Anforderungsanalyse für ein One-Page-Reporting – Funktionsbestimmung, Gestaltungsziele und...

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28 ZfCM | Controlling & Management Sonderheft 2 | 2008 WISSENSCHAFT Jörg H. Mayer/Robert Winter 1 Problemstellung Unternehmen sind sich ständig wandeln- den Rahmenbedingungen ausgesetzt. Das Phänomen der Globalisierung ist derzeit von besonderer Aktualität. Dies lässt sich beispielsweise mit dem Anstieg der inter- kontinentalen Handelsvolumina belegen (vgl. Abbildung 1 ). Mit der Globalisierung geht ein deut- licher Anstieg der Komplexität unterneh- merischer Aufgaben einher. Transparenz über alle Unternehmensaktivitäten ist meist nicht mehr unmittelbar möglich. Aufgrund ihrer gesamtunternehmerischen Verantwortung ist die Unternehmenslei- tung davon im Besonderen betroffen. Unternehmenssteuerungssysteme („Cor- porate Management Systems“) stellen da- her eine unabdingbare Voraussetzung für deren effiziente Aufgabenbewältigung dar. Durch ihren systemimmanenten Planungs-, Steuerungs- und Kontrollzyk- lus können sie dazu beitragen Transpa- renz im Unternehmen zu schaffen; dies insbesondere für „echte“ Führungsent- scheidungen. Dabei soll – so ein Ergebnis einer empirischen Untersuchung (vgl. Winter/Mayer 2008a) – die Entschei- dungsdurchsetzung akzentuiert werden. Es lässt sich wie folgt definieren (Mayer 2008a): Das Konzept des One-Page-Reportings kann bei der Gestaltung von Unterneh- menssteuerungssystemen eine integrale Rolle spielen. Durch tableauartige Stan- dardberichte können One-Page-Repor- tings einerseits über – für den Adressaten – relevante Sachverhalte inhaltlich umfas- send informieren. Andererseits kann durch eine komprimierte Darstellung si- chergestellt werden, dass wesentliche In- formationen bewusst wahrgenommen werden (zur Detaillierung in Bezug auf die Unternehmensleitung vgl. Kap. 3.1). Zwar gibt es wissenschaftliche Ausfüh- rungen wie das „Eckdatenblatt“ von Birk (1991) und eine Untersuchung von Weber Anforderungsanalyse für ein One-Page- Reporting – Funktionsbestimmung, Gestaltungsziele und Entwicklungsstand Durch die Globalisierung ist ein deut- licher Anstieg der Komplexität unterneh- merischer Aufgaben zu verzeichnen. Die Unternehmensleitung ist davon im Be- sonderen betroffen. Unternehmenssteuerungssysteme kön- nen diese Komplexität handhabbar ma- chen und so Transparenz im Unterneh- men schaffen. Benötigte Informationen sind dazu für alle Phasen der Unterneh- mensführung, insbesondere aber – so ein Ergebnis unserer Untersuchung – für die Durchsetzung wesentlicher Entschei- dungen zur Verfügung zu stellen. Das Konzept des One-Page-Reportings sollte dabei integraler Bestandteil einer entsprechenden Systemarchitektur sein. Inhaltlich umfassend, aber in der Darstel- lung komprimiert hat es einen an der pe- riodischen Berichterstattung ausgerich- teten Überblick über – für den jeweiligen Adressaten – wesentliche Sachverhalte zu geben. Neben dieser „reinen“ Informationsdar- stellung sollte es aber auch eine intuitiv eingängige Systeminteraktion („Naviga- tion“) ermöglichen. Nur so kann das Kon- zept des One-Page-Reportings als zen- traler „Navigationsbildschirm“ von Unter- nehmenssteuerungssystemen dienen. Auf der Grundlage einer explorativen Untersuchung im DAX® 30 werden nicht nur die als wesentlich artikulierten inhalt- lichen und formalen Anforderungen an One-Page-Reportings für die Unterneh- mensleitung ermittelt. Es wird auch der Entwicklungsstand der gegenwärtig in den befragten Konzernen genutzten Berichtsinstrumentarien evaluiert. So können gezielt Forschungslücken identi- fiziert und der Weiterentwicklungsbedarf spezifiziert werden. Autoren Dr. Jörg H. Mayer ist Habilitand und Pro- jektleiter des Compe- tence Center „Corpo- rate Management Systems“ am Institut für Wirtschaftsinformatik der Universi- tät St. Gallen, Müller-Friedberg-Straße 8, 9000 St. Gallen, Schweiz, und Exper- te der McKinsey & Company, Inc., Tau- nustor 2, 60311 Frankfurt am Main, Deutschland, E-Mail: joerg.mayer@ unisg.ch, Homepage: http://uss.iwi. unisg.ch. Prof. Dr. Robert Winter ist Direktor am Institut für Wirtschaftsinforma- tik der Universität St. Gallen, Müller-Friedberg-Straße 8, 9000 St. Gallen, Schweiz, E-Mail: robert.win- [email protected], Homepage: http://www. iwi. unisg.ch Unternehmenssteuerungssysteme („Corporate Management Systems“) sind rechnergestützte Informa- tionssysteme, die auf die Unter- nehmensleitung ausgerichtet sind. Inhaltlich fokussieren sie die Durch- setzung wesentlicher Entscheidun- gen im Hinblick auf das (Gesamt-) Unternehmen, insbesondere die Strategieumsetzung und -nachver- folgung. Formal sind sie an einer periodischen Berichterstattung ausgerichtet.

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28 ZfCM | Controlling & Management Sonderheft 2 | 2008

WISSENSCHAFT

Jörg H. Mayer/Robert Winter

1 Problemstellung

Unternehmen sind sich ständig wandeln-den Rahmenbedingungen ausgesetzt. Das Phänomen der Globalisierung ist derzeit von besonderer Aktualität. Dies lässt sich beispielsweise mit dem Anstieg der inter-kontinentalen Handelsvolumina belegen (vgl. Abbildung 1).

Mit der Globalisierung geht ein deut-licher Anstieg der Komplexität unterneh-merischer Aufgaben einher. Transparenz über alle Unternehmensaktivitäten ist meist nicht mehr unmittelbar möglich. Aufgrund ihrer gesamtunternehmerischen

Verantwortung ist die Unternehmenslei-tung davon im Besonderen betroffen.

Unternehmenssteuerungssysteme („Cor-porate Management Systems“) stellen da-her eine unabdingbare Voraussetzung für deren effiziente Aufgabenbewältigung dar. Durch ihren systemimmanenten Planungs-, Steuerungs- und Kontrollzyk-lus können sie dazu beitragen Transpa-renz im Unternehmen zu schaffen; dies insbesondere für „echte“ Führungsent-scheidungen. Dabei soll – so ein Ergebnis einer empirischen Untersuchung (vgl. Winter/Mayer 2008a) – die Entschei-dungsdurchsetzung akzentuiert werden. Es lässt sich wie folgt definieren (Mayer 2008a):

Das Konzept des One-Page-Reportings kann bei der Gestaltung von Unterneh-menssteuerungssystemen eine integrale Rolle spielen. Durch tableauartige Stan-dardberichte können One-Page-Repor-tings einerseits über – für den Adressaten – relevante Sachverhalte inhaltlich umfas-send informieren. Andererseits kann durch eine komprimierte Darstellung si-chergestellt werden, dass wesentliche In-formationen bewusst wahrgenommen werden (zur Detaillierung in Bezug auf die Unternehmensleitung vgl. Kap. 3.1).

Zwar gibt es wissenschaftliche Ausfüh-rungen wie das „Eckdatenblatt“ von Birk (1991) und eine Untersuchung von Weber

Anforderungsanalyse für ein One-Page-Reporting – Funktionsbestimmung, Gestaltungsziele und Entwicklungsstand

Durch die Globalisierung ist ein deut-licher Anstieg der Komplexität unterneh-merischer Aufgaben zu verzeichnen. Die Unternehmensleitung ist davon im Be-sonderen betroffen.

Unternehmenssteuerungssysteme kön-nen diese Komplexität handhabbar ma-chen und so Transparenz im Unterneh-men schaffen. Benötigte Informationen sind dazu für alle Phasen der Unterneh-mensführung, insbesondere aber – so ein Ergebnis unserer Untersuchung – für die Durchsetzung wesentlicher Entschei-dungen zur Verfügung zu stellen.

Das Konzept des One-Page-Reportings sollte dabei integraler Bestandteil einer entsprechenden Systemarchitektur sein. Inhaltlich umfassend, aber in der Darstel-lung komprimiert hat es einen an der pe-riodischen Berichterstattung ausgerich-teten Überblick über – für den jeweiligen Adressaten – wesentliche Sachverhalte zu geben.

Neben dieser „reinen“ Informationsdar-stellung sollte es aber auch eine intuitiv eingängige Systeminteraktion („Naviga-tion“) ermöglichen. Nur so kann das Kon-zept des One-Page-Reportings als zen-traler „Navigationsbildschirm“ von Unter-nehmenssteuerungssystemen dienen.

Auf der Grundlage einer explorativen Untersuchung im DAX® 30 werden nicht nur die als wesentlich artikulierten inhalt-lichen und formalen Anforderungen an One-Page-Reportings für die Unterneh-mensleitung ermittelt. Es wird auch der Entwicklungsstand der gegenwärtig in den befragten Konzernen genutzten Berichtsinstrumentarien evaluiert. So können gezielt Forschungslücken identi-fiziert und der Weiterentwicklungsbedarf spezifiziert werden.

Autoren

Dr. Jörg H. Mayer

ist Habilitand und Pro-jektleiter des Compe-tence Center „Corpo-

rate Management Systems“ am Institut für Wirtschaftsinformatik der Universi-tät St. Gallen, Müller-Friedberg-Straße 8, 9000 St. Gallen, Schweiz, und Exper-te der McKinsey & Company, Inc., Tau-nustor 2, 60311 Frankfurt am Main, Deutschland, E-Mail: [email protected], Homepage: http://uss.iwi.unisg.ch.

Prof. Dr. Robert Winter

ist Direktor am Institut für Wirtschaftsinforma-tik der Universität St.

Gallen, Müller-Friedberg-Straße 8, 9000 St. Gallen, Schweiz, E-Mail: [email protected], Homepage: http://www.iwi. unisg.ch

Unternehmenssteuerungssysteme („Corporate Management Systems“) sind rechnergestützte Informa-tionssysteme, die auf die Unter-nehmensleitung ausgerichtet sind. Inhaltlich fokussieren sie die Durch-setzung wesentlicher Entscheidun-gen im Hinblick auf das (Gesamt-) Unternehmen, insbesondere die Strategieumsetzung und -nachver-folgung. Formal sind sie an einer periodischen Berichterstattung ausgerichtet.

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et al. (2005) zur Gestaltung von Monats-berichten. Hinzu kommen Praktikerpub-likationen wie von Eckerson (2006) zu Performance Dashboards. Hierbei wird jedoch weder explizit auf die spezifische Informationsauswahl und Darstellungs-form für die Unternehmensleitung, noch auf die zunehmende Bedeutung nicht-fi-nanzieller und strategischer Informati-onen eingegangen.

Hinzu kommt die Notwendigkeit, der Unternehmensleitung detaillierte Infor-mationen zu bestimmten Themenberei-chen anzubieten. Hierzu ist eine adaptive Steuerungs- und Kontrolllogik, d. h. Analy-sen sowie Verknüpfungen zu anderen Ele-menten von Unternehmenssteuerungssys-temen sowie Drittsystemen notwendig. Zwar sind dazu wenige deskriptive Praxis-beiträge zu „ganzen“ Management Cock-pits vorhanden (vgl. Microstrategy 2007, S. 4 ff.; Cover 2007, S. 1). Sie stellen jedoch meist nur kommentierte „Screenshots“ dar, weisen daher kaum eine subjektive

Nachvollziehbarkeit oder gar eine fun-dierte Anforderungsanalyse auf.

Der explorative Überblick über den For-schungsstand zeigt, dass das zur Verfü-gung stehende Instrumentarium zur Un-terstützung der Unternehmensleitung als unvollständig einzustufen ist. Es fehlt eine in sich geschlossene Anforderungsanalyse, die die Grundlage für eine spätere zielge-richtete Gestaltungsarbeit darstellen kann; dies insbesondere unter Einbezug einer integrativen Systemgestaltung (IT/Busi-ness Alignment).

Hieraus leitet sich die Zielsetzung des vorliegenden Beitrags ab. Zum einen ist ein grundsätzliches Vorgehen für die Ab-leitung eines fundierten Anforderungs-profils zu entwickeln, dessen Genese auch der wissenschaftstheoretischen Diskussi-onen standhält. Hierauf aufbauend ist ein Anforderungsprofil für effiziente One-Pa-ge-Reportings zu konkretisieren, das der bedarfsgerechten Unterstützung der Un-ternehmensleitung dient.

2 Untersuchungskonzeption

Die Untersuchungskonzeption ist zweige-teilt: In Kap. 2.1. wird die praxeologische Vorgehensweise der vorliegenden Analy-se fundiert. Danach werden in Kap. 2.2. die Rahmenbedingungen der Umsetzung dargelegt sowie das Vorgehen detailliert.

2.1 Fundierung einer praxelogischen VorgehensweiseDie Themenstellung des One-Page-Repor-tings ist interdisziplinär in der Betriebs-wirtschaftslehre zwischen Controlling, Unternehmensführung sowie der Wirt-schaftsinformatik einzuordnen. Aus Sicht der Wissenschaftstheorie existieren für die Betriebswirtschaftslehre zwei Zielausrich-tungen; das theoretische und das technolo-gische (pragmatische) Wissenschaftsziel (gleicher Auffassung sind Kirsch 1978, S. 174 ff.; Stählin 1973, S. 9 ff.; Szyperski 1971, S. 265 ff.). In der angloamerikanischen Wissenschaftstheorie des Management

Abb. 1 |StrukturelleVeränderunginternationalerHandelsvoluminaim10-Jahresvergleich.

(Quelle: WTO 2007)

169,64

1995

417,13

2005

+145 %

Nordamerika

176,15

1995

443,00

2005

+151 %

Asien

Mittlerer Osten

16,50

1995

66,27

+302 %

2005

1995

60,22

2005

+296 %

15,17

Afrika

1995

12,82

2005

+116 %

5,93

Australien

1995

117,93

2005

+10 %

107,54

Süd- undZentralamerika

Interkontinentale Handelsvolumina [MRD.USD]

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Science lässt sich eine vergleichbare Zwei-teilung feststellen (vgl. Hevner et al. 2004, S. 76; Hill et al. 1989, S. 36 f.).

Während die Zielsetzung der theore-tischen Forschung in der Theoriebildung liegt (vgl. Ulrich 1995, S. 165; Kosiol 1964, S. 745 ff.), sind zum Teil unterschiedliche Auffassungen über die Aufgaben betriebs-wirtschaftlicher Technologieforschung zu finden (vgl. Wurl 1990, S. 23 f.). Ihre Auf-gaben können dahingehend konkretisiert werden, Artefakte zur Lösung praxisrele-vanter Problemstellungen zu entwickeln.

Da One-Page-Reportings betrieblichen Informations- und Steuerungssystemen zuzuordnen sind und deren Entwicklung als eine Problemstellung der betriebswirt-schaftlichen Technologieforschung anzu-sehen ist, sollen die weiteren Ausführungen der technologischen Zielsetzung folgen. Dabei soll das Vorgehen eine konstitutive Praxisorientierung besitzen, die Gestal-tungsarbeit einer theoretisch-fundierten und logisch-konsistenten Gestaltungsma-xime genügen und sich das zu entwickeln-de Artefakt am Nutzen für die betriebliche Praxis messen lassen. Unter Bezugnahme auf Grochla kann daher von einer praxeo-logischen Forschungskonzeption – einer Ausprägung der betriebswirtschaftlichen Technologieforschung – gesprochen wer-den. Die weiteren Ausführungen stützen sich dabei auf entsprechende Ausfüh-rungen von Mayer/Winter (2007).

Inhaltlich hat eine Anforderungsanaly-se zum einen die Anforderungen an das zu entwickelnde Artefakt zu identifizieren. Aus Gründen der Vereinfachung und Strukturierung ist es sinnvoll, zwischen inhaltlichen und formalen Anforderungen zu differenzieren. Kosiol (1972, S. 223 ff.) spricht in diesem Zusammenhang von Sach- und Formalzielen.

Zum anderen sind gegenwärtige Lö-sungen („State-of-the-Art-Betrachtung“) zu identifizieren und anschließend nach dem erarbeiteten Beurteilungsschema zu bewerten. Dies ist insofern zielführend, da nur so die spätere Gestaltungsarbeit ziel-gerichtet auf bestehende Forschungslü-cken ausgerichtet werden kann, aber auch bereits bewährte Artefakte bewusst be-rücksichtigt werden können.

Inhaltliche Anforderungen: FunktionsbestimmungUm zielgerichtet Artefakte entwickeln zu können, sind zunächst die inhaltlichen Anforderungen eine wesentliche Voraus-setzung. Die Funktionsbestimmung kon-

kretisiert dazu den Zweck des zu entwi-ckelnden Artefakts und legt so dessen Ele-mente nach Art und Anzahl fest (zur Um-setzung vgl. Kap. 3). Neben diesem Sach-ziel sind noch strenge Nebenbedingungen sowie sonstige Nebenbedingungen zu un-terscheiden. In der Summe determiniert die Funktionsbestimmung somit ein mehrdimensionales inhaltliches Anforde-rungsprofil für die Gestaltung des zu ent-wickelnden Artefakts.

Formale Anforderungen: GestaltungszieleDanach sind die formalen Anforderungen an das zu entwickelnde Artefakt festzule-gen (zur Umsetzung vgl. Kap. 4). Gestal-tungsziele determinieren als Leitlinien die Detaillierungsarbeit, insbesondere der in der Funktionsbestimmung ausgewählten Elemente. Entsprechend der Zielsetzung der Forschungsarbeit ist hierzu zunächst eine geeignete Gestaltungsmaxime auszu-wählen. Hieraus sind dann Beurteilungs-kriterien zu deduzieren, die eine differen-zierte Anforderungsanalyse sowie eine spätere Beurteilung des zu entwickelnden Artefakts zulassen. Die Beurteilungskrite-rien können analytisch-deduktiv aus – wenn vorhandenen – Theorien oder empi-risch-induktiv – z. B. aus einer Befragung möglicher Anwender – abgeleitet werden. Aus Übersichtlichkeitsgründen sollten sie zu einem konsistenten Beurteilungsschema zusammengefasst werden können.

Hierauf aufbauend sind dann die ge-wünschten Ausprägungen je Beurteilungs-kriterium festzulegen. Auch hier kann lo-gisch-deduktiv oder empirisch-induktiv vorgegangen werden. Bei einer praxeolo-gischen Forschungskonzeption sollte die Bestimmung der Ausprägungen empi-risch, idealerweise im späteren Anwen-dungszusammenhang, geschehen. Die ge-wünschten Ausprägungen je Beurtei-lungskriterium determinieren die Gestal-tungsziele, somit in ihrer Summe das ge-wünschte – formale – Anforderungsprofil für die Gestaltung des zu entwickelnden Artefakts (Soll-Profil).

State-of-the-art: EntwicklungsstandUm die Gestaltungsarbeit zielgerichtet auf bestehende Forschungslücken auszurich-ten, sind in einer fundierten Anforde-rungsanalyse auch gegenwärtige Lö-sungen zu reflektieren (zur Umsetzung vgl. Kap. 5): In der betrieblichen Praxis ist dazu der Entwicklungsstand bestehender Instrumentarien zu identifizieren (Ist-Profil). Hierdurch können nicht nur beste-

hende Mängel, sondern auch relevantes Erfahrungswissen erfasst werden. Dabei ist der in der Wissenschaft einsehbare Forschungsstand zu reflektieren. So kön-nen ggf. Lösungsansätze identifiziert wer-den, die zwar noch nicht in der betrieb-lichen Praxis Anwendung gefunden ha-ben, aber zur Erreichung der Zielsetzung beitragen können.

Zum Abschluss sind dann aus der Ge-genüberstellung geäußerter Anforde-rungen und dem Entwicklungsstand ge-genwärtiger Lösungen (Soll-Ist-Profil) Schlussfolgerungen für die Gestaltungsar-beit abzuleiten. Deren Ergebnis konzen-triert sich in der identifizierten Forschungs-lücke und der Spezifikation des Weiterent-wicklungsbedarfs.

2.2 Explorative Untersuchung im DAX® 30Eine fundierte Anforderungsanalyse be-darf einer adäquaten Untersuchungskon-zeption (vgl. Köhler, 1978, S. 188 ff.; zur Angemessenheit von Forschungskonzep-tionen vgl. Grochla 1976, S. 61; Chmiele-wicz 1994, S. 39). Deren Rahmenbedin-gungen lassen sich üblicherweise durch vier Charakteristika kennzeichnen.

Bei der Auswahl der Forschungsmetho-de ist in Anlehnung an Kubicek (1975, S. 57 ff.) eine Klassifikation üblich, die hin-sichtlich des Forschungsgegenstands, der Größe der Stichprobe und dem zeitlichen Umfang der empirischen Untersuchung unterscheidet. Als Forschungsmethode für die vorliegende Arbeit wurde eine ver-gleichende Feldstudie (Querschnittsanaly-se) ausgewählt. Sie erlaubt nicht nur, ver-schiedene One-Page-Reportings und ähn-liche Berichtsinstrumentarien zu erfassen, sondern kommt auch dem variablen-reichen Charakter des Untersuchungsge-genstands entgegen.

Maßgeblichen Einfluss auf eine empi-rische Untersuchung haben weiterhin die Strukturmerkmale der Grundgesamtheit. Da große Konzerne fast immer als Akti-engesellschaft firmieren, konzentrierte sich die explorative Untersuchung auf Konzerne, deren konzernleitende Gesell-schaften zum 30. Juni 2007 im DAX® 30 erfasst waren. In diesem Index sind die dreißig größten und umsatzstärksten Ak-tiengesellschaften erfasst, die im amt-lichen Handel an der Frankfurter Wertpa-pierbörse variabel gehandelt werden (Deutsche Börse AG 1996, S. 6).

Dazu kommt die Untersuchungsdurch-führung und Repräsentativität der er-zielten Stichprobe als weiteres Charakte-

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ristikum. Zur Untersuchungsdurchführung wurde auf das Konzept der Experteninter-views zurückgegriffen. Die interaktive per-sönliche Aufnahme der Informationen, insbesondere die Möglichkeit auch nach-zufragen, waren die ausschlaggebenden Gründe. Aus der definierten Grundge-samtheit wurden sieben Verantwortliche für den Bereich „Corporate Controlling“ ausgewählt, die sich durch eine acht- bis zehnjährige Berufserfahrung und Fachpu-blikationen als Experten auszeichneten.

Zur Vergleichbarkeit der Ergebnisse wurde den Interviews ein strukturierter Fragebogen zugrunde gelegt, der 15 Seiten und 51 Fragen umfasste. Er wurde den Teilnehmern zur Vorbereitung eine Woche vor dem Interviewtermin zugeschickt. Die Experteninterviews dauerten 90 min und boten neben dem Ausfüllen des Fragebo-gens genügend Zeit für vertiefende Fragen. Ohne auf die Grundlagendiskussion ein-gehen zu wollen (vgl. u. a. Bleymüller/Geh-ler/Gülicher 1989; Friedrichs 1985), wurde überwiegend mit fünfstufigen Ratingskalen und den Merkmalsausprägungen „sehr ge-ring – gering – mittel – hoch – sehr hoch“ als markierte Abschnitte eines Merkmals-kontinuums gearbeitet.

Alle Experten nahmen an der Befragung teil, sodass die Repräsentativität der Stich-probe quantitativ auf 23 % der DAX®30-Grundgesamtheit basiert. Die Abbildung 2 fasst die Strukturmerkmale der Stichpro-be zusammen. Für statistisch tragfähige Ergebnisse werden die Erkenntnisse des vorliegenden – explorativen – Ansatzes

derzeit durch eine Vollerhebung im Finan-cial Times Index „Top Europe 500“ zu einem (Gesamt-)Ansatz effizienter Unter-nehmenssteuerungssysteme (vgl. Mayer/Winter 2008b, Mayer 2008b) überprüft und weiterentwickelt.

Der letzte Teil der Untersuchungskon-zeption stellt auf die Charakterisierung der Datensätze und statistischen Auswertungs-methoden ab. Da bei allen Fragebögen sämtlichen Aspekte der Befragung voll-ständig beantwortet wurden, konnten al-le Datensätze verwendet werden. Die Un-tersuchungsergebnisse wurden überwie-gend mit Hilfe univariater Methoden der deskriptiven Statistik generiert. Bei den metrisch skalierten Größen wurden die absoluten und relativen Häufigkeiten an-gegeben. Ihre Auswertung erfolgt durch die Berechnung des arithmetischen Mit-telwerts und der zugehörigen Standardab-weichung.

3 Funktionsbestimmung

One-Page-Reportings haben – so die bis-herigen Ausführungen – inhaltlich um-fassend, aber in der Darstellung kompri-miert einen Überblick über – für den je-weiligen Adressaten – wesentliche Sach-verhalte zu geben. Die Ausführungen zu Sachziel (Kap. 3.1), strengen (Kap. 3.2) und sonstigen Nebenbedingungen (Kap. 3.3) detaillieren diese Gestaltungsausrichtung in Hinblick auf die Unterstützung der Unternehmensleitung.

3.1 Ziel- und empfängerorientierter Überblick über wesentliche Sachverhalte des (Gesamt-)UnternehmensWährend bei der Gestaltung operativer Informationssysteme in der Regel die Be-wältigung großer Datenmengen im Vor-dergrund steht, ist bei One-Page-Repor-tings für die Unternehmensleitung eine ziel- und empfängerorientierte Entschei-dungsunterstützung sicherzustellen. Die Begriffskomponente „One-Page“ soll dabei die Ausrichtung einer komprimierten Darstellung dahingehend konkretisieren, dass für die Unternehmensleitung als we-sentlich eingestufte Informationen zu-sammengefasst – in einem einzigen „Ta-bleau“ – präsentiert werden. Eine mög-lichst intuitive „1-Seiten-Sicht“ kann durch eine entsprechende Strukturierung und ein einheitliches Darstellungsschema ein Maß an Übersichtlichkeit und intuitivem Umgang gewährleistet.

Mit der Frage nach den Einsatzberei-chen für diese Form der Berichterstattung wurde versucht, die funktionale Ausrich-tung zu detaillieren. Die Verwendung von One-Page-Reportings als Deckblatt von Monatsberichten (sechs von sieben Füh-rungskräften führten diese Ausrichtung an) oder als Tischvorlage bei Vorstandssit-zungen (fünf von sieben) stellt die Strate-giedurchsetzung, somit die Strategieumset-zung und -nachverfolgung in den Mittel-punkt (zur Detaillierung dieser Differen-zierung vgl. Mayer/Wurl, 2008). Aufgrund ihrer gesamtunternehmerischen Aufgabe kann die inhaltliche Ausrichtung eines

Abb. 2 |NachihrerBranchenstrukturundGrößedifferenzierteStichprobe.

1

4

1

1

Nach ihrer Größe [MA]differenzierte Stichprobe

Nach ihrer Branchenstrukturdifferenzierte Stichprobe

[Anzahl][Anzahl]

1

2

Chemical,Pharma & HealthCare

Basic RessourcesConstruction &

Ultilities

Automobile & Industrial Goods

„Neue“ Industrien• Transportation & Logistics• Software and Technologies• Media & Telekommunikation

sehr kleine Konzerne(bis 75 TMA)

große Konzerne(225 – 300 TMA)

sehr große Konzerne(> 300 TMA)

kleine Konzerne(75 – 150 TMA)

1

3

1

1

4

1

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One-Page-Reportings für die Unterneh-mensleitung dahingehend konkretisiert werden, über wesentliche Sachverhalte des (Gesamt-)Unternehmens zu informieren.

Voraussetzung für zielkonformes Rea-gieren ist ein periodischer Vergleich von z. B. Soll-Werten mit den entsprechenden Ist-Werten. One-Page-Reportings sollen –so ein weiteres Ergebnis – dabei als Grund-lage für eine regelmäßige Berichterstat-tung dienen; dies z. B. für Monatsberichte oder als Tischvorlagen regulärer Vor-standssitzungen („Jour Fix“). Hierauf auf-bauend lässt sich wie konkretisieren:

3.2 „Navigationsbildschirm“ in einem UnternehmenssteuerungssystemNeben der „reinen“ Informationsdarstel-lung als Sachziel kann die Unterstützung der Systeminteraktion als strenge Neben-bedingung von One-Page-Reportings für die Unternehmensleitung definiert wer-den. Eine adaptive Steuerungs- und Kon-

trolllogik mit verschiedenen Navigations-möglichkeiten hat dabei die Integration in die Systemarchitektur von Unterneh-menssteuerungssystemen sicherzustellen (vgl. Mayer 2008b).

Mit der empirischen Untersuchung wurde zu erfassen versucht, welche Anfor-derungen dabei von Interesse sind. Analy-sen stellen – wie Abbildung 3 zeigt – mit einem arithmetischen Mittelwert von 4,1 die dominierende Funktionsausprägung zur Gestaltung einer solchen Steuerungs- und Kontrolllogik dar.

Zunächst sind dabei zeitbezogene Ana-lysen anzuführen (zur Übersicht vgl. Ab-bildung 4). Zu den einfachen Vergleichen dieser Art zählen Ist-, Plan-, War- und Wird- („prognostizierte Ist-Werte“) Ver-gleiche. Die Frage nach vergangenheitsbe-zogenen Soll-Ist- und zukunftsbezogenen Soll-Wird-Vergleichen wurde dabei weiter vertieft: Dabei zeigte sich, dass Soll-Wird-Vergleiche für die Führungskräfte mit 55 % eine hohe, aber nicht – wie in der Literatur unterstellt (vgl. u. a. Horváth 2006, S. 255 ff.) – eine deutlich höhere Be-deutung als vergangenheitsbezogene Soll-Ist-Vergleiche haben. Detaillierte Analy-sen stellen auf facettenreiche, meist mehr-periodische Zeitreihenvergleiche ab.

Im Sinne des Kumulationsgrads von In-formationen kann zwischen singulären Werte-Vergleichen, z. B. in Form von 1 : 1-Gegenüberstellungen einzelner Monats- und Quartalswerte, und detaillierten Ana-lysenreihen kumulierter Werte (z. B. „Year-to-Date“-Reihen) differenziert werden.

Eine dritte funktionale Ausprägung stellen kennzahlenzerlegende Detailanaly-sen dar. Sie spalten – idealerweise unter Angabe mathematischer (Rechen-)Regeln – eine Spitzenkennzahl in Kennzahlen ei-ner anderen Art und Einheit auf. Hierzu gehören beispielsweise Werttreiberbaum-analysen. Eine Spitzenkennzahl wie der Economic Value Added kann so in seine Werttreiber zerlegt werden. Ein einfacher Vergleich dieser Art umfasst z. B. die Auf-spaltung des EVA in seine finanziellen Determinanten. Detaillierte Analysen umfassen zusätzliche Verknüpfung zu den operativen Werttreibern.

Bei kennzahlenkonstanten Aufgliede-rungen („Aufrissen“) wird eine aggregier-te Spitzenkennzahl nach Art und Einheit konstant gehalten, aber nach verschie-denen Dimensionen tiefergehend diffe-renziert. Nachgelagerte Konzernebenen können eine solche Dimension darstellen. Der Konzernumsatz kann so in einfachen Vergleichen nach legalen Einheiten oder Managementeinheiten differenziert wer-den. Detaillierte Analysen umfassen ver-knüpfte, meist mehrstufige Analysen nach verschiedenen Dimensionen. Produkte, Kunden oder Vertriebskanäle können sol-che Dimensionen darstellen.

Die Bildung vergleichender Analysen schließt die Analysefunktionen ab. Ein-fachere Analysen umfassen meist Quoti-entenbildungen, um Kennzahlen in einen Zusammenhang zu bringen. Als Beispiel sei die Bildung der Umsatzrendite ange-führt. Sonderanalysen von Kunden, Märk-

One-Page-Reportings für die Unter-nehmensleitung sind tableauartige Standardberichte, die einen inhalt-lich umfassenden, aber in der Dar-stellung komprimierten Überblick über das (Gesamt-)Unternehmen geben. Sie sind inhaltlich an der Strategiedurchsetzung, somit der Strategieumsetzung und -nachver-folgung, formal an einer perio-dischen Berichterstattung ausge-richtet.

Abb. 3 |BedeutungwesentlicherFunktionenvonOne-Page-ReportingsfürdieUnternehmensleitung.

[ArithmetischeMittelwerte]

AktiveDialoggestaltung

Ausnahme-berichte

Analysen

StatistischeFunktionen

Prognosen

Sekundär-informationen

ø 3.2

3.4

3.4

2.0

2.6

3.4

1 2 3 4 5gering mittel hoch sehr hochsehr gering

4.1

Soll-/Wird*-Vergleich

45

55Soll-/Ist-Vergleich

*Wird = prognostizierter Ist-Wert(z. B. Year-End-Forecast)

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ten oder Wettbewerbern in Bezug auf aus-gewählte Kennzahlen stellen detaillierte Analysen dar.

Neben Analysen werden in einem adap-tive Ansatz noch Verknüpfungen benötigt. Dies können zum einen Verknüpfungen zu anderen Elementen innerhalb von Unter-nehmenssteuerungssystemen sein. Vor-gaben der externen Kommunikation können z. B. die Inhalte von One-Page- Reportings beeinflussen, indem sie wert-orientierte Kennzahlen determinieren.

Insbesondere für tiefergehende (Sekun-där-)Informationen werden zum anderen aber auch Verknüpfungen zu – für die Un-ternehmensleitung – relevanten (Sub-)Sys-temen außerhalb von Unternehmenssteue-rungssystemen benötigt. Sie entlasten das Data Warehouse von Unternehmenssteue-rungssystemen für eine bessere Perfor-mance bei tiefgehenden Fragestellungen. Infrage kommen dabei Verknüpfungen zu Beschaffungs-, Produktions- oder Absatz-systemen (vgl. Laudon/Laudon 2006), aber auch zu allen operativen Finanzsystemen, um z. B. aus Spitzenkennzahlen einer De-ckungsbetragsrechnung im One-Page-Re-portings konsistent Zielwerte für die ope-rative Führung herunterzubrechen.

Die vorgestellten Analysefunktionen und Verknüpfungen spannen eine Klassi-fikationen für Elemente auf, die in ihrer Summe als adaptive Steuerungs- und Kon-trolllogik bezeichnet werden kann. Über die „reine“ Informationsversorgung hi-nausgehend können One-Page-Reportings so als „Navigationsbildschirm“ und inte-graler Bestandteil von Unternehmenssteu-erungssysteme dienen. Die Abbildung 4 fasst dies zusammen.

3.3 Berücksichtigung akzessorischer ZieleAkzessorische Ziele stellen auf optionale, also nicht immer notwendige, aber meist sinnvolle Funktionen von One-Page-Re-portings für die Unternehmensleitung ab. Bezugnehmend auf die vorangegangene Abbildung 3 wurde die aktive Dialog-gestaltung mit einem arithmetischen Mit-telwert von 3,4 deutlich geringer als die Analysefunktionen, aber immer noch überdurchschnittlichen Bedeutung einge-stuft. Sie wird daher als ein akzessorisches Ziel von One-Page-Reportings für die Unternehmensleitung definiert und um-fasst die Anforderung, dass Informati-onen in One-Page-Reportings nicht nur vorkonfiguriert, sondern auch durch

einen eigenen Informationszugriff, mit kurzen Antwortzeiten und in einer natür-lichsprachlichen Dialogform bereitzustel-len sind („Ad-hoc-Berichterstattung“).

Gleichbedeutend wird von den Füh-rungskräften die Bereitstellung von Se-kundärinformationen (Kommentare u. a.) in One-Page-Reportings eingestuft. Um Doppelarbeiten zu vermeiden, wurde an-geführt, könnten One-Page-Reportings für die Unternehmensleitung als Grund-lage für die regelmäßige Berichterstattung an den Aufsichtsrat, insbesondere für zahlreiche Kommentierungen genutzt werden; dies etwa in Form einer verkürz-ten Version (vgl. im Detail Mayer/Wurl 2008). Nach § 90 (1) Ziffer 3 und (2) Ziffer 3 AktG hat der Vorstand nämlich „regel-mäßig, mindestens vierteljährlich“ über „den Gang der Geschäfte, insbesondere den Umsatz, und die Lage der Gesell-schaft“ zu berichten. Diese Regelung wur-de durch den Deutschen Corporate Go-vernance Kodex (DCGK) erweitert. Nach Absatz 3.4 hat der Vorstand den Aufsichts-rat „regelmäßig, zeitnah und umfassend über alle für das Unternehmen relevante Fragen der Planung, der Geschäftsent-wicklung, der Risikolage, des Risikoma-

Abb. 4 |KlassifikationfürElementeeineradaptivenSteuerungs-undKontrolllogik.

Verknüpfungen

… zu anderen Elementeninnerhalb von Unternehmens-steuerungssystemen

Singuläre Werte-Vergleiche

Aufspaltung einer Spitzenkennzahlin seine finanziellen Determinanten

Eindimensionale Aufspaltung einerSpitzenkennzahl nach legalen Einheitenoder nach Managementeinheiten

Bildung einfacher Quoten

Zeitbezogene Analysen

Kumulative Analysen

KennzahlenzerlegendeDetailanalysen

KennzahlenkonstanteAufgliederungen („Aufrisse”)

Bildung vergleichenderAnalysen

… zu relevanten (Sub-)Systemenaußerhalb von Unternehmens-

steuerungssystemen

meist mehrperiodischeZeitreihenvergleiche

Auswertungsreihenkumulierter Werte

Zusätzliche Verknüpfungenzu den operativen Wertreibern

Verknüpfte, meistmehrstufige Auswertungen nach

verschiedenen Dimensionen

Sonderanalysen zu Kunden,Märkten oder Wettbewerbern in Bezug

auf ausgewählte Kennzahlen

An

alys

efun

ktio

nen

Ist-, Plan-, War-,Wird-Vergleiche

„Einfache“Analysen Beispiele „Detaillierte“

Analysen

Page 7: Anforderungsanalyse für ein One-Page-Reporting – Funktionsbestimmung, Gestaltungsziele und Entwicklungsstand

34 ZfCM | Controlling & Management Sonderheft 2 | 2008

WISSENSCHAFT

nagements und der Compliance“ zu infor-mieren. Er soll darüber hinaus auch auf „Abweichungen des Geschäftsverlaufs von den aufgestellten Plänen und Zielen unter Angabe von Gründen“ eingehen.

In einer Analogie könnten One-Page-Reportings für die Unternehmensleitung auch als Grundlage für eine proaktive Ka-pitalmarktkommunikation dienen (vgl. Mayer 2008a). Dies käme der Forderung von Analysten und Portfoliomanager na-he, die für sich schon seit längerem eine ähnliche Berichterstattung wie für die Lei-tungsorgane der Unternehmen fordern (vgl. Hornung/Mayer/Wurl 1999, S. 26.).

Schließlich wird von den Führungs-kräften die Möglichkeit einer Ausnahme-berichterstattung gefordert, die aktiv über vorab definierte Abweichungen von z. B. Soll- und Ist-Werten informiert. Dabei muss der Vorstand unverzüglich über ab-rupte kritische Veränderungen, akute Be-drohungen und aufgedeckte kriminelle Tatbestände im Unternehmen sowie über positive Ereignisse von (gesamt-)unter-nehmerischer Relevanz informiert wer-den. Organisatorisch muss dabei sicherge-stellt werden, dass derartige – aperiodisch anfallende – Informationen so zeitnah wie möglich der Unternehmensleitung und

insbesondere in unmissverständlicher Form zugeleitet werden. In diesem Zu-sammenhang liegt es nahe, One-Page-Re-portings entgegen ihrer originären Aus-richtung (vgl. S. 8) der regelmäßigen Be-richterstattung auch als Datengrundlage für interne Ad-hoc-Berichte zu verwenden (vgl. im Detail Mayer/Wurl 2008). Sie kön-nen dann nicht nur als Impuls für zielkon-forme Reaktionen der Unternehmenslei-tung, sondern unter Umständen auch im Hinblick auf die nach § 15 Wertpapier-handelsgesetz (WpHG) erforderliche Ad-hoc-Publizität verwendet werden.

Prognosemethoden (z. B. Extrapola-tionen) werden in der Untersuchung als unterdurchschnittlich eingestuft (2,6). Noch weiter fallen statistische Funktionen wie die arithmetische Mittelwertbildung, Varianzberechnungen oder Regressionen ab (2,0). Sie sind für die akzessorischen Ziele von One-Page-Reportings als eher unbedeutend einzustufen.

4 Gestaltungsziele

Nachdem mit der Funktionsbestimmung die inhaltlichen Anforderungen detailliert wurden, sind mit den Gestaltungszielen

die formalen Aspekte der Systemgestal-tung zu konkretisieren. Aus dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit werden zunächst Beurteilungskriterien abgeleitet (Kap. 4.1). Die Ausprägungen je Beurteilungskrite-rium determinieren in ihrer Summe dann das Anforderungsprofil für die formale Gestaltung effizienter One-Page-Repor-tings für die Unternehmensleitung (Kap. 4.2).

4.1 Prinzip der Wirtschaftlichkeit und deduzierte BeurteilungskriterienWenn effiziente One-Page-Reportings im Mittelpunkt der Gestaltungsarbeit stehen, liegt es nahe, zur Konkretisierung des Ef-fizienzkriteriums vom Prinzip der Wirt-schaftlichkeit auszugehen (Kosiol 1972, S. 21; Wurl 1990, S. 75, spricht von einem „Postulat der ökonomischen Realität.“). Der Gestaltungsprozess hat sich daher nicht am konzeptionell oder technisch Machbaren, sondern am wirtschaftlich Sinnvollen zu orientieren.

Der Versuch, dieses Prinzip unmittelbar umzusetzen, stößt auf Schwierigkeiten: Zwar lassen sich in der Regel die Kosten angebotener Informationen sowie der Steuerungs- und Kontrolllogik mit ihren verschiedenen Analysen und Verknüp-

Abb. 5 |Soll-ProfilfürdieGestaltungeffizienterOne-Page-Reportings.

Zeitadäquanz

Kostenadäquanz

AufwandRessourcen-mächtigkeit(Systeminput)

Zuverlässigkeit(inhaltliche Richtigkeit)

Genauigkeit(formale Richtigkeit)

Richtigkeit

AktualitätTermingerechtigkeit

Leistungsumfang

Oberflächengestaltung undDialogführung

Darstellungsqualität

Flexibilität

Überprüfbarkeit

Aggregationsgrad

Benutzer-adäquanz

Erfassung von Informationen zurErfüllung gesetzlicher Anforderungen

Erfassung strategischerInformationenInforma-

tions-struktur

Erfassung des subjektivenInformationsbedarfs

Erfassung des objektivenInformationsbedarfsInforma-

tions-umfang

Voll-ständig-keit

Lösungs-mächtigkeit(Systemoutput)

Soll-Profil für die Gestaltung effizienter One-Page-Reportings für die UnternehmensleitungBeurteilungskriterienGestaltungskriterien

Grund-kriterien

sehr hochhochmittel1 2 2,25 2,5 2,75 3 3,25 3,5 3,75 4 5

sehr gering gering

Soll-Profil

Std.-Abw.

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WISSENSCHAFT

ZfCM | Controlling & Management Sonderheft 2 | 2008 35

fungen einigermaßen zuverlässig bestim-men; den Ertragswert zu quantifizieren, ist allenfalls bedingt möglich (vgl. Berthel 1975, S. 47 ff.). Infolgedessen bleibt die Möglichkeit, das Prinzip der Wirtschaft-lichkeit in ein konsistentes System operati-onaler Grundkriterien aufzulösen.

In Anlehnung an die „Blackbox-Metho-de“ (vgl. Matek/Muhs/Wittel 1987, S. 4 f.), die im Bereich des konstruktiven Maschi-nenbaus Anwendung findet, ist zunächst zwischen dem Systemoutput, d. h. Größen, die im vorliegenden Kontext durch effizi-ente One-Page-Reportings für die Unter-nehmensleitung zur Verfügung gestellt werden (Lösungsmächtigkeit), und dem dazu benötigten Systeminput zu differen-zieren (Ressourcenmächtigkeit).

Da der Systemoutput von One-Page- Reportings durch die bereitzustellenden Informationen sowie die Steuerungs- und Kontrolllogik determiniert wird, liegt es nahe, dieses Grundkriterium mit Hilfe verschiedener Informationseigenschaften zu konkretisieren (zur Übersicht vgl. Abbildung 5):

Das Gestaltungskriterium der Vollstän-digkeit reflektiert, inwieweit Umfang und Struktur bereitzustellender Informati-

onen sowie der Steuerungs- und Kontroll-logik den Ansprüchen der Unternehmens-leitung entsprechen.

Das Gestaltungskriterium der Benutzerad-äquanz berücksichtigt die Notwendigkeit, One-Page-Reportings dem individuellen Arbeitsstil der Adressaten anzupassen.

Der pragmatische Wert von Informati-onen sowie der Steuerungs- und Kontroll-logik hängen maßgeblich davon ab, ob sie rechtzeitig zur Verfügung stehen. Dieser Sachverhalt wird durch das Gestaltungs-kriterium der Termingerechtigkeit erfasst.

Das Gestaltungskriterium der Richtig-keit bezieht sich auf die Genauigkeit und die Zuverlässigkeit mit der Informationen sowie die Steuerungs- und Kontrolllogik durch One-Page-Reportings bereitgestellt werden.Neben den skizzierten Größen des System-outputs sind des Weiteren Gestaltungskrite-rien für den Systeminput zu definieren:

Zunächst kann sich unter Umständen der erforderliche Datenbedarf als eine nicht überwindbare Restriktion erweisen.

Unabhängig davon beeinflusst die Hand-habbarkeit der Methoden und Software-Generatoren die Aussagekraft der gene-rierten Ergebnisse.

Da die Entwicklung von One-Page-Re-portings auch wirtschaftlich zu vertreten ist, ist die Systemgestaltung letztendlich unter dem Aspekt des Aufwands zu über-prüfen.

4.2 Gewünschte Ausprägungen je Beurteilungskriterium und Darstellung der ErgebnisseFür einen detaillierten Einblick in die Prä-ferenzstruktur der befragten Führungs-kräfte wurden – vom Datenbedarf und der Handhabbarkeit abgesehen – die Gestal-tungskriterien weiter in Beurteilungskri-terien „aufgebrochen“ und durch die Füh-rungskräfte beurteilt. In Abbildung 5 ist das entsprechende Soll-Profil zusammen-gestellt. Die jeweiligen Ausprägungen auf der Skala von „1“ (sehr gering) bis „5“ (sehr hoch) fassen die geforderten Ausprä-gungen der Führungskräfte je Beurtei-lungskriterium zusammen.

VollständigkeitDas Gestaltungskriterium der Vollstän-digkeit lässt sich in den Informationsum-fang und die Informationsstruktur unter-gliedern. Der Informationsumfang bezieht sich auf die quantitative Dimension der Informationsversorgung, wobei zwischen einem objektiven – durch die jeweilige Aufgabenstellung determinierten – und einem subjektiven – individuell als hinrei-chend empfundenen – Informationsbe-darf unterschieden werden kann.

Bei der statistischen Auswertung der Häufigkeitsverteilung kommt der Erfas-sung des objektiven Informationsbedarfs mit einem arithmetischen Mittelwert von 4,7 eine sehr hohe Bedeutung zu. Er wird in der Abbildung 5 als Punkt auf der aus-gewählten Skala erfasst. Eine Standardab-weichung von 0,5 belegt, dass die Antwor-ten der befragten Führungskräfte hierbei einen hohen Grad an Übereinstimmung zeigen. Die Standardabweichung wird in der Abbildung 5 durch die Flächenbreite dargestellt, in dessen Mitte sich der zuge-hörige arithmetische Mittelwert befindet. Im Vergleich hierzu wird der Erfassung des subjektiven Informationsbedarfs ein wesentlich geringerer Stellenwert zuer-kannt (3,6).

Die Informationsstruktur stellt auf die inhaltliche Vollständigkeit bereitzustel-lender Informationen ab. Während die Bedeutung operativer Informationen, im Sinne überwiegend interner – oftmals aus-schließlich rechnungswesenbasierter –Größen, in Bezug auf das Sachziel unstrit-

Abb. 6 |GewünschteRelationenzwischenderErfassungoperativerInformati-onenimVerhältniszustrategischenInformationenundoperativerInformati-onenimVerhältniszuInformationenzurErfüllunggesetzlicherAnforderungen.

Strategische Informationen

Informationen zur Erfüllunggesetzlicher Anforderungen

sehr gering gering hoch sehr hoch

1

2

3

4

22

0 0 0 0

[Anzahl]

Ausgewogene Verteilung

(entspricht der ausschließlichenNutzung operativer Informationen)

(entspricht der ausschließlichenNutzung strategischer Informationen)

(entspricht der ausschließlichenNutzung von Informationen zur Erfüllung gesetzlicher Anforderungen)

neutral

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tig ist, wurde des Weiteren die Erfassung strategischer Informationen sowie von In-formationen zur Erfüllung gesetzlicher An-forderungen einschließlich untergesetz-licher Richtlinien herausgearbeitet. Vier von sieben Führungskräften messen stra-tegischen Informationen für effiziente One-Page-Reportings eine höhere Bedeu-tung als operativen Informationen zu. Die statistische Auswertung belegt dies mit einem arithmetischen Mittelwert von 3,6 im Vergleich zu einem Wert von 3,0, der eine ausgewogene Verteilung repräsentiert (vgl. Abbildung 5).

Die Bedeutung von Informationen zur Erfüllung gesetzlicher Anforderungen ist nicht eindeutig zu treffen. So messen – wie Abbildung 5 zeigt – zwei von sieben Füh-rungskräften dieser Informationskatego-rie eine hohe, weitere zwei Personen sogar eine sehr hohe Bedeutung, aber auch eine Person eine nur geringe Bedeutung für die Gestaltung von One-Page-Reportings zu. Diese differenzierte Betrachtungsweise konzentriert sich in einer relativ hohen Standardabweichung von 1,1 (vgl. dazu Abbildung 5). Zu erklären ist dies mögli-cherweise mit der grundsätzlich unter-schiedlichen Auffassung, ob Informati-onen zur Erfüllung gesetzlicher Anforde-rungen Bestandteil periodischer One- Page-Reportings sind oder in einem iso-lierten Bericht zusammenzuführen sind.

BenutzeradäquanzAuch die Benutzeradäquanz umfasst meh-rere Dimensionen und lässt sich in sechs Beurteilungskriterien differenzieren. Vier

der Führungskräfte schätzen die Bedeu-tung aggregierter Informationen für One-Page-Reportings als hoch, weitere fünf Führungskräfte sogar als sehr hoch ein. Bei der Auswertung der Häufigkeitsver-teilung erreichte der Aggregationsgrad mit einem arithmetischen Mittelwert von 4,4 die dritthöchste Bedeutung der Unter-suchung. So wird der Wunsch der be-fragten Führungskräfte nach einem mög-lichst komprimierten Überblick über für sie relevante Sachverhalte statistisch of-fensichtlich. Eine sehr geringe Standard-abweichung von 0,5 unterstreicht diese Er-kenntnis.

Der hohe Aggregationsgrad effizienter One-Page-Reportings erfordert die Not-wendigkeit, die einzelnen Verdichtungs-stufen für Analysen wieder zurücknehmen zu können. Dieser Sachverhalt wird mit dem Beurteilungskriterium der Überprüf-barkeit erfasst. Für alle Führungskräfte hat eine solche Funktion eine hohe bis sehr ho-he Bedeutung. Mit einem arithmetischen Mittelwert von 4,7 – dem zweithöchsten Wert der Untersuchung – wird dessen be-sondere Bedeutung quantifiziert.

Das Beurteilungskriterium der Flexibili-tät, d. h. die Fähigkeit von One-Page-Re-portings sich an veränderte Rahmenbedin-gungen anzupassen, wurde von den Unter-suchungsteilnehmern differenziert beur-teilt (sehr hohe Standardabweichung von 1,3). Obwohl der arithmetische Mittelwert bei 3,6 liegt, führten die Führungskräfte bei dieser Frage überwiegend an, dass deren Berichterstattung in der Regel über einen längeren Zeitraum von bis zu zwei Jahren

unverändert bleibt. Änderungen gäbe es le-diglich bei neu zu konsolidierenden Be-richtseinheiten und bei Analysen, aber nicht zum grundsätzlichen Inhalt.

Die Darstellungsqualität, d. h. grafische und gegebenenfalls multimediale Gestal-tungsoptionen effizienter One-Page-Re-portings für die Unternehmensleitung, wird von vier Führungskräften als wich-tig erachtet. Sie erzielte im Rahmen der Untersuchung bei einer Standardabwei-chung von 0,8 einen durchschnittlichen arithmetischen Mittelwert von 3,4.

Wichtiger erschien den Führungskräf-ten die Oberflächengestaltung und Dialog-führung. Drei Führungskräfte schätzen deren Bedeutung, insbesondere einfach zu bedienende Dialogführungskomponenten zur Navigation für Analysen und Ver-knüpfungen als zumindest hoch ein. Es ergibt sich dazu ein arithmetischer Mittel-wert von 3,6.

Als sechstes und letztes Beurteilungs-kriterium erfasst die Benutzeradäquanz den Leistungsumfang effizienter One-Pa-ge-Reportings. Die Abbildung 3 zeigte be-reits die Bedeutung verschiedener Funkti-onen auf. Werden die einzelnen Leistungs-ausprägungen hinsichtlich ihrer Bedeu-tung zusammengefasst (vgl. Abbildung 7), so ergibt die statistische Auswertung ei-nen – im Vergleich zur Oberflächengestal-tung und Dialogführung – deutlich gerin-geren arithmetischen Sollwert von 3,2 (vgl. Abbildung 5)

TermingerechtigkeitUm Führungskräfte bei der Entschei-dungsfindung angemessen unterstützen zu können, müssen One-Page-Reportings eine empfängerorientierte Aktualität ihres Datenbestands gewährleisten. Sechs der sieben befragten Führungskräfte erachten eine monatliche Aktualisierung des Da-tenbestands für effiziente One-Page-Re-portings als ausreichend. Eine Ausnahme – so die Führungskräfte – sei der Umsatz. Er wird i. d. R. wöchentlich, in Ausnahme-fällen auch täglich von der Unterneh-mensführung angefordert.

RichtigkeitAls viertes Kriterium zur Beurteilung effi-zienter One-Page-Reportings für die Un-ternehmensleitung erfasst die Richtigkeit, in welcher Genauigkeit (formale Richtig-keit) und mit welcher Zuverlässigkeit (in-haltliche Richtigkeit) Informationen sowie eine Steuerungs- und Kontrolllogik bereit-zustellen sind. Für zwei Führungskräfte

Abb. 7 |LeistungsausprägungenderDarstellungsqualität,Oberflächengestal-tungundDialogführungsowiedesLeistungsumfangsfürdieGestaltungeffizi-enterOne-Page-Reportings.

Darstellungsqualität

Oberflächengestaltung

Leistungsumfang

sehr gering gering neutral hoch sehr hoch

1

2 2 2 22

1 1

0 0 0 0 0

[Anzahl]

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WISSENSCHAFT

ZfCM | Controlling & Management Sonderheft 2 | 2008 37

hat die Genauigkeit eine neutrale Bedeu-tung, drei Personen messen ihr eine hohe und weitere zwei Personen eine sehr hohe Bedeutung zu. Diese Einschätzung kommt durch einen arithmetischen Mittelwert von 4,0 und eine Standardabweichung von 0,8 zum Ausdruck (vgl. Abbildung 5).

Die Zuverlässigkeit der durch One- Page-Reportings bereitzustellenden Infor-mationen sowie einer möglichen Steue-rungs- und Kontrolllogik wird noch höher eingestuft. Sechs der sieben befragten Führungskräfte messen dem Schutz vor Manipulationen und unbeabsichtigten oder maschinell bedingten Störungen im Prozess der Informationsgenerierung eine sehr hohe Bedeutung zu. Bei der Auswer-tung der Häufigkeitsverteilung erreichte die Zuverlässigkeit mit einem arithme-tischen Mittelwert von 4,9 die höchste Be-deutung der Untersuchung.

Nachdem das Soll-Profil für die aus dem Grundkriterium der Lösungsmäch-tigkeit abgeleiteten Beurteilungskriterien (Vollständigkeit, Benutzeradäquanz, Ter-mingerechtigkeit und Richtigkeit) heraus-gearbeitet wurde, sind die Beurteilungs-kriterien der Ressourcenmächtigkeit zu analysieren. Der Datenbedarf, der darauf abstellt, inwieweit die zur Informationsge-nerierung benötigten Daten erreichbar sind und maschinell erfasst werden kön-nen (Baumöl 1996, S. 13, spricht von In-formationspfaden), ist zwar eine wichtige Determinante für die Systemgestaltung. Für die „output-getriebene“ Beurteilung möglicher Gestaltungsvarianten durch Führungskräfte ist er jedoch von unterge-ordneter Bedeutung. Der Datenbedarf wurde deshalb in der durchgeführten Befragung nicht weiter thematisiert.

Unstrittig ist auch, dass für die Effizienz der Systemgestaltung die Handhabbarkeit von Methoden und Software-Generatoren zur Gestaltung von One-Page-Reportings eine wesentliche Rolle spielt. Für die Beur-teilung durch die Führungskräfte war dies jedoch unerheblich. Für sie kommt es lediglich darauf an, inwieweit die bereit-zustellenden Informationen sowie eine mögliche Steuerungs- und Kontrolllogik ihren Ansprüchen genügen. Deshalb wur-de dieses Gestaltungskriterium im Fra-genkatalog nicht weiter detailliert.

AufwandAls letztes Beurteilungskriterium war der Gestaltungsaufwand von One-Page-Re-portings für die Unternehmensleitung zu beurteilen. Drei von sieben Führungskräf-

ten reagieren mit einer geringen Kostenad-äquanz auf die Frage, wie viel Geld sie be-reit wären, für effiziente One-Page-Repor-tings auszugeben. Zwei Personen wären le-diglich bereit, einem Betrag von maximal 75.000 € für die Konzeption und Umset-zung effizienter One-Page-Reportings aus-zugeben. Hinsichtlich der Bedeutung mög-licher Kosten ergibt sich daher ein als un-terdurchschnittlich einzuordnender arith-metischer Mittelwert von 2,1.

Dahingegen messen drei der befragten Führungskräfte der schnellen Entwick-lung und Implementierung von One- Page-Reportings (Zeitadäquanz) eine zu-mindest hohe Bedeutung zu. Aus der sta-tistischen Auswertung der Häufigkeits-verteilung errechnet sich für das Beurtei-lungskriterium des Zeitbedarfs ein arith-metischer Mittelwert von 3,3.

5 Entwicklungsstand,For-schungslückeundSpezifikationdesWeiterentwicklungsbedarfs

Die Evaluation des Entwicklungsstands von One-Page-Reportings und ähnlicher Berichtsinstrumentarien vervollständigt die Anforderungsanalyse. Die nachfol-genden Ausführungen dokumentieren jedoch nicht nur den Entwicklungsstand. Die Ergebnisse werden auch dem in Kap. 4 ermittelten Soll-Profil effizienter One-Page-Reportings für die Unternehmens-leitung gegenübergestellt (vgl. Abbildung 7), um daraus Forschungslücken zuiden-tifizieren und den Weiterentwicklungs-bedarf zu spezifizieren.

VollständigkeitWerden die aus dem Gestaltungskriteri-um der Vollständigkeit abgeleiteten Beur-teilungskriterien analysiert, so zeigt sich zunächst eine Diskrepanz hinsichtlich des verfügbaren (Ist-Profil) und des ge-forderten (Soll-Profil) Informationsum-fangs. Der objektive Informationsbedarf dominiert in diesem Zusammenhang nicht nur den subjektiven Informations-bedarf im Absolutwert des Anforderungs-profils deutlich (arithmetischer Mittel-wert im Soll-Profil von 4,7 zu 3,6). Die große Lücke im Soll-Ist-Vergleich weist auch auf die aktuelle Forschungslücke in Bezug die Berücksichtigung des objek-tiven Informationsbedarfs bei der Gestal-tung von One-Page-Reportings für die Unternehmensleitung hin.

Das Ergebnis soll aber nicht bedeuten, dass ausschließlich der objektive Informa-tionsbedarf für eine effiziente Unterstüt-zung der Unternehmensleitung zu erhe-ben ist. Für eine inhaltlich umfassende Berichterstattung sowie eine adaptive Steuerungs- und Kontrolllogik sind wei-terhin für den jeweiligen Adressaten wich-tige Informationen zu ergänzen. Dies lässt sich mit der Bedeutung des subjektiven Informationsbedarfs von 3,6 begründen. Die hohe Überdeckung zwischen Soll- und Ist-Profil bei diesem Beurteilungs-kriterium ist möglicherweise mit dem Phänomen der betrieblichen Praxis zu erklären, dass Informationen, die der Adres-sat zu brauchen glaubt, häufig auf direk-tem Weg und Anweisung in One-Page-Reportings integriert werden.

Eine zweite Forschungslücke zeigt sich beim Vergleich der verfügbaren und der geforderten Informationsstruktur. Die ge-wünschte Relation zwischen operativen und strategischen Informationen schlägt deutlich zu Gunsten der letzten Kategorie aus (arithmetischer Mittelwert im Soll-Profil von 3,6 im Vergleich zu einem Wert von 3,0, der die Gleichgewichtung beider Informationsarten repräsentiert). One-Page-Reportings müssen – so die Anfor-derung der Führungskräfte – zukünftig über die Verarbeitung interner, oftmals ausschließlich rechnungswesenbasierter Größen hinausgehen und funktional ver-stärkt an dem Zielsystem des Unterneh-mens ausgerichtet werden.

Die Erfassung von Informationen zur Erfüllung gesetzlicher Anforderungen ist im Soll- und Ist-Profil nahezu identisch (arithmetische Mittelwerte 3,7 und 3,6) und stellt somit keine Forschungslücke dar. Aufgrund der gesetzlichen Doku-mentations- und Auskunftspflicht wur-den entsprechende Informationen – so die Hypothese – frühzeitig als notwendiger Teil der regulären Berichterstattung auf-genommen. In der Praxis geschieht dies aber leider häufig als Teil einer von One-Page-Reportings separierten Berichter-stattung. Als erster Weiterentwicklungs-bedarf kann zusammenfassend wie folgt festgehalten werden:

One-Page-Reportings für die Unter-nehmensleitung haben zukünftig in-haltlich umfassend über die Verarbei-tung interner – oftmals ausschließlich rechnungswesenbasierter – Größen hinauszugehen und sind dazu ver-

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BenutzeradäquanzDie Abbildung 8 gibt auch das Soll-Ist-Profil für das Gestaltungskriterium der Benutzeradäquanz wider. Offensichtlich ist zunächst die sehr hohe Bedeutung des Aggregationsgrads bereitzustellender In-formationen (arithmetischer Mittelwert im Soll-Profil von 4,4). Dieses Ergebnis ist mit hoher Wahrscheinlichkeit darin be-gründet, dass Führungskräften für die In-formationsaufnahme im Allgemeinen nur ein begrenztes Zeitbudget zur Verfügung steht. Umso wichtiger ist es, dass den Adressaten die Informationen sowie die adaptive Steuerungs- und Kontrolllogik

nicht nur inhaltlich umfassend (vgl. das vorangegangene Kriterium der Vollstän-digkeit), sondern auch in komprimierter Form aufbereitet werden.

Die noch höhere Bedeutung der Über-prüfbarkeit (arithmetischer Mittelwert von 4,7) zeigt die Anforderung, vorge-nommene Aggregationsschritte wieder zurücknehmen zu können. Im Vergleich zum Ist-Profil (arithmetischer Mittelwert 3,6) wird dahingehend eine bedeutende Gestaltungslücke offensichtlich: Über die „reine“ Informationsaufbereitung hi-nausgehend sollte eine effiziente System-gestaltung das sukzessive Abrufen detail-lierterer Informationen ermöglichen.

Zwar erkennen nach Ansicht der Un-tersuchungsteilnehmer deren Vorstands-mitglieder noch nicht das Potential die-ser eigenen Navigation „am System“. Drei bis fünf – vordefinierte – Analysen und Verknüpfungen könnten aber in einem ersten Schritt auf ein positives Feedback stoßen. Als ein zweiter Schwer-punkt für die formale Gestaltung effi-zienter One-Page-Reportings für die Unternehmensleitung lässt sich somit definieren:

Offenkundig ist weiterhin, dass der Ober-flächengestaltung und Dialogführung effi-zienter One-Page-Reportings für die Un-ternehmensleitung eine besondere Beach-tung zuteil werden sollte. Sie weist mit einem arithmetischen Mittelwert im Soll

Abb. 8 |GegenüberstellungdesSoll-unddesIst-ProfilseffizienterOne-Page-ReportingsfürdieUnternehmensleitung.

Zeitadäquanz

Kostenadäquanz

AufwandRessourcen-mächtigkeit(Systeminput)

Zuverlässigkeit(inhaltliche Richtigkeit)

Genauigkeit(formale Richtigkeit)

Richtigkeit

AktualitätTermingerechtigkeit

Leistungsumfang

Oberflächengestaltung undDialogführung

Darstellungsqualität

Flexibilität

Überprüfbarkeit

Aggregationsgrad

Benutzer-adäquanz

Erfassung von Informationen zurErfüllung gesetzlicher Anforderungen

Erfassung strategischerInformationenInforma-

tions-struktur

Erfassung des subjektivenInformationsbedarfs

Erfassung des objektivenInformationsbedarfsInforma-

tions-umfang

Voll-ständig-keit

Lösungs-mächtigkeit(Systemoutput)

Soll-Profil für die Gestaltung effizienter One-Page-Reportings für die UnternehmensleitungBeurteilungskriterienGestaltungskriterien

Grund-kriterien

sehr hochhochmittel1 2 2,25 2,5 2,75 3 3,25 3,5 3,75 4 5

sehr gering gering

Soll-Profil

Std.-Abw.

Ist-Profil

Std.-Abw.

Effiziente One-Page-Reportings für die Unternehmensleitung haben in ihrer Aufbereitung zukünftig – trotz der Vorgabe des inhaltlichen Um-fangs – verstärkt einen in der Dar-stellung komprimierten Überblick zu vermitteln. Für den Adressaten wesentliche Erkenntnisse sind dabei hierarchisch gegliedert aufzuberei-ten und explizit herauszustellen. Zu-gehörige Auswertungen sind durch – vordefinierte – Analysen und Ver-knüpfungen zu unterstützen. Ad-äquate Methoden der Informations aufbereitung können helfen, diese Gestaltungslücken zu schließen. Eine – vordefinierte – adaptive Steuerungs- und Kontrolllogik kann ein geeig-netes Instrumentarium sein.

stärkt am strategischen Zielsystem des Unternehmens auszurichten. Dazu ist die Erfassung des objektiven Informa-tionsbedarfs verstärkt in die Systemge-staltung einzubeziehen. Adäquate Me-thoden der Informationsbedarfsanaly-se können dabei helfen, diese Gestal-tungslücken zu schließen, sie stellen somit den ersten Stellhebel einer effi-zienten Systemgestaltung dar.

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von 3,6 und einem Wert von 3,0 im Ist-Profil die drittgrößte Gestaltungslücke der Untersuchung auf. Effiziente One- Page-Reportings haben somit verstärkt dem Führungsstil der befragten Adres-saten entgegenzukommen. Dabei ist – so verschiedene weiterführende Antworten der Untersuchung – insbesondere ein ein-facher, intuitiver Zugang der Unterneh-mensleitung zu den Kernaussagen der Be-richterstattung zu gewährleisten. Dies kann als dritter Gestaltungsschwerpunkt definiert werden:

Im Rahmen der Benutzeradäquanz effizi-enter One-Page-Reportings für die Unter-nehmensführung ist schließlich die Flexi-bilität anzuführen. Im Vergleich zu den anderen Gestaltungsanforderungen ha-ben One-Page-Reportings mit deutlich geringerer Bedeutung sicherzustellen, dass Änderungen, zum Beispiel in der Aufbauorganisation oder von Prozessen, möglichst schnell im Reporting nachge-zogen werden können. Idealerweise sind One-Page-Reportings daher serviceori-entiert aufzubauen, um agil auf sich ändernde Anforderungen reagieren zu können. Methoden der Informations-beschaffung zeichnen hierbei für die Sicherstellung einer entsprechenden An-bindung verantwortlich.

TermingerechtigkeitAus den herausgearbeiteten Soll-Ist-Aus-prägungen der Termingerechtigkeit kön-nen Rückschlüsse hinsichtlich der Aktua-lität des Datenbestands gezogen werden. Eine vermeintlich „richtige“ Aktualisie-rungsfrequenz wird zwar in erster Linie von der jeweiligen Entscheidungssituation abhängen. Statistisch lassen die Ergeb-nisse aber den Schluss zu, dass mit einer

geringen Einstufung der Aktualität in Hö-he von 2,1 – dem niedrigsten Wert der Un-tersuchung bei einer Standardabweichung von 0,4 – entsprechende zeitnahe Daten nicht als Schwerpunkt effizienter One- Page-Reportings für die Unternehmens-leitung anzusehen sind. Eine monatliche Aktualisierung – so die Interpretation – reicht nach Aussage der befragten Füh-rungskräfte i. d. R. aus. Dies ist insofern bemerkenswert, da aktuelle wissenschaft-liche Publikationen Themen wie Online-Verfügbarkeit von Daten und Real-time-Business Intelligence in den Mittelpunkt ihrer Arbeit stellen und dies häufig als An-forderung der betrieblichen Praxis titulie-ren (vgl. Weber et al. 2005, S. 9). Wahr-scheinlich ist bei der Spannbreite der Aktualität aber zwischen finanziellen Kennzahlen für die die monatliche Ak-tualisierung ausreichend ist, und den eher operativen Kennzahlen, die gegebenen-falls eine höhere Aktualisierung zu erfah-ren haben, zu unterscheiden. Für letztere Kategorie macht es dann unter Umstän-den auch Sinn, mit einer Real-time-Er-fassung und Informationsdarstellung zu arbeiten.

RichtigkeitIm Soll-Profil ist weiterhin die besondere Bedeutung der Zuverlässigkeit bereitzu-stellender Informationen offensichtlich (arithmetischer Mittelwert von 4,8). Um den geäußerten Anforderungen zu ent-sprechen, sollten effiziente One-Page-Re-portings deshalb ein adäquates Siche-rungs- und Zugriffskonzept sowie entspre-chende Validierungen zur Überprüfung der Daten besitzen. Dies ist nach der Ana-lyse des Entwicklungsstands aber schein-bar vollumfänglich gegeben (arithme-tischer Mittelwert von 4,6), sodass hier kein Weiterentwicklungsbedarf für eine effiziente Systemgestaltung identifiziert werden konnte.

AufwandDie Untersuchungsergebnisse verdeutli-chen, dass die Kosten bei der Gestaltung von One-Page-Reportings für die be-fragten Führungskräfte mittlerweile eine große Rolle spielen. Sie sind bereit, über-wiegend bis zu 150.000 € für die Konzep-tion und Umsetzung auszugeben. Bemer-kenswert ist dies insofern, da in einer Un-tersuchung aus dem Jahr 1999 (vgl. Wurl/Mayer 1999) knapp die Hälfte (48,1 %) der Vorstandsmitglieder bereit waren, bis zu 5 Millionen DM für eine – im Vergleich zu

One-Page-Reportings jedoch umfang-reichere – Systemkonzeption für Füh-rungsinformationssysteme auszugeben.

Anders stellt sich der gewünschte Zeit-bedarf für die Systemgestaltung dar. Ist einmal die Entscheidung für One-Page-Reportings getroffen, sollte das Konzept und die Umsetzung relativ zügig durchge-führt werden. Dies war 1999 noch eine größere Forschungslücke. Durch entspre-chende Arbeiten im Projektmanagement scheint diese Anforderung mittlerweile gelöst zu sein. In der vorliegenden Unter-suchung stellt die Zeitadäquanz keine For-schungslücke mehr für die Gestaltung ef-fizienter One-Page-Reportings dar.

6 ZusammenfassungderErgebnisseundAusblick

Ziel der vorliegenden Arbeit war es, ein in sich geschlossenes Anforderungsprofil für effiziente One-Page-Reportings zu erar-beiten. Hierzu wurde zunächst ein praxeo-logisches Vorgehen fundiert, das auf Er-kenntnissen der betriebswirtschaftlichen Technologieforschung basiert. Das Vorge-hen wurde dann in Hinblick auf die Ge-staltung effizienter One-Page-Reportings für die Unternehmensleitung angewendet. Als Grundgesamtheit dient der DAX® 30, die explorative Stichprobe umfasste sieben zugehörige Unternehmen.

Im Rahmen der Funktionsbestimmung wurden maßgebliche inhaltliche Anforde-rungen an entsprechende One-Page-Re-portings für die Unternehmensleitung herausgearbeitet. Als Sachziel ließ sich he-rausarbeiten, dass sie einen inhaltlich um-fassenden, in der Darstellung aber kompri-mierten Überblick über wichtige Sachver-halte des (Gesamt-)Unternehmens zu ge-ben haben. Möglichst tableauartig, d. h. durch eine entsprechende Strukturierung und ein einheitliches Darstellungsschema, ist ein Maß an Übersichtlichkeit und intu-itivem Umgang zu gewährleisten, um so ei-ne einfache Aufnahme von Kernaussagen zu gewährleisten.

Neben der „reinen“ Informationsdar-stellung haben One-Page-Reportings für die Unternehmensführung als strenge Ne-benbedingung eine aktive, intuitiv eingän-gige Systeminteraktion sicherzustellen. Ei-ne adaptive Steuerungs- und Kontrolllogik mit verschiedenen Navigationsmöglich-keiten hat dabei die Akzeptanz der Füh-rungskräfte sowie die Integration in die Systemarchitektur von Unternehmens-

Effiziente One-Page-Reportings für die Unternehmensleitung haben durch eine empfängerorientierte Oberflächengestaltung und Dialog-führung zukünftig sicherzustellen, dass wesentliche Erkenntnisse expli-zit herausgestellt und somit bewusst wahrgenommen werden. Adäquate Methoden der Informationsdarstel-lung (Kommunikation) können hel-fen, diese Gestaltungslücken zu schließen und stellen somit einen dritten Stellhebel einer effizienten Systemgestaltung dar.

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WISSENSCHAFT

steuerungssystemen sicherzustellen. Dies impliziert verschiedene Formen von Ana-lysen sowie Verknüpfungen zu anderen Elementen von Unternehmenssteuerungs-systemen, aber auch zu für die Unterneh-mensleitung relevanten (Sub-)Systemen.

Als akzessorische Ziele wurde die Be-deutung von One-Page-Reportings für die Unternehmensleitung als Grundlage für Berichte an den Aufsichtsrat oder an den Kapitalmarkt herausgearbeitet. Im Sinne einer Ausnahmeberichterstattung sind sie dabei als Datengrundlage für interne Ad-hoc-Berichte oder die nach § 15 WpHG erforderliche Ad-hoc-Publizität denkbar.

Bei den Gestaltungszielen standen die formalen Anforderungen im Vorder-grund. Dabei wurde zunächst die Effizi-enzzielsetzung mit Hilfe des Prinzips der Wirtschaftlichkeit operationalisiert. Das Ergebnis wurde in einem in sich geschlos-senen Anforderungsprofil zur Gestaltung effizienter One-Page-Reportings für die Unternehmensleitung zusammengefasst. Der Vergleich mit dem Entwicklungsstand derzeitiger One-Page-Reportings und ähnlicher Berichtsinstrumentarien war dann die Grundlage empirisch fundiert Forschungslücken zu identifizieren und den Weiterentwicklungsbedarf von One-Page-Reportings für die Unternehmens-leitung zu spezifizieren.

Als Weiterentwicklungsbedarf wurde zunächst die verstärkte Ausrichtung der Systemgestaltung am strategischen Ziel-system des Unternehmens identifiziert. Dies impliziert insbesondere die dezi-dierte Erfassung des objektiven Informa-tionsbedarfs. Methoden der Informati-onsbedarfsanalyse können dabei helfen und stellen somit den ersten Stellhebel einer effizienten Systemgestaltung dar. Danach sind für den Adressaten wesent-liche Erkenntnisse hierarchisch geglie-dert herauszuarbeiten. Eine zugehörige Detaillierung ist durch – vordefinierte – Analysen und Verknüpfungen zu unter-stützen. Adäquate Methoden der Infor-mationsauf bereitung können diese Gestaltungslücken schließen. Eine ent-sprechende adaptive Steuerungs- und Kontrolllogik kann ein geeignetes Ziel-artefakt darstellen.

Durch eine empfängerorientierte Ober-flächen- und Dialogführung ist sicherzu-stellen, dass wesentliche Erkenntnisse explizit herausgestellt und somit bewusst wahrgenommen werden. Methoden der Informationsdarstellung (Kommunikati-on) können helfen und stellen somit einen

dritten Stellhebel für eine effiziente Sys-temgestaltung dar.

Idealerweise sind One-Page-Reportings dabei serviceorientiert aufzubauen, um flexibel auf sich ändernde Anforderungen reagieren zu können. Methoden der Infor-mationsbeschaffung zeichnen hierbei für die Sicherstellung einer entsprechenden Informationslogistik verantwortlich.

Der Weiterentwicklungsbedarf des vor-liegenden Beitrags lässt sich dahingehend konkretisieren, dass die erarbeiteten Er-gebnisse auf einem explorativen Ansatz beruhen und diese durch eine großzahlige Empirie zu überprüfen sind. Die Erkennt-nisse werden daher derzeit durch eine ver-tiefende Vollerhebung im Financial Times Index „Top Europe 500“ überprüft und weiterentwickelt.

Hinsichtlich der praxeologischen Ziel-setzung der Gestaltungsarbeit ist zu über-prüfen, ob zukünftige Gestaltungsansätze auf das erarbeitete Anforderungsprofil zu-rückgreifen und ob die mit dem vorlie-genden Beitrag fundierten Erkenntnisse auch zu den gewünschten Ergebnissen führen (zu ersten Umsetzungen vgl. Wip-pel/Mayer/Reinshagen 2008 oder Winter/Mayer 2008b). Schließlich sei angemerkt, dass auch nach der Umsetzung entspre-chender One-Page-Reportings nicht nur die entwickelten Artefakte der Pflege und Wartung bedürfen. Auch müssen die An-forderungen nachgehalten werden. Der Anpassungsbedarf wird dabei insbeson-dere bei Strukturbrüchen offensichtlich werden.

Mit der Gestaltung effizienter One- Page-Reportings – egal, ob Anforderungs-analyse, Gestaltungsansatz, Evaluierung oder Theoriebildung – haben sich das Controlling und die Wirtschaftsinforma-tik ein Aufgabenfeld eröffnet, das sich im beständigen Fluss befindet. Führungs-kräfte großer Unternehmen, die vielleicht anspruchsvollsten Anwender betrieb-licher Informationssysteme, werden daran sicher keinen Zweifel lassen.

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