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Antwort des Senats auf die Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN vom 13. April 2011 „Praxis der Scheineheermittlung“ „Der Bremer Ausländerbehörde wird vorgeworfen, ihre Ermessensspielräume bei der Vergabe der deutschen Staatsbürgerschaft zu restriktiv auszulegen, binationale Ehepartnerinnen und Ehepartner dabei zu benachteiligen und mit Fragen zu konfrontieren, die ggf. die Privatsphäre verletzen. Hintergrund: Von 2.500 bis 3.000 Ehen, die jährlich in Bremen und Bremerhaven geschlossen werden, ist ungefähr jede fünfte eine binationale Ehe. Das bedeutet, einer der Partner ist im Besitz einer anderen Staatsbürgerschaft als der deutschen. Das Grundgesetz stellt die eheliche Gemeinschaft unter besonderen Schutz des Staates und der Gesellschaft. Nach geltendem Recht erwirbt nun der Ehepartner ohne deutschen Pass nach zwei Jahren ehelichen Zusam- menlebens einen Anspruch auf die deutsche Staatsbürgerschaft. Der Missbrauch dieser Regelung ist als Scheineheschließung bekannt. Eine Scheinehe wird ausschließlich zu dem Zweck des Erwerbs der Staatsbürgerschaft geschlossen. Die Ausländer- behörde hat durch den Bundesgesetzgeber den Auftrag bekommen, die Vergabe der deutschen Staatsbürgerschaft bei eindeutigen Hinweisen auf Scheineheschließung zu verhindern. Mit Hilfe eines ausführlichen Fragebogens versucht nun die Ausländerbehörde vor der Vergabe des Aufenthaltstitels zu überprüfen, inwieweit die Partnerschaft den Charakter einer Ehe einnimmt, um so Scheinehen von anderen Ehen zu unterscheiden. Der Katalog enthält über 100 Fragen, die teilweise die Privatsphäre der Partnerinnen bzw. Part- ner berührt und im Zweifelsfall verletzt, wie beispielsweise: „Wann und wo haben Sie Ihren Ehegatten kennen gelernt?“, „Was haben Sie bei Ihrem ersten und zweiten Treffen gemacht?“ und „Haben Sie einen Kosenamen für Ihren Ehegatten?“. Der Ausländerbehörde wird vorgewor- fen, dass der Fragebogen unnötig oft zur Anwendung kommt und auf diese Weise Personen aus binationalen Partnerschaften einem generellen Verdacht auf Scheineheschließung aus- setzt. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Seit wann wird der Fragebogen zur Ermittelung der Scheineheschließung in Bremen ange- wendet und wer hat den Einsatz angeordnet? Warum und durch wen wurde der Fragebogen zur Verschlusssache erklärt? 2. Wie viele Fälle von nachgewiesenen Scheineheschließungen gab es in den Jahren 2009 und 2010 in Bremen und wie viele Ehen wurden aufgrund einer „fehlerhaften“ Beantwortung des Fragebogens und/oder aufgrund einer Hausdurchsuchung zur Scheinehe erklärt (bitte in absoluter Zahl und in Prozent der Eheschließungen gesamt bzw. der binationalen Ehen)? 3. Welche Anhaltspunkte auf Scheineheschließung führen zum Einsatz des jetzt vorliegenden Fragebogens? 4. Wie viele Befragungen in Bremen (in absoluter Zahl und in Prozent der Eheschließungen) wurden seit der Anwendung dieses Fragebogens bis heute durchgeführt? 5. Welche Folgen hat eine „fehlerhafte“ Beantwortung der Fragen und ab wann (Anzahl der Fragen und/oder subjektiver Eindruck des Interviewers) gilt die Beantwortung als fehlerhaft im Sinne des Scheineheverdachts? 6. Wie wird gewährleistet, dass der in auf Deutsch verfasste Fragenkatalog für Migrantinnen und Migranten verständlich ist? Gibt es Übersetzungen?

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Antwort des Senats auf die Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN vom 13. April 2011 „Praxis der Scheineheermittlung“ „Der Bremer Ausländerbehörde wird vorgeworfen, ihre Ermessensspielräume bei der Vergabe der deutschen Staatsbürgerschaft zu restriktiv auszulegen, binationale Ehepartnerinnen und Ehepartner dabei zu benachteiligen und mit Fragen zu konfrontieren, die ggf. die Privatsphäre verletzen. Hintergrund: Von 2.500 bis 3.000 Ehen, die jährlich in Bremen und Bremerhaven geschlossen werden, ist ungefähr jede fünfte eine binationale Ehe. Das bedeutet, einer der Partner ist im Besitz einer anderen Staatsbürgerschaft als der deutschen. Das Grundgesetz stellt die eheliche Gemeinschaft unter besonderen Schutz des Staates und der Gesellschaft. Nach geltendem Recht erwirbt nun der Ehepartner ohne deutschen Pass nach zwei Jahren ehelichen Zusam-menlebens einen Anspruch auf die deutsche Staatsbürgerschaft. Der Missbrauch dieser Regelung ist als Scheineheschließung bekannt. Eine Scheinehe wird ausschließlich zu dem Zweck des Erwerbs der Staatsbürgerschaft geschlossen. Die Ausländer-behörde hat durch den Bundesgesetzgeber den Auftrag bekommen, die Vergabe der deutschen Staatsbürgerschaft bei eindeutigen Hinweisen auf Scheineheschließung zu verhindern. Mit Hilfe eines ausführlichen Fragebogens versucht nun die Ausländerbehörde vor der Vergabe des Aufenthaltstitels zu überprüfen, inwieweit die Partnerschaft den Charakter einer Ehe einnimmt, um so Scheinehen von anderen Ehen zu unterscheiden. Der Katalog enthält über 100 Fragen, die teilweise die Privatsphäre der Partnerinnen bzw. Part-ner berührt und im Zweifelsfall verletzt, wie beispielsweise: „Wann und wo haben Sie Ihren Ehegatten kennen gelernt?“, „Was haben Sie bei Ihrem ersten und zweiten Treffen gemacht?“ und „Haben Sie einen Kosenamen für Ihren Ehegatten?“. Der Ausländerbehörde wird vorgewor-fen, dass der Fragebogen unnötig oft zur Anwendung kommt und auf diese Weise Personen aus binationalen Partnerschaften einem generellen Verdacht auf Scheineheschließung aus-setzt. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Seit wann wird der Fragebogen zur Ermittelung der Scheineheschließung in Bremen ange-

wendet und wer hat den Einsatz angeordnet? Warum und durch wen wurde der Fragebogen zur Verschlusssache erklärt?

2. Wie viele Fälle von nachgewiesenen Scheineheschließungen gab es in den Jahren 2009 und 2010 in Bremen und wie viele Ehen wurden aufgrund einer „fehlerhaften“ Beantwortung des Fragebogens und/oder aufgrund einer Hausdurchsuchung zur Scheinehe erklärt (bitte in absoluter Zahl und in Prozent der Eheschließungen gesamt bzw. der binationalen Ehen)?

3. Welche Anhaltspunkte auf Scheineheschließung führen zum Einsatz des jetzt vorliegenden Fragebogens?

4. Wie viele Befragungen in Bremen (in absoluter Zahl und in Prozent der Eheschließungen) wurden seit der Anwendung dieses Fragebogens bis heute durchgeführt?

5. Welche Folgen hat eine „fehlerhafte“ Beantwortung der Fragen und ab wann (Anzahl der Fragen und/oder subjektiver Eindruck des Interviewers) gilt die Beantwortung als fehlerhaft im Sinne des Scheineheverdachts?

6. Wie wird gewährleistet, dass der in auf Deutsch verfasste Fragenkatalog für Migrantinnen und Migranten verständlich ist? Gibt es Übersetzungen?

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- 2 - 7. In wie vielen Fällen wurden in den Jahren 2009 und 2010 Hausdurchsuchungen vorge-

nommen? Welche Ergebnisse hatten die Durchsuchungen und wie viele Menschen wurden aufgrund der Ergebnisse in ihr Herkunftsland ausgewiesen?

Wer ist bei der Hausdurchsuchung das durchführende Organ? Ist für die Durchsuchung eine richterliche Anordnung erforderlich, und welche Merkmale deuten bei einer Hausdurchsuchung auf eine Scheinehe hin bzw. von wem werden diese Merkmale interpretiert?“ Der Senat beantwortet die Kleine Anfrage wie folgt:

Vorbemerkung: Neben der formal wirksamen Ehe ist das Bestehen einer ehelichen Lebensgemeinschaft Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels im Rahmen des Ehegattennach-zugs. Die Aufenthaltserlaubnis für ausländische Familienangehörige wird nach § 27 Ab-satz 1 des Aufenthaltsgesetzes zur Herstellung und Wahrung der familiären Lebensge-meinschaft erteilt. Das Aufenthaltsgesetz normiert in § 27 Abs. 1a einen ausdrücklichen Ausschlussgrund für den Ehegattennachzug im Falle einer Scheinehe, eines Scheinverwandtschaftsver-hältnisses oder einer Zwangsverheiratung. Es geht dabei um Fälle, bei denen die Ehe oder das Verwandtschaftsverhältnis ausschließlich zu dem Zweck geschlossen oder be-gründet wurde, dem Nachziehenden den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen oder bei denen tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme begründen, dass einer der Ehegatten zur Eingehung der Ehe genötigt wurde. Die Ausländerbehörde oder die Auslandsvertretung kann nach den bundesweit gelten-den Verwaltungsvorschriften zum Aufenthaltgesetz Ermittlungen anstellen, wenn im Ein-zelfall tatsächliche Anhaltspunkte dafür bekannt werden, dass zumindest ein Ehegatte entgegen seiner Angaben keine eheliche Lebensgemeinschaft herstellen will. Eine gleichzeitige Befragung beider Ehegatten ist zulässig und nach einem Beschluss des Rates der Europäischen Union auch geboten. Die Ausländerbehörden nutzen bei Zwei-feln auch die Möglichkeit, eine kurz befristete Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, um bei einer Verlängerung das tatsächliche Bestehen der ehelichen Lebensgemeinschaft fest-zustellen.

Im Rahmen eines Visumverfahrens erfolgt eine Befragung häufig auf Initiative der Aus-landsvertretungen. Die Tätigkeit der Ausländerbehörden und der Auslandsvertretungen vollzieht sich in ei-nem sensiblen Bereich. Es geht einerseits darum, einen Missbrauch des Familiennach-zugsrechts bei sog. Scheinehen oder Zwangsverheiratungen zu verhindern, andererseits die Intimsphäre der Betroffenen zu wahren. Die Frage nach den Lebensumständen in Bezug auf die Gestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft ist bei der Befragung zu-lässig und erforderlich, nicht aber ein Eingriff in die Intimsphäre der Betroffenen. Die viel-fältigen Gestaltungsmöglichkeiten der ehelichen Lebensgemeinschaft sind bei der Beur-teilung der Frage, ob ein Missbrauchsfall vorliegt, zu berücksichtigen. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ausländerbehörden im Land Bremen wird über ein dv-gestütztes Sachbearbeitungsprogramm ein Fragenkatalog zur Verfügung gestellt, aus dem sie einzelfallbezogen Fragen zusammenstellen können, sofern Anlass zu der Annahme besteht, es könnte sich um einen Missbrauchsfall handeln. Dieser Fra-genkatalog ist aktuell in Abstimmung mit der Landesbeauftragten für den Datenschutz und Informationsfreiheit überarbeitet worden.

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- 3 - Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Kleine Anfrage wie folgt:

1. Seit wann wird der Fragebogen zur Ermittlung der Scheineheschließung in Bre-

men angewendet und wer hat den Einsatz angeordnet? Warum und durch wen wurde der Fragebogen zur Verschlusssache erklärt? Antwort zu Frage 1: Einen einzelnen Fragebogen zur Ermittlung von Missbrauchsfällen hat es in der Auslän-derbehörden nicht gegeben. Schon aufgrund der unterschiedlichen Fallkonstellationen wäre die Verwendung eines einzelnen Fragebogens nicht möglich gewesen. Derzeit werden Fragen aus einem Fragenpool zusammengestellt, um der unterschiedlichen Le-benssituation der Betroffenen gerecht werden zu können. Hinzu kommen jene Fälle, hauptsächlich in Visumverfahren, in denen Fragen von den jeweils zuständigen deut-schen Auslandsvertretungen vorgeschlagen werden.

2. Wie viele Fälle von nachgewiesenen Scheineheschließungen gab es in den Jahren 2009 und 2010 in Bremen und wie viele Ehen wurden aufgrund einer „fehlerhaf-ten“ Beantwortung des Fragebogens und/oder aufgrund einer Hausdurchsuchung zur Scheinehe erklärt (bitte in absoluter Zahl und in Prozent der Eheschließungen gesamt bzw. der binationalen Ehen)? Antwort zu Frage 2: Die Frage kann nicht beantwortet werden. Statistische Angaben über die Zahl festge-stellter Scheinehen oder Zwangsverheiratungen liegen nicht vor.

3. Welche Anhaltspunkte auf Scheineheschließung führen zum Einsatz des jetzt vor-

liegenden Fragebogens? Antwort zu Frage 3: Anhaltspunkte, die zu einer Scheinehenbefragung führen können, ergeben sich regel-mäßig aus den Umständen des jeweiligen Falles. Folgende, in Nummer 27.1.a.1.1.7 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz genannten Umstände lassen vermuten, dass trotz formal geschlossener Ehe keine Herstellung einer ehelichen Le-bensgemeinschaft in Deutschland beabsichtigt ist:

• Ehepartner sind sich vor ihrer Ehe nie oder nur auffallend kurz begegnet

• Ehepartner machen widersprüchliche Angaben zu ihren jeweiligen Personalien (Name, Adresse, Staatsangehörigkeit, Beruf), den (objektivierbaren) Umständen ihres Kennenlernens oder sonstigen sie betreffenden wichtigen persönlichen In-formationen (Unter „wichtigen persönlichen Informationen“ sind nur Angaben au-ßerhalb der Intimsphäre zu verstehen, die für beide Ehepartner und die geplante Herstellung einer Lebensgemeinschaft von wesentlicher Bedeutung sind)

• Ehepartner sprechen keine für beide verständliche Sprache und es gibt auch keine erkennbaren Bemühungen zur Herstellung einer gemeinsamen Kommuni-kationsbasis

• für das Eingehen der Ehe wird ein Geldbetrag an den Ehegatten übergeben (ab-gesehen von im Rahmen einer Mitgift übergebenen Beträgen bei Angehörigen von Drittländern, in denen das Einbringen einer Mitgift in die Ehe oder das Über-geben eines Geldbetrages an die Eltern gängige Praxis ist)

• Fehlen einer Planung über eine angemessene Verteilung der Beiträge der Ehe-partner zu den Verpflichtungen aus der Ehe

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• Fehlen einer sonstigen gemeinsamen Lebensplanung oder erhebliche Abwei-chungen in diesem Punkt (möglicher Rückschluss auf mangelnde Kommunikati-on und persönlichen Austausch zwischen den Eheleuten)

• es gibt konkrete Anhaltspunkte dafür, dass ein oder beide Ehegatte/n schon frü-her Scheinehen eingegangen ist/sind oder sich unbefugt bzw. im Rahmen eines Asylantrags in einem EU-Mitgliedstaat aufgehalten hat/haben (erkennbare Ab-sicht, einen Aufenthalt zu begründen, auch unabhängig vom Ehepartner).

Eine schematische Beurteilung durch die Ausländerbehörde erfolgt nicht; vielmehr wer-den bei der Bewertung von Angaben jeweils die Umstände des Einzelfalls und das orts-übliche Verständnis der Ehe berücksichtigt.

4. Wie viele Befragungen in Bremen (in absoluter Zahl und in Prozent der Eheschlie-ßungen) wurden seit der Anwendung dieses Fragebogens bis heute durchge-führt? Antwort zu Frage 4: Die Frage kann nicht beantwortet werden. Statistische Angaben über die Zahl der Befra-gungen liegen nicht vor.

5. Welche Folgen hat eine fehlerhafte Beantwortung der Fragen und ab wann (Anzahl der Fragen und/oder subjektiver Eindruck des Interviewers) gilt die Beantwortung als fehlerhaft im Sinne des Scheineheverdachts? Antwort zu Frage 5: Die Beurteilung des Befragungsergebnisses erfolgt im Rahmen einer Gesamtwürdigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalles. Eine Quote im Sinne einer fehlerhaften Be-antwortung der Fragen besteht nicht.

6. Wie wird gewährleistet, dass der in Deutsch verfasste Fragenkatalog für Migran-

tinnen und Migranten verständlich ist? Gibt es Übersetzungen? Antwort zu Frage 6: Ist für den Sachbearbeiter oder die Sachbearbeiterin erkennbar, dass es bei der Befra-gung zu Sprachschwierigkeiten kommen wird, so wird regelmäßig ein/e Dolmetscher/-in hinzugezogen.

7. In wie vielen Fällen wurden den Jahren 2009 und 2010 Hausdurchsuchungen vor-genommen? Welche Ergebnisse hatten die Durchsuchungen und wie viele Men-schen wurden aufgrund der Ergebnisse in ihr Herkunftsland ausgewiesen? Antwort zu Frage 7: Die Zahl der strafprozessualen Hausdurchsuchungen nach den §§ 102, 103 StPO lässt sich den vorliegenden Justizstatistiken nicht entnehmen. Abgesehen hiervon stellt das deutsche Recht das Eingehen einer Scheinehe selbst nicht unter Strafe. In Betracht kommen Verstöße gegen § 95 Abs. 2 Nr. 2 des Aufenthaltsgesetzes oder etwa Ur-kundsdelikte (u.a. Urkundenfälschung, § 267 StGB, mittelbare Falschbeurkundung, § 271 StGB). Wie viele solcher Verstöße im fraglichen Zeitraum im Zusammenhang mit einer sog. Scheinehe begangen wurden, lässt sich den Justizstatistiken ebenso wenig entnehmen wie die Zahl der in einschlägigen Verfahren angeordneten strafprozessualen Zwangsmaßnahmen.

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8. Wer ist bei der Hausdurchsuchung das durchführende Organ? Ist für die Durch-suchung eine richterliche Anordnung erforderlich, und welche Merkmale deuten bei einer Hausdurchsuchung auf eine Scheinehe hin bzw. von wem werden diese Merkmale interpretiert? Antwort zu Frage 8: Strafprozessuale Hausdurchsuchungen werden von den Strafverfolgungsbehörden, in der Regel von der Polizei, durchgeführt. Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft und die Polizei angeordnet werden. Voraussetzung jeder Durchsuchung ist das Vorliegen zureichender tatsächli-cher Anhaltspunkte dafür, dass eine Straftat begangen worden ist. Der bloße Verdacht auf eine Scheinehe, die als solche nicht strafbar ist, reicht zur Begründung einer Haus-durchsuchung durch Strafverfolgungsorgane nicht aus. Welche Indizien auf Straftaten hindeuten, die im Zusammenhang mit einer Scheinehe auftreten können (s. Antwort zu Frage 7), lässt sich nicht allgemein sagen, sondern hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab.