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    K a m p f b l a t t g e g e n M i l i t a r i s i e r u n g / / N r. 2 0 / / F e b r u a r / M rz 2 0 0 9

    2 FOLTER. Trotz Verbot istFolter nach wie vor

    Bestandteil staatlicher

    Repression

    6 BUNDESWEHR. Massive An-werbeversuche fr neue

    Rekruten auf Messen, in

    Schulen und Arbeitsmter

    4 NATO. Neue Strategien undMethoden zur Verteidigung

    westlicher Werte und

    Interessen

    ANTIBERLINER

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    Das Gerusch macht die Musik. Unter demNamen Industrial werden schon seit den70er Jahren verstrende Aspekte in die Kunsteingebracht. Lauscht man beispielsweise den sanftenKlngen eines Bohrhammers in Kombination derDiamantflexscheibe auf rostfreiem Edelstahl, so bestimmtletztendlich immer noch der Zuhrer, ob es sich dabei umMusik, oder eben unvermeidliche, nervttendeNebeneffekte von Arbeitsgeruschen handelt.

    Mit der Zunge verursachte Schnalzgerusche dagegenknnen nur ein schlechtes Plagiat sein: So wei schlie-lich jeder, dass das Original nach Monty Python durchdas Aneinanderschlagen zweier Hlften der Kokosnussentsteht und, nach erkenntnistheoretischer Interpretation,unzweifelhaft von der Gegenwart eines Pferdes zeugt.Somit kann eine Schar Bekokosnusster in entsprechenderVerkleidung als Ritter wahrgenommen werden.Zurckaus dem Mittelalter ber industriegeschdigteGenerationen in die Gegenwart: Das Gerusch der

    Presse, Metall auf Metall, Splittern von Kunststoff undvielleicht sogar hin und wieder die Explosion eines ver- gessenen Airbags soll nach dem Willen derBundesregierung in naher Zukunft den Ton einer neuen

    Musik angeben. Im neuen Konjunkturpaket heit esVerschrottungsprmie oder frei nach Monty Python:Bringt eure Toten raus! Aber nicht niederfrequenteTanzmusik, sondern Glckseligkeit versprechenderMobilittskaufrausch lautet die gewnschte Partitur.Kleine Geschenke statt groem rger. Hauptsache, dieStrukturen der Produktion werden nicht verndert.Irgendjemand knnte darauf kommen, den Laden, indem er schuftet, lieber zu bernehmen. Oder am Endegar noch mehr.

    Denn die Zeche fr die neue Kutsche zahlen alle.Mach es einfach Kanzler-Style, alles wird vom Volkbezahlt, sagt Prinz Pi und verrt auch das Konzept fr

    einen anhaltenden Burgfrieden: Gib dem AffenZucker!

    Tante Kthe plaudert aus dem Nhkstchen

    Bringt eure Toten raus!

    Folteropfer vorliegen, die nach-

    weisen,dass diese Menschen meist

    lebenslange Folgen davontragen.

    Dabei ist die Form der Folter,

    also ob es sich um eine psychische

    oder eine physische Folter han-

    delt, irrelevant.Waren die Betrof-

    fenen gezielter Manipulation,Er-niedrigungen oder extremem psy-

    chischem Stress ausgesetzt, litten

    sie noch Jahre spter unter hnlich

    starken Langzeitfolgen, wie sie

    von Opfern krperlicher Folter

    bekannt sind.

    Eine Unterscheidung zwi-

    schen Folter und erniedrigender

    Behandlung ist nicht nur nutzlos,

    sondern auch gefhrlich, kom-

    mentierte der Psychologieprofes-sor Steven Miles von der Univer-

    sitt Minnesota. Die Betroffenen

    leiden jahrelang unter so genann-

    ten posttraumatischen Belastungs-

    strungen:Alptrume, Flashbacks

    und Schlafstrungen gehren zu

    ihrem Alltag. Selbst krperlicher

    Schmerz, Panik oder pltzliche

    Bewusstlosigkeit knnen auftre-

    ten.

    Erosion im NormensystemNach der Verffentlichung der

    Folterbilder von Abu Ghraib stie

    das Vorgehen der Soldaten weit-

    gehend auf Ablehnung. Dennoch

    wurde zeitgleich die Frage aufge-

    worfen, ob angesichts der neuen

    Bedrohung durch Terrorismus das

    absolute Folterverbot nicht auf-

    zuweichen sei.Auch in dem ge-

    genwrtigen Diskurs warf die Vor-

    sitzende des Senatsgeheimdienst-

    ausschusses,Dianne Feinstein,die

    Frage auf, ob denn bei einem dro-henden Terroranschlag nicht

    mglicherweise spezielle Ma-

    nahmen angebracht wren. Un-

    tersttzt durch die mediale Dar-

    stellung, die nach dem 11.Sep-

    tember 2001 massiv zur Rekon-

    struktion des Feindbildes Islam

    beigetragen hat, wird der Ruf

    nach der legalen Wiedereinfh-

    rung der Folter also immer wie-

    der laut. Hier zeigt sich deutlich,dass in Folge schockierender Er-

    eignisse (wie den Terrorakten der

    al Qaida) das gesellschaftspoliti-

    sche Koordinatenkreuz in der

    westlichen Welt sich verndert.

    Und dass es einmal mehr in Zei-

    ten allgemeiner Verunsicherung

    zu Erosionsprozessen von als ab-

    solut geltenden Normen

    kommt.

    Folter-Hitparade

    Die britische Menschen-

    rechtsorganisation Re-

    prieve hat eine Liste

    mit dem am hufigsten

    zu Folterzwecken miss-

    brauchten Liedgut ver-

    ffentlicht. Dass Ver-hrexperten der US-

    Streitkrfte in Guanta-

    namo Bay laute Musik

    einsetzen, um Gefange-

    nen die Zunge zu lok-

    kern, ist seit lngerem

    bekannt. Insbesondere

    Enter Sandman von

    Metallica, verabreicht in

    ohrenbetubenden Do-

    sen, erfreute sich beiden Wrtern groer Be-

    liebtheit.

    DU im Gaza

    Die israelische Armee

    hat es in Gaza verwen-

    det, USA und NATO

    schon seit Anfang der

    90er im Irak, Somalia,

    Jugoslawien und Afgha-

    nistan: Depleted Urani-um (DU), abgereichertes

    Uran fllt in der Pro-

    duktion von Atomstrom

    als Abfallprodukt an. Es

    ist fast doppelt so

    schwer wie Blei, und

    beschleunigt durch-

    dringt es Stahl wie But-

    ter. Militrisch perfekt,

    wrden nicht schon bei

    der Lagerung die eige-nen Soldaten gefhrdet:

    Verschiedene Syndro-

    me unter Veteranen

    sind bekannt, jetzt

    wurde das italienische

    Verteidigungsministeri-

    um zu Entschdigungs-

    zahlungen verurteilt.

    Doch Tumore und Leuk-

    mie erwarten die

    Menschen vor Ort noch4,5 Mrd. Jahre.

    B e i Ve r d ac h t w i r d au c hm a l g en a u er n a c hg e h ak t

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    Die NATO: Den Markt freibomben

    R

    ichtungweisend fr die geopolitische Ent-

    wicklung der NATO war das Strategiekon-

    zept, das 1999 auf dem 50jhrigen Jubilum

    des Bndnisses verabschiedet wurde wh-

    rend der Angriffskrieg der NATO auf Jugo-slawien bereits in vollem Gange war.Unter Vorsitz des Bundeswehr-

    generals Klaus Naumann wurde beschlossen, dass die Sicherheits-

    interessen der Mitgliedsstaaten nunmehr nicht erst bei einem mi-

    litrischen Angriff ihrer Territor ien berhrt seien,sondern die Ge-

    fhrdung auch Akte des Terrorismus, der Sabotage und des orga-

    nisierten Verbrechens,sowie die Unterbrechung der Zufuhr lebens-

    wichtiger Ressourcen umfasse.Was 1999 in der NATO beschlos-

    sen wurde,ist damit nichts weiter als die weltweite militrische Un-

    tersttzung der wirtschaftlichen Interessen ihrer bedeutendsten

    Mitgliedsstaaten, die Stabilisierung jenes globalen Armutsgeflles,

    welches sie zu verantworten haben: Die Militarisierung des Neo-liberalismus.

    Neue Strategiekonzepte: Die Naumann-PapiereGeht es nach den tonangebenden NATO-Strategen,soll diese Aus-

    richtung der Allianz weiter ausgebaut werden. Der NATO-Gipfel

    im Rahmen des 60jhrigen Jubilums im April 2009 wird hierfr

    einen weiteren Meilenstein darstellen. Bereits erwhnter Klaus

    Naumann hat gemeinsam mit vier anderen hochkartigen NATO-

    Generlen ein neues Strategiepapier in die Diskussion eingebracht,

    ber welches im April abgestimmt werden soll. Die wichtigsten

    Eckpfeiler sind:1. Die Mglichkeit eines Ersteinsatzes von Nukle-arwaffen gegen Staaten ohne Atomwaffen im Falle eines drohen-

    den Einsatzes von chemischen Waffen; 2. der Aufbau eines eigenen

    NATO-Raketenabwehrschirms; 3. die fortgefhrte NATO-Erwei-

    terung im postsowjetischen Raum;4. der Ausbau zivil-militrischer

    Kooperationen zur Stabilisierung von Regionen und Staaten; 5.

    die Abschaffung des Konsensprinzips zugunsten von Mehrheitsent-scheidungen und die Mitbestimmung militrischer Operationen nur

    durch Mitglieder,die sich am Krieg beteiligen;6. die Kriegsfhrung

    der NATO auch ohne UN-Mandat. Begrndet wird die Notwen-

    digkeit dieser Neuerungen damit, dass die Glaubhaftigkeit und

    Handlungsfhigkeit der NATO unbedingt gestrkt werden mssen,

    um den Schutz des Zugangs zu notwendigen Ressourcen weiter zu

    gewhrleisten.

    Afghanistan zum westlichen ProtektoratIm Afghanistan-Krieg wird die strategische Ausrichtung der NATO

    bereits sehr deutlich. Das Land ist fr den Westen von groer geo-strategischer Bedeutung.Aufgrund seiner Lage zwischen den riesi-

    gen Erdl- und Erdgasvorrten in den Nachbarlndern Kasachstan,

    Aserbaidschan,Turkmenistan und Usbekistan auf der einen und dem

    Kaspischen Meer auf der anderen Seite wird Afghanistan zu einem

    Schlsselland fr den Transit der Rohstoffe in den Westen. Dies setzt

    allerdings verlssliche Bndnispartner und eine relative politische Sta-

    bilitt voraus, welche 2001 nicht mehr gegeben waren. Ziel des

    NATO-Einsatzes in Afghanistan ist es also,das Land zum Protekto-

    rat der Allianz zu machen, was mit der Marionettenregierung Kar-

    zais allerdings nur in der Hauptstadt Kabul gelungen ist. Im Rest des

    Landes gestaltet sich die Kontrolle schwierig.Hier kommt nun ein neues Konzept der NATO-Strategen zum

    SCHWERPUNKT

    Gegrndet als Bollwerk des Westens gegen den Ostblock zu Zeiten des Kalten Krieges hat die NATO whrend der letz-

    ten zehn Jahre einen Wandel erfahren, der ihre Bedeutung wieder vergrert. Verteidigt werden nicht mehr die

    Territorien der Mitgliedsstaaten, sondern deren westliche Werte. Geschtzt werden die Mrkte und der Zugang

    zu Ressourcen wie l und Gas

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    Z u r V er t ei d ig u ng d e r w es tl i ch en W e r te u n d d em Z u g an g z u l i s t j e de s M it te l r ec ht

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    tragen, welches sich als Comprehensive Approach einen Namen

    macht: die Aufstandsbekmpfung durch eine zivil-militrische Zu-

    sammenarbeit. Dabei werden zivile Kompetenzen wie jur istische

    Strukturen und humanitre Projekte fr die Umsetzung militri-

    scher Ziele nutzbar gemacht.Dies soll die Besatzung fr die afgha-

    nische Bevlkerung akzeptabler machen, hat jedoch zur Folge, dass

    Hilfsorganisationen wie rzte ohne Grenzen sich aus dem Land

    zurckziehen,weil sie jetzt als vermeintliche Kollaborateure der Be-

    satzer vermehrt zur Zielscheibe von Anschlgen werden.

    Neben der Sicherstellung eines reibungs-

    freien Transits bemht sich die nordatlanti-sche Allianz auch um die regionale Installa-

    tion des gewnschten Wirtschaftssystems:

    Eines (fr den Westen!) vllig offenen Mark-

    tes. Die mit Hilfe der Bundesregierung ge-

    schaffene Afghan Investment Support

    Agency (AISA), ein Investitionsschutzab-

    kommen, verwandelt das Land in das neoli-

    berale Paradies westlicher Konzerne. Es be-

    inhaltet die Mglichkeit eines 100 prozen-

    tigen Firmenbesitzes von Auslndern, Steu-

    erbefreiung und das Recht auf einen 100prozentigen Gewinntransfer ins Ausland.

    Afghanistan kann als eine der offensten

    Volkswirtschaften berhaupt (...) bezeichnet

    werden, jubelt das Bundesamt fr Auen-

    wirtschaft und bereits profitierende Kon-

    zerne wie Alcatel, Siemens und Coca Cola knnen sich bei der

    NATO fr die Frei-Schieung dieses Marktes bedanken. Nun ms-

    sen nur noch die hearts and minds der Aufstndischen fr diesen

    Enduring Freedom der NATO-Mitglieder,Coca Cola & Co. ge-

    wonnen werden.

    Anfang einer neuen BlockbildungDer NATO-Krieg in Afghanistan und der US-Krieg im Irak sind

    mglicherweise erst der Anfang einer umfassenden westlichen In-

    tervention zur Umstrukturierung einer weitaus greren Region,

    welche im Grunde den gesamten Nahen und Mittleren Osten mit

    seinen Rohstoffvorkommen umfasst. Neben Pakistan wird der Iran

    als mgliches Interventionsfeld der NATO diskutiert, wobei hier

    der Einsatz von Nuklearwaffen nicht ausgeschlossen wird,denn nach

    Naumann existiere die Gefahr,der Iran knne eine Region domi-

    nieren,die ber die grten l- und Gasreserven der Welt verfgt.

    Es ist zudem nicht auszuschlieen, dass die Ressourcenknapp-heit zu einer neuen Blockbildung zwischen der NATO auf der ei-

    nen und Rulands und Chinas auf der anderen Seite fhrt. Der

    Georgien-Konflikt 2008 und der Gasstreit zwischen Ruland und

    der Ukraine legen dies nahe,denn auch hier geht es um geostrate-

    gische Interessen. Die geplante NATO-Osterweiterung im postso-

    wjetischen Raum um die Ukraine und Georgien stellt eine Bedro-

    hung fr Ruland dar,welches bereits mit einer militr ischen Auf-

    rstung gedroht hat.Weitere Anzeichen fr eine mgliche Block-

    bildung sind die geplanten Raketenabwehrschirme der USA und

    der NATO sowie eine massive Intensivierung der Zusammenarbeit

    Rulands und Chinas in der Shanghaier

    Vertragskooperation, welche als eine ArtGegen-NATO gewertet wird und nun

    auch energiepolitische Fragen gemeinsam

    besprechen mchte der Iran und Pakistan

    haben bereits eine Vollmitgliedschaft bean-

    tragt.

    Auch auf westlicher Seite knnte der

    Block wieder enger zusammenstehen als in

    den letzten Jahren. Nach dem Alleingang

    der USA im Irak und heftigen transatlan-

    tischen Auseinandersetzungen wird fr die

    Amtszeit Obamas ein engeres Zusammen-arbeiten der Bndnispartner innerhalb der

    NATO erwartet. Nicht zuletzt aufgrund

    der wirtschaftlichen Probleme der USA

    und der Irak-Katastrophe ist Obama auf

    eine bessere Bndnisarbeit mit der EU an-

    gewiesen. Das gemeinsame Bestreben, die Marktdominanz gegen

    Ruland und China aufrecht zu erhalten, knnte das Wiedererstar-

    ken der NATO vorantreiben und die Rolle der EU dabei krftigen.

    Auf die Krise folgt die Kriegspolitik

    Die offensichtliche Krise des kapitalistischen Systems, welche sichhierzulande in der Zuspitzung der gesellschaftlichen Verhltnisse

    zeigt, wird sich nach Auen in einer noch aggressiveren Kriegspo-

    litik bemerkbar machen. Die reibungsfreie Ausbeutung anderer Ln-

    der durch den offenen Zugang zu Mrkten und Ressourcen wird

    in Krisenzeiten noch wichtiger fr die berlebensfhigkeit der

    westlichen Dominanz auf dem kapitalistischen Weltmarkt und des

    hier herrschenden Lebensstandards.Untersttzt wird dies durch die

    fortschreitende Akzeptanz der Militarisierung: Die Legitimierung

    von NATO-gefhrten Kriegen scheint seit Afghanistan immer un-

    problematischer, ffentliche Gelbnisse vor dem Reichstag und

    Denkmler fr gefallene Soldaten der deutschen Bundeswehr wer-den in unserer Gesellschaft wieder mglich.

    0 5 / / / A n t i b e r l i n e r 2 0 / 2 0 0 9

    G e n er a l se k r et r d e r N A TO , J a a p d eH o o p S c h e f f e r

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    Kriegstreibertreffen

    Die wichtigsten Kriegs-

    treiber unserer Zeit

    treffen sich im April

    2009 in Strasbourg, um

    60 Jahre Krieg und Mili-

    tarisierung zu feiern,

    neue Kriege zu planenund die Kriegsfhrung

    der NATO schneller und

    effektiver zu gestalten.

    Doch auch der Wider-

    stand wird sich in

    Strasbourg und Baden-

    Baden zeigen. Protago-

    nisten der antimilitari-

    stischen Bewegung ru-

    fen zu Demonstratio-

    nen, Blockaden und di-rekten Aktionen auf.

    dazwischengehen.org

    Aus Liebe zu Rosa

    Im Januar 2009 er-

    schien die Broschre

    Die Revolution sagt:

    ich war, ich bin, ich

    werde sein. Luxemburg

    und Liebknecht frs 21.

    Jahrhundert. Das ge-

    schichtspolitische Heft

    wurde herausgegeben

    von der ALB und demStudierendenverband

    DieLinke.SDS und be-

    fasst sich mit dem Leben

    und Wirken der beiden

    Revolutionre Karl Lieb-

    knecht und Rosa Luxem-

    burg zwischen Weltkrieg

    und Revolution (1914-

    1919).

    Die Broschre kann

    bestellt werden unter:ww.antifa-versand.de

    0 6 / / / A n t i b e r l i n e r 2 0 / 2 0 0 9

    I hre aktuelle Aufgabe im In-neren besteht neben der Le-gitimation der Auslandsein-stze vor allem in Werbung und

    Rekrutierung in eigener Sache,

    und diese ist durchaus vielfltig.

    Prsenz auf Messen ...Ein Teil des umfangreichen Werbe-

    und Rekrutierungsprogramms derBundeswehr besteht in deren Pr-

    senz auf Fachmessen. Egal ob auf

    der Jugendmesse YOU in Berlin,

    bei dem Kongress der Deutschen

    Gesellschaft fr Chirurgie oder

    auch auf der Computerspiele-

    Messe Games Convention in

    Leipzig, die Bundeswehr war mit

    einem eigenen Stand und einem

    aufgemotzten Infotruck vertreten.

    Nach eigenen Angaben waren esim Jahr 2008 mehr als 40 Fachmes-

    sen unterschiedlichster Bereiche,

    auf denen die Bundeswehr prsent

    war.So soll ein noch strkerer Ein-

    fluss auf das ffentliche Bewusst-

    sein genommen werden und

    gleichzeitig das Militr als ein se-

    riser und zukunftsfhiger Arbeit-

    geber dargestellt werden.

    ...Arbeitsamter und SchulenNeben den Fachmessen sind vor

    allem Jobmessen als auch die Bun-

    desagentur fr Arbeit direkt ein

    Schwerpunkt der Rekrutierungs-

    arbeit. Bundesweit unterhlt die

    Bundeswehr in elf Arbeitsagentu-

    ren eigene Bros,und in ber 200

    Agenturen finden regelmige

    Werbeveranstaltungen statt. Kar-

    riere Treff nennt sich dieses Re-

    krutierungsprogramm. Hierzutouren speziell geschulte Soldaten

    mit schwerem Gert, so wie ei-

    nem als Informationszentrum

    umgebauten Truck, dem so ge-

    nannten Karriere-Truck und un-

    terschiedlichem Kr iegsgert zum

    Anschauen und Anfassen durch

    grere und kleinere Stdte in

    Deutschland.Ebenfalls im Gepck

    befinden sich Unmengen an Wer-

    bematerial wie Broschren oderDVDs, in denen die Bundeswehr

    ber unterschiedliche Beschfti-

    gungsmglichkeiten bei den ver-

    schiedenen Waffengattungen, der

    medizinischen Abteilung oder

    Verwaltung informiert. Kletter-

    wand und allerlei technische Ge-

    rtschaften wie ein Flugsimulator

    oder ein Feldjgermotorrad lsst

    besonders fr junge Menschen das

    Militr attraktiv erscheinen. Vorallem aber die Perspektivlosigkeit

    durch Hartz IV und eine hohe

    Jugendarbeitslosenquote helfender Bundeswehr bei ihrer Rekru-

    tierungsoffensive ungemein.

    Gern werden auch mit Schul-

    klassen Planspiele durchgefhrt,

    bei denen die Schler in unter-

    schiedliche Rollen schlpfen und

    versuchen, weltpolitische Kon-

    flikte zu lsen,welche dann auch

    fast immer in Kriegseinstzen

    mnden. Der Informationsstand

    auf dem Schulhof oder dem Uni-versittscampus gehrt mittler-

    weile zum Standardprogramm.

    Auch mit gezielten Freizeitange-

    boten wie z.B. Camps oder Be-

    sichtigungen von ausgemuster-

    tem Kriegsgert buhlt die Bun-

    deswehr um die Gunst der Ju-

    gend.

    Das ist hip, das ist cool

    Das Ziel dieser Rekrutierungs-manahmen liegt zum einen in

    einer direkten Imageverbesse-

    rung des Militrs an sich,zum an-

    deren als auch damit einherge-

    hend in einer Militarisierung der

    gesamten Gesellschaft.Das Image

    der Bundeswehr soll durch im-

    mer professioneller gefhrte Wer-

    bemanahmen dahingehend ver-

    ndert werden, dass diese als ein

    ganz normaler Arbeitgeber untertausend Anderen erscheint. Aus

    Sicht der Bundeswehr ist dies

    auch bitter ntig,da trotz der in-

    tensiven Werbemanahmen und

    Untersttzung durch Medien

    und Politik immer noch der

    Groteil der Bevlkerung Aus-

    landseinstze wie in Afghanistan

    ablehnend gegenbersteht und

    die Bundeswehr noch lange nicht

    bei der erwnschten Normalittangelangt ist.

    Moderne BauernfngerDass die Bundeswehr ihre Prsenz in Afghanistan und vor der Kste Somalias ausweitet,

    ist bekannt. Die Aktivitten an der Heimatfront werden allerdings kaum wahrgenommen

    H a n dyb i l de r , K l i n g e l t n e , C om p ut e r sp i e l e d i e

    B un de sw eh r m ac ht a uf m o( r) de rn

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    Dresden blockiert

    Am 14. Februar, dem

    Jahrestag der Bombar-

    dierung Dresdens durch

    die Alliierten, werden

    wieder Tausende von

    Neonazis in der schsi-

    schen Landeshaupt-stadt erwartet. Der

    Trauermarsch ist fr

    die deutsche Neonazi-

    Szene zum immer wie-

    derkehrenden Hhe-

    punkt des Jahres ge-

    worden. Sptestens seit

    dem Jahre 2006, als

    mehr als 6.000 Teilneh-

    mer gezhlt wurden,

    gilt die Demonstrationals Grte ihrer Art in

    Europa.

    Bisher schlug ihnen

    in Dresden vergleichs-

    weise wenig Wider-

    stand entgegen. Ein

    ignoranter Polizeiappa-

    rat, eine kaum vorhan-

    dene Zivilgesellschaft

    und nicht zuletzt die

    selbstgewhlte Isolati-on der lokalen Antifa-

    szene wren hier ur-

    schlich zu nennen.

    In diesem Jahr hat

    sich jedoch mit No

    pasarn! ein Vorberei-

    tungskreis zusammen

    gefunden, der bereits

    Untersttzung von

    mehr als 40 Antifa-

    Gruppen sowie vombundesweiten Netzwerk

    der Interventionisti-

    schen Linken (IL) gefun-

    den hat.

    In Koordinierung mit

    dem brgerlichen

    Bndnis Geh Denken

    soll es vielflige Aktio-

    nen und Demonstatio-

    nen geben, um die Na-

    zis endlich zu stoppen.www.antifa.de.

    Nach Elssser ist diederzeitige Finanzkri-

    se kein systemimma-

    nenter Fehler des Kapitalismus,

    vielmehr handele es sich um einen

    bewussten Angriff des anglo-

    amerikanischen Finanzkapitals.

    Dieses sei in allen Staaten eng

    mit dem Bankkapital verbun-

    den. Industrie- und Bankkapital

    stnden in einem zunehmendem

    Widerspruch zueinander, wes-halb es um den Aufbau einer

    Volksfront gehen msse, die das

    national (...) orientierte Industrie-

    kapital einschliet.

    Brgerlicher DiskursGrundstzlich kann hier zwar von

    gewhnlichem Standortnationa-

    lismus mit kapitalismuskritischem

    Anstrich gesprochen werden. Als

    Reaktion auf die Finanzkrise warhnliches auch aus den brgerli-

    chen Parteien bis hin zu FDP und

    CDU zu vernehmen.In der Form

    allerdings,wie Elssser diese Inhal-

    te prsentiert, bietet er Neonazis

    eine offene Flanke fr ihre antise-

    mitische Propaganda.

    Dass nmlich auch Nazis die

    Weltwirtschaft seit jeher als ge-

    steuerten Prozess zu erkennen

    glauben, der Krisen bewusst her-bei fhrt und zudem die charak-

    teristische Trennung von raffen-

    dem Bank- und schaffendem In-

    dustriekapital vornehmen, sollte

    Elssser aufgrund seiner antideut-

    schen Vergangenheit wissen.

    Gerade deswegen verwundert

    es,dass Elssser etwa den Terminus

    anglo-amerikanische Finanzari-

    stokratie benutzt,der bei Neona-

    zis als Synonym fr jdischeWeltfinanz gilt.Nicht, dass er mit

    seiner Volksfront ein Bndnis bis

    hin zur NPD angestrebt htte.

    Gegenber dieser hat er sich zu

    Anfang der Veranstaltung deutlich

    abgegrenzt.Viel wahrscheinlicher

    hat er gezielt in tiefbraunen Ge-

    wssern gefischt, um fr seine

    Volksinitiative neue Anhnger anLand zu ziehen.

    Stammtisch ParolenElssser zielt nicht das erste Mal

    auf rechte Ressentiments. In ei-

    nem Artikel in der Tageszeitung

    junge Welt die ihn danach vor die

    Tr setzte kritisierte er den So-

    zialabbau, stellte ihm aber nicht

    etwa Kriegsausgaben oder Steuer-

    geschenke fr Superreiche gegen-ber, sondern die staatliche Sub-

    vention von Multikulti,Gender-mainstreaming und (...)

    schwule(r) Subkultur. In der Wo-

    chenzeitung Freitagnahm er sp-

    ter Lafontaines Polemik gegen

    Fremdarbeiter in Schutz und

    bezeichnete Migranten als Waf-

    fe gegen das inlndische Proleta-

    riat. Schon damals gab es Beifall

    aus der rechten Ecke.

    Es war also abzusehen,dass sich

    ein gutes Dutzend (zum Teil be-kannte) Neonazis unter den 120

    Gsten der Veranstaltung befin-

    den sollten.Hatte doch selbst der

    stellvertretende Bundesvorsitzen-

    de der NPD Holger Apfel die In-

    itiative begrt und konstrukti-

    ve Begleitung seiner Partei ver-

    sichert.

    Eine handvoll Antifas lie es

    sich dann auch nicht nehmen,auf

    die provokante Anwesenheit vonNeonazis in Kreuzberg zu reagie-

    ren.Sie drang nach dem Ende der

    Diskussion in das Lokal ein und

    lieferte sich eine Saalschlacht mit

    den Rechten,die auch der verur-

    teilte Holocaustleugner Gerd

    Walther nicht unverletzt ber-

    stand.

    Zurck auf Los

    In der Folge wurde der Volksin-itiative eine uerst intensive,me-

    diale Aufmerksamkeit zu Teil.Und

    diese wiederum fhrte dazu,dass

    Jrgen Elsssers Autorenvertrag

    mit dem Neuen Deutschland auf-

    gekndigt wurde. Sptestens ab

    diesem Zeitpunkt ruderte der nun

    arbeitslose Publizist zurck und

    gestand ein,durch eine unzuver-

    lssige Verkrzung des Sachver-

    halts die falschen Leute ange-lockt zu haben.

    Am 10.1.2009 lud der Publizist Jrgen Elssser in die Kreuzberger Kneipe Max & Moritz, um

    dort seine Thesen zur Finanzkrise zu prsentieren und fr die Grndung einer Volksin-

    itiative gegen Finanzkapital zu werben. Ungefragt rief auch die NPD zur Veranstaltung auf,

    was bei der inhaltlichen Ausrichtung der Initiative jedoch nicht verwundern darf

    Die Geister, die ich rief...

    0 7 / / / A n t i b e r l i n e r 2 0 / 2 0 0 9

    Wer auf d en Zu g d erQue r f r ont a u f sp ri n g t , l a n -d et g an z s chn el l au f d empol i t i s chen Abs te l l g l e i s

  • 8/9/2019 Antiberliner 20

    8/8

    Chefsache Folter

    Nach 9/11 proklamierte

    US-Prsident Bush den

    Krieg gegen den Terror.

    In seinem Namen er-

    folgten nicht nur die

    Angriffe gegen Afghani-

    stan und Irak, sondernauch die Inhaftierung

    zahlreicher Unschuldi-

    ger. Unrechtmig wur-

    den sie jahrelang ge-

    fangen gehalten und

    gefoltert, oft zu Tode.

    Der Film zeigt neben

    den einschlgigen Bil-

    dern auch anderes,

    nicht so medienwirksa-

    mes Material, das nichtweniger schockierend

    ist. Seine Strke be-

    steht darin, dass er vor

    allem jene Schreib-

    tischtter entlarvt, die

    bislang keinen Prozess

    zu befrchten hatten.

    Waltz With Bashir

    Ausgehend vom Drang

    des Regisseurs, seine

    eigene in den beru-

    higenden Nebel der

    Vergessenheit geratene

    Vergangenheit aufzu-arbeiten, entstand mit

    Waltz With Bashir

    eine animierte, auto-

    biographische Doku-

    mentation, die sich mit

    dem Phnomen der

    Verdrngung, dem er-

    sten Libanonkrieg im

    Allgemeinen und dem

    Massaker von Sabra und

    Shatile im Besonderenauseinandersetzt.

    0 8 / / / A n t i b e r l i n e r 2 0 / 2 0 0 9

    Tante Erna empfie lt heute: Wer i s t Husse in aus Hawai i wi rkl i ch?

    Benedikt Pliquett ist nicht

    nur Torwart beim FC St.Pau-

    li, sondern engagiert sich

    auch gegen Nazis und Ras-sismus. Grund genug, mit

    ihm ein Interview fr denAntiberlinerzu fhren

    Der FC St. Pauli hat in

    der aktuellen Saison

    keine schlechte Hin-

    runde gespielt.Glaubst du, der Auf-

    stieg in die erste Fussball-Bundes-

    liga ist in diesem Jahr noch drin?

    Wenn man sich die aktuelle Ta-bellensituation anschaut, dann

    sind es ja nur drei Punkte, die

    den Abstand zu einem Aufstiegs-

    platz ausmachen.

    Und wenn man die fehlende

    Konstanz vieler Mannschaften

    in der Hinrunde auch in Be-

    tracht zieht, dann haben wir si-

    cher noch alle Mglichkeiten.

    Fr Gstemannschaften auf

    St.Pauli ist das Stadion am Mil-lerntor ein echter Hexenkessel.Was

    bewirkt diese Stimmung bei euch

    Heimspielern?

    Ich denke,wenn man sich unse-

    re Heim- und Auswrtsbilanz

    anschaut,dann kann man daraus

    einiges schlieen:Es scheint bei

    vielen in der Mannschaft einiges

    zu bewirken. Mir ist es eigent-

    lich fast egal, ob home or away,

    ich will immer gewinnen. Undwenn ich dann von den gegne-

    rischen Fans bepbelt werde,

    dann stachelt mich das genau so

    an. Aber wir haben ja auswrtsauch immer reichlich eigene

    Fans dabei.

    Werdet ihr auswrts fter bepbelt?

    Naja das bliche halt, das dich

    die gegnerischen Fans nicht

    mgen. Hufig ist es dann sim-

    pel wie Schei Sankt Pauli,

    aber ab und zu gibt es leider

    auch politisch unkorrekte Rufe.

    Der FC St. Pauli ist fr seine an-

    tifaschistisch eingestellten Fans be-kannt, und auch du engagierst dich

    selbst gegen Rechts.Wie kam es zu

    diesem fr Fussballspieler eher un-

    gewhnlichen Einsatz?

    Ich bin so erzogen worden und

    auch in einem eher linken Um-

    feld aufgewachsen. Hinzu

    kommt mein Hip-Hop Life-

    style und in diesem Zusam-

    menhang schon frhe negative

    Erfahrungen mit Nazis. Jetzt,wo ich ffentlich Gehr finde,

    versuche ich mich mit Betracht

    auf Nachhaltigkeit gegen

    Rechts stark zu machen.

    Die Ultr Sankt Pauli machen

    gegen staatlichen Rassismus mobil

    und untersttzen Migranten, die

    von Abschiebung bedroht sind.Was

    hltst du von diesem Engagement?Egal welche Vorurteile dem Be-

    griff Ultr heutzutage anhn-

    gen, finde ich es echt fanta-

    stisch, wie viel positives sozia-

    les Engagement von dieser

    Gruppe ausgeht. Speziell die

    Zusammenarbeit mit den Mi-

    granten im Abschiebelager in

    Horst - nrdlich von Hamburg

    - finde ich unglaublich toll.

    In der Mnnerdomne Fussball istHomosexualitt noch immer ein

    riesiges Tabu.Vor welchen Proble-

    men knnte ein Spieler beim FC

    St. Pauli stehen, wenn er sich ou-

    ten wrde?

    Ich verstehe es auf der einen

    Seite nicht, warum sich keiner

    outet, kann mir aber denken,

    wovor viele Angst htten. So

    ein coming out als Fuballer

    wrde sicherlich fr ein riesi-ges Medienspektakel sorgen,

    aber auf der anderen Seite auch

    zu Ausgrenzung und Miach-

    tung fhren, da unsere Gesell-

    schaft,bzw. die Fankultur noch

    nicht so weit ist. Grundstzlich

    bin ich da derselben Meinung

    wie unser Prsident Corny

    Littmann selbst bekennender

    Homosexueller: Einer von elf

    ist homosexuell (nicht zu wrt-lich nehmen).

    Egal wo, ich willimmer gewinnen

    B e ne di k t B en e P l i qu e t t, T o rw a r t d e s F CS t. Pa ul i