Anästhesie bei Erwachsenen mit Adipositas · morgendliche Kopfschmerzen und Depression....

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Die Prävalenz der Adipositas hat in den letzten 10 Jahren weltweit erheblich zuge- nommen deshalb wird die perioperative Versorgung auch extrem adipöser Patien- ten immer häufiger notwendig werden. Dies schließt medizinische, technische und organisatorische Aspekte ein. Dieser Beitrag fasst neue Erkenntnisse und Empfeh- lungen zur Anästhesie bei Adipositas zusammen. Einleitung Definition und Einteilung der Adipositas Nach WHO-Definition ist Adipositas als ein Übermaß an Körperfett definiert, das zu unerwünschten Folgen für Gesundheit und Wohlbefinden führt [1]. Beim androiden Typus, dem bei Männern häufigeren Typ der Adipositas, überwiegt eine zentrale (stammbezoge- ne) Fettverteilung (auch als Apfel-Typ oder Falstaff-Typ nach Shakespeares John Falstaff bezeichnet). Die Aus- prägung des androiden Typs kann quantifiziert werden durch das Verhältnis von Taillenumfang zur Körpergröße (waist to height ratio, WTHR, pathologisch ab 0,55) oder den absoluten Taillenumfang (waist circumference, WC, pathologisch ab 102 cm bei Männern und 88 cm bei Frauen). Der gynoide, bei Frauen häufigere Typ ist durch eine peri- phere (gliedmaßenbezogene) Fettverteilung gekenn- zeichnet (auch als Birnen-Typ oder Rubens-Typ bezeich- net). Anästhesie bei Erwachsenen mit Adipositas Axel Fudickar, Berthold Bein Quelle: KH Krauskopf CME-Fortbildung | Topthema 242 Fudickar A, Bein B. Anästhesie bei Erwachsenen Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2019; 54: 242254 Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages.

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Die Prävalenz der Adipositas hat in den letzten 10 Jahren weltweit erheblich zuge-nommen – deshalb wird die perioperative Versorgung auch extrem adipöser Patien-ten immer häufiger notwendig werden. Dies schließt medizinische, technische undorganisatorische Aspekte ein. Dieser Beitrag fasst neue Erkenntnisse und Empfeh-lungen zur Anästhesie bei Adipositas zusammen.

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Einleitung

Definition und Einteilung der Adipositas

Nach WHO-Definition ist Adipositas als ein Übermaß anKörperfett definiert, das zu unerwünschten Folgen fürGesundheit und Wohlbefinden führt [1].

Beim androiden Typus, dem bei Männern häufigeren Typder Adipositas, überwiegt eine zentrale (stammbezoge-ne) Fettverteilung (auch als Apfel-Typ oder Falstaff-Typ –nach Shakespeares John Falstaff – bezeichnet). Die Aus-

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prägung des androiden Typs kann quantifiziert werdendurch▪ das Verhältnis von Taillenumfang zur Körpergröße

(waist to height ratio, WTHR, pathologisch ab 0,55)oder

▪ den absoluten Taillenumfang (waist circumference,WC, pathologisch ab 102 cm bei Männern und 88 cmbei Frauen).

Der gynoide, bei Frauen häufigere Typ ist durch eine peri-phere (gliedmaßenbezogene) Fettverteilung gekenn-zeichnet (auch als Birnen-Typ oder Rubens-Typ bezeich-net).

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▶ Tab. 1 Folge- und Begleiterkrankungen der Adipositas.

Organsystem anästhesierelevante Begleiterkrankungen

Atemwege ▪ schwieriger Atemweg▪ Schlafapnoe-Syndrom

Beatmung/Atmung ▪ restriktive und obstruktive Atemstörung▪ Obesitas-Hypoventilation

Herz ▪ koronare Herzkrankheit▪ Herzrhythmusstörungen▪ Kardiomyopathie

Kreislauf ▪ arterielle Hypertonie

Gehirn und Nerven-system

▪ psychiatrische Erkrankungen▪ zerebrale Ischämie

Bewegungsapparat ▪ Arthrose▪ Arthritis▪ funktionelle Beschwerden

Gerinnung ▪ Thromboseneigung▪ Vitamin-K-Mangel

Immunsystem ▪ chronische Entzündungsreaktion

Gastrointestinaltrakt ▪ gastroösophagealer Reflux▪ relative Mangelernährung

Leber und Gallewege ▪ nicht alkoholbedingte Fettleber▪ Cholezystolithiasis

Stoffwechsel ▪ Hyperlipidämie▪ Diabetes mellitus

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Quantifizierung

Der Body-Mass-Index (BMI) ist das bekannteste Maß zurQuantifizierung von Übergewicht und Adipositas:

Body-Mass-Index ðBMIÞ ¼ Gewicht ½kg�ðGröße ½m�Þ2

Übergewicht liegt nach Definition der WHO ab einem BMIvon 25 kg/m2 vor. Adipositas Grad I ist als ein Überge-wicht mit einem BMI von mehr als 30 kg/m2 definiert.Adipositas Grad II und III werden durch einen BMI vonüber 35 kg/m2 und über 40 kg/m2 abgegrenzt.

CaveDer BMI kann bei muskulösen Menschen falsch posi-tive Werte für Adipositas ergeben.

Prävalenz

Die Prävalenz der Adipositas beträgt in Deutschland 23%für Frauen und 24% für Männer. 67% der Männer und53% der Frauen sind übergewichtig. Im weltweiten Ver-gleich scheint sich die Zunahme des durchschnittlichenKörpergewichts in westlichen Ländern und asiatischenLändern mit hohem Einkommen eher zu verlangsamen.Dahingegen steigt sie in südostasiatischen Ländern undanderen Schwellenländern eher an.

▪ metabolisches Syndrom▪ Hyperurikämie

FALLBEISPIEL

Schlafapnoe-Syndrom

Eine 37-jährige adipöse Patientin (Gewicht 193 kg, Größe 173 cm,

Nikotinkonsum ca. 20 Zigaretten proTag, regelmäßiger Alkoholkon-

sum) wird im Nachtdienst mit Gallenkolik zur laparoskopischen Gal-

lenblasenresektion angemeldet. Wegen Schlafstörungen nimmt die

Patientin regelmäßig Zolpidemund Lorazepam (Tavor®). Der Partner

der Patientin berichtet über Schnarchen und gelegentliche Atem-

pausen. Nach der Ileuseinleitungmit Propofol, Rocuronium und ent w

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ÄtiologieDie Ursache für Übergewicht und Adipositas ist ein Miss-verhältnis zwischen Energiezufuhr und Energieverbrauch.Meistens führt Bewegungsmangel in Kombination mitenergiereicher Ernährung dazu, dass nicht verbrauchteEnergie als Fett gespeichert wird. Deutlich seltenere Ur-sachen des Übergewichts sind Stoffwechselerkrankun-gen.

MerkeDas Risiko einer Entwicklung von Adipositas ist schonim Kindesalter von einer Reihe adipositasrelevantergenetischer und psychosozialer Einflussfaktoren –z. B. ökonomischer Status und Ernährungsbewusst-sein – abhängig [2].

Sufentanil und Fortsetzung der Narkose mit Sevofluran wird die

Beatmung aufgrund eines Bronchospasmus schwierig. Durch Ver-

tiefung der Sevofluran-Narkose kann das Problem behoben werden.

Beim Versuch, ein Kapnoperitoneum aufzubauen, treten jedoch

nicht akzeptable Beatmungsprobleme auf und die Operation muss

offen durchgeführt werden. Wegen des Verdachts auf ein Schlaf-

apnoe-Syndrom und der intraoperativen Beatmungsprobleme wird

beschlossen, die Patientin über Nacht im Aufwachraum zu überwa-

chen. Die Patientin lehnt dies jedoch ab und wird zunehmend ag-

gressiv und handgreiflich gegenüber dem Pflegepersonal. Ein Psy-

chiater diagnostiziert schließlich ein Borderline-Syndrom vor dem

Hintergrund wiederholten sexuellen Missbrauchs in der Kindheit mit

nachfolgender Essstörung und Panikattacken.

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Folge- und Begleiterkrankungen▶ Tab. 1 zeigt die anästhesierelevanten Folge- und Be-gleiterkrankungen der Adipositas, auf die nachfolgenddetailliert eingegangen wird.

Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom

Das Schlafapnoe-Syndrom (obstruktives Schlafapnoe-Syndrom, OSAS) wird diagnostiziert, wenn mehr als 5 Ap-noe- oder Hypopnoe-Phasen pro Stunde Schlaf in Kombi-nation mit Tagesmüdigkeit auftreten. Diese Apnoe-Pha-sen führen zu passagerem Sauerstoffmangel und zu Ta-gesmüdigkeit. Ein OSAS hat eine erhöhte Inzidenz von re-spiratorischen und kardiovaskulären intra- und postope-

Fudickar A, Bein B. Anästhesie bei Erwachsenen… Anästhesiol Intensivmed Notfallmed S

rativen Komplikationen zur Folge (s. „Fallbeispiel – Schlaf-apnoe-Syndrom“).

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Bei OSAS mit Adipositas ist im Allgemeinen eine raumfor-dernde Zunahme des Fettgewebes bei normaler Anato-mie der Atemwege für die Obstruktion verantwortlich.Bei ausgeprägtem OSAS werden die Atemwege beiWachheit nur durch den Muskeltonus der Pharynxmusku-latur offen gehalten. Im Tiefschlaf und in Narkose er-schlafft die Pharynxmuskulatur, und obstruktive Apnoentreten auf. Apnoen ziehen Hypoxämie und Hyperkapnienach sich, bis der dadurch generierte Weckreiz zur Resta-bilisierung der Atemwege führt. Viele Patienten mit Adi-positas entwickeln ein chronisches Hypoventilationssyn-drom mit chronisch erhöhtem pCO2, Hypoxämie undschlafbezogener Atemstörung (in 90% der Fälle ein OSAS)[3].

CaveDie Inzidenz eines OSAS beträgt mit steigendem BMIbis zu 80% aller präoperativen Patienten mit Adiposi-tas.

INFO

Kombination von OSAS und COPD

Die Kombination von chronisch obstruktiver Atem-

wegserkrankung (COPD) mit einem OSAS ist häufig

verbunden mit Hypoxien bei Nacht, Hyperkapnie bei

Tag und pulmonaler Hypertonie. Patienten mit die-

sem „Overlap Syndrome“ sind besonders durch peri-

operative respiratorische Komplikationen gefährdet

[1].

Lungenfunktionsstörungen

Die Speicherung von Fett im Abdomen führt zu hohemintraabdominellem Druck, gegen den die Zwerchfellmus-kulatur bei der Inspiration arbeiten muss. Fettgewebeüber der Thoraxwand bedeutet darüber hinaus zusätz-liche Atemarbeit für die thorakale Atemmuskulatur. Fett-einlagerung im Lungengewebe reduziert die Complianceder Lunge. Bei gleichbleibender Kraft der Atemmuskula-tur wird dadurch das Atemzugvolumen reduziert und estritt eine restriktive Atemstörung auf. Sinkt das Atemzug-volumen unter das Verschlussvolumen, entstehen Atelek-tasen, die zu intrapulmonalen Shunts und arterieller Hy-poxie führen können. Außerdem erhöhen minderbelüf-tete Areale das Risiko für bronchopulmonale Infekte. Die-se pathophysiologischen Effekte werden durch den beiAdipositas erhöhten Sauerstoffverbrauch mit entspre-chend erhöhter Atemarbeit noch relativ verstärkt [4].

Adipositas führt zu inflammatorischen Veränderungen(s.Abschnitt „Inflammatorische Reaktion“), die auch dasLungengewebe betreffen – so auch zu einer erhöhten In-zidenz von Asthma bronchiale. Asthmaähnliche Auskulta-tionsbefunde können allerdings auch vollständig durchadipositasbedingte Verengung der Atemwege hervor-

Fudickar A, Bein B. Anästhesie bei Erwac

gerufen werden. Entsprechend verschwinden die Symp-tome häufig nach Gewichtsverlust.

DEFINITION

Obesitas-Hypoventilation

Das Obesitas-Hypoventilationssyndrom (OHS, Pick-

wick-Syndrom) wird definiert durch die Kombination

▪ Hypoventilation, Hypoxyie und einer schlafasso-

ziierten Atemstörung, meistens OSAS,

▪ Adipositas

▪ bei fehlender anderer Ursache für Hypoventila-

tion

Die Symptome sind Atemnot, Tagesschläfrigkeit,

morgendliche Kopfschmerzen und Depression.

Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Viele Studien weisen darauf hin, dass der androide Typder Adipositas mit einem höheren Risiko für kardiovasku-läre Erkrankungen assoziiert ist als der gynoide Typ [5].

Arterielle Hypertonie

MerkeAnsteigender BMI und die Prävalenz der Hypertoniekorrelieren positiv.

Die hohe Prävalenz von arterieller Hypertonie bei Adipo-sitas zieht außerdem ein erhöhtes Risiko für koronareHerzerkrankung, Herzinfarkt und generalisierte Arterio-sklerose nach sich.

Herzinsuffizienz

Adipositas führt mit der Zeit auch zu Herzinsuffizienz:Etwa ein Drittel aller Patienten mit extremer Adipositasleidet unter einer adipositasinduzierten Kardiomyo-pathie. Kardiotoxische Effekte von Insulinresistenz, Stea-tosis, Sympathikusaktivierung, Hypoxie und Hyperkapniekönnen darüber hinaus zu pulmonaler Hypertonie [6] undzu einer Rechtsherzinsuffizienz führen.

Herzrhythmusstörungen

Mit steigendem Grad der Adipositas steigt die Inzidenzvon Vorhofflimmern. Dies wird durch eine Dysfunktiondes Sinusknotens und Infiltration des Reizleitungssystemsdurch Fettzellen erklärt. Auch die Inzidenz eines Long-QT-Syndroms nimmt mit steigendem BMI zu und damitdas Risiko einer Komplikation durch Serotonin-Antago-nisten wie z. B. Ondansetron [1].

Neurologische und psychische Erkrankungen

Patienten mit Adipositas zeigen eine höhere Inzidenz füreine ganze Reihe von psychischen Erkrankungen. Darun-ter sind häufig Depressionen, Angsterkrankungen undPersönlichkeitsstörungen. Darüber hinaus können Diskri-

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FALLBEISPIEL

Lungenembolie

Eine 52-jährige Patientin mit Adipositas (Gewicht 177 kg, Größe

161 cm, Zustand nach Apoplex mit leichter Armparese links, Dia-

betes mellitus) wird wegen des Verdachts auf Appendizitis operiert.

Postoperativ tritt im Aufwachraum eine niedrige Sauerstoffsätti-

gung auf (SpO2 83% unter Raumluft). Anleitung zum tiefen Durch-

atmen, Aufrichten des Oberkörpers und Atemunterstützungmit

CPAP (kontinuierlicher positiver Atemwegsdruck) bei Verdacht auf

Atelektasen verändern die Situation nur geringfügig. Im Verlauf klagt

die Patientin über Luftnot und dann über perakute Thoraxschmer-

zen. Ein EKG zeigt einen neu aufgetretenen Rechtsschenkelblock, die

transthorakale Echokardiografie eine Rechtsherzbelastung. Neben-

befundlich wird eine Fettleber diagnostiziert. Im Spiral-CT des Tho-

rax werden multiple Lungenembolien identifiziert, die Beinvenen-

sonografie ergibt eine tiefe Beinvenenthrombose als Emboliequelle.

Nachträglich berichtet die Patientin über schon länger bestehende

Beschwerden in den Beinen. Sie habe diese jedoch auf ihre im Rah-

men ihres Diabetes mellitus aufgetretenen Hautveränderungen an

den Unterschenkeln und Füßen zurückgeführt.

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minierung und daraus folgender gesellschaftlicher Aus-schluss zu psychischen Problemen führen.

INFO

Psychische Erkrankungen

Gründe für die Gewichtszunahme bei psychischen

Erkrankungen sind [7]:

▪ psychiatrische Medikamente

▪ erhöhte Cortisolspiegel bei Depression

▪ Schlafstörungen mit Störung des Leptin-Ghrelin-

Verhältnisses

▪ Dopaminmangel

▪ chronische Entzündung

Arterielle Hypertonie, Hyperlipidämie und Diabetes melli-tus sind wahrscheinlich hauptsächlich dafür verantwort-lich, dass Adipositas das Risiko für einen Schlaganfalldeutlich erhöht.

Muskuloskelettales System

Adipositas führt häufig durch Belastung des muskuloske-lettalen Systems zu Arthrose, Arthritis und Rücken-schmerzen.

Stoffwechsel

Der androide Fettverteilungstyp ist oft mit dem metabo-lischen Syndrom (körperstammbetonte Adipositas, arte-rielle Hypertonie, Insulinresistenz und Hypercholesterin-ämie) verbunden. Dieser Verteilungstyp hat ein beson-ders hohes Risiko für Diabetes mellitus, koronare Herz-krankheit und perioperative Komplikationen. Adipositasführt aber auch unabhängig vom Fettverteilungstyp zuerhöhter Insulinresistenz. Diabetes mellitus Typ 2 tritt da-her bei Adipositas überdurchschnittlich häufig auf.

MerkeDas Risiko für Diabetes mellitus steigt mit Schwereund Dauer der Adipositas.

Für das erhöhte Risiko wird u. a. die inflammatorische Re-aktion durch Adipositas verantwortlich gemacht. NachMagenbypass-Operation sinkt der Insulinbedarf sofort,sodass Antidiabetikadosierungen und Insulindosen ange-passt werden müssen.

Das Körpergewicht korreliert positiv mit den Triglyzerid-und Cholesterinspiegeln im Serum, weil Triglyzeride undCholesterin insbesondere aus den abdominellen Fettspei-chern freigesetzt werden.

Blutgerinnung

Patienten mit Adipositas haben ein erhöhtes Risiko fürThrombosen mit entsprechend erhöhtem Risiko fürthromboembolische Erkrankungen wie Herzinfarkt, zere-

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brale Ischämie und Lungenembolien [8] (s. „Fallbeispiel –Lungenembolie“).

CaveDas Risiko venöser Thrombosen ist bei adipösenFrauen deutlich gegenüber normalgewichtigenFrauen erhöht.

Deshalb ist es sinnvoll, die Thromboembolieprophylaxebei Adipositas in Abhängigkeit von Operation und BMIlänger aufrechtzuerhalten als sonst. Bei der manchmalauftretenden relativen Mangelernährung (s.Abschnitt„Gastrointestinales System“) mit Vitamin-K-Mangel kanndie Gerinnung aber auch beeinträchtigt sein [1].

Inflammatorische Reaktion

Die Hypertrophie des Fettgewebes kann dazu führen,dass die Blutversorgung der Fettzellen durch die vorhan-denen Blutgefäße nicht mehr ausreicht [6]. In der Folgekommt es zu chronischer Gewebshypoxie und Zelltod [9].Diese Veränderungen führen zur Abgabe von Adipokinenund Entzündungsmarkern wie TNF-α und IL-6 durch Ge-websmakrophagen. Daraus folgt letztlich eine allgemeineinflammatorische Reaktion mit Aktivierung des sym-pathischen Nervensystems und des Renin-Angiotensin-Systems.

Gastrointestinales System

Der erhöhte intraabdominelle Druck führt bei Adipositasauch zu erhöhtem intragastralem Volumen und Reflux-erkrankung mit den entsprechenden Folgen. Daher mussnach diesen Problemen und ihrer Ausprägung bei derAnamnese gezielt gefragt und das Ergebnis bei der Nar-

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koseeinleitung z.B. durch Ileuseinleitung berücksichtigtwerden.

MerkeDie Häufigkeit von gastroösophagealem Reflux kor-reliert mit dem BMI.

Die übermäßige Kalorienzufuhr bei Adipositas kann voneiner selektiven Mangelernährung für Vitamin D, Mag-nesium, Phosphat, Eisen und Vitamin A begleitet werden.Niedrige Plasmaspiegel von Vitamin D sind mit einem er-höhten Risiko für Bluthochdruck, Diabetes und kardiovas-kuläre Erkrankungen verbunden.

Nieren und Harnwege

Auch chronische Niereninsuffizienz tritt bei Adipositashäufiger auf als bei normalgewichtigen Patienten.

PRAXISTIPP

Bei extrem hohem Körpergewicht wird empfohlen,

zur Bestimmung der glomerulären Filtrationsrate

keine körpergewichtsabhängigen Formeln zu ver-

wenden, sondern Clearance-Verfahren zur Bestim-

mung der Nierenfunktion mittels 24-h-Sammelurin

anzuwenden.

Leber und Gallenwege

Die Fetteinlagerung in der Leber bei Adipositas (Fett-leber) führt wie im sonstigen Körperfett zu inflammatori-schen Reaktionen. In 15–20% entwickelt sich daraus eineLeberzirrhose mit dem Risiko von Leberkarzinomen, por-taler Hypertension, Aszites und Leberversagen. Außer-dem verändert die Verfettung der Leber die Metabolisie-rung von Medikamenten in der Leber durch pathologi-sche Expression und Aktivität von Leberenzymen. Trotz-dem gibt es derzeit keine Empfehlungen, deswegen dieDosierung von Anästhetika zu verändern [6].

Probleme nach Adipositas-Chirurgie

Nach Magenverkleinerung kann eine postoperative Poly-neuropathie aufgrund von Vitamin- und Ernährungsdefi-ziten auftreten. Die Symptome sind Erbrechen, Reflex-abschwächung und Muskelschwäche. Ein verstellbaresMagenband kann zu Störungen der Ösophagusmotilitätund Dilatation proximal des Bandes führen, die auch nachdem Lösen des Bandes persistieren kann. Dadurch kannes trotz normaler präoperativer Nüchternheit zur Aspira-tion von Nahrungsbestandteilen kommen.

CaveEin akuter Notfall ist die Dislokation des Magenban-des mit Ischämie des Magens durch Gefäßkompres-sion [1].

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Es sollte mit dem Chirurgen besprochen werden, ob einMagenband zur Narkoseeinleitung gelöst und eine Ma-gensonde gelegt werden sollte. Dislokation des Bandeskann zu Magenischämie mit -perforation führen undmacht sich durch Dysphagie und Oberbauchschmerzenbemerkbar [4].

Pharmakokinetik

Allgemeine Aspekte

Im Allgemeinen müssen auch bei übergewichtigen Pa-tienten bei der Dosierung von Pharmaka das Verteilungs-volumen und die Clearance berücksichtigt werden. DasVerteilungsvolumen von Pharmaka hängt von der Fett-löslichkeit des Medikaments ab. Hydrophile Medikamen-te lagern sich nur wenig im Fettgewebe ein. Daher wirdim Allgemeinen bei diesen Substanzen das ideale Körper-gewicht des Patienten zur Dosisbestimmung für Einzel-oder Aufsättigungsdosierungen vor Dauerinfusionen ver-wendet. Einzel- oder Aufsättigungsdosierungen lipophi-ler Medikamente wurden dagegen bisher nach dem tat-sächlichen Gewicht berechnet [10]. Dies führt jedochmit steigendem Körpergewicht zu kreislaufrelevantenNebenwirkungen. Bei Adipositas nehmen außerdemauch die fettfreie Masse und die Verstoffwechselungsratevon Pharmaka zu. Diese Tatsache wird durch das Adjust-ed Body Weight (ABD, s. „Definition – Gewichtsmaße“)berücksichtigt.

DEFINITION

Gewichtsmaße

▪ Body-Mass-Index (BMI):

Body-Mass-Index ðBMIÞ ¼ Gewicht ½kg�ðGröße ½m�Þ2

▪ Ideales Körpergewicht (Ideal Body Weight, IBW):

IBW = 22 × (Größe [m])2

▪ Fettfreies Körpergewicht (Lean Body Weight,

LBW, Männer):

LBW ¼ 9270� K€orpergewicht6680þ 216� BMIð Þ

▪ Fettfreies Körpergewicht (Lean Body Weight,

LBW, Frauen):

LBW ¼ 9270� K€orpergewicht8780þ 244� BMIð Þ

▪ Angepasstes Körpergewicht (Adjusted Body

Weight, ABW):

ABW = IBW + 0,4 × (Körpergewicht– IBW)

Von der Association of Anaesthetists of Great Britain andIreland Society for Obesity and Bariatric Anaesthesia(AAGBI) wurden Empfehlungen herausgegeben, welcheMaße bei der Dosierung von Anästhetika zugrunde gelegtwerden sollten [4] (▶ Tab. 2).

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▶ Tab. 2 Dosierung von Anästhetika nach totalem, fettfreiem und ange-passtem Körpergewicht (modifiziert nach [4]).

totalesKörpergewicht(Total BodyWeight, TBW)

fettfreiesKörpergewicht(Lean Body Weight,LBW)

angepasstesKörpergewicht(Adjusted BodyWeight, ABW)

▪ Succinylcholin ▪ Propofol (Einleitung)▪ Thiopental▪ Fentanyl▪ Rocuronium▪ Atracurium▪ Vecuronium▪ Morphin

▪ Propofol(Dauerinfusion)

▪ niedermoleku-lares Heparin

▪ Alfentanil▪ Neostigmin

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Inhalationsanästhetika

Moderne volatile Anästhetika sind prinzipiell aus pharma-kokinetischer Sicht Injektionsnarkotika für die Aufrecht-erhaltung der Narkose bei Adipositas überlegen. Die amhäufigsten verwendeten Gase Sevofluran und Desfluranwerden wenig metabolisiert, haben eine geringe Löslich-keit im Blut und reichern sich wenig im Fettgewebe an.Sie bieten theoretisch gerade bei adipösen Patienten eineReihe von Vorzügen.

Target Controlled Infusion (TCI) ist über 150 kgKG(Marsh) und ab einem BMI von 35 für Frauen und 42 fürMänner (Schneider) nicht mehr zugelassen [4].

▪ Paracetamol▪ Bupivacain▪ Lidocain

▪ Antibiotika

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Bauliche und technischeVoraussetzungen

Viele Bau- und Einrichtungselemente von Krankenhäu-sern sind nur bis an bestimmte Grenzen für die Versor-gung von extrem adipösen Patienten geeignet. Ab einemKörpergewicht von etwa 150 kg muss im Allgemeinen andie begrenzte Belastbarkeit der meisten Krankenhausbet-ten, sanitären Einrichtungen, Umlagerungshilfen undOperationstische gedacht werden. Gegebenenfalls müs-sen Schwerlasttische und Spezialbetten verwendet wer-den. Zusätzliches Material für die anästhesiologische Ver-sorgung adipöser Patienten (z. B. Punktionsnadeln ad-äquater Länge) muss dabei verfügbar sein [4]. Gelkissenfür die Lagerung der Extremitäten sind sehr hilfreich.

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Präoperative Evaluierung

CavePatienten mit Adipositas vom androiden Fettvertei-lungstyp und Patienten mit metabolischem Syndromhaben ein besonders hohes Narkoserisiko.

Idealerweise erfolgt die präoperative Evaluierung schonWochen vor dem Eingriff. 2–6 Wochen spezifische Diätkönnen schon die Lungenfunktion verbessern. So langevor der Operation bleibt auch noch genug Zeit, um einbehandlungsbedürftiges OSAS zu diagnostizieren [1].Wahrscheinlich kann eine funktionelle Optimierung dieInzidenz von perioperativen Komplikationen verringern[11]. Daher wird für diese Patienten die Betreuung in spe-zialisierten Zentren empfohlen [6].

Prinzipiell sind auch bei Adipositas die Empfehlungen zurpräoperativen Evaluation von Risikopatienten der DGAIund des BDA zu berücksichtigen. Die Erhebung klinischerRisikofaktoren in der Anamnese wird allerdings durch dieAdipositas erschwert.

Fudickar A, Bein B. Anästhesie bei Erwachsenen… Anästhesiol Intensivmed Notfallmed S

CaveDa Patienten mit Adipositas sich körperlich wenigbelasten, können trotz manifester koronarer Herz-krankheit typische Symptome in der Anamnese feh-len.

Symptome wie Belastungsdyspnoe und Thoraxschmerzkönnen andererseits bei Adipositas auch ohne Herz-erkrankung auftreten. Ödeme der Unterschenkel könnenz.B. bei Adipositas auch ohne Herzinsuffizienz vorliegen.Umso wichtiger ist die erweiterte apparative Diagnostikbei diesen Patienten in Ergänzung zum EKG [1]. Diese istaber wegen Beschränkungen des zulässigen Körper-gewichts bei der Anwendung vieler medizintechnischerVerfahren nur eingeschränkt möglich. Außerdem ist dieMessung mit nichtinvasiven Verfahren wie der Echokar-diografie aufgrund von Fettschichten schwierig.

Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom

Ein OSAS sollte bei Adipositas nach einem Algorithmusausgeschlossen werden [4]. Die präoperative Unter-suchung im Schlaflabor aller Patienten mit Indikation zubariatrischer Chirurgie wurde von verschiedenen Autorenempfohlen. Weniger aufwendig ist das Screening mittelseines für adipöse Patienten validierten Fragebogens (z. B.STOP-Bang Questionnaire). Bei positivem Test ist eineUntersuchung im Schlaflabor indiziert, die bei entspre-chender Diagnose und Schwere des OSAS die Verord-nung einer CPAP-Therapie oder anderer Hilfsmittel nachsich zieht [12]. Während Patienten mit nicht diagnosti-ziertem OSAS oder OSAS ohne CPAP-Therapie ein hohesKomplikationsrisiko haben, ist das Risiko bei Patientenmit gut therapiertem OSAS deutlich geringer [13]. Eineevtl. bereits etablierte CPAP-Therapie wird perioperativfortgeführt, das gilt insbesondere ab dem Zeitpunkt derVerabreichung von Sedativa [1].

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MerkeAuch bei negativem STOP-Bang Questionnaire solltedas Vorliegen von Belastungsdyspnoe, morgendli-chen Kopfschmerzen und Zeichen der rechtsventri-kulären Belastung im EKG zum Ausschluss eines OSASführen [4].

Die Diagnose eines OSAS bei Adipositas sollte dazu ver-anlassen, nach kardiovaskulären Folgeerkrankungen zusuchen [1].

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PrämedikationAllgemeine prophylaktische Maßnahmen gegen Throm-boembolien sind die Verwendung von Thrombose-strümpfen und die frühe Mobilisierung [14]. Aufgrundder hohen Inzidenz von Diabetes mellitus Typ 2 sollteder Blutzucker morgens präoperativ auch bei Patientenohne bekannten Diabetes bestimmt werden. So kanneine Hyperglykämie erkannt und ggf. behandelt werden[1]. Die Gabe von Antazida ist sinnvoll, um die Aziditätdes Mageninhalts zu reduzieren.

PRAXISTIPP

Aufgrund des generell erhöhten Risikos für eine

Schlafapnoe muss bei Patienten mit Adipositas auf

Benzodiazepine am Vorabend der Operation verzich-

tet werden.

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Perioperatives Management

Regionalanästhesie

Wegen der hohen Prävalenz respiratorischer Problemebei Patienten mit Adipositas wird generell empfohlen,Operationen bei diesen Patienten wennmöglich in Regio-nalanästhesie durchzuführen. Es existiert jedoch keineklare Evidenz für die Überlegenheit der Regionalanästhe-sie gegenüber Allgemeinanästhesie [4].

Die Inzidenz schwieriger Punktionen ist aufgrund derFettschichten höher als bei normalgewichtigen Patien-ten. Häufig werden längere Nadeln benötigt, um die Ziel-strukturen zu erreichen [4,15]. Entsprechend höher istauch der Bedarf an erfahrenen Anästhesisten [4]. Auf-grund des hohen Fettgehalts im Epiduralraum herrschtdort ein relativ hoher Druck. Daher wird von einigen Au-toren empfohlen, bei Epiduralanästhesie die Dosierungder Lokalanästhetika zu reduzieren, um eine zu starkekraniale Ausbreitung zu verhindern.

Narkoseeinleitung

Die Narkoseeinleitung sollte bei besonders komplexenFällen im Operationssaal erfolgen, weil so Transport- undUmlagerungsprobleme vermieden werden. Bei Allge-

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meinanästhesie ist der Einsatz von kurzwirksamen Sub-stanzen wie Desfluran und Remifentanil sinnvoll. Succi-nylcholin sollte vermieden werden, weil die dadurch ver-ursachten Muskelfaszikulationen den Sauerstoffver-brauch erhöhen.

Gefäßpunktionen

Bei schwierigen Punktionsbedingungen für periphere Ve-nenkatheter ist ein Sonografiegerät beim Aufsuchen derVenen nützlich. Auch ungewöhnliche Punktionsorte soll-ten berücksichtigt werden und mindestens 2 Venenwegegelegt werden [4]. Bei sehr schlechten Venenverhältnis-sen kann es notwendig werden, einen zentralen Venen-katheter zu legen; auch hierfür sollte ein Sonografiegerätzur Verfügung stehen.

Atemwegsmanagement

MerkeAufgrund der vergleichsweise geringen funktionellenResidualkapazität adipöser Patienten ist bei ihnen dieSauerstoffreserve in der Lunge gegenüber normalge-wichtigen Patienten reduziert.

Adäquate Präoxygenierung ist besonders wichtig, weilbei Adipösen die Sauerstoffsättigung des Hämoglobinsbesonders schnell abfällt. Die umgekehrte Trendelen-burg-Lagerung mit einer Kippung des OP-Tisches um ca.30° reduziert den Druck des Abdomens auf die Lunge [4].Dadurch wird die inspiratorische Atemarbeit reduziertund das Risiko der Bildung von Atelektasen verringert.

CaveWenn nur der Oberkörper hoch gelagert wird, kannsich der Druck des Abdomens auf die Lunge erhöhen,weil der Bauch beim Anwinkeln der Beine zusam-mengedrückt werden kann.

Eine noch bessere Atelektasenvorbeugung, bessere Oxy-genierung und längere Apnoetoleranz kann durch CPAPoder nichtinvasive Beatmung für etwa 5 Minuten vor Nar-koseeinleitung erreicht werden [16].

Während früher grundsätzlich eine Ileuseinleitung beiAdipositas empfohlen wurde, wird dies inzwischen kon-trovers diskutiert [17]. Dies wird analog zum Vorgehenin der Kinderanästhesie damit begründet, dass durch diegeringe Apnoetoleranz auch ein hohes Hypoxierisiko beider Ileuseinleitung besteht. Bei Patienten ohne zusätz-liche Risikofaktoren für Aspiration ist es deshalb praktika-bel,▪ nach Präoxygenierung die Narkose einzuleiten,▪ nach Erreichen ausreichender Narkosetiefe einen Gue-

del-Tubus einzulegen und▪ den Patienten vorsichtig (ggf. druckkontrolliert ma-

schinell) über eine Gesichtsmaske zu beatmen, bisausreichende Muskelrelaxierung erreicht ist.

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CaveMaskenbeatmung ist bei Adipositas oft nicht einfach.

Relativ häufig werden bei Adipositas Zeichen für einenschwierigen Atemweg festgestellt. Mundöffnung und Be-weglichkeit der Halswirbelsäule werden durch perimandi-buläre und nuchale Fettpolster reduziert, das Volumenvon Mundhöhle und Rachen wird durch Fetteinlagerungin die Weichteile verkleinert (s. „Info – Schwierige Intuba-tion“). Geringe Unterkiefermobilität, Nackenfettpolster,OSAS, Schnarchen und Adipositas gelten als unabhängi-ge Prädiktoren des schwierigen Atemwegs. Folglich istes sinnvoll, schon vor der Einleitung die notwendigenHilfsmittel einsatzbereit greifbar und einen individuellenPlan zum Management des schwierigen Atemwegs be-sprochen zu haben. Besonders effektiv ist die prophylak-tische Bereitstellung eines Videolaryngoskops.

INFO

Schwierige Intubation

Adipositas ist mit gegenüber normalgewichtigen Pa-

tienten erhöhtem Risiko für schwierige Intubation

assoziiert. Zusätzlich zu den üblichen Kriterien kann

ein Halsumfang von mehr als 60 cm auf eine schwie-

rige Intubation hinweisen. Der Querschnitt der Tra-

chea korreliert negativ mit dem BMI.

Der Einsatz von Larynxmasken bei Adipositas ist umstrit-ten. Wenn man sich für die Verwendung einer La-rynxmaske entscheidet, erscheint es aufgrund theoreti-scher Überlegungen sinnvoll, eine Larynxmaske mit derMöglichkeit zur Einlage einer Magensonde zu verwenden.

Monitoring

Die Überwachung von Patienten mit Adipositas ist tech-nisch schwieriger als die Überwachung normalgewichti-ger Patienten. Die nichtinvasive Blutdruckmessung kannbei voluminösen Extremitäten sehr unzuverlässig wer-den, und meistens sind besonders breite Blutdruckman-schetten notwendig.

PRAXISTIPP

Insbesondere bei angelagerten Armen ist die Indika-

tion zur invasiven Blutdruckmessung großzügig zu

stellen, weil Korrekturen der Blutdruckmanschetten-

anlage intraoperativ sehr umständlich sind.

Thorakale Fettschichten können die im EKG gemesseneSpannung durch Isolation deutlich reduzieren und da-durch vor allem die ST-Strecken-Analyse erschweren.Der zentrale Venendruck (ZVD) wird bei Adipositas er-heblich durch den auf die V. cava inferior und den gesam-ten Thorax übertragenen hohen intraabdominellen Druck

Fudickar A, Bein B. Anästhesie bei Erwachsenen… Anästhesiol Intensivmed Notfallmed S

beeinflusst. Deshalb muss bei der Interpretation des ZVDnoch mehr als sonst beachtet werden, dass nur Verände-rungen im Verlauf interpretiert werden können. Bei Ver-wendung von auf der Pulskonturanalyse basierenden,nichtinvasiven oder wenig invasiven Verfahren zur Mes-sung von Herzzeitvolumen und Vorlastparametern mussbeachtet werden: Diese Verfahren wurden nicht für Pa-tienten mit Adipositas validiert.

Adipositas ist mit einem erhöhten Risiko für Awarenessinsbesondere während der Narkoseeinleitung unter Ver-wendung von Muskelrelaxanzien verbunden [18]. Dieswird auf die schnelle Umverteilung eines Injektionsbolusins Fettgewebe zurückgeführt [19]. Besonders bei einerTIVA in Kombination mit Muskelrelaxanzien wird deshalbempfohlen, die Narkosetiefe mit einem EEG-basiertenVerfahren zu überwachen [4].

Beatmung

Wie bei den meisten Patienten ist bei Adipösen im All-gemeinen eine druckkontrollierte Beatmung mit mode-raten Tidalvolumina (6–8ml/kg) zur Vermeidung vonKomplikationen sinnvoll – auch wenn die Datenlage hin-sichtlich des Vergleichs von druckkontrollierter und volu-menkontrollierter Beatmung inhomogen ist.

MerkeDie Berechnung des angestrebten Tidalvolumens er-folgt auf der Grundlage des idealen Körpergewichts(s. „Definition – Gewichtsmaße“). Denn die Zunahmeder Körpermasse durch Fetteinlagerung geht nichtmit einer Vergrößerung der Lunge einher [1].

Die adäquate Einstellung des PEEP (positiver endexspira-torischer Druck) ist wegen der hohen Atelektaseneigungbesonders wichtig. Optimal wäre es, auch in Narkose denindividuell besten PEEP basierend auf SaO2, paO2, Com-pliance, arteriellem Blutdruck und Herzzeitvolumen zuermitteln. Im Allgemeinen ist es ausreichend, einen PEEPzwischen 10 und 15 cmH2O so einzustellen, dass eine ad-äquate Oxygenierung sichergestellt ist. Vor allem bei Ein-griffen mit operationsbedingt zusätzlich erhöhtem intra-abdominellem Druck (z. B. Laparoskopien) sind manch-mal wiederholte Rekrutierungsmanöver nötig, um dieOxygenierung und das verfügbare Lungenvolumen zuverbessern [16].

Die Atemfrequenz muss bei Adipositas etwas höher alssonst eingestellt werden, weil aufgrund des hohen O2-Verbrauchs auch die CO2-Produktion erhöht ist. Bei derAuswertung von Blutgasanalysen muss berücksichtigtwerden, dass adipöse Patienten eine höhere Differenzzwischen dem endtidal und arteriell gemessenen CO2-Gehalt aufweisen [1].

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Narkoseausleitung

Es gibt Hinweise darauf, dass der Verzicht auf hohe O2-Konzentrationen vor Narkoseausleitung zu geringerer Mi-kroatelektasenbildung und besserer postoperativer Lun-genfunktion führt. Auch während der Ausleitung ist dieumgekehrte Trendelenburg-Lage aufgrund des hohen in-traabdominellen Drucks hilfreich [4].

CaveWurden Muskelrelaxanzien eingesetzt, muss eineevtl. Restrelaxierung durch quantitative Relaxome-trie ausgeschlossen oder ggf. reversiert werden.

Vor der Extubation muss eine ausreichende Wachheit mitRückkehr der Schutzreflexe sichergestellt sein. Bei Ein-griffen im Bereich von Hals und Pharynx können Ödemeder pharyngealen Weichteile über die üblicherweise nachdiesen Operationen erwarteten Veränderungen hinausauftreten. Auch postoperativ kann vorübergehend eineprophylaktische nichtinvasive Atemunterstützung mitCPAP sinnvoll sein, und eine aktive Atemtherapie sollteroutinemäßig eingesetzt werden [1].

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Postoperative BetreuungDie häufigsten postoperativen Komplikationen treten beiAdipositas noch öfter auf. Besonders wichtig ist die Ver-besserung der Lungenfunktion durch Bevorzugung einersitzenden Position, Atemtraining und Frühmobilisation.Sekundäre Verschlechterung der Lungenfunktion nocham 3. oder 4. postoperativen Tag mit Notwendigkeit vonPEEP oder nichtinvasiver Beatmung wurde beschrieben[1].

Postoperativ müssen bestimmte Patienten bis zu ihrerMobilisierung über Nacht kontinuierlich pulsoxymetrischüberwacht werden:▪ Patienten mit OSAS ohne Atemhilfe (z.B. zu Hause An-

wendung von CPAP) und▪ Patienten mit Atemhilfe und zusätzlichen Risikofak-

toren (z.B. schwieriger Atemweg) [4].

Die patienteneigene Atemhilfe sollte so bald wie möglichnach der OP wieder eingesetzt werden. Das OSAS wirdperioperativ u. a. durch Opioide und Schlafstörungen ver-stärkt [1]. Nichtinvasive Beatmung direkt nach der Extu-bation kann die Letalität senken und ist eine sinnvolleErstmaßnahme bei postoperativer Ateminsuffizienz, umeine Reintubation zu verhindern [20].

MerkeDie Verlegung aus dem Aufwachraum ist erst zu er-wägen, wenn die normalen Verlegungskriterien er-füllt sind und über eine Stunde bei normaler Atemfre-quenz keine Hypopnoen/Apnoen aufgetreten sind [4].

Fudickar A, Bein B. Anästhesie bei Erwac

INFO

Thromboseprophylaxe

Zur Thromboseprophylaxe ist eine frühe Mobilisie-

rung noch am OP‑Tag sinnvoll [14]. Dazu gehört

auch die frühe Entfernung von Blasenkatheter und

Infusionsleitungen [1]. Die Effektivität konventionel-

ler Kompressionsstrümpfe ohne intermittierende

Kompression ist nur wenig belegt. Bei adipösen Pa-

tienten muss besonders darauf geachtet werden,

dass keine Blutgefäße durch zu enge Strümpfe ok-

kludiert werden. Empfehlungen zur Dosisanpassung

der medikamentösen Prophylaxe wurden vom briti-

schen Haemostasis, Anticoagulation and Thrombosis

(HAT) Committee publiziert.

Schmerztherapie

Auch die postoperative Schmerztherapie bereitet bei Adi-positas besondere Probleme. Wenn möglich, sollte eineRegionalanalgesie mit Katheterverfahren erfolgen. Opio-ide haben bei Patienten mit Adipositas eine besondersstark sedierende Wirkung und verstärken die Neigung zueiner Schlafapnoe. Umgekehrt haben Patienten mit diag-nostiziertem oder vermutetem OSAS oder OHS ein er-höhtes Risiko für eine opioidinduzierte Atemdepression.Diese Patienten sollten deshalb nach Verabreichung vonOpioiden – auch als patientenkontrollierte Analgesie –für mindestens 24 Stunden kontinuierlich einschließlichPulsoxymetrie überwacht werden. Mit adäquater Be-handlung des OSAS durch das eigene CPAP-Gerät redu-ziert sich das Risiko. Die Anwendung des CPAP-Gerätskann aber postoperativ unmöglich sein, wenn im Bereichder Atemwege operiert wurde. Eine Überwachung aufder Intensivstation ist selten notwendig und hängt mehrvon den Begleiterkrankungen als von der Adipositas ab[4].

INFO

Ambulante Anästhesie

Nach britischen Leitlinien ist bei einem BMI < 40 eine

ambulante Anästhesie im Allgemeinen möglich [4].

Zum Vorgehen bei OSAS wird auf die im entspre-

chenden Abschnitt erwähnten Empfehlungen ver-

wiesen. Ambulante Anästhesie ist bei OSAS nach An-

sicht mancher Autoren möglich, wenn ein CPAP-Ge-

rät einsetzbar ist, Begleiterkrankungen optimal the-

rapiert sind und Nichtopioide für die Schmerzthera-

pie ausreichen. Über ambulante laparoskopische

Cholezystektomien und ambulante laparoskopische

Magenbanding-Operationen wurde in der Literatur

berichtet. Die ambulante Durchführung einer Anäs-

thesie bei Adipositas sollte aber eine Einzelfallent-

scheidung mit sorgfältiger Risikoabwägung bleiben.

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Fazit

Die steigende Prävalenz der Adipositas stellt besondereAnforderungen an die perioperative anästhesiologischeBetreuung. Dies betrifft sowohl die Kenntnis der Patho-physiologie und Pharmakokinetik als auch das Manage-ment der Folge- und Begleiterkrankungen der Adipositas.Dazu kommen die praktischen Probleme des Umgangsmit adipösen Patienten bei Transport und Lagerung. Ambesten ist es, alle Maßnahmen zum perioperativen Vor-gehen bei adipösen Patienten in einem standardisiertenProtokoll zusammenzufassen. Ein in der Versorgung adi-pöser Patienten besonders erfahrenes Team mit entspre-chender Leitung sollte verfügbar sein. Der BMI aller Pa-tienten sollte im OP-Plan angegeben werden.

KERNAUSSAGEN

▪ Die Prävalenz der Adipositas hat in den letzten

10 Jahren auch in Deutschland weiter zugenom-

men.

▪ Hypertonie, Fettstoffwechselstörungen, Diabetes

mellitus, kardiovaskuläre Erkrankungen und

Schlafapnoe-Syndrom sind Folge- und Begleit-

erkrankungen der Adipositas.

▪ Die perioperative Betreuung adipöser Patienten

erfordert spezielle räumliche, apparative und per-

sonelle Voraussetzungen.

▪ Problememit Atemwegsmanagement, Atmung

und Monitoring sind bei Adipositas relativ häufig.

▪ Regionalanästhesiologische Verfahren sollten

bevorzugt eingesetzt werden.

▪ Kurzwirksame Substanzen wie Desfluran und

Remifentanil sind zu bevorzugen.

▪ Die Präoxygenierung wird durch umgekehrte Tren-

delenburg-Lagerung und Unterstützung der At-

mungmit kontinuierlichem positivem Atemwegs-

druck effektiver.

▪ Auch in der postoperativen Schmerztherapie sind

Regionalanästhesieverfahren zu bevorzugen.

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Interessenkonflikt

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Priv.-Doz. Dr. Axel Fudickar hat Honorare für Vorträge von der

Firma Medtronic erhalten. Prof. Dr. Berthold Bein hat Honora-re für Vorträge und Beratungstätigkeit von Abbvie, Baxter undAir Liquide erhalten.

Autorinnen/Autoren

ar A, Bein B. Anä

Axel Fudickar

Priv.-Doz. Dr. med., 1989–1995 Medizinstudi-um an der Georg-August-Universität Göttingenund der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.1995–1997 AiP in der Universitäts-KinderklinikFreiburg. Seit 1997 Klinik für Anästhesiologieund Operative Intensivmedizin, Universitätskli-

sthesie bei Erwachsenen… Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schme

nikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel. 2004 Facharzt fürAnästhesiologie. Seit 2010 Oberarzt. Schwerpunkte: Neuroa-nästhesie, klinische Neurophysiologie, Risikomanagement.

rzther 2019; 54: 2

Berthold Bein

Prof. Dr. med., M.A., DEAA. Chefarzt der Abtei-lung für Anästhesiologie und Intensivmedizin,Asklepios Klinik St. Georg, Hamburg. Von2009–2015 DGAI-Landesvorsitzender inSchleswig-Holstein. Schwerpunkte: hämodyna-misches Monitoring, Antibiotic Stewardshipund Patient Blood Management.

Korrespondenzadresse

Priv.-Doz. Dr. med. Axel Fudickar

Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus KielKlinik für Anästhesiologie und Operative IntensivmedizinArnold-Heller-Straße 3, Haus 1224105 [email protected]

Wissenschaftlich verantwortlichgemäß Zertifizierungsbestimmungen

Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungs-bestimmungen für diesen Beitrag ist PD Dr. med. AxelFudickar, Kiel.

Literatur

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Bibliografie

hsene

DOI https://doi.org/10.1055/a-0636-2782Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2019; 54:242–254 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New YorkISSN 0939-2661

n… Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2019; 54: 242–254

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Frage 1

Wie ist die Adipositas nach der Weltgesundheitsorganisation(WHO) definiert?A Body-Mass-Index > 35 kg/m2

B Übermaß an Körperfett, welches zu unerwünschten Folgenfür Gesundheit und Wohlbefinden führt

C Taillenumfang von > 115 cmD Körperfettanteil von mehr als 30%E Gewicht > Körpergröße – 100 (cm)

Frage 2

Wie hoch ist ungefähr die Prävalenz der Adipositas bei Männernin Deutschland?A 15%B 20%C 25%D 30%E 35%

Frage 3

Welche Aussage ist richtig? Das Schlafapnoe-Syndrom (obstruk-tives Schlafapnoe-Syndrom, OSAS) wird diagnostiziert bei…A mehr als 3 Schnarchepisoden von mehr als 5 Minuten Länge

und Einschlafen am Tag.B mehr als 2 Apnoe- oder Hypopnoe-Phasen pro Stunde Schlaf

in Kombination mit Schnarchen.C mehr als 5 Wachliegephasen pro Nacht und Einschlafen vor

dem Fernseher abends.D mehr als 5 Apnoe- oder Hypopnoe-Phasen pro Stunde Schlaf

in Kombination mit Tagesmüdigkeit.E mehr als 5 Konzentrationsstörungen pro Stunde Wachheit in

Kombination mit Durchschlafstörung.

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Frage 4

Welche Aussage zum Obesitas-Hypoventilationssyndrom istfalsch?A Man nennt das Syndrom auch Pickwick-Syndrom.B Ein Symptom sind morgendliche Kopfschmerzen.C Zur Definition gehören chronisch über 6 kPa erhöhter PaCO2

und eine schlafassoziierte Atemstörung.D Die Erkrankung tritt häufig zusammen mit einem obstrukti-

ven Schlafapnoe-Syndrom auf.E Das Syndrom tritt typischerweise bei Übergewicht (BMI 25–

30 kg/m2) auf.

Frage 5

Was ist kein Grund für die Gewichtszunahme bei psychischen Er-krankungen?A erniedrigte Cortisolspiegel bei DepressionB Schlafstörungen mit Störung des Leptin-Ghrelin-Verhältnis-

sesC chronische EntzündungD psychiatrische MedikamenteE Dopaminmangel

Frage 6

Welche Aussage zu den Fettverteilungstypen ist richtig?A Der nach Peter Paul Rubens benannte Rubens-Typ hat ein be-

sonders erhöhtes kardiopulmonales Risiko.B Beim androiden Typ ist das Fett besonders an Hüften und

Oberschenkeln lokalisiert.C Den Rubens-Typ nennt man nach der runden, bauchbetonten

Fettverteilung an Frauenkörpern in seinen Gemälden auchApfel-Typ.

D Der androide Typ heißt auch Falstaff-Typ nach John Falstaffaus Shakespeares Dramen.

E Der Birnen-Typ zeigt eine typische birnenförmige Fettvertei-lung im Bereich von Kopf und Hals.

▶ Weitere Fragen auf der folgenden Seite…

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Fortsetzung…

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Frage 7

Welche Aussage zur Narkoseeinleitung bei Adipositas ist richtig?A Eine Ileuseinleitung ist obligat.B Der Oberkörper sollte flach gelagert werden.C Durch Umverteilung von Injektionsnarkotika ins Fettgewebe

kann Awareness auftreten.D Der Halsumfang hat keine Bedeutung für die Intubations-

bedingungen.E Schwierige Venenpunktion ist bei Adipositas selten.

Frage 8

Welche Medikamentendosierung während Allgemeinanästhesiebei Adipositas ist nicht sinnvoll?A Dosierung der Propofol-Dauerinfusion orientierend am ange-

passten Körpergewicht (Adjusted Body Weight, ABW)B Dosierung der Succinylcholin-Gabe orientierend am aktuel-

len KörpergewichtC Dosierung der Rocuronium-Gabe orientierend am fettfreien

Körpergewicht (Lean Body Weight, LBW)D Dosierung der Alfentanil-Gabe orientierend am angepassten

Körpergewicht (Adjusted Body Weight, ABW)E Dosierung einer Antibiotika-Gabe orientierend am aktuellen

Körpergewicht

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Frage 9

Welche Maßnahme während Allgemeinanästhesie bei Adiposi-tas ist sinnvoll?A Einstellen eines möglichst niedrigen PEEP, um ein ausreichen-

des Tidalvolumen zu erreichenB Rekrutierungsmanöver bei Abfall der Sauerstoffsättigung

und Verdacht auf AtelektasenbildungC Kopftieflage zur Aspirationsprophylaxe während der Opera-

tionD möglichst hohe inspiratorische Sauerstoffkonzentrationen,

um den erhöhten Sauerstoffbedarf zu kompensierenE angestrebtes Tidalvolumen nach dem aktuellen Körper-

gewicht berechnen (6–8ml/kg)

Frage 10

Durch welche Intervention kann die Atmung des adipösen Pa-tienten im Aufwachraum regelmäßig verbessert werden?A stabile SeitenlageB Oberkörperhochlage und AtemtrainingC Aufforderung zu schonender flacher AtmungD prophylaktische hoch dosierte Sauerstoff-GabeE Bevorzugung von intravenöser Analgesie gegenüber Regio-

nalanästhesieverfahren

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