›Tag der Märzrevolution‹ in greifbarer Nähe · Jörg Goldbeck · Katrin Göring-Eckard ·...

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Heraus zum 18. März! Freiheit Gleichheit Brüderlichkeit HERAUSGEGEBEN VON DER AKTION 18. MÄRZ FÜR DEMOKRATISCHE TRADITION UND REVOLUTIONÄREN GEIST März 2015 Jahrgang 18 ›Tag der Märzrevolution‹ in greifbarer Nähe Interfraktioneller Antrag zum Gedenktag auf gutem Weg Auf dem Bundesparteitag der CDU im Dezember vergangenen Jahres wurde unter der Nummer C 57 der Beschluss ›Einführung eines Gedenk- tages am 18. März‹ an die CDU/CSU-Bundestagsfraktion überwiesen. In der vorigen Legislaturperiode waren sich die Fraktionen von SPD, Linke und Bü90/Grüne einig, einen interfraktionellen Antrag im Bundestag einzubringen. Die ›Aktion 18. März‹ bat im Januar mit einem Offe- nen Brief an alle Fraktionsvorsitzenden, sich für den nationalen Gedenktag einzusetzen. Der Brief ist auf Seite 3 dieser Zeitung abgedruckt. Gedenkstunde auf dem Platz des 18. März am Mittwoch, dem 18. März 2015 um 15 Uhr Begrüßung: Dr. Christian Hanke, Bezirksbürgermeister Grußworte: Prof. Dr. E ´ tienne François, Frankreich-Zentrum Katrin Göring-Eckardt, MdB (angefragt) Dr. Gregor Gysi, MdB Prof. Dr. Norbert Lammert, Präsident des Deutschen Bundestages Dr. Andreas Köhler, Paul Singer Verein Kranzniederlegung auf dem Friedhof der Märzgefallenen am Mittwoch, dem 18. März 2015 um 17 Uhr Begrüßung: Jana Borkamp, Stadträtin Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg Grußworte: Ralf Wieland, Präsident des Abgeordnetenhauses von Berlin Uli Nissen, MdB Wolfgang Brauer, MdA Stefan Ewers, MdA Dr. Susanne Kitschun, MdA, Paul Singer Verein Die Boxhagener Stadtmusikanten spielen jeweils eine Viertelstunde vor Veranstaltungsbeginn unter Leitung von Dr. Wolf Bayer Moderation: Volker Schröder, ›Aktion 18. März‹ · Gemeinsames Singen unter der Leitung von Bettina Kurella mit dem hardChorELLA und Andrew Walde mit den vorwärts-Liederfreunden Mit Leidenschaft für Schwarz-Rot-Gold. Das Erste, was die Nazis nach 1933 abgeschafft haben, waren die Farben Schwarz-Rot-Gold. In der Weimarer Republik wurde Schwarz-Rot-Gold abfällig als Schwarz-Rot-Senfsoße diffamiert. Zu den Fußballweltmeisterschaften sah man Autos mit Schwarz-Rot-Gold herumfahren. Auch aus den Fenstern vieler Häuser hingen schwarz-rot-goldene Fahnen. Eventpatriotismus. Es wäre zu wünschen, dass – wenn denn der 18. März tatsächlich Nationaler Gedenktag wird – sich ganz Deutschland Schwarz-Rot-Gold schmückt. Und zwar aus Über- zeugung für den Geist der Märzrevolution und des Völkerfrühlings. Dieser Geist lautet ›Es kommt dazu trotzt alledem, dass rings der Mensch die Schwesterhand/Bruderhand dem Menschen reicht.‹ In Freiligraths Gedicht ›Trotz alledem‹ heißt es ›wir sind das Volk, die Menschheit wir.‹ Es geht um die Menschheit, nicht um nationalistische Ideologie. Am 18. März 1848 kapitulierte das Militär des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV. vor den Kämpfern für Freiheit und Demokratie. 306 Arbeiter und Bürger verlieren bei den Barrikadenkämpfen ihr Leben. 183 zivile Opfer werden am 22. März 1848 auf dem neu angelegten Friedhof im Friedrichshain beerdigt. Leider nur gefaked. Die ›Aktion 18. März‹ wird sich dafür einsetzen, dass an den Fahnenmasten, die auf dem Platz des 18. März stehen, Hinweisschilder angebracht werden. Die Schilder sollen in der glei- chen Art gestaltet sein wie die offiziellen Hinweis- schilder auf Sehenswürdigkeiten in Berlin: Weiße Schrift auf blauem Grund. Näheres auf Seite 2 rechts unten im Artikel ›Schild statt Elefant‹. Um die Märzrevolution auf der Straße bekannt zu machen, hat die ›Aktion 18. März‹ eine Plakataktion gestartet. ›Die Draußenwerber‹ wurden mit der Realisierung beauftragt. An über tausend Litfaß- säulen werden ab Anfang März Plakate im DIN A1- Format kleben. Unter www.maerzrevolution.de und www.friedhof-der-maerzgefallenen.de sind die Ter- mine der Veranstaltungen zum 18. März abrufbar. Für demokratische Tradition www.maerzrevolution.de www.friedhof-der-maerzgefallenen.de und revolutionären Geist Die Vertretung des Landes Baden-Württemberg lädt am 17. März, 19 Uhr zu einer Veranstaltung ein. Näheres Seite 3

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Heraus zum 18. März! Freiheit Gleichheit Brüderlichkeit

H E R A U S G E G E B E N V O N D E R A K T I O N 1 8. M Ä R Z

F Ü R D E M O K R A T I S C H E T R A D I T I O N U N D R E V O L U T I O N Ä R E N G E I S T

März 2015Jahrgang 18

›Tag der Märzrevolution‹ in greifbarer NäheInterfraktioneller Antrag zum Gedenktag auf gutem Weg

Auf dem Bundesparteitag der CDU im Dezember vergangenen Jahres wurde unter der Nummer C 57 der Beschluss ›Einführung eines Gedenk-tages am 18. März‹ an die CDU/CSU-Bundestagsfraktion überwiesen. In der vorigen Legislaturperiode waren sich die Fraktionen von SPD,Linke und Bü90/Grüne einig, einen interfraktionellen Antrag im Bundestag einzubringen. Die ›Aktion 18. März‹ bat im Januar mit einem Offe-nen Brief an alle Fraktionsvorsitzenden, sich für den nationalen Gedenktag einzusetzen. Der Brief ist auf Seite 3 dieser Zeitung abgedruckt.

Gedenkstunde auf dem Platz des 18. März am Mittwoch, dem 18. März 2015 um 15 Uhr

Begrüßung: Dr. Christian Hanke, Bezirksbürgermeister

Grußworte: Prof. Dr. Etienne François, Frankreich-Zentrum

Katrin Göring-Eckardt, MdB (angefragt)

Dr. Gregor Gysi, MdB

Prof. Dr. Norbert Lammert, Präsident des Deutschen Bundestages

Dr. Andreas Köhler, Paul Singer Verein

Kranzniederlegung auf dem Friedhof der Märzgefallenenam Mittwoch, dem 18. März 2015 um 17 Uhr

Begrüßung: Jana Borkamp, Stadträtin Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg

Grußworte: Ralf Wieland, Präsident des Abgeordnetenhauses von Berlin

Uli Nissen, MdB

Wolfgang Brauer, MdA

Stefan Ewers, MdA

Dr. Susanne Kitschun, MdA, Paul Singer Verein

Die Boxhagener Stadtmusikanten spielen jeweils eine Viertelstunde vor Veranstaltungsbeginn unter Leitung von Dr. Wolf BayerModeration: Volker Schröder, ›Aktion 18. März‹ · Gemeinsames Singen unter der Leitung von Bettina Kurella mit dem hardChorELLA und Andrew Walde mit den vorwärts-Liederfreunden

Mit Leidenschaft für Schwarz-Rot-Gold. Das Erste, was die Nazis nach 1933 abgeschafft haben, waren die FarbenSchwarz-Rot-Gold. In der Weimarer Republik wurde Schwarz-Rot-Gold abfällig als Schwarz-Rot-Senfsoße diffamiert.Zu den Fußballweltmeisterschaften sah man Autos mit Schwarz-Rot-Gold herumfahren. Auch aus den Fenstern vielerHäuser hingen schwarz-rot-goldene Fahnen. Eventpatriotismus. Es wäre zu wünschen, dass – wenn denn der 18. Märztatsächlich Nationaler Gedenktag wird – sich ganz Deutschland Schwarz-Rot-Gold schmückt. Und zwar aus Über-zeugung für den Geist der Märzrevolution und des Völkerfrühlings. Dieser Geist lautet ›Es kommt dazu trotzt alledem,dass rings der Mensch die Schwesterhand/Bruderhand dem Menschen reicht.‹ In Freiligraths Gedicht ›Trotz alledem‹heißt es ›wir sind das Volk, die Menschheit wir.‹ Es geht um die Menschheit, nicht um nationalistische Ideologie.

Am 18. März 1848 kapitulierte das Militär des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV. vor den Kämpfern für Freiheit und Demokratie.306 Arbeiter und Bürger verlieren bei den Barrikadenkämpfen ihr Leben. 183 zivile Opfer werden am 22. März 1848

auf dem neu angelegten Friedhof im Friedrichshain beerdigt.

Leider nur gefaked. Die ›Aktion 18. März‹ wird sichdafür einsetzen, dass an den Fahnenmasten, dieauf dem Platz des 18. März stehen, Hinweisschilderangebracht werden. Die Schilder sollen in der glei-chen Art gestaltet sein wie die offiziellen Hinweis-schilder auf Sehenswürdigkeiten in Berlin: WeißeSchrift auf blauem Grund. Näheres auf Seite 2rechts unten im Artikel ›Schild statt Elefant‹.

Um die Märzrevolution auf der Straße bekannt zumachen, hat die ›Aktion 18. März‹ eine Plakataktiongestartet. ›Die Draußenwerber‹ wurden mit derRealisierung beauftragt. An über tausend Litfaß-säulen werden ab Anfang März Plakate im DIN A1-Format kleben. Unter www.maerzrevolution.de undwww.friedhof-der-maerzgefallenen.de sind die Ter-mine der Veranstaltungen zum 18. März abrufbar.

Für demokratische Tradition

www.maerzrevolution.dewww.friedhof-der-maerzgefallenen.de

und revolutionären Geist

Die Vertretung des Landes Baden-Württemberg lädt

am 17. März, 19 Uhrzu einer Veranstaltung ein.

Näheres Seite 3

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Seite 2 Aufruf 2015 · Jahrgang 18

Seit 1978 hat die ›Aktion 18. März‹ für die unterschiedlichen Kampagnen undInitiativen weit über tausend Unterschriften gesammelt. Im Folgenden ist eineAuswahl der aktuellen UnterstützerInnen abgedruckt. Eine vollständige Namens-liste mit Berufsbezeichnung/Funktion steht unter www.maerzrevolution.de

Horst Ackermann · Peter Amsinck · Heidi Antal · Claudia Appel-Bollmann · Käthe undKlaus Baltruschat · Eckhardt Barthel · Rainer-Christoph Bartl · Prof. Dr. Gerhard BauerJürgen Bauer · Peter Baumann · Dr. Wolf Bayer · Akbar Behkalam · Manfred BehrensDr. Michael Benz · Almuth Berger · Berliner Geschichtswerkstatt e.V. · Jutta Bickel-Kanno · Jürgen Biele · Dr. Thomas Bigalke · Sema Binia · Heidi Bischoff-Pflanz · Prof.Johanna Bleker · Christoph Blöcher · Dr. Jan Blumenstock · Konrad Boljan · GeorgBollmann · Dirk Borchardt · Jana Borkamp · Barbara Bortfeld · Prof. Dr. Peter BrandtIngrid Bschor · Beate Buchwald · Andreas Bunckenburg · Dr. Andreas Butter · Man-fred Butzmann · Antje Chemnitz · Dr. Hartmut Collmann · Michael Cramer · em. Prof.Dr. Otto Dann · Hartmut Danneck · Änne Detels-Elling · Otto Diederichs · Prof. Dr.Peter Diederichs · Dr. Maria Diefenbach · Arno Eberhard · Jürgen Eckertz · UrsulaEckertz-Popp · Hans-Joachim Ehrig · Ginga Eichler · Günther Elbel · Ruth EllerbrockJoana Emetz · Dr. h.c. Hinrich Enderlein · Kaspar von Erffa · Johannes Fehse · EwaldFeige · Prof. Dr. Max-Reinhard Felde · Ulrich Feth · Gerhard Fidorra · Dr. Benno FischerMichael Fleischer · Freireligiöse Gemeinde Berlin · Dr. Dr. Else und Dr. Werner FrickeDr. Dorothea Führe · Jürgen Gadow · Dr. Margarete von Galen · Gegen Vergessen –Für Demokratie Berlin-Brandenburg · Martin Gertich · Wieland Giebel · Renate GieseJörg Goldbeck · Katrin Göring-Eckard · Klaus Gossow · Dr. Ina Götz · Bernd und Dr. Regine Grabowski · Ralph Gregorius · Dr. Helmut Großkreutz · Jutta GukelbergerIngrid Günther-Wetzel · Prof. Dr. Rüdiger Hachtmann · Hagen Haese · Dr. ChristophHamann · Dr. Christian Hanke · Tobias Harjes · Benedikt Härlin · Otto Fritz HaynerManfred Heckenauer · Ulrich Hecker · Volker Hegemann · Thomas Heilmann · Dr. Sieg-fried Heimann · Ralf Heinemann · Hannelore Heinze · Eduard Hemmerling · FrankHenkel · Bardo Henning · Dr. Ekkehard Henschke · Wolf-Rainer Hentschel · GerhardHeß · Dietmar Hexel · Dr. Gabriele Hiller · Klaus Hinrichsen · Cornelia und VolkerHobrack · Reinhard Hoffrichter · Dr. Eva Högl · Christine Holzkamp · Dr. Barbara Hö-vener · Michael Hugo · Prof. Dr. Heinz Hümmler · Renate Hupfeld · Wolfgang Immen-hausen · Lutz Jäger · Maria Jänicke · Michael Janßen · Dieter Jensen · Jörn JensenHans-Ulrich Jörges · Ulla Jung · Hans-Hinrich Jürjens · Ria Kaiser · Dr. ChristianKanno · Rita Kantemir-Thomä · Jürgen Karwelat · Ilse und Justus Kaufmann · UrsulaKeller · Dieter Kersten · Dr. Susanne Kitschun · Sigrid Kleinschmidt · Peter KlepperDr. Sibyll Klotz · Margot Knaul · Marianne Knop · Eugen Koch · Dr. Andreas KöhlerMartin König · Thomas Kopietz-Storm · Lucas Koppehl · Klaus Kordon · Hans Korf-mann · Dr. Eckbert Krappe · Eva Kretschmann · Uwe Krieger · Prof. Dr. Udo KristenDieter und Reni Krolikowski · Hans-Jürgen Kuhn · Dr. Ing. Arne und Sylvia KühnelRenate Künast · Karl Küpper · Dr. Helmut Küster · Dr. Johann Landsberg-BecherHans-Jürgen Lange · Dr. Kurt Laser · Enno Lenze · Dr. Beatrix Lindner · Hartmut Lind-ner · Prof. Dr. Jürgen Lodemann · Dr. Hanns Christian Löhr · Ingrid LottenburgerMichael Luhn · Reinhard Luschert · Günter Lütke · Martin Lutz · Reiner ManteiProf. Dr. András Masát · Edwin und Ursula Massalsky · Dr. Manfred MaurenbrecherArno Maximini · Prof. Dr. Wolfgang Michalka · Dorothea Minkels · Walter MomperNiklas Müller · Reinhard Müller · Johann Müller-Gazurek · Marc und Stefanie Müller-Neuhof · Prof. Dr. Urs Müller-Plantenberg · Burkhard Müller-Schoenau · EberhardMutscheller · Günter Neubert · Wulf Niepold · Dr. Joachim Niklas · Jochen NobléHeinz und Dr. Ursula Noß · Jan Martin Nürnberg · Werner Orlowsky · Dorota M. Pacia-relli · Dr. Henning Pahl · Petra Pau · Prof. Dr. Gerhard Paul · Gunter Paul · Prof. Her-mann Pfütze · Volker Plass · Ekkehard Pluns · Horst Porath · Rüdiger Portius · Dr. Su-sanne Quitmann · Prof. Hanns-Fred Rathenow · Dr. Erardo C. Rautenberg · KlausRebelsky · Dr. Annemarie und Dr. Peter Reeg · Heribert von Reiche · Volker ReichertDr. Monika Reimer-Veit · Cornelia Reinauer · Prof. Dr. Konrad Reinhart · Frieder Rei-ninghaus · Anke und Peter Reuther · Ines und Manfred Richter · Klaus-Peter RimpelDr. Franz-Georg Rips · Michael Roelen · Werner Ruch · Pit Rulff · Prof. Dr. ReinhardRürup · Alexander und Susanne Saade · Helga und Prof. Dr. Klaus Sartor · ArminSauer · Joachim Schade · Angelika Scheuffele · Ralf Schlagge · Siegfried SchmidtProf. Dr. Walter Schmidt · Prof. Dr. Paul-Otto Schmidt-Michel · Heide K. und WielandSchmiedel · Heike Schneider · Michael Schönefeld · Dr. Hilde Schramm · VolkerSchröder · Ines Schröder-Sprenger · Edith Schröter · Regine Schulz · Kordula Schulz-Asche · Dr. Peter Schulz-Hageleit · Prof. Dr. Ursula Schumm-Garling · Dieter SchüttGötz Schwarzrock · Dr. Hans-Dieter Seul · Lukas Siebenkotten · Ingeborg und JörgSimon · Siegbert Smolin · Dr. Hermann Otto Solms · Michael Sowa · Heinz SowinskiRita Specht · Alexander Spies · Heidi Spörndle · Prof. Klaus Staeck · Dieter SteinRosemarie Stein · Dipl.-Ing. Michael Steltzer · Barbara Stolterfoht · Dorothe StormJan Stöß · Hans-Christian Ströbele · Alice Ströver · Eva Stullich · Britta SutoriusJoachim Syska · Rainer Taube · Dr. Elisabeth Thalhofer · Alexandra Thein · Dr. Heinound Ursula Thiele · Ute Thiele · Wolfgang Thierse · Hanns Thomä · Dr. Hartmut TofauteStefan und Ulrike Trebesius · Jürgen Tribowski · Jan Vahlenkamp · Dr. Siegfried VeitHartmann Vetter · Prof. Dr. Bernhard Vogel · Dr. Hans-Jochen Vogel · Anke VoigtDr. phil. Dieter Volk · Sybille Volkholz · Wolfgang Vollmert · Jürgen WachsmuthCarola Wagemann · Martin Walser · Ingeborg Walter · Dr. Heinz Warnecke · PeterWawrzyniak · Reinhard Weidauer · Jules Weigel · · Reinhard Welteke · Lutz WendeDr. Kurt Wernicke · Prof. Martin Wiebel · Ralf Wieland · Wolfgang Wieland · Prof.Dr. Lothar Wilker · Sibylle Woermann · Elisabeth Wolf · Günther Wolff · Dr. PeterWordelmann · Stefan Zackenfels · Michael Zaske · Ulrike Zecher · Joachim ZellerDr. Jochen Zenthöfer · Dr. Elisabeth Ziemer · Günter Zint · Rainer Zunder

Die Bundeszentrale für politische Bildung(bpb) würdigt 18. März: In ihrem Heft ›Infoaktuell‹ von 2014 berichtet die bpb überden 18. März in der deutschen Demokra-tiegeschichte. Es werden in Bezug auf dieErinnerungskultur analysiert: der 18. März

1793 (Ausrufung der Mainzer Republik),der 18. März 1848 (revolutionärer Aufstandin Berlin) und der 18. März 1990 (erstefreie Volkskammerwahl).Auf Seite 23 ist das Gründungsplakat der›Aktion 18. März‹ abgedruckt und dort steht›Am 2. Januar 1979 erschien als Anzeigein der »Frankfurter Rundschau« ein Aufrufmit knapp 300 Unterschriften, den18. März zu einem gemeinsamen Feiertag

Ganz kurze Geschichte der ›Aktion 18. März‹

in den beiden deutschen Staaten zumachen. An die Spitze dieser Forderungstellten sich die Schriftstellerin IngeborgDrewitz und der Pfarrer und ehemaligeRegierende Bürgermeister von West-BerlinHeinrich Albertz. Ein Plakat, mit dem allepolitischen Gruppen angesprochen werdensollten, dokumentierte das Anliegen. In denFolgejahren fand die Initiative weitere An-hängerinnen und Anhänger, auch in politi-schen Parteien.Nachdem der 3. Oktober als Nationalfeier-tag eingeführt worden war, forderte die Ini-tiative, den 18.März als einen nationalenGedenktag zu würdigen, zumal an diesemDatum auch die erste freie Volkskammer-wahl stattgefunden hatte. Zum 150. Jah-restag der 1848er-Revolution erreichte dieInitiative die Kennzeichnung von 12 Barri-kadenstandorten in Berlin. Seither gibt esam 18. März alljährlich ein Gedenken amBrandenburger Tor und auf dem Friedhof derMärzgefallenen. Am 18. März 2000 wurdeder Platz westlich des BrandenburgerTores schließlich in »Platz des 18.März«umbenannt. Hinweise auf die MainzerRepublik gibt es dort bis heute nicht.‹

Die ›Aktion 18. März‹ bittet um Spenden auf das Konto 1228253 bei der Commerz-bank Berlin BLZ 100 400 00 Kontoinhaber Volker Schröder Kennwort ›18. März‹

IBAN DE21 1004 0000 0122 8253 00 BIC COBADEFFXXX

Dieses Plakat verdeutlicht auf anschau-liche Weise den überparteilichen Anspruchder ›Aktion 18. März‹. Von den Schwarzenbis zu den Roten sollen sich die Menschenfür demokratische Tradition und revolutio-nären Geist engagieren.

Zum hundertfünfzigsten Jahrestag der März-revolution 1998 wurde die Umbenennungdes ›Platz vor dem Brandenburger Tor‹ in›Platz des 18. März‹ beschlossen, aber erst2000 realisiert. Näheres bei Google.

Schon wenige Tage nach der Beisetzungder Toten vom 18./19. März 1848 hatte dieStadtversammlung Berlins beschlossen,für die Märzgefallenen ein Denkmal in derStadtmitte zu errichten. Unter dem Titel›Ein Elefant am Alexanderplatz‹ hat Chris-

toph Hamann im AUFRUF aus dem Jahre2002 darüber geschrieben. Die Vorschlägewaren teilweise recht merkwürdig, voneiner gepanzerten Germania am Branden-burger Tor über einen Elefanten bis zueiner schlichten Friedenssäule. Es wurden2.658 Taler und 26 Silbergroschen zurRealisierung des Denkmals gesammelt.Das Geld verschwand in der Staatskasse.Das Denkmal wurde nicht realisiert. DasAnbringen von Hinweisschildern an denFahnenmasten, die auf dem Platz des18. März stehen, wäre eine späte Realisie-rung der Idee. Ein entsprechender Antragwurde vom Senat mit der Begründung ab-gelehnt: ›Das gesamte Ensemble Branden-burger Tor einschließlich der dazugehö-rigen Fahnenmasten steht unter Denkmal-schutz und ein Anbringen von Gegenstän-den jeglicher Art ist grundsätzlich unter-sagt.‹ Grundsätzlich bedeutet juristischgesehen vom Grundsatz her in der Bedeu-tung von im Prinzip, in der Regel. Aus-nahmen sind möglich. Es ist also nicht dasletzte Wort gesprochen. Die Benennungdes Platzes vor dem Brandenburger inPlatz des 18. März gelang ja auch nichtauf Anhieb. Notfalls muss wieder eineKampagne unter dem Motto ›1848 Unter-schriften für ein Hinweisschild‹ gestartetwerden. Vielleicht hat aber Michael Müllerein Herz für die Märzgefallenen und dieSchilder werden per Dekret des Regieren-den Bürgermeisters realisiert.

Schild statt Elefant

Der 18. März ist in den Berliner Flaggenkalender aufgenommen worden.Schwarz-Rot-Gold waren die Farben der Märzrevo-lution 1848/49.

An jedem 18. März findet hier auf diesem Platz um 15 Uhr eine Gedenkstun-de statt und um 17 Uhr erfolgt eine Kranznieder-legung auf dem Friedhof der Märzgefallenen.

Impressum: Redaktion Dr. Christoph Hamann, Jürgen Karwelat, Dieter Krolikowski undVolker Schröder (V.i.S.P.) Heimstraße 22, 10965 Berlin · Gestaltung: Manfred ButzmannSatz/Lithos: typossatz · [email protected], www.maerzrevolution.de

Tradition ist nicht das Bewahren von Asche,sondern das Schüren der Flamme.

Jean Jaures, 1859 – 1914

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Herrn Volker Kauder (CDU/CSU)Herrn Thomas Oppermann (SPD)Herrn Gregor Gysi (Linke)Frau Katrin Göring-Eckardt (Bü90/Grüne)

Sehr geehrte Fraktionsvorsitzende,›Lassen Sie mich das als ehemalige Lehre-rin sagen: Mit Lob erreicht man mehrals mit Tadel. Und deshalb ist es wichtig,dass wir uns zur Stärkung der Demokratiean die positiven Daten in der deutschenGeschichte erinnern!‹, so Hanna-RenateLaurien am 18. März 2008 auf der Ge-denkstunde für die Märzgefallenen vor

dem Brandenburger Tor auf dem Platz des18. März.Peter Brandt, Winfried Kretschmann, Nor-bert Lammert, Hans-Jochen Vogel und die›Aktion 18. März‹ forderten den Bundes-präsidenten auf, den 18. März als Gedenk-tag zu verkünden. Dieser Bitte wollteJoachim Gauck nicht Folge leisten, aber erließ wissen, dass er sich einem einstim-migen Votum des Bundestages nicht ver-schließen würde.Nun kommt es darauf an, im Bundestag fürden 18. März zu werben. Wir bitten Sie,sich dafür einzusetzen, dass noch im März

diesen Jahres ein Antrag für den ›Tag derMärzrevolution‹ verabschiedet wird.Einen Antragsvorschlag haben wir hier bei-gefügt. Er steht auch auf unserer Home-page ⁄www.maerzrevolution.deIn der Hoffnung, dass es uns gelingt, denGeist des Völkerfrühlings und der März-revolution in die Herzen und Köpfe derMenschen zu tragen, verbleiben wir mitmärzlichen Grüßen im Januar.

Beate Buchwald, Volker Schröder

Anlage: Antragsvorschlag

Offener Brief an die Fraktionsvorsitzenden derim Deutschen Bundestag vertretenen Parteien

Bitte um Verabschiedung eines Antrags für den Gedenktag 18. März

Der Bundestag wolle beschließen:Der Deutsche Bundestag bekennt sichzur besonderen historischen Bedeutungdes 18. März 1848. – Der Deutsche Bun-destag appelliert an den Bundesprä-sidenten der Bundesrepublik Deutsch-land, den 18. März zum Nationalen Ge-denktag mit dem Titel ›Tag der März-revolution‹ zu erklären.Begründung:Gedenkkultur in Deutschland darf nicht nurex negativo betrieben werden. So wichtiges ist an die Naziverbrechen und das Un-rechtregime der DDR zu erinnern: es darfnicht vergessen werden, dass es auch inDeutschland eine Zeit gab, in der für Frei-heit und Demokratie gekämpft wurde.Der 18. März ist eines der bedeutend-sten Daten in der DemokratiegeschichteDeutschlands. Am 18. März 1848 kapitu-lierte das Militär des preußischen Königsvor den Kämpfern für Freiheit und Demo-kratie. König Friedrich Wilhelm IV. musste

seinen Hut vor den Toten ziehen, die inblumengeschmückten Särgen vor dasSchloss getragen wurden. Ohne die Kämp-fe am 18. März hätte es keinen 18. Mai ge-geben, der Tag an dem die Nationalver-sammlung in der Paulskirche zusammen-trat. Die Märzrevolution war Teil einer eu-ropaweiten Bewegung gegen Fürstenwill-kür und Absolutismus. Paris, Wien, Buda-pest, Mailand sind als Orte bekannt, derItaliener Garibaldi und der Pole Mieros-lawski stehen als Namen für den europäi-schen Charakter der Revolution. In denUSA sind die Fortyeighters hochangese-hen, allen voran Carl Schurz. – Die Epochevor und um 1848 ist als Völkerfrühlingbekannt. Der 18. März ist ein Symbol fürFreiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit.Das Datum 18. März 1848 steht stellver-tretend für den 27. Mai (Hambacher Fest1832), den 18. Mai (Frankfurter Pauls-kirche 1848), den 27. Dezember (Verab-schiedung der Grundrechte 1848) und die

vielen Ereignisse der Revolution in Baden1848/49. Der Revolutionsdichter FerdinandFreiligrath hat den Geist dieser Zeit zusam-mengefasst: ›Es kommt dazu trotz alle-dem, dass rings der Mensch die Bruder-hand dem Menschen reicht‹ und ›Wir sinddas Volk, die Menschheit wir‹. Mit demWunsch, den 18. März zum Gedenktag zuerklären, soll an diesen Geist angeknüpftwerden.Dass der 18. März 1990 der Tag der erstenfreien Wahlen zur Volkskammer der DDRwar, unterstreicht die historische Bedeu-tung dieses Datums als Gedenktag fürDemokratie und Freiheit.Ein Gedenktag verändert nicht die Welt,aber Symbole haben ihren Wert. Der18. März steht für Freiheit und Demokratie,Völkerfreundschaft und internationale Soli-darität.Helfen Sie mit, den Geist der Märzrevo-lution und des Völkerfrühlings in die Her-zen und Köpfe der Menschen zu tragen!

Anlage zum offenen Brief an die Fraktionsvorsitzenden vom Januar 2015

Am Vorabend der Gedenkstunde auf demPlatz des 18. März und der Kranznieder-legegung auf dem Friedhof der Märzge-fallenen fand in der LandesvertretungBaden Württemberg ein Abend mit Liedernund Vorträgen zur Revolution 1848/49statt. Rund 300 Gäste, geschmückt mitschwarz-rot-goldenen Kokarden, folgtender Einladung von Minister Peter Friedrich,mehr über die Ereignisse der Revolution1848/49 zu erfahren.Über ›Freudenschüsse ob des errungenenVolkssieges‹ und die Ereignisse in Berlinberichtete Frau Dr. Kitschun, und stelltegleichzeitig auch die Gedenkstätte Fried-hof der Märzgefallenen im Berliner Fried-

richshain vor. Das Badische Wiegenlied›Schlaf mein Kind schlaf leis, da draußengeht der Preuß‹ war der Aufhänger für denVortrag von Frau Dr. Thalhofer, die die Ge-schehnisse in der ehemaligen markgräf-lichen Residenzstadt und BundesfestungRastatt schilderte, und die dortige Erinne-rungsstätte für die Freiheitsbewegungen inder deutschen Geschichte präsentierte.So spannte sich der Bogen zwischen Ra-statt und Berlin, begleitet von Liedern ausder Revolutionszeit, die LiedermacherinJOANA eindrucksvoll zum Besten gab. Ge-meinsam sangen die Gäste zum Abschlussdes Abends das ›Bürgerlied‹.

Claus-Peter Clostermeyer

Die Revolution 1848/49 zwischen Berlin und RastattGestatten, tun wir was dazu – Abend mit Liedern und Vorträgen am 17. März 2014

Aufruf 2015 · Jahrgang 18 Seite 3

Es ist gute Tradition, dass zur Gedenkstunde auf ›unserem‹ Platz ein Grußwort aus demAusland erbeten wird. Im vorigen Jahr sprach Dr. Heidemarie Uhl von der ÖsterreichischenAkademie der Wissenschaften aus Wien, hier am Podium. Links auf dem Foto, halb abge-schnitten der Vorsitzende der Historischen Kommission der Berliner SPD, Dr. SiegfriedHeimann, rechts daneben Senator Thomas Heilmann, hinter ihm Günter Lütke, Erstunter-zeichner des Aufrufs von 1978/79, neben Frau Uhl Jürgen Karwelat, Vorstandsmitglied derBerliner Geschichtswerkstatt e.V., mit Schal der Historiker Dr. Christoph Hamann, er istwissenschaftlicher Berater der ›Aktion 18. März‹. Foto: Jörn Jensen

Ohne das gemeinsame Singen und die Darbietungen der Chöre wären die Veranstaltungder ›Aktion 18. März‹ nur halb so schön. Hier im Bild der hardChorELLA mit der Musik-lehrerin Bettina Kurella. Im Repertoire ist ›Mixed Germany‹, eine Kollage aus dem Deutsch-landlied von Hoffmann von Fallersleben, der DDR-Nationalhymne, der Kinderhymne vonBrecht, Ode an die Freude, u.a. Foto: Rainer Dümmler

Es ist inzwischen Tradition geworden, dass die Boxhagener Stadtmusikanten zum Auftaktder Gedenkstunde am Brandenburger Tor spielen. Die Leitung der Gruppe obliegt Dr. WolfBayer. Er ist am 18. März 1948 geboren und so quasi durch Geburt der Bürgerinitiativeverbunden. Zusammen mit Britta Sutorius und Rolf Blaga hat Wolf Bayer jahrelang denGesang auf den Veranstaltungen der ›Aktion 18. März‹ angeleitet. Unvergessen die musi-kalische Begleitung des Gedenkzuges am 18. März 1998. Foto: Jörn Jensen

Am Grundstein der DemokratieÜber 10.000 Menschen besuchten 2014 die Ausstellung ›Am Grundstein der Demo-kratie‹, davon rund 1.200 im Rahmen von workshops und Führungen.

Hinweis: Auf unserer Homepage www.maerzrevolution.de finden Sie unter ›Sonstiges‹den Märzfilm 2014 als Bilderbogen.

›Die Volkssouveränitätist hiermit feierlich

ausgesprochen!‹

Die Landesvertretung Baden-Württemberg in Berlin

lädt ein zu einer Veranstaltung

am 17. März 2015, 19 Uhr in der Tiergartenstraße 15

10785 Berlin.

Im Mittelpunkt der Veranstaltung mit Musik, Vortrag und Film

steht der Protagonist der Rottweiler Revolution von 1848,

der Unternehmer und Freiheitskämpfer

Gottlieb Rau.

Die Veranstaltung kann nur nach Anmeldung

besucht werden:[email protected]

Stichwort ›Internet-Revolution1848‹

Friedhof der MärzgefallenenErnst-Zinna-Weg/Landsberger Allee10249 BerlinInfos/FührungenTel. 030/21 47 27 23 (Mi–So 10–16 Uhr)Fax 030/293 47-94 31info@friedhof-der-maerzgefallenen.dewww.friedhof-der-maerzgefallenen.deVerkehrsverbindungTram M5, M6, M8 (von Alexanderplatz),Bus 240Haltestellen: Platz der Vereinten NationenVivantes Klinikum im Friedrichshain

Foto (L– R): Dr. Susanne Kitschun, MdA, Friedhof der Märzgefallenen, JOANA, Dr. ElisabethThalhofer, Erinnerungsstätte für die Freiheitsbewegungen in der Deutschen Geschichte,Dr. Claus-Peter Clostermeyer, Landesvertretung Foto: LV Baden Württemberg

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Am 18. Mai 1848 war in der Paulskirche dieDeutsche Nationalversammlung zusam-mengetreten mit dem Ziel, aus dem losendeutschen Staatenbund ein DeutschesReich zu gründen und ihm eine Verfassungzu geben. Die Reichsverfassung kam zwarim Frühjahr 1849 zustande, scheiterte aberan der Arroganz des preußischen KönigsFriedrich Wilhelm IV. (1840–1861), derkeine Kaiserkrone aus den Händen desVolkes annehmen wollte. Neben Preußenund Österreich lehnte auch Bayern die Ver-fassung ab, was die Auflösung der Natio-nalversammlung zur Folge hatte. Zuletztblieb nur noch ein Rumpfparlament von100 Abgeordneten, das nach Stuttgartausweichen musste. Dort wurde die Ver-sammlung am 18. Juni 1849 gewaltsamdurch das Militär aufgelöst.Angesichts dieser enttäuschenden Situa-tion kam es in der Pfalz, in Baden und inSachsen zu Erhebungen, zu denen dieAbgeordneten aufgerufen hatten, um dieneue Verfassung gewaltsam durchzuset-zen. Am 2. Mai 1849 wurde eine Versamm-lung nach Kaiserslautern einberufen, beider etwa 10.000 Pfälzer zusammenge-kommen waren. Die Versammlung be-schloss die Einsetzung eines Landesvertei-digungsausschusses, der mit den Frank-furter und Münchner Behörden verhandelnsollte. Durch die Entwicklung der Verhält-nisse war der Landesverteidigungsaus-schuss gezwungen, die Regierungsgewaltzu übernehmen. Der pfälzische Regie-rungspräsident Alwens, der von der Münch-ner Regierung keine Unterstützung erhielt,musste den Dingen ihren Lauf lassen undzog sich in die Festung Germersheim zu-rück, die von der revolutionären Bewegungnicht angegriffen wurde. Dagegen gingenin Landau große Teile der Garnison zur pro-visorischen Regierung über. Der Landes-verteidigungsausschuss stellte überall inder Pfalz bewaffnete Bürgerwehren undFreischaren auf. Studenten, Arbeiter undBauern bildeten den Grundstock der Volks-armee. Als es gelang, große Teile der in derPfalz stationierten Truppen zum Übertritt indie Volksarmee zu gewinnen, wurde derpolnische General Sznyda (Schneider) zumOberbefehlshaber bestellt.Auch mein Urgroßvater Michael Burckhartaus Minfeld – ein Dorf am Bienwald – derdamals 45 Jahre alt war, schloss sich denFreischaren an. Bereits im Mai 1832 hatteer im Alter von 29 Jahren am HambacherFest teilgenommen. Hier war bei ihm derGlauben an die Demokratie entfacht wor-den. Schon vor der Volksversammlung vonKaiserslautern hatte er mit den badischenFreischaren unter Friedrich Hecker (1811–1881) sympathisiert und mit gleichgesinn-ten Waffen gesammelt. Die bayerischenGendarmen, die in den Bienwalddörfernnach Waffenlagern suchten, konnte er ander Nase herumführen. Einmal, so erzähltemir meine Großmutter Magdalena Burck-hart geb. Steinhauer, waren die Gendar-men im Haus und sagten zu meinem Groß-vater Andreas Burckhart, der damals fünfJahre alt war: ›Wenn du uns sagst, wo deinVater Gewehre versteckt hat, bekommstdu von uns eine große Tüte Gutsel (Bon-bons) geschenkt.‹ Sie gingen mit ihm zumbenachbarten Krämer und kauften vorseinen Augen die Bonbons. In das Hauszurückgekehrt, führte der kleine Andreasdie Gendarmen durch das ganze Haus,aber es wurden keine Gewehre gefunden.Als die Gendarmen das Haus verlassenhatten, fragte seine Mutter Eva Elisabetha

Burckhart geb. Groß den kleinen Andreas:›Weißt du denn überhaupt, wo Gewehreversteckt sind?‹ Da führte Andreas seineMutter schnurstracks in die Räucherkam-mer, wo die Gewehre verwahrt waren.Selbst die große Tüte Bonbons konnte denkleinen Buben nicht dazu verleiten, seinen

Vater zu verraten. Diese Geschichte wurdenoch oft in unserer Familie erzählt.Mein Urgroßvater Michael Burckhart zogmit den Freischaren im Mai 1849 nachMaximiliansau zur Schiffsbrücke, die dortüber den Rhein führte. Hier errichteten sieBarrikaden zum Schutz der pfälzischenLandesgrenze. Auch in dem pfälzischenOrt Rheinschanze, dem heutigen Ludwigs-hafen, waren zum Schutz der MannheimerSchiffsbrücke von den Freischaren Barri-kaden errichtet worden. Inzwischen hatteGroßherzog Leopold von Baden (1830–1852), der am 14. Mai 1849 aus seinerResidenz in Karlsruhe in die Festung Ger-mersheim fliehen musste, weil Teile derKarlsruher Garnison zu den Revolutions-truppen Heckers übergetreten waren, diePreußen um Hilfe bei der Bekämpfungder Rebellion in Baden angerufen. PrinzWilhelm von Preußen, der spätere KaiserWilhelm I., marschierte auf dem Weg nachBaden am 12. Juni 1849 in die Pfalz ein,erklärte den Kriegszustand, und entsetztedie Festung Landau und Germersheim.Gefechte der pfälzischen Freischaren beiKirchheimbolanden und Rinnthal gingenverloren. Die Reste der pfälzischen Volks-armee flüchteten bei Knielingen über denRhein ins Badische und von dort in dieFestung Rastatt, deren Besatzung sich derRevolutionsarmee angeschlossen hatte.Ende Juli 1849 fiel auch die Festung Ra-statt, wo die badische Revolution ihrenAusgang genommen hatte.Vielen Teilnehmern am badisch-pfälzi-schen Aufstand gelang die Flucht aus derFestung Rastatt durch die Kanalisation.Mein Urgroßvater konnte auf diesem Wegnach Straßburg entkommen, wo er auffranzösischem Boden vorerst in Sicherheitwar. Den gleichen Weg aus der FestungRastatt nahmen auch Leute wie Carl

Schurz (1829–1906) und Friedrich Engels(1820–1895), die später zu geschichtlicherBerühmtheit gelangten. In Straßburg fandmein Urgroßvater Michael Burckhart Arbeitin seinem Beruf als Schuhmacher. Von Zeitzu Zeit traf er sich mit seiner Frau EvaElisabetha auf elsässischem Boden in

Schleithal am Südrand des Bienwaldesund lieferte ihr seinen Verdienst aus seinerArbeit als Schuhmacher ab, damit dieFamilie in Minfeld nicht notleiden musste.Inzwischen hatten die Standgerichte ihreArbeit aufgenommen. Eine Anzahl vonTodesurteilen ergingen meist gegen Flüch-tige. In der Pfalz wurde die Todesstrafe nuran dem zur Volksregierung übergetretenenArtillerie-Leutnant Graf Fugger aus derGarnison Landau vollstreckt. Die wenigeraktiv hervorgetretenen Revolutionsführerund die an der Verwaltung der proviso-rischen Regierung beteiligten Politiker er-hielten Freiheitsstrafen, die meist nacheiniger Zeit erlassen wurden. Die übrigenMitglieder der Bürgerwehren und Frei-scharen wurden amnestiert. So konnteauch mein Urgroßvater Michael Burckhartnach Aufhebung des Kriegszustandes imJahre 1850 wieder zu seiner Familie nachMinfeld zurückkehren. Max Wittmann

Bei diesen Noten und Worten aus dem Jahr1848 droht immer neu akute Schwermut.Dies ist Seite 23 (von 665 Seiten) der Ge-

walt- und Freiheitsoper REGINA in derHandschrift des Berliner Texters und Kom-ponisten Albert Lortzing, der 1851 in Berlinin jeder Weise verhungerte. Da singenstreikende Arbeiter 1848: ›beschloßen ißt:zu Ende sei die Knechtschaft und die Tür-annei! Wir werden (Seite 24:) Recht unsjetzt verschaffen, wenn nicht mit Worten,dann mit Waffen!‹ – Die Oper wird dauer-haft ignoriert, es gibt fatal fälschende CDs,

letzter Lortzing in der ›Komischen Oper‹war 1957. REGINA geht um Regina, Fabri-kantentochter, geliebt von zwei Arbeitern,

von einem ›Gemäßigten‹ (›Ich glaube kaumden schönen Traum‹) und von einemRadikalen, der die Fabrik brandschatzt undRegina entführt, ›die mich erschauen ließein irdisch Paradies‹. Aber im Finale: ›…der Freiheit großer Morgen‹. – (Näheres beiJürgen Lodemann: ›Lortzing‹ (2001). Oderüber www.Jürgen-Lodemann.de (›Fund-stücke‹ und ›Essays‹).

Jürgen Lodemann

ReginaOper von Albert Lortzing

Der pfälzische Aufstand 1849und die Beteiligung meines Urgroßvaters Michael Burckhart

als Angehöriger der pfälzischen Freischaren

Anfang Juni werden Abgeordnete der Na-tionalversammlung im ›Kastanienwald‹ vorder Singakademie bedroht, woraufhin imUmkreis des Parlaments ein Versamm-lungsverbot erlassen wird. In wütendemProtest fordern Demonstranten die allge-meine Volksbewaffnung. Eine schnell her-beigerufene Einheit der Bürgerwehr ver-sucht, die aufgeregte Menge mit gefälltemBajonett zurückzudrängen.Wie am 18. März auf dem Schlossplatzgerät die Situation durch mehrere Schüsseaußer Kontrolle. Das Resultat sind zweiTote und mehrere Verletzte. Wutentbranntsetzen noch in den Abendstunden des14. Juni Demonstranten zum Sturm aufdas Zeughaus an.Um weiteres Blutvergießen zu vermeiden,sind einige Verteidiger des Zeughausesbereit, mit den Aufständischen zu verhan-deln. Einer der Verhandlungsführer ist derVorsitzende der Turngemeinde 1848 e.V.Die Turngemeinde wurde in den Revolu-tionswirren bereits am 16. April des Re-volutionsjahres gegründet und GustavAdolf Techow wenig später zum erstenVereinsvorsitzenden gewählt. Über seinvielbewegtes Leben schreibt der Sport-historiker Gerd Steins:›Am 14. Juni 1848 versuchten bewaffneteHandwerker, Studenten und Berliner Ar-beiter das Zeughaus zu stürmen, um ihrerForderung nach Abzug des Militärs undBewaffnung des Volkes durchzusetzen. Beiden Verhandlungen zwischen der stürmen-den Volksmenge und dem Militär, das dieoberen Etagen des Zeughauses besetzthielt, war Techow einer der Wortführer derVerhandlungsdeputation der Volksmenge.Ergebnis der Verhandlungen war, dass derHauptmann v. Natzmer insbesondere aufRat Teschow’s den Rückzug der Militärein-heit befahl und das Zeughaus schließlichdem Volk überließ.‹Techow wurde zu Festungshaft in Magde-burg verurteilt, konnte wenig später ent-kommen und schloss sich der badisch-pfälzischen Revolutionsarmee an. Nachder Niederlage bei Rastatt flieht er über dieSchweiz nach England und wandert nachAustralien (Melbourne) aus. Dort gründeter einen Turnverein.

In seinen letzten Jahren war Techow vomWunsch beseelt, sein Vaterland zu besu-chen und seine letzten verbliebenen Ver-wandten, insbesondere seine geliebteSchwester, zu sehen. Er fuhr nach Europain die Schweiz, von wo er mit der deut-schen Regierung Verbindung aufnahm undum Erlaubnis bat, Berlin zu besuchen. Bis-marck erteilte ihm eine schroffe Absage.Am 25. Mai 1890 stirbt Gustav Techow imAlter von 75 Jahren in einem Vorort vonMelbourne. Am 27. Mai 1890 erscheint seinNachruf in ›The Argus‹ (Melbourne, Vic.).Wer mehr über Techow wissen will, demsei folgende Lektüre empfohlen:Erhard Kiehnbaum: Gustav Adolph Te-chow (1815–1890). Preußischer Offizier,Generalstabschef der Pfälzer Volkswehrvon 1849 und Pionier des australischenSports, erschienen in: Helmut Bleiber,Walter Schmidt, Susanne Schötz (Hrsg):Akteure eines Umbruchs. Männer undFrauen der Revolution von 1848/49, Bd. 2,FIDES Verlag, Berlin 2007, 938 S. undGerd Steins: Aus dem Leben des tatsäch-lichen 1. Vorsitzenden der Turngemeinde inBerlin 1848 e.V. Gustav Adolf Techow(1813–1893), erschienen in: 130 JahreTurngemeinde in Berlin 1848 e.V. DiesemText ist das obige Zitat wörtlich entnom-men. Dieter Krolikowski,

Mitglied der TiB 1848 e.V.

Der Zeughaussturmam 14. Juni 1848

Zum 200. Geburtstag des tatsächlichen 1. Vorsit-zenden der Turngemeinde in Berlin 1848 e.V.

Seite 4 Aufruf 2015 · Jahrgang 18

›beschloßen ißt: zu Ende sei die Knechtschaft und die Türannei!‹

Gustav-Adolf Techow wurde am 2. Februar1815 geboren. Abweichende Daten sind ver-mutlich auf fehlerhafte Angaben in späterenSteckbriefen zurückzuführen (s. Kiehnbaum).

Gefecht bei Kirchheimbolanden am 14. Juni 1849; mit der Fahne Mathilde Hitzfeld.Quelle: Wikipedia

Dieser Beitrag wurde uns von BrigitteForth für die Veröffentlichung überge-ben. Brigitte Forth ist die Tochter vonMax Wittmann (1914 –1993), ein Schul-politiker des Landes Rheinland-Pfalz.Auf sein Wirken ist die Gründung von32 Realschulen in seinem Bundeslandzurückzuführen. Er wird als ›Der Vaterder Pfälzischen Realschule‹ bezeichnet,eine Schule trägt sogar seinen Namen.Als Brigitte Forth noch Kind war, hat ihrVater bei den ›Gute-Nacht-Geschichten‹dieses ›Räuberpistölchen‹ zum Bestengegeben und Brigitte und ihre Ge-schwister horchten immer sehr ge-spannt hin.Im späten Alter baten sie ihren Vater,diese Geschehnisse aufzuschreiben, waser gern getan hat. Die Redaktion

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Mit diesem Text auf einem Flyer lud dasProjekt von Kirschendieb & Perlensuche,ein Kulturprojekt in Zusammenarbeit mitdem Friedrichshain-Kreuzberg Museumund dem Paul Singer Verein, am letztenAugust- und ersten Septemberwochen-ende zu einer szenische Entdeckungstourdurch den Volkspark Friedrichshain ein.Zwischen den Erläuterungen des Garten-

Die Fragen stellten Volker Schröder undJürgen Karwelat von der ›Aktion 18. März‹

Wie oft waren Sie schon auf dem Friedhofder Märzgefallenen?Das kann ich gar nicht zählen. Jedes Jahrmindestens ein Mal und zwischendurchsicherlich auch noch ein oder zwei Mal mitBesuchern.

War das auch vor dem Ende der DDR so?Ich wollte das immer, bin aber nie dazugekommen. Erst am 15. Januar 1990 warich da, nach der Kundgebung der SPD zuEhren von Rosa Luxemburg.

Nach der Wende in der DDR stellte sich dieFrage eines neuen Nationalfeiertages. Eswurde der 9. November vorgeschlagen undauch der 18. März wurde ins Gesprächgebracht. Bekanntermaßen ist es dannder 3. Oktober geworden. Hätten Sie sichgewünscht, dass der 18. März Feiertaggeworden wäre?Der 18. März war damals schon in derDiskussion. Aber Bundeskanzler Kohlwollte aus verschiedenen Gründen den3. Oktober. Das Datum war damals im Be-wusstsein auch näher bei den Menschenals der 18. März. Und deshalb bin auch fürden 3. Oktober eingetreten. Es ging ja umdie Herstellung der Einheit unseres Landes.Der 9. November kam aus verschiedenenGründen nicht in Frage. Mit dem Bewusst-sein von heute würde ich das andersentscheiden. Aber damals ist eben dieEntscheidung für den 3. Oktober gefallen.

Sehen Sie eine Chance, den 3. Oktober alsNationalfeiertag abzuschaffen und statt-dessen den 18. März zu etablieren?Nein. Das ist jetzt gelaufen. Man wechseltnicht alle Nase lang die Staatsfeiertagegenauso wenig wie die Fahne oder dieHymne. Der 3. Oktober ist jetzt National-feiertag. Der 18. März muss anders im Be-wusstsein der Bevölkerung verankert wer-den. Er muss ein lebendiges Anschauungs-modell für deutsche Demokratiegeschichtewerden. Die 48er-Bewegung steht für po-sitive Aspekte in unserer Geschichte. Deut-sche Geschichte ist nicht nur der furcht-bare Judenmord, sondern auch die Kämpfe

für die Freiheit, die zwar vordergründignicht erfolgreich waren, aber in der Lang-zeitwirkung ihre Bedeutung haben. DieZiele von 1848 sind über kurz oder langerreicht worden. Manches hat länger ge-dauert, manches kürzer.

Unter Ihrer Präsidentschaft hat das Berli-ner Abgeordnetenhaus über alle Parteien-grenzen hinweg einstimmig beschlossen,dass sich der Senat beim Bundesrat dafüreinsetzen soll, dass der 18. März nationa-ler Gedenktag wird. Die Angelegenheit istim Bundesrat vertagt worden. Wie sehenSie die Chance, dass der 18. März als Ge-denktag in die Kalender kommt?Als Gedenktag muss der 18. März unbe-dingt kommen. Der Bundestagspräsidentund andere haben sich dafür eingesetzt.Ich bin dafür, dass man in einem Jahr nichtnur den einen nationalen Feiertag hat, andem es arbeits- und schulfrei gibt, sonderndass es über der Jahr einen ganzenTeppich von Gedenktagen gibt. Und der18. März gehört dazu. Ob das jetzt derDeutsche Bundestag beschließt oder der

Bundespräsident es verkündet, beideswäre mir recht. Es sollte bald geschehen.

Wir haben in der Schule relativ wenig von1848 gehört. Wie war es bei Ihnen?Ich war in Bremen in der Schule und da ist1848 schon behandelt worden. Und auchmit gebührendem Platz. Auch die Nazizeitwurde behandelt.

Trotzdem haben wir den Eindruck, dassdieser Teil der deutschen Geschichte nichtausreichend genug beleuchtet ist. Wir fra-gen uns, warum das so ist. Viele Menschenkönnen mit dem Datum 18. März garnichts anfangen.Wir müssen eben konstatieren, dass imKaiserreich der 18. März keine Konjunkturhatte, in der Nazizeit natürlich nicht undnach 1945 auch nicht. Die 48er-Bewegungund die Revolution sind durch die Zeiten

nicht genügend beachtet worden, daswirkt sich bis heute aus.

Was ist von dieser Revolution in unsererheutigen Gesellschaft lebendig? FallenIhnen drei Dinge ein, von denen man sagenkann, das ist das, was die Leute damalsauf den Barrikaden erkämpft haben, washeute für uns noch gilt?Die bürgerlichen Grundrechte: Pressefrei-heit, Versammlungsfreiheit, Denkfreiheit.Dafür haben die Leute gekämpft. Heuteist das weitgehend Realität. Von daher wardie Bewegung hochwirksam. Man sieht esauch an der Oktoberverfassung von 1918.Und die Weimarer Reichsverfassung hatwesentliche Elemente der 48er-Revolutionaufgenommen.

Die ›Aktion 18. März‹ setzt sich für den Ge-denktag ein mit der Parole ›Für demokra-

tische Tradition und revolutionären Geist‹.Frankreich pflegt seine Revolution. Wirhaben das Gefühl, dass man in Deutsch-land vor ›Revolution‹ Angst hat. MeinenSie, dass es gelingen wird, den Tag als›Tag der Märzrevolution‹ zu verankern oderwird es abgeschwächt ›Tag der Demokra-tie‹ oder ähnlich heißen?1848 gab es eine Revolution. Und auch1989/90 war es in der DDR eine Revolu-tion. Wenn die oben was wollen, das Volkdas nicht mehr mitmacht und sich das Volkdann auch durchsetzt, dann ist das eineRevolution. Das lasse ich mir überhauptnicht ausreden. Die Revolution als eineVolksbewegung mit positivem Wert anzu-nehmen, das gelingt uns eigentlich heuteerst seit der Revolution in der DDR. Dasagen einige, das sei nur eine ›Wende‹ ge-wesen. Aber es war eine Revolution. Dahersollte man den Begriff auch verwenden.

Sie sind Vorsitzender des Komitees zurEntwicklung des Friedhofs der Märzgefal-lenen zur ›Nationalen Gedenkstätte‹.Gleichzeitig setzen Sie sich für den18. März als Gedenktag ein. Sehen Siedarin konkurrierende Ziele?Nein, Konkurrenz sehe ich bei diesenAktivitäten überhaupt nicht. Im Gegenteil.Beides gehört zusammen. Jeder Fortschrittzur Stärkung der Erinnerung an den18. März nutzt der Einführung des Gedenk-tags wie auch der Schaffung der nationa-len Gedenkstätte. Ich halte die Gedenk-stätte für wichtig, weil hier ein authenti-scher Ort ist. Hier sind die Opfer bestattetworden. Hier können wir uns an die Opfererinnern. Und das dient auch dem 18. Märzals nationalem Gedenktag.

Sehen wir Sie am 18. März 2015?(Walter Momper schaut in seinen Termin-kalender) Da habe ich einen Vortrag bei derVolkshochschule in Dorsten in Westfalen. Ichmuss mich also jetzt schon entschuldigen.

Dann haben wir eine Bitte: Sie müssen den18. März bei Ihrem Vortrag erwähnen.Das mache ich, hätte ich auch ohne IhrenHinweis gemacht.

Wir danken für das Gespräch.

Die Revolution beim Namen nennenInterview mit Walter Momper

architekten Gustav Meyer, den schwärme-rischen Reden des französischen Revolu-tionärs Louis-Auguste Blanqui, den militär-historischen Ausführungen Friedrich II.,den Beiträgen der Eva von der Defa unddem Vortrag einer Archäologin führte derverborgene Weg der Flaneure auch überden Friedhof der Märzgefallenen. Ein preu-ßischer Wachhabender mit Pickelhaube

kontrollierte akribisch die Taschen nachaufrührerischen Schriften und gefährlichenWaffen. Es gelang dennoch, mehrereExemplare des März-Aufrufs illegal einzu-schmuggeln und auf dem Friedhof in agi-tatorischer Absicht zu verteilen. Dank derRecherchen von Dr. Heinz Warnecke wares auch möglich, während einer Unacht-samkeit des wachhabenden Personals bei-

spielhaft für die anderen Märzgefallenenden Lebenslauf von Gustav von Lenskydarzustellen. Heinz Warnecke konnte ausgesundheitlichen leider nicht persönlichteilnehmen, die Rolle des Lensky über-nahm Dr. Andreas Köhler, Vorsitzender desPaul Singer Vereins.Es war ein ausgesprochen lehrreicher undkurzweiliger Nachmittag. Ein Dank dafür

an das Team vom Projekt von Kirschendieb& Perlensuche. Dieter Krolikowski

Weitere Bilder befinden sich im Archiv derWeb-Site: http://www.kirschendieb-per-lensucher.de.

Fotos: Dr. Andreas Köhler und Dieter Krolikowski

Ein Tag im März – Eine szenische Entdeckungstour im Volkspark Friedrichshain

Aufruf 2015 · Jahrgang 18 Seite 5

Wachtmeister bei der Taschenkontrolle Andreas Köhler als Gustav von Lensky Gustav Meyer erläutert die Parkanlage

1848: In Europa gärt es. Das Volk erhebt sich, fordert mehr Mitbestimmung und Frei-heiten. Soldaten marschieren auf. Auch in Berlin gibt es Unruhen, am 18. März werdenBarrikaden errichtet. Eine kleine Schar Landschaftsgärtner begutachtet während-dessen den fast fertiggestellten Volkspark im Osten der Stadt – und rutscht unerwartetins Zeitgeschehen.

Wir laden Sie herzlich ein!Einer fiktiven Handlung folgend begibt sich das Publikum der szenischen Ent-deckungstour ›Ein Tag im März‹ in einer spielerischen Mischung aus Theater undStadtspaziergang an spannende Orte im Volkspark Friedrichshain. Dabei werden dieTeilnehmer auf charmante Art in diese ungewöhnliche Entdeckungsreise eingebundenund erfahren Wissenswertes und Amüsantes über den Park und seine Geschichte. Hiertreffen Freiheitskämpfer auf Flaneure, Grillexperten auf Dauerläufer, Trümmerfrauenauf Bilderdiebe und Miethaie auf Märchengestalten.

Walter Momper am 18. März 2014 auf dem Friedhof der Märzgefallenen, porträtiert vonManfred Butzmann. Skizze aus Butzmanns Tagebuch 379

W. Momper in seinem Büro der MomperProjektentwicklungs GmbH

Foto: Jürgen Karwelat

Walter Momper (* 21. Februar 1945 inSulingen) war von 1989 bis 1991 der11. Regierende Bürgermeister von Ber-lin. Die Wende mit dem Fall der BerlinerMauer und die Deutsche Wiederver-einigung fielen in seine Amtszeit. Von2001 bis 2011 war er Präsident desAbgeordnetenhauses von Berlin.

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Sommer in Brandenburg. Mit dem Fahrradfahren wir von Trebbin, einer Kleinstadtsüdlich von Berlin, nach Beelitz. Etwa aufhalbem Wege kommen wir nach Blanken-see – einem hübschen märkischen Dorfam gleichnamigen See mit Bauernmu-seum, Dorfkirche und Fischräuchereien.Mitten im Ort lädt ein Tor ans Ufer desFlüsschens Nieplitz ein. Vorbei an Büstenrömischer Kaiser führt eine Brücke zueinem barocken Schlösschen. Hinter demSchloss betreten wir einen verwunschenenPark mit efeubewachsenen Bäumen,Skulpturen, Reliefs, Vasen und einemRundtempel. Doch wer ist der Schöpferdieses eigenartigen Gartenreichs? ImSchloss erhalten wir die Antwort: Es ist derSchriftsteller Hermann Sudermann – lang-jähriger Besitzer von Schloss und Park. Inseinem ehemaligen Arbeitszimmer erfah-ren wir mehr über ihn:Hermann Sudermann (1857–1928) wird inMatzicken im ostpreußischen Memellandgeboren. Nach dem Abitur in Tilsit nimmter das Studium der Philologie auf, zu-nächst in Königsberg, später in Berlin. Esfolgen erste schriftstellerische Versuche –wenn auch noch glücklose. Daneben ver-dingt sich Sudermann als Hauslehrer, spä-ter als Journalist. Dann kommt der Durch-bruch: Am 27. November 1889 erzittert dasLessing-Theater in Berlin unter halbstün-digem Applaus nach der Uraufführung desStückes ›Die Ehre‹. Weitere erfolgreicheTheaterstücke und Romane folgen. Binnen

kurzer Zeit wird Sudermann zum meistge-spielten Autor in Deutschland. Doch mitdem Erfolg kommen auch giftige Anfein-dungen. Vor allem der Kritiker Alfred Kerrverachtet Sudermanns Sozialkritik alskompromisslerisch und gefällig und ver-spottet ihn als ›Di…Di…Dichter‹. Gefeiertvom Publikum, aber zermürbt von derTheaterkritik, sucht Sudermann einenRückzugsort – und findet ihn in Blanken-see. 1902 erwirbt er das Schloss. DieLandschaft um Blankensee, die Nuthe-Nieplitz-Niederung, erinnert ihn an seineostpreußische Heimat.Ein Jahr später kommt der erste deutlicheMisserfolg des Dramatikers Sudermann –es ist der ›Sturmgeselle Sokrates‹. Worumgeht es bei diesem Stück?Ostpreußen, in den siebziger Jahren des19. Jahrhunderts. Im Hinterzimmer desGasthofs ›Deutscher Reichsadler‹ trifft sichregelmäßig der Rest eines demokratischenGeheimbundes, die ›Sturmgesellen‹. 1848waren ihre Mitglieder tatsächlich Kämpferfür die demokratische Sache gewesen undhatten mit Gefängnis und Berufsverbotdafür bezahlt. Doch jetzt sind die schwarz-rot-goldenen Fahnen im Hinterzimmerverblichen und der revolutionäre Geistbeschränkt sich auf revolutionäre Phrasenam Stammtisch. Tragischer Held ist derSturmgeselle Sokrates, alias ZahnarztHartmeyer. Im Herzen immer noch einüberzeugter Demokrat, weiß er seinerGesinnung nicht viel anders Ausdruck zuverleihen als durch die regelmäßige Ab-weisung konservativer Patienten. Da hatder Rabbi Markuse, alias SturmgeselleSpinoza, eine zündende Idee: Die Söhneder Sturmgesellen müssen in den Geheim-bund aufgenommen werden, um derdemokratischen Sache Zukunft zu geben.Die Söhne lassen dies widerwillig zu, aberohne innere Überzeugung. Sohn Fritz Hart-meyer träumte zwar früher davon, eben-falls ein Sturmgeselle sein zu dürfen. Dochjetzt geht er lieber zu den Versammlungender örtlichen Sozialisten. Sohn ReinholdHartmeyer ist heimlich Mitglied eines erz-konservativen Studentenkorps geworden.Und Siegfried Markuse, der Sohn desRabbis, hat schon zu viele antisemitischeKränkungen und Ausgrenzungen erlebt,

um sich noch in irgendeinem Verein wohlfühlen zu können.Schlimmer noch: Sohn Fritz, selbst Zahn-arzt, erklärt sich auf Bitten des örtlichenLandrates von Grabowski bereit, einenerkrankten prinzlichen Jagdhund zu kurie-ren. Sofort verlangt der Vater seinen Aus-schluss aus dem Sturmgesellenbundwegen ›liebedienerischer, hündischer‹Gesinnung. Doch die hierzu einberufeneVersammlung des Sturmgesellenbundesendet im Tumult und fast mit dessenSelbstauflösung.Damit nicht genug: Das Archiv des Sturm-gesellenbundes gerät in die Hände desLandrates – es enthält ein Todesurteilgegen diesen noch aus revolutionärer Zeit.Jetzt droht ernste Gefahr für die altgewor-denen Demokraten. Da kommt der Landratund überreicht – welch eine Wendung –dem Sturmgesellen Sokrates einen Ordenals Dank der Obrigkeit für die Heilung des

prinzlichen Jagdhundes durch den SohnFritz. Verächtlich setzt der Landrat hinzu:›Das ist meine Rache. Weniger kann mandoch nicht tun für Leute, die einen sognädig am Leben gelassen haben‹.Sudermann beschreibt sein Stück als Ko-mödie, doch im Kern ist es eine Tragödieüber Glanz und Elend alter Ideale und denfast schon verzweifelten Versuch, diesegegenüber einer übermächtigen Realitätzu behaupten.

Doch was bleibt? Ist der Ausklang desStückes nur negativ? Am Ende sagt SohnFritz versöhnlich zu seinem Vater: ›Es wirdnichts verloren gehen von eurer Arbeit‹.Tatsächlich werden 16 Jahre nach Er-scheinen des ›Sturmgesellen Sokrates‹ dieWeimarer Reichsverfassung an die Ideenvon 1848 anknüpfen – wie auch 1949das Bonner Grundgesetz. Und auch dasTheaterstück selbst wird 1986 (!) mitgroßem Erfolg von Thomas Langhoff amDeutschen Theater in Berlin wiederauf-geführt.Und so kann man das Stück auch als einenAppell von Sudermann lesen, an denIdealen von 1848 festzuhalten und dieseimmer aktuell in die gesellschaftlicheGegenwart hinein zu übersetzen.Doch was bedeutet dies konkret? In unse-rer kleinen Ausflugsgruppe in Blankenseeentspinnt sich eine lebhafte Diskussion:Einige verweisen darauf, dass sich inSudermanns Stück Sohn Fritz den ört-lichen Sozialisten angeschlossen habe.Dies sei sein Weg gewesen, die Werte von1848 in die Gegenwart zu übertragen.Andere betonen, dass 1848 für das dasAufblühen von politischen Vereinen allerArt, für Meinungsvielfalt und Toleranzstehe. Die Ideale von 1848 gehörten daher

allen Parteien, auch neuen, die sich demdemokratischen Wettbewerb stellten.Wieder andere verweisen auf die ost-europäische Herkunft von Sudermann: Inseinem Spätwerk – den ›Litauischen Ge-schichten‹ (1917) – setzte er seiner multi-kulturellen memelländischen Heimat einliterarisches Denkmal. Sudermann würdewahrscheinlich heute für Solidarität undEmpathie für die überzeugten Demokratenin Osteuropa werben, auch in der Ukraine,die sich für Freiheit und Einheit einsetzenund endgültig den Weg nach Europa ein-schlagen wollen.Wie auch immer – mit zahlreichen neuenIdeen und Eindrücken verlassen wirSchloss Blankensee, schwingen uns aufunsere Räder und fahren hinaus in derWeite der Nuthe-Nieplitz-Niederung. Ander Ähnlichkeit dieser Landschaft mitOstpreußen muss aber etwas dran sein:Gerade die Erzählungen, die in seiner Hei-mat spielen, hat Sudermann in Blankenseegeschrieben.

Weiterführende Informationen u.a.:Günther Bellmann, Märkische Dichterwege(Ullstein, 1995)www.sudermannstiftung.de

Martin Lutz

Blankensee und der Sturmgeselle SokratesEin Ausflugstipp nicht nur für Achtundvierziger

An Stammtischen wird im Wirtshaus Politikgemacht – oder zumindest besprochen.Die Experten sind diejenigen, die von denAuswirkungen der Politik betroffen sindund die deshalb meinen, es besser zuwissen und es im Zweifelsfall auch besserzu können als ›die da oben‹. Das ist keinneues Phänomen, auch 1848 war es schonso.Zumindest spricht Günther Erb – pensio-nierter Lehrer und passionierter Stadtfüh-rer, der sich intensiv mit der Geschichteder Wirtshäuser in Kirchheim unter Teckbei Stuttgart befasst hat – von einem›Verschwörungszentrum, in dem sich Un-zufriedene, Systemveränderer, Revoluzzerund Wutbürger aller Art fanden‹. Gemeintist mit diesem konspirativen Zentrum eineGastwirtschaft in Kirchheim. Deren Besit-zer, der Bierbrauer und ›Demokratenwirt‹Johannes Mutschler, hatte sich einenprominenten ›Namenspatron‹ ausgesucht:Robert Blum – Revolutionär, Politiker undeines der bekanntesten Mitglieder derFrankfurter Nationalversammlung von 1848.

Nicht nur in Baden, auch im damaligenKönigreich Württemberg fand die Revolu-tion zahlreiche Anhänger. In Kirchheimunter Teck gab es am 7. April 1848 eine

Volksversammlung, zu der 1.500 Personenkamen, mehr als ein Viertel aller Einwoh-ner. Die Politik war im Kirchheimer ›Gast-hof zum Robert Blum‹ also nicht nur das

beherrschende Thema, sondern geradezudas Programm für aufrechte Demokraten.Auch die Teilnehmer an einem Freischa-renzug trafen sich regelmäßig ›im Blum‹.94 Wehrmänner, bewaffnet und mit schar-fer Munition versehen, zogen von dort aus,um die Reichsverfassung zu verteidigen.Detailliert hat soeben Joachim Mohr in›Spiegel Geschichte‹ (Nr. 3/2014) über dasrevolutionäre Geschehen in der kleinenschwäbischen Oberamtsstadt berichtet.Nachdem Robert Blum allerdings am9. November 1848 in der Wiener Brigitte-nau in Vollstreckung eines fragwürdigenTodesurteils erschossen worden war undreaktionäre Kräfte die Oberhand behielten,war es mit den Demokratiebestrebungenin deutschen Landen ebenso vorbei wiemit dem Namen ›Robert Blum‹ für dieGaststätte in Kirchheim. Der findige Johan-nes Mutschler ließ sich davon allerdingsnicht unterkriegen, strich lediglich denVornamen und fügte dem Nachnamennoch ein ›e‹ an. Günther Erb stellt lapidarzum sichtbaren Zeichen des Namenswan-

dels fest: ›Ein harmloser Blumenstraußzierte jetzt den Ausleger der Schildwirt-schaft.‹ Trotzdem seien die Gäste weiterhin›zum Blum‹ gegangen und nicht ›zurBlume‹. Diese ›Blume‹ reiht sich ein ineinen wahren ›Blumenstrauß‹ im deut-schen Südwesten. Auffällig sind die zahl-reichen ›Blumen‹ am Oberrhein, nahe derGrenze zu Frankreich. Die exakte Über-lieferung des revolutionären Hintergrundesin Kirchheim unter Teck ist allerdings eineBesonderheit.Der scheinbar harmlose Name ›Blume‹ hatsich bis 1974 auch als Straßenname ge-halten. Dann wurde die geschichtsträch-tige ›Blumenstraße‹ in der Oberen Vorstadtvon Kirchheim unter Teck in ›Schwab-straße‹ umbenannt. Das Gasthaus selbstwurde im Zweiten Weltkrieg geschlossen.1983 schließlich musste das gesamteGebäude einem Neubau weichen. GüntherErb stellt folglich fest, dass nichts mehr andie Blume erinnert, ›die hier einst soprächtig geblüht hat‹.

Andreas Volz

Vom revolutionären ›Gasthof zum Robert Blum‹ zur harmlosen ›Blume‹

Seite 6 Aufruf 2015 · Jahrgang 18

Foto: Stadtarchiv Kirchheim unter Teck Bildarchiv Nr. 15612

Schloss Blankensee. Foto: Elke Lehmann

Hermann Sudermanns Arbeitszimmer. Foto: Elke Lehmann

Hermann Sudermann nach 1925.Foto: Nicola Perscheid, Quelle: Wikipedia

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Die Provinz Schlesien war inder Achtundvierziger Revo-lution ein Zentrum revolutio-närer Bestrebungen und eineBastion der Demokratie. Derpreußischen Reaktion galtdie wirtschaftlich aufstre-bende Region politisch zuRecht als unzuverlässig, als›das schlimmste aller preu-ßischen Lande‹, wie es Jo-seph Maria von Radowitz am20. April 1848 ausdrückte.Im März 1848 war es vorallem der Druck der revo-lutionären Massen in derschlesischen Hauptstadt, aufden der preußische König,von einer Breslauer Deputa-tion bedrängt, aus Angst, dasHeft in dieser Provinz ganzaus der Hand geben zu -müssen, reagieren und so-genannten Urwahlen und mit-hin der Bildung einer einiger-maßen demokratisch ge-wählten verfassunggeben-den Versammlung zustimmen musste. We-nige Tage danach brach Ende März/AnfangApril 1848 in zahlreichen schlesischenKreisen ein großer Aufstand von Bauernund Landarbeitern aus, der die Gutsherrenzur Zusage einer faktischen Abschaffung derverhassten Feudalverpflichtungen zwang.Zwar obsiegten die alten Machthaber dankMilitäreinsätzen. Doch blieb deren Angstund die Hoffnung wie der Druck der Land-bewohner auf das Parlament, das Landvon den feudalen Geißeln zu befreien.Während der Wahlen zu den Parlamentenin Berlin und Frankfurt am Main in denMaitagen 1848 hatte sich von der Metro-pole Breslau aus in der ganzen Provinz einemächtige demokratische Organisations-bewegung entfaltet, die sich stabilisierteund Einfluss auf das gesellschaftlicheLeben über die Provinz hinaus gewann.Keine Provinz schickte so viele demokrati-sche Angeordnete in die preußische ver-fassunggebende Versammlung wie Schle-sien. Nirgendwo gab es so viele miteinan-der vernetzte demokratische Vereine, diedie Parlamente unter Druck setzten, demo-kratische Veränderungen einzuleiten. Alsdie Rittergutsbesitzer im Sommer 1848dazu übergingen, ihre Zusagen von Märzwieder rückgängig zu machen, entstand inSchlesien die einzige, eine ganze Provinzumfassende demokratische Bauernorga-nisation in Deutschland, der schlesischeRustikalverein, dem sich rund 200.000 an-schlossen.Erfolglos blieb zwar der Widerstand derDemokraten in Breslau und anderen schle-sischen Städten, den konterrevolutionärenStaatsstreich von preußischer Krone undAdel im November 1848 zunichte zu ma-chen. Doch bezeugten letztlich scheiterndeVersuche, in der Provinz einen Aufstand zuorganisieren und so der Hauptstadt zu Hilfezu kommen, dass radikale Demokratenauch in Schlesien alles daran setzten, dasBlatt noch zu wenden.Als sich Ende April 1849 das Volk erhob,um gegen den Willen der Fürsten undKönige, zumal der preußischen Krone, derEnde März von der Frankfurter National-versammlung beschlossenen bürgerlichenReichsverfassung überall Gültigkeit zu ver-schaffen, stand die schlesische Hauptstadtnicht abseits. Ein Aufstand in der Haupt-stadt am 6. und 7. Mai 1849 markiert denHöhepunkt revolutionär-demokratischerAktivitäten in Schlesien.

Nachdem Friedrich Wilhelm IV. die ZweiteKammer am 27. April 1849 auseinander-gejagt hatte, weil sie mehrheitlich dieAnerkennung der Verfassung für Preußenbeschlossen hatte, organisierten die Bres-lauer Demokraten sofort eine der größtenVolksversammlungen der Stadt für dieReichsverfassung. Sie mobilisierten dieMassen, die bereits spontan aktiv gewor-den waren. Eine erneute Volksversamm-lung vom 6. Mai wurde zum Ausgangs-punkt der Erhebung. Entschiedene Demo-kraten, der Arbeiter Viktor Pelz, der ›Literat‹August Semrau und der radikale StudentRobert Schlehan erklärten, dass man aufdem Boden der Revolution stehe und nunzur Tat geschritten werden müsse. Tausen-de zogen danach in mehreren Zügen inverschiedene Stadtteile. Vor dem Rathauswurde die Republik gefordert. Ein Truppmarschierte unter der roten Fahne und mitdem Ruf nach Einführung der sozialenRepublik und wurde in Auseinander-setzungen mit dem Militär verwickelt.Erste Barrikaden wurden errichtet, aberbald wieder aufgegeben. Gegen Mitter-nacht war die Ruhe wiederhergestellt.Doch war dies nur die Ruhe vor demSturm. Der setzte am Nachmittag desfolgenden Tages, dem 7. Mai, ein. Aufstän-dische bauten an mehreren zentralenPunkten, an der Schmiedebrücke, in derOhlauer- und der Nikolaistraße, an derGrünen Baumbrücke, am ›blauen Hirsch‹und am ›Siehdichfür‹ erneut Barrikadenund bereiteten sich auf deren bewaffneteVerteidigung vor. Eine vom Bürgerwehr-chef, dem Arzt Heinrich Otto Engelmann,befohlene Gruppe unter der Leitung vonRobert Schlehan versuchte, trommelnddurch die Straßen ziehend, in der Vinzenz-kirche die Sturmglocken zu läuten und sodie gesamte Bürgerwehr zu alarmieren,was Militär jedoch verhindern konnte. In-zwischen hatte der Barrikadenkampf ein-gesetzt. Erbittert wurde den anstürmendenMilitärkolonnen mit Waffen aller Art Wider-stand geleistet. ›Aus den benachbartenHäusern fielen fort und fort Schüsse aufdas Militär und von den Dächern herabregnete es Steine und Flachwerke‹, heißtes in einem Augenzeugenbericht. ›Drei- bisviermal wird vergeblich Sturm gelaufen,endlich von den Jägern die Barrikade ge-nommen und von den Pionieren zerstört.Der Verlust an Toten und Verwundetenmuss hier bedeutend gewesen sein. … Bis

tief in die Nacht durchzogenstarke Militärabteilungen dieStadt und erst gegen 12 Uhrkonnte man die Ruhe alshergestellt betrachten.‹ DerAufstand erlag der Über-macht des Militärs.Von der Härte der Kämpfezeugen zwölf Opfer aufSeiten der Aufständischen,denen sechs tote Militäran-gehörige gegenüberstanden.Die Aufständischen hattensich zu mehr als 80 Prozentaus Gesellen, Tagelöhnern,selbst Lehrlingen, und auskleinen Handwerkern undGewerbetreibenden rekru-tiert. Die Konterrevolutionerklärte sie allesamt zuSozialdemokraten: ›Die auf-rührerische Partei bestandaus den sozialdemokrati-schen Arbeitern‹, hieß es imBericht des Oberpräsiden-ten. Das wohlhabende Bür-gertum war an der Erhebung

gänzlich unbeteiligt. Der Aufstand trugweitgehend spontanen Charakter. Ein lei-tendes Zentrum kam nicht zustande.Weder die Bürgerwehr noch die politischenFührungskräfte der Breslauer Demokratieleiteten den Aufstand. Letztere hatten sich– bis auf wenige Ausnahmen wie Schlehanund der gefallene Postsekretär FerdinandFreytag – am bewaffneten Kampf nicht be-teiligt. Die ›Häupter der Demokratie‹ hättensich auf der Straße nicht sehen lassen,konstatierte die obsiegende Konterrevolu-tion. Dafür konnte man sie zwar nicht vorden Kadi zerren; aber deren Reden undAppelle am Vorabend des 6. Mai hättenden Aufruhr letztendlich hervorgerufen.Dafür sollten sie büßen und die Demokra-tie ein für allemal unterdrückt werden.Führende Breslauer Demokraten traf dieAnklage, die ein Jahr später im so genann-ten Breslauer Maiprozess von 1850 gegenmehr als hundert Teilnehmer bzw. indirektBeteiligte an der Erhebung erhoben wurde.Auch dieser Mammutprozess bestätigtedie plebejisch-proletarische Trägerschaftdes Aufstands. Von den 40 Verurteiltenwaren 30 Gesellen, Arbeiter, Lehrlinge, derjüngste gerade 18 Jahre alt; nur siebenhatten intellektuelle Berufe, darunter diebeiden Demokraten, der GymnasiallehrerMoritz Elsner, der sich durch Flucht derStrafe entziehen konnte, und der JournalistSemrau, der drei Jahre auf der FestungGlatz absitzen musste. Beide wurden wegen›Erregung eines Aufruhrs aus grober Fahr-lässigkeit‹ verurteilt. Das härteste Urteil trafmit acht Jahren Zuchthaus den 19-jähri-gen Kellner Richard Kunst. Der zum Haupt-rädelsführer erklärte Schlehan musste inder Festungsstrafabteilung von Silberbergacht Jahre schwere Schanzarbeiten leisten.Brechen konnte die Justiz den revolutionä-ren Geist des Maiaufstands dennoch nicht.Auch nach der Niederlage der Revolutionlebte die schlesische Demokratie in Gestaltder ›Arbeiterverbrüderung‹ und der ›NeuenOder-Zeitung‹ bis in die Mitte der fünfzigerJahre fort. Und nicht wenige der 1850 inGefängnisse und auf Festungen Verbann-ten nahmen ein Jahrzehnt später, als sichin Deutschland das politische Leben wie-der entfaltete, den Widerstand gegen dasreaktionäre Regime in Preußen wieder auf.Stein, Elsner, Schlehan und Semrau mach-ten als Journalisten wieder wirkungsvolleliberale und demokratische Opposition.

Walter Schmidt

Die vorwärts-Liederfreunde und Dr. Susanne Kitschun am 9. November 2014 auf demFriedhof der Märzgefallenen im Volkspark Friedrichshain. Foto: Dieter Krolikowski

Schlesien in der Revolution 1848Ein regionales Zentrum der deutschen Achtundvierziger Demokratie

Aufruf 2015 · Jahrgang 18 Seite 7

Informationsmaterial für den blutleeren Tag der Deutschen Einheit. Wie in den vergange-nen Jahren verteilte der Agitproptrupp der ›Aktion 18. März‹ am 3. Oktober einen Sonder-druck des AUFRUF als Flugblatt. Bei schönem Spätsommerwetter wurde das Flugblattgerne genommen. Durch die Töchter von Nina und Roland Wehl war das Durchschnitts-alter des Agitproptrupps dieses Mal erfreulich niedrig. Von links nach rechts: Martha Wehl,Jürgen Tribowski, Dieter Krolikowski, Nina Wehl, Martin Lutz, Volker Schröder, GünterLütke, Roland Wehl, Dr. Andreas Köhler, Ida Wehl. Foto: ein freundlicher Passant

Neuruppiner Bilderbogen Nr. 1457 – Verteidigung der Barrikade amhohen Hause Nicolaistraße in Breslau am 7. Mai 1849; Quelle: DeutschesHistorisches Museum, Berlin/S. Ahlers; Inv.-Nr.: Gr 54/1348

Gläubigeridentifikation mit ZahlensymbolikNach der Einführung von SEPA musstenalle Gläubiger, die am Lastschrifteinzugs-verfahren teilnehmen, eine Gläubigeriden-tifikationsnummer beantragen. Die ›Aktion

18. März‹ bekam DE32ZZZ00001054656zugeteilt. ZZZ durfte jeweils auf Wunschdes Gläubigers ersetzt werden. Die Abtei-lung Revolutionsinkasso wählte die ›183‹.

RewelutschionUnter dem Motto ›»Bombaratischi! Boniba-ratschi! Rewelutschion!« und das Denkmaldes Roten Matrosen‹ gestalteten Schüle-rinnen und Schüler der Leibniz-Schule in

Berlin-Kreuzberg ein Happening auf demFriedhof der Märzgefallenen am Tag desoffenen Denkmals 2014. Ermöglicht wurdedie Aktion durch ›Denkmal an Berlin e.V.‹.

Der Kaiser hat abgedanktDer Paul Singer Verein e.V. lud am 9. No-vember letzten Jahres zur Erinnerung anden 9. November 1918 zu einer Gedenk-veranstaltung mit dem Titel ›Der Kaiser hatabgedankt‹ auf den Friedhof der Märzge-fallenen ein. Wegen der Erinnerung an den9. November 1989 geriet alles Erinnern anandere 9. November in den Hintergrund.

Dr. Susanne Kitschun moderierte undProf. Dr. Reihard Rürup hob die Bedeutungdes 9. November 1918 für die deutscheRevolutionsgeschichte hervor. Der PaulSinger-Verein e.V. hat die Dramaturgie der›Aktion 18. März‹ übernommen: Gemeinsa-mes Singen unter Anleitung der vorwärts-Liederfreunde belebte die Veranstaltung.

KränzeVon Jahr zu Jahr steigert sich die Anzahlder Kränze, die erst zum Brandenburger Torund dann zum Friedhof der Märzgefallenengebracht werden. Im vorigen Jahr kamen

24 Kränze, davon 6 aus Bundesländernund 3 von Bezirken und 6 von PolitischenParteien. In dem Märzfilm auf unsererHomepage sind alle Kränze dokumentiert.

Körbel & Letztreten auf

Mittwoch, 18. 3. 2014, 20:00 UhrBAIZ

Schönhauser Allee 26a/Ecke Wörther Straße

Donnerstag, 26. 3. 2014, 19:00 UhrKulturküche Bohnsdorf

Dahmestraße 33, 12526 Berlin

Unbedingt ansehen!

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Trotz alledem! Variiert, Juni 1848, gekürzt

Das war ’ne heiße Märzenzeit,Trotz Regen, Schnee und alledem!Nun aber, da es Blüten schneit,Nun ist es kalt, trotz alledem!Trotz alledem und alledem –Trotz Wien, Berlin und alledem –Ein schnöder scharfer WinterwindDurchfröstelt uns trotz alledem!

Das ist der Wind der ReaktionMit Mehltau, Reif und alledem!Das ist die Bourgeoisie am Thron –Der annoch steht, trotz alledem!Trotz alledem und alledem,Trotz Blutschuld, Trug und alledem –Er steht noch und er hudelt unsWie früher fast, trotz alledem!

Die Waffen, die der Sieg uns gab,Der Sieg des Rechts trotz alledem,Die nimmt man sacht uns wieder ab,Samt Kraut und Lot und alledem!Trotz alledem und alledem,Trotz Parlament und alledem –Wir werden unsre Büchsen los,Soldatenwild trotz alledem!

Nur, was zerfällt, vertretet ihr!Seid Kasten nur, trotz alledem!Wir sind das Volk, die Menschheit wir!Sind ewig drum, trotz alledem!Trotz alledem und alledem:So kommt denn an, trotz alledem!Ihr hemmt uns, doch ihr zwingt uns

nicht –Unser die Welt trotz alledem!

Das BürgerliedOb wir rote, gelbe Kragen,Helme oder Hüte tragen,Stiefel tragen oder Schuh;oder ob wir Röcke nähenund zu Schuhen Drähte drehen,das tut, das tut nichts dazu.

Ob wir können präsidieren,oder müssen Akten schmierenohne Rast und ohne Ruh:ob wir just Collegia lesen,oder aber binden Besen,das tut, das tut nichts dazu.

Ob wir stolz zu Rosse reitenoder ob zu Fuß wir schreiten,immer unserem Ziele zu;ob uns Kreuze vorne schmückenoder Kreuze hinten drücken,das tut, das tut nichts dazu.

Aber ob wir Neues bauen,oder Altes nur verdauen,wie das Gras verdaut die Kuh:ob wir in der Welt was schaffen,oder nur die Welt begaffen,das tut, das tut was dazu.

Ob im Kopfe etwas GrützeUnd im Herzen Licht und Hitze,Dass es brennt in einem Nu,Oder ob wir hinter MauernStets im Dunkeln träge kauern,Das tut, das tut was dazu!

Ob wir rüstig und geschäftig,wo es gilt zu wirken kräftig,immer tapfer greifen zu:oder ob wir schläfrig denken:›Gott wird’s schon im Schlafe schenken‹,das tut, das tut was dazu.

Drum, ihr Bürger, drum, ihr Brüder,alle eines Bundes Glieder:Was auch jeder von Uns tu!|: Alle die dies Lied gesungenso die Alten, wie die Jungen,tun wir, tun wir was dazu! :|

KinderhymneText: Bertolt Brecht, 1949Melodie: Hanns Eisler, 1949

Anmut sparet nicht noch MüheLeidenschaft nicht noch VerstandDaß ein gutes Deutschland blüheWie ein andres gutes Land.

Daß die Völker nicht erbleichenWie vor einer RäuberinSondern ihre Hände reichen|: Uns wie andern Völkern hin. :|

Und nicht über und nicht unterAndern Völkern wolln wir seinVon der See bis zu den AlpenVon der Oder bis zum Rhein.

Und weil wir dies Land verbessernLieben und beschirmen wir’s.Und das liebste mag’s uns scheinen|: So wie andern Völkern ihrs. :|

Die Gedanken sind frei!Die Gedanken sind frei!Wer kann sie erraten?Sie fliegen vorbeiwie nächtliche Schatten.Kein Mensch kann sie wissen,kein Jäger erschießenmit Pulver und Blei:die Gedanken sind frei!

Ich denke, was ich will,und was mich beglücket,doch alles in der Still’und wie es sich schicket.Mein Wunsch und Begehrenkann niemand verwehren,es bleibet dabei:die Gedanken sind frei!

Und sperrt man mich einim finsteren Kerker,das alles sind reinvergebliche Werke;denn meine Gedankenzerreißen die Schrankenund Mauern entzwei:die Gedanken sind frei!

Drum will ich auf immerden Sorgen entsagenund will mich auch nimmermit Grillen mehr plagen.Man kann ja im Herzenstets lachen und scherzenund denken dabei:die Gedanken sind frei!

|: Zogen einst fünf wilde Schwäne,Schwäne leuchtend weiß und schön :|›Sing, sing, was geschah?‹Keiner ward mehr gesehn.›Ja, sing, sing, was geschah?‹Keiner ward mehr gesehn.

|: Wuchsen einst fünf junge BirkenGrün und frisch am Bachesrand. :|›Sing, sing, was geschah?‹ –Keine in Blüten stand. –›Ja, sing, sing, was geschah?‹Keine in Blüten stand

|: Zogen einst fünf junge BurschenStolz und kühn zum Kampf hinaus. :|›Sing, sing, was geschah?‹ –Keiner kehrt mehr nach Haus. –›Ja, sing, sing, was geschah?‹Keiner kehrt mehr nach Haus.

|: Wuchsen einst fünf junge MädchenSchlank und schön am Memelstrand. :|›Sing, sing, was geschah?‹ –Keines den Brautkranz wand. –›Ja, sing, sing, was geschah?‹Keines den Brautkranz wand.

Zogen einst fünf wilde Schwäne

König von PreußenCa. 1800

O König von PreußenDu großer Potentat,wie sind wir deines Dienstesso überdrüssig satt!Was fangen wir nur an,in diesem Jammertal,allwo ist nichts zu finden,als lauter Not und Qual?

Ihr Herren, nehmt´s nicht Wunder,wenn einer desertiert,wir werden wie die Hundemit Schlägen maltraitiert.Und bringen sie uns wiedersie henken uns nicht auf,das Kriegsrecht wird gesprochen:Der Kerl muss Gassen lauf!

Und werden wir dann alt,wo wenden wir uns hin?Die Gesundheit ist verloren,die Kräfte sind dahin!|: Und endlich wird es heißen:Ein Vogel und kein Nest!Geh´ Alter, nimm den Bettelsack,bist auch Soldat gewest! :|

Die freie RepublikIn dem Kerker saßenzu Frankfurt an dem Mainschon seit vielen Jahrensechs Studenten ein,|: die für die Freiheit fochtenund für das Bürgerglückund für die Menschenrechteder freien Republik. :|

Und der Kerkermeistersprach es täglich aus.Sie Herr Bürgermeister,es reißt mir keiner aus.|: Und doch sind sie verschwunden,abends aus dem Turm,um die zwölfte Stundebei dem großen Sturm. :|

Und am andern Morgenhört man den Alarm.O, es war entsetzlichder Soldatenschwarm.|: Sie suchten auf und nieder,sie suchten hin und her.Sie suchten sechs Studentenund fanden sie nicht mehr. :|

Doch sie kamen wiedermit Schwertern in der Hand.Auf ihr deutschen Brüder,jetzt geht’s fürs Vaterland,|: jetzt geht’s für Menschenrechteund für das Bürgerglück.Wir sind doch keine Knechteder freien Republik. :|

Wenn euch die Leute fragen:Wo ist Absalom?so dürft ihr ihnen sagen,ja, der hängt schon.|: Er hängt an keinem Baume,und hängt an keinem Strick,sondern an dem Glaubender freien Republik. :|