

Die Robe scheint aus Samt angefertigtworden zu sein und der schwere Sto fühltsich in deinen Händen unangenehm warm,fast wie lebendig an. Dennoch nimmst du siean dich... Du zuckst nach diesem seltsamenFund die Schultern und verlässt schnell den

Keller (23) oder gehst zum Buch auf dem Po-dest (30)...

28

Du verbirgst dich im Dunkel hinter demgroßen Regal und lauschst angestrengt,doch nun vernimmst du nur noch das über-laute Dröhnen deines Herzens und den ste-ten Strom deines Blutes durch deinen Kör-

per! Du richtest dich gerade auf als die Türaufgestoßen wird – dort steht Sylvia Lanz!Sie deutet auf dich und zwei Personen inihrer Begleitung richten die Lichtkegel ihrerTaschenlampen auf dich.

 „So, so, du wolltest also tatsächlich deinemFreund zur Hilfe eilen, wie edel von dir. Aber esist zu spät und du wirst ihm folgen...“ Schüs-se peitschen und du ndest ein tragischesEnde...

29

Mit grimmig entschlossener Miene holstdu Anlauf und rennst mit voller Wucht ge-gen die Tür! Während du dir dann deinenoensichtlich verstauchten Knöchel reibst,bewunderst du zynisch die gute, solide Bau-

weise dieses Hauses: Die Tür hat um keinenZentimeter nachgegeben! Wendest du dichnun Michaels Zimmer zu (1), der Bibliothek(5), dem Keller (3) oder willst du nach einemSchlüssel suchen (31)? Du kannst auch dasHaus verlassen (42)...

30

Der anscheinend sehr alte Foliant trägt

den Titel „Die Achte Sphäre“ und wurde voneinem gewissen Simon Ashen verfasst. Duschauderst unwillkürlich beim Anblick diesesuralten Buches und als du dir das lederartigePergament, auf dem mit roter Tinte... Aberwas ist das! Wirklich Pergament? WirklichTinte? Mit einem Aufschrei des Entsetzenstaumelst du zurück, gewinnst aber bald dieFassung wieder und überiegst mehrere Sei-ten voller mysteriöser Zeichnungen und Sym-bole, sowie holprig ins Deutsche übersetzterSchrift...

S o wisset denn, E r, der da gebietet über al l j edeKr eatur der A chten S phäre, E r , der den E le-menten gebietet und sie seinem Willen untertanmacht , E r i st der H err scher über die Abgr ündevon Zei t und R aum, doch E r sol l ger ufen wer -

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Abenteuer 

DaS aUGE DES aBySSUS

den mit dem Namen Aalsirroth! Oh, gepriesen seidas Allmächtige Auge, exeth nelem alythuul! Wirr u fen dich, oh prachtvo l le r H er r , w i r r u fen dichmit den Worten exeth nelem alythuul, seleth dyertelemach! Ywer astar xelonduur!

Neben diesem Text ndet sich die Zeich-

nung einer so abscheuerregenden Kreatur,einer Karikatur jedweder Lebenform, dochhastig schlägst du die nächste Seite auf...

U nd fal ls nun die S ter ne nicht günst ig st ehenoder aber das Opfer dem Herrn nicht behagt oderdie Zeichen falsch gedeutet wurden, so sprechenw i r d ie Wor te : As lan erner , Aa ls i r ro th ! As lanerner, zuul! Auf dass der Gebieter der AchtenS phär e ein E insehen haben mag. ..

Fieberhaft prägst du dir diese Worte ein,obwohl du kaum weißt, was sie bewirken,und eilst dann die Stufen hinauf (23).

31

Einen Schlüssel ndest du zwar nicht, dashätte dich bei der Intelligenz dieser Frauauch sehr gewundert, dafür aber ein StückDraht, welches du eventuell als Dietrich miss-brauchen kannst. Du mühst dich einige Zeitam Schloss ab, aber schließlich springt dieTüre tatsächlich auf!

Du grinst zufrieden und trittst ein, prallstdann jedoch entsetzt zurück: Der Raum vordir ist in einem unbeschreiblichen Zustand!

Alle Möbel bis auf einen wuchtigen Schreib-tisch wurden entfernt, überall liegen Kno-chen herum, eingetrocknetes Blut klebt anden Wänden. An zahllosen Schnüren hängenSchädel, Kräuterbündel und andere unde-nierbare Dinge von der Decke herab undvor dir auf dem Boden bendet sich ein mitschwarzer Kreide gemaltes Pentagramm,das mit seltsamen Symbolen versehen ist!Drumherum stehen schwarze Kerzen undschwere Räucherschalen. Angewidert undvoller Ekel schüttelst du den Kopf. Durch-

suchst du dann den Schreibtisch (33), denRaum selbst (36) oder fällt dir vielleicht nochetwas anderes ein (38)?

32

Mit einigen waghalsigen und fast schonhalsbrecherischen Manövern gelingt dir dasKunststück, am Efeu der Seitenwand desHauses hinabzuklettern. Unten angekom-men kannst du nun entweder wieder nachHause (14) oder zu einem ganz bestimmtenOrt gehen – falls du diesen kennst (40)...

33

Die schnelle Durchsuchung des Schreib-tischs erbringt wirklich gar nichst, was dir indeinem Fall helfen könnte und du wendestdich ab und verlässt den Raum angewidert.Wirst du nun zu Michaels Zimmer gehen (1),

in den Keller gehen (3) oder die Bibliothekaufsuchen (5) oder vielleicht das Haus verlas-sen (42)?

34

Unschlüssig stehst du vor dem Haus undgrübelst. Wohin könnte Michael denn gegan-

gen oder gebracht worden sein? Dir fallenzwei Orte ein, die hierfür in Frage kämen: Dergroße, verlassene Steinbruch (26) oder diealte Kapelle (48)...

35

„In Anbetracht der ungeheuren Dringlich-keit ihrer Situation werden wir ihnen zweiMann als Begleitschutz mitgeben“, meint derPolizist grinsend und winkt zwei seiner Kol-legen zu sich. Ihnen üstert er etwas von„wahrscheinlich total durchgedreht oder be-trunken, seht es euch eben mal an, vielleicht

 gefährlich, Behandlung...“ zu und du weißt,dass er dich mit Sicherherheit für völlig ver-rückt hält! Aber das ist dir momentan völligegal, denn kurz darauf sitzt du im Wagen unddie beiden Polizisten fahren dich in RichtungWald und somit zur Kapelle (46)...

36

Deine Tätigkeit ist einfach ekelhaft und för-dert zudem nichts zutage. Angewidert ver-lässt du den Raum und kannst nun entwederauch das Haus verlassen (42), zu MichaelsZimmer gehen (1), in den Keller hinabsteigen(3) oder aber die Bibliothek aufsuchen (5).

37

Du bleibst weiter beim Eingang verborgenund verfolgst mit vor Schrecken geweitetenAugen, wie das unfassbare Ritual seinenFortgang nimmt. Fortwährend murmelt Syl-via Lanz geheimnisvolle, beschwörende Wor-te und vollführt seltsame Gesten, währenddie Kultisten ihr immer wieder und wieder imChor antworten. Plötzlich aber fährt dir einerstickend heißer, beißend stinkender Luft-

schwall entgegen und du taumelst zurück!Über dem besudelten Altar wabert und im-mert die Luft, dann klat auf einmal eine ArtRiss auf, aus dem die Finsternis fast fühlbarherausströmt und du entdeckst entsetzt dreiglühende, riesige Augen, die aus dieser ande-ren Dimension in die Kapelle starren! „Nimmunser Opfer an, oh allmächtiger Aalsirroth!“schreit Sylvia Lanz hysterisch und reißt danndas Opfermesser hoch!

Wirst du jetzt losstürmen (39), dich lang-sam vorschleichen (53), ein Amulett zücken

und mutig nach vorn schreiten (51) oder wo-möglich sogar schnell eine Gegenbeschwö-rung aufsagen (42)?

38

Siedend heiß fällt dir das Tagebuch deines

Freundes Michael ein und dein Blick fällt so-fort auf den massiven, metallenen Briee-schwerer auf dem wuchtigen Schreibtisch.Du eilst dorthin und hebst ihn hoch: Darunterliegt tatsächlich das von Michael beschriebe-ne Stoamulett! Mit einem Gefühl des Tri-umphes verlässt du das Zimmer und kannst

in den Keller gehen (3), die Bibliothek aufsu-chen (5), oder jetzt das Haus verlassen (42).

39

Mit dem Mut der Verzweiung läufst dulos, um deinen Freund Michael vor einemgrausamen Schicksal zu erretten! Doch schonnach einigen wenigen Schritten versperrendir mehrere der fanatischen Kultisten denWeg, packen dich trotz heftiger Gegenwehrund werfen dich zu Boden. Am Rande einerOhnmacht hörst du eine dir vertraute weib-liche Stimme rufen: „Sehr gut! Bringt ihnhierher, bei zwei Opfern wird unser Herr undMeister besonders zufrieden sein...“

40

Zielsicher verlässt du das Grundstück undtauchst wieder ein in den jetzt willkomme-nen Nebel. Du erinnerst dich an die Notizaus dem Tagebuch, in der Michael eine alteKapelle im Wald erwähnte: Du kennst diesenOrt, er liegt verborgen und abseits der beleb-ten Spazierwege und war früher euer belieb-tes Ziel, wenn sich die Themen mal wieder in

Richtung Okkultismus wandten...Eile ist geboten und du fällst in einen

schnellen Lauf, als dir einfällt, dass du viel-leicht besser zur Polizei gehen solltest!

Wirst du dies tun (44), weiterhasten (48)oder lieber ganz aufgeben und erst einmalzuhause deine Gedanken ordnen (14)?

41

Du kommst gut voran, doch auf einmaldreht sich einer der Kultisten um und scheintangestrengt in deine Richtung zu blicken!

Hat er dich womöglich entdeckt?Wirst du jetzt schnell losstürmen (39) oder

doch lieber versuchen, unbemerkt weiterzu-schleichen und näher heranzukommen (49)?

42

Mit einem erleichterten Seufzer verlässtdu dieses düstere Haus voller ebenso dunk-ler Geheimnisse. Falls du das Tagebuch dei-nes Freundes gelesen hast (40), ansonsten(34)...

43

Hastig zerrst du die widerwärtige Robehervor, die du im Keller gefunden hast, undziehst sie an. Danach schreitest du langsaman den Reihen der Kultisten vorbei nach vorn– noch ist oensichtlich niemand auf dich

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Abenteuer 

DaS aUGE DES aBySSUS

aufmerksam geworden!

Plötzlich ertönt ein reißendes Geräuschund ein heißer, nach Verwesung stinkenderLuftzug streiftdich und unwillkürlich bleibstdu stehen.

Über dem Altar wabert und immert die

Luft und dann önet sich eine Art Riss, ausdem Finsternis hervorströmt: Drei große,glühende Augen blicken aus diesem Riss indie alte Kapelle und du spürst, wie du zu zit-tern beginnst.

Willst du weiter abwarten (52), eine Ge-genbeschwörung aufsagen (47) oder einAmulett ziehen und dich diesem Schreckenentgegenstellen (51)?

44

Erschöpft vom schnellen Lauf trägst dudem diensthabenden Polizisten deine Ge-

schichte über dunkle Künste, Opferungen,Beschwörungszeremonien und ähnlicheDinge vor. Unwillig musst du erkennen, wieseine Augen größer und größer werden undsich ein leises Lächeln auf sein Gesicht stiehlt.Wirst du schnell hinausgehen und dich wie-der auf den Weg zur Kapelle machen (48)oder darauf beharren, dass dir der PolizistGlauben schenkt (35)?

45

Im herrschenden Durcheinander und Cha-

os der üchtenden Menge erreichst du ohneProbleme den Altar und befreist deinen altenFreund Michael Singer, der dir erleichtertin die Arme sinkt. „Du hast mich vor einementsetzlichen Schicksal bewahrt, wie kannich dir nur jemals danken?“ Du zuckst nur dieSchultern, ebenfalls froh daraber, diesemAlptraum entronnen zu sein und beobach-test die langsam verschwindenden Kultisten.Mit einem letzten, seltsam knirschenden Ge-räusch schließt sich der klaende Dimensi-onsriss und du siehst aus den Augenwinkeln,wie Michaels Faust sich hebt und dann..!

Als du wieder aus deiner Ohnmacht er-wachst, liegst du gefesselt und geknebeltauf dem Altar, über dir erscheint das Ge-sicht von Michael Singer. „Tut mir leid, meinFreund, aber der oberste Priester des Gottesder Achten Sphäre zu werden ist eine zu starkeVerlockung, ein ewiger Traum!“

Damit hebt er das Opfermesser und mitwachsendem Entsetzen begreifst du, waser vorhat – und dieses Mal wird niemand dasein, den schrecklichen Gott aufzuhalten!

 „Erscheine, Aalsirroth, erscheine! Exeth nelemalythuur, seleth dyer telemach! Ywer astar xe-londuur...“

46

Zusammen mit den Polizisten kommst du

auf dem Waldweg nahe der alten Kapelle anund lotst die beiden durch das dichte Unter-holz. Vor dir erschallen unheimliche Gesängein einer unfassbaren Sprache und du ent-deckst mit Genugtuung, wie die Polizistensich fragend ansehen und dann ihre Waenziehen. Schließlich kannst du einen ackern-

den Feuerschein folgen, der vor dir durch dieNacht tanzt und bald darauf kommt das mas-sige Gebäude in Sicht, der Eingang ankiertvon Feuerschalen.

Mehrere fanatische Gestalten in Robenstürzen sofort auf die beiden Polizisten losund attackieren diese mit ihren Dolchen!

Während des entstehenden Handgemen-ge stürzt du weiter zum Eingang der Kapelle(50)...

47

Du stößt hastig die Worte hervor, die du indem alten Buch gefunden hast, und laut undunheilschwanger hallen sie in der Kapellewider. Ein unglaubliches, unirdisches Brüllenertönt und du siehst erleichtert, wie sich dieentstandene Kluft zwischen den Dimensio-nen langsam wieder zu schließen beginnt.Die Kultisten rennen nun völlig kopos um-her und plötzlich zucken mehrere klauenbe-wehrte Tentakel aus dem Riss und packenwillkürlich strampelnde und schreiende Men-schen, um sie ins Verderben zu reißen!

Sylvia Lanz blickt dich mit ammendenAugen an.   „Packt diesen veruchten Hund!Schmoren soll er in den..!“ Weiter kommt sienicht, denn ein Tentakel packt sie und reißtsie wie eine Puppe in die Höhe und hinein indie andere Dimension!

Einige Kultisten eilen wutentbrannt zu dir,aber du schlägst sie nieder und rennst dannzum Altar (45).

48

Du rennst keuchend durch den jetzt abso-

lut unheimlich wirkenden Wald, der dir wieeine einzige, stumme Drohung erscheint,deren Gewicht dich niederdrückt... Nach eini-ger Zeit bleibst du stehen, denn vor dir schältsich der massige Umriss der Kapelle aus demDunkel, von innen her gespenstisch erleuch-tet und der Eingang ankiert von zwei mas-sigen Feuerschalen. Unheimliche Gesängein einer furchtbaren Sprache erschallen ausdem Gemäuer und du bewegst dich langsamund vorsichtig weiter vor bis zum Eingang(50)...

49„Ein Ungläubiger ist in unserer Mitte! Er-

 greift den Verräter !“ gellt der Schrei des Kul-tisten durch die Kapelle und unbarmherzigeHände packen dich und schleifen dich zum

Altar, wo Sylvia Lanz dich hohnlächelnd er-wartet. „Sei mir gegrüßt! Du wirst als zweitesOpfer unseren Herrn und Meister sicherlicherfreuen!“ Es gibt nichts mehr, was du nochtun kannst...

50

Dein Verstand wagt den Anblick fast nichtzu akzeptieren, der sich hier deinen entsetz-ten Augen bietet! Niemals hättest du es fürmöglich gehalten, dass es neben dem alltäg-lichen, normalen Leben solch blasphemischeGeschehnisse jenseits menschlicher Vorstel-lungskraft gibt – doch du musst hier und jetztfeststellen, dass du dich tragisch geirrt hast...

Das Innere der alten Kapelle wird von un-zähligen Feuerschalen erhellt, deren Lichtdie ohnehin schon bizarre Szenerie auf grau-enhafte Weise steigert und verzerrt. Alle reli-

giösen Symbole des Gebäudes sind entferntworden bis auf das große Kreuz hinter demAltar das – du siehst es mit Grauen – verkehrtherum aufgehängt wurde. Der wuchtige Al-tar scheint von einer dunklen Flüssigkeit be-deckt zu sein, denn Reste davon entdeckstdu an der Vorderseite des ehemals für heiligeZeremonien benutzten Marmorblocks.

Blut..?

Fast bis zum Eingang stehen in Roben ge-hüllte Gestalten und intonieren monoton ei-nen Singsang, während weiter vorn mehrere

nackte Männer und Frauen wild kreischendmit obszönen Gesten um den entweihtenAltar tanzen. Plötzlich tritt aus dem Dunkeleine weitere berobte Gestalt und darauinzerren zwei Männer deinen Freund MichaelSinger zum Altar! Mit einer kurzen Hand-bewegung schlägt die berobte Person, an-scheinend der Anführer der blasphemischenHorde, die Kapuze zurück und du keuchst un-willkürlich, als du Sylvia Lanz erkennst.

Ihr Gesicht ist hart und verknien, eineMaske aus purer Willenskraft und Entschlos-

senheit. Sie deutet auf den Altar und der sichheftig wehrende Michael wird mit schwerenKetten daran festgebunden.   „Oh allmächti-

 ger Aalsirroth, erhöre uns, deine untertänigs-ten und nichtswürdigsten Diener. Komm nunrasch herbei und nimm dieses Opfer gnädig an!Exeth nelem alythuul, seleth dyer telemach,ywer astar xelonduur!“

Mit diesen fanatisch hervorgestoßenenWorten zückt sie eine Art Messer und duweißt, dass sie es jeden Moment dazu be-nutzen kann, um deinen Freund Michael zu

töten! Was wirst du tun? Erst einmal abwar-ten, was weiter geschieht (37), nach vornstürmen (39), dich leise im Dunkel vorwärtsschleichen (41) oder eine Robe anziehen(falls du eine solche besitzt) und dich damit

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Abenteuer 

DaS aUGE DES aBySSUS

Di Kunst, zu tötnMoRDMEthoDEn UnD KRIMInalIStIK DURCh DIE JahRtaUSEnDEtExt: LARS HENDRIK SCHILLING

morD UNDtotSchlAG......sind zwei verschiedene Tatbestände.

Eine gute Freundin von mir ist Juristin undkann nur darüber lachen, wenn die Zeitun-gen wieder einmal davon berichten, jemandsei für einen Mord zwölf Jahre hinter Gittergekommen. Es muss sich um Totschlag ge-handelt haben. Für Totschlag kann man mitetwas Glück nur zwölf Jahre bekommen, beiMord geht das nicht. Mord wird in Deutsch-land immer mit lebenslanger Haft bestraft.

Warum geht jemand in einem Rollenspiel-magazin auf solche juristischen Haarspalte-reien ein? Weil diese Unterscheidung auchim Rollenspiel von zentraler Bedeutung ist.Während Totschlag die schlichte Tötung ei-

nes anderen Menschen (in Rollenspielweltenoft auch Humanoiden) ist, bedeutet Mord,dass man aus niederen Beweggründen odermit besonderer Heimtücke getötet hat.

Stark vereinfacht formuliert: für Totschlaghaben die meisten Rollenspiele ein Kampf-system, Mord hingegen bietet den Auän-ger für Abenteuer um Intrige, Verschwörungund Kriminalistik.

Mit Kriminalgeschichten werden wir vonFernsehen, Büchern und dem realen Lebenheute ständig konfrontiert. Sie erfreuen sich

in jedem Medium großer Beliebtheit undbringen immer wieder neue Subgenres her-aus. So hat sich die Zahl der Studenten, diean amerikanischen Universitäten forensischeWissenschaften erlernen wollen, innerhalb

der letzten Jahre mehr als verzehnfacht –C.S.I. sei dankt. Bei der enormen Beliebtheitvon Krimis, was läge näher als solche Aben-teuer auch zumindest ab und an im Rollen-spiel zu verwenden?

Geschichten um Mordfälle sind wohl so altwie die Menschheit, denn eine der wenigererfreulichen Tatsachen über unsere Speziesist, dass viele ihrer Mitglieder wenige Hem-mungen haben, unliebsame Konkurrenz insJenseits zu befördern. Für mittelalterlicheWelten wie die meisten Fantasyszenarien giltdas umso mehr, denn die Mordraten sind seitJahren rückläug. (Je mehr der Glaube an einJenseits in der Gesellschaft an Bedeutungverliert, desto weniger scheinen die Leutemotiviert, ihre Mitmenschen dorthin zu be-fördern. Es wäre interessant zu erfahren, ob

mutig unter die Kultisten mischen (43)?

51

Du ziehst das Stoamulett deines Freun-des hervor und hältst es der unheimlichenKreatur und Sylvia Lanz entgegen. Diese je-doch lacht nur laut und hämisch. „Du elender 

Narr! Du weißt ja nicht einmal, wie das Amu -lett richtig anzuwenden ist. Packt den ungläu-bigen Wurm!“ Mehrere der Kultisten stürzenauf dich zu und ergreifen dich, dabei verlierstdu das Amulett und es iegt in hohem Bogenin eine der lodernden Feuerschalen (54)...

52

Urplötzlich blickt die jetzt völlig hyste-rische Sylvia Lanz zu dir herunter, wie duda völlig allein inmitten des Kirchengangsstehst.  „Was soll..? Ergreift auf der Stelle die-sen Ungläubigen!“ Schnell bist du überwältigt

und endest als zweites Opfer auf dem ent-weihten Altar..!

53

Dein Zögern und übervorsichtiges Vorge-hen bedeutet das Ende für deinen Freund.Während du im Schutz der ackerndenSchatten langsam nach vorn läufst, stößtdas Messer herab und setzt seinem Lebenein Ende! Ein mit Klauen bewehrter Tentakel

greift aus dem Riss und packt den leblosenKörper! Ehe du reagieren kannst, schnelltauch schon ein weiterer Tentakel auf dich zuund zerrt dich ins Reich des dunklen Gottes,die Achte Sphäre..!

54

 „Nein!“ schreit Sylvia Lanz panisch auf undim nächsten Moment erfüllt der Geruch derim Stoamulett bendlichen Essenzen denSaal! Ein unirdisches Brüllen ertönt, dannsiehst du mit Erleichterung, wie sich der Risszwischen den Dimensionen zu schließen be-ginnt...

  „Tötet diesen Hundesohn! Er soll tausendQualen..!“ Ein klauenbewehrter, zuckenderTentakel schnellt aus dem sich rasch verklei-nernden Riss und packt Sylvia wie eine Pup-pe, schleudert sie dann mit unglaublicher Ge-

walt gegen die Wand! Bis zu dir kannst du dieKnochen bersten hören und du weißt, daßsie ihre gerechte Strafe erhalten hat. Die Kul-tisten verlässt bei diesem Anblick endgültigder Mut und völlig kopos stürzen sie davon!Du jedoch eilst rasch zum Altar (51)

55

Im herrschenden Durcheinander und Cha-os der üchtenden Menge erreichst du ohne

Probleme den Altar und befreist deinen altenFreund Michael Singer, der dir erleichtert indie Arme sinkt.  „Du hast mich vor einem ent-setzlichen Schicksal bewahrt, wie kann ich dir nur jemals danken?“ Du zuckst nur die Schul-tern, ebenfalls froh darüber, diesem Alp-traum nun entronnen zu sein und beobach-

test die langsam verschwindenden Kultisten.Mit einem letzten, seltsam knirschenden

Geräusch schließt sich der klaende Dimensi-onsriss und du siehst aus den Augenwinkeln,wie Michaels Faust sich hebt und dann raschherniederrast..! Als du aus deiner Ohnmachtwieder erwachst, liegst du gefesselt und ge-knebelt auf dem Altar, über dir erscheint daslächelnde Gesicht von Michael Singer.

  „Tut mir sehr leid, mein Freund, aber der oberste Priester des Gottes der Achten Sphärezu werden ist eine zu starke Verlockung, einewiger Traum!“

Damit hebt er das Opfermesser und mitwachsendem Entsetzen begreifst du endlich,was er vorhat – und dieses Mal wird niemandda sein, den schrecklichen Gott aufzuhalten!

 „Erscheine, Aalsirroth, erscheine! Exeth ne-lem alythuur, seleth dyer telemach! Ywer astar elonduur...“

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es da einen Zusammenhang gibt und wennja, in welche Richtung die Kausalität geht.)

Mit den Aulärungsmethoden haben sichauch die Mordmethoden weiterentwickelt.Im Mittelalter gab es keine DNS-Analytik,aber auch die Vergiftung mit α-Strahlern warnoch unbekannt.

Genau darum soll sich dieser Artikel dre-hen. Welche Möglichkeiten haben Menschenbisher entwickelt, sich gegenseitig umzu-bringen, und wie ist diesen von der polizeili-chen Seite beizukommen?

Bevor besorgte Eltern auf die Gefahrendes satanistischen Rollenspiels hinzuweisensei an dieser Stelle auf drei Punkte hingewie-sen:

Oenbar wurden schon viele Mörder, diedie hier beschriebenen Methoden ge-

wählt haben, ertappt. Sonst könnte ichschließlich nicht davon berichten.

Hätte dieses Wissen nicht existiert, hätteman die Täter nicht überführen können.Das Wissen selbst ist also nichts Schlim-mes. Wissen an und für sich ist sowiesoweder gut noch schlecht, sonderneinfach nur tatsächlich.

Gerade dieses Wissen ist dafür verant-wortlich, dass die Aulärungsrate fürMord und Totschlag im Jahr 2008 denRekordstand von 97,0 % laut Bundeskri-

minalamt erreichte.Nachdem das nun geklärt wäre, steigen

wir hinab, in die Abgründe der Menschheits-geschichte...

ArSeN UNDSpItzeNWAFFeN

 „Man tötet einen Menschen, und man istein Mörder. Man tötet Millionen, und manist ein Eroberer. Man töte sie alle, und manist Gott.“

- Jean Rostand

Wenn ein Mensch einen oder mehrere an-dere Menschen umbringen möchte und da-bei halbwegs geplant vorgeht, dann bietensich ihm im Allgemeinen zwei Möglichkeiten.Wenn er nicht erwischt werden möchte, kanner entweder ein unauälliges Mittel wählen,damit der Tod des Opfers möglichst nicht alsMordfall erkannt wird, oder einen Weg wäh-len, der nicht auf ihn speziell zurückgeführtwerden kann. Auf dem einen Wege beseitigtman seine reiche Erbtante, auf dem anderenjemanden, von dem dessen Tod man wenigeroenkundig protiert.

Es gibt noch eine, glücklicherweise rechtseltene, dritte Möglichkeit: Der Mord soll

oenkundig sein und es soll ein oenes Ge-heimnis sein, wer ihn verschuldet hat. Daskommt manchmal bei geistig Gestörten vor,die sich durch das Kapitalverbrechen in Sze-ne setzen wollen. Sehr viel häuger ist esaber als Exempel, um politische Gegner ab-zuschrecken oder um eine Maa zu etablie-

ren. Ein Beispiel hierfür wäre die Vergiftungvon Alexander Walterowitsch Litwinenkomittels Polonium-210, eine für Privatleute nurschwer zu beschaende Substanz, an die einStaatsapparat dagegen sehr einfach gelan-gen kann.

Je nachdem, welche der drei Möglichkei-ten zutrit, wird der Täter anders an die Pla-nung eines Mords herangehen und die Spie-lercharaktere werden sie anders aulärenmüssen.

 „You don‘t need strength as much as

speed. We‘re fragile creatures. It takes lessthan a pound of pressure to cut skin.“

- Inara, Firey, Shinding 

Die älteste Möglichkeit, jemanden um-zubringen, besteht im reinen körperlichenAngri. Der menschliche Körper ist zerbrech-lich und kann leicht tödlich verletzt werden,wenn es jemand absichtlich darauf anlegt.Auch heute noch werden die meisten Mordeauf diese Weise verübt. So kann man jeman-den erwürgen oder ihm das Genick brechen.

Die meisten Morde durch körperliche Angrif-fe werden jedoch mit Waen durchgeführt.

Die Evolution der Mordwaen verlief da-bei von Keulen über Speere und Schwerterbis zu modernen Feuerwaen. Bögen undArmbürste waren als Mordwaen nie son-derlich bedeutend. Sie sind einfach zu unprä-zise. Selbst Olympioniken schießen über eineDistanz von dreißig Metern auf eine achtzigZentimeter durchmessende Zielscheibe. Undmoderne Sportbögen und -pfeile sind tech-nisch sehr viel ausgefeilter und genauer als

das, was Robin Hood zur Verfügung stand.Einen Pfeil mit einem anderen zu halbieren,ist kein Zeichen von Können, sondern reinesGlück.

Das Problem, das ein Mörder mit einemkörperlichen Angri hat, ist natürlich, dass esnicht gerade eine unauällige Mordmethodedarstellt. Selbst die meisten Laien erkennen,dass jemand, der in einer Blutlache liegt undein Messer im Rücken hat, vermutlich nichtan natürlichen Umständen gestorben ist.Früher bedeutete das nur, dass man jeman-

den schnell töten sollte, wenn man nichterwischt werden möchte. Wenn das Opferverstarb, bevor es um Hilfe schreien und Zeu-gen anlocken konnte, war die Sache gelau-fen. In Zeiten von genetischen und norma-

len Fingerabdrücken reicht das jedoch nichtwirklich aus. Deshalb werden heute so vieleMorde mit Feuerwaen durchgeführt, weilder Mörder dann keinen Kontakt zum Opferhaben muss.

 „’Oh, that was easy,’ says Man, and for anencore goes on to prove that black is whiteand gets himself killed on the next zebracrossing.”

- Douglas Adams, The Hitchhiker’s Guide tothe Galaxy

Dieser tragische Unfall ereilt den obenbeschriebenen Menschen zufälligerweisedirekt nachdem er mit dem Babelsch dieExistenz Gottes widerlegt hat. Solche (un)passenden Katastrophen haben auch in derGeschichte der Mordfälle ihre Tradition.Man braucht keine Waen oder Toxine, um

einen Feind auf dem Weg zu räumen. Oftreicht ein tragischer Unfall, bei dem das be-dauernswerte Unglückslamm zu passendenZeitpunkt stürzt oder überfahren wird. Auchentlaufende, giftige Tiere, nächtliche Feuers-brünste und in moderneren Welten Unfällemit Elektrizität sind wahre Klassiker des nütz-lichen Zwischenfalls.

Einen solchen Unfall in die Wege zu leiten,erfordert einige Ranesse, umsichtige Pla-nung und auch Glück bei der Umsetzung.Dennoch haben sie einen gewissen Charme,

schließlich besteht eher die Gefahr, dass dasZiel überlebt, als dass der Drahtzieher über-führt wird. In diesem Gebiet toben sich diebösen Genies aus. Die Leute, die den Fall auf-klären sollen, stehen daher vor einer beson-deren Herausforderung.

 „Allein die Dosis macht das Gift.“

- Philippus Theophrastus Aureolus Bombastvon Hohenheim, genannt Paracelsus

Sehr viel subtiler aber auch aufwendigerist der Giftmord. Eigentlich ist es kein Wun-der, dass man menschliche Körper vergiften

kann. Lebewesen sind Kohlenstochemie,wenn auch sehr komplexe. Also kann mandiese Chemie stören. Tatsächlich sind vie-le Substanzen nur deshalb nicht giftig fürunseren Organismus, weil wir während un-serer Evolution ständig mit solchen Giftenkonfrontiert wurden und diejenigen, die sichdagegen immunisieren konnten, hatten bes-sere Fortpanzungschancen. Deshalb sindbesonders Stoe, mit denen unsere Vorfah-ren nicht in Kontakt kamen, häug sehr gif-tig.

Die Gifte, die verwendet wurden, habensich in den Jahrhunderten sehr verändert.Über lange Zeit war Arsen ein beliebtes Gift,weil man Arsenvergiftungen nicht nachwei-sen konnte. Der Tod durch Arsen war damals

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nicht vom verfrühten, natürlichen Tode zuunterscheiden. Erst im Jahre 1836 entwi-ckelte der englische Chemiker James Marsheinen Arsennachweis, der die Zahl der Arsen-morde rasch fallen ließ.

Trotzdem ist der Fall nicht immer so ein-fach. Über lange Zeit wurde Arsen für vieleZwecke genutzt: als Pigment zum Beispiel,als Konservierungsmittel für ausgestopfteTier oder als Panzenschutzmittel. Auch heu-te noch wird es als Härtungsmittel in Legie-rungen verwendet. Nicht jeder, der an einerArsenvergiftung stirbt, wurde ermordet. Erkönnte es auch aus Versehen aufgenommenhaben. Oder gar mit voller Absicht, ohnesich umbringen zu wollen. In geringer Dosisverursachen Arsenverbindungen Rausch-zustände und wurden lange Zeit als Drogenverwendet. So kann sich ein vermeintlicher

Mordfall als bloße Überdosis herausstellen.In der Jetztzeit gibt es nur noch sehr we-

nige Gift, die man in einer Leiche nicht nach-weisen könnte. Die heutigen Messmethodensind einfach derart empndlich, dass manschon ein Gift braucht, das in winzigen Men-gen bereits tödlich ist. Gewisse Quallengiftegehören beispielsweise zu dieser Kategorie.Aber auch spezielle Bakteriengifte, von de-nen die Botulinumtoxine, die sich mancheLeute unter dem Handelsnamen Botox unterdie Haut spritzen lassen, am bekanntesten

sein dürften. Tatsächlich handelt es sich beiden Botulinumtoxinen um einige der poten-testen Gifte, die die Wissenschaft je entdeckthat. Deshalb halten Botoxbehandlunge aucheinige Monate, wogegen übliche Nervenver-giftungen (beispielsweise Betrunkensein)schon nach wenigen Tagen verstowechseltsind.

Wegen ihrer leichten Nachweisbarkeitsind Giftmorde heutzutage sehr selten ge-worden. Es bietet sich höchstens die Mög-lichkeit, ein Gift zu verwenden, das leicht zu

bekommen ist, so dass der Fall nicht sofortauf den Täter zurückgeführt werden kann.Substanzen wie Glykol sind in Frostschutz-mitteln enthalten und schmecken auch nochangenehm süß. Und das Nervengift, das imzwanzigsten Jahrhundert mehr Menschenlangsam versterben ließ als beide Weltkriegezusammen, kann nach wie vor in jedem Su-permarkt gekauft werden: Nikotin.

Das Nikotin liefert ein schönes Beispieldafür, wie sehr die Giftwirkung von derVerabreichung abhängt. Tabak zu rauchen

verursacht nur einen langsamen, schleichen-den Tod, der überhaupt nur von Bedeutungist, weil der Tabakkonsum extrem sucht-fördernd ist und der Tabak deshalb selbstdafür sorgt, dass er regelmäßig konsumiert

wird. Wenn man jedoch den Fehler macht,Tabak zu essen, oder ein paar Tropfen ausder Panze extrahiertem Nikotin verschlucktoder gespritzt bekommt, dann tritt der übri-gens sehr unangenehme Tod sehr bald ein.(Wenn er nicht bald eintritt, dann ist die Ge-fahr ausgestanden, denn Nikotin wird vom

Körper sehr schnell abgebaut. Deshalb fallenRaucher nicht sofort tot um. So schnell kannman gar nicht rauchen, dass das Nikotin sichim Körper auonzentrieren würde.)

Es kommt bei einem Giftmord also sehrdarauf an, wie dem Opfer das Gift verab-reicht wurde. Dabei ist der orale Konsum de-nitiv der Klassiker. Er ist nicht immer leichtdurchzuführen (Früher hatten Adelige nichtumsonst persönliche Köche und Vorkoster.Auf diese Weise kann man die Aufnahme-weg kontrollieren, ohne dass Gift nachwei-

sen können zu müssen.), aber dafür für denMörder ungefährlich. Alle anderen Aufnah-mewege sind nämlich umso gefährlicher fürden Mörder, je leichter es ist, das Ziel desAnschlags damit zu erwischen. Giftige Gasekann man auch aus Versehen selbst einatmenund Kontaktgifte sollte man besser nicht aufdie eigene Hand bekommen. Toxine, die insBlut gelangen müssen, sind dagegen sehr si-cher zu handhaben, aber es ist nicht geradeeinfach, jemandem unauällig eine Spritzeoder einen Schnitt zu verpassen.

UNSchUlDIG, BISDIe SchUlDBeWIeSeN ISt…

 „When you have excluded the impossible,whatever remains, however improbable,must be the truth.“

- Arthur Conan Doyle, Sherlock Holmes, The Adventure of the Beryl Coronet

Kommen wir zum Kern der Sache. Dem ge-neigten Kommissar oder Detektiv steht eineganze Reihe von Methoden zur Verfügung,einen Mord aufzuklären. Manche dieser An-sätze sind schon seit Jahrzehnten bekannt,andere wurden erst durch die moderne Tech-nik ermöglicht. Es würde den Rahmen dieserAbhandlung bei weitem sprengen, auf alleanalytischen Methoden einzugehen, die dieForschung hervorgebracht hat. Deshalb wirdsich dieser Text auf die wichtigsten Mittel be-schränken.

Außerdem werden nur Prinzipien behan-delt werden, deren Erfolg wissenschaftlichbelegt ist. Folter und Gottesurteile sind nach-weislich keine sinnvollen Ermittlungsmetho-den und die Leute, die sie anwenden wollen,sind unwissende Barbaren.

 „Einer seiner Sprüche war: Bleibt nie zu

lange am Tatort.“

- Herbert Reinecker, Der Kommissar und dieTänzerin

Der erste Schritt der Untersuchungen be-steht für gewöhnlich darin, den Tatort zu in-

spizieren. Dazu muss man ihn natürlich ersteinmal kennen. Die Leichen von Mordopfernwerden leider allzu häug nicht am Ort desVerbrechens aufgefunden.

Über lange Zeit blieb einem da nur dieSuche nach Schleif-, Fuß oder Radspuren.Manchmal konnte auch ein Polizeihund dierichtige Nase habe, doch wenn das Opferüber lange Strecken mit einem Wagen trans-portiert wurde oder der Weg der Leiche übereinen Fluss führt, dann können auch Hundenicht helfen.

Erst in der Neuzeit wurde bekannt, dassLuminol in basischer Lösung mit Wassersto-peroxid eine Leuchtreaktion durchlaufenkann, wenn ein Katalysator vorliegt. Da dasEisen im Hämoglobin als ein solcher Katalysa-tor dienen kann, kann man mit Luminol auchgeringe Blutspuren sichtbar machen, diedann blau schimmern. Auf diese Weise kannder Tatort eines blutigen Mordes gefundenwerden. Vor allem, wenn man bereits einenVerdacht hat, dass an einem Ort vielleicht ge-mordet wurde.

Es besteht die Gefahr einer falsch positivenSpur, weil auch andere Metallverbindungeneine Leuchtreaktion erzeugen. Außerdemkann damit nicht zwischen menschlichemund tierischem Blut unterschieden werden,was ebenfalls eine falsche Fährte verursa-chen kann. Zum Glück kann ein erfahrenerKriminologe auch an der Form der Fleckenabschätzen, ob die Blutspuren von einem ge-waltsamen Mord herrühren könnten.

Einmal am Tatort angekommen, kann diereine Szenerie bereits wichtige Hinweise

liefern, wie und von wem die Tat begangenwurde. Ist das Opfer beispielsweise gegeneine Wand geschleudert worden, kommenals Täter nur Personen mit der richtigen Kör-perkraft in Frage. Oft hinterlassen Täter amTatort auch unabsichtlich Spuren, anhandderer sie identiziert werden können. AufFingerabdrücke und Genproben wird im wei-teren Verlauf des Textes noch eingegangenwerden.

Die Idee, einen Tatort möglichst unberührtzu lassen, bis alle Spuren gesichert werden

konnten, ist übrigens nicht annähernd sooensichtlich, wie der Mensch der Neuzeitdurch die Prägung durch Krimis vielleichtdenken mag. Erst in den letzten Jahrzehn-ten des neunzehnten Jahrhunderts fasste

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die Idee Fuß, man könne Verbrechen durchwissenschaftliche Mittel aulären. Überden größten Teil der Menschheitsgeschichtewar es völlig normal, den Ort des Gesche-hens nach einem grausigen Mord möglichstschnell aufzuräumen und zu putzen.

 „Einem einzigen Zeugen glaubt man nicht,

selbst wenn es Cato wäre.“

- Hieronymus

Den Ort des Tatgeschehens zu kennen,kann tatsächlich noch aus einem weiterenGrunde sehr nützlich sein: Man weiß, woman sich nach Zeugen umsehen muss. Zeu-gen spielen in der Kriminalgeschichte (so-wohl der ktiven als auch der realen) einesehr große Rolle. Man könnte sogar soweitgehen, von einer viel zu großen Rolle zu spre-chen. Denn kriminalistische Studien zeigen

eindeutig, dass Zeugenaussagen nur einge-schränkt zuverlässig sind.

Zunächst einmal neigen die Leute dazu,zu lügen. Manchmal, weil sie jemanden de-cken wollen oder, weil sie unter Druck ge-setzt werden. Oft genug lügen Zeugen aberaus viel banaleren Gründen. Manche wollenbeispielsweise die Aufmerksamkeit genie-ßen und ernden irgendetwas. Es kommtaber auch vor, dass der Zeuge behauptet,vom Mord nichts mitbekommen zu haben,weil er gerade ganz wo anders gewesen sei.

Wer sich in einer dunklen Gasse zum Seiten-sprung mit seiner Zofe trit, von dem sollteman nicht erwarten, dass er wahrheitsge-mäß davon berichtet, was er in der Querstra-ße für Lärm gehört hat. Man kann versuchen,solchen Problemen mit Lügendetektorenentgegen zu wirken. Leider sind diese nichtnur unzuverlässig, viele Falschaussagen kom-men eher dadurch zustande, dass der Zeugesich einfach irrt.

Erst recht, wenn die Befragung lange nachdem Tatzeitpunkt geschieht, sind Zeugen-

aussagen mit Vorsicht zu genießen. Nicht nursind menschliche Sinne keine objektiven Auf-zeichnungsgeräte, das menschliche Erinne-rungsvermögen ist sehr viel unzuverlässiger,als den meisten Leuten klar ist. Es gibt inte-ressante Studien, die Leute dazu befragten,ob sie noch genau wüssten, was sie geradetaten, als sie von einer Katastrophe erfuhren.Die Befragten waren sich meistens sehr si-cher, wann sie die schlimme Nachricht beka-men, denn so was brennt sich ins Gedächtnisein. Oder etwa doch nicht? Fünf Jahre späterzur gleichen Katastrophe befragt, gaben die

Probanden im gleichen Brustton der Über-zeugung vollkommen verschiedene Antwor-ten.

Unsere Erinnerungen verändern sich im

Nachhinein ständig. Wir rücken uns in einbesseres Licht, indem wir sie umschreibenoder Unerfreuliches für weiter zurückliegendhalten als positive Erinnerungen. Wir füllenGedächtnislücken mit für uns plausiblen Ge-schehnissen und Szenarien auf. Je mehr Zeitvergeht, desto mehr Gelegenheiten für ei-

nen solchen Erinnerungsfehler gibt es. Dahersind weit zurück liegende Tatbestände nurschwer durch Zeugenaussagen zu ergrün-den.

 „Cui bono?“

- Grundsatz der römischen Kriminalistik

Nach solchen recht oensichtlichen Vorge-hensweisen wird es Zeit sich mit den wahrenSternstunden der Kriminalistik zu beschäf-tigen. Wie kann man durch Nachforschungund Überlegung den Täter überführen?

Der älteste und auch erfolgreichste Ansatzndet sich bereits in der Antike: Cui bono? –Wem nützt es?

Auch heute noch ist der einfachste Weg, ei-nen Mordfall aufzuklären, sich an das Motivdes Mörders zu halten. Die allermeisten Mor-de werden wegen eines bestimmten Motivsverübt. Eifersucht, Geldgier und Befriedi-gung sexueller Triebe stehen hier ganz obenauf der Liste. Der motivlose Mord, der sehrviel schwerer aufzuklären ist, stellt dagegeneine wahre Seltenheit dar. Außerdem eignet

er sich für Literatur, Film und Rollenspiel nurwenig, da motivlose Mörder willkürlich han-deln und daher keine guten Handlungsbögenliefern.

Um sich nicht bloß auf die Intuition desKommissars verlassen zu müssen, gibt esdas Fach der Kriminalpsychologie, das sichmit der Mentalität eines Täters beschäftigt.Fachleute in diesem Gebiet können auch auskleinen Hinweisen Täterprole, die oft akku-rat genug sind, den Kreis der Verdächtigendeutlich eingrenzen zu können.

 „“

- ohne Worte

Dieser Abschnitt benötigt keine Worte, umihn einzuführen. Wenn es irgendein Bild gibt,das wir mit Kriminalistik verbinden, dann istes wohl das des Fingerabdrucks. Verständ-lich, schließlich verspricht der Fingerabdruck

die zweifelsfreie Identizierung eines Tätersmittels der Spuren, die seine wichtigstenGreifwerkzeuge hinterlassen. Selbst eineiigeZwillinge haben unterschiedliche Fingerab-drücke.

Als Gründer der modernen Daktyloskopie,der Lehre vom menschlichen Fingerabdruck,

gilt der britische Forscher Francis Galton – einCousin Charles Darwins, der sich auch durchdie Formulierung der Eugenik hervortat. Be-reits 1858 hatte William James Herschel dieEinzigartigkeit des menschlichen Fingerab-drucks erkannt und zu Identizierung vonPersonen im Amtsgeschäft eingeführt. Docherst Galton entwickelte eine brauchbareKlassizierung von Fingerabdrücken undmachte sie bekannt.

Auf dieser Klassizierung konnte die Krimi-nalistik auauen. Man sollte sich vor Augen

führen, dass vor der Erndung des Faxge-rätes das Bild des Fingerabdrucks nicht ver-schickt werden konnte. Und erst moderneRechner und Programme ermöglichen dierein optische Archivierung. Will man dage-gen die Charakteristika eines Fingerabdrucksnutzen, um nach Vergleichsproben im Archivzu suchen oder bei der Polizei einer anderenStadt nachzufragen, so benötigt man einSystem, einen Fingerabdruck mittels Wortenund Zahlen zu beschreiben.

Das über Jahrzehnte verwendete System

wurde Ende des neunzehnten Jahrhundertsvon Edward Richard Henry ausgehend vonGaltons Vorarbeit entwickelt und mit großemErfolg in der Kriminalistik eingesetzt. Ihm zuEhren wird es auch heute noch als Henry-System bezeichnet. Es war so erfolgreich,dass es erst mit der Einführung modernenProgramme abgelöst wurde, die einen Fin-gerabdruck sehr viel schneller und präziser inDaten aufschlüsseln können als ein Menschdazu jemals in der Lage wäre.

Dennoch kamen Fälle der falsch positiven

Identizierung vor. Besonders wenn derFingerabdruck verwischt oder unvollständigist, ist das Verfahren mit einem nicht auszu-schließenden Fehler behaftet und es bestehtdie Gefahr, einen Unschuldigen hinter Gitterzu bringen.

An einem Tatort oder einer Mordwaemüssen die Fingerabdrücke erst einmal sicht-bar gemacht werden, schließlich verüben diewenigsten Täter ihr Verbrechen, kurz nach-dem sie auf ein Stempelkissen gefasst haben.Dazu wird seit der Einführung der Daktylo-

skopie ein feines, schwarzes Spurensiche-rungspulver vorsichtig auf die verdächtigeFläche aufgebracht, das dann an den Fett-streifen des Fingerabdrucks haften bleibt.Moderne Verfahren, die mittels Metallauf-

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dampfung oder chemischer Anfärbung desAbdrucks arbeiten, setzten sich zunehmenddurch, da damit auch sehr schwache Finger-abdrücke sichtbar gemacht werden können.

Tatsächlich sind schon seit JahrzehntenFingerabdrücke nur noch bei Fällen vonMord im Aekt als Beweismittel von großerBedeutung. Jeder weiß um ihre Beweiskraft.Das gilt auch für Mörder, die deshalb einfachHandschuhe anziehen. Dennoch ist der Fin-gerabdruck als Archetyp der Spur im Mord-fall in das kollektive Gedächtnis eingebranntund kommt daher in Detektivgeschichtenständig vor.

 „Life results from the non-random survival

of randomly varying replicators.“

- Richard Dawkins

Ganz genau. Diesen Satz hat Dawkins an-

geblich geprägt, weil die Physik sich mit ih-rer Suche nach der vereinheitlichten Theoriebemüht, alle physikalischen Phänomene miteinem Ausdruck zu beschreiben. Am besteneinem, der kurz genug ist, dass man ihn aufein T-Shirt drucken kann. So zumindest einbeliebter Spruch unter Physikern.

Dawkins zeigte, dass die Biologie daslängst kann. Seit der genzentrierte Gedankein der Evolutionsbiologie aufgekommen ist,wissen wir, dass DNS nicht für Lebewesenexistiert, sondern Lebewesen von DNS als

Kopiervorrichtungen hervorgebracht wer-den. Dieser früher einmal sehr kontroverseGedanke ist längst durch eine gigantische Be-weislast belegt worden. Zu dieser Beweislastgehören vor allem Belege aus der Genetik,von denen einer für die jüngere Kriminalistikvon enormem Nutzen ist.

Da es eben die Lebewesen sind, die vonGenen hervorgebracht werden, und nichtanders herum, gibt es viele Gene, die sozu-sagen mitgeschleppt werden und dem Lebe-wesen scheinbar überhaupt nichts bringen.

Man spricht manchmal von Junk DNA, derkorrekte Ausdruck lautet aber nichtkodieren-de Desoxyribonukleinsäure.

Das hat einen einfachen Grund: Nochlängst nicht alle DNS, die man früher für Müll(engl. junk) gehalten hat, ist tatsächlich ohneFunktion, man kannte sie nur damals nicht.Es gilt aber auch nicht der Umkehrschluss,dass alle DNS dem Lebewesen etwas er-bringt. Große Teile des Genoms gelten nachwie vor als nutzlos. Was auch belegt werdenkonnte, denn Mäuse, denen man diese nutz-

lose DNS entfernte, waren dennoch vollkom-men lebensfähig.

Da diese DNS-Abschnitte entweder keineFunktion haben oder keine, die an ihre genauLänge gekoppelt wäre, besteht kein Selek-

tionsdruck, der diese Länge regulieren wür-de. Man sollte also erwarten, dass sich denLängen dieser Abschnitte von Mensch zuMensch unterscheidet.

Das dachte sich auch der britische Geneti-ker Alec John Jereys. Er ließ die DNS an spe-zischen Stellen schneiden und trennte dieBruchstücke mittels Gel-Elektrophorese nachihrer Größe und Ladung auf, wodurch er dietypischen Streifenmuster erhielt, die wir ausden entsprechenden Serien kennen. Die Auf-trennung kommt dadurch zustande, dass diean den spezischen Stellen geschnittenenErbgutabschnitte durch die unterschiedlichlangen nichtkodierenden DNS-Abschnittealle verschieden groß sind.

Es wird dabei also nicht der eigentlicheInhalt des Genoms ausgelesen. Ganz imGegenteil, der ganze Witz des genetischen

Fingerabdrucks besteht darin, dass der Teildes Genoms, der für die Funktion des Lebe-wesens zuständig ist, darauf keinen indivi-duellen Einuss hat. Spekulationen über denMissbrauch solcher Daten beispielsweisedurch Krankenversicherungen zeugen gera-de einmal vom begrenzten Verständnis ge-wisser Journalisten.

Jereys, der Entdecker des Prinzips selbst,war von der Präzision der Identizierungüberrascht. Er hatte erwartet, vielleicht denUnterschied zwischen einem Menschen und

einem Hund ausmachen zu können, undwar schwer beeindruckt, dass selbst direktblutsverwandte Menschen unterscheidbareResultate ergaben. Ihm war sofort klar, dasser damit ein ungekannt präzises Mittel zurIdentizierung einer Person entdeckt hatte.Der genetische Fingerabdruck war geboren.

Sein Nutzen für die Aulärung von Ver-brechen ist enorm. Abgesehen von eineiigenZwillingen (und in nicht allzu ferner Zukunftvermutlich Klonen), die sich das gleiche Erb-gut teilen, ist jeder Mensch klar von jedem

anderen Menschen unterscheidbar. DieChance auf eine falsch positive Identizie-rung hängt von der Größe des lokalen Gen-pools ab, weil ein größerer Genpool natürlichmehr Kombinationen zulässt. Doch selbst beieinem sehr kleinen Genpool, wie zum Bei-spiel bei Dörfern von Amazonasindianern,liegt die Chance immer noch weit unter einszu einer Milliarde. Damit ist die DNS-Analytikdas genauste Instrument, das der Kriminalis-tik zur Verfügung steht. Zumindest theore-tisch, denn vor die DNS-Analyse hat der gro-

ße Detektiv im Himmel die Spurensicherunggesetzt.

Die Sicherung von Genspuren ist das ech-te Problem des genetischen Fingerabdrucks.Selten hat man so klare Quellen genetischen

Materials des Täters wie bei Spermaspuren inbedauernswerten Vergewaltigungsopfern.Meistens muss mit sehr viel kleineren Men-gen DNS gearbeitet werden. Da die Desoxy-ribonukleinsäure ein sehr beständiges Mo-lekül darstellt, können selbst unabsichtlichhinterlassende Haare, Hautschuppen oder

auch nur Speichel- oder Fetttröpfchen als Be-weismaterial verwendet werden.

Auch sehr kleine Mengen DNS reichen be-reits aus. Das Verfahren der PCR (engl. Poly-merase Chain Reaction, Polymerasekettenre-aktion) nutz die Fähigkeit der DNS kopiert zuwerden, um mittels Polymerasen hyperther-mophiler Bakterien die Genproben extremzu vervielfältigen. Wie dieses Verfahren ge-nau funktioniert, kann sich jeder bei Wikipe-dia durchlesen und soll hier nicht Thema sein.Entscheidend ist, dass man damit auch winzi-

ge DNS-Probe so oft vervielfachen kann, dassman diese analysieren kann.

Hier liegt auch das größte Problem derDNS-Analytik. Die Polymerase ist ein Enzym,somit ein Molekül und damit leider zu dumm,um zwischen DNS eines Mörders und bloßenVerunreinigungen unterscheiden zu können.Viele DNS-Spuren sind nicht verwendbar,weil sie Gemische mehrerer Genome ent-halten. Da DNS so beständig ist, reicht esja völlig aus, dass Tage zuvor jemand dortebenfalls ein paar Gene hat fallen lassen.

Im bekannt gewordenen Fall des Phantomsstammte die DNS gar von einer Arbeiterin,die die Wattestäbchen des Labors in der Fa-brik verpackt hatte.

Trotz solcher Pannen und Beschränkungensollte man den genetischen Fingerabdrucknicht unterschätzen. Er stellt das präzisesteMittel der Verbrechensaulärung dar, daswir bisher kennen. Ganz sicher ist er ver-lässlicher als Zeugenaussagen, denen vieleMenschen sehr weit vertrauen. Richtig an-gewendet ist die DNS-Analytik der vorläuge

Höhepunkt der Kriminalistik.

FAzIt UNDWeIterFühreNDelIterAtUr

Über die Jahrtausende haben sich vieleverschiedene Mordmethoden und Aulä-rungstechniken entwickelt. Wie dem geneig-ten Leser vielleicht aufgefallen ist, hat dergrößte Teil dieser Entwicklung in den letztenbeiden Jahrhunderten stattgefunden. Des-

halb sind Kriminalabenteuer in einer Zivili-sation der Wissenschaft etwas vollkommenAnderes als Detektivgeschichten in einermittelalterlichen Welt. Kann eine Gruppe vonSpielercharakteren im ersten Falle auf eine

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REZEnSIonEn

ganze Bandbreite von Hilfsmittel setzen, ste-hen ihr im zweiten Fall nur die Tatortbetrach-tung, die Zeugenbefragung und der scharfeVerstand (vor allem im Bezuge auf das Motiv)zur Verfügung. Der Spielleiter sollte sich alsoetwas Zeit nehmen, sich über die zur Verfü-gung stehenden Techniken zu informieren,

bevor er ein Detektivabenteuer für seine

Gruppe schreibt. Dann kann ihm ein spannen-des und glaubwürdiges Abenteuer gelingen.

Ich hoe, mit diesem Artikel etwas Einblickin die Kunst des Mordens und deren Gegen-stück in der polizeilichen Aulärung gewährtzu haben. Wer sich noch genauer damit be-schäftigen möchte, dem seien hier zwei Rol-lenspielbücher empfohlen:

Private Eye beschreibt mit großer Detail-verliebtheit die detektivischen Methoden derviktorianischen Zeit.

Etwas moderner ist da Cthulhu Now, dasgenau erklärt, wie moderne Kriminalistik so-wohl in den Methoden als auch deren Rechts-lage und Durchführung funktioniert.

KrImI – SNAcK:Im IrreNhAUSFriederike ScmuzerIn der städtischen Irrenanstalt ist ein Feu-

er ausgebrochen. Glücklicherweise konntenalle Insassen rechtzeitig evakuiert werden,einige von ihnen haben eine neue Bleibe imexklusiven Dr. - Simmons – Sanatorium, dasunter der Leitung von Dr. Rita Love steht, ge-funden. Die möchte nun beim gemeinsamenAbendessen herausnden, welcher ihrer

neuen Patienten nun das Feuer gelegt hat –und warum. Doch auch Frau Dr. Love ist nichtdie Unschuld vom Lande, als die sie sich nachaußen darstellt.

Dies ist die Ausgangssituation für den Kri-mi – Snack „Im Irrenhaus“, der nach einemähnlichen Prinzip wie die Krimi – Dinner aus

dem gleichen Verlag (siehe Anduin 99, „DieVerlobungsfeier“) funktioniert. Allerdings istder Name „Snack“ hier Programm, das gan-ze soll in kurzer Zeit und mit wenig Vorberei-tung funktionieren. In dem kleinen DIN A5 –Heft bendet sich eine kurze Anweisung fürdie Spieler, eine Einleitung in die Geschichteund eben die sieben Charaktere. Diese sindden Spielern vor dem Abend zuzustellen, sodass jeder sich auf seine Rolle vorbereitenkann. Leider wird das aus der Anweisung,die eben kürzestmöglich gehalten ist, nichtwirklich deutlich. So bekamen im Testspiel

die Spieler ihre Charakterbeschreibungen amgleichen Abend, was allerdings auch positiveEekte hatte: So konnten sie nicht die fürihren Charakter typischen Gegenstände mit-bringen, die sie nach kurzer Zeit (vielleicht zukurz sogar) bereits als das oder den entlarvthätten, die sie wirklich sind. Außerdem bo-ten sich für einige Charaktere auch Möglich-keiten zur Improvisation, was den Spielspaßzusätzlich erhöhte.

Fai:

Manchmal ist weniger mehr – in diesemFall leider nicht ganz. Ein wenig mehr Anlei-tung für Anfänger, und der Krimi – Snack istmit Sicherheit eine gelungene Alternativezum sonntagabendlichen Fernsehkrimi.

eINSAmer WolF 4:DIe SchlUcht DeSSchIcKSAlS

Friederike ScmuzerNachdem Einsamer Wolf, der letzte der

Kai – Lords, sich im letzten Band „Die Grot-ten von Kulde“ (Anduin 101) durch die eisi-gen Wüsten des Nordens von Magnamundkämpfen musste, verschlägt es ihn in diesemBand in den Süden seiner Heimat, genauerin die Provinz Ruanon. Diese lebt hauptsäch-

lich vom Bergbau, und als eines Tages dieregelmässigen Goldlieferungen ausbleibenund auch Hauptmann D‘Val, den der Königausgesandt hat, mitsamt seiner Männer ver-

Karten-, Brett- und Rollenspielebewerten wir in den drei KategorienPreis/leisug (P/L), aufmcug (AUF) und Spiespß (SSP). Ausdiesen Einzelnoten ergibt sich eineGesamtwertung, die neben dem Titel

des Spiels im Kasten angezeigt wird.Die Wertungsskala reicht von einemPunkt (sehr schlecht) bis sechs Punk-te (genial).

Werug

rznsionnvoRStEllUnG UnD BEWERtUnG von SPIElEn, BüChERn UnD MUSIK

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REZEnSIonEn

schwindet, wird Einsamer Wolf ausgeschickt,die Geheimnisse Ruanons zu ergründen. Zu-nächst sieht alles so aus, als habe sich eineGruppe von vassagonischen Banditen dieProvinz überfallen, doch es steckt noch einviel nsterer Plan hinter ihrem Vorgehen. Tapfere Kämpfer, schwarze Magier, abtrün-

nige Adlige und ein schönes Mädchen inNöten – das sind die Zutaten für den bishervierten Band aus der „Einsamer Wolf“ - Rei-he. Das Prinzip bleibt wie in den Bänden zu-vor, aber im Gegensatz zu seinem Vorgängerkommt man in „Die Schlucht des Schicksals“einfacher voran, auch wenn der Titelheldwieder gegen einige Widrigkeiten zu kämp-fen hat. Doch Einsamer Wolf wäre nicht Ein-samer Wolf, wenn er sich diesen nicht stellenwürde – und sie meistert, je nachdem, wasdie Zufallstabelle entscheidet.

In einem zweiten Abenteuer schlüpft derLeser in die Rolle des Hauptmanns, den Ein-samer Wolf im Hauptabenteuer sucht undkann so miterleben, wie dessen Truppe mitden nsteren Plänen der Vassagonen kon-frontiert wird. Dieses Volk sollte man sichübrigens merken, denn der in Kürze erschei-

nende 5. Band der “Einsamer Wolf” - Reihewird die Leser in das vassagonische Reichentführen.

Fai:Die Schlucht des Schicksals ist spannend,

abwechslungsreich und macht einfach Spaß– kurzum, wer bisher an den Abenteuerspie-lebüchern von Joe Dever vorbeigehen konn-te, sollte spätestens hier zugreifen.