Anpassung von Nutztieren durch Amputationen an wirtschaftliche Haltungssysteme Darstellung und...

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Anpassung von Nutztieren durch Amputationen an wirtschaftliche Haltungssysteme Darstellung und Bewertung aus der Sicht des Tierschutzes Eckard Wendt Vorsitzender Arbeitsgemeinschaft für artgerechte Nutztierhaltung e.V. Arbeitsgemeinschaft für artgerechte Nutztierhaltung e. V. (AGfaN), Auf der Geest 4, 21435 Stelle, www.tierschutz-landwirtschaft.de

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Anpassung von Nutztieren durch Amputationen

an wirtschaftliche Haltungssysteme

Darstellung und Bewertung aus der Sicht des Tierschutzes

Eckard WendtVorsitzender

Arbeitsgemeinschaft für artgerechte Nutztierhaltung e.V.

Arbeitsgemeinschaft für artgerechte Nutztierhaltung e. V. (AGfaN), Auf der Geest 4, 21435 Stelle, www.tierschutz-landwirtschaft.de

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1. Gesetzliche Grundlagen

1.1. Tierschutzgesetz (TierSchG) : http://bundesrecht.juris.de/tierschg/ §§ 1, 2, 5 und 6

1.2. Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Tierschutzgesetz (AVV), Nr. 4 zum § 6 (Amputationen): http://www.mugv.brandenburg.de/v/lbsvet/TEILD/D2_1.PDF

1.3. Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung: http://bundesrecht.juris.de/tierschnutztv

1.4. Grundgesetz Artikel 20 a: http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/gg/gesamt.pdf

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1. Gesetzliche Grundlagen

Grundprinzip:

„Jedes Gesetz ist nur so gut wie die Schlupflöcher, die wir zu seiner Umgehung einbauen“, meinte vor Jahren eine Bundestagsabgeordnete vielsagend.

… und was damit gemeint ist, ist in der Begründung zum Tier-schutzgesetz von 1986 deutlich zum Ausdruck gebracht worden:„… Haltungssysteme gelten dann als tiergerecht, wenn das Tier erhält, was es zum Gelingen von Selbstaufbau und Selbsterhaltung benötigt, und ihm die Bedarfsdeckung und die Vermeidung von Schaden durch die Möglichkeit adäquaten Verhaltens gelingt. … Eine Beschränkung der Ausübung seines Verhaltens auf die Möglichkeit der Bedarfsdeckung*) und der Schadensvermeidung**) kann dem Tier, insbesondere einem Nutztier zugemutet werden.“ (S.7f)

*) gemeint sind Futter und Wasser**) gemeint sind Schäden durch technisch mangelhafte Stalleinrichtungsgegenstände

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§ 5 TierSchG (Eingriffe am Tier / Betäubungspflicht) „ (1) An einem Wirbeltier darf ohne Betäubung ein mit Schmerzen verbundener Eingriff nicht vorgenommen werden. Die Betäubung warmblütiger Wirbeltiere sowie von Amphibien und Reptilien ist von einem Tierarzt vorzunehmen. Für die Betäubung mit Betäubungspatronen kann die zuständige Behörde Ausnahmen von Satz 2 zulassen, sofern ein berechtigter Grund nachgewiesen wird. Ist nach den Absätzen 2, 3 und 4 Nr. 1 eine Betäubung nicht erforderlich*), sind alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Schmerzen oder Leiden der Tiere zu vermindern **) “.

*) gemeint ist hier offensichtlich: „nicht vorgeschrieben“**) Dies müsste zur Folge haben, dass in fast allen Fällen eine Betäubung vorgeschrieben werden müsste.

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§ 5 TierSchG (Ausnahmen)

„(2) Eine Betäubung ist nicht erforderlich, 1. wenn bei vergleichbaren Eingriffen am Menschen eine Betäubung in

der Regel unterbleibt oder der mit dem Eingriff verbundene Schmerz geringfügiger ist als die mit einer Betäubung verbundene Beeinträchtigung des Befindens des Tieres,

2. wenn die Betäubung im Einzelfall nach tierärztlichem Urteil nicht durchführbar erscheint.“

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§ 6 TierSchG (Amputationen)

„(1) Verboten ist das vollständige oder teilweise Amputieren von Körperteilen oder das vollständige oder teilweise Entnehmen oder Zerstören von Organen oder Geweben eines Wirbeltieres. Das Verbot gilt nicht, wenn 1.

der Eingriff im Einzelfalla)

nach tierärztlicher Indikation geboten ist oderb)

bei jagdlich zu führenden Hunden für die vorgesehene Nutzung des Tieres unerläßlich ist und tierärztliche Bedenken nicht entgegenstehen,

2.ein Fall des § 5 Abs. 3 Nr. 1, 1a oder 7 vorliegt,

3.ein Fall des § 5 Abs. 3 Nr. 2 bis 6 vorliegt und der Eingriff im Einzelfall für die vorgesehene Nutzung des Tieres zu dessen Schutz oder zum Schutz anderer Tiere unerläßlich ist, (…)“

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2. Beispiele zu den §§ 5 und 6 TierSchG

„ (3) Eine Betäubung ist ferner nicht erforderlich*) 1. für das Kastrieren von unter vier Wochen alten männlichen Rindern, Schafen und Ziegen, sofern kein von der normalen anatomischen Beschaffenheit abweichender Befund vorliegt,1a. für das Kastrieren von unter acht Tage alten männlichen Schweinen, sofern kein von der normalen anatomischen Beschaffenheit abweichender Befund vorliegt, (…)“

*) gemeint ist hier offenbar: … wenn wir Schmerzen in Abrede stellen oder Anästhesie beziehungs-weise Analgesie als zu teuer erachten.

links Kastrierzange für Böcke, rechts Burdizzozange für Lämmer

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§ 5 TierSchG„(3) Eine Betäubung ist ferner nicht erforderlich*) 1. für das Kastrieren von unter vier Wochen alten männlichen Rindern, Schafen und Ziegen, sofern kein von der normalen anatomischen Beschaffenheit abweichender Befund vorliegt,1a. für das Kastrieren von unter acht Tage alten männlichen Schweinen, sofern kein von der normalen anatomischen Beschaffenheit abweichender Befund vorliegt, (…)“

*) gemeint ist hier offenbar: … wenn wir Schmerzen in Abrede stellen oder eine Anästhesie oder Analgesie als zu teuer erachten.

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§ 5 (3) Kastration

Dabei geht es durchaus auch anders, wenn guter Wille oder entsprechender Druck seitens der Tierfreunde ausgeübt wird wie z. B. in der Schweiz und in Deutschland bei „Neuland“-Betrieben oder – wegen der Anästhesie mit CO2 - mit erheblichen Abstrichen in den Niederlanden.

Vorbereitung der Apparatur aus Betäubungs- Einführen der Schnauze in die Maske. Eine har- einheit und Mechanik, die auf dem Betrieb te Fixierung mit einem Bügel ist nicht erforder- bleiben kann. lich, weil die Ferkel ruhig liegen..

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§ 5 (3) Kastration

Nach der Betäubung wird für die postoperative Erst anschließend wird die Kastration Schmerzbehandlung Metacam gegeben. vorgenommen.

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§ 5 (3) Kastration

Auch von den weiteren Maßnahmen bekommen die Ferkel nichts mit. Die im Stall und Behand-lungsbereich herrschende Ruhe ist für diejenigen, die die Kastration auf herkömmliche Art ohne Betäubung durchführen, zunächst verblüffend. Sie wirkt auf alle Beteiligten entspannend.

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§ 5 (3) Verhinderung des Hornwachstums

„(3) Eine Betäubung ist ferner nicht erforderlich 2. für das Enthornen oder das Verhindern des Hornwachstums bei

unter sechs Wochen alten Rindern, (…)“

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§ 5 (3) ENTHORNUNG

„(3) Eine Betäubung ist ferner nicht erforderlich 2. für das Enthornen oder das Verhindern des Hornwachstums bei

unter sechs Wochen alten Rindern, (…)“

„Ein Rind ohne Hörner ist kein Rind und ein Tier mit schön geformten Hörnern erzielt einen höheren Preis“, meintder Besitzer des Rinds auf dem linken Foto.Demeter verbietet das Enthornen aus ganzheitlichen Gründen und meint, die Milch sei dadurch wertvoller.rechtes Foto: ein musealer Hornbieger, der auch noch nach dem 2. Weltkrieg verwendet wurde.

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5 (3) ENTHORNUNG

„(3) Eine Betäubung ist ferner nicht erforderlich 2. für das Enthornen oder das Verhindern des Hornwachstums bei unter sechs Wochen alten Rindern, (…)

Aggressive Tiere stellen insbesondere bei der Haltung in engen Ställen eine Gefahr dar. Deshalb werden den Rindern die Hornanlagen durch Ausbrennen (elektrisch oder mittels gezielter Flamme) oder mit Ätzstiften (Natriumhydroxid) verödet.Literaturhinweis: TVT-Merkblatt 86 - http://www.tierschutz-tvt.de/merkblaetter.html#c5

Das Absägen der Hörner darf nur in Ausnahmefällen - z. B. bei Gefahr des Einwachsens in den Schädel - unter Lokalanästhesie vom Tierarzt durchgeführt werden.

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§ 5 TierSchG Kupieren von Schwänzen„(3) Eine Betäubung ist ferner nicht erforderlich 3. für das Kürzen des Schwanzes von unter vier Tage alten Ferkeln sowie von unter acht Tagealten Lämmern, (…)

Schweine sind sehr erkundungsfreudige Tiere. In einstreulosen Systemen kommt es aus Langeweile zum Schwanzbeißen und zuEntzündungen. Deshalb werden die Schwänze gekürzt.

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§ 5 TierSchG Kupieren von Schwänzen„(3) Eine Betäubung ist ferner nicht erforderlich 4. für das Kürzen des Schwanzes von unter acht Tage alten Lämmern mittels elastischer Ringe,(…)“

„Ein sauberer Schwanz ist der ´Scheibenwischer´ der weiblichen Tiere.“Wechsel von „magerem“ Futter zu eiweiß- und energiereichem führt zu Durchfall und kann Befallmit Fliegenmaden zur Folge haben. Foto rechts: Zange zum Aufziehen der Ringe ©

Werkfoto)

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§ 5 TierSchG Zähne kürzen„(3) Eine Betäubung ist ferner nicht erforderlich 5. für das Abschleifen der Eckzähne von unter acht Tage alten Ferkeln, sofern dies zum Schutz

des Muttertieres oder der Wurfgeschwister unerläßlich ist, (…)“

Das Abkneifen der Eckzähne (links) ist inzwischen verboten, weil es Fissuren und Kieferent-zündungen verursachen kann. Rechts sind Schleifgeräte zu sehen. © l. Werkfoto / r. NN

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Noch § 5 TierSchG Zähne kürzen(3) Eine Betäubung ist ferner nicht erforderlich 5. für das Abschleifen der Eckzähne von unter acht Tage alten Ferkeln, sofern dies zum Schutz

des Muttertieres oder der Wurfgeschwister unerläßlich ist, (…)“

Zahnzangen werden immer noch verkauft, obwohl ihre Anwendung verboten ist. Diese wurde 2008 auf der EuroTier in Hannover

gekauft. Auch in Katalogen wie in diesem mit Gültigkeit für 2009/2010 werden Zahnzangen noch angeboten.

Meinung der zuständigen Staatsanwaltschaft :

Die Anzeige wird zurückgewiesen, weil der Kauf der Zange nicht unbedingt bedeute, dass sie auch tatsächlich zum Zähnekürzen

eingesetzt werde. Im Klartext: Wir haben keine Lust,

Nachfor- schungen einzuleiten … es sind ja doch nur Tiere.

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Noch § 5 TierSchG(3) Eine Betäubung ist ferner nicht erforderlich 6. für das Absetzen des krallentragenden letzten Zehengliedes bei Masthahnenküken, die als

Zuchthähne Verwendung finden sollen, während des ersten Lebenstages, (…)

Anm.: In Ermangelung einer entsprechenden Aufnahme wird der Vorgang an einem Stopfpräparat gezeigt.

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Noch § 5 TierSchG„(3) Eine Betäubung ist ferner nicht erforderlich 7. für die Kennzeichnung von Schweinen, Schafen, Ziegen und Kaninchen durch Ohrtätowierung, für die Kennzeichnung anderer Säugetiere innerhalb der ersten zwei Lebenswochen durch Ohr- und Schenkeltätowierung sowie die Kennzeichnung landwirtschaftlicher Nutztiere einschließlich der Pferde durch Ohrmarke, Flügelmarke, injektierten Mikrochip, ausgenommen bei Geflügel, durch Schlagstempel beim Schwein und durch Schenkelbrand beim Pferd.“

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§ 6 TierSchG (Amputationen)

„3) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 kann die zuständige Behörde 1. das Kürzen der Schnabelspitzen von Legehennen bei unter zehn Tage alten Küken,2. das Kürzen der Schnabelspitzen bei Nutzgeflügel, das nicht unter Nummer 1 fällt *),3. das Kürzen des bindegewebigen Endstückes des Schwanzes von unter drei Monate alten männlichen Kälbern mittels elastischer Ringeerlauben. Die Erlaubnis darf nur erteilt werden, wenn glaubhaft dargelegt wird, dass der Eingriff im Hinblick auf die vorgesehene Nutzung zum Schutz der Tiere unerläßlich ist. Die Erlaubnis ist zu befristen und hat im Falle der Nummer 1 Bestimmungen über Art, Umfang und Zeitpunkt des Eingriffs und die durchführende Person zu enthalten.

*) Das gilt nicht für Käfighennen (jetzt in Käfigen des neuen Typs, aber wie lange noch?), es gilt aber bei Auftreten von Kannibalismus für Legehennen, die zunächst nicht schnabelgekürzt wurden. Hierzu gehören Puten und Moschusenten (sogenannte „Flugenten“)

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§ 6 TierSchG (Amputationen)

… sind erlaubt, wenn 3. ein Fall des § 5 Abs. 3 Nr. 2 bis 6 vorliegt und der Eingriff im Einzelfall für die vorgesehene Nutzung des Tieres zu dessen Schutz oder zum Schutz anderer Tiere unerläßlich ist, (…)“

Schnäbel einer Big 6-Pute und einer Kelly-Bronce-Pute

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§ 6 TierSchG

… und hier die Schnäbel zweier Big 6 Puten im Vergleich:

Zwei Wirtschaftsputen der Linie „Big 6“: links mit intaktem, rechts mit gekürztem Schnabel.Zwei Meinungen dazu: „Das ist alles nicht so schlimm, weil ja nur die äußerste Spitze entfernt wird, damit die Tiere keine Federn festhalten und ausreißen können.“ „Das Kürzen ist dann ordnungsge-mäß erfolgt, wenn der Schnabelschluss am Ende der Nutzungsperiode wieder hergestellt ist.“

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§ 6 TierSchG

Das Bill-Tip-Organ befindet sich in der Spitze des Oberschnabels:

© NN

Literatur: Miachel J. Gentle und John Breward, The bill tip organ of chicken, Agricultural and Food Research Council's Poultry Research Centre, Roslin, Midlothian EH25 9PS, Scotlandhttp://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1166494/pdf/janat00188-0082.pdfPapier des britischen Landwirtschaftsministeriums DEFRA, Laying hens beaks: To trim or not to trim?“ http://www.agrowebcee.net/fileadmin/subnetwork/awsee/fawro/DOCS/Pasari/pasari2(en).pdfBerichte bei der AGfaN: http://www.tierschutz-landwirtschaft.de/html/schnabelkurzen.htmlhttp://www.tierschutz-landwirtschaft.de/html/geflugelwirtschaft.html

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§ 6 TierSchG

Das Bill-Tip-Organ befindet sich in der Spitze des Oberschnabels:

© NN

Literatur: Miachel J. Gentle und John Breward, The bill tip organ of chicken, Agricultural and Food Research Council's Poultry Research Centre, Roslin, Midlothian EH25 9PS, Scotlandhttp://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1166494/pdf/janat00188-0082.pdfPapier des britischen Landwirtschaftsministeriums DEFRA, Laying hens beaks: To trim or not to trim?“ http://www.agrowebcee.net/fileadmin/subnetwork/awsee/fawro/DOCS/Pasari/pasari2(en).pdfBerichte bei der AGfaN: http://www.tierschutz-landwirtschaft.de/html/schnabelkurzen.htmlhttp://www.tierschutz-landwirtschaft.de/html/geflugelwirtschaft.html

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3. Recht

Erlaubt ist, was nicht ausdrücklich verboten ist ! (?)

© Der Zeichner dieses Bildes ist uns leider nicht bekannt. Wer ihn kennt, möge uns bitte seinen Namen mitteilen, damit wir mit ihm

Kontakt aufnehmen und ein angemessenes Honorar bezahlen können.

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2. Recht: Erlaubt ist, was nicht ausdrücklich verboten ist ! (?)

Kürzen der Kämme bei Hähnen der Elterntierherden für Masthühner und Legehennen

Obwohl für diese Art der Amputation im Tierschutzgesetz keine Ausnahmegenehmigung vorgesehen ist, wird die Maßnahme seit Jahren standardmäßig bei allen Hähnen für Elterntierherden für Masthühner und inzwischen auch bei denen für Legehennen durchgeführt.

Begründung der Zuchtunternehmen und ihrer Vertragspartner: Die durch die großen Kämme verursachte, andauernde Sichtbehinderung und daraus resultie-rende, aber nicht näher beschriebene negative Auswirkungen, seien gravierender als die kurzfristigen, wahrscheinlich nur geringen Schmerzen während und nach der Amputation am Tag des Schlüpfens. Die Amputation stelle somit das geringere von zwei Übeln dar.

In Wirklichkeit geht es aber in erster Linie darum, erkennen zu können, ob außer den Hähnen der väterlichen Linie, denen die Kämme am Schlupftag abgeschnitten wurden, auch durch Fehler beim Sexen Hähne aus der mütterlichen Linie in die Vermehrungsstufe gelangt sind. Letztere sind dann am intakten Kamm sehr leicht erkennbar und können herausgefangen werden. Angeblich soll diese Methode in arabischen Ländern nicht angewendet werden (van Niekerk). Vermutlich legt man dort Wert auf den Kühler-Effekt des gut durchbluteten Kamms.

Bewertung durch die AGfaN e.V.:Offenbar geht man in Europa den einfacheren Weg. Oder hat man es versäumt, kleine Kämme als Kriterium der Zucht zu berücksichtigen, weil man sich zu sehr auf die Hauptkriterien „hohe Tageszunahmen“ beziehungsweise „hohe Legeleistung“ konzentrierte? Auf jeden Fall wurde Tierleid so oder so billigend in Kauf genommen.

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3. Recht

Erlaubt ist, was nicht ausdrücklich verboten ist ! (?)

Links: Kampfhähne mit gekürzten Kämmen, die nekrotisch nachgewachsen sind, und rechts zwei Hähne einer Elterntierherde in Käfighaltung. © Wikipedia und Werkbild

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Erlaubt ist, was nicht ausdrücklich verboten ist ! (?)Ohne gesetzliche Ausnahmeregelung und damit eigentlich ebenfalls

verboten, aber dennoch durchgängige Praxis, ist das Abschneiden der

Krallen bei Moschusenten.*) Dabei werden nämlich nicht nur die Hornteile

entfernt. Der Einfachheit halber werden im Akkord alle Zehen eines Paddels

zusammengedrückt und es wird nur ein Schnitt je Fuß ausgeführt, so dass

insbesondere bei der mittleren Zehe sehr oft in durchblutetes und

innerviertes Gewebe geschnitten wird.

Diese beiden Beispiele verdeutlichen, dass die Geflügelbranche sich

großzügig über die vom Gesetz gesteckten Grenzen hinwegsetzt,

wenn es ihr ins Konzept passt.

*) Knierim et al., Schlussbericht des Forschungsauftrags 01HS039 – „Mindestanforderungen

an die Haltung von Moschusenten (Cairina moschata dom.)“, S. 118

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3. Rechtsprechung – ein trauriges Kapitel

2.1. Das Tierschutzrecht ist bei vielen Juristen noch nicht im Kopf

angekommen.

2.2. Amtsveterinären sind oft die Hände gebunden. Beispiele: konfiszierte BSE-verdächtige Rinder Transportbescheinigung

Literatur: Hermann Focke, Tierschutz in Deutschland – Etikettenschwindel?! Verlag: pro Business – books on demand (oder direkt beim Verfasser)

2.3. Amtsveterinäre drücken noch zu oft alle Augen zu. Beispiele aus der Schafhaltung und Robustrinderhaltung: Man könne den 30 unter Futter- und Wassermangel leidenden Tieren derzeit nicht helfen, weil der Halter mit Selbsttötung gedroht habe, falls es Auflagen geben sollte. Die Tiere könnten zur Zeit nicht besser versorgt werden, weil das Wohnhaus des (einschlä- gig vorbestraften!) Besitzers abgebrannt sei und er doch nun andere Sorgen habe.

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Schweine sind intelligente Tiere, die ihre Umgebung intensiv erkunden möchten.

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Derart grüne Flächen in Stallnähe signalisieren Tierschützern schon von weitem, dass hier was nicht stimmt, weil die Schweine die Weide binnen weniger Tage „umpflügen“ würden und deutlich erkennbare Vertiefungen für Suhlen anlegen würden…

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… mit Nasenringen oder Rüsselkrampen werden die Tiere am Wühlen gehindert. Das ist Tierquälerei, denn die Schweine reißen sich beim Wühlen oft die Ringe oder Krampen aus. Das ist sehr schmerzhaft.

oben: intensive Auslaufhaltung eines Bio-Hofs beim Hofladen. Begründung: „Die Kunden freuen sich über die grüne Wiese, auf der sich die Schweine tummeln!“ links: Ein Beispiel von einer Freilandhaltung auf einer Pachtfläche, deren Eigentümer verständlicherweise keine „Kraterlandschaft“ zurückbekommen wollte. Der Schweinehalter wollte sich die Mühe des Einebnens sparen.

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Wenn Sie noch Fragen haben, senden Sie mir einen E-Mail:[email protected]

Oder rufen Sie mich an, wenn es eilig ist:04174-5181 (Tierschutztelefon)

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Vielen Dank für Ihr Interesse!

Ich wünsche Ihnen ein interessantes und vor allem ein erfolgreiches Studium !

Auch nach der Veranstaltung habe ich noch Zeit für Ihre Fragen.