AnwBl 2018 03 Umschlag 1.

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3/2018Die Fachzeitschriftfür Anwältinnenund Anwälte

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„Ich möchte ein bisschen Fehlerkultur zulassen. Fehlerpassieren, damit man daraus lernen kann.“ Aus diesenWorten des Fußballbundestrainers Jogi Löw vor dem letz-ten Länderspiel Deutschlands des Jahres 2017 strahlteSelbstbewusstsein. Uns Anwältinnen und Anwälten fälltder Umgang mit Fehlern leicht – wenn es um die Fehlerder Gegenseite geht. Diese Fehler gehören zu unseremtäglichen Brot. Bei den eigenen Fehlern ist das anders. EinGrund hierfür mag Angst sein – ist doch vor allem dasstrenge Haftungsrecht uns gegenüber gnadenlos. Auch an-dere Juristinnen und Juristen tun sich mit eigenen Fehlernschwer. Die Gründe dafür sind zahlreich und haben oftstrukturelle Ursachen. Richter verweisen nicht selten aufden Instanzenzug als Möglichkeit, etwaige Fehler zu korri-gieren. Aber reicht dies?

Wenn der Deutsche Anwaltverein in diesem Jahr vom 6.bis 8. Juni in Mannheim den Deutschen Anwaltstag unterdem Motto „Fehlerkultur in der Rechtspflege“ veranstaltet,dann wenden wir uns einem von vielen Anwältinnen undAnwälten weggeschobenen Thema zu. Was für mich ganzpersönlich Fehlerkultur bedeutet, hat mich die Anwaltsblatt-Redaktion gefragt (ab Seite 134). Was Fehlerkultur für Sie be-deutet, würde ich gerne mit Ihnen auf dem Deutschen An-waltstag diskutieren. Ich lade Sie herzlich ein, zum Anwalts-tag zu kommen. Das Programmheft des Anwaltstages finden

Sie in dieser Ausgabedes Anwaltsblattszwischen den Seiten176 und 177 zumHeraustrennen. Hin-weisen möchte ichSie nicht nur auf diebeiden Schwerpunkt-veranstaltungen zumMotto "Fehlerkulturin der Rechtspflege",sondern auch auf dievielen Fachveranstal-

tungen unserer Arbeitsgemeinschaften und Ausschüsse, dieals FAO-Fortbildungsveranstaltungen das Leitthema aufgrei-fen.

Am Anwaltstag kann jeder teilnehmen, ob Mitglied imAnwaltverein oder nicht. Wenn Sie allerdings noch kein Mit-glied in einem örtlichen Verein des DAV sein sollten, dannmöchte ich Sie einladen, schnell Mitglied zu werden: Siekommen dann nicht nur günstiger zum Deutschen Anwalts-tag. Sie bekommen auch das Anwaltsblatt monatlich auf denTisch und nicht nur ausnahmsweise wie diese Ausgabe. Denndas Anwaltsblatt ist mit seinen vielen fundierten Inhalten eingutes Werkzeug, um Fehler im anwaltlichen Alltag zu ver-meiden. In dieser Ausgabe geht es um Interessenkonflikte,Interessenkollisionen und Parteiverrat.

Ich möchte Sie ermutigen, sich auch unbequemen The-men zuzuwenden, allen voran den eigenen Fehlern. Das wirdzum Schluss nicht nur Sie persönlich, sondern auch die An-waltschaft insgesamt besser machen. Das eingangs erwähnteFußballspiel endete übrigens zwei zu zwei. Nicht berau-schend. Aber ein guter Ausgangspunkt für eine Fehlerkultur.

Editorial

Mut zurFehlerkultur

Ulrich Schellenberg, BerlinRechtsanwalt und Notar,Präsident des Deutschen Anwaltvereins

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Anwaltsblatt Jahrgang 68, 3 / 2018Im Auftrag des Deutschen Anwaltvereinsherausgegeben von der Rechtsanwältin undden Rechtsanwälten:Edith KindermannHerbert P. SchonsProf. Dr. Heinz Josef Willemsen

Redaktion:Dr. Nicolas Lührig(Leitung)Udo HenkeManfred AranowskiJessika KallenbachLisa Tramm

Interview

Fehlerkultur – was ist das?Interview mit Rechtsanwalt und Notar Ulrich Schellenberg,Präsident des Deutschen Anwaltvereins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134

Report

Sammelklagen à la HausfeldCorinna Budras, Frankfurt am Main . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138

Anwälte fragen nach Ethik

Arglosigkeit der NaturalparteiRechtsanwalt Markus Hartung, Berlin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

Gastkommentar

An der Gesellschaft vorbeiAnnette Ramelsberger, Süddeutsche Zeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142

Kommentar

Obacht! Den Inhalt des Mandats klar fassenRechtsanwältin und Notarin Edith Kindermann, Bremen . . . . . . . . . . . . . . . . 143

Digital

Null-Fehler-Toleranz oder aus Fehlern lernen? . . . . . 148

Nachrichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143

Bericht aus Berlin/Brüssel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144

•AnwaltsPraxis •AnwaltsWissen

Aufsätze

Potenzielle Interessenkonflikte in Wirtschafts-kanzleien – einige typische FallgruppenRechtsanwalt Dr. Marcel Klugmann, Berlin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150

Die Möglichkeit von Interessenkollisionen vorMandatsannahme klärenRechtsanwalt und Notar Dr. Ulrich Wessels, Münster . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153

Interessenkonflikte als berufsethisches ProblemRechtsanwalt Dr. Jörg Meister, Mannheim . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154

Interessenkollisionen und SyndikusrechtsanwälteRechtsanwalt Martin W. Huff, Köln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155

Interessenkollision – russisches Roulette oderbeherrschbares Risiko?Rechtsanwältin Dr. Susanne Offermann-Burckart, Grevenbroich . . . . . . . . . . 157

Tätigkeitsverbote in Berufsausübungs- undBürogemeinschaftenDr. Christian Deckenbrock, Köln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157

Conflicts of Interest und BerufsrechtProf. Dr. Matthias Kilian, Köln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158

Soldan Institut

Legal Tech: Erwartungen der AnwaltschaftProf. Dr. Matthias Kilian, Köln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160

Bücherschau

Strafverteidigung und Berater-StrafrechtProf. Dr. Matthias Kilian, Köln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162

Haftpflichtfragen

Honorar und Haftung bei InteressenkonfliktenRechtsanwalt Bertin Chab, Allianz Versicherung AG, München . . . . . . . . . . . 164

Rechtsprechung

AnwaltsrechtEGMR: Ordnungsgeld gegen Verteidiger verletzt Meinungsfreiheit, BGH:Fernabsatzrecht gilt für Anwaltsvertrag mit Verbraucher, BGH: „DummesArschloch“ – trotzdem kein Schmerzensgeld, LG Bielefeld: IrreführendeWerbeaussagen eines Legal-Tech-Anbieters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166

AnwaltshaftungBGH: Anwalt als Erfüllungsgehilfe haftet nicht bei fehlerhafter Beratung . . . . 169

AnwaltsvergütungEuGH: Nationale Mindestgebührenregelung, OLG Hamm: Entpflichtung desbeigeordneten Anwalts bei Erfolgshonorarvereinbarung, LG Köln: Anwalts-kammer klagt erfolgreich gegen AGBs in Honorarvereinbarung, AG Aachen:Keine Kontogebühren vom Anderkonto einziehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169

ProzessrechtBVerfG: Gericht durfte nicht EuGH außen vorlassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171

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•AnwaltVerein

Hamburgischer Anwaltverein

Ein umtriebiger Verein – der wächstAndin Tegen, Hamburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174

DAV-Stellungnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174

Deutscher Anwaltverein

Gesetzgebung und Lobbyarbeit des DAVCarla Dietmair, Berlin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175

Kommentar

Warum brauche ich noch einen Anwaltverein?Rechtsanwalt Ralf Schweigerer, Bonn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178

Neujahrsempfang des DAV

Justiz und Anwaltschaft stärkenRechtsanwalt Dr. Nicolas Lührig, Anwaltsblatt-Redaktion, Berlin . . . . . . . . . . 179

Deutscher Anwaltverein

Fehlerkultur in Anwaltschaft und JustizRechtsassessorin Maya El-Auwad, DAV, Berlin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180

Deutscher Anwaltverein

beA – wie geht es weiter?Nora Zunker, Berlin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181

Arbeitsgemeinschaften

Tagungsberichte AG Familienrecht, AG Syndikus-anwälte, AG Arbeitsrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182

Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129

Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184

Mitgliederversammlungen/Personalien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185

Stellenmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186

Seminarkalender der Deutschen Anwaltakademie . . . . . . . . . 190

Mandantenfragebogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192

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AnwaltsPraxis

134 Fehlerkultur – was ist das?Interview mit DAV-Präsident Rechtsanwalt und Notar Ulrich Schellenberg

Es ist ein Wagnis: Der DAV stellt seinen DeutschenAnwaltstag unter das Motto „Fehlerkultur“. Warumein Bewusstseinswandel in der Anwaltschaft nötigist, erläutert der DAV-Präsident Ulrich Schellenberg.

138 Sammelklagen à la HausfeldCorinna Budras, Frankfurt am Main

Sammelklagen kennt das deutsche Recht nicht. Wieman gleichwohl Verbraucherklagen sammeln kann,zeigt der amerikanische Verbraucheranwalt MichaelHausfeld. Funktioniert das?

143 Mandatsauftrag klar fassenRechtsanwältin und Notarin Edith Kindermann, Bremen

Bei einer Interessenkollision sind alle betroffenenMandate niederzulegen. Doch ob die Interessen wi-derstreiten, hängt auch vom Mandatsauftrag ab.Er sollte stets präzise abgefasst sein.

AnwaltsP

raxis

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Rechtsanwalt und Notar Ulrich Schellenberg

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Fehlerkultur– was ist das?Über große und kleine Fehler, größte und gefährliche Fehler –das unvermeidliche Unvermögen von Anwältinnen und Anwälten

Interview mit Rechtsanwalt und Notar Ulrich Schellenberg, Präsident des Deutschen Anwaltvereins

Fehler machen nur die anderen, die eigenen Fehler sind tabu. „Vertretbar wird daseigene Handeln schon gewesen sein, wenn auch vielleicht nicht perfekt, auf jedenFall droht keine Haftung.“ Hand aufs Herz, welche Anwältin und welcher Anwalthat nicht schon so gedacht? Und in der Tat: Das Motto des nächsten Deutschen An-waltstags „Fehlerkultur in der Rechtspflege“ hat nicht nur Zuspruch gefunden. Wa-rum der Deutsche Anwaltverein über Fehler von Juristen sprechen wird, fragte das„Anwaltsblatt“ den Präsidenten des Deutschen Anwaltvereins Ulrich Schellenberg.

Fehlerkultur, was ist das?

Fehlerkultur – das ist die Frage, wie ich mit dem Unvermeidlichen, nämlich demFehler, umgehe. Und dass wir Fehler machen, ist eine Banalität. Wie wir damitumgehen, ist keine Banalität. Ich bin mir inzwischen sicher, dass die Anwalt-schaft, dass die Rechtspflege insgesamt einen Nachholbedarf im Umgang mitFehlern hat. Wir Anwältinnen und Anwälte neigen dazu, uns die Fehler schönzu reden: Na ja, so schlimm war es dann eben nicht, das geht schon noch.

Geht es um den kultivierten Umgang mit Fehlern oder um mehr?

Kein Zweifel, es geht um mehr. Auf der ersten Stufe geht es ganz sicher um den kul-tivierten Umgang mit dem Fehler. Dann in der zweiten Stufe kommt die Herausfor-derung, wie wir aus diesem Fehler so lernen, dass wir tatsächlich besser werden.

Warum beschäftigt sich der Deutsche Anwaltverein mit Fehlerkultur?

Es geht um die Anwaltschaft: Wer, wenn nicht wir?

Anwälte und Anwältinnen, die Fehler machen, ist das nicht Nestbeschmutzung?

Nein. Natürlich spricht man nicht gerne über eigene Fehler. Dem Unvermögen– erst recht dem eigenen – schaut man ungern ins Antlitz. Aber es ist der ent-scheidende Schritt, zu akzeptieren: Der Fehler gehört zu unserer alltäglichen Ar-beit dazu. Das ist die wesentliche Botschaft. Und daraus werden sich dann posi-tive Effekte für unsere Professionalisierung ergeben.

ReNos dürfen Fehler machen, Anwälte nicht. Bestimmt das Wiedereinsetzungs-recht das Bewusstsein?

Ganz klares „Ja“. Fristversäumnisse sind eindeutige Fehler, gleichzeitig könnensie meist geheilt werden. Da ist die Versuchung groß, dass aus dem eigenen an-waltlichen Versagen ein Fehler der hervorragend ausgebildeten und beständigkontrollierten ReNo wird. Weil es so ist, sind gerade die Instanzgerichte so miss-trauisch: Wie komme ich genau diesen Fallgestaltungen wieder auf die Schliche,so dass sich das nicht auswächst?

Liegt häufig der größte Fehler darin, dass auf den ersten Fehler der zweite folgt?

Der gescheiterte Wiedereinsetzungsantrag ist ganz sicher ein Beispiel, an demman den Umgang mit dem eigenen Fehler sehr gut illustrieren kann. Man willden eigenen Fehler selber so schnell wie möglich – im wahrsten Sinne des Wor-tes – wieder ausbügeln und dann passieren tatsächlich inhaltliche Fehler. DieRechtsprechung des BGH zu kennen und zu beachten, sie zügig in einen Wie-dereinsetzungantrag fließen zu lassen, ist eine echte Herausforderung. Gut be-

Interview

AnwBl 3 / 2018 135

Ulrich Schellenberg: „Der gescheiterte Wiedereinset-zungsantrag ist ganz sicher ein Beispiel, an dem manden Umgang mit dem eigenen Fehler sehr gut illustrierenkann. Man will den eigenen Fehler selber so schnell wiemöglich – im wahrsten Sinne des Wortes – wiederausbügeln und dann passieren tatsächlich inhaltlicheFehler.“

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raten ist daher derjenige, der die Chance hat, die professionelle Distanz so um-zusetzen, dass er einen Kollegen, eine Kollegin bittet, dieses Wiedereinsetzungs-gesuch zu formulieren.

Die Angst vor der Anwaltshaftung sitzt tief. Machen Anwälte deswegen nie Fehler?

Die Haftung ist das eine, der Versicherungsschutz das andere. Wenn die persön-liche Haftung droht, kann es natürlich um Existenzen gehen … auch dann istprofessioneller Rat angezeigt. Gleichwohl gibt es unterhalb der Schwelle derExistenzbedrohung die Beobachtung, dass Anwältinnen und Anwälte gerneglauben, dass sie es im Zweifel doch richtig machen und die anderen nur nichtrichtig zugehört haben. Fehler wegzuschieben ist viel bequemer, als sich damitauseinanderzusetzen.

Fürchten Anwälte die Aufdeckung des Fehlers mehr als den Fehler selbst?

Dem Gespräch über Fehler weichen Anwältinnen und Anwälte gerne aus. Das willder Deutsche Anwaltverein mit dem Deutschen Anwaltstag ändern. Es ist ein ers-ter Anstoß. Damit ist noch keine Fehlerkultur in der Anwaltschaft implementiert.

Der sicherste Weg ist das Leitbild für die Mandatsarbeit. Selbst wenn etwasschiefgeht, gibt es immer einen Ausweg. Richtig oder falsch?

Also der sicherste Weg ist sicher der richtige Weg, nur den sichersten Weg immerzu beschreiten, hat seinerseits wieder ganz erhebliche Implikationen. Es mussschnell gehen. Ist der sicherste Weg immer der schnellste Weg? Es muss möglichstkostengünstig sein. Ist der sicherste Weg immer der kostengünstigste Weg? Die all-tägliche Praxis bietet viele sehr unterschiedliche Schattierungen. Der sicherste Wegist daher nicht immer der Weg, den Anwälte für ihren Mandanten gehen – und ge-hen können. Wir müssen uns eingestehen, dass es fehlergeneigte Situationen gibt.Termindruck, Stress oder Komplexität: Da können Fehler noch schneller geschehenals sie einem ohnehin schon im alltäglichen Leben unterlaufen.

Bei Piloten steht Teamarbeit im Vordergrund, bei den Ärzten gilt heute: Jeder Feh-ler ist ein Schatz.

So weit ist die Anwaltschaft noch nicht. Fehler werden im Regelfall alleine aus-gemacht. Das ist nach meinem Eindruck erstaunlicherweise auch in Sozietätenso, solange sie noch unter einer bestimmten Schwelle zu halten sind. Der Fehlerwird als Haftungsthema verstanden. Abwehren ist angesagt. Dabei kann dieKanzlei aus Fehlern lernen, sie kein zweites Mal zu machen. Es gibt den Fehlerin einem Graubereich darunter, über den sollten wir ebenfalls sprechen. Derentdeckte, nicht kommunizierte Fehler ist am gefährlichsten.

Was muss passieren?

Ein Bewusstseinswandel ist nötig: „Anwälte sind auch nur Menschen“ und „Ir-ren ist menschlich.“ Die Haftungsrechtsprechung erwartet, dass wir Anwältin-nen und Anwälte vollkommen perfekt sind. Das sind wir nicht.

Brauchen wir mehr konkrete Standards?

Ich bin bei Standards außerordentlich skeptisch. Sie gaukeln Objektivität vor.Ich bin überzeugt, dass Qualität ganz viel mit persönlicher Verantwortung zutun hat. Die Anwaltstätigkeit ist von einem persönlichen Berufsethos geprägt.Das kann ich nicht in Standards gießen. Wir sollten darüber sprechen, wennman dem eigenen Anspruch nicht gerecht wird.

Sollten Anwälte und Anwältinnen auf mehr Teamarbeit setzen?

Gute Teamarbeit kann helfen, Fehler zu vermeiden, und eine Fehlerkultur um-zusetzen, in der über Fehler gesprochen wird. Konsequenzen aus Fehlern zuziehen, ist immer eine Frage der Kommunikation. Kommunikation ist immereine Frage des Teams. Das hilft.

Was bleibt den Einzelanwälten?

Sich zu vernetzen. Das gilt fachspezifisch, bei der Kanzleistrategie, bei IT-Fra-gen und natürlich bei der Frage: Wie gehe ich jetzt mit einem bestimmten Feh-ler um? Wie kann ich mich an einer bestimmten Stelle verbessern?

Interview

136 AnwBl 3 / 2018

Lernen von der Luftfahrt

Robert Schröder (Foto) ist Pilot bei derLufthansa und beschäftigt sich als„Check-Captain & Flight Safety Specia-list“ vor allem mit der Frage, wie Pilotenund Pilotinnen jeden Tag wieder ihreFlugzeuge sicher zu Boden bringen.

Pilotenfehler können tödlich sein. Waszeichnet Fehlerkultur bei Piloten aus?

Die Fehlerkultur bei Piloten ist in erster Li-nie von der Einsicht in die menschlicheFehlerhaftigkeit gekennzeichnet.

Kollegialität ist ein hohes Gut unterJuristen – wie kann ich andere aufFehler aufmerksam machen?

Unter Piloten wird es gerade als ein Zeichenvon Kollegialität angesehen, einander sorechtzeitig auf Fehler hinzuweisen, dass esnicht zum Versagen kommt. Die mensch-liche Neigung zu Fehlern ist ein so integra-ler Bestandteil unserer Natur, dass es sinn-los ist, damit eine Wertung zu verbinden.

Fehler machen immer die anderen –wie schaffe ich es, mir selbst Fehlereinzugestehen?

Fehler sind natürlich unerwünschte Ereig-nisse. Wenn ich aber darüber hinaus eineAbwertung meiner eigenen oder andererPersonen damit verbinde, blockiere ichdie Analyse des Herganges und lieferemich der Wiederholung aus.

Piloten sprechen von „confident humi-lity“. Wie würden Sie das einem Anwaltoder einer Anwältin übersetzen?

„Confident Humility“ ist die Einsicht in diemenschlichen Begrenzungen („Humility“).Sie ist mit dem Selbstvertrauen („Confi-dence“) verbunden, innerhalb dieses Rah-mens auch großen Herausforderungen ge-wachsen zu sein.

Ein Buch oder ein Blog zum Thema?

James Reason, „Human Error“ und DanielKahnemann, „Thinking, Fast and Slow“.

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AnwBl 3 / 2018 137

Ist mehr Fortbildung nötig?

Fehlerkultur ist keine Frage der fehlenden Qualität. Wir werden immer Fehler ma-chen. Die Anwaltschaft bildet sich insgesamt gut und verantwortungsbewusst fort.

Was werden Anwältinnen und Anwälte über Strategien zur Fehlervermeidung aufdem Anwaltstag lernen?

Wir werden dieses Thema aus ganz vielen unterschiedlichen Bereichen beleuch-ten. Der entscheidende Wert wird darin liegen, dass jede Anwältin, jeder Anwaltganz konkrete Anregungen für die eigene Praxis bekommen wird – Vielfaltzeichnet den Deutschen Anwaltstag aus.

„Hochmut kommt vor dem Fall“, sagt das Sprichwort. Benötigen wir mehr profes-sionelle Demut?

Darüber lohnt das Nachdenken. Wir Anwältinnen und Anwälte sind diejenigen,die im Verhältnis zu unseren Mandanten wissen, wie Recht funktioniert. Undwir haben jahrzehntelang diesen Schatz verwaltet, wir haben ihn gegen Honorargeteilt. Da kann natürlich eine gewisse Form von Überheblichkeit entstehen.„Das lassen Sie mal meine Sorge sein“, ist ein Satz der Anwälten durchaus vonden Lippen kommen kann. Sie mögen gute Gründe haben. Wenn sie mit einerkompetenten Mandantschaft zu tun haben, dann wäre größere professionelleDemut schon ein Schritt zu einer Fehlerkultur. Wir müssen gar nicht mehr im-mer alles sofort wissen. Im Mandantengespräch ist es akzeptiert, dass wir da-nach prüfen, nachdenken und überlegen müssen.

Das Motto des Anwaltstags bezieht sich auch auf die Rechtspflege. Das umfasstRichterinnen und Richter. Ein Wort zur Fehlerkultur in der Justiz?

Fehlerkultur ist dort genauso wichtig. Das Vertrauen in die Justiz muss gesichertwerden, in Teilen muss die Justiz es zurückgewinnen. Das gelingt, wenn ichzum Teil offensichtliche Fehler als offensichtliche Fehler bezeichnen kann.Gute Kommunikation – ebenso gegenüber den Rechtssuchenden – gehört dazu.

Eine Schlussfrage: Die Arbeitsgemeinschaft Kanzleimanagement wird auf demAnwaltstag fragen: Mein schönster Fehler und was ich daraus gemacht habe?Welcher war Ihr schönster Fehler?

Ich habe Fehler gemacht, die überhaupt nicht schön sind. Lehrreich war fürmich der Fall, als eine fertige und unterschriebene Berufungsbegründung bei ei-nem Schränkchen in die Ritze an der Wand gerutscht ist. Sie ist nie bei Gerichteingegangen. Keiner hat es in der Kanzlei verstanden. Die Ritze haben wir dannspäter abgeklebt.

Was hat der Mandant gesagt?

Der Mandant war nicht begeistert. Wir haben uns dann darauf geeinigt, dass dieBerufung keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätte. //

„Der entdeckte, nicht kommunizierte Fehler ist amgefährlichsten“, sagt der DAV-Präsident UlrichSchellenberg.

Das Gespräch führte Rechtsanwalt Dr. Nicolas Lührig,Anwaltsblatt-Redaktion, Berlin.

Leserreaktionen an [email protected].

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Sammelklagenà la HausfeldDas Klagen ohne Risiko ist nicht ganz billig –und das ist nicht die einzige HürdeCorinna Budras, Frankfurt am Main

Der amerikanische Verbraucheranwalt Michael Hausfeld hat in Deutschland denAnwaltsmarkt aufgemischt – mit einem völlig neuen Geschäftsmodell. Wie dasBündeln von Verfahren funktioniert.

Michael Hausfeld ist ein vornehmer Mann. In der Öffentlichkeit zeigt sich deramerikanische Rechtsanwalt stets mit Fliege, er poltert nicht, sondern spricht leiseund pointiert. Geht es um Volkswagen, den größten Autohersteller der Welt, geräter zwar in Wallungen, aber seine Wortwahl ist deshalb nicht weniger vornehm.Volkswagen agiere im Diesel-Skandal um illegale Abschaltvorrichtungen wie derVogel Strauß, der seinen Kopf immer tiefer in den Sand eingräbt, während seinHinterteil immer deutlicher in Erscheinung trete, sagt er, macht eine Pause und lä-chelt vielsagend.

Nun sind unschmeichelhafte Vergleiche nicht das einzige, was Hausfeld demWolfsburger Konzern entgegen zu setzen hat. Seit Januar 2016 residiert er mit sei-ner ersten deutschen Niederlassung am Berliner Kurfürstendamm und bombardiertVW seitdem mit Klagen von enttäuschten Diesel-Käufern. Der bisher größter Coupseiner Kanzlei: Im November reichte sie Klage beim Landgericht Braunschweig ein– im Namen von mehr als 15.000 Klägern mit gesammelten Schadensersatzansprü-chen in Höhe von 357 Millionen Euro. Eine zweite Welle soll im Frühjahr folgen.

Diese neue Entwicklung ist nicht etwa einem resolut voranschreitenden Gesetz-geber zu verdanken, der mit einer neuen Form der Sammelklage dem Verbrau-cherschutz in Deutschland zu einer neuen Blüte verholfen hätte. Das könnte den-ken, wer einen Blick in die Vereinigten Staaten wirft, wo es seit Aufdeckung desDiesel-Skandals im September 2015 Schlag auf Schlag ging. Kaum war bekannt ge-worden, dass Volkswagen schon seit Jahren illegale Software einsetzt, um den ame-rikanischen Behörden auf dem Prüfstand vorzugaukeln, seine Diesel-Fahrzeugehielten die strengen Grenzwerte für Stickoxid ein, setzten sich auch schon die ers-ten Anwälte in Bewegung und legten Sammelklage ein. Es dauerte nicht einmal einJahr, bis das amerikanische Justizministerium gemeinsam mit den Anwälten denAutobauer in einen milliardenschweren Vergleich zwang. Allein 12 Milliarden Dol-lar gingen an die Kunden.

In Deutschland kann davon keine Rede sein, Entschädigungen lehnt der Kon-zern strickt ab, er beschränkt sich darauf, die Fahrzeuge nachzurüsten. Von „Ver-brauchern zweiter Klasse“ ist deshalb schon lange die Rede, auch die EU-Kommis-sion ist erzürnt. In den Vereinigten Staaten sind rund 500.000 Fahrzeuge betroffen,in Deutschland sollen es rund 2,5 Millionen sein. Doch eine Sammelklage ist nichtin Sicht, allenfalls ein lockeres Bekenntnis für eine „Musterfeststellungsklage“, aufdie sich Union und SPD in ihrem Koalitionsvertrag geeinigt haben.

Plattform, Kanzlei und Prozessfinanzierer: Inkasso-Modell

Stattdessen haben findige Anwälte wie Hausfeld ein völlig neues Geschäftsmodellerdacht, um zumindest in Ansätzen einen ähnlichen Druck auf Volkswagen aus-zuüben, wie es die Sammelklagen in Amerika vermögen: Die Kanzlei Hausfeld, al-len voran der deutsche Managing Partner Christopher Rother, arbeitet mit der In-ternetklageplattform MyRight zusammen. MyRight arbeitet dabei wie ein klassi-sches Inkassobüro, nur in umgekehrter Konstellation. Bisher haben Unternehmenihre Forderungen gegenüber säumigen Kunden an Inkassounternehmen abgetre-ten, die die Kosten eintreiben. Dasselbe Prinzip nutzt MyRight, nur dass es sich dieForderungen von den Kunden abtreten lässt, um gegen VW vorzugehen. Für dieseDienstleistung fordert MyRight 35 Prozent der erstrittenen Summe. Ein amerika-nischer Prozessfinanzierer macht das Trio vollständig. Der übernimmt das finan-

Report

138 AnwBl 3 / 2018

(1)Sammelklagen?Fehlanzeige

(2)Musterfestellungsklage?Nur für kapitalmarktrechtlicheStreitigkeiten

(3)Subjektive Klagenhäufung?Prozessual schwierig

(4)Gesammelte Klagen:Die neue Krücke der Praxis

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Report

AnwBl 3 / 2018 139

zielle Risiko – bis sich Volkswagen zu einer Zahlung überreden oder gerichtlichzwingen lässt.

„Das ist ein völlig neues Produkt: Klagen ohne eigenes Risiko“, sagt Hausfeld-Anwalt Rother. So etwas gibt es in Deutschland bisher allenfalls für diejenigen, dierechtschutzversichert sind. Für alle anderen sind sowohl die Kosten als auch derorganisatorische Aufwand häufig abschreckend. Von einer „echten Krise des Ver-braucherschutzes“ redet deshalb etwa Markus Hartung, Direktor am Bucerius Cen-ter on the Legal Profession und Vorsitzender des Berufsrechtsausschusses desDeutschen Anwaltvereins. Nur etwa ein Drittel der Bevölkerung habe wirklich Zu-gang zum Recht. Vor diesem Hintergrund sei die Arbeit von Hausfeld eine guteSache, findet er. „Jetzt kann auch der, der nicht zwei und zwei zusammen zählenkann, sein Recht geltend machen.“

Mit einem anderen Geschäftsmodell wären solche Klagen in der derzeitigeRechtslage undenkbar. Zwar sind die Streitwerte attraktiv, schließlich geht es auchum ganz neue Fahrzeuge. Aber um ein solches Verfahren zu führen, brauche esauch ein umfassendes Knowhow, das eine weniger spezialisierte Sozietät schonnicht liefern könne, fürchtet Hartung. Viele Daten und exzellente Schriftsätze – dassei die Erfolgsformel für diese Art von Klagen. Der Berufsrechtler gerät regelrechtins Schwärmen, dass Anwälte wie Hausfeld ganz neue Wege beschritten, die auchfür andere Kollegen interessant sein könnten. „Sie laufen zu unternehmerischeHöchstform auf, trotz der Fesseln, die ihnen das Berufs- und das Prozessrecht an-legen.“ Denn auch das Berufsrecht erleichtert solche Prozesse nicht gerade. Die Fi-nanzierung muss nicht umsonst über einen externen Dienstleister laufen, weil An-wälte solche Angebote gar nicht machen dürfen.

In den Vereinigten Staaten gehört Hausfeld zu den Stars der Branche. Er hatKlage von Ureinwohnern in Alaska erfolgreich durchgezogen, die wegen der hor-renden Umweltschäden durch das Tankerunglück der Exxon Valdez 1989 gegen denÖlkonzern vorgingen. Er war bei den mühevollen Verhandlungen um den Entschä-digungsfonds für Zwangsarbeiter im Nazi-Regime mit dabei. Und er brachteSchweizer Banken dazu, 1,2 Milliarden Dollar Entschädigung zu zahlen, weil sie imZweiten Weltkrieg Geld ihrer jüdischen Kunden unterschlagen hatten. Doch längstist er nicht mehr nur auf Amerika beschränkt, auch in Deutschland gibt es Bedarffür ein wenig amerikanische Klagekultur, das fand er schon vor „Dieselgate“.

Verbraucherklagen von VW-Käufern – mühsames Geschäft

Aber in Deutschland sind Verbraucherklagen ein mühsames Geschäft. Tausendevon Klagen, zusammengetragen von einer hochspezialisieren Kanzlei, einer Inter-netplattform und einem Prozessfinanzierer mögen zwar rekordverdächtig klingen.Gemessen an den 2,5 Millionen betroffenen Kunden sind sie aber noch immer einTropfen auf den heißen Stein. Die Frustration ist Hausfeld-Anwalt Rother deutlichanzumerken. Das Dilemma: „Wir haben ein super Produkt – wenn wir eine andereZielgruppe hätten.“

Den typischen VW-Käufer kann man sich am besten als einen Studienrat vorstel-len, der zielsicher auf die Pension zusteuert: wenig internetaffin, skeptisch gegenüberder Klageindustrie, selbst wenn sie ihm Gerechtigkeit auf dem Silbertablett liefert.Markus Hartung hat für das neue Angebot eine griffige Beschreibung parat: „Das istwie mit geliehenen Geld ins Casino zu gehen.“ Egal wie es ausgeht, man ist fein raus.Und noch besser: Das geliehene Geld muss man noch nicht einmal zurückzahlen.

Doch diese Käufergruppe scheint sich nur wenig dafür begeistern zu können,ihr Klagerecht abzutreten. Dazu sind eher jüngere Kunden bereit, die zwischen 20und 30 Jahre alt sind und ohnehin viel im Internet erledigen. Noch dazu hält sichder Leidensdruck in Grenzen, weil es zumindest gefühlt gar keinen Schaden gibt,wenn man nicht gerade sein Auto verkaufen will und dabei den herben Wertverlustzu spüren bekommt. Aber noch immer fahren die Autos anstandslos, kein einzigerWagen ist stillgelegt. Das könnte sich allerdings ändern, wenn die Deutsche Um-welthilfe mit ihrem Klagefeldzug erfolgreich ist. Gerade ist sie dabei, vor verschie-denen Verwaltungsgerichten durchzusetzen, dass die betroffenen Fahrzeuge ihreZulassung verlieren.

„Ich bin mir sehr sicher, dass alle Fahrzeuge aus dem Verkehr gezogen werden“,sagt Rother. Aber womöglich entscheidet sich das erst im Jahr 2019, und dann ist eszu spät für Klagen, weil die Ansprüche verjährt sind. Bis dahin bleibt aber noch et-was Zeit, Munition zu sammeln. „Wir haben uns auf dem Kampf eingelassen undwerden ihn auch zu Ende führen.“ //

Corinna Budras,Frankfurt am MainDie Autorin arbeitet alsWirtschaftsredakteurinbei der Frankfurter All-gemeine Sonntagszei-tung (F.A.S.).

Leserreaktionen [email protected].

„Jetzt kann auch der, der nichtzwei und zwei zusammenzählen kann, sein Rechtgeltend machen.“

AnwaltsP

raxis

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Page 15: AnwBl 2018 03 Umschlag 1.

Ein Mitglied aus dem DAV-AusschussAnwaltsethik und Anwaltskultur gibtseine ganz persönliche Antwort.

Wenn Sie es anders sehen:Schreiben Sie dem Ausschuss([email protected]).

Antworten werden im Anwaltsblattveröffentlicht.

DDAAVV--AAuusssscchhuussss AAnnwwaallttsseetthhiikk uunnddAAnnwwaallttsskkuullttuurr

Der DAV hat einen Ausschuss Anwaltsethikund Anwaltskultur. Dieser Ausschuss willeine Diskussion darüber führen und aus-lösen, ob die anwaltliche Tätigkeit auchethischen Maßstäben unterliegt, und wennja, welchen. Der Vorstand des DAV hatbeschlossen, keinen Ethikkodex zu formu-lieren. Einmal fehlt hierfür die Legitimation.Zum anderen läuft ein solcher KodexGefahr, beschlossen und vergessen zuwerden. Eine beständige Diskussion umethische Fragen vermag das Problem-bewusstsein mehr zu prägen und zuschärfen. Die Rubrik gibt es seit 2012 imAnwaltsblatt, seit 2017 antwortenAusschussmitglieder.Es sind jeweils ihre persönlichen Antworten,keine Stellungnahmen des gesamtenAusschusses oder des DAV.

DDeemm DDAAVV--AAuusssscchhuussss AAnnwwaallttsseetthhiikk uunndd AAnnwwaallttsskkuullttuurrggeehhöörreenn ddiiee RReecchhttssaannwwäällttiinnnneenn uunndd RReecchhttssaannwwäälltteeaann:: DDrr.. JJöörrgg MMeeiisstteerr ((VVoorrssiittzzeennddeerr)),, DDrr.. JJooaacchhiimm FFrrhhrr..vvoonn FFaallkkeennhhaauusseenn,, PPrrooff.. NNiikkoo HHäärrttiinngg,, MMaarrkkuussHHaarrttuunngg,, PPeettrraa HHeeiinniicckkee,, HHaarrttmmuutt KKiillggeerr,, IInnggeebboorrggRRaakkeettee--DDoommbbeekk ((aauucchh NNoottaarriinn)),, EEgghhaarrdd TTeeiicchhmmaannnn((aauucchh NNoottaarr)) uunndd SSiillkkee WWaatteerrsscchheekk..

Arglosigkeit derNaturalparteiDie Frage nach dem richtigen Handeln stellt sich im Alltag:Was würden Sie tun?

Ein Anwalt vertritt regelmäßig einen Vermieter mehrerer Eigentumswohnungen. Ineinem Rechtsstreit werden Betriebskosten der letzten vier Jahre geltend gemacht.Dass das nicht zeitnah geschehen ist, hatte der Vermieter zu vertreten. Nach einerneueren Entscheidung des BGH (BGH, Urteil vom 25.1.2017, VIII ZR 249/15) istdie Geltendmachung dann ausgeschlossen. Eigentlich müssten Sie den Prozessverlieren. Allerdings kennen weder der Mieter, der im Prozess anwaltlich nicht ver-treten ist, noch der überaus nassforsch auftretende Richter diese Entscheidung. Siewar noch nicht veröffentlicht, als die Klage eingereicht wurde. Im Prozess stellenSie fest, dass der – nicht anwaltlich vertretene – Mieter arbeitslos geworden ist undfinanziell in sehr prekäre Verhältnisse geraten ist. Die Forderung wird er vermutlichnicht bezahlen können.

Anwälte fragen nach Ethik

Darf der Anwalt die Unerfahrenheiteines Benachteiligten ausnutzen?

Der Klassiker – Sie vertreten eine verjährte oder verfristete Forderung gegeneinen anwaltlich nicht vertretenen Gegner. Besteht eine ethische Verpflich-tung, den eigenen Mandanten von der Rechtsverfolgung abzuhalten? Einerechtliche Verpflichtung besteht nicht, denn man darf auch unbegründeteKlagen erheben. Aber es könnte unethisch sein, die Unwissenheit oder Un-erfahrenheit eines Benachteiligten im Prozess auszunutzen. Die Frage stelltsich gerade dann, wenn von einem Richter nichts zu erwarten ist. Man mussbekanntlich nicht mildtätig sein, auch wenn es für das eigene Karma besserist. Letztlich hat man aber einen Prozessauftrag, den man nicht eigenmäch-tig abändern darf. Außerdem ist man den Interessen seines Mandanten ver-pflichtet. Aber hier kann man ansetzen, denn es fragt sich schon, ob es denwohlverstandenen Interessen eines Vermieters dient, eine verfristete Forde-rung gegen einen zahlungsunfähigen Mieter durchzusetzen. Was würde ichmachen? Vermutlich ein ernstes und gutes Wort mit meinem Mandantenreden, auch und gerade mit Blick auf die Interessen, in der Hoffnung, dasser mich ermächtigt, eine vernünftige und allseits gesichtswahrende Mög-lichkeit hinzubekommen.Rechtsanwalt Markus Hartung, Berlin

AnwBl 3 / 2018 141

AnwaltsP

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Page 16: AnwBl 2018 03 Umschlag 1.

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Anwalt der Anwälte

Vertrauen ist gut. Anwalt ist besser.

142 AnwBl 3 / 2018

Annette Ramelsbergerarbeitet als Gerichts-reporterin bei der Süd-deutschen Zeitung. Siehat den NSU-Prozessvon Anfang an verfolgt.

Leserreaktionen [email protected].

„Am meistenZeit kostet imNSU-Prozessnicht die Wahr-heitsfindung,sondern dieAngst vor derRevision.“

GGaassttkkoommmmeennttaarr

An der GesellschaftvorbeiDer NSU-Prozess stärkt die Zweifelan der Handlungsfähigkeit des StaatesAnnette Ramelsberger, Süddeutsche Zeitung

Der NSU-Prozess ist ein Jahrhundertverfahren, das in seinerBedeutung in einer Reihe steht mit den Auschwitz- und RAF-Prozessen. So wie in den 1960er Jahren in Frankfurt und seitden 1970er Jahren in Stuttgart-Stammheim Epochen der deut-schen Geschichte beleuchtet wurden, so führt auch der NSU-Prozess in München tief in die Abgründe einer Zeit – in die20 Jahre nach der Wiedervereinigung. Die Beweisaufnahmezeigte, wie aus den Verwerfungen im deutschen Osten Hassund Terror entstehen konnten, die zehn Menschen das Lebenkosteten und sehr viele so schwer verletzten, dass sie zeitlebensdarunter leiden werden. Als sich der NSU im November 2011selbst enttarnte, erschütterte der Schock ein ganzes Land.

Weit jenseits der rechtlichen Aufklärung konnte man im Ge-richtssaal nachhaltige Erkenntnisse gewinnen: über Eltern, die inder DDR zur Intelligenzia gehörten und nach der Wende vor lau-ter Sorge um ihr eigenes Fortkommen ihre Kinder aus demAuge verloren. Über die Verfassungsschutzämter im Osten, dieoftmals mit der dritten Garnitur aus dem Westen besetzt wurdenund dann meinten, sie könnten die rechte Szene mit Geld imGriff behalten. Aber auch über all die selbstgerechten Ermittlerim Westen, die jeglichen Hinweis von ausländischen Opfernauf Neonazis damit abtaten, das könne doch gar nicht sein.

Der NSU-Prozess beleuchtet nicht nur die individuelleSchuld der fünf Angeklagten. Er wirft auch ein Schlaglichtauf das, was sich aktuell im Lande tut. Eine Phalanx von aufden ersten Blick harmlosen Bürgern trat da als Zeugen auf,fest entschlossen zu grenzenloser Amnesie. Die Kameraderiein der rechten Szene ist auch heute noch wichtiger als zehntote Menschen: neun Bürger mit ausländischen Wurzelnund eine Polizistin. Das könnte die Debatte gerade in Zeitenvon Pegida und AfD befeuern – wenn es denn noch irgend-jemanden interessieren würde. Denn kurz vor dem fünftenJahrestag des NSU-Prozesses ist die häufigste Reaktion: Un-verständnis. Abwinken. Stöhnen.

Das ist verständlich: Der Stammheim-Prozess dauertezwei Jahre, alle Auschwitz-Prozesse zusammen vier Jahre.Der NSU-Prozess schleppt sich dahin. Viele Bürger zweifelnohnehin an der Handlungsfähigkeit des Staates. Das NSU-Verfahren ist für sie ein Indiz dafür, dass der Staat sich in sei-nen eigenen Regeln verfängt. Natürlich braucht die Verhand-lung von zehn Morden Zeit. Natürlich kann es nicht um kur-zen Prozess, um die betriebswirtschaftliche Optimierung derRechtsprechung gehen. Aber am meisten Zeit kostet imNSU-Prozess nicht die Wahrheitsfindung, sondern die Angstvor der Revision. Das Gericht zieht jede Sicherheitsvorkeh-rung ein, um nur ja nicht angreifbar zu sein – und wenn esnoch so viel Zeit kostet. Das Urteil wird dann irgendwann inStein gemeißelt sein, gefeit auch gegen den kritischsten Blickdes BGH. Der Respekt der Juristengemeinde ist dem Gerichtschon jetzt gewiss. Aber wen da draußen wird das Ergebnisdieses Prozesses dann noch kümmern? //

Page 17: AnwBl 2018 03 Umschlag 1.

KKoommmmeennttaarr

Obacht! Den Inhaltdes Mandats klar fassenWenn aus gemeinsamen Interessen der Mandanten,widerstreitender InteressenRechtsanwältin und Notarin Edith Kindermann, Bremen

Das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen gehörtzu den „core values“ der Anwaltstätigkeit. Dieser Kernwertwird gern in Sonntagsreden beschworen. Jede Anwältin undjeder Anwalt sollte aber im anwaltlichen Alltag die Regelun-gen in StGB, BRAO und BORA stets im Blick haben (siehedazu in diesem Heft Offermann-Burckart, AnwBl 2018, 157und Deckenbrock, AnwBl 2018, 157), ein gutes Gespür fürpraktische Problemlagen entwickeln und einen bewusstenUmgang mit Interessenkonflikten leben – auch wenn zuge-gebnerweise bei den Sozietätserstreckungen des Verbots derReformbedarf groß ist.

In der Praxis rufen die vielen Fallgestaltungen, in denen wi-derstreitende Interessen an einen Rechtsanwalt herangetragenwerden, zu Wachsamkeit auf: sei es im Familienrecht die Bera-tung von Ehegatten oder die Vertretung von Eltern und Kin-dern wegen Unterhalts, im Haftpflichtrecht des Versicherersund des vermeintlichen Schädigers, im Verkehrsrecht des Fah-rers und des bei einem Unfall geschädigten Beifahrers gegendiesen, im Baurecht des Generalunternehmers und des Sub-unternehmers, im Gesellschaftsrecht der Gesellschaft und desGeschäftsführers. In all solchen Fallgestaltungen liegt nichtper se ein konkreter Interessenwiderstreit vor. Ist er jedoch be-reits bei der Anbahnung eines Mandats erkennbar, kommt we-gen des Verbots der Vertretung widerstreitender Interessenkein Anwaltsvertrag zustande. Sind bei Annahme des Mandatsnoch keine widerstreitenden Interessen zutage getreten, son-dern ergeben sich solche erst im Laufe des Mandats, ist dasMandat sodann für alle Mandanten niederzulegen (§ 3 Abs. 4BORA). Auf diese Folgen und die damit einhergehenden ver-gütungsrechtlichen Auswirkungen (neue Anwälte, erneutesHonorar) sind die Mandanten vor der Übernahme des Mandatshinzuweisen (BGH, AnwBl 2013, 933).

Kern der Prüfung, ob widerstreitende Interessen vorliegen,ist das konkrete Mandat. Die Bedeutung eines klar gefasstenAuftrages zeigt sich somit auch an dieser Stelle erneut. Unklargefasste Aufträge stellen nicht nur in gebührenrechtlicher Hin-sicht ein Problem dar, wenn Anwälte und Anwältinnen zwarumfangreich tätig geworden sind, den Zeitpunkt und Inhaltdes Mandats jedoch am Ende nicht beweisen können. Sie stel-len auch in haftungsrechtlicher Hinsicht ein Problem dar,wenn Anwalt und Mandat nicht abgegrenzt haben, wegen wel-cher Gegenstände welche Tätigkeit erfolgen soll und welcheMitarbeit erforderlich ist. Es ist aber auch ein Problem, wenndie Grenzen beruflicher Tätigkeiten miteinander vermischtwerden – und eine auch als Anwältin tätige Mediatorin anwalt-liche Tätigkeit zum Gegenstand der Mediation macht, so dassbei Berufsversehen dann auch die Grundsätze der Anwaltshaf-tung zum Tragen kommen (BGH, AnwBl 2017, 1231).

Daher gilt: Bei der Annahme eines jeden angetragenenMandats muss der Inhalt – auch um widerstreitende Interes-sen abzugrenzen – klar gefasst werden. //

Edith Kindermann istRechtanwältin und No-tarin in Bremen. Sie istVizepräsidentin desDeutschen Anwaltver-eins und Anwaltsblatt-Herausgeberin. Sie hatbei der Jahrestagung2017 des Kölner Institutsfür Anwaltsrecht zu Inte-ressenkonflikten aufdem Podium mitdis-kutiert.

Leserreaktionen [email protected].

„Die Folgen sindschwerwie-gend: Tritt dieInteressenkolli-sion im Laufedes Mandatsauf, ist dasMandat für alleMandantenniederzulegen.“

AnwBl 3 / 2018 143

IInntteerrpprrooffeessssiioonneellllee SSoozziieettäätt

Keine Zusammenarbeit-von Anwalt und MediatorEs bleibt beim Status quo: Einem Anwaltist es nicht gestattet, mit einem nicht-anwaltlichen Mediator zusammenzuarbei-ten. Der Anwaltssenat des BGH erlaubtnoch nicht einmal eine Bürogemeinschaft(BGH, Urteil vom 29. Januar 2018, AnwZ(Brfg) 32/17. Er soll vor allem darauf ab-gestellt haben, dass der Verschwiegen-heitsschutz des Mediators nicht gleich-wertig mit dem von Ärzten und Apothekernsei (das BVerfG hatte 2016 entschieden,dass das Verbot der Partnerschaftsgesell-schaft von Anwälten mit Ärzten und Apo-thekern verfassungswidrig ist, BVerfG,AnwBl 2016, 261). Dabei ist § 59 a BRAOdringend reformbedürftig. Der DAV plä-diert seit langem im Interesse der Man-danten für eine Erweiterung der Zusam-menarbeitsmöglichkeiten. Die Urteilsgrün-de lagen bei Redaktionsschluss noch nichtvor.

UUnnwwüürrddiiggkkeeiitt

Keine Anwaltszulassungwegen Unwürdigkeit – Fallerneut beim AGH HammSeit bald vier Jahren kämpft eine Asses-sorin um ihre Anwaltszulassung. WegenUnwürdigkeit wurde ihr diese versagt. Siehatte ihren Ausbilder im Referendariatnach einer verkorksten Station beleidigtund anschließend auch gegen die das Er-mittlungsverfahren leitende Oberstaats-anwältin kräftig ausgeteilt. Das endete miteiner Verurteilung wegen Beleidigung. DerAGH Hamm ( AnwBl 2016, 520) und derAnwaltssenat des BGH ( AnwBl Online2016, 623) bestätigten die Entscheidungder Anwaltskammer. Anders das BVerfG,das der Verfassungsbeschwerde der As-sessorin stattgab ( AnwBl Online 2018,59). Nun ist der AGH Hamm wieder amZug. Aber wohl etwas widerwillig, dennterminiert ist erst für den 31. August 2018.Warum das BVerfG nicht durchentschie-den hat, gleichwohl Anwaltskammer undAGH jetzt zulassen müssen, erläuternLenz/Diers in AnwBl Online, 2018, 128.

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Page 18: AnwBl 2018 03 Umschlag 1.

26. bis 27. April 2018

Themenblöcke:• Online-Durchsuchung• Quellen-Telekommunikationsüberwachungin der Strafverfolgung• Widerrede zum Einsatz von„Bundestrojanern“• Netzwerkdurchsetzungsgesetz –pro und contra• DSGVO –Anforderungen an dieAufsichtsbehörde• Privacy by Design/Privacy by Default• Digital Charta – Grundrechte für dasdigitale Zeitalter• E-Payment- Services – neue Lösungen,neue Anforderungen?• Digitale Assistenten• Workshop zu Transparenzanforderungenim E-Commerce• Workshop zu Anforderungen an Legal TechBusiness Modelle

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10 Stunden gem. § 15 FAO

Die Veranstalter danken für die Unterstüt-zung der Zeitschriften „Computer und Recht“und „IT-Rechts-Berater“ des Verlags Dr. OttoSchmidt sowie der Zeitschriften „MMR“ und„ZD“ des Verlags C.H.Beck.

Informationen und Anmeldung unterwww.anwaltakademie.de

AG Informationstechnologierecht

5. Deutscher IT-Rechtstag

144 AnwBl 3 / 2018

BBeerriicchhtt aauuss BBeerrlliinn

Das SPD-Mitglied, dereigentliche Souverän?Peter Carstens, Berlin

Jetzt können ungefähr 460.000 überwiegend ältere Herrschaftenim Alleingang entscheiden, welchen Weg das Land mit seinenachtzig Millionen Einwohnern einschlägt. Das Stimmgewichtder SPD-Mitglieder entspricht einem Vielfachen des Normal-wählers. Der hatte im September vergangenen Jahres zwar dieMöglichkeit, eine ungefähre Richtung zu bestimmen. Abernun, wo es konkret wird, sind es Sozialdemokraten, die darüberbestimmen, ob Angela Merkel Kanzlerin bleibt. Nach Monatendes Verhandelns unter insgesamt fünf Parteien entscheiden dieMitglieder einer einzigen, wer Deutschland künftig regiert. Einseltsamer Zustand: Ein rotes Parteibuch wiegt in dieser Rech-nung ungefähr so viel wie 120 Normalbürgerstimmen.

Erschwerend kommt hinzu, dass es sich dabei keineswegsum einen breiten Querschnitt der Bevölkerung handelt, son-dern ganz überwiegend um Angehörige bestimmter Kreise:Gewerkschafter, Mitarbeiter des öffentlichem Dienst oder An-gestellte sozialer Einrichtungen. Ungefähr die Hälfte von ih-nen ist seit Jahren raus aus dem Berufsleben, lebt in Renteoder Pension. Und schließlich sind unter den Stimmberech-tigten doppelt so viele Männer wie Frauen, weil die SPDnoch immer eine Männerpartei ist. Im Vergleich zur Bevölke-rung, wo das Verhältnis etwa ausgeglichen ist, bedeutet daseine drastische Schieflage zu Lasten der Frauen.

Ist das gerecht? Sicher nicht. Das Verfahren benachteiligtalle anderen im politischen Wettbewerb. Und genau das, dieVorteilsnahme, war eines der beiden Ziele, denen die SPDmit ihrer Mitgliederbefragung folgt. Mit Hilfe der nun laufen-den Befragung stärkten die Unterhändler ihre Verhandlungs-position enorm und konnten viel mehr durchsetzen, als diesin früheren Koalitionsverhandlungen der Fall war. Sigmar Ga-briel und Andrea Nahles, die das Verfahren 2013 erfolgreichzum ersten Mal angewendet haben, wissen das. Diesmal wur-de es noch verfeinert, indem man erst harte Sondierungenführte und dann eine weitere Verhandlungs-Runde, „bis esquietscht“ (Nahles). Die zweite, nicht gering zu schätzendeAbsicht besteht natürlich darin, die zweifelnde und zaudern-de Mitgliedschaft auf den Weg der Parteiführung zu stem-men. Auch dabei geht es nicht nur mit feinsten Mitteln zu.Denn zumindest unterschwellig sind die Stimmberechtigtenmit der Drohung konfrontiert, dass sie ihre jeweiligen Partei-oberen mit einem „Nein“ schwer beschädigen, vielleicht zumRücktritt nötigen. Mal sehen ob das zieht.

Aus guten Gründen wurde schon bei der letzten SPD-Mit-gliederbefragung dagegen beim Bundesverfassungsgericht Be-schwerde geführt. Karlsruhe hat damals in einem Eilverfahrenentschieden, dass die SPD nicht gegen das freie Mandat derAbgeordneten oder Grundsätze der repräsentativen Demokra-tie verstoße. Auch diesmal gibt es wieder Einwände dagegen,dass in der Hauptsache SPD-Mitglieder entscheiden und dieBundestagswahl eher einer groben Vorauswahl dient. Sie wer-den wohl abgewiesen. Daher muss man der Union eigentlichempfehlen, beim nächsten Mal unbedingt eine kleinere Parteizu werden, die mit Mitgliederbefragung droht. Denn in diesemFall würde auch sie einmal ihre Forderungen durchsetzen unddazu noch die besten Ministerposten bekommen. //

Peter Carstens istKorrespondent derFrankfurter AllgemeineSonntagszeitung inBerlin.Er schreibt im Wechselmit Christian Bommarius.

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BBeerriicchhtt aauuss BBrrüüsssseell

Elektronische Beweismittel –wo sind die Grenzen?Rechtsassessor Nicolas Schaeffer, Brüssel

Der Fluss digitaler Daten macht auch vor dem Strafprozessnicht Halt: Digitale Beweismittel stellen mehr und mehr diewichtigste Beweisgrundlage im Strafverfahren dar, nicht nurbei Straftaten im digitalen Raum. Da der Datenfluss keineStaatsgrenzen kennt, nehmen die Diskussionen auf EU-Ebe-ne Fahrt auf, wie die Herausgabe elektronischer Beweismittelin grenzüberschreitenden Fällen geregelt werden kann. Ange-stoßen durch Überlegungen des Rates für Justiz und InneresEnde 2016 erwägt die EU-Kommission ein solches Rechts-instrument zeitnah einzuführen. Die Veröffentlichung des ur-sprünglich für Ende 2017 angekündigten Vorschlags hat dieKommission nochmals verschoben. Das zeigt, dass mit dieserThematik grundlegende Fragen zur Geltung strafprozessualerPrinzipien im digitalen Zeitalter verbunden sind.

Im Kern geht es um die Frage, wie der Zugang zu elektro-nischen Daten ermöglicht werden soll. Das Ziel ist es, die Zu-sammenarbeit zwischen den Justizbehörden der Mitgliedstaa-ten und die zuweilen als zeitintensiv und schwerfällig gelten-den Rechtshilfeverfahren zu beschleunigen. In der Diskussi-on um einen EU-Vorschlag findet daher auch regelmäßig dieBudapester Cybercrime Konvention des Europarates Erwäh-nung. Dieses Übereinkommen von 2001 zur Computerkrimi-nalität, an dem sich auch Nicht-Europaratsstaaten wie dieUSA beteiligt haben, wird von vielen Seiten als Grundlagefür eine über die EU hinausgehende zwischenstaatliche Rege-lung der Herausgabe elektronischer Beweismittel gesehen.Eine erleichterte Rechtshilfe soll daher in einem derzeit ver-handelten Zusatzprotokoll festgehalten werden.

Der von der EU-Kommission favorisierte Ansatz sieht vor,die Anbieter digitaler Dienste direkt und ohne Einbindungder Justizbehörden anderer Mitgliedstaaten oder Drittstaatenzur Datenherausgabe zu verpflichten. Bislang sind solche Di-rektanfragen weitestgehend an die Freiwilligkeit der Dienst-anbieter gebunden. Deren geplante Einbindung in die Be-weisgewinnung könnte insofern ähnliche Diskussionen her-vorrufen wie zum Netzwerkdurchsetzungsgesetz. Die Beden-ken der Anwaltschaft liegen aber an anderer Stelle: Zunächstmuss bezweifelt werden, ob nicht statt eines neuen Rechts-instruments zunächst die Anwendung der Europäische Er-mittlungsanordnung von 2014 ausgewertet werden sollte. Indem Vorschlag muss zudem der Zugriff auf sämtliche Datenausgeschlossen sein, die der anwaltlichen Verschwiegenheits-pflicht unterfallen. Bei Inhaltsdaten muss aufgrund ihresgrundrechtssensiblen Charakters ohnehin bezweifelt werden,ob deren Herausgabe nicht mindestens unter einem Richter-vorbehalt stehen muss. Ausgangspunkt aller weiteren Über-legungen zur Datenherausgabe muss schließlich sein, dassdie Umsetzung des EuGH-Urteils zur Vorratsdatenspeiche-rung (C-203/15, siehe DAV-Stellungnahme Nr. 59/2017)gewährleistet ist. Das Thema verlangt langfristig aber einenBlick über die EU hinaus: Im sogenannten Microsoft-Fall for-dert die US-Regierung vor dem US Supreme Court die He-rausgabe von in der EU gespeicherten Daten. //

Nicolas Schaeffer istRechtsassessor undReferent im DAV-BüroBrüssel.

Leserreaktionen [email protected].

AnwBl 3 / 2018 145

Europäische Anwaltskonvention

Die Parlamentarische Versammlung desEuroparates hat am 24. Januar 2018, dem„Tag des bedrohten Anwalts“, eine bin-dende Europäische Konvention zum Berufdes Rechtsanwalts gefordert. Diese Initia-tive ist vom Rat der Europäischen Anwalt-schaften (CCBE) angestoßen worden. An-gesichts zunehmender Angriffe auf Anwäl-te in einigen Staaten des Europarates hat-te sich der CCBE auch mit Unterstützungdes DAV seit über einem Jahr für die Er-arbeitung einer Konvention eingesetzt.Das Ministerkomitee des Europarats wirdnun in den kommenden Monaten ent-scheiden, ob die Arbeiten an einer Kon-vention begonnen werden. In der Konven-tion könnte die Bedeutung der Anwalt-schaft für die Einhaltung rechtsstaatlicherPrinzipen und den Zugang zum Recht be-tont sowie Schutz und Reichweite der an-waltlichen Verschwiegenheitspflicht auf-genommen werden.

5. Anti-Geldwäscherichtlinie

Ende des Jahres 2017 einigten sich dieEU-Institutionen auf die 5. Geldwäsche-richtlinie. Zentraler Streitpunkt war hierlange Zeit der öffentliche Zugang zu Infor-mationen über die wirtschaftlichen Eigen-tümer von Gesellschaften, der nunmehr inder Richtlinie vorgesehen ist. Im Übrigenhaben Regelungen Eingang gefunden, dieauch Gegenstand des überarbeitetendeutschen Geldwäschegesetzes sind, etwadie anlassunabhängigen Prüfungen. Auchsind die Berichtspflichten der Selbstver-waltungseinrichtungen – also auch derRechtsanwaltskammern – gegenüber derZentralstelle für Finanztransaktionen (FIU,in Deutschland nunmehr bei der General-zolldirektion angesiedelt) erweitert worden.Durchsetzen konnte sich die Anwaltschaftdamit, dass die anwaltliche Verschwiegen-heitspflicht weiterhin volle Berücksichti-gung findet. Die Richtlinie muss bis Ende2019 umgesetzt werden.

BGH: Betriebsratsvorsitzenderkein Syndikusrechtsanwalt

Der BGH hat die Berufung der RAK Kölngegen das Urteil des AGH Hamm zurück-gewiesen (BGH, Urteil vom 29. Januar2018 – AnwZ (Brfg) 12/17. Dieser hatteentschieden, dass die gegenwärtig aus-geübte Tätigkeit als freigestellter Be-triebsratsvorsitzender einer Zulassung alsSyndikusrechtsanwalt entgegensteht(AGH Hamm, AnwBl 2017, 444). Die Ent-scheidungsgründe lagen bei Redaktions-schluss noch nicht vor.

AnwaltsP

raxis

Page 20: AnwBl 2018 03 Umschlag 1.

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SGG Sozialgerichtsgesetz, Breitkreuz/Fichte

Wohnungswirtschaft und Mietrecht, WuM

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Page 21: AnwBl 2018 03 Umschlag 1.

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Werbeauflage desAnwaltsblatts auch anNichtmitgliederMit diesem Heft des Anwaltsblatts lädt derDeutsche Anwaltverein nicht nur zumDeutschen Anwaltstag 2018 vom 6. bis 8.Juni 2018 in Mannheim ein, sondern erwirbt auch dafür, die Arbeit der Anwaltver-eine, der DAV-Landesverbände und desDeutschen Anwaltvereins als Mitglied zuunterstützen. Die Stärke eines Berufsver-bandes als Interessenvertreter der in ihmversammelten Berufsträger hängt auchdavon ab, dass er für viele sprechen kann(siehe dazu in diesem Heft Schweigerer,AnwBl 2018, 178).Diese Ausgabe des Anwaltsblatts gehtdaher nicht nur an die Mitglieder der An-waltvereine, sondern an alle Anwältinnenund Anwälte aus dem Anwaltverzeichnis.Die Mitgliedschaft lohnt sich – wegen derHilfe vor Ort in den Anwaltvereinen und derLeistungen des DAV wie dem Anwaltsblatt,der DAV-Depesche, dem Newsletter Eu-ropa im Überblick, der Arbeitsgemein-schaften des DAV, des Fortbildungsange-bots der Deutschen Anwaltakademie undder Deutschen Anwaltauskunft.Aktuelle Informationen zu vielen DAV-An-geboten finden sich im Anwaltsblatt in derHauptrubrik „AnwaltVerein“, in diesemHeft ab Seite 173.

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AnwBl 3 / 2018 147

AAnnwwaallttssrreecchhtt

BGH lässt Berufungen zu:Würde und KammerwahlSyndikusanwälte 2015 als Kammervorstand wählbar?Rechtsassessorin Jessika Kallenbach, Anwaltsblatt-Redaktion, Berlin

Der Anwaltssenat des BGH hat sich im Januar Arbeit auf denTisch geholt: in drei Verfahren ließ er die Berufung zu. In ver-waltungsrechtlichen Anwaltssachen ist er nämlich Berufungs-gericht. In zwei Fällen kämpfen Anwälte um ihre Wieder-zulassung zur Anwaltschaft.

Im ersten Fall wurde dem Kläger 1999 die Anwaltszulas-sung wegen fehlender Berufshaftpflichtversicherung widerru-fen. Im gleichen Jahr war er unter anderem wegen versuchtenProzessbetrug und falscher Verdächtigung verurteilt worden(samt dreijährigem Berufsverbot). Seit 2002 beantragte ersechs Mal die Wiederzulassung zur Anwaltschaft. Die Anwalts-kammer sagte jedes Mal: nein. Nachdem mittlerweile mehr als19 Jahre nach der letzten Straftrat vergangen sind, kommenauch dem BGH Zweifel an der rigiden Haltung der Anwalts-kammer (BGH, Beschluss vom 8. Januar 2018 – AnwZ (Brfg)54/17). Der andere Anwalt hatte 2015 einen Strafbefehl wegenSteuerhinterziehung erhalten und seine Zulassung wegen Ver-mögensverfall verloren. Seinen 2017 gestellten Antrag auf Wie-derzulassung lehnte die Anwaltskammer wegen Unwürdigkeitab. Auch hier will der BGH genauer hinschauen, ob dreiein-halb Jahre Wohlverhalten nach Tatende ausreichen (BGH, Be-schluss vom 8. Januar 2018 – AnwZ (Brfg) 50/17).

Berliner Kammervorstand: Wahl rechtswidrig?

Bei der dritten Berufungszulassung geht es um die Wahl zumBerliner Kammervorstand. 2015 sind acht Syndikusanwältin-nen und Syndikusanwälte gewählt worden. Der AGH Berlinhatte bejaht, dass auch Syndikusanwälte nach altem Rechtwählbar seien (AGH Berlin, AnwBl Online 2017, 13). DerBGH scheint so seine Zweifel zu haben. Er hält die Rechtsfra-ge der Wählbarkeit für klärungsbedürftig. //

Sämtliche Beschlüsse des Anwaltssenats des BGH sind abrufbar unterwww.bundesgerichtshof.de.

Sie können das Anwalts-blatt auch bequem in derAnwaltsblatt-App lesen.Herunterzuladen imAppstore oder beiGoogle play.

AnwaltsP

raxis

Page 22: AnwBl 2018 03 Umschlag 1.

Null-Fehler-Toleranz oderaus Fehlern lernen?„Aus Fehlern wird man klug“ sagt das Sprichwort. Im berufli-chen Alltag sieht es jedoch oft anders aus: Fehler kosten Geld,Zeit, Nerven und sind unerwünscht. Folgen sind oftmals dasVerschweigen oder gar Vertuschen von Fehlern. Auswüchsesind dokumentationswütige „Cover-your-ass-Mails“ damit derAbsender notfalls belegen kann, dass er nicht verantwortlichwar, zumindest nicht angreifbar. Wie also umgehen mit Feh-lern?

1 www.brandeins.de

Brand Eins: FehlanzeigeDas Wirtschaftsmagazin widmete bereits im Sommer 2007 eineAusgabe dem Schwerpunkt Fehler. Der Blick zurück lohnt unbe-dingt. Unterhaltsam, informativ und durchaus kritisch geht es vonAischylos über die Treffsicherheit in der Ballistik, der offenen Ge-sellschaft von Karl Popper zur Null-Fehler-Toleranz, FMEA (FailureMode and Effects Analysis), Qualitätssicherung und Kaizen zurFrage nach einer guten Fehlerkultur.

2 www.q-enthusiast.de

Dos and Don’ts Fehlerkultur im UnternehmenDer Blog zum Qualitätswesen von Florian Frankl bietet in diesemBeitrag eine anschauliche Grafik unter dem Motto „Lernen ist dieeinzige Möglichkeit, um aus Fehlern Erfolge zu machen“, die er inweiteren Beiträgen und Podcasts verfolgt.

3 www.zhaw.ch

White Paper FehlerkulturEine kurze dreiseitige Übersicht des Dozenten Michael Herzig zumproduktiven Umgang mit Fehlern. Bekanntlich macht der Ton dieMusik. Zur Kommunikation finden Sie den Hinweis: Fragen Sie

nicht, „Was ist heute schiefgelaufen?“ Fragen Sie: „Was ist heutegerade nochmal gut gegangen?“ Fehlerkultur ist eng verknüpftmit Qualitätssicherung und der Frage nach der Innovationskraft.Sie ist zudem untrennbar mit dem Führungsstil verbunden, wieauch der nächste Beitrag zeigt.

4 www.moderne-unternehmenskommunikation.de

„Positive Fehlerkultur – Wie wir richtig Fehler machen“Der Artikel von Verena Waldbröl beschäftigt sich mit der Innova-tionsfähigkeit von Unternehmen – und da führt kein Weg an derFehlerkultur vorbei. Innovationen sind nun mal grundsätzlich Ab-weichungen von der Norm und somit strenggenommen zunächstimmer Fehler im Sinne des gewünschten, reibungslosen Prozes-ses. Beachtenswert ist die Kurzanleitung mit fünf Punkten zum„Richtig Fehler machen“ Schon die beiden ersten Punkte habenes in sich: Fehler zugestehen und Vorbild sein!

5 www.bdp-verband.org

Bundesverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen– Projektgruppe Supervision und CoachingDer Verband bietet ein anschauliches Übersichtspapier über Nut-zen und Ziele von Supervision und Coaching und die Unterschiedezwischen beidem. Supervision ist ein Format zur Reflexion unterLeitung eines ausgebildeten Supervisors für Einzelpersonen, imTeam oder in firmenunabhängigen Gruppen. Sie dient der Ent-wicklung von Personen und Organisationen und somit auch derQualität der beruflichen Arbeit. Ursprünglich stark im sozialen, me-dizinischen und pädagogischen Bereich verankert, beweist Su-pervision ihren Nutzen zunehmend auch in anderen Branchen.

6 www.supervision-regional.de

Netzwerk SupervisionDas Netzwerk bildete sich aus den Regionalgruppen der Deut-schen Gesellschaft für Supervision. Es stellt neben einer kurzenErläuterung des Beratungsformates Supervision auch eine kleineÜbersicht zu möglichen Anlässen einer Supervision und dem Nut-zen vor. Es geht um die Reflexion der eigenen Rolle, Teamaufbauund -entwicklung, Feedback zur eigenen Wirkung und Vielesmehr. Eine Suche zu Anbietern in ganz Deutschland steht eben-falls zur Verfügung. Verantwortet wird die Seite von Christiane Ja-cobs aus Erfurt.

Digital

148 AnwBl 3 / 2018

Für das Anwaltsblatt im Internet:Janine Ditscheid, Dipl.-Bibliothekarin, Köln

Leserreaktionen an [email protected].

Page 23: AnwBl 2018 03 Umschlag 1.

psst!

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AnwaltsWissen

150 Interessenkonflikte in KanzleienRechtsanwalt Dr. Marcel Klugmann, Berlin

Nicht alles, was das Berufsrecht zulässt, schätzenMandanten. Potentielle Interessenkonflikte in Wirt-schaftskanzleien sollten genauso professionell be-handelt werden wie Interessenkollisionen.

153 Parteiverrat & Co. – Risiken erkennenRechtsanwalt und Notar Dr. Ulrich Wessels, Münster

Wer als Anwältin, als Anwalt beiden Seiten einesStreits dient, hat ein Problem. Die Risiken lauern imAlltag – sie sollten vor der Mandatsannahme abge-klärt werden. Die Kammern beraten.

164 Honorar und InteressenkollisionRechtsanwalt Bertin Chab, Allianz Versicherungs AG, München

Beim Geld hört der Spaß auf. Wer Mandanten mitpotentiell widerstreitenden Interessen vertritt, solltesich der Risiken bewusst sein. Im besten Fall steht eram Ende nur ohne Honoraranspruch da.

AnwaltsW

issen

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AAnnwwaallttssrreecchhtt

Potenzielle Interessenkon-flikte in Wirtschaftskanzleien– einige typische FallgruppenDie Wahrnehmung von Mandanteninteressenfordert mehr als Einhaltung des Berufsrechts*

Rechtsanwalt Dr. Marcel Klugmann, Berlin

Das Berufsrecht macht Interessenkollisionen am konkretenMandat fest. Sonstige potenzielle Interessenkonflikte rückenin den Fokus, wenn sich Kanzleien als Rechtsdienstleister ver-stehen, die die Interessen ihrer Mandanten umfassend wah-ren wollen – oder das die Mandanten verlangen. Je größerdie Kanzlei, desto größer die Chance auf solche Konfliktlagen.Der Autor berichtet aus seiner Praxis in einer Großkanzlei.

Sind große, wirtschaftsberatende Kanzleien1 häufiger von Inte-ressenkonflikten betroffen als kleinere Kanzleien oder Einzel-anwälte? Ein – zugegebenermaßen anekdotischer – Blick in diegerichtlichen Leitentscheidungen zu berufsrechtlichen Interes-senkonflikten der letzten gut zehn Jahre stützt diese Hypothesezwar nicht. Art und Umfang des Beratungsangebots von Wirt-schaftskanzleien führen jedoch dazu, dass Wirtschaftskanzleienmit unterschiedlichsten Fallgruppen potenzieller Interessen-konflikte konfrontiert sind und viel Aufwand zu ihrer sachge-rechten Behandlung betreiben müssen. Der Beitrag stellt ausSicht der Praxis einige regelmäßig auftretende Fallgruppen darund liefert Vorschläge zu ihrer Behandlung.

I. Ausgangslage: Höhere Wahrscheinlichkeitvon Konfliktlagen

Mit zunehmender Größe einer Kanzlei steigt das Risiko vonInteressenkonflikten. Diese Binsenweisheit findet ihren nor-mativen Niederschlag in der Sozietätserstreckungsklausel des§ 3 Abs. 2 S. 1 BORA. Da ein Tätigkeitsverbot bei Vorliegen ei-nes rechtlichen Interessenkonfliktes im Sinne des §§ 43aAbs. 4 BRAO, 3 Abs. 1 BORA mithin nicht nur für den in sei-ner Person inhabilen Rechtsanwalt, sondern auch für die mitihm in derselben Berufsausübungs- oder Bürogemeinschaft –gleich welcher Rechts- oder Organisationsform – verbunde-nen Kollegen gilt, sind neue Mandate einer Kollisionsprüfunggegen den in der Kanzlei vorhandenen Aktenbestand zu un-terwerfen.

Diese Prüfung erweist sich in Wirtschaftskanzleien, in de-nen viele Berufsträger tätig sind, es noch viel mehr Mandategibt und die oft auch überörtlich organisiert sind, als eineder wichtigsten Compliance-Aufgaben der Kanzlei, die regel-mäßig den Einsatz spezialisierten Fachpersonals und dezi-dierter Softwarelösungen erfordert. Die Komplexität der Prü-fung steigt in international vertretenen Kanzleien. Schließlichsehen sich Wirtschaftskanzleien anspruchsvollen, fachlichgut aufgestellten Mandanten – meist Unternehmen mitRechtsabteilungen – gegenüber, mit denen potenzielle Inte-ressenkonflikte in der Regel professionell besprochen und be-handelt werden können.

II. Wirtschaftliche Interessenkonflikte

Da das berufsrechtliche Verständnis eines rechtlichen Inte-ressenkonflikts an ein anwaltliches Tätigwerden in derselbenRechtssache im widerstreitenden Interesse im Verhältnis zueiner Vortätigkeit für einen anderen Mandanten anknüpft,ist es dem Rechtsanwalt oder seinem zur gemeinschaftlichenBerufsausübung verbundenen Kollegen rechtlich unbenom-men, für einen zweiten Mandanten gegen den Erstmandan-ten in anderen Angelegenheiten tätig zu werden.2 Diese Fällewerden in der Praxis als wirtschaftliche oder strategische Kon-flikte bezeichnet, da auch sie selbstredend Interessen desErstmandanten berühren und sie vernünftigerweise einersensiblen Behandlung in der Kanzlei bedürfen. Wiederkeh-rende Fallgruppen sind etwa die Beratung eines Erstmandan-ten in einem abgegrenzten Rechtsgebiet (zum Beispiel Ar-beitsrecht), gefolgt von der Anfrage, für einen Zweitmandan-ten in einem anderen abgegrenzten Rechtsgebiet (zum Bei-spiel Handelsrecht) gegen den Erstmandanten tätig zu wer-den; des Weiteren das Agieren einmal auf Banken, einmalauf Darlehensnehmerseite in verschiedenen Finanzierungs-transaktionen oder die Beratung von Versicherungen undVersicherungsnehmern in verschiedenen Versicherungsfäl-len. Auch die Beratung des Erstmandanten im laufenden ope-rativen Geschäft und eine spätere Beratung eines Erwerbersdieses Erstmandanten fällt in die Kategorie eines wirtschaftli-chen Konfliktes, da sich im Erwerbsprozess Käufer und Ver-käufer mit widerstreitenden Interessen gegenüberstehen,während die Zielgesellschaft die dritte Partei beziehungsweisedas „Objekt“ des Verkaufsprozesses darstellt. Auch stellen dieallgemeine rechtliche Beratung der Zielgesellschaft und derspätere Verkaufsprozess unterschiedliche Rechtssachen dar.

Üblicherweise werden wirtschaftliche Konflikte wie echteKollisionen behandelt. Die Einbeziehung in die Kollisionsprü-fung ist abgesehen von der notwendigen Mandantenpflegegegenüber dem Erstmandanten auch rechtlich geboten, umvorvertraglichen Aufklärungspflichten über Mandatsbezie-hungen in einer Sozietät zum Gegner der Partei genügen zukönnen.3 Dies führt in der Praxis in der Regel dazu, dass diekonfligierenden Zweitmandate nur angenommen werden,wenn der Erstmandant einverstanden ist. Diese Einverständ-niserklärung ist, da sie mangels Konflikt im Rechtssinnenicht an § 3 Abs. 2 S. 2 BORA zu messen ist, auch formlosmöglich und kann insbesondere auch von vornherein füreine Vielzahl vereinbarter Fallgruppen erteilt werden. Beson-dere Beachtung erfordert hierbei die Verschwiegenheit gegen-über dem Erstmandanten. Etliche Mandanten – meist großeUnternehmen – geben ihren anwaltlichen Dienstleistern spe-zifische Prozesse für den Umgang mit wirtschaftlichen Kon-flikten sowie die Einholung von Einverständniserklärungen(„Waiver“) vor. Teil dieses Prozesses kann etwa die vorsorg-liche Errichtung von Informationsbarrieren („Ethical Walls“)sein.

Anwaltswissen

150 AnwBl 3 / 2018 Potenziel le Interessenkonfl ikte in Wirtschaftskanzleien – einige typische Fallgruppen, Klugmann

* Der Beitrag beruht auf einem Vortrag auf der Jahrestagung des Instituts für Anwaltsrechtan der Universität zu Köln in Kooperation mit dem Anwaltsblatt „Interessenkollisionen beider Anwaltstätigkeit“ am 24. November 2017 in Köln (Bericht Kallenbach AnwBl Online2018, 5).

1 Nachfolgend in bewusster Vereinfachung als „Wirtschaftskanzleien“ bezeichnet.

2 Ausführlich Henssler/Prütting/Henssler, BRAO, 4. Aufl. 2014, § 43a Rn. 201f.

3 BGH AnwBl 2008, 297; Feuerich/Weyland/Träger BRAO, 9. Aufl. 2016, § 43a Rn. 59a.

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Einen Sonderfall strategischer Konflikte nehmen Konstel-lationen in internationalen Kanzleiallianzen ein, deren gesell-schaftsrechtliche Verfassung, aber auch die Ausgestaltung inder Praxis es nicht rechtfertigt, die Allianzpartner als dieselbeBerufsausübungs- oder Bürogemeinschaft im Sinne des § 3Abs. 2 S. 1 BORA anzusehen.4 Eine Beratung zweier Parteiendurch verschiedene Allianzpartner wäre damit – ungeachtetaller anderen dagegenstehenden Erwägungen – rechtlichnicht ausgeschlossen.

III. Exklusivitätsklauseln

Unter Exklusivitätsklauseln im Kontext anwaltlicher Interes-senkonflikte sind Regelungen in Mandatsvereinbarungen zuverstehen, mit denen sich die Kanzlei gegenüber einem Man-danten verpflichten soll, während der Laufzeit der Verein-barungen nicht für Wettbewerber tätig zu werden. Dieses An-sinnen, das selten, aber doch gelegentlich von Mandanten an-getragen wird, geht in seiner Breite über den Umfang recht-licher und wirtschaftlicher Konflikte hinaus. Während letzte-re die Vertretung widerstreitender Interessen (in derselbenoder einer anderen Rechtssache) meinen, verlangen Exklusivi-tätsklauseln, gar nicht für Wettbewerber derselben Branchetätig zu werden – auch wenn diese Tätigkeit gar nicht in wi-derstreitendem Interesse erfolgt –, da jegliches Agieren fürWettbewerber, so die Argumentation, mittelbar und wirt-schaftlich auch die Interessen des Mandanten berühre. DieKanzlei wird damit gezwungen, sich in einer Branche auf Sei-ten eines Mandanten zu positionieren (daher ist im angel-sächsischen Rechtskreis auch der Begriff „Positional Conflict“verbreitet). Dass US-amerikanische Mandanten Exklusivitäts-klauseln fordern, ist insoweit nachvollziehbar, als in denUSA ein anderes Verständnis von anwaltlichen Interessen-konflikten herrscht5; dort kommt es mehr auf die Informatio-nen an, die ein Anwalt über einen Mandanten hat, währenddas deutsche Verständnis an die für den Mandanten bearbei-tete individuelle Rechtssache anknüpft.

Demzufolge sind Exklusivitätsklauseln hierzulande jeden-falls im Rechtsmarkt unüblich6 und der Natur der Anwalts-tätigkeit fremd; man kennt sie eher aus Unternehmensbera-tungen und Werbeagenturen, die aber im Verhältnis zumkleinteiligeren Rechtsberatungsgeschäft weniger und dafürgrößere Aufträge bearbeiten. Allein die Tatsache, dass Man-danten Klauseln wie die geschilderten in die Verhandlungenüber Mandatsvereinbarungen einbringen, zeigt exemplarisch,wie die Regelungsdichte im Verhältnis Mandant-Anwaltdurch vomMandanten gestellte Bedingungen (unter anderemso genannten „Outside Counsel Guidelines“, Richtlinien fürdie Arbeit der Kanzleien) zunimmt.

IV. Schiedsrichtertätigkeiten

Besonderer Beachtung in Bezug auf die Vermeidung von In-teressenkonflikten bedarf auch das Schiedsrichteramt. § 45Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit Abs. 3 BRAO statuiert ein Tä-tigkeitsverbot für eine anwaltliche Tätigkeit, wenn ein zur ge-meinschaftlichen Berufsausübung verbundener Kollege inderselben Rechtssache als Schiedsrichter tätig geworden ist.

Das Berufsrecht verhält sich allerdings nicht zum typi-schen Fall, dass ein Rechtsanwalt in einer Sache als Schieds-richter tätig ist, während sein Kollege eine der Schiedspartei-en in einer ganz anderen Sache berät. Auch diese Konflikte

sind im Rahmen der Interessenkollisionsprüfung zu ermit-teln, um dem als Schiedsrichter tätigen Rechtsanwalt Hinwei-se geben zu können, welche schiedsrichterlichen Pflichtenihm in diesen Konstellationen obliegen. Hier ist insbesonderedie Offenlegungspflicht des Schiedsrichters aus § 1036 Abs. 1ZPO oder auch § 16.1 DIS-Schiedsgerichtsordnung über alleUmstände zu beachten, die Zweifel an der Unparteilichkeitoder Unabhängigkeit des Schiedsrichters wecken können.Kriterien für diese Zweifel sind die Nähebeziehung zwischenin Sozietät verbundenen Rechtsanwälten wie auch eine sachli-che Vorbefassung relevante Umstände, die die andereSchiedspartei zu einer Ablehnung des Schiedsrichters berech-tigen könnten.7

V. Ämter in Aufsichtsräten und vergleichbarenGremien

Eine andere Fallgruppe, zu der sich das Berufsrecht nur rudi-mentär äußert und sich Konfliktregelungen aus anderenRechtsgebieten ergeben, sind Konstellationen, in denen einRechtsanwalt einer Kanzlei für einen Mandanten gegen dieInteressen eines Unternehmens tätig werden will, in wel-chem ein zur gemeinschaftlichen Berufsausübung verbunde-ner Kollege ein Amt als Aufsichtsrat, Beirat oder in ähnlicherFunktion wahrnimmt. Umstritten ist hier, ob der rechtsbera-tende Kollege einem Tätigkeitsverbot des § 45 BRAO unter-liegt. Der allein in Betracht kommende § 45 Abs. 1 Nr. 4 inVerbindung mit Abs. 3 BRAO verbietet ein Tätigwerden,wenn der zur gemeinschaftlichen Berufsausübung verbunde-ne Rechtsanwalt (hier also der Aufsichtsrat) in derselben An-gelegenheit außerhalb seiner Anwaltstätigkeit bereits beruf-lich tätig war. Selbst wenn man die organschaftliche Auf-sichtsratstätigkeit als zweitberuflich im vorgenannten Sinneansähe8, wird darüber hinaus vertreten, dass der Rechtsanwaltin seinem Zweitberuf rechtlich und tatsächlich einer rich-tunggebenden Einflussnahme unterliegen müsse, um dasTatbestandsmerkmal einer beruflichen Betätigung zu erfül-len.9 Die Möglichkeit einer solchen Einflussnahme habe einAufsichtsrat nicht10, womit die Aufsichtsratstätigkeit schontatbestandlich nicht unter § 45 Abs. 1 Nr. 4 BRAO fiele.

Anwaltswissen

Potenziel le Interessenkonfl ikte in Wirtschaftskanzleien – einige typische Fallgruppen, Klugmann AnwBl 3 / 2018 151

4 Hierzu Henssler/Prütting/Henssler (o. Fn. 2), § 3 BORA Rn. 15 f.

5 Hierzu ausführlich in diesem Heft Kilian, AnwBl 2018, 158 (Volltext AnwBl Online 2018,219).

6 Nicht vertieft werden kann hier die Prüfung, ob Exklusivitätsklauseln rechtlichen Beden-ken begegnen, sowie die Frage, wie in der Praxis einer Kanzlei die Einhaltung einer sol-chen Klausel sichergestellt werden kann.

7 S. hierzu grundlegend Mankowski, SchiedsVZ 2004, 304 und jüngst etwa Froitzheim,SchiedsVZ 2017, 172.

8 Dies ist bereits str., s. Henssler/Prütting/Kilian, (o. Fn. 2), § 45 BRAO Rn. 35.

9 OLG Koblenz, NJW-RR 2007, 1003. A.A. Ziemons, ZGR 2016, 839, 856; Müller, NZG2002, 797, 799.

10 Henssler/Prütting/Kilian, (o. Fn. 2), § 45 BRAO Rn. 35.

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Page 26: AnwBl 2018 03 Umschlag 1.

Löst man sich von der berufsrechtlichen Diskussion, so istgesellschaftsrechtlich zu konstatieren, dass Aufsichtsräte derPflicht unterliegen, ihre Tätigkeit mit der Sorgfalt eines or-dentlichen und gewissenhaften Aufsichtsratsmitglieds aus-zuüben (§§ 116 S. 1, 93 Abs. 1 AktG). Eine der Kernpflichtenist dabei, Interessenkonflikte zu vermeiden oder, wenn sie un-vermeidlich sind und zur Pflichtenkollision werden, entspre-chend der vorrangigen Verpflichtung auf das Unternehmens-interesse zu lösen.11 Welches Mittel zur Auflösung des Kon-flikts dann geboten ist, hängt von den Umständen des Einzel-falls ab. Sollte etwa im Ausgangsfall die Angelegenheit, diegegen das beaufsichtigte Unternehmen entfaltet wird, von ih-rer Bedeutung her ein Thema für den Aufsichtsrat sein, wirdman annehmen müssen, dass der anwaltliche Aufsichtsrathier nicht nur einem Stimmverbot in dieser Angelegenheitunterliegt, sondern bereits nicht an einer Sitzung teilnehmendarf, in der über diesen Sachverhalt beraten und in der kon-kreten Angelegenheit auch sonst nicht informiert wird. EinePflicht zur Niederlegung des Aufsichtsratsmandats bestehtdagegen nicht, eine solche wird nur in Fällen nicht lösbareroder dauerhafter Interessenkollisionen angenommen.12 Beieiner einmaligen Beratung der Gegenseite, deren Konflikt-potenzial durch vorgenannte Maßnahmen beseitigt werdenkann, wird kein Kriterium für eine Niederlegung erfüllt sein.

VI. Sozietätswechsler

Abschließend noch einige Worte zur Sozietätswechsler-Pro-blematik (§ 3 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 2 BORA): Um-stritten ist hier immer noch der insbesondere für die Praxisvon Wirtschaftskanzleien eminent wichtige Aspekt, ob beider Frage, ob ein Sozietätswechsler die aufnehmende Berufs-ausübungsgemeinschaft zur Mandatsniederlegung zwingt,zwischen einem mit der betreffenden Rechtssache bei der ab-gebenden Berufsausübungsgemeinschaft selbst befasstenWechsler und einem mit der Sache nicht befassten Wechslerzu differenzieren ist. Die inzwischen überwiegende Mei-nung13 vertritt unter besonderer Hervorhebung der Berufs-freiheit richtigerweise die Auffassung, dass § 3 Abs. 3 BORAeng ausgelegt werden muss und kommt mithin zu dem Er-gebnis, dass ein Anwalt, der das betroffene Mandat in der ab-

gebenden Berufsausübungsgemeinschaft gar nicht selbst be-arbeitet hat, mithin nicht vorbefasst ist, die aufnehmende Be-rufsausübungsgemeinschaft nicht infiziert, jedenfalls dannnicht, wenn er in der aufnehmenden Berufsausübungs-gemeinschaft nicht am Konfliktmandat mitarbeitet.

Erschwert wird der praktische Umgang mit Sozietäts-wechslerfällen indes durch die in Teilen der Literatur vertrete-ne Auffassung, dass auch die persönliche Vorbefassung alsReferendar bei einer späteren Berufsaufnahme als Rechts-anwalt die ihn aufnehmende, auf der Gegenseite stehende Be-rufsausübungsgemeinschaft mit der Folge infiziere, dass dieaufnehmende Berufsausübungsgemeinschaft das Konflikt-mandat niederlegen müsse.14 Vom Schutzzweck der Interes-senkollisionsregeln her ist diese Meinung durchaus nachvoll-ziehbar, denn auch ein Referendar, der berufsvorbereitend anMandaten mitarbeitet, erhält Zugang zu sensiblen Informa-tionen, deren „Transfer“ (beziehungsweise die Gefahr einesTransfers) in die neue Berufsausübungsgemeinschaft die In-teressenkollisionsregeln zu verhindern suchen. Normativ istdie Erweiterung auf Referendare indes nur schwer zu begrün-den, ob nun § 45 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit Abs. 3BRAO15, § 45 Abs. 1 Nr. 4 in Verbindung mit Abs. 3 BRAO16

oder § 3 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 2 BORA17 herangezo-gen werden. Sie würde zudem zu kurz greifen, werden dochneben Referendaren auch andere Personengruppen tätig(Doktoranden, Wissenschaftliche Mitarbeiter, Diplom-Juris-ten, Paralegals), bei denen nicht ausgeschlossen ist, dass siespäter als Rechtsanwalt in einer gegnerischen Berufsaus-übungsgemeinschaft tätig werden. Auch hier bleibt als Fazit– dem einhelligen Befund der Jahrestagung des Instituts fürAnwaltsrecht in Köln am 24. November 2017 folgend18 – derRuf nach einer strukturierten Reform des Rechts der Interes-senkonflikte, der auch die vorstehende Fallgruppe in denBlick nimmt.

Anwaltswissen

152 AnwBl 3 / 2018 Potenziel le Interessenkonfl ikte in Wirtschaftskanzleien – einige typische Fallgruppen, Klugmann

Dr. Marcel Klugmann, BerlinDer Autor ist Rechtsanwalt bei CMS Hasche Sigle,Berlin und nimmt für die Sozietät die Funktion des Di-rector Risk & Compliance wahr. Der Beitrag gibt seinepersönliche Auffassung wieder.

Leserreaktionen an [email protected].

11 Semler/v. Schenck, Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 4. Auflage 2013, § 13Rn. 94ff.

12 Münchener HdB GesR IV/Hoffmann-Becking, § 33 Rn. 83.

13 AGH München, AnwBl 2012, 655; Henssler/Prütting/Henssler (o. Fn. 2), § 3 BORA Rn. 36;Kleine-Cosack, BRAO, 7. Aufl. 2015, § 3 BORA Rn. 35; Hartung/Scharmer/Hartung, BO-RA/FAO, 6. Aufl. 2016, § 3 BORA Rn. 160; BeckOK BORA/Römermann/Praß, § 3 Rn. 50;Deckenbrock, AnwBl 2012, 594; a.A. Feuerich/Weyland/Träger (o. Fn. 3), § 3 BORARn. 32; Gaier/Wolf/Göcken/Zuck, Anwaltliches Berufsrecht, 2014, § 3 BORA Rn. 28.

14 Henssler/Prütting/Henssler (o. Fn. 2), § 3 BORA Rn. 39; Feuerich/Weyland/Träger (o. Fn.3), § 3 BORA Rn. 7; BeckOK BORA/Römermann/Zimmermann, § 45 BRAO Rn. 48.

15 S. hierzu die differenzierte Ausführung von Kilian in Henssler/Prütting/Kilian, (o. Fn. 2),§ 45 BRAO Rn. 17e.

16 Feuerich/Weyland/Träger (o. Fn. 3), § 3 BORA Rn. 7. Dieser Ansicht steht entgegen, dassgemäß § 45 Abs. 1 Nr. 4 das Tätigkeitsverbot entfällt, wenn die berufliche Tätigkeit (hier:als Referendar) beendet ist (so auch Henssler/Prütting/Kilian, (o. Fn. 2), § 45 BRAORn. 17e).

17 Dem steht bereits der Wortlaut entgegen, da der Referendar nicht „als Rechtsanwalt“wechselt, sondern seine anwaltliche Tätigkeit erst in der aufnehmenden Berufsaus-übungsgemeinschaft beginnt. Zudem war er als Referendar Angehöriger des öffentlichenDienstes und der Ausbildungskanzlei lediglich zugewiesen, folglich nicht Mitglied der Be-rufsausübungsgemeinschaft der Ausbildungskanzlei.

18 Kallenbach, AnwBl 2018, 18; s.a. Deckenbrock, AnwBl 2017, 1186.

Page 27: AnwBl 2018 03 Umschlag 1.

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Die Möglichkeit vonInteressenkollisionen vorMandatsannahme klärenInteressenkonflikte in der Beratungspraxisder Rechtsanwaltskammern*

Rechtsanwalt und Notar Dr. Ulrich Wessels, Münster

Zu den Kernpflichten des Anwalts gehören die Verschwiegen-heit, die Unabhängigkeit und die Pflicht, keine widerstreiten-den Interessen wahrzunehmen. Diese Pflicht ist in der BRAO(§ 43a Abs. 4 BRAO) und der BORA (§ 3 BORA) geregelt unddurch das Strafrecht abgesichert (§ 356 StGB). In der täglichenPraxis von Anwältinnen und Anwälten können immer wiederKonstellationen auftauchen, die eine Interessenkollision nahe-legen. Der Autor, Präsident der Rechtsanwaltskammer Hamm,berichtet aus der Beratungspraxis der Rechtsanwaltskammern.

Das Problem möglicher Interessenkonflikte spielt in allenKammern eine relativ große Rolle. Es ist auch zu begrüßen,dass sich unsere Mitglieder an uns wenden, wenn sie einenmöglichen Interessenkonflikt sehen und wir als Kammer prä-ventiv beraten können. Ein Problem dabei ist jedoch, dass dieAnwälte den Sachverhalt aus ihrer Sicht darstellen oder unsnur einen Sachverhaltsausschnitt präsentieren. Die Wirklich-keit sieht jedoch manchmal anders aus oder entwickelt sichim Verlauf eines Mandats anders. Dann kann es vorkommen,dass unsere berufsrechtliche Beratung umschlägt und wir als„Berufspolizei“ intervenieren und Verstöße ahnden müssen.Als Kammer befinden wir uns in diesen Fällen in einem be-sonderen Spannungsverhältnis.

Die Risiken lauern im Alltag

Es gibt typische Fälle im Familienrecht, wenn etwa der Anwaltdie alleinerziehende Mutter eines Kindes bei den Unterhalts-ansprüchen gegen den Vater vertritt. Wird das Kind dann voll-jährig und will seine Ansprüche geltend machen, richten sichdiese grundsätzlich auch gegen die Mutter. Die Rechtspre-chung versucht, bei diesen Konflikten zu helfen. So ist es bei-spielsweise berufsrechtlich zulässig, dass der Anwalt die Mut-ter und das volljährige Kind berät, soweit sich das Mandat al-lein darauf beschränkt, Ansprüche gegen den Vater durch-zusetzen. Konfliktpotenzial birgt ebenfalls das Verkehrsrecht.Es kann zum Beispiel für den Anwalt problematisch sein,Fahrer und Beifahrer in einem Unfall zu vertreten, wennsich später herausstellt, dass auch den Fahrer eine Gefähr-dungshaftung trifft. Im Gesellschaftsrecht lauern möglicheInteressenkollisionen, wenn es um die Vertretung der Gesell-schaft und ihrer Gesellschafter geht.

Die Konsequenzen können gravierend sein. Wird eine Inte-ressenkollision festgestellt und damit ein Verstoß gegen die be-rufsrechtlichen Pflichten, ist der Anwaltsvertrag nichtig und

der Anwalt kann das Mandat nicht abrechnen. Bei schwerenVerstößen wie Parteiverrat droht ihm nach § 356 StGB sogareine Freiheitsstrafe zwischen drei Monaten bis zu fünf Jahren.

Bevor ein Mandat angenommen wird, muss daher einesorgfältige Interessenkollisionskontrolle erfolgen, um kriti-sche Mandate erkennen und ablehnen zu können. EinemRechtsanwalt, der mit derselben Angelegenheit für die einePartei bereits befasst ist oder war, ist es immer und aus-nahmslos verboten, die Gegenpartei zu vertreten, selbstwenn die Parteien hiermit einverstanden sind.

Sein Tätigkeitsverbot erstreckt sich sogar auf seine Sozie-tätskollegen, allerdings ist hier ein Dispens möglich. Nach§ 3 Absatz 2 BORA soll das Verbot der Wahrnehmung wider-streitender Interessen nicht gelten, „wenn die Mandate durchverschiedene Sozien bearbeitet werden und sich im Einzelfalldie betroffenen Mandanten in den widerstreitenden Man-daten nach umfassender Information mit der Vertretung aus-drücklich einverstanden erklärt haben und Belange derRechtspflege nicht entgegenstehen.“ Dafür muss der Anwaltjedoch die Mandatsverhältnisse weitgehend offen legen. Da-mit verletzt er aber zugleich seine Verschwiegenheitspflicht.Das ist ein großes Dilemma.

Sonderproblem: Sozietätswechsler

Problematisch ist der Wechsel von einer Sozietät in eine ande-re vor allem, wenn der wechselnde Anwalt mit einem Mandatvorbefasst ist und zum Beispiel die Gegenseite vertreten hat.Dann könnte er seine neue Sozietät in große Schwierigkeitenbringen, denn diese müssten das Mandat sofort niederlegen.Das Verbot widerstreitende Interessen zu vertreten kann in sol-chen Fällen faktisch also die Möglichkeiten des Anwalts ein-schränken, in eine andere Sozietät einzutreten. Andererseitsgarantiert unser Grundgesetz die Berufsfreiheit. Grundrechtund Berufspflicht vertragen sich in diesen Fällen nicht gut.

Auch bei den Sozietätswechslerfällen gibt es daher eineReihe von Urteilen. Sie tragen dazu bei, das Verbot der Inte-ressenkollision etwas mehr an die veränderte Lebenswirklich-keit in der Anwaltschaft anzupassen, in der der Wechsel vonAnwälten, ganzer Teams und Zusammenschlüsse von Sozie-täten inzwischen zum Alltag gehören.

Hinweis für die Anwaltspraxis

Für die Kolleginnen und Kollegen ist ein Hinweis wichtig:Das präventive Klären von möglichen Interessenkollisionen –unter Umständen auch durch eine Anfrage bei der eigenenRechtsanwaltskammer – sollte vorrangiges Ziel sein, bevorein Mandat angenommen wird. Dass angesichts des nicht im-mer ganz eindeutigen Sachverhalts und der Rechtsanwen-dung manchmal für den Fragesteller oder die Fragestellerinunbefriedigende Lösungen herauskommen, ändert darannichts. Sicher ist nur: Wenn sich der Mandant beschwert,müssen wir als Kammer der Sache nachgehen.

Anwaltswissen

Die Möglichkeit von Interessenkoll isionen vor Mandatsannahme klären, Wessels AnwBl 3 / 2018 153

Dr. Ulrich Wessels, MünsterDer Autor ist Rechtsanwalt und Notar. Er ist Präsidentder Rechtsanwaltskammer Hamm und Vizepräsidentder Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK).

Leserreaktionen an [email protected].

* Der Beitrag beruht auf einem Vortrag auf der Jahrestagung des Instituts für Anwaltsrechtan der Universität zu Köln in Kooperation mit dem Anwaltsblatt „Interessenkollisionen beider Anwaltstätigkeit“ am 24. November 2017 in Köln (Bericht Kallenbach AnwBl Online2018, 5).

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Interessenkonflikte alsberufsethisches ProblemOrientierung finden: Das Zusammenspiel vonAnwaltsethik und Anwaltsrecht*

Rechtsanwalt Dr. Jörg Meister, Mannheim

Das Anwaltsrecht verlangt die Befolgung von Normen, die inder Regel ohne Rücksicht auf die eigene Einstellung einzuhal-ten sind. Anwaltsethik setzt auf die inneren Überzeugungenvon Anwältinnen und Anwälten. Der Autor wirbt dafür, An-waltsethik nicht durch Leitlinien zu verordnen – und zeigt,wann bei Interessenkonflikten die Berufsethik ins Spielkommt.

Der Anwaltsberuf ist ein Vertrauensberuf.Vertrauen muss ge-rechtfertigt werden. Dies führt zu der Notwendigkeit, einegute Berufsausübung einerseits durch förmliche Regeln, an-dererseits aber auch durch ein hochstehendes Berufsethos ab-zusichern. Die Regeln über Interessenkonflikte sind ein wich-tiger Teilausschnitt des Berufsrechts. An dem Thema Interes-senkonflikt lässt sich beispielhaft besonders gut das Verhält-nis von Berufsrecht und Berufsethik aufzeigen.

Moral, Ethik, Berufsrecht und Recht

Der gedanklichen Klarheit halber sind die Begriffe Moral,Ethik, Berufsrecht und Recht abzugrenzen. Hierzu kann aufden Aufsatz von Taupitz „Anwaltsrecht und Anwaltsethik –komplementär und dennoch defizitär?“ (AnwBl 2015, 734 ff.)zurückgegriffen werden. Nach Taupitz umfasst der Begriff„Moral“ die Gesamtheit aller Normen des guten und richtigenHandelns. Ethik beschäftigt sich dagegen mit Aussagen übermoralische Werte und moralische Handlungsnormen. Zu-sammengefasst lässt sich sagen, Moral gebietet, Ethik resü-miert über Gebote. Berufsethik wiederum bezeichnet die Ge-samtheit der moralischen Haltungen und Überzeugungender Angehörigen eines bestimmten Berufs im Sinne der Kon-kretisierung der allgemeinen Moral.

Die Abgrenzung von Recht und Ethik ist schwierig. Fürethische Überlegungen sind vor allem die inneren Überzeu-gungen entscheidend, nicht die von außen auferlegten Sank-tionen. Das Recht knüpft dagegen am äußeren Verhalten desMenschen an und verlangt die Befolgung der Gebote derRechtsordnung. Ethik im Sinne der Moral hat eine höhereBindungskraft als das Recht. Doch das Recht hat aufgrundseiner Sanktionen faktisch einen höheren Verbindlichkeits-grad. Inhaltlich sind Ethik und Recht jedenfalls eng miteinan-der verbunden (Taupitz, aaO).

Es gibt über das Handeln aus Legalität hinausgehend dasHandeln aus Moralität. Die Berufsethik hat also eine Ergän-zungsfunktion für das Berufsrecht. Dem Recht genügt die Be-folgung der geschaffenen Regelungen. Das Ethos beziehungs-weise Berufsethos zielt dagegen auf die autonome Verant-

wortlichkeit des Menschen, auf sein Handeln aus Überzeu-gung. Ziel der berufsethischen Überlegungen muss es alsosein, zu einer Berufsmoral aus Überzeugung zu gelangen –ohne einem moralischen Diktat ausgesetzt zu sein (Taupitz,aaO).

Unterschiedliche Auffassungen bestehen zu der Frage, obdem Einzelnen bezüglich seines Handelns, das über dasrechtlich Gebotene hinausgeht, Leitlinien oder Orientierungs-hilfen (oder gar ein Ethikkodex) an die Hand gegeben werdensollten.

Nach der Auffassung, die der DAV-Ausschuss Anwalts-ethik und Anwaltskultur vertritt, muss jeder Einzelne dieMaßstäbe für sein Handeln in berufsrechtlich nicht geregel-ten Konfliktsituationen selbst finden. Niemand ist legitimiert,in ethischen Fragen Vorgaben zu machen und jede Art vonLeitlinien oder Orientierungshilfen würde daran scheitern,dass es nicht möglich ist, für die große Vielzahl möglicherKonfliktsituationen Vorgaben zu machen. Es kommt viel-mehr darauf an, den einzelnen Berufsangehörigen für Kon-fliktsituationen zu sensibilisieren und ihn zu einer kritischenReflexion über sein Handeln in solchen Situationen anzure-gen. Dies muss durch die Erziehung und Ausbildung des Ein-zelnen gewährleistet werden. Dadurch kann der Einzelne einKoordinatensystem von Gut und Böse errichten, in dem ersich in erkannten Konfliktsituationen zurechtfinden kann.Die Werte, an denen sich der Einzelne dann orientiert undnach denen er in Konfliktsituationen seine Entscheidungtrifft, werden unter anderem auch von der bewusstseinsbil-denden Kraft des Berufsrechts bestimmt, welches das ethi-sche Minimum aufzeigt (siehe auch Taupitz, aaO).

In der Grauzone bleibt das Individuum gefordert

Ziel der berufsethischen Überlegungen muss es also sein, zueiner Berufsmoral aus Überzeugung zu gelangen, ohne ei-nem moralischen Diktat ausgesetzt zu sein.

Interessenkonflikte lassen sich, soweit das Berufsrechtkeine Antwort bietet, durch berufsethische Überlegungen lö-sen. Der Berufsangehörige kann in Konfliktsituationen die Er-gänzungsfunktion der Berufsethik nutzen und einen Weg fin-den, der einen aufscheinenden Interessenkonflikt vermeidet.Allgemeine Leitlinien oder allgemeine Orientierungshilfenhelfen dabei nicht weiter. Persönlichen Anstand kann mannicht verordnen.

Anwaltswissen

154 AnwBl 3 / 2018 Interessenkonfl ikte als berufsethisches Problem, Meister

Dr. Jörg Meister, MannheimDer Autor ist Rechtsanwalt. Er ist Vorsitzender desAusschusses „Anwaltsethik und Anwaltskultur“ desDeutschen Anwaltvereins. Der Ausschuss stellt in jederAusgabe des Anwaltsblatts eine Frage zur Anwaltsethikund ein Ausschussmitglied gibt seine persönliche Ant-wort.

Leserreaktionen an [email protected].* Der Beitrag beruht auf einem Vortrag auf der Jahrestagung des Instituts für Anwaltsrecht

an der Universität zu Köln in Kooperation mit dem Anwaltsblatt „Interessenkollisionen beider Anwaltstätigkeit“ am 24. November 2017 in Köln (Bericht Kallenbach AnwBl Online2018, 5).

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Interessenkollisionen undSyndikusrechtsanwälteDas Berufsrecht findet angemessene Lösungen –außer bei Vor- und Nachbefassungen (§ 45 BRAO)*

Rechtsanwalt Martin W. Huff, Köln

Für zugelassene Syndikusrechtsanwälte gelten über die Vor-schrift des § 46c Abs. 1 BRAO auch die Vorschriften überdas Verbot widerstreitender Interessen (§ 43a Abs. 4 BRAO)und die Tätigkeitsverbote des § 45 BRAO. In welchen Konstel-lationen hier berufsrechtliche Fragestellungen auftreten kön-nen, erläutert der nachfolgende Beitrag.

I. Anwendungsbereich

Gemäß § 46c Abs. 1 BRAO gelten, wenn nichts anderes be-stimmt ist, für den Syndikusrechtsanwalt die Vorschriftenüber Rechtsanwälte. Und da sich für die Regelungen des§ 43a Abs. 4 BRAO, § 3 BORA, § 45 BRAO keine Ausnahme-vorschriften finden, sind sie auch für die rund 17.000 bis18.000 zurzeit zugelassenen Syndikusrechtsanwälte (davon90 Prozent zudem niedergelassene Rechtsanwälte) anwend-bar. Dies gilt für die gesamte anwaltliche Tätigkeit sowohl alsniedergelassener Rechtsanwalt und als auch als Syndikus-rechtsanwalt. Bisher haben sich nur wenige Autoren mit dendamit zusammenhängenden Fragen befasst.1 Problemfällesind in der Praxis bisher kaum aufgetreten, die unten geschil-derten Fallgestaltungen sind die wenigen Fälle, die zum Bei-spiel an die Anwaltskammern herangetragen wurden.

II. Fallgestaltungen bei der Vertretungwiderstreitender Interessen

Der Rechtsanwalt, so § 43a Abs. 4 BRAO, darf nicht tätig wer-den, wenn er eine andere Partei in derselben Rechtsangelegen-heit im widerstreitenden Interesse bereits beraten und vertre-ten hat. „Der Rechtsanwalt“ heißt es in § 43a Abs. 4 BRAO,also muss für die Anwendung eine Tätigkeit als Rechtsanwalterfolgt sein. Dies entweder als niedergelassener Rechtsanwaltoder als zugelassener Syndikusrechtsanwalt. Denn auch derSyndikusrechtsanwalt übt eine anwaltliche Tätigkeit aus, wiesich unschwer aus § 46 Abs. 2 BRAO herauslesen lässt.

Dabei ist zu beachten, dass es hier immer auf den Rechts-anwalt, also auf die Person, und nicht auf die jeweilige Tätig-keit ankommt. Ob er eine Beratung als Rechtsanwalt oderSyndikusrechtsanwalt wahrgenommen hat, ist hierfür im Er-gebnis egal. Wenn der Rechtsanwalt tätig geworden ist, dannist ihm eine weitere Tätigkeit – egal in welcher Funktion – ver-boten, wenn er dann widerstreitende Interessen vertritt.2

Beispiel 1

Rechtsanwalt R hat als niedergelassener Rechtsanwalt einen Mandan-ten M in Bezug auf einen Kreditvertrag mit der Sparkasse K beratenund auch nach außen vertreten. Einige Zeit später ist er als Syndikus-

rechtsanwalt für die Sparkasse tätig und erhält den Auftrag gegen Maus dem Kreditvertrag vorzugehen und Sicherheiten beizutreiben. Die-se Tätigkeit würde gegen § 43a Abs. 4 BRAO verstoßen, der R mussalso das Mandat seines Arbeitgebers, der Sparkasse, ablehnen undder Arbeitgeber muss dies akzeptieren und darf daraus keinerlei Kon-sequenzen herleiten.

Eine Trennung der verschiedenen Tätigkeiten und damit eineAushebelung des § 43a Abs. 4 BRAO ist abzulehnen.

Und es sind wenige Fälle vorstellbar3, in denen der Syn-dikusrechtsanwalt in einen Interessenkonflikt geraten kann.Denn solange er weiß, welchen Mandanten er vertritt, auchwenn er im Rahmen des § 15 AktG tätig ist, wird er kaum indie Gefahr der Vertretung widerstreitender Interessen kom-men. Eine Ausnahme wäre nur, wenn er etwa eine Tochterge-sellschaft als Syndikusrechtsanwalt gegen die Interessen sei-nes Arbeitgebers (Muttergesellschaft) vertritt. Praktisch wirddies wohl kaum werden.4

Schwierig wird die Frage, wenn es um die Ausweitung des§ 43a Abs. 4 BRAO durch § 3 BORA geht. Denn § 3 Abs. 2BORA erstreckt das Verbot der Vertretung widerstreitenderInteressen auch auf die Mitglieder einer Berufsausübungs-oder Bürogemeinschaft.

Beispiel 2

Wie im Beispiel 1, nur jetzt hat nicht Rechtsanwalt R sondern sein So-zius in der Sozietät, der R bis zu seinem Wechsel zur Sparkasse ange-hörte, M vertreten, wovon R nichts wusste. Meines Erachtens bestehenhier, auch im Lichte der Sozietätswechsler-Entscheidung des BVerfG5,erhebliche Bedenken gegen die Anwendung des § 43a Abs. 4 BRAO.Denn hier ist wieder auf die Person abzustellen. Wenn der R aus derSozietät ausgeschieden ist und das frühere Mandat gerade nicht selberbetreut hatte, liegt ein Verstoß gegen § 43a Abs. 4 BRAO nicht vor.Denn es ist auf seine Person abzustellen, eine Ausweitung ist nicht ge-rechtfertigt. Der Rechtsanwalt vertritt in dieser Fallkonstellation keinewiderstreitenden Interessen.6

Anders kann es aber aussehen, wenn R weiterhin der Sozietätangehört.

Beispiel 3

Wie im Beispiel 2, nur gehört R noch der Sozietät an, die den M sei-nerzeit vertreten hat. Meines Erachtens kann hier jetzt der Grund-gedanke des § 3 Abs. 2 BORA Anwendung finden, denn der M ist indiesem Fall durchaus schutzbedürftig. Für R entsteht auch kein un-zumutbarer Nachteil, denn er ist aufgrund eigener Entscheidung nochMitglied der Sozietät.

Und dies bedeutet auch, dass die Sozien der Sozietät, der derniedergelassene Rechtsanwalt und Syndikusrechtsanwalt an-gehört, nicht Mandate gegen den Arbeitgeber übernehmendarf, in denen der R involviert ist. Denn dies wäre wieder einVerstoß gegen § 3 Abs. 2 BORA. Die Argumentation ist diegleiche wie oben im Beispiel 1.

Bei der Frage, ob die in einem Unternehmen tätigen Syn-dikusrechtsanwälte eine Berufsausübungs- oder Bürogemein-

Anwaltswissen

Interessenkoll isionen und Syndikusrechtsanwälte, Huff AnwBl 3 / 2018 155

* Der Beitrag beruht auf einem Vortrag auf der Jahrestagung des Instituts für Anwaltsrecht ander Universität zu Köln in Kooperation mit dem Anwaltsblatt „Interessenkollisionen bei derAnwaltstätigkeit“ am 24. November 2017 in Köln (Bericht Kallenbach AnwBl Online 2018, 5).

1 Siehe nur Dietzel/Malzahn, BRAK-Mitt. 2016, 154ff.; Offermann-Burckart, in: BUJ (Hrsg.),Die Neuregelung des Rechts der Syndikusanwälte in Theorie und Praxis, 2017, S. 304ff.

2 Anders wohl Offermann-Burckart, in: BUJ (Hrsg.), Die Neuregelung des Rechts der Syn-dikusanwälte in Theorie und Praxis, 2017, S. 304, 316, die hier zwischen dem niederge-lassenen Rechtsanwalt und Syndikusrechtsanwalt trennen will.

3 So auch Dietzel/Malzahn, BRAK-Mitt. 2016, 154ff.

4 Siehe dazu Offermann-Burckart, in: BUJ (Hrsg.), Die Neuregelung des Rechts der Syn-dikusanwälte in Theorie und Praxis, 2017, S. 304, 319f.

5 BVerfGE 108, 150 = AnwBl 2003, 521 = NJW 2003, 2520.

6 So auch Dietzel/Malzahn, BRAK-Mitt. 2016, 154, 156.

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schaft im Sinne des § 3 Abs. 2 BORA bilden, lautet die eindeu-tige Antwort: Nein. Denn es besteht kein „Zusammenarbeits-wille“, die sowohl für eine Bürogemeinschaft als auch nochmehr für eine Sozietät etc. vorausgesetzt wird. Für die Tätigkeitvon Syndikusrechtsanwälten bei einem Arbeitgeber bedeutet,dies, dass die Vorschrift des § 3 Abs. 2 BORA nicht zur Anwen-dung kommt. Besonders bedeutsam wird dies bei der Tätigkeitvon Syndikusrechtsanwälten in Verbänden und Vereinen.

Selbstverständlich ist es, dass ein Syndikusrechtsanwalt,der etwa in einem Mieterverein oder bei „Haus und Grund“tätig ist, nicht selber zwei Mitglieder gegeneinander in dergleichen Angelegenheit vertreten darf. Denn dies ist ein klarerVerstoß gegen § 43a Abs. 4 BRAO.

Beispiel 4

In einem Mieterverein sind mehrere Syndikusrechtsanwälte tätig. Zweivon Ihnen vertreten jeweils einen Mieter und zwar bei der Frage der er-laubten Nutzung der Mietsache mit unterschiedlicher Zielrichtung. Bei-de Syndikusrechtsanwälte verstoßen nicht gegen § 43a Abs. 4 BRAO,weil sie jeweils ein eigenes Mandat ihres Arbeitgebers haben. Sie ver-treten dabei keine widerstreitenden Interessen. Entscheidend ist nur,dass jeder der Syndikusrechtsanwälte die Verschwiegenheitspflichtendes § 43a Abs. 3 BRAO einhält, dies muss der Arbeitgeber und derSyndikus selber gewährleisten.7

Und abzustellen ist bei der Tätigkeit für den Arbeitgeber im-mer auf das jeweilige „Mandat“, das der Arbeitgeber erteilt hat.

Beispiel 5

Ein Syndikusrechtsanwalt ist für eine Tätigkeit als Rechtsberater fürden Betriebsrat des Arbeitgebers zugelassen worden. Er soll jetzt ineinem Verfahren vor dem Arbeitsgericht den Betriebsrat gegen den Ar-beitgeber vertreten. Dies ist kein Fall der Interessenkollision. Denn derSyndikusrechtsanwalt nimmt das Mandat wahr, für das er die Zulas-sung erhalten hat, er vertritt gerade keine widerstreitenden Interessen.

Die BRAO gestattet aus dem Gedanken des Art. 12 GG demSyndikusrechtsanwalt auch, für mehrere Arbeitgeber tätig zusein. Der Rechtsanwalt ist als eine Person, als ein Rechtsanwaltzu sehen, dies bedeutet, dass § 43a Abs. 4 BRAO gilt, er darfbei der Beratung seiner – mehreren – Arbeitgeber keine wider-streitende Interessen vertreten.

Auch bei einem Arbeitgeberwechsel greift die Vorschrift des§ 43a Abs. 4 BRAO. Der wechselnde Syndikusrechtsanwalt darfbei seinem neuen Arbeitgeber keine Mandate übernehmen, indenen er widerstreitende Interessen in Bezug auf seinen frühe-ren Arbeitgeber vertritt. Zu denken wäre hier allerdings an einEinverständnis des früheren Arbeitgebers gemäß § 3 Abs. 2S. 2 BORA. Ob dies wirklich praxisrelevant wird, müssen prak-tische Erfahrungen in der Zukunft zeigen. Auch hier greift wie-der die Verschwiegenheitspflicht, diesmal nicht nur aus demfrüheren Mandat, sondern aus dem Arbeitsvertrag.8

III. Anwendung des § 45 BRAO – Vorbefassung aufSyndikusrechtsanwälte

Wie Deckenbrock mehrfach zu Recht festgestellt hat9 passendie Vorschriften der §§ 43a, 45 BRAO systematisch nicht richtigzusammen. Verlangt die Anwendung des § 43a Abs. 4 BRAOdie Vertretung widerstreitender Interessen, so stellt § 45 BRAOein absolutes Tätigkeitsverbot auf. Ist dies in den Fällen des § 45Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BRAO noch verständlich, so begegnet derWortlaut der Nr. 4: „…wenn er in derselben Angelegenheit au-ßerhalb [Hervorhebung durch den Verfasser] seiner Anwalts-tätigkeit oder einer sonstigen Tätigkeit im Sinne des § 59aAbs. 1 Satz 1 bereits beruflich tätig war; dies gilt nicht, wenndie berufliche Tätigkeit beendet ist“ erheblichen Bedenken.10

Darf jetzt der neu zugelassene Syndikusrechtsanwalt, derschon vorher bei seinem Arbeitgeber angestellt war, aber ebennach der Doppelberufstheorie nur als niedergelassener Rechts-anwalt, aber nicht Rechtsanwalt des Unternehmens war, nun-mehr Vertragsverhandlungen nicht fortführen, weil ein Tätig-keitsverbot besteht? Nach dem Wortlaut des § 45 Abs. 1 Nr. 4BRAO wäre dies bei den Verfechtern der Doppelberufstheorie11

der Fall. Sie könnten sich nur helfen, indem sie mit der Zulas-sung als Syndikusrechtsanwalt die alte Tätigkeit als angestellterJurist als beendet ansehen würden, etwa weil durch die Garantieder fachlichen Weisungsunabhängigkeit im Sinne des § 46Abs. 3, 4 BRAO eine neue arbeitsrechtliche Gestaltung eingetre-ten sei. Dogmatisch sauber ist ein solcher Ansatz nicht. Werschon immer die Syndikustätigkeit als anwaltliche Tätigkeit an-sah, hat keine Anwendungsprobleme mit dem § 45 BRAO, erlandet bei der Prüfung dann bei § 43a Abs. 4 BRAO.

§ 45 Abs. 1 Nr. 4 BRAO muss in dem Sinne verfassungs-konform ausgelegt werden, als dass das Tätigkeitsverbot nurdann besteht, wenn die Gefahr der Vertretung widerstreiten-der Interessen besteht.12 Dies gilt auch für die Regelung des§ 45 Abs. 2 Nr. 2 BRAO, also den Wechsel des Rechtsanwaltsin eine – weitere – nichtanwaltliche Tätigkeit.13 Wer hier keineZulassung als Syndikusrechtsanwalt erhält, um damit unterdie Regelung des § 43a Abs. 4 BRAO zu fallen, muss aufeine verfassungsgemäße Auslegung hoffen. Hier zeigt sichauch der Novellierungsbedarf des § 45 BRAO.

IV. Zusammenfassung

Syndikusrechtsanwälte fallen in den Anwendungsbereich derberufsrechtlichen Vorschriften zur Interessenkollision. Dabeiist von einem einheitlichen Anwaltsbegriff in der Person desRechtsanwalts auszugehen, so dass er unter § 43a Abs. 4BRAO wie ein reiner niedergelassener Rechtsanwalt fällt. Ver-fassungsrechtliche Bedenken bestehen aber gegen die Vor-schrift des § 45 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 Nr. 2 BRAO, die ein Tätig-keitsverbot begründen, auch wenn keinerlei Interessenkollisi-on vorliegt.

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156 AnwBl 3 / 2018 Interessenkoll isionen und Syndikusrechtsanwälte, Huff

Martin W. Huff, KölnDer Autor ist Rechtsanwalt.

Leserreaktionen an [email protected].

7 So auch Offermann-Burckart, in: BUJ (Hrsg.), Die Neuregelung des Rechts der Syndikus-anwälte in Theorie und Praxis, 2017, S. 304, 324.

8 So auch Dietzel/Malzahn, BRAK-Mitt. 2016, 154, 156.

9 Deckenbrock, NJW 2015, 522 und nach der Einstellung eines mit Spannung erwartetenVerfassungsbeschwerdeverfahrens nach dem Tod des Beschwerdeführers, Decken-brock, AnwBl 2017, 1186.

10 Sehr knapp und dem Hinweis ohne Begründung, dass § 43a Abs. 4 BRAO vorgeht, Of-fermann-Burckart, in: BUJ (Hrsg.), Die Neuregelung des Rechts der Syndikusanwälte inTheorie und Praxis, 2017, S. 304ff.

11 Anders die Vertreter, die schon immer eine anwaltliche Tätigkeit im Unternehmen fürmöglich hielten, siehe etwa Huff, in: Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 2. Aufl.2014, § 46 BRAO Rn. 1 ff. m.w.Nachw.

12 So auch Deckenbrock, NJW 2015, 522 und AnwBl 2017, 1186.

13 Wer die Zulassung als Rechtsanwalt zurückgibt, der fällt nicht mehr in den Anwendungs-bereich der Bundesrechtsanwaltsordnung.

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Interessenkollision –russisches Roulette oderbeherrschbares Risiko?Beim Umgang mit den Kollisionsnormen istFingerspitzengefühl gefragt – 10 FälleRechtsanwältin Dr. Susanne Offermann-Burckart, Grevenbroich

Thema und Inhalt hat die Anwaltsblatt-Redaktion zusammengefasst.Der vollständige Aufsatz (AnwBl Online 2018, 200) erscheint in der An-waltsblatt-App und ist abrufbar unter www.anwaltsblatt.de/ao/2018-200(als PDF mit 9 Anwaltsblatt-Seiten) oder in der Anwaltsblatt-Datenbank(www.anwaltsblatt.de).

Thema: Normen-Kanon der Interessenkollision

§ 356 Abs. 1 StGB bedroht den Anwalt mit einer Freiheitsstra-fe von drei Monaten bis fünf Jahren, der vorsätzlich beidenSeiten dient. § 43a Abs. 4 BRAO verbietet ebenso apodiktisch,dass der Rechtsanwalt keine widerstreitenden Interessen ver-treten darf – hier reicht Fahrlässigkeit. Ebenfalls Fahrlässig-keit genügt, wenn der Rechtsanwalt eine andere Partei in der-selben Rechtssache im widerstreitenden Interesse bereits be-raten oder vertreten hat (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BORA). Sank-tioniert wird das Verhalten der einzelnen Anwältin oder deseinzelnen Anwalts. In § 43a Abs. 4 BRAO gibt es eine Erstre-ckung von Tätigkeitsverboten auf Sozien, § 3 Abs. 2 Satz 1BORA kennt die Erstreckung auf Angestellte, freie Mitarbeiterund Bürogemeinschafter. Für die Auflösung von Interessen-kollisionen bei der Sozietätserstreckung durch das Einver-ständnis des Mandanten hält § 3 Abs. 2 Satz 2 BORA eineSonderregelung vor. In diesem Geflecht stellt sich immer wie-der die Frage, wann Mandate von Anwältinnen und Anwältenangenommen werden dürfen oder – wenn Interessenkollisio-nen später auftreten – alle Mandate niedergelegt werden müs-sen.

Inhalt: Schulung durch echte Fälle

Gemeint ist immer das Gleiche: Der Rechtsanwalt darf nichtin seiner Eigenschaft als Anwalt in derselben Rechtssachegleichzeitig oder nacheinander zwei oder mehrere Parteienberaten oder vertreten, deren Interesse (in dieser Rechtssache)gegenläufig sind (oder geworden sind).

Zehn echte Fälle aus der Praxis zeigen, wie uneinheitlichRechtsanwaltskammern, Staatsanwaltschaften und Gerichtemit dem Normen-Geflecht der Interessenkollision umgehen,wie sie schnell Anwältinen und Anwälte in Untiefen geratenkönnen und welche Überlegungen Anwältinnen und Anwälteanstellen sollten, um dennoch zu „richtigen“ Ergebnissen zukommen. Leitfragen sind: Wie weit reicht ein einheitlicher Le-benssachverhalt? Wann stehen die Parteien in einem gegner-schaftlichen Verhältnis? Wann liegt ein Interessengegensatzvor? Schwierig ist die Phase der Mandatsanbahnung: Abwann besteht ein Mandatsverhältnis? Besonders vertrackt istes, wenn Interessengegensätze erst ersichtlich werden, wenndie Einzelfallprüfung bereits weit gediehen ist (zum Beispielweil der gesamte Sachverhalt bei Mandatsannahme kaumübersehbar war). Sonderprobleme sind, inwieweit Mandantendas Einverständnis erteilen können, dass verschiedene Anwäl-

te einer Kanzlei widerstreitende Interessen vertreten können,wie das Berufsrecht mit Sozietätswechslern umgeht und wel-che Rolle der Datenschutz bei der Kollisionsprüfung in derKanzlei spielt.

Kontext: Wer mitdenkt, ist klar im Vorteil

Anwältinnen und Anwälte leben von neuen Mandaten.Gleichwohl sollte sie das Fingerspitzengefühl entwickeln, vorder Mandatsannahme an Kollisionsprobleme zu denken –und gegebenenfalls durch geschickte Formulierung des Man-datsauftrags Risiken minimieren. Manchmal ist eine Be-schränkung des Mandats ein Weg, um keine widerstreitendenInteressen zu vertreten.

Warum lesen?

Wer versehentlich auf beiden Seiten aktiv wird, muss alleMandate niederlegen, sobald er das erkennt. Sonst handelt ervorsätzlich und macht sich strafbar. Das allein sollte Grundgenug sein, sich mit den Normen zur Interessenkollision aus-zukennen. Und selbst wenn das Strafrecht außen vor bleibt:Ein Mandatsvertrag ist nichtig, wenn widerstreitende Interes-sen vertreten werden. Es gibt kein Honorar.nil

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Tätigkeitsverbote inBerufsausübungs- undBürogemeinschaftenEin Blick auf die praxisrelevantestenFallkonstellationenDr. Christian Deckenbrock, Köln

Thema und Inhalt hat die Anwaltsblatt-Redaktion zusammengefasst.Der vollständige Aufsatz (AnwBl Online 2018, 209) erscheint in der An-waltsblatt-App und ist abrufbar unter www.anwaltsblatt.de/ao/2018-209(als PDF mit 10 Anwaltsblatt-Seiten) oder in der Anwaltsblatt-Datenbank(www.anwaltsblatt.de).

Thema: Einer infiziert alle

Die Sozietätserstreckung von Tätigkeitsverboten wegen Inte-ressenkollisionen in Berufsausübungs- und Bürogemein-schaften stellt die Praxis vor große Herausforderungen. Magdie Anwältin oder der Anwalt manchmal schon für sich selbstkaum erkennen, dass sie oder er gerade widerstreitende Inte-ressen vertritt, wird es richtig schwierig in einer Sozietät oderBürogemeinschaft. Wer weiß schon immer, welche Mandatedie Kollegen bearbeiten oder zuvor (auch in anderen Kanzlei-en) bearbeitet haben.

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Interessenkoll ision – russisches Roulette oder beherrschbares Risiko?, Offermann-Burckart AnwBl 3 / 2018 157

Dr. Susanne Offermann-Burckart, Greven-broichDie Autorin ist Rechtsanwältin und unter anderem Mit-glied der Satzungsversammlung. Sie publiziert regel-mäßig zum Berufsrecht.

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Page 32: AnwBl 2018 03 Umschlag 1.

Inhalt: Viele Varianten, manches lösbar

Die sozietätsweite Erstreckung von Tätigkeitsverboten stelltden Grundsatz dar. Die Satzungsversammlung hat mit dem§ 3 Abs. 2 Satz 2 BORA die Möglichkeit geschaffen, dass diebetroffenen Mandanten ihr Einverständnis erteilen können,also innerhalb einer Kanzlei verschiedene Anwälte durchausgegenläufige Interessen vertreten können. Wie ein wirksamesEinverständnis zu erteilen ist und wann Belange der Rechts-pflege ein Einverständnis ausschließen, erläutert der Autor.Die verschiedenen Varianten des Sozietätswechslers (vor-befasster oder nicht vorbefasster Sozietätswechsler) werdenebenso vorgestellt. Der Autor plädiert dafür, bei nicht vor-befassten Sozietätswechslern keine Infizierung der aufneh-menden Kanzlei zu bejahen – der Sozietätswechsler weißnichts und kann im Zweifel ohnehin Interesskollisionennicht erkennen. Ein ärgerliches Sonderproblem der Sozietäts-erstreckung ist die nichtanwaltliche Vorbefassung eines So-zietätsmitglieds. Fazit: Der Gesetzgeber sollte die Sozietätser-streckung der Tätigkeitsverbote neuregeln.

Kontext: Große Dynamik

Die Relevanz von Tätigkeitsverboten hat zugenommen, weilSozietäten immer größer und globaler tätig werden und An-wälte nicht mehr ein Leben lang bei einer Kanzlei bleiben.Recht und Rechtsprechung haben diese Entwicklung der ver-gangenen 25 Jahre noch nicht nachvollzogen. Die Grund-rechtsfundierung ist offensichtlich: Am Ende geht es um dieBerufsfreiheit derjenigen, die Mandate niederlegen müssen,obwohl sie selbst nie auf der anderen Seite aktiv gewordensind.

Warum lesen?

Weil der Autor einmal mehr zeigt, dass eine wissenschaftlicheDurchdringung des Berufsrechts der Praxis Argumentations-linien bieten kann, um eine zu restriktive Anwendung des Be-rufsrechts zu verhindern.nil

AAnnwwaallttssrreecchhtt

Conflicts of Interest undBerufsrecht – Lösungendes AuslandsUnterschiede und Gemeinsamkeiten bei derVermeidung von InteressenkonfliktenProf. Dr. Matthias Kilian, Köln

Thema und Inhalt hat die Anwaltsblatt-Redaktion zusammengefasst.Der vollständige Aufsatz (AnwBl Online 2018, 219) erscheint in der An-waltsblatt-App und ist abrufbar unter www.anwaltsblatt.de/ao/2018-219(als PDF mit 9 Anwaltsblatt-Seiten) oder in der Anwaltsblatt-Datenbank(www.anwaltsblatt.de).

Thema: Keine internationale Harmonisierung

Der Anwalt soll nicht zwei Herren gleichzeitig dienen. DerGrundsatz ist weltweit akzeptierter Standard. Allerdings sinddie Berufsrechte nicht im Ansatz harmonisiert. Wann eine In-teressenkollision vorliegt, beantworten die Berufsrechte ganzunterschiedlich – und auch die Folgen sind nicht gleich.

Inhalt: Das angelsächsische Recht

Der Autor vergleicht das deutsche Berufsrecht mit dem Be-rufsrecht in England und Wales sowie in den USA. Bei allenUnterschieden sind die Ergebnisse häufig vergleichbar. Imenglischen Recht gibt es aber keine absoluten Tätigkeitsver-bote und wird vor allem an die Verantwortung der Kanzleienappelliert. Dafür liegt eine Interessenkollision eher vor, weiles nicht wie das deutsche Recht an „dieselbe Rechtssache“ an-knüpft. Ähnlich in den USA: Auch hier liegt ein Interessen-konflikt schnell vor, kann aber dann häufig ausgeräumt wer-den. Auffällig im angelsächsischen Recht: Es wird zwischenKonflikten zwischen Mandanten und Konflikten zwischenAnwalt und Mandant unterschieden.

Kontext: Formales deutsches Recht

Das deutsche Recht knüpft für Tätigkeitsverbote an eine Tä-tigkeit in der derselben Rechtssache an. Wirtschaftliche undsonstige Interessenkonflikte erfasst das Berufsrecht regel-mäßig nicht, auch wenn sie in der Praxis gelöst werden soll-ten, damit Mandanten sich nicht verraten fühlen.

Warum lesen?

Wer internationale Mandate bearbeitet, sollte eine Idee haben,wie das Berufsrecht seiner Anwaltskollegen in anderen Staatenaussieht. Die weitreichenden berufsrechtlichen Regelungen desAuslands zu Interessenkonflikten geben zudem Denkanstößefür die eigene berufsethische Bewertung von Konfliktlagen.nil

Anwaltswissen

Dr. Christian Deckenbrock, KölnDer Autor ist Akademischer Rat an der Universität zuKöln und arbeitet vor allem mit Prof. Dr. Martin Henss-ler zusammen, einem der anerkanntesten Berufsrecht-ler Deutschlands.

Prof. Dr. Matthias Kilian, KölnDer Autor ist Direktor des Soldan Institut. Er lehrt undforscht an der Universität zu Köln, unter anderem zuden anwaltlichen Berufsrechten im Ausland.

158 AnwBl 3 / 2018 Confl icts of Interest und Berufsrecht – Lösungen des Auslands, Kil ian

Page 33: AnwBl 2018 03 Umschlag 1.

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Page 34: AnwBl 2018 03 Umschlag 1.

Legal Tech: Erwartungender Anwaltschaft44 Prozent befürchten, dass Legal-Tech-AnbieterAnwälte aus klassischem Geschäft drängenProf. Dr. Matthias Kilian, Köln

Das Juristen in der Gegenwart wohl am intensivsten beschäf-tigende Zukunftsthema ist der Einfluss der fortschreitendenDigitalisierung aller Lebensbereiche auf das Schicksal künfti-gen juristischen Arbeitens. Unter Juristen wird das Themaunter dem Schlagwort Legal Tech diskutiert.1 Der 68. Deut-sche Anwaltstag 2017 stand unter dem Motto „Innovationenund Legal Tech“, seit September 2017 existiert eine DAV-Task-Force „Legal Tech“. Welche Bedeutung hat „Legal Tech“für die Zukunft der Anwaltschaft aus Sicht der Betroffenen?Das Soldan Institut ist dieser Frage im Rahmen einer Befra-gung zum Berufsrechtsbarometer 2017 nachgegangen.

I. Einleitung

Hinter dem Begriff Legal Tech verbirgt sich kein einheitlichesPhänomen, sondern eine ganze Bandbreite möglicher Ein-satzbereiche. Das sind zum einen Angebote, die sich dem Be-reich des „Legal Empowerments“ beziehungsweise der „LegalLiteracy“ zuordnen lassen, das heißt, vor allem der Aufklä-rung über Rechtsfragen oder der Sensibilisierung für Rechts-probleme dienen. Sie lassen sich am ehesten als moderneSpielart der früher in vielen deutschen Haushalten anzutref-fenden juristischen Ratgeberliteratur mit Checklisten begrei-fen. Eine echte Innovation der jüngeren Vergangenheit sindder Legal Tech zugeordnete Konzepte, die Juristen insbeson-dere den leichteren Umgang mit großen Datenmengen erlau-ben sollen, die für eine der Rechtsprüfung und -gestaltungvorgelagerten Sachverhaltsermittlung auszuwerten sind. DieHerausforderung der Auswertung großer Datenmengen stelltsich ganz überwiegend im Bereich der wirtschaftsberatendenKanzleien. Unter den Begriff Legal Tech werden aber auch di-

gitale Akquisitionsinstrumente gefasst, die weit in ihrem Vor-feld anwaltlicher Berufstätigkeit angesiedelt sind und somitmit dem Kern anwaltlicher Tätigkeit, der Rechtsprüfung und-beratung, nichts zu tun haben. Schließlich gibt es auch Kon-zepte, die eine abschließende Rechtsprüfung oder das Erstel-len unterschriftsreifer Schriftsätze ermöglichen und eineRechtsdurchsetzung autonom in Gang setzen. Solche Kon-zepte können mit den Schlagworten „Legal Prediction“, „Do-cument Generation“ oder „Smart Contracting“ beschriebenwerden.

Die Relevanz dieser verschiedenen Ausprägungen von„Legal Tech“ für Anwaltschaft und auf Teilgruppen innerhalbder Anwaltschaft wird, was in der bislang eher undifferenziertgeführten Diskussion zumeist übersehen wird, voraussicht-lich sehr unterschiedlich sein.2 Auch ist bei entsprechendenBetrachtungen der Blick auf Rechtsdienstleister im Allgemei-nen zu weiten, da manchen Fähigkeiten, die Legal Tech zu-geschrieben werden, Notare, nicht-anwaltliche Wirtschafts-juristen oder projektsteuernde Rechtsanwälte stärker berüh-ren werden als den klassischen Rechtsanwalt. Dieser Befundmacht eine Befragung von Rechtsanwältinnen und Rechts-anwälten zum Thema Legal Tech zwangsläufig zu einer He-rausforderung und die Ergebnisse können wenig mehr alsein Stimmungsbild sein. Gleichwohl ist das Thema „LegalTech“ zum Gegenstand des Berufsrechtsbarometers 2017 desSoldan Instituts gemacht worden, um einen ersten Eindrucküber die Hoffnungen und Sorgen der Anwaltschaft, die mitdem Thema Legal Tech verbunden sind, zu gewinnen.

Soldan Institut

160 AnwBl 3 / 2018 Legal Tech: Erwartungen der Anwaltschaft, Ki l ian

44%

33%

16%

14%

13%

33%

0% 20% 40% 60% 80% 100%

Legal Tech werden vor allem Nicht-Anwältenutzen und so Rechtsanwälte aus typischem

Anwaltsgeschäft verdrängen

kann ich nicht sagen, habe michmit dem Thema noch nicht beschäftigt

Rechtsanwälte werden sich Legal Tech zunutzemachen (Konzentration auf lukrative Mandate)

Legal Tech wird nicht-anwaltliches Hilfspersonalin Kanzleien entbehrlich machen

Legal Tech wird den Zugang der Bevölkerungzum Recht verbessern

Legal Tech wird die Akquisition / Vermittlungneuer Mandate erleichtern

Abb. 1: Bewertung der perspektivischen Bedeutung von Legal Tech

1 Zuletzt z. B. Zunker, AnwBl. 2018, 10; Kilian, NJW 2017, 3043; Keßler, MMR 2017, 589;Thalhofer/Schrey, NJW 2017, 1431; Remmertz, BRAK-Mitt. 2017, 55;Müller, AnwBl 2017,863; Ditscheid, AnwBl 2017, 908; Schons, AnwBl 2017, 689; Schellenberg, AnwBl 2017,748; Zunker, AnwBl 2017, 756; Reiling, AnwBl 2017, 771; Henke, AnwBl 2017, 540;Quirmbach, AnwBl 2017, 260; Lührig, AnwBl 2017, 296.

2 Näher Kilian, NJW 2017, 3043, 3048 f.

Page 35: AnwBl 2018 03 Umschlag 1.

II. Perspektivische Bedeutung von Legal Tech

Für das Berufsrechtsbarometer 2017 wurden die Teilnehmeran der Studie3 um eine Einschätzung gebeten, welche Bedeu-tung Legal Tech perspektivisch haben wird. Zur Auswahlstanden diese fünf Antworten, wobei Mehrfachnennungenmöglich waren;• Rechtsanwälte werden sich Legal Tech zu Nutze machen,um Mandanten technikbasiert kostengünstig Dienstleistun-gen anbieten und sich selbst auf lukrative Mandate konzen-trieren zu können• Legal Tech werden vor allem Nicht-Anwälte nutzen und soRechtsanwälte aus typischem Anwaltsgeschäft verdrängen• Legal Tech wird nicht-anwaltliches Hilfspersonal in Kanz-leien entbehrlich machen• Legal Tech wird die Akquisition/Vermittlung neuer Man-date erleichtern• Legal Tech wird den Zugang der Bevölkerung zum RechtverbessernZudem konnten die Befragten eine Antwort mit dem Hinweisablehnen, dass man sich mit dem Thema noch nicht beschäf-tigt habe und deshalb keine Einschätzung abgeben könne.

Die Antworten auf diese Frage nach der perspektivischenBedeutung von Legal Tech belegen, dass die Diskussion umLegal Tech zwischen Extrempositionen oszilliert – was auchdarauf beruhen könnte, dass mit dem Begriff sehr unter-schiedliche Konzepte verbunden werden: Am häufigsten ant-worteten die Anwälte, dass Legal Tech vor allem Nicht-Anwäl-te nutzen werden und so Rechtsanwälte aus dem typischenAnwaltsgeschäft verdrängen (44 Prozent). Immerhin ein Drit-tel der Anwaltschaft gab als zweithäufigste Antwort an, dasssie keine Einschätzung über die perspektivische Bedeutungvon Legal Tech abgeben können, weil sie sich mit dem Themanoch nicht beschäftigt haben (33 Prozent). Ebenso viele gabendie Einschätzung ab, dass sich Rechtsanwälte Legal Tech zu-nutze machen, um Mandanten technikbasiert kostengünstigDienstleistungen anbieten und sich selbst auf lukrative Man-date konzentrieren zu können. 16 Prozent sind der Ansicht,dass Legal Tech nicht-anwaltliches Hilfspersonal in Kanzleienentbehrlich machen wird. 14 Prozent glauben, dass LegalTech den Zugang der Bevölkerung zum Recht verbessernwird. Fast ebenso viele (13 Prozent) antworteten, dass LegalTech die Akquisition und Vermittlung neuer Mandate erleich-tern wird.

Unterschiedliche Bewertungen ergaben sich insbesonderebei einer Differenzierung nach dem Alter der befragtenRechtsanwälte. Hier zeigte sich, dass Anwälte unter 40 JahrenLegal Tech insgesamt eine größere Bedeutung zusprechen alsAnwälte über 60 Jahre. Besonders große Unterschiede erga-ben sich bei der Einschätzung, dass sich Rechtsanwälte LegalTech zunutze machen werden. Fast die Hälfte (48 Prozent)der Anwälte unter 40 Jahren bejahten diesen Punkt, bei denAnwälten über 60 Jahren war es nicht mal ein Drittel (27 Pro-zent). Unter den über 60-jährigen gaben sogar 42 Prozent an,keine Einschätzung zum Thema Legal Tech abgeben zu kön-nen, weil sie sich mit dem Thema noch nicht beschäftigt hät-ten, unter den unter 40-jährigen waren es nur 19 Prozent. Dajenseits der Altersgrenze von 40 Jahren die Unsicherheitenbei der Einordnung von Legal Tech deutlich zunehmen, zeigt

sich eine deutliche Trennung der Anwaltschaft in die erstmalsvon Prensky4 definierten Bevölkerungsgruppen der digital nati-ves und der digital immigrants, also derjenigen, die 1980 oderspäter geboren wurden und in einer digitalen Welt auf-gewachsen sind, und jenen, die diese digital Welt erst im Er-wachsenenalter kennengelernt haben und mit ihr häufigmehr oder weniger stark fremdeln. Hiermit einhergeht, dassdie digital natives unter den Befragten die Chancen, die LegalTech bieten kann, durchgängig positiver beurteilen als ihre äl-teren Kollegen.

Interessante Befunde zeigt auch eine Differenzierungnach beruflichem Status der Befragten: Die Einschätzungvon Legal Tech unterscheidet sich sehr stark bei einer Be-trachtung niedergelassener Rechtsanwälte einerseits und vonUnternehmens- und Verbandssyndizi andererseits. Eine sol-che Differenzierung ist besonders aufschlussreich, weil dieBewertung von Syndizi eher aus der Perspektive ihrer Arbeit-geber, also von Mandanten von Rechtsanwälten erfolgt. Syn-dizi gehen deutlich häufiger davon aus, dass Legal TechRechtsanwälten erlauben wird, sich auf lukrativere Mandatezu konzentrieren. Hiermit geht im Zweifel die Erwartung ein-her, dass Rechtsanwälte Legal Tech nicht oder nicht überwie-gend zur Gewinnmaximierung einsetzen, sondern auch imInteresse ihrer Mandanten nutzen, um Standardgeschäft undRoutineaufgaben günstig anbieten zu können.

Deutliche Unterschiede bei der Beurteilung von LegalTech zeigen sich schließlich auch in Abhängigkeit vom Aus-maß der Spezialisierung der Befragten. Generalisten sehenLegal Tech als eine größere Bedrohung an und erblicken inLegal Tech seltener Chancen als Spezialisten. Zu besonderspositiven Einschätzungen von Legal Tech gelangen Rechts-anwälte, die sich als Spezialisten für Rechtsgebiete und Ziel-gruppen begreifen (wenngleich sie auch besonders häufig da-von ausgehen, dass Legal Tech Rechtsanwälte aus ihrem tradi-tionellen Geschäftsfeld verdrängen werden). Die relativ ge-ringste Sorge vor Legal Tech haben Rechtsanwälte, die sichnicht auf Rechtsgebiete, sondern auf Rechtsprobleme einerbestimmten Zielgruppe aus verschiedensten Rechtsgebietenspezialisiert haben. Ihr geringer ausgeprägter Zukunftspessi-mismus dürfte auch auf der Erwartung gründen, dass LegalTech-Lösungen – zumindest anfänglich – entsprechend derüberkommenen Denkschule von Juristen für Rechtsgebieteentwickelt werden und damit primär rechtsgebietsspezifischeAuswirkungen haben werden. Ob diese Hoffnung den Reali-täten gerecht wird, ist freilich nicht gewiss. Sie kann auchauf einem eher spezifischen Verständnis beruhen, was LegalTech ist und was Legal Tech leisten kann.

Soldan Institut

Legal Tech: Erwartungen der Anwaltschaft, Ki l ian AnwBl 3 / 2018 161

Prof. Dr. Matthias Kilian, KölnDer Autor ist Direktor des Soldan Instituts. Er lehrt undforscht an der Universität Köln.

Leserreaktionen an [email protected].

3 Beteiligt haben sich an der Studie 1.157 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die nachdem Zufallsprinzip aus allen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, die tatsächlich an-waltlich tätig sind, ausgewählt wurden.

4 Prensky, Digital Natives, Digital Immigrants, 2001.

AnwaltsW

issen

Page 36: AnwBl 2018 03 Umschlag 1.

Strafverteidigung undBerater-StrafrechtProf. Dr. Matthias Kilian, Köln

1 Daniel Wegerich untersucht in seiner Frankfurter Disser-tationsschrift „Moderne Kriminalgesetzgebung: Produzent

von Parteiverrat? Auswirkungen strafprozessualer Absprachenund Aufklärungshilfen auf den Parteiverrat in Strafsachen (§ 356StGB)“ die Auswirkungen der Verständigungsgesetzgebung(§ 257c StPO) und der Kronzeugenregelung (§ 46b StGB) aufdie Strafnorm des Parteiverrats (§ 356 StGB).Wegerich arbeitetheraus, dass mit diesen neuen Normen erhebliche Strafbar-keitsrisiken für Rechtsbeistände geschaffen wurden, ohnedass diese Strafbarkeitsrisiken adäquat kommuniziert wordensind. Ein anwaltliches Tätigwerden im Rahmen einer Verstän-digung, einer Kronzeugenregelung, aber auch bei internal in-vestigations im Rahmen von Compliance-Aktivitäten birgtnach Wegerich stets das Risiko eines Parteiverrats, da der Ver-teidiger nicht nur seinemMandanten diene, sondern zugleichauch staatliche Interessen in den Blick nehme. Den Schwer-punkt der Betrachtungen bildet der Parteiverrat und hiereine kritische Auseinandersetzung mit der im Vordringen be-griffenen Sichtweise, dass die erforderliche Bestimmung derInteressen zur Ermittlung eines tatbestandlichen Interessen-gegensatzes subjektiv zu erfolgen habe. Einem solchem Ver-ständnis erteilt Wegerich vor dem Hintergrund der Reduzie-rung der Prinzipien- und Formstrenge im Strafverfahren, diedurch die modernen Regelungen zu Verständigungen undKronzeugen bereits nachhaltig aufgeweicht worden seien,eine Absage. Nur eine objektive Bestimmung der Interessen,die regelmäßig zum Verbot der Vertretung von mehr als ei-nem Mandanten führe, könnten den Verteidiger vor den Risi-ken der Verwirklichung eines Parteiverrats schützen. Wege-rich beklagt, dass subjektive Theorie beim Parteiverrat ebensowie Verständigungen und Kronzeugenregelungen, die er alsStrukturverschiebungen im Strafrecht bezeichnet, letztlichökonomische Interessen von Anwaltschaft beziehungsweiseStaat bedienen. Ansehensverluste sowohl der Anwaltschaftals auch der Strafjustiz seien wahrscheinliche Folgen, die esdurch ein objektives Verständnis des Tatbestands des § 356StGB zu unterbinden gelte.

2 Francis Kasten analysiert in seiner Studie „Die ‚Termins-hoheit‘ des Gerichts und das Recht auf Verteidigung“ die Vor-

schrift des § 137 StPO, die dem Angeklagten ein unein-geschränktes Recht auf Beistand eines Verteidigers und somitauch die Anwesenheit des Verteidigers in der Hauptverhand-lung garantiert. Dieses Recht des Angeklagten wird faktischdurch die Terminierung der Hauptverhandlung ein-geschränkt. Die Rechtsprechung geht von einer in § 213StPO normierten Terminshoheit des Vorsitzenden aus undversteht § 228 Abs. 2 StPO, nach dem eine Verhinderung desVerteidigers dem Angeklagten kein Recht gibt, die Ausset-zung der Verhandlung zu verlangen, als Einschränkung des§ 137 StPO für die Terminierung und Vertagung der Haupt-verhandlung. Kasten gibt eine Übersicht über die umfangrei-che Rechtsprechung und untersucht, ob die Terminierungs-praxis mit den Grundrechten des Angeklagten in Einklangzu bringen ist. Dazu werden Aspekte wie die Zumutbarkeitder Selbstverteidigung, das Beschleunigungsgebot und Belan-ge der Strafrechtspflege genauer betrachtet. AusreichendeGründe zur Einschränkung des Beistandsrechts vermag Kas-ten nicht zu identifizieren, die regelmäßig vorgebrachten Ver-fahrensbelange, die eine Verhandlung ohne Verteidiger legiti-mieren sollen, sieht er weder als hinreichend wertig noch alsalternativlos an – dies belegt er durch eine sorgfältige Unter-suchung der Interessen der Allgemeinheit, der Interessender Strafrechtspflege, dem Beschleunigungsgebot und derMissbrauchsgefahr. Der Verfasser gelangt zu dem Ergebnis,dass es keine sachgemäßen Ermessenkriterien gibt, anhandderer das Gericht differenzieren könnte, ob eine Verteidigungohne Verteidiger möglich ist oder nicht. In der entgegenste-henden Rechtspraxis sieht er eine Verletzung der gesetzlichenVorgaben. Daher unterbreitet Kasten abschließend einige Re-formvorschläge, zum Beispiel die Streichung des § 228 Abs. 2StPO oder die Aufnahme des Verteidigers in § 229 Abs. 3StPO. Vor Beginn der Hauptverhandlung sollte, so das Peti-tum des Verfassers, eine Terminabsprache zwingend seinund ein Anspruch auf Terminsverlegung bestehen.

3 Philip Hürtgen hat in seiner Studie „Strafvereitelung derVerfahrensbeteiligten“, einer außergewöhnlich umfangrei-

chen Düsseldorfer Dissertation, eine umfassende Auswer-tung der Diskussion über die Strafvereitelung vorgenommen,einen Straftatbestand, der es mit sich bringt, dass ein Verfah-rensbeteiligter, der zugunsten des Beschuldigten sozial-adäquat oder berufstypisch agiert, gleichwohl ständig unterdem Damoklesschwert der Strafvereitelung steht. Die Unter-suchung modifiziert bisherige Lösungsansätze, da sie ein ge-meinsames Beurteilungskriterium für alle Verfahrensbeteilig-ten – Verteidiger, Staatsanwalt oder Richter – aufzeigt, indemihre Funktionen im Strafprozess in den Mittelpunkt der Be-trachtungen gestellt werden. Die auf diese Weise entwickelteTheorie wird sodann auf relevante Fallkonstellationen ange-wandt. Im Aufbau gliedert sich die Studie in ein einleitendesKapitel, das Genese der maßgeblichen Normen sowie ihrenSchutzzweck beleuchtet. Sodann gibt Hürtgen auf rund 100Seiten einen Überblick über die Tatbestände der Strafverfol-gungsvereitelung, der Strafvollstreckungsvereitelung und derStrafvereitelung im Amt, bevor er in einer Art Zwischen-schritt klärt, inwieweit berufstypische oder neutrale Handlun-gen überhaupt zu einer Strafbarkeit führen können. Sodannnimmt er in einem 150seitigen Kapitel die Strafbarkeit desStrafverteidigers in den Blick, gefolgt von einem kürzeren Ka-pitel zur Strafbarkeit des Richters (30 Seiten) und einem wei-

Bücherschau

162 AnwBl 3 / 2018

Page 37: AnwBl 2018 03 Umschlag 1.

teren Kapitel zur Strafbarkeit des Staatsanwalts (120 Seiten).Wie für strafrechtliche Arbeiten typisch, werden die Mei-nungsströmungen des Schrifttums sorgfältig dokumentiertund gewürdigt, was im Falle der Rechtsanwälte zu einer Auf-fächerung des lebhaften Theorienstreits zur verteidigerspezi-fischen Begrenzung der Strafbarkeit wegen Strafvereitelungführt und in der Entwicklung einer eigenen Theorie mündet,nach der sich die Strafbarkeit des Verteidigers alleine danachbeurteilen soll, ob er durch sein Verhalten in die rechtlich ge-schützte Sphäre des Gerichts oder des Staatsanwalts ein-gegriffen hat. Ist dies nicht der Fall, soll sein Verhalten stetsstraflos sein. Eine entsprechende Regelung in einem neuen§ 258 Abs. 7 StGB regt der Verfasser an. Nach der vorgeschla-genen Norm soll als Rechtsanwalt oder Staatsanwalt nicht tat-bestandsmäßig handeln, wer nicht in die Rechte anderer Ver-fahrensbeteiligter oder Dritter eingreift.

4 Katharina Jarasch hat in ihrer an der Bucerius Law Schoolentstandenen Arbeit die „Strafbarkeitsrisiken der steuer-

rechtlichen Gestaltungsberatung im Zusammenhang mit einerSteuerhinterziehung des Mandanten als Vortat“ untersucht.Ausgangspunkt der Studie ist die Erkenntnis, dass der steuer-rechtliche Berater aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit nahe-zu automatisch mit steuerunehrlichen Bürgern in Berührungkommt. Die Verfasserin interessieren Konstellationen, in de-nen der steuerrechtliche Berater seinen Mandanten steuer-rechtlich vollumfänglich aufklärt und berät, nachdem dieserbereits eine oder mehrere Steuerhinterziehungen verwirklichthat. In diesem Fall liegt die Beratungsleistung in der Über-prüfung von Modellen, die eine anonyme Rückkehr des Man-danten zur Steuerehrlichkeit ermöglichen sollen, so dass dieFrage im Raum steht, ob diese Beratungsleistung ein strafba-res Verhalten darstellt. Eine Beihilfe des Rechtsanwalts in derNachtatphase des Steuerdelikts lehnt Jarasch ab, ebenso mussnach ihren Erkenntnissen in aller Regel eine Begünstigungausscheiden, wenn eine neutrale Beratung und Aufklärungvorliegt. § 258 StGB verwirft sie wegen mangelnder Tatherr-schaft des Rechtsanwalts, da die Entscheidung, ob der Man-dant eine Umschichtung des Schwarzgelds vornimmt, diesemobliege und der Berater letztlich dem Mandanten verschiede-ne Anlagemodelle erläutere. § 370 AO lehnt die Verfasserinmangels Einwirkung auf das Vorstellungsbild der Finanz-behörden ab.

5 Literatur zum anwaltlichen Vergütungsrecht existiert ingroßer Vielfalt und wird traditionell gerne gekauft. In

Zeiten, in denen Rechtsanwälte immer stärker spezialisiert tä-tig sind, entfalten Werke zum Vergütungsrecht besonderenReiz, die nicht allgemein das RVG behandeln, sondern ausder spezifischen Perspektive einer spezialisierten Teilgruppevon Rechtsanwälten. Daher wird das Werk „Verteidigerver-gütung“, das von Andreas Mertens und Iris Stuff begründetwurde, nun aber in der zweiten Auflage von Jörg Mück allein-verantwortlich fortgeführt wird, auch in seiner Neuauflage in-teressierte Aufnahme finden. Die 370 Seiten verteilen sich aufsechs Hauptteile, die sich grob an den verschiedenen Phaseneines Mandats orientieren. Ganz im Sinne der zivilrecht-lichen Dogmatik machen Ausführungen zur vereinbartenVergütung den Auftakt, gefolgt von einem Kapitel zu den ge-setzlichen Gebühren, das zunächst ausführlich die Gebühren-tatbestände erläutert und sodann Betrachtungen zur Wahl-und Pflichtverteidigervergütung enthält. Es folgt ein kurzesKapitel zur Rechnungslegung, bevor erfreulich ausführlichdas wichtige, häufig aber etwas stiefmütterlich behandelteThema der Kostengrundentscheidung erläutert wird. Ein Ka-pitel zur Kostenfestsetzung und ein Anhang zur Beratungs-hilfe und zur Tätigkeit in Privat- und Nebenklage sowie alsZeugenbeistand runden das Buch ab, auf das Strafverteidigerzweifelsfrei auch in der Neuauflage gerne zurückgreifen wer-den.

Bücherschau

AnwBl 3 / 2018 163

1Moderne Kriminalge-setzgebung: Produzentvon Parteiverrat? Aus-wirkungen strafprozes-sualer Absprachen undAufklärungshilfen aufden Parteiverrat inStrafsachen (§ 356StGB)

Daniel Wegerich,Verlag Peter Lang, 163 S.,978-3-631-6634-62,44,94 Euro.

2Die „Terminshoheit“des Gerichts und dasRecht auf Verteidi-gung

Francis Kasten,Verlag Mohr Siebeck,Tübingen 2017, 358 S.,978-3-1615-5310-3,84 Euro.

3Strafvereitelung derVerfahrensbeteiligten:Verteidiger, Richterund Staatsanwälte imSpagat zwischen Pro-fession und Strafver-eitelung

Philip Hürtgen,Nomos Verlag, Baden-Baden 2017, 537 S.,978-3-8487-3631-7,119 Euro.

4Strafbarkeitsrisikender steuerrechtlichenGestaltungsberatungim Zusammenhang miteiner Steuerhinterzie-hung des Mandantenals Vortat

Katharina Jarasch,Verlag Dr. Kovac, Ham-burg 2017, 390 S.,978-3-8300-9605-4,99,80 Euro.

5Verteidigervergütung

Andreas Mertens/IrisStuff/Jörg Mück,Verlag C.F. Mülller,2. Auflage, Heidelberg2016, 370 S.,978-3-8114-6023-2,49,99 Euro.

Prof. Dr. Matthias Kilian, KölnDer Autor ist Inhaber der Hans-Soldan-Stiftungspro-fessur an der Universität zu Köln und Direktor des Sol-dan Instituts.

Leserreaktionen an [email protected].

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Page 38: AnwBl 2018 03 Umschlag 1.

Honoraranspruch undHaftung bei Interessen-konfliktenWer es allen recht machen will,sollte besonders wachsam seinRechtsanwalt Bertin Chab, Allianz Versicherungs AG, München

Auch jenseits der Vertretung widerstreitender Interessen imSinne des § 43a Abs. 4 BRAO kann es zu Interessenkonflik-ten kommen, die man als Anwalt am besten von vornhereinvermeidet. Wer den Konflikt zu spät bemerkt und die Man-danten nicht präzise und eindeutig aufklärt, riskiert im bestenFall, ohne Honoraranspruch da zu stehen. Schadenersatz-ansprüche drohen natürlich auch.

I. Echte und unechte widerstreitende Interessen

§ 43a Abs. 4 BRAO verbietet dem Anwalt ohne Wenn undAber, widerstreitende Interessen zu vertreten. Nähere Erläute-rungen dazu bietet das Gesetz nicht an, es finden sich aberPräzisierungen in § 3 BORA. Der Gesetzesverstoß führt zurNichtigkeit der Mandate – § 134 BGB. Dies hat der BGH vornicht allzu langer Zeit ausdrücklich festgehalten und damitdie etwas umstrittene Frage nach den Rechtsfolgen an dieserStelle entschieden (BGH v. 12.5.2016 – IX ZR 241/14, AnwBl2016, 594).

Parteiverrat ist gemäß § 356 StGB strafbewehrt. Wer in ei-ner Rechtssache beiden Parteien pflichtwidrig dient, mussmit empfindlichen Freiheitsstrafen rechnen. Ob es sich tat-sächlich um die Vertretung widerstreitender Interessen han-delt, wird von der strafrechtlichen wie auch von der zivilrecht-lichen Rechtsprechung am Einzelfall und der tatsächlich vor-liegenden Interessenlage entschieden. So kann ein Anwaltauch dann zwei Mandanten vertreten, wenn sich deren Inte-ressen nur teilweise überschneiden, sofern die Beteiligtenden Auftrag auf die Verfolgung gemeinsamer Interessen be-

schränken. Während die Fälle echter und eindeutiger Vertre-tung gegenläufiger Interessen eher technische Fragen aufwer-fen (wie können vor allem große überörtliche Kanzleien Kolli-sionsfälle aufspüren und rasch adäquat reagieren?), sind beiLichte betrachtet die Fälle – zunächst – erlaubter Vertretungzweier Parteien wesentlich spannender, weil sie oft weiter-gehende Pflichten auf Seiten des Anwalts auslösen, wie diefolgende Zusammenstellung zeigen wird.

II. Vertretung des Gegners bei anderer Gelegenheit

Die Problematik dürfte allgemein bekannt sein. Ein bestimm-ter Mandant, sei es eine Bank oder eine Versicherung oderauch der bedeutendste Arbeitgeber der Kleinstadt, beauftragtimmer wieder die gleiche Kanzlei, ohne dass ein förmlicherRahmenvertrag im Sinne eines Dauermandats bestünde. Diebetreffende Kanzlei fühlt sich diesem Mandanten gegenüberverbunden und verpflichtet. Man fürchtet den Verlust dieserlukrativen Mandantenbeziehung, falls offenbar wird, dassauch Beratungsleistungen erbracht werden, die gegen diesenDauermandanten gerichtet sind. Im Fall des BGH v.8.11.2007 (IX ZR 5/06, AnwBl 2008, 297) nahm die betroffeneKanzlei ein Mandat an, das zunächst nur bestimmte Bera-tungsleistungen zugunsten einer Mandantin gegen einen sol-chen ständigen Mandanten, eine Bank, zum Gegenstand hat-te. Als ein gerichtliches Verfahren notwendig wurde, beende-te man das Mandat unter Hinweis auf die „Drucksituation“.Die Kanzlei war grundsätzlich nicht gehindert, das Mandatanzunehmen. Ein Rechtsanwalt muss aber in einer solchenKonstellation vorn vornherein klar darstellen, dass er nicht ge-willt ist, seinen Mandanten auch nach außen hin zu vertreten.Andernfalls riskiert er, das durch die Beauftragung eines neu-en Anwalts doppelt angefallene Honorar zurückzahlen zumüssen.

Ähnlich lag ein Urteil des OLG Frankfurt v. 25.6.2015 (15U 90/14, NJW 2016,1599). Allerdings kündigte hier die Man-dantin, die in einem familienrechtlichen Mandat beraten wur-de, als sie erfuhr, dass ein Sozius ihres Anwalts – „letztlichhinter ihrem Rücken“ – in einem Verkehrsunfallmandat ge-gen sie tätig war. Der Vertrauensverlust, den die Mandantinhier als Kündigungsgrund angab, war für das OLG nachvoll-ziehbar. Die Anwälte verloren ihren Honoraranspruch.

Für beide Fälle macht Offermann-Burckart („Kein anwalt-licher Gebührenanspruch bei fristloser Mandatskündigungwegen Vertrauensverlusts“, NJW 2016, 1552) darauf aufmerk-sam, dass die frühzeitige Information und Belehrung desMandanten bei strenger Betrachtung vom Anwalt nicht ver-langt werden kann, weil er dann seine Schweigepflichten ver-letzen würde. Der Anwalt befinde sich deshalb in einemkaum lösbaren Teufelskreis, wenn er ein solches Mandat mitInteressenkollisionen überhaupt annehme (siehe auch zu be-rufsethischen Fragen in diesem Heft: Meister, AnwBl 2018,159.

III. Gemeinsame Vertretung mehrerer Mandanten

Dass Ehepaare, die sich einvernehmlich trennen möchten, dieScheidung möglichst kostengünstig durchführen möchten,ist nachvollziehbar. Also entschließt man sich, die Sachedurch einen gemeinsamen Anwalt regeln zu lassen. Ergebensich aber im Verlauf des Mandats doch noch unvorhergesehe-ne Konflikte, müssen zur Vermeidung eines Interessenkon-

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flikts im Sinne des § 43a Abs. 4 BRAO unbedingt beide Man-date niedergelegt werden. Das ist nicht einmal allen Anwältengeläufig, für die Mandanten darf man davon erst recht nichtausgehen. Der Anwalt, der beide Ehepartner vertreten möch-te, muss bereits im Vorfeld der Mandatserteilung insbesonde-re auf die damit zusammenhängenden Honorar-Folgen deut-lich hinweisen (BGH v. 19.9.2013 – IX ZR 322/12, AnwBl2013, 933), nämlich dass – sobald die Interessen nicht mehrgleichgerichtet sind – jeder Ehegatte danach noch auf eigeneKosten einen eigenen Anwalt beauftragen muss.

In diesem Zusammenhang sei auch der sogenannte „Flur-anwalt“ erwähnt, der bei derlei Scheidungsmandaten noch fürdie zwingende Vertretung herangezogen wird. Er ist erhebli-chen Haftungsgefahren ausgesetzt. So arbeitet er regelmäßigauf Basis rudimentärer Informationen, bekommt lediglichein geringes Honorar, haftet aber bei Pflichtverletzungen ingleicher Weise wie üblich, so etwa bei Protokollierung einesso nicht gewollten Verzichts auf Ansprüche.

Die Vertretung anfänglich gemeinsamer Interessen, diedann zum Kollisionsfall werden kann, findet man aber nichtnur im Familienrecht. Probleme können erfahrungsgemäßauch auftauchen, wenn Verträge im Auftrag beider Vertrags-partner erstellt werden sollen oder wenn beide Vertragspart-ner bei Beendigung der vertraglichen Beziehung beraten wer-den möchten (beispielsweise bei einer Praxisauseinanderset-zung). Auch wenn es in erster Linie um die Vermeidung ei-nes Konflikts und nicht um einen Streitpunkt geht, könnenkonträre Interessen zu jedem Zeitpunkt aufkommen.

Wenn mehrere gesamtschuldnerisch haftende Mandantendurch eine Kanzlei gemeinsam vertreten werden möchten, istdas grundsätzlich zulässig. Man sollte jedoch immer einenBlick darauf haben, dass es auch Innenregressansprüche zwi-schen den Mandanten geben könnte. Es empfiehlt sich dann,die Mandate von vornherein auf die Abwehr der Ansprüchezu beschränken und die Mandanten auch über Ihre gegensei-tigen Ansprüche aufzuklären. Der Anwalt hat nämlich auchbeim eingeschränkten Mandat Warnpflichten.

Selbst in relativ einfach gelagerten Verkehrsunfallman-daten kann es zu Ansprüchen zwischen den Mandanten kom-men. So etwa, wenn man Fahrer und Beifahrer vertritt unddie Haftungslage nicht eindeutig ist. Plötzlich muss man An-sprüche des einen Mandanten (des verletzten Beifahrers) ge-gen den anderen Mandanten (den Fahrer beziehungsweisedessen Haftpflichtversicherung ) geltend machen. Auch dabeikann man leicht in die Bredouille kommen.

IV. Mediation

Strukturell ist eine Mediation ein Verfahren, in dem die Par-teien freiwillig und einvernehmlich eine Beilegung ihres Kon-flikts anstreben. Dabei soll der Mediator unterstützend wir-ken (§ 1 Abs. 1 MediationsG). Er ist also nicht Schiedsrichter,sondern viel eher Moderator. Es kann hier schon deshalbnicht um eine anwaltliche Tätigkeit gehen, weil dies gegen§ 43a Abs. 4 BRAO verstieße. Daher wurde mit Spannungauf eine Entscheidung gewartet, die die Haftung eines An-walts zum Gegenstand hat, der im konkreten Fall als Media-tor tätig war. Nun hat der BGH am 21. September 2017 einenFall entschieden (IX ZR 34/17, AnwBl 2017, 1231), in dem eseine Anwältin als Mediatorin unter anderem übernommenhatte, für zwei scheidungswillige Eheleute Auskünfte bei denjeweiligen Rentenversicherungsträgern einzuholen. Im Schei-

dungstermin wurden die Eheleute von Anwälten vertreten,die die Mediatorin vermittelt hatte und die dafür lediglich ge-ringe Honoraranteile erhielten. Fehlerhaft wurde dann einVerzicht auf Durchführung des Versorgungsausgleichs proto-kolliert. Die Ehefrau nahm zunächst ihren Terminsanwalt er-folgreich in Anspruch, dieser nahm nun bei der MediatorinRegress, weil diese es versäumt habe, rechtzeitig die notwen-digen Auskünfte einzuholen, und die Parteien darüber auchnicht unterrichtet habe.

Der BGH führt aus, die Mediation gehöre zum Berufsbilddes Rechtsanwalts und basiere damit regelmäßig auf einemmehrseitigen Anwaltsdienstvertrag, so dass der Mediatordann auch nach anwaltsrechtlichen Grundsätzen hafte, wobeidie Besonderheiten anwaltlicher Schlichtungstätigkeit zu be-rücksichtigen seien. Ein Verstoß widerstreitender Interessenliege deshalb nicht vor, weil der Anwalt hier im Auftrag beiderKonfliktparteien als Vermittler tätig werde. Diese Sichtweiseberücksichtigt aber nicht ausreichend den grundsätzlichenUnterschied zwischen anwaltlicher Tätigkeit als einseitigerInteressenwahrnehmung und den besonderen Aufgaben desMediators. Anders ausgedrückt: in ihrer Reinform wäre Me-diation geradezu das Gegenteil anwaltlicher Tätigkeit. Dannhandelt es sich aber nicht um einen „mehrseitigen Anwalts-dienstvertrag“, wie es der BGH ausdrückt. Vielmehr sollteman den Mediationsvertrag als eigenständige Vertragsformansehen, wie es sich auch aus dem Mediationsgesetz ergibt.Soweit aber Aufgaben übernommen werden, die außerhalbder eigentlichen Mediation als Mittel zur Konfliktbeilegungliegen, müssen diese Aufgaben natürlich auch vollständigund richtig erledigt werden. Die Konstruktion, die die Partei-en hier gewählt hatten, war im Grunde genommen diejenigeder einvernehmlichen Scheidung unter Hinzuziehung einesTerminsanwalts, wie sie der Entscheidung des BGH v.19.9.2013 (AnwBl 2013, 933) zu Grunde lag, und dem man –möglicherweise weil man der Problematik der Interessenkol-lision von vornherein aus dem Weg gehen wollte – das Deck-mäntelchen einer Mediation umgehängt hatte. So ist das kon-krete Ergebnis hier in Ordnung. Was aber Interessenkollisionim Zusammenhang mit anwaltlicher Tätigkeit einerseits undneutrales Hinführen zu gemeinsamen Ergebnissen durch ei-nen Mediator andererseits angeht, bringt die Entscheidungdes BGH leider keine Klarheit. Sie wird eher noch zur Ver-unsicherung beitragen. Besser wäre es gewesen, eine klareTrennung zu vollziehen und Maßstäbe der Anwaltshaftungnicht in einen Mediationsvertrag hineinzulesen.

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Bertin Chab, MünchenDer Autor ist Rechtsanwalt und bei der Allianz Ver-sicherungs AG tätig. Der Beitrag gibt seine persönlicheMeinung wieder.

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EGMR: Ordnungsgeld gegen Verteidigerverletzt MeinungsfreiheitEMRK Art. 10

Die Festsetzung eines Ordnungsgeldes gegen einen Strafverteidi-ger, der einen gerichtlich bestellten Sachverständigen narzisstischeZüge sowie eine an Quacksalberei grenzende Handschriftanalysevorgeworfen hatte, kann die Meinungsfreiheit des Rechtsanwaltsim Sinne von Art. 10 EMRK verletzen.(Leitsatz der Redaktion)

EGMR (4. Kammer), Urt. v. 16.1.2018 – ČČeferin/Slowenien Beschwerde 40975/08

Anmerkung der Redaktion:

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR)hat sich erneut mit der Frage der Reichweite anwaltlicherMeinungsfreiheit bei Justizkritik befasst. Das Urteil ist er-freulich: Der EGMR stärkt die Meinungsäußerungsfreiheit vonAnwälten, wenn sie sich in Gerichtsverfahren äußern.Für den EGMR umfasst das Recht auf freie Meinungsäuße-rung aus Art. 10 EMRK nicht nur harmlose Äußerungen,sondern auch drastisch-plakativ dargestellte Meinungs-äußerungen. Das Gericht stellt klar, dass nicht nur der Sinn-gehalt der Meinungsäußerung, sondern auch die Art derAusdrucksweise von Art. 10 EMRK erfasst werde.Im zugrundeliegenden Strafverfahren (Anklage wegen Tö-tungsdelikts) hatte ein slowenischer Strafverteidiger den ge-richtlich bestellten Sachverständigen narzisstische Züge so-wie eine an Quacksalberei grenzende Handschriftanalysevorgeworfen. Nachdem der slowenische Verfassungs-gerichtshof die anschließende Festsetzung eines Ordnungs-geldes gegen den Verteidiger aufrechterhalten hatte, klagteder Strafverteidiger vor dem EGMR gegen die Entscheidung.Das slowenische Gericht war der Auffassung, dass die Ver-unglimpfung des Sachverständigen mit einer Missachtungdes Gerichts gleichzusetzen sei, da schließlich das Gerichtden Sachverständigen bestellt habe. Der EGMR sah das an-ders. Die Äußerungen seien im Zusammenhang mit derStrafverteidigung im konkreten Fall zu sehen, zudem seiensie ohne weitere Erklärung aus dem Kontext gerissen wordenund entbehrten nicht jeglicher Grundlage.Die Entscheidung ist nicht einstimmig ergangen.Der EGMR hatte 2015 und 2016 in mehreren Urteilen rechtstrenge Kriterien für anwaltliche Justizkritik betont. Er sahAnwälte wiederholt als Intermediäre zwischen Öffentlichkeitund Gerichten mit der Pflicht an, das Funktionieren der Justizund das Vertrauen in die Gerichte zu fördern (siehe EGMRAnwBl 2015, 623 und AnwBl 2015, 710, anders dagegenEGMR AnwBl 2016, 353). Das neue Urteil ist daher wichtig,weil es die anwaltliche Meinungsfreiheit (im Interesse derMandanten) stärkt. Einen nach wie vor lesenswerten Über-blick zur Rechtsprechung des EGMR zu anwaltlicher Justiz-kritik bietet im Juli-Heft 2016 Schmitt-Leonardy (AnwBl2016, 528).Die Anmerkung beruht auf einer Meldung aus demDAV-Newsletter „Europa im Überblick (EiÜ)“ Nr. 3/2018des DAV-Büros Brüssel (Bestellmöglichkeit:[email protected]).

Der Volltext ist im Internet abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank unterwww.anwaltsblatt.de (AnwBl Online 2018, 225).

BGH: Fernabsatzrecht gilt fürAnwaltsvertrag mit VerbraucherBGB § 312b Abs. 1aF (§ 312e Abs. 1)

a) Anwaltsverträge können den Regeln für den Fernabsatz unter-fallen und als solche widerrufen werden.

b) Ein für den Fernabsatz organisiertes Vertriebs- oder Dienstleis-tungssystem liegt regelmäßig nicht schon dann vor, wenn derRechtsanwalt lediglich die technischen Möglichkeiten zum Ab-schluss eines Anwaltsvertrags im Fernabsatz wie Briefkasten, elek-tronische Postfächer und/oder Telefon- und Faxanschlüsse vorhält.

BGH, Urt. v. 23.11.2017 – IX ZR 204/16

Aus den Gründen: [11] aa) Anwaltsverträge sind Verträgeüber die Erbringung einer Dienstleistung im Sinne von§ 312b Abs. 1 Satz 1 BGB aF und können als solche den Re-geln über Fernabsatzverträge unterworfen sein. Der gegentei-ligen Auffassung, wonach die Anwendung des Fernabsatz-rechts bei Anwaltsverträgen, bei denen eine persönlicheDienstleistung im Vordergrund stehe, allgemein nicht ge-rechtfertigt sei (vgl. AG Berlin-Charlottenburg, NJW-RR 2016,184, 185; AG Kleve, Urteil vom 18. Mai 2017 – 35 C 434/16, ju-ris; aA AG Offenbach, Urteil vom 9. Oktober 2013 – 380 C 45/13, juris, mit Anm. Ernst, NJW 2014, 817 und Schmitt-Gaed-ke, ZAP Fach 23, 977; AG Düsseldorf, AnwBl. 2017, 92; AGBrandenburg, 13. Oktober 2017 – 31 C 244/16, juris; AG Hil-desheim, VuR 2015, 396 mit Anm. Rückebeil), kann nicht ge-folgt werden.

[...][13] (2) Für die Anwendbarkeit des § 312b Abs. 1 BGB aF

auf Anwaltsverträge sprechen auch Sinn und Zweck der ver-braucherschützenden Regelungen für Vertragsabschlüsse imFernabsatz. Fernabsatzverträge sind dadurch gekennzeichnet,dass Anbieter und Verbraucher sich nicht physisch begegnenund der Verbraucher die vom Unternehmer angebotene Warein der Regel nicht vor Vertragsschluss in Augenschein neh-men oder sich Kenntnis von den Eigenschaften der Dienst-leistung verschaffen kann (vgl. Erwägungsgrund 14 der RL97/7/EG). Um der daraus erwachsenden Gefahr von Fehlent-scheidungen des Verbrauchers zu begegnen, wird ihm einWiderrufsrecht eingeräumt (BGH, Urteil vom 12. November2015 – I ZR 168/14, WM 2016, 962 Rn. 30 mwN). Das Argu-ment der Revision, der Verbraucher könne die Qualität der er-betenen Dienstleistung bei einem Anwaltsvertrag vorab nichtbesser beurteilen, wenn er den Anwalt in seiner Kanzlei auf-suche, kann die grundsätzliche Anwendbarkeit des § 312bAbs. 1 BGB aF nicht in Zweifel ziehen. Zum einen kann sichder Verbraucher bei einer Vertragsanbahnung ohne persönli-chen Kontakt keinen gleich umfassenden Eindruck vomDienstleister und den zu erwartenden Dienstleistungen ver-schaffen. Zum anderen hat der Gesetzgeber in § 312b Abs. 3BGB aF – entsprechend Art. 3 der RL 97/7/EG – einzelne, be-stimmte Dienstleistungsverträge vom Anwendungsbereichdes Fernabsatzrechtes ausgenommen. Hierzu rechnet der An-waltsvertrag nicht. Diese Ausnahmen wären nicht erforder-lich gewesen, wenn § 312b Abs. 1 BGB aF nicht auch solcheVerträge erfasste, bei denen die Qualität der Waren oder derDienstleistung auch bei persönlichem Kontakt nicht hinrei-chend sicher vorab beurteilt werden kann.

[...][19] (a) Zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass

ein für den Fernabsatz organisiertes Vertriebs- oder Dienst-

Rechtsprechung

166 AnwBl 3 / 2018 Anwaltsrecht

Page 41: AnwBl 2018 03 Umschlag 1.

leistungssystem vorliegt, wenn der Unternehmer in seinemBetrieb die personellen, sachlichen und organisatorischen Vo-raussetzungen geschaffen hat, die notwendig sind, regel-mäßig Geschäfte im Fernabsatz zu bewältigen (BT-Drucks.14/2658, 30; BGH, Urteil vom 7. Juli 2016 – I ZR 30/15,NJW 2017, 1024 Rn. 51 mwN). Ausreichend ist die planmäßi-ge Werbung eines Unternehmers mit dem Angebot telefoni-scher Bestellung und Zusendung der Ware (BT-Drucks. 14/2658, 85). Demgegenüber genügt es nicht, dass der Unterneh-mer auf seiner Homepage lediglich Informationen (etwa überseine Waren beziehungsweise seine Dienstleistungen undseine Kontaktdaten) zur Verfügung stellt (vgl. Erwägungs-grund 20 der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Par-lamentes und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rech-te der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäi-schen Parlamentes und des Rates sowie zur Aufhebung derRichtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates; BT-Drucks.17/12637, S. 50). Ebenso wenig könnte bei einem Rechts-anwalt ein für den Fernabsatz organisiertes Vertriebs- oderDienstleistungssystem bejaht werden, wenn dieser lediglichdie technischen Möglichkeiten zum Abschluss eines Anwalts-vertrags im Fernabsatz, etwa einen Briefkasten, elektronischePostfächer und/oder Telefon- und Faxanschlüsse vorhält, dieauch sonst zur Bewältigung des Betriebs einer Anwaltskanzleierforderlich sind (Staudinger/Thüsing, aaO Rn. 49; Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl., § 312e Rn. 6; Ernst, NJW 2014,817, 819 f; aA Rinkler, aaO Rn. 43).

Anmerkung:

In aller Deutlichkeit hat der IX. Zivilsenat aufgezeigt, dassauch Rechtsanwälte sich nicht den Vorgaben des Verbrau-cherschutzrechts entziehen können. Nach dem Leitsatz derEntscheidung ist es nicht von vornherein ausgeschlossen,den Anwaltsvertrag als Fernabsatzvertrag zu qualifizieren.Angesichts mancher schwer nachzuvollziehender Diskussionüber diesen Punkt, ist diese Klarstellung erfreulich. In An-betracht der Neufassung der früher in § 312 b Abs. 1 Satz 1BGB enthaltenen Begriffsdefinition durch § 312 c Abs. 1 BGBim Zuge des Gesetzes unter anderem zur Umsetzung derVerbraucherrechterichtlinie vom 20. September 2013(BGBl. I, S. 3642), liegt der BGH insofern erst recht richtig.Dem Gesetzeswortlaut lässt sich nunmehr eindeutig ein ver-tragstypenunabhängiges Begriffsverständnis entnehmen.Die Argumentation des BGH gewinnt aus heutiger Sicht da-durch weiter an Überzeugungskraft, dass Anwaltsverträge –anders etwa als Verträge über Gesundheitsdienstleistungen– nicht vom Geltungsbereich der Verbraucherrichtlinie (2011/83/EU) ausgenommen wurden (vgl. deren Art. 3 Abs. 3). Inder Konsequenz lassen sie sich auch weder unter die nun-mehr in § 312 BGB normierten (zum Teil nur punktuellen) all-gemeinen Bereichsausnahmen noch unter diejenigen Tat-bestände subsumieren, in denen zumindest kein Widerrufs-recht entsteht (vgl. § 312 g Abs. 2, 3 BGB). Geradezu absurdmutet der im Urteil zitierte Einwand an, der Anwaltsvertragkönne schon deshalb kein Fernabsatzvertrag sein, da das beiFernabsatzverträgen regelmäßig vorausgesetzte Informati-onsdefizit des Verbrauchers über Eigenschaften und Qualitätder durch den Unternehmer erbrachten Leistung Anwalts-verträgen bereits per se innewohne (vgl. Rn. 13). Die Qualitäteiner anwaltlichen Beratung ist für den Verbraucher zwarmöglicherweise besonders schwierig zu antizipieren, auchbei „klassischen“ Erwerbsvorgängen und Dienstleistungs

angeboten des täglichen Lebens hat der Verbraucher aberoftmals selbst nach umfangreicher Beratung im Laden-geschäft kein endgültiges Bild über die Güte der zu erwar-tenden Leistung, ohne dass dies den europäischen Norm-geber dazu bewogen hätte, sie allein aus diesem Grund ausdem Anwendungsbereich der Verbraucherrechterichtlinieauszuschließen. Vielmehr steigert diese Tatsache das Be-dürfnis nach einer zusätzlichen Lösungsmöglichkeit vomVertrag doch sogar noch. Dem kann auch nicht entgegen-gehalten werden, dass bereits § 627 Abs. 1 BGB bei An-waltsverträgen eine jederzeitige Kündigungsmöglichkeit er-öffnet, da der Verbraucher dennoch eine Teilvergütung zuleisten hat (§ 628 Abs. 1 Satz 1 BGB) und bei Kündigung zurUnzeit (§ 627 Abs. 2 Satz 2 BGB) schadensersatzpflichtig ist(siehe dazu Henssler/Deckenbrock, NJW 2005, 1 ff.).

Vertragsschluss im Rahmen eines FernabsatzsystemsZurecht geht der BGH daher davon aus, dass dem Verbrau-cher bei einem mit Fernkommunikationsmitteln im Sinne des§ 312 c Abs. 2 BGB geschlossenen Anwaltsvertrag ein Wi-derrufsrecht nur dann nicht zusteht, sofern der Anwalt dar-legen und beweisen kann, dass der Vertragsschluss nicht imRahmen eines Fernabsatzsystems erfolgt ist (vgl. nunmehr§ 312 c Abs. 1 a.E. BGB). Unglücklicherweise ließ der zu ent-scheidende Fall an dieser Stelle wenig Raum für eine diffe-renzierte Auseinandersetzung, was auch der Grund dafürsein dürfte, dass die klagende Rechtsanwaltsgesellschaftgar nicht erst den Versuch eines entlastenden Vortrags un-ternahm. Offensichtlich hatte die Klägerin sich hier nicht nurzu Vertragsanbahnung und -abschluss eines auf den über-regionalen Massenumsatz ausgerichteten Strukturvertriebseines Fremdanbieters bedient, sondern wickelte auch dieBeratungsleistungen selbst standardisiert, distanziert undunter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikati-onsmitteln ab. Gerade wenn der letztere Gesichtspunkt nichteinschlägig ist, die Beratungsleistung selbst also traditionell-personalisiert erfolgt, soll nach einer in der Literatur starkvertretenen Auffassung trotz ausschließlicher Verwendungvon Fernkommunikationsmitteln bei Vertragsschluss keinFernabsatzvertrag im Sinne des § 312 c Abs. 1 BGB vorlie-gen (vgl. MüKoBGB/Wendehorst, 7. Aufl. 2016, § 312 cRn. 22 f.). Diese Auffassung wird jedoch weder direkt nochindirekt durch die Verbraucherrechterichtlinie gestützt. Vorallem ihr Erwägungsgrund 20 möchte nur bestimmte Moda-litäten der Vertragsanbahnung, wie „Reservierungen einesVerbrauchers über ein Fernkommunikationsmittel“ oder In-formationsangebote auf Online-Plattformen vom Anwen-dungsbereich der Richtlinie ausschließen, wenn ihnen einVertragsschluss im Wege persönlichen Kontakts nachfolgt.Der Erwägungsgrund nimmt also in keiner Weise Stellung zuder Konstellation, dass speziell und allein die Leistungs-erbringung persönlich erfolgt. Letzteren Lebenssachverhaltvom Anwendungsbereich der Richtlinie auszuschließen, wi-derspräche auch eklatant ihrem Sinn und Zweck. Dieser be-steht darin, dem Verbraucher angesichts des mit bestimmtenVertriebswegen einhergehenden hohen Risikos von Fehlein-schätzungen eine Exit-Option einzuräumen (vgl. bereitsoben). Die Vertragsausführung selbst ist also irrelevant.

Dr. David Markworth, Akad. Rat auf Zeit beim Institut für Arbeits-und Wirtschaftsrecht der Universität zu Köln

Der Volltext ist im Internet abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank unterwww.anwaltsblatt.de (AnwBl Online 2018, 239).

Rechtsprechung

Anwaltsrecht AnwBl 3 / 2018 167

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Page 42: AnwBl 2018 03 Umschlag 1.

„Dummes Arschloch“ – trotzdem keinSchmerzensgeld für gehässigen SoziusBGB §§ 823, 1004

1. Wird nach dem Ausscheiden eines Sozius aus einer Anwalts-und Steuerberatergesellschaft über die Herausgabe von Mandan-tenunterlagen gestritten, löst die Bezeichnung als „DummesArschloch“ keinen Schmerzensgeldanspruch aus, wenn dieser zu-vor selbst das Persönlichkeitsrecht des Seniorpartners erheblichverletzt hat, indem er seine tiefe Genugtuung über dessen schwer-wiegende und bedrohliche Erkrankung äußert und ihn somit her-abwürdigt, jemand zu sein, der Qualen und den Tod verdient hat.

2. Bei einem bereits erfolgten rechtswidrigen Eingriff in das all-gemeine Persönlichkeitsrecht, spricht eine tatsächliche Vermutungfür das Vorliegen der Wiederholungsgefahr. Eine Widerlegungkann jedoch ausnahmsweise angenommen werden, wenn der Ein-griff durch eine einmalige Sondersituation veranlasst gewesen ist.(Leitsatz der Redaktion)

BGH, Urt. v. 14.11.2017 – VI ZR 534/15

Anmerkung der Redaktion:

Missgunst unter Partnern einer Sozietät kommt vor. UnterEx-Partnern kann es heftig werden. Ein besonders krasserFall lag dem BGH vor: Ausgerechnet am 24. Dezember 2008versandte der aus einer Sozietät von Rechtsanwälten undSteuerberatern ausgeschiedene Kläger an einen der Senior-partner eine E-Mail folgenden Inhalts (auszugsweise):

„Herr X., ich habe vor kurzem gehört, dass Sie krebskranksind. Sie wissen dass ich religiös bin und der Auffassung bin,dass das Leben vom Herrgott vorbestimmt ist. Ich bin mirdaher ganz sicher, dass Ihre Krankheit die Strafe Gottes da-für ist, was Sie mir angetan haben […] Frohe Weihnachten“.

Die knappe Antwort eines der anderen Partner darauf war:

„Herr Y., Erlauben Sie mir die Feststellung, dass Sie ein-fach ein bedauernswertes dummes Arschloch sind. AufIhre Strafanzeige freue ich mich heute schon. Beste Grüße“

Ein weiterer schrieb:

„Dem schließe ich mich aus vollem Herzen an. Armer klei-ner einsamer Kerl.“

Und der dritte Partner nutzte den 1. Weihnachtsfeiertag für diefolgende Nachricht (ebenso wörtlich zitiert):

„Ich mich auch – hoffentlich fallen sie beim erdbeerpflü-cken mal von der leiter – vielleicht geht ihnen dann auchmal ein licht auf…“

Äußerst grobe GehässigkeitDer Kläger verklagte daraufhin die Gesellschaft und die Ex-Partner auf Unterlassung der Bezeichnung „Arschloch“ undZahlung von Schmerzensgeld. Ohne Erfolg. Die Erklärungender Beklagten seien in einer ganz speziellen, nicht wieder-holbaren Situation erfolgt, so der BGH. Da der Seniorpartnerzwischenzeitlich seine schwere Krankheit überwunden habe,habe das Berufungsgericht zutreffend einen solchen emo-tionalen Anlass für nicht wiederholbar erachtet.Auch Schmerzensgeld gab es nicht. Der Kläger habe zuvorselbst das Persönlichkeitsrecht des Seniorpartners erheblichverletzt. Diese Äußerung sei auch geeignet gewesen, bei denanderen Partnern ein besonderes Maß an Betroffenheit aus-zulösen, so der BGH.

Der Volltext ist im Internet abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank unterwww.anwaltsblatt.de (AnwBl Online 2018, 243).

Irreführende Werbung einesLegal-Tech-Anbieters: Alles im PaketUWG §§ 8 Abs. 3 Nr. 2, 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 Satz 2

Die Werbung eines Legal-Tech-Anbieters ist irreführend, wenn unteranderem der Eindruck erweckt wird, es werde eine komplette Ab-wicklung der außergerichtlichen und gerichtlichen Durchsetzungeines Abfindungsanspruchs aus einem gekündigten Arbeitsverhält-nis angeboten, obwohl der Kernbereich der juristischen Bearbeitungallein bei den Partneranwälten in alleiniger Verantwortung liegt.(Leitsatz der Redaktion)(nicht rechtskräftig)

LG Bielefeld, Urt. v. 12.12.2017 – 15 O 67/17

Aus den Gründen: Mit den beanstandeten Aussagen entstehtder tatsächlich unrichtige Eindruck, die Verfügungsbeklagtezu 1) biete ein „Gesamtpaket“ zur Rechtsdurchsetzung an, an-gefangen bei der ersten Prüfung durch ein Online-Rechen-programm bis hin zur individuellen (notfalls gerichtlichen)Durchsetzung eines Abfindungsanspruchs, also alles gewis-sermaßen „aus einer Hand“. Dieser Eindruck ist irreführendund greift unmittelbar in den Wettbewerb ein: Arbeitnehmer,die soeben durch arbeitgeberseitige Kündigung ihren Arbeits-platz verloren haben, können leicht in ihrem Verhalten dahinbeeinflusst werden, zunächst einmal über den „bequemen“Abfindungsrechner aus der Anonymität heraus einmal durch-rechnen zu lassen, mit welcher Abfindung sie evtl. rechnendürfen. Hier wird im Wege eines Anreißeffektes ein erleich-terter Zugang zu einem Rechtsschutzmechanismus geschaf-fen, der dazu geeignet ist, der Verfügungsbeklagten zu 1) wei-terhin das Vertrauen zu schenken und einen (vermeintlichbestehenden, aber vom Gesetz nicht vorgesehenen) Anspruchdurchzusetzen. Dieser so installierte Mechanismus senkt er-sichtlich die Zugangsbarriere zur Inanspruchnahme vonRechtsschutz (was nach den Erläuterungen des Verfügungs-beklagten zu 2), also des Geschäftsführers der Verfügungs-beklagten zu 1), im Termin auch so gewollt ist) stützt sich da-bei aber auf in den Wettbewerb eingreifende irreführende An-gaben im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG. [...]

Von einer ebenfalls potentiell zu Fehlvorstellungen füh-renden Weite ist die weitere Aussage, die Beauftragung einesRechtsanwaltes sei (stets) mit einem hohen Zeitaufwand undStress verbunden, was für die Leistungen der Verfügungs-beklagten zu 1) nicht gelte. Dies mag vielleicht noch für dieanonyme erste „Kontaktaufnahme“ durch die Inanspruchnah-me des „Abfindungsrechners“ stimmen. Spätestens aber,wenn eine individualisierte Bearbeitung der Rechtsschutz-angelegenheit erfolgt, und zwar durch einen der Vertrags-anwälte, ist weder eine weitreichende zeitliche Inanspruch-nahme des Verbrauchers noch eine erhöhte emotionale Belas-tung des Verbrauchers ausgeschlossen.

Anmerkung der Redaktion:

Der Legal-Tech-Markt ist mittlerweile hart umkämpft. DieGrenze der Innovation ist erreicht, wo die Werbeaussagengegen das Wettbewerbsrecht verstoßen. Hier war der An-waltverein Bielefeld aktiv geworden. Der erst im Mai 2017gegründete beklagte Legal-Tech-Anbieter wandte sich überdas Internet an Arbeitnehmer und bot diesen seine Dienst-leistungen an, um „ihre rechtmäßige Abfindung im Falle einerunrechtmäßigen Kündigung zu erhalten“.

Der Volltext ist im Internet abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank unterwww.anwaltsblatt.de (AnwBl Online 2018, 247).

Rechtsprechung

168 AnwBl 3 / 2018 Anwaltsrecht

Page 43: AnwBl 2018 03 Umschlag 1.

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Anwalt als Erfüllungsgehilfe haftetnicht jedem bei fehlerhafter BeratungBGB §§ 278 Satz 1, 675

Wird der Anwalt als Erfüllungsgehilfe eines Beraters tätig, haftet erdem Vertragspartner des Geschäftsherrn in der Regel nicht.

BGH, Urt. v. 7.12.2017 – IX ZR 45/16

Anmerkung der Redaktion:

Der Fall ist lehrreich, weil er zeigt, wie sich der Markt fürRechtsdienstleistungen verändert. Immer häufiger kommtder Mandant mit der Leistung des Anwalts nicht mehr un-mittelbar in Kontakt, weil sich ein Dritter als General-Beraterdazwischen schiebt.In dem Fall geht es um eine Klage gegen einen Anwalt nacheiner gescheiterten Treuhand und wegen angeblich fehler-hafter Beratungsleistungen. Der Clou: Zwischen der Kläge-rin, die in Rumänien eine Milchviehanlage aufziehen und dazuEU-Fördermittel in Anspruch nehmen wollte, und dem Anwaltgab es keine direkte Mandatsbeziehung. Denn die Klägerinwurde gegen ein Erfolgshonorar von 1,2 Millionen Euro voneiner nichtanwaltlichen Gesellschaft beraten und unterstützt.Die anwaltliche Beratung sollte dem Vertrag nach aus-schließlich durch den beklagten Anwalt als Erfüllungsgehilfeder Berater erfolgen. Das Projekt scheiterte, weil ein Darle-hen nicht ausgezahlt und Fördermittel nicht bewilligt wordenwaren. Die Klägerin warf dem Anwalt vor, sie nicht vor denRisiken einer ungesicherten Vorleistung (rund 200.000 Euro)gewarnt zu haben und erhob unmittelbar gegen ihn Klage aufSchadensersatz. Das LG Düsseldorf wies ab, das OLG Düs-seldorf verurteilte den Anwalt antragsgemäß.Die Entscheidung hat der für die Anwaltshaftung zuständigeIX. Zivilsenat des BGH nun aufgehoben. Die Klägerin könnekeine Ansprüche aus dem zwischen der Gesellschaft unddem Anwalt geschlossenen Beratungsvertrag herleiten. DerAnwalt sollte zwar die „anwaltliche Beratung bezüglich derVertragsgestaltung des Projekts“ übernehmen, jedoch nichtaufgrund eines mit der Klägerin geschlossenen Anwaltsver-trages, sondern aufgrund eines Auftrags der Berater-Gesell-schaft. Dieser Vertrag entfalte auch keine Schutzwirkungzugunsten der Klägerin. Die Klägerin sei nicht schutzbedürf-tig. Ihr stehe wegen der von ihr beanstandeten Beratungs-fehler gegebenenfalls ein Schadensersatzanspruch gegendie Gesellschaft zu, als deren Erfüllungsgehilfe der Anwalttätig war. Eines zusätzlichen Anspruchs gegen den Anwaltals den Erfüllungsgehilfen der Gesellschaft bedürfe es nicht.Der BGH hat die Vorinstanzen gerüffelt, weil diese nicht ge-prüft haben, ob der Vertrag zwischen der Klägerin und derGesellschaft wegen Verstoßes gegen § 3 RDG nichtig sei –auch wenn sich der Verpflichtete der Hilfe eines Anwalts be-diene. Der BGH geht im Ergebnis von einem gemäß § 5Abs. 2 Nr. 3 RDG (Fördermittelberatung) wirksamen Bera-tungsvertrag aus, um durchentscheiden zu können.Die Botschaft des BGH ist für Anwältinnen und Anwältedurchaus tröstlich: Wer das Mandat mit der Anwaltskanzleinicht direkt abschließt, kann in der Regel die Kanzlei auchnicht in die Haftung nehmen. Er muss sich an seinen Ver-tragspartner halten.

Der Volltext ist im Internet abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank unterwww.anwaltsblatt.de (AnwBl Online 2018, 251).

AAnnwwaallttssvveerrggüüttuunngg

EuGH: Nationale Mindestgebührenregelungnicht per se europarechtlich unzulässigAEUV Art. 56 Abs. 1, 101 Abs. 1; RiLi 77/249/EWG, RiLi 2006/112/EG

1. Eine nationale Mindestgebührenregelung ist grundsätzlich ge-eignet, den Wettbewerb im Binnenmarkt zu beeinträchtigen.

2. Um beurteilen zu können, ob eine solche Mindestgebühren-regelung europarechtlich zulässig ist, muss geprüft werden, ob diedurch die Regelung auferlegten Beschränkungen auf das begrenztsind, was notwendig ist, um die Umsetzung legitimer Zwecke si-cherzustellen.(Leitsatz der Redaktion)

EuGH (Erste Kammer), Urt. v. 23.11.2017 – C-427/16, C-428/16

[...]

Aus den Gründen: [52] Nach alledem ist festzustellen, dasseine nationale Regelung wie die in den Ausgangsverfahrenfragliche, die es zum einen einem Rechtsanwalt und seinemMandanten nicht erlaubt, eine Vergütung zu vereinbaren, dieunter dem Mindestbetrag liegt, der durch eine von einem Be-rufsverband der Rechtsanwälte wie dem Obersten Rat der An-waltschaft erlassene Verordnung festgesetzt wurde, und wid-rigenfalls ein Disziplinarverfahren gegen den Rechtsanwaltvorsieht, und zum anderen es dem Gericht nicht gestattet,die Erstattung eines unter diesem Mindestbetrag liegendenHonorarbetrags anzuordnen, den Wettbewerb im Binnen-markt im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV beeinträchtigenkann.

Anmerkung der Redaktion:

Ob anwaltliche Mindestgebühren europarechtlich zulässigsind oder den Wettbewerb im Binnenmarkt unzulässig be-schränken, wird immer wieder diskutiert. Im Fall von Bulga-rien hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) auf ein per-se-Verbot verzichtet und liegt damit auf seiner alten Linie(EuGH, AnwBl 2007, 149 zu Italien). Gegenstand des Ver-fahrens war eine Mindestgebührenregelung nach der bulga-rischen Gebührenverordnung, welche von dem bulgarischen„Obersten Rat der Anwaltschaft“ erlassen wurde. Der EuGHsieht jenen „Obersten Rat der Anwaltschaft“ als Unterneh-mensvereinigung im Sinne des Artikels 101 AEUV an, da diebetreffende Gebührenregelung nicht der Prüfung gesetzli-cher Gemeinwohlkriterien unterliege und dieser nicht als Re-präsentanz öffentlicher Stellen auftrete. Die Mindestgebüh-renregelung sei zwar grundsätzlich geeignet, den Binnen-marktwettbewerb zu beeinträchtigen, das müsse aber kon-kret durch das vorlegende Gericht in Ansehung des Ge-samtzusammenhangs entschieden werden. Das KreisgerichtSofia muss nun prüfen, ob die Gebührenregelung tatsächlichGemeinwohlbelangen dient.Als unvereinbar mit der Richtlinie 2006/112/EG über das ge-meinsame Mehrwertsteuersystem sieht das Gericht hin-gegen eine nationale Regelung an, die zur Folge hat, dassanwaltliche Honorare einer doppelten Mehrwertbesteuerungunterliegen.

Der Volltext ist im Internet abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank unterwww.anwaltsblatt.de (AnwBl Online 2018, 253).

Rechtsprechung

Anwaltsrecht AnwBl 3 / 2018 169

AnwaltsW

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Page 44: AnwBl 2018 03 Umschlag 1.

Entpflichtung des beigeordneten Anwaltsbei ErfolgshonorarvereinbarungRVG § 4a; ZPO §§ 78, 121

Der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Prozessbevoll-mächtigte ist auf Antrag zu entpflichten, wenn er mit der Parteieine Erfolgshonorarvereinbarung geschlossen hat und damit dieanwaltliche Vertretung des Rechtsuchenden gesichert und nicht zubefürchten ist, dass die Staatskasse aufgrund eines nicht ord-nungsgemäß vertretenen Bedürftigen mit unnötigen Kosten belas-tet wird.(Leitsatz der Redaktion)

OLG Hamm, Beschl. v. 12.1.2018 – I-7 W 21/17

Aus den Gründen: a) Zunächst bestehen entgegen der Auf-fassung des Landgerichts grundsätzlich keine Bedenken ge-gen die isolierte Aufhebung der Beiordnung eines Prozess-bevollmächtigten. Zwar ist gemäß § 121 Abs. 1 ZPO einer Par-tei dann, wenn eine Vertretung durch Anwälte vorgeschriebenist, ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl vonAmts wegen auch ohne Antrag beizuordnen. Die Regelungist insoweit zwingend, als die bedürftige Partei auch dann ei-nen Anspruch auf eine Beiordnung hat, wenn sie – wie imFalle eines Insolvenzverwalters – selber Rechtsanwalt ist (vgl.BGH, Beschluss vom 25.4.2002, Az. IX ZB 106/02; Beschlussvom 26.10.2006, Az. IX ZB 176/05; BeckOK ZPO/Reichling,26. Ed. 15.9.2017, ZPO § 121 Rn. 10, 14). Bei verständigerWürdigung der Vorschrift kann, sofern die ordnungsgemäßeProzessführung anderweitig gesichert ist, damit allerdingsnicht einhergehen, dass eine Beiordnung gegen den Willender Partei erfolgt (vgl. dazu auch Thüringer OLG, Beschlussvom 9.10.2017, Az. 7 W 429/17).

[...]b) lm Einzelfall muss eine isolierte Aufhebung zudem

möglich sein, wenn – wie hier – die bedürftige Partei eine Er-folgshonorarvereinbarung mit ihrem Prozessbevollmächtig-ten getroffen hat und gemäß § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO die Bei-ordnung der Geltendmachung der Vergütung entgegenste-hen würde.Mitgeteilt von Rechtsanwalt und Notar Herbert P. Schons, Duisburg

Anmerkung der Redaktion:

Es geht um die Frage, ob bei einem PKH-berechtigten Man-danten im Falle einer Erfolgshonorarvereinbarung mit seinemAnwalt die Gerichtsgebühren durch PKH vorfinanziert wer-den können. Der Anwalt in dem Fall hatte mit der Mandantineine Erfolgshonorarvereinbarung geschlossen und be-antragt, die Beiordnung der Kanzlei aufzuheben. Das LGPaderborn lehnte den Antrag ab (LG Paderborn, AnwBl2017, 1118). Die bei gewährter PKH zugleich vorgenom-mene Anwaltsbeiordnung sei nicht disponibel. Daher könneder im Wege der PKH beigeordnete Prozessbevollmächtigtenicht mit der Begründung, er habe mit der Partei eine Er-folgshonorarvereinbarung geschlossen, entpflichtet werden.Das OLG Hamm war anderer Ansicht und hat den Beschlussaufgehoben und die Aufhebung des beigeordneten Anwaltsangeordnet. Siehe auch LG Berlin (AnwBl 2017, 1007) undLG Ulm (AnwBl 2017, 1007), die ebenfalls in einem solchenFall auf Antrag des Anwalts hin diesen entpflichtet hatten. DieDetails zum Ganzen erläutert Schons im AnwBl 2017, 966.

Der Volltext ist im Internet abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank unterwww.anwaltsblatt.de (AnwBl Online 2018, 259).

Anwaltskammer klagt erfolgreich gegenAGBs in HonorarvereinbarungUKlaG §§ 1, 3 Abs. 1 Nr. 2; BGB §§ 305 ff.

1. Die Verwendung allgemeiner Geschäftsbedingungen in einerVergütungsvereinbarung, wonach

a) stets die unmittelbare Beauftragung der Kanzlei mit der außer-gerichtlichen und gerichtlichen Interessenwahrnehmung vorgese-hen ist,

b) keine hinreichend bestimmte Frist zur Erklärung der Vertrags-annahme enthalten ist,

c) sie uneingeschränkt auch für zukünftige Mandate dienen sollen,

d) ein einseitiges Verrechnungsrecht der Kanzlei auf Honorarfor-derungen auch aus anderen Angelegenheiten vorgesehen ist,

e) ein Viertel des vereinbarten Stundensatzes (190 Euro) für jedeangefangene 15 Minuten berechnet wird,

f) eine Mindestvergütung – bei der es sich um deutliche Erhöhun-gen der RVG-Gebühren handelt – geschuldet ist, die unklar (weilumfangreich und kompliziert) ist,

g) Reisezeiten zur Hälfte als Arbeitszeiten abgerechnet werden,ohne dass die Höhe der anfallenden Kosten überschaubar ist,

h) die abgerechneten Zeiten als anerkannt gelten, wenn der Auf-traggeber nicht binnen vier Wochen widerspricht,

i) die Hinzuziehung anderer Rechtsanwälte (auch aus anderenKanzleien) sowie fachkundiger Dritter in das Mandat ohne Zu-stimmung des Mandanten möglich sein soll,

j) wonach abweichende Regelungen der Gegenzeichnung durch dieGeschäftsführer der Kanzlei bedürfen,

ist unwirksam.

2. Die Rechtsanwaltskammern sind nicht allein auf berufsrecht-liche Maßnahmen beschränkt, sondern auch befugt, Unterlas-sungsansprüche nach dem § 1 UKlaG gegen Anwälte – unabhängigvom Kammerbezirk des Mitglieds – geltend zu machen.(Leitsatz der Redaktion)(nicht rechtskräftig)

LG Köln, Urt. v. 24.1.2018 – 26 O 453/16

Aus den Gründen: 2. Im Ergebnis sind bis auf den genann-ten Teil in Ziffer 5 Absatz 1 sämtliche angegriffenen Klauselnunwirksam. Auch bei der inhaltlichen Beurteilung der Wirk-samkeit der Klauseln kommt es entgegen der Auffassung derBeklagten weder entscheidend darauf an, ob auch andereKanzleien ähnliche oder identische Klauseln verwenden nochdarauf, ob die Klägerin auch gegen diese Kanzleien vorgeht.Für die Prüfung, ob einzelne allgemeine Geschäftsbedingun-gen gegen die Regelungen der §§ 305 ff. BGB verstoßen, istdie Frage, inwieweit die Regelungen in der Praxis tatsächlichauch verwendet werden, nicht relevant. Selbst die jahrzehnte-lange allgemein verbreitete Verwendung bestimmter Klauseln(z.B. Schönheitsreparaturklauseln in Wohnraummietverträ-gen) führt nicht dazu, dass diese Klauseln nicht (mehr) an-greifbar und der gerichtlichen Inhaltskontrolle entzogen sind.Mitgeteilt von der Rechtsanwaltskammer Köln

Rechtsprechung

170 AnwBl 3 / 2018 Anwaltsvergütung

Page 45: AnwBl 2018 03 Umschlag 1.

Anmerkung der Redaktion:

Über die von der beklagten Anwaltskanzlei verwendetenKlauseln in ihren Vergütungsvereinbarungen gab es – so dieRechtsanwaltskammer Köln – viele Beschwerden. Daraufhinsah sich die Rechtsanwaltskammer Köln zu einer Überprü-fung der Allgemeinen Geschäftsbedingungn (AGB) ver-anlasst. Sie war der Ansicht, die beanstandeten Klauselnseien unwirksam und verklagte die Anwaltskanzlei auf Un-terlassung. Der Kanzleiinhaber war nicht Mitglied derRechtsanwaltskammer Köln.Das LG Köln gab der Anwaltskammer „gänzlich überwie-gend“ Recht. Insbesondere stehe ihre Klagebefugnis nicht inFrage. Die AGB beschränkten das Recht auf die (weitere)freie Anwaltswahl und berühre daher die Belange der Ge-samtheit ihrer Kammermitglieder. Dies gelte auch, sofern dieAnwaltskammer Unterlassungsansprüche nach § 1 UKlaGgegen ihre Mitglieder oder andere Anwälte erhebe. Diestreitgegenständlichen Klauseln hielt das Gericht fast über-wiegend für unwirksam.Nur ein marginaler Teil der angegriffenen AGB hatte vor demLG Köln bestand. Es handelte sich um eine Klausel wonachReisekosten bei Fahrten mit dem Pkw in Höhe von 0,50 Euro/km erstattet werden, im Übrigen nach den konkret entstan-denen Auslagen. Für Bahnfahrten, Flugreisen sowie Hotel-übernachtungen sind die entstandenen angemessenen Kos-ten von dem Auftraggeber zu übernehmen.

Der Volltext ist im Internet abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank unterwww.anwaltsblatt.de (AnwBl Online 2018, 261).

Bank darf keine Kontogebührenvom Anderkonto einziehenBRAO § 43a Abs. 5

Die Bank ist nicht befugt, Kontoführungsgebühren von einemRechtsanwaltsanderkonto einzuziehen.(Leitsatz der Redaktion)

AG Aachen, Urt. v. 20.12.2017 – 107 C 452/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Dr. Martin Riemer, Brühl

Anmerkung der Redaktion:

Ein wichtiges Urteil für die Praxis. Nicht wenige Banken er-heben mittlerweile Kontoführungsgebühren auch für Ander-konten. So auch im Streitfall: Der Anwalt hatte ein gebüh-renpflichtiges (Sammel-)Anderkonto bei der Sparkasse Aa-chen. Diese zog jedoch die monatlich anfallenden Konto-gebühren direkt von diesem Anderkonto ein. Der Anwaltprotestierte. Das Fremdgeld auf dem Anderkonto müsse un-angetastet bleiben. Die Sparkasse Aachen sah dies anfangsanders, erkannte aber dann im Prozess vor dem AG Aachenden Anspruch des Anwalts an.

Der Volltext ist im Internet abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank unterwww.anwaltsblatt.de (AnwBl Online 2018, 269).

PPrroozzeessssrreecchhtt

BVerfG: Gericht durfte nicht EuGHaußen vor lassenGG Art. 101 Abs. 1 Satz 2; AEUV Art. 267 Abs. 3

1. Das Recht auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2GG ist verletzt, wenn ein letztinstanzliches Gericht angesichts einerunvollständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäi-schen Union (EuGH) seine Pflicht, entscheidungserhebliche Fra-gen des Unionsrechts dem EuGH vorzulegen (Art. 267 Abs. 3AEUV), in unvertretbarer Weise verneint.

2. Das Bundesverfassungsgericht kann im Rahmen einer zulässi-gen Verfassungsbeschwerde seine Prüfung auch auf einen Verfas-sungsrechtsverstoß erstrecken, der vom Beschwerdeführer nichtausdrücklich gerügt worden ist.(Leitsätze der Redaktion)BVerfG (Zweiter Senat), Beschl. v. 19.12.2017 – 2 BvR 424/17

Aus den Gründen: [41] a) Die Vorlagepflicht nach Art. 267Abs. 3 AEUV wird in den Fällen offensichtlich unhaltbar ge-handhabt, in denen ein letztinstanzliches Hauptsachegerichteine Vorlage trotz der – seiner Auffassung nach bestehenden– Entscheidungserheblichkeit der unionsrechtlichen Frageüberhaupt nicht in Erwägung zieht, obwohl es selbst Zweifelhinsichtlich der richtigen Beantwortung der Frage hegt unddas Unionsrecht somit eigenständig fortbildet (grundsätzlicheVerkennung der Vorlagepflicht; vgl. BVerfGE 82, 159 <195>;126, 286 <316>; 128, 157 <187>; 129, 78 <106>; 135, 155<232 Rn. 181>). Dies gilt erst recht, wenn sich das Gerichthinsichtlich des (materiellen) Unionsrechts nicht hinreichendkundig macht. Es verkennt dann regelmäßig die Bedingun-gen für die Vorlagepflicht (vgl. BVerfGK 8, 401 <405>; 11,189 <199>; 13, 303 <308>; 17, 108 <112>; Beschluss der 2.Kammer des Zweiten Senats vom 6. Oktober 2017 – 2 BvR987/16 –, juris, Rn. 7). Dies gilt auch, wenn es offenkundigeinschlägige Rechtsprechung des EuGH nicht auswertet. Umeine Kontrolle am Maßstab des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG zuermöglichen, hat es die Gründe für seine Entscheidung überdie Vorlagepflicht anzugeben (BVerfG, Beschlüsse der 3.Kammer des Zweiten Senats vom 10. Dezember 2014 – 2BvR 1549/07 –, juris, Rn. 21 und vom 19. Juli 2016 – 2 BvR470/08 –, juris, Rn. 56; Beschluss der 2. Kammer des ZweitenSenats vom 6. Oktober 2017 – 2 BvR 987/16 –, juris, Rn. 7).

[42] b) Gleiches gilt in den Fällen, in denen das letzt-instanzliche Hauptsachegericht in seiner Entscheidung be-wusst von der Rechtsprechung des EuGH zu entscheidungs-erheblichen Fragen abweicht und gleichwohl nicht oder nichtneuerlich vorlegt (bewusstes Abweichen ohne Vorlagebereit-schaft; vgl. BVerfGE 82, 159 <195>; 126, 286 <316 f.>; 128,157 <187 f.>; 129, 78 <106>; 135, 155 <232 Rn. 182>).

[43] c) Liegt zu einer entscheidungserheblichen Frage desUnionsrechts einschlägige Rechtsprechung des EuGH hingegennoch nicht vor, hat die bestehende Rechtsprechung die entschei-dungserhebliche Frage möglicherweise noch nicht erschöpfendbeantwortet oder erscheint eine Fortentwicklung der Rechtspre-chung des Gerichtshofs nicht nur als entfernte Möglichkeit (Un-vollständigkeit der Rechtsprechung), wird Art. 101 Abs. 1 Satz 2GG verletzt, wenn das letztinstanzliche Hauptsachegericht denihm in solchen Fällen notwendig zukommenden Beurteilungs-rahmen in unvertretbarer Weise überschreitet (vgl. BVerfGE82, 159 <195 f.>; 126, 286 <317>; 128, 157 <188>; 129, 78

Rechtsprechung

Anwaltsvergütung AnwBl 3 / 2018 171

AnwaltsW

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Page 46: AnwBl 2018 03 Umschlag 1.

<106 f.>; 135, 155 <232 f. Rn. 183>). Das ist jedenfalls dann derFall, wenn die Fachgerichte das Vorliegen eines „acte clair“oder eines „acte éclairé“ willkürlich bejahen. Das Gericht musssich daher hinsichtlich des materiellen Unionsrechts hinrei-chend kundig machen. Etwaige einschlägige Rechtsprechungdes EuGH muss es auswerten und seine Entscheidung hieranorientieren (vgl. BVerfGE 82, 159 <196>; 128, 157 <189>; 135,155 <233 Rn. 184>). Auf dieser Grundlage muss das Fachgerichtunter Anwendung und Auslegung des materiellen Unionsrechts(vgl. BVerfGE 135, 155 <233 Rn. 184>) die vertretbare Überzeu-gung bilden, dass die Rechtslage entweder von vornherein ein-deutig („acte clair“) oder durch Rechtsprechung in einer Weisegeklärt ist, die keinen vernünftigen Zweifel offenlässt („acteéclairé“; vgl. BVerfGE 129, 78 <107>; 135, 155 <233 Rn. 184>).Unvertretbar gehandhabt wird Art. 267 Abs. 3 AEUV im Falleder Unvollständigkeit der Rechtsprechung insbesondere dann,wenn das Fachgericht eine von vornherein eindeutige oder zwei-felsfrei geklärte Rechtslage ohne sachliche Begründung bejaht(vgl. BVerfGE 82, 159 <196>; 135, 155 <233 Rn. 185>).

Anmerkung:

Das BVerfG gibt der Verfassungsbeschwerde eines Tatver-dächtigen statt, gegen den ein Europäischer Haftbefehl vor-liegt. Das Hanseatische OLG Hamburg hatte die Auslieferungzur Strafverfolgung nach Rumänien für zulässig erklärt, ob-gleich dem Beschwerdeführer dort ein Haftvollzug bei einerindividuellen Haftraumgröße von nur 2 qm droht. Vor demBVerfG machte er geltend, dies verletze seine Menschen-würde. Die Verfassungsidentität der Bundesrepublik steheseiner Auslieferung damit entgegen. Der Zweite Senat desBVerfG stellt in seiner Entscheidung demgegenüber daraufab, dass das OLG das Recht auf den gesetzlichen Richterverletzt habe. Denn es habe die Auslieferung als unions-rechtskonform beurteilt, ohne zuvor dem EuGH die Fragevorzulegen, welche Mindestanforderungen an Haftbedin-gungen aus Art. 4 GRCh (Verbot der unmenschlichen odererniedrigenden Behandlung) folgen.Drei Aspekte der Entscheidung sind hervorzuheben:

Nicht gerügte GrundrechteDie Frage, ob auf eine zulässige Verfassungsbeschwerde hinauch nicht gerügte Grundrechte geprüft werden dürfen, wirdvom BVerfG nicht einheitlich gehandhabt (vgl. M/S/K/B-Hö-mig, § 92 BVerfGG, Rn. 15). Im vorliegenden Fall leuchtetdas Vorgehen des Zweiten Senats jedenfalls ein: Das OLG,an das zurückverwiesen worden ist, wird nun voraussichtlichein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH richten. In-dem das BVerfG den Ball mittelbar zum EuGH spielt, leistetes einen Beitrag zum „europäischen Verfassungsgerichts-verbund“ (Voßkuhle, NVwZ 2010, 1). Zunächst ist das Uni-onsrecht anzuwenden und die EuGH-Rechtsprechung dazuzu klären. Die verfassungsrechtliche Durchsetzung der Ver-fassungsidentität ist erst letztes Mittel. Gegenüber einerEuGH-Vorlage durch das BVerfG selbst im Rahmen derIdentitätskontrolle (vgl. BVerfGE 142, 123, 204) hat der hiergewählte Weg den Vorteil, dass dem Fachgericht seine Vor-lageverantwortung nicht abgenommen wird.

Verstoß gegen Recht auf gesetzlichen RichterWann verstößt ein letztinstanzlich entscheidendes Gerichtdurch Nichtvorlage an den EuGH gegen Art. 101 Abs. 1Satz 2 GG? Das BVerfG hebt seit langem drei Fallgruppenhervor: erstens die grundsätzliche Verkennung der Vorlage-pflicht aus Art. 267 Abs. 3 AEUV, indem ein Gericht nichtvorlegt, obwohl es selbst Auslegungszweifel beim entschei-dungserheblichen Unionsrecht hat; zweitens die Nichtvor-

lage trotz bewusster Abweichung von bestehender EuGH-Rechtsprechung und drittens die unvertretbare Überschrei-tung des fachgerichtlichen Beurteilungsrahmens bei Unvoll-ständigkeit der EuGH-Rechtsprechung.a) Die Senatsmaßstäbe zur ersten Fallgruppe werden mit derjetzigen Entscheidung ergänzt (Rn. 41): Macht sich ein Ge-richt zum materiellen Unionsrecht nicht hinreichend kundigoder wertet es offensichtlich einschlägige EuGH-Rechtspre-chung nicht aus, soll es damit regelmäßig die Bedingungenfür die Vorlagepflicht und so die Pflicht selbst in grundsätzli-cher Weise verkennen. Neu in der Senatsrechtsprechung istzudem die Forderung, dass ein letztinstanzlich entscheiden-des Gericht seine Gründe für die Entscheidung über die Vor-lagepflicht angeben muss, damit eine Kontrolle am Maßstabdes Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG möglich wird. Der Senat gehthier allerdings nicht so weit, bereits aus dem bloßen Fehlenvon Darlegungen zu Art. 267 AEUV auf eine Grundrechtsver-letzung zu schließen (vgl. Rn. 49).b) Bei der dritten Fallgruppe setzt das BVerfG die Konsoli-dierung seiner Rechtsprechung fort (Rn. 43): Den Parteienwird der EuGH als gesetzlicher Richter vorenthalten, wenndie (ausdrückliche oder implizite) Annahme des letztinstanz-lichen Gerichts, es liege eine Ausnahme von Art. 267 Abs. 3AEUV wegen einer eindeutigen beziehungsweise vom EuGHgeklärten Rechtslage vor (acte clair beziehungsweise acteéclairé, vgl. EuGH, Rs. C-283/81, C.I.L.F.I.T.), unvertretbarist. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ist also nicht erst dann verletzt,wenn das Fachgericht materielles Unionsrecht unhaltbarauslegt. Dies entspricht mittlerweile der Sicht beider Senate(vgl. BVerfGE 129, 78, 107; 135, 155, 233).c) Die Pflicht zum ausreichenden Kundigmachen betont dasBVerfG im Zusammenhang mit der ersten wie auch der drit-ten Fallgruppe. Mit Blick auf die jüngere Kammerpraxis liegtfolgende Zuordnung nahe: Dringt ein letztinstanzlich ent-scheidendes Gericht infolge unzureichender Befassung mitdem Unionsrecht zur Frage der Vorlagepflicht gar nicht erstvor (vgl. Beschl. v. 10.12.2014, 2 BvR 1549/07, Rn. 43),lässt es gravierende Fehlannahmen zu den Anwendungs-voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV erkennen (vgl.Beschl. v. 6.10.2017, 2 BvR 987/16, Rn. 10 ff.) oder miss-achtet es die Vorlagepflicht, obwohl es selbst Auslegungs-zweifel hinsichtlich des einschlägigen Unionsrechts hegt, sogreift die erste Fallgruppe ein (grundsätzliche Verkennungder Vorlagepflicht). Auch die unbewusste Abweichung vonklarer EuGH-Rechtsprechung dürfte sich darunter fassenlassen. Bejaht das Gericht dagegen (explizit oder implizit) mitacte clair beziehungsweise acte éclairé eine Ausnahme vonder Vorlagepflicht, nimmt das BVerfG im Rahmen der drittenFallgruppe eine Vertretbarkeitskontrolle vor (vgl. Beschl.v. 15.12.2016, 2 BvR 221/11, Rn. 42 ff.).

Die Fragen für den EuGHIn der Subsumtion stellt das BVerfG hier auf die dritte Fall-gruppe ab und zeigt auf, dass in der EuGH-Rechtsprechungzum Rahmenbeschluss über den Europäischen Haftbefehlund zu Art. 4 GRCh Fragen der Haftraumgröße noch derKlärung bedürfen. Klarstellungsbedürftig ist dabei auch, in-wieweit die EGMR-Judikatur zu Art. 3 EMRK vom EuGH voll-ständig rezipiert wird (vgl. Art. 52 Abs. 3 GRCh). Dieser An-stoß durch das BVerfG lässt sich ebenfalls als Beitrag zumeuropäischen Verfassungsgerichtsverbund lesen. Das OLGhatte den Klärungsbedarf ausgeblendet und ohne Vorbild inder EuGH- oder EGMR-Rechtsprechung eine unmenschlicheBehandlung auch mit überindividuellen, zum Teil general-präventiven Belangen verneint.

Rechtsanwalt Dr. Jan Felix Sturm, Hamburg

Der Volltext ist im Internet abrufbar in der Anwaltsblatt-Datenbank unterwww.anwaltsblatt.de (AnwBl Online 2018, 270).

Rechtsprechung

172 AnwBl 3 / 2018 Prozessrecht

Page 47: AnwBl 2018 03 Umschlag 1.

AnwaltVerein

174 Ein wachsender AnwaltvereinAndin Tegen, Hamburg

Warum im Anwaltverein Mitglied werden?Wie es der Hamburgische Anwaltverein schafft,trotz rückläufiger Zulassungszahlen, neueMitglieder zu gewinnen.

175 Anwalt der AnwälteCarla Dietmair, Berlin

Die Vertretung ihrer Interessen ist den Mitgliedernbesonders wichtig. Wie arbeiten eigentlich dieehrenamtlich aktiven Anwältinnen und Anwältein den 37 Gesetzgebungsausschüssen des DAV?

179 Neujahrsempfang des DAVRechtsanwalt Dr. Nicolas Lührig, DAV, Berlin

Anwaltschaft meets Politik: Im Januar erwachte dieRechtspolitik – es ging um die Regierungsbildung.Und natürlich war auch das beA-Desaster Thema.

AnwaltV

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Page 48: AnwBl 2018 03 Umschlag 1.

DDAAVV--SStteelllluunnggnnaahhmmeenn

Rahmenbedingungen bei OpenData (2/18)

Der DAV greift durch seinen Informati-onsrechtsausschuss ein derzeit in vie-len Kommunen und anderen Körper-schaften des öffentlichen Rechts dis-kutiertes Thema auf: „Open Data“ alsMittel zu einem Mehr an Transparenz inder Verwaltung und Bürgerbeteiligung.Da momentan nur wenige Gesetze zu-gunsten von Open Data existieren, Be-hörden aber etwa urheberrechtliche wiedatenschutzrechtliche Einschränkun-gen berücksichtigen müssen, schlägtder DAV einige Maßnahmen zur Ver-besserung der Rahmenbedingungenvor. Dabei stehen nicht nur Regelungenin den Verwaltungsverfahrensgesetzenim Fokus der Betrachtung

Einheitliches Patentgericht(3/18)

Der DAV hält es durch seinen Verfas-sungsrechtsausschuss und den Aus-schuss Geistiges Eigentum im Grund-satz für möglich, dass ein Einzelner sichüber die Verfassungsbeschwerde ge-gen eine Preisgabe des Rechtsstaats-prinzips zur Wehr setzen kann, wennDeutschland seine Patentgerichtsbar-keit zum Teil auf ein Einheitliches Pa-tengericht überträgt. Gleichwohl ist dieVerfassungsbeschwerde unzulässigund unbegründet. Die Regelungen desEinheitlichen Patentgerichts genügennach Auffassung des DAV rechtsstaat-lichen Grundsätzen und dem Unions-recht.

Datenfluss in Europa (4/18)

Der von der Europäischen Kommissionam 13. September 2017 veröffentlichteGesetzesentwurf für eine Verordnungzu Free Flow of Data soll es Anbieterndigitaler Dienste ermöglichen, diesekünftig europaweit anzubieten. Mit-gliedstaatliche Vorschriften, die Provi-der dazu verpflichten, Daten aus-schließlich im jeweiligen Mitgliedsstaatzu speichern, müssten eingedämmtwerden. Der DAV begrüßt den Vor-schlag der Kommission durch seinenInformationsrechtsausschuss, sprichtsich jedoch zugleich etwa dafür aus,den Anwendungsbereich auf per-sonenbezogene Daten zu erweitern.

Alle DAV-Stellungnahmen finden Sie unterwww.anwaltverein.de

HHaammbbuurrggiisscchheerr AAnnwwaallttvveerreeiinn

Ein umtriebiger Verein –der wächstIn der Anwaltskammer muss man Mitglied werden,in den Anwaltverein sollte man eintreten

Andin Tegen, Hamburg

Bundesweit stagnieren oder sinken die Mitgliedszahlen derAnwaltvereine, auch weil die Zulassungszahlen rückläufigsind. Der Hamburgische Anwaltverein im Zentrum der Elb-metropole bekommt immer mehr Zuwachs. Ein Erklärungs-versuch.

Sie kommen aus allen Fachgebieten, aus kleinen und mittel-ständischen Anwaltsbüros, aus Boutiquen und Großkanzlei-en und es werden immer mehr. Während Vereine deutsch-landweit um ihre Mitglieder kämpfen, kann sich der Hambur-gische Anwaltverein über mangelnden Zulauf nicht beklagen.Warum das so ist, kann sich Geschäftsführerin Claudia Leichtauch nicht ganz erklären. „Vielleicht liegt es an unserem viel-seitigen Programm“, sagt sie und wirkt selbst etwas verwun-dert. Gemeinsam mit dem Vorsitzenden Andreas Schulte hatsie im hinteren Trakt des Hamburger Landgerichts eine neueÄra eingeleitet. Der Verein profiliert sich über seinen starkenNetzwerkgedanken. Aber auch über sein ausgeprägtes Enga-gement in der Stadt und seine vielen Fachseminare, Vortrags-reihen und Expertenforen mit renommierten Sprechern.

Fortbildung, Netzwerk und moralischer Kompass„Ich würde uns als umtriebigen Verein bezeichnen“, sagt An-dreas Schulte. „Wir beraten unsere Mitglieder, wenn es umMarketing-Strategien, Finanz- und Businesspläne oder Büro-organisation geht – aber wir vernetzen sie auch miteinander,indem wir Bälle, Filmabende und Dinner organisieren.“

Obwohl die Hälfte der 3.500 Vereinsmitglieder über50 Jahre alt ist, engagiert sich der Verein recht ausgewogenfür alle Generationen. Beim „Treffen junger Juristen“ etwabegegnen junge Rechtsanwälte Staatsanwälten, Richtern undNotaren. „Die haben oft Hemmungen und Berührungsängstevoreinander“, weiß Schulte. „Aber in ungezwungener Atmo-sphäre erzählen sie sich von ihren Sorgen, Ängsten und Vor-urteilen und entdecken Gemeinsamkeiten“. Schließlich seiensie im Berufsleben ständig miteinander konfrontiert und dasbaue oft Missverständnisse auf. Für Schulte, der als Anwaltim gewerblichen Rechtsschutz arbeitet, sei es wichtig, die Be-rufsgruppen unbedingt auch fachübergreifend miteinanderzu vernetzen. Beim Gänseessen zum Thema „Law meetsTax“ tauschen sich Steuerberater mit Anwälten aus. Dort stel-len sie sich gegenseitig Fachfragen, deren Antworten sie sichsonst mühsam selbst zusammenrecherchieren müssten.

Aber das ist nicht der einzige Grund, warum Anwälte dieNähe des Vereins suchen. In Schultes Augen liegt es auch da-ran, dass der Verein immer mehr Profil und rechtspolitischesEngagement zeigt, indem er sich etwa für geflüchtete Juristenaus Syrien engagiert, Filmabende zu Menschenrechtsthemenorganisiert oder Initiativen wie „Palandt umbenennen“ unter-stützt. „Otto Palandt war einer der einflussreichsten Juristen

„Wir beraten un-sere Mitglieder,wenn es umMarketing-Stra-tegien, Finanz-und Business-pläne oder Bü-roorganisationgeht – aber wirvernetzen sieauch miteinan-der, indem wirBälle, Film-abende undDinner organi-sieren.“

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des Dritten Reiches und ist noch heute Namensgeber vonDeutschlands wichtigstem juristischen Kommentar zum Bür-gerlichen Gesetzbuch (BGB)“, sagt der Rechtsanwalt. Heuteist von Palandts nationalsozialistischem Gedankengut imBGB nichts mehr übrig, Palandt hat auch strenggenommenkeinen Paragraphen selbst kommentiert, das waren andere.Doch der BGB-Kommentar trägt noch immer seinen Namen.„Wie kann ein solches Standardwerk den Namen eines linien-treuen Nazis tragen?“, fragt sich Schulte. Für solche und an-dere Initiativen wird er sich in Zukunft mit dem Verein enga-gieren.

Der Verein verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz mit sei-nem Engagement. Er steht auch für das Selbstverständnis,die Identität und Haltung des Anwalts selbst. Wie steht esum meinen inneren moralischen Kompass? Wer will ichsein als Anwältin, als Anwalt? Wie kann ich das erreichen?

Der Anwaltverein wandelt sich mit den ZeitenSo dachten die Organisatoren des 1904 gegründeten Hambur-gischen Anwaltvereins nicht zu jeder Epoche. Das sei auchnicht nötig gewesen, sagt Claudia Leicht. „Die Zeiten für An-wälte waren mal wesentlich ruhiger.“ Sie erinnert sich nochan große Ordner voller Bewerbungen. Damals kamen die Mit-glieder, blätterten sie durch und schrieben sich die Informa-tionen der Kandidaten daraus ab. Heute gibt es eine Online-Stellenbörse. Auch Schulte kennt Anekdoten von früher:„Freitagnachmittags war manchmal schon Feierabend für An-wälte“. Er zeigt auf einen Zeitungsartikel an einer Wand desAnwaltvereins. Darauf berichtet das Hamburger Abendblattüber einen Anwaltsball in den 1950er Jahren. Männer imSmoking und Frauen im Abendkleid sind darauf zu sehen.„Die schlossen dann am Freitagnachmittag ihre Kanzleien,weil sie sich für den Ball frisch machen mussten“, sagt er.Heute wäre das absolut undenkbar.

Die Bälle der Hamburger Juristen gibt es aber immernoch. Heute finden sie an Samstagen statt und gehören zuden beliebtesten Veranstaltungen. Auch Leicht und Schultefreuen sich auf die Nächte mit gutem Essen, Liveband undDJ-Programm. Es läge auch an solchen Zusammenkünften,dass Hamburger Anwälte, Richter, Staatsanwälte und NotareNetzwerke schaffen.

Für Leicht als Geschäftsführerin gehe es stets darum he-rauszufinden, was Anwältinnen und Anwälte wirklich wollenund brauchen für ihre Karriere. Für sie steht fest, dass esüber das reine Vermitteln von Wissen hinausgeht. Auch An-dreas Schulte ist froh, dass der Verein alles andere als eineAltherrenveranstaltung ist. So war es vielleicht einmal. Sowird es aber nie mehr sein. //

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Gesetzgebung undLobbyarbeit des DAVWas machen eigentlich die Anwältinnen undAnwälte in den 37 DAV-Gesetzgebungsausschüssen?

Carla Dietmair, Berlin

Im Deutschen Anwaltverein sind mehr als 300 Anwältinnenund Anwälte in den 37 Gesetzgebungsausschüssen des DAVaktiv. Allein 2017 wurden von den Ausschüssen 59 Stellung-nahmen erarbeitet.

Neben seiner Funktion als „Anwalt der Anwälte“ hat der DAVeine besondere Sachverständigenrolle, die über die normaleArbeit von Berufsgruppenvertretern hinausgeht. Durch dieGesetzgebungsausschüsse gibt er Empfehlungen zu Themen,bei denen der Anwaltsberuf nicht direkt betroffen ist, aberüber praktische Expertise aus der anwaltlichen Tätigkeit ver-fügt. Vorrangiges Ziel ist die Kritik handwerklicher Mängel ei-nes Gesetzesvorhabens, sagt Prof. Dr. Stefan Lunk, Vorsitzen-der des Arbeitsrechtsausschusses. Der Ausschuss weist da-rauf hin, wenn ein Begriff zu unbestimmt formuliert ist oderKonsequenzen hinsichtlich weiterer Rechtsfolgen nicht er-örtert wurden. Dafür geben die GesetzgebungsausschüsseStellungnahmen zu deutschen und europäischen Gesetzes-vorhaben ab, die an die betreffenden Legislativ- und Exekutiv-organe, andere Interessensverbände und an die Medien ge-schickt werden. Diese Stellungnahmen sind öffentlich undkönnen von Interessierten auf der Website des DAV nachgele-sen werden.

Aufgrund ihrer Expertise werden Mitglieder der DAV Ge-setzgebungsausschüsse auch in den Bundestag eingeladen.Als der dortige Finanzausschuss die Lehren aus der Finanz-krise zog und über ein Restrukturierungsgesetz für insolventeBanken beriet, trat Prof. Dr. Klaus Pannen als Sachverständi-ger auf, seines Zeichens langjähriger Vorsitzender des Ge-setzgebungsausschusses Insolvenzrecht. Außerdem sind dieGesetzgebungsausschüsse in Beratungsgremien des Bundes-justizministeriums vertreten. So wurde Dr. Wolfgang Schwa-ckenberg in seiner Funktion als Vorsitzender des Familien-rechtsausschusses in den Arbeitskreis Abstammung des Bun-desjustizministeriums berufen, neben der Vorsitzenden desfür Familienrecht zuständigen BGH-Senats, der Vorsitzendendes Deutschen Ethikrats und mehreren Jura-Professorinnenund -Professoren.

Meinungsbildung durch VielfaltWo hört die Kritik handwerklicher Mängel eines Gesetzesent-wurfs auf, wo fängt politische Einflussnahme an? Die beidenFunktionen des DAV und der Gesetzgebungsausschüsse las-sen sich nicht immer klar trennen. Wenn der Gesetzgebungs-ausschuss Arbeitsrecht eine Stellungnahme zum Vorschlageines Streitwertkataloges für die Arbeitsgerichtsbarkeit abgibt,dann stehen dahinter nicht zuletzt wirtschaftliche Erwägun-gen, insbesondere wie dieser sich auf den anwaltlichen Lohnauswirkt. Diesem scheinbaren Spagat wird in der Praxis be-wusst begegnet. Es wird Vertretern aller Seiten die Gelegen-

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heit gegeben, sich zu äußern. So schicken die Landesarbeits-gerichte, die den betreffenden Streitwertkatalog vorgeschla-gen haben, ihre Entwürfe nicht nur an die Anwaltschaft, son-dern auch an die Versicherungswirtschaft, Gewerkschaftenund Arbeitgeberverbände. Der überarbeitete Katalog hatschlussendlich durchaus Vorschläge des DAV übernommen.

Ein anderes Kräftemessen fand zwischen den Interessen-vertretern der Inkassounternehmen und des Ausschusses fürInsolvenzrecht statt, als über die Reform des Anfechtungsrech-tes im Insolvenzrecht beraten wurde. Dabei hat sich der Aus-schuss erfolgreich dafür eingesetzt, dass das Anfechtungsrechtnicht seiner ursprünglichen Schärfe entledigt wurde.

Ehrenamtlich und unabhängigDie Mitglieder der Gesetzgebungsausschüsse arbeiten außer-dem ehrenamtlich, neben ihrer beruflichen Tätigkeit als An-wältinnen und Anwälte. Das wahrt einen großen Grad an Un-abhängigkeit und ist ein fundamentaler Unterschied zu be-rufsmäßigen Lobbyisten, die dafür bezahlt werden, eine be-stimmte Meinung zu vertreten.

Die Gesetzgebungsausschüsse beziehen daher ebenso de-zidiert Stellung, wenn die Interessen der Anwaltschaft nichtso direkt betroffen sind wie etwa beim Streitwert vor den Ar-beitsgerichten. Wenn aus der familienrechtlichen Praxis deut-lich wird, dass das starre Wechselmodell reformbedürftig ist,welches die Betreuung von Kindern zwischen getrennten El-ternteilen abstrakt aufteilt, dann äußert sich der zuständigeAusschuss auch dazu deutlich.

Momentan gibt es 37 Ausschüsse, von Anwaltsethik undAnwaltskultur bis zum Zivilverfahrensrecht. Zuletzt hinzuge-kommen sind der Ausschuss zu Corporate Social Responsibili-ty und der zum Elektronischen Rechtsverkehr. Bei Bedarf ar-beitet der Gesetzgebungsausschuss außerdem mit der jewei-ligen Arbeitsgemeinschaft des DAV zusammen. Die Arbeits-gemeinschaften erörtern Fachfragen der jeweiligen Rechts-gebiete und sorgen zudem für die Fortbildung ihrer Mitglieder.

Die Initiativ-Stellungnahme: für bessere GesetzeIm Familienrechtsausschuss kommt es mehr und mehr vor,dass der Ausschuss von sich aus Reformvorschläge macht, be-richtet Schwackenberg. Grundsätzlich geben die Ausschüsseeine Stellungnahme ab, nachdem ihnen ein Entwurf zur Kon-sultation geschickt wurde. Bei Initiativ-Stellungnahmen da-gegen legt der Ausschuss selbst einen Vorschlag vor oderkommentiert ein aktuelles Vorhaben.

Die Bandbreite der Initiativstellungnahmen ist dabei groß.Zuletzt hat der Ausschuss Berufsrecht gefordert, dass die An-waltschaft verstärkt mit anderen Berufen zusammenarbeitensollte. Der Ausschuss Informationsrecht hat kürzlich Maß-nahmen vorgeschlagen, wie man Open Data auf kommunalerEbene besser nutzen könnte.

Wenn man die Mitglieder fragt, warum sie zusätzlich zuihrer zeitaufwendigen Anwaltstätigkeit noch ehrenamtlichim Gesetzgebungsausschuss arbeiten, dann fällt die Antwortquer durch die Bank einheitlich aus: Spaß. Wer sich für denAnwaltsberuf entschieden hat, der hat das oft nicht nur aus ei-nem praktischen Interesse getan, sondern auch aus einer Fas-zination für die Gesetzgebung heraus. Das Ehrenamt im Ge-setzgebungsausschuss bietet Anwältinnen und Anwälten dieMöglichkeit, das Recht mitzugestalten. Der politische Willens-bildungsprozess lebt nicht zuletzt von der Pluralität fachlichfundierter Positionen – der Beitrag aus der anwaltlichen Pra-xis darf dabei nicht fehlen. //

IInntteerrnnaattiioonnaall IInnssttiittuuttee ooff LLaawwAAssssoocciiaattiioonn CChhiieeff EExxeeccuuttiivveess

Abschied als IILACE-Präsident

„Globalisierung, Populismus und derRechtsstaat“. Was im November 2017 alsscheinbar dunkle Wolke über der IILACE-Jahreskonferenz hing, entpuppte sich alsEinladung zu einer spannenden Konferenzan etwa 50 Hauptgeschäftsführer von An-waltsvereinen und -kammern aus 40 Län-dern. Sie diskutierten über Anwaltsmarktund Anwaltsrecht im Zeichen der Mega-trends Globalisierung und Digitalisierung.Die Konferenz in der internationalenRechtshauptstadt London profitierte vonexzellenten Kollegen aus Kanzleien undBeratungsfirmen mit historisch und geo-grafisch globaler Perspektive. Das Inter-national Institute of Law Association ChiefExecutives (IILACE) hat sich von 2016 bis2018 unter der Leitung des DAV-Haupt-geschäftsführers Dr. Cord Brügmann (Foto2.v.r.) als Forum weiterentwickelt, in demAnwaltsorganisationen aus allen Kon-tinenten sich zu Fragen des Organisati-onsmanagments ausgetauscht und Be-obachtungen zu Markt- sowie Rechtsent-wicklungen geteilt haben. Brügmann, dererste deutsche IILACE-Präsident, wurdeim House of Lords aus seinem Amt ver-abschiedet. Am 1. Februar 2018 gab erden Vorsitz an seine namibische KolleginRetha Steinman (4. v. r.) ab.

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BBeerrlliinn--MMaarraatthhoonn

Rekord bei DAV-Wertung

Insgesamt 43.852 Läuferinnen und Läufergingen beim Berlin-Marathon Ende Sep-tember 2017 an den Start. Trotz ungüns-tiger Laufbedingungen mit Regen gab esneue Bestzeiten im Rahmen der DAV-Sonderwertung für Anwältinnen und An-wälte. Die Drei-Stunden-Marke wurde ge-knackt: Rechtsanwältin Dr. Anna RicardaGerlach aus München lief mit einer Zeit von2:59:56 über die Ziellinie. Ganz knapp da-hinter mit einer Zeit von 3:00:37 folgteRechtsanwalt Manfred Becker aus Berlin.Seit 2005 gibt es die DAV-Sonderwertung.

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DieserTag hat53Stunden

#anwaltstag2018www.anwaltstag.de

> 2 Tage > 3 Abende > 50 Vorträge > 65 FAO-Stunden > 70 Aussteller > 200 Referentinnen > 2.000 Teilnehmer

D E U T S C H E R

ANWALTSTAG 2018

»Fehlerkultur in derRechtspflege«

6.– 8. Juni in Mannheim

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13./14. April 2018Hamburg

DeutscherKanzleiManagementTag

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Berufsrecht: Wie lassen sichdigitale Kommunikation und Daten-übertragung mit dem Mandantenberufsrechtskonform gestalten?

Trotz #beAgate:Elektronisches Arbeiten in derAnwaltskanzlei – mit und ohne beA!

GWG, 4. GeldwäscheRiL undTransparenzregister:Anderkonten ohne Zukunft?

BDSG & DSGVO:Wie sind die ab dem 25. Mai 2018geltenden Änderungen in der Kanzleiumzusetzen?

Stay-together an der Alsterim Hamburger Segelclub e.V.

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KKoommmmeennttaarr

Warum brauche ich nocheinen Anwaltverein?Mitglied im Anwaltverein – vom Brauchen undgebraucht werden

Rechtsanwalt Ralf Schweigerer, Bonn

„Ich bin nun wirklich kein Vereinsmeier! Ich brauche keinenAnwaltverein.“ Stereotype Statements und doch falsch. Als derBonner Anwaltverein 1906 gegründet wurde, galt der Satz desSoziologen Max Weber von 1902 noch: „Der heutige Menschist ein Vereinsmensch.“ Natürlich hat sich seitdem viel geän-dert. Zwar gibt es immer noch mehr als 600.000 Vereine inDeutschland und noch immer ist die Hälfte der BevölkerungMitglied in mindestens einem von ihnen. Aber – zugegeben –der Verein als Brauchtums- oder Traditionspflegeverein ist heu-te wenig attraktiv. Unterscheiden wir von diesen aber bitte klarVereine, die das Wohl einer Berufsgruppe, deren gesellschaftli-che Teilhabe und Mitwirkung im Blick haben. Vereine wie dieAnwaltvereine sind längst zu Berufsverbänden geworden, dieihre Mitglieder im beruflichen Fortkommen unterstützen.

Immer wieder kommt hier die Frage nach dem konkreten„Mehrwert“? Die vielen größeren und kleineren materiellenVorteile rechtfertigen zwar schon alleine eine Mitgliedschaft,hübschen sie aber letztendlich nur auf. Entscheidend werdenAnwaltvereine aus zwei Gründen gebraucht:• Nur Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte mit hoherfachlicher und sozialer Kompetenz werden auf dem Marktüberleben. Den Erwerb und die Aufrechterhaltung dieserKompetenzen bieten die örtlichen Anwaltvereine, direkt odermittels ihrer Arbeitsgemeinschaften, und das mit Top-Refe-renten zu Selbstkostenpreisen. Gerade hier findet dann auchoriginäres Vereinsleben statt! So tragen Referenten aus denVereinen für ihre Kolleginnen und Kollegen nach dem Prin-zip „Von uns – für uns“, teilweise sogar ohne Honorare vor.Und daneben stehen der DAV mit seinen wertvollen Arbeits-gemeinschaften.• Wo soll es denn hingehen mit der deutschen Anwaltschaft?Und wer bestimmt den Weg? Wem überlassen wir die anste-henden berufspolitischen Entscheidungen? Wollen wir – dieBetroffenen – nicht im demokratischen Prozess mitreden undunsere fachkundigen Beiträge einbringen? VerbandspolitischesWirken auf allen gesellschaftlichen Ebenen, von der Kom-munal- bis zur Bundespolitik ist notwendiger als je zuvor. Stich-worte gefällig? Gerne: Erhalt einer unabhängigen Anwaltschaft,Vorbehaltsaufgaben für Anwälte und Anwältinnen, RVG-An-passungen, Wandel durch „Legal-Tech“, Gerichtsschließungenund vieles mehr. Der Verweis auf die Kammern reicht dabeinicht. Kooperation mit den regionalen Kammern beziehungs-weise der BRAK ist sinnvoll, notwendig und zielführend. Er-kennbar ist aber auch: örtliche Vereine und DAV sind schneller,innovativer und flexibler und sie sind klare, ausschließliche In-teressenvertreter der Anwaltschaft. Aber nur, wenn ihre Stimmekraftvoll im politischen Konzert erklingt. Die Laustärke regelndabei wir, durch die Zahl der Mitgliedschaften.

Brauche ich also meinen Anwaltverein? Ich meine drin-gender denn je! //

Ralf Schweigerer istRechtsanwalt in Bonnund Vorsitzender desBonner Anwaltvereins.

Leserreaktionen [email protected].

„Die Anwaltver-eine sindschneller, inno-vativer und fle-xibler. Sie sindklare, aus-schließliche In-teressenvertre-ter der Anwalt-schaft.“

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Justiz und AnwaltschaftstärkenHeiko Maas wirbt für Große Koalition

Rechtsanwalt Dr. Nicolas Lührig, Anwaltsblatt-Redaktion, Berlin

Fast vier Monate nach der Bundestagswahl erwacht das(rechts-)politische Berlin wieder. Den „Auftakt 2018“ bildeteder Neujahrsempfang des Deutschen Anwaltvereins (DAV)am 16. Januar 2018. Mehr als 200 Gäste aus der Politik, ausMinisterien, aus der Justiz, den Medien und aus der Anwalt-schaft (von Rechtsanwaltskammern und Anwaltvereinen) ka-men ins Berliner DAV-Haus. Hauptthemen: Wie das Desasterum das vorläufig stillgelegte besondere elektronische An-waltspostfach (beA) der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK)gelöst werden kann und wie die Chancen für eine Große Koa-lition stehen.

Heiko Maas: Stabile Regierung bildenBundesjustizminister Heiko Maas (SPD) warb für eine GroßeKoalition von CDU/CSU und SPD. Wer etwas gestalten undsich den Herausforderungen mutig stellen wolle, könne nichtin die Opposition springen, sagte Maas. Zugleich verteidigteer den mühsamen und langwierigen Prozess der Regierungs-bildung. „Eine zügige Regierungsbildung ist nichts wert,wenn die Regierung nicht stabil ist“, sagte Maas. In den Re-den des DAV-Präsidenten Ulrich Schellenberg und des Bun-desjustizministers Heiko Maas ging es vor allem um die Stär-kung der Justiz. Beide konstatierten, dass das Vertrauen in dieJustiz bei Bürgerinnen und Bürgern schwinde. Beide begrüß-ten daher, dass in den Sondierungsgesprächen für eine mögli-che Große Koalition 2.000 Stellen für die Justiz vorgesehenworden seien. „Die Stärkung der Justiz ist gut, aber nochnicht genug“, sagte Schellenberg. Der DAV fordere dahereine Studie unter Leitung des Bundesjustizministeriums, umden tatsächlichen Bedarf nach Recht in Deutschland zu erfor-schen.

Zum dem Thema beA wiederholte DAV-Präsident Schellen-berg – in Anwesenheit des BRAK-Präsidenten Ekkehart Schäfer– die DAV-Forderungen, dass die Sicherheit Vorrang hätte,auch wenn die Anwaltschaft auf das beA noch weiter wartenmüsse. Zugleich appellierte er an BRAK und Bundesjustiz-ministerium, nun doch noch einen unabhängigen Fachbeiratfür das beA einzurichten. „Nur mit Transparenz kann das Ver-trauen wieder hergestellt werden“, so Schellenberg. //

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1 Heiko Maas (geschäftsfüh-render Bundesjustizminister).

2 Prof. Dr. Günter Krings (CDU/CSU) und Ulrich Schellen-berg (DAV-Präsident, r.).

3 Mehr als 200 Gäste kamen(vorne Berlins JustizsenatorDirk Behrendt).

4 Uwe Kappmeyer (DAV-Vor-stand) mit Elisabeth Winkel-meier-Becker (CDU/CSU).

5 Aus den Arbeitsgemein-schaften Dörte Zimmermannund Dr. Eva-Dorothee Leine-mann.

6 Prof. Dr. Wolfgang Ewer(DAV-Präsidium) und Dr. Jan-Marco Luczak (CDU/CSU).

7 Dr. Friedwald Lübbert (DAV-Vizepräsident) mit Dr. Johan-nes Fechner (SPD).

8 Ulrich Schellenberg begrüßtedie Gäste.

9 Dr. Cord Brügmann (DAV-Hauptgeschäftsführer) mitChristiane Wirtz (Bundes-justizministerium).

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1 Dr. Franziska Diel

2 Markus Hartung

3 Prof. Dr. StephanBreidenbach

4 Harald Asel

5 Dr. Renate Jaeger

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Fehlerkultur inAnwaltschaft und JustizWas ist das?

Rechtsassessorin Maya El-Auwad, DAV, Berlin

Anwälte und Richter machen Fehler? Warum das Thema Feh-lerkultur keine Nestbeschmutzung ist, zeigte ein DAV-Sym-posium in Berlin. Der DAV startet damit in ein Jahr, in demauch der Deutsche Anwaltstag über Fehlerkultur diskutierenwird.

Die Frage nach dem Warum liegt nahe: In einer Branche, inder es vor allem darum geht, Recht zu behalten, scheint dasThema Fehlerkultur nicht besonders naheliegend. Eines wur-de unter den Vertreter aus Anwaltschaft, Lehre, Richterschaftund Ärzteschaft schnell deutlich: Fehlerkultur hat viel mitKommunikation und Selbstreflexion zu tun.

Bereits beim alljährlichen DAV-Neujahrsempfang hatteDAV-Präsident Ullrich Schellenberg den Rahmen der Ver-anstaltung umrissen: Das Vertrauen in die Justiz schwinde,ein offener Umgang mit Fehlern könne dieses Vertrauenaber zurückgewinnen.

Markus Hartung, Rechtsanwalt und Vorsitzender desDAV-Berufsrechtsausschusses, stellte aber gleich klar: Es kön-ne bei der Debatte nicht um einen Aufruf zum Scheitern ge-hen, sondern vielmehr um Fehlermanagement und Kom-munikationskultur. Bereits das anwaltliche Berufsrecht nor-miere, dass Anwälte fehlerfrei arbeiten müssten.

Juristen seien habituell Rechthaber, verdeutlichte Dr. Re-nate Jaeger, lange Jahre Richterin des Bundesverfassungs-gerichts und am Europäischen Gerichtshof für Menschen-rechte sowie bis 2015 Schlichterin der Anwaltschaft, dieSchwierigkeit beim Umgang mit Fehlern: Richter seien vor al-lem darauf bedacht, ein Urteil „revisonssicher“ zu machen,während Anwälte Angst vor der Haftung hätten. Erforderlichsei daher eine Kultur des fachlichen Austausches.

Ärztin Dr. Franziska Diel von der Kassenärztlichen Bun-desvereinigung (KBV) zeigte, dass sich die Medizin schon län-ger mit dem Thema auseinandersetzt. Sie plädierte für dieSchaffung von Kommunikationsräumen – auch anonym –,um das eigene Verhalten zu reflektieren. Besser sei es, in die-sem Bereich von einer Sicherheitskultur zu sprechen, dennauch Ärzte seien zu fehlerfreiem Arbeiten verpflichtet.

Die Rolle von Legal Tech bei der Qualitätssteigerung unddamit bei der Fehlervermeidung zeigte Prof. Dr. Stephan Brei-denbach von der Europa-Universität Viadrina (Frankfurt/Oder). Immer mehr Menschen scheuten den Gang zu Anwäl-ten und Gerichten. An diesem Punkt komme die Technik insSpiel: Die sog. „Industrialisierung des Rechts“ in Form einerStandardisierung könne helfen, die Qualität und den Zugangzum Recht zu sichern. //

Einen vollständigen Veranstaltungsbericht finden Sie unter www.anwaltsblatt.de.

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Mitwirkung am Euro-päischen Tag der JustizIm November 2017 fand in Aachen diezentrale deutsche Veranstaltung des Eu-ropäischen Tages der Justiz statt. Schüler,Bürger sowie Fachpublikum aus der An-waltschaft und der Justiz haben sich mitExperten über Fragen rund um die EU, diegrenzüberschreitende justizielle Zusam-menarbeit und über aktuelle Fragen desReiserechts ausgetauscht. Auch der DAVhat mit einem Informationsstand und derTeilnahme von Rechtsanwältin BéatriceDeshayes (Europabeauftragte des Aus-schusses Zivilprozessrecht) zu dem Erfolgdieses Tages beigetragen. Deshayes refe-rierte in dem zivilrechtlichen Workshop, indem die bestehenden EU-Rechtsinstru-mente zur Geltendmachung von grenz-überschreitenden Forderungen im Zivil-und Familienrecht diskutiert wurden. Auchwenn einzelne Verordnungen wie zum Bei-spiel die Small-Claims-Verordnung (EG) inder Praxis nicht so häufig genutzt würden,müsse nach Ansicht eines Vertreters derEU-Kommission erst überprüft werden, obsie gegebenenfalls nicht ausreichend be-kannt seien, bevor sie eventuell aufgeho-ben werden. Eine Konsolidierung der ver-schiedenen EU-Instrumente sei nicht ge-plant.

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Verlegung vonStolpersteinenIm November 2017 wurden vor dem Amts-gericht Ludwigshafen von Gunter Demnig17 Stolpersteine „Den verfolgten Juristen“verlegt. Die Verlegung war eine Initiativedes Vereins „Ludwigshafen setzt Stolper-steine“ des Amtsgerichts sowie des An-waltsvereins Ludwigshafen.Stolpersteine wurden verlegt für dieRechtsanwälte Dr. Ludwig Lehmann,Heinrich Michel, Walter Fendrich,Dr. Hilmar Heinemann, Dr. Emil Herz,Dr. Leopold Kahn, Dr. Karl Koburger-Reiß,Dr. Heinrich Mayer, Dr. Ludwig Mayer,Richard Müller, Dr. Ludwig Neumond,Dr. Fritz Rothschild, Dr. Heinrich Strauß,Friedrich Wilhelm Wagner, Dr. Ludwig Weilund Dr. Fritz Weiß. Der Direktor desAmtsgerichts, Ansger Schreiner, begrüßtedie Teilnehmer, Angehörige sprachen be-wegte Grußworte und Schüler stellten dieBiographien mit Bildern vor. Einige Tagespäter fand dann eine Gedenkveranstal-tung am Amtsgericht Ludwigshafen statt.

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beA – wie geht es weiter?Eine konstruktive Betrachtung

Nora Zunker, Berlin

Das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) ist vomNetz genommen, die passive Nutzungspflicht für ebendiesesfast zeitgleich in Kraft getreten. Wie geht es mit dem beA wei-ter, fragte daher der Deutsche Anwaltverein (DAV) Ende Janu-ar Vertreter der Anwaltschaft und der IT-Branche.

„Transparenz und Offenheit“ forderte DAV-Präsident UlrichSchellenberg für die Zukunft des beA. Konsens unter den Re-ferenten und Teilnehmern war zudem die Forderung nach ei-ner schonungslosen Fehleranalyse und einer seriösen Pro-jektplanung.

Rechtsanwalt Martin Schafhausen, Vorsitzender des Aus-schusses elektronischer Rechtsverkehr des DAV, beleuchtetedie rechtlichen Auswirkungen der passiven Nutzungspflichtangesichts der Abschaltung des beA. Er erneuerte auch dieForderung des DAV nach einem der Anwaltspraxis entspre-chenden gemeinsamen Kanzleipostfach für das beA.

Die beA-Analyse des Chaos Computer ClubsMarkus Drenger, der die Sicherheitslücken des beA im Rahmenseiner ehrenamtlichen Tätigkeit für den Chaos Computer Clubentdeckte und meldete, schilderte eine Vielzahl von gravieren-den Sicherheitsrisiken. Eine realistische Einschätzung allerFehlerquellen und deren Behebbarkeit könnten aber erst un-abhängige Tests bieten. Dies gilt insbesondere für die verwen-dete Verschlüsselung, die zum Teil heftig kritisiert wurde.

Ralph Vonderstein, Leiter des Geschäftsbereichs LegalSoftware von Wolters Kluwer Deutschland, schilderte die An-forderungen, denen ein Softwaresystem wie das beA stand-halten können muss.

Offene Kommunikation: unabhängiger Fachbeirat gefordertRechtsanwältin Nina Diercks aus Hamburg sah das Vertrauenin das beA durch die Geheimhaltungsstrategie der BRAK er-schüttert und forderte offene Kommunikation der genauenFunktionsweise des beA und deren Überprüfung. Rechts-anwalt Prof. Dr. Peter Bräutigam, Mitglied des Geschäftsfüh-renden Ausschusses der AG IT-Recht (davit), kündigte die Be-reitschaft der Arbeitsgemeinschaft an, der BRAK deren Exper-tise im Rahmen eines Fachbeirates zur Verfügung zu stellen.Ein Interesse an der Klärung der offenen Fragen besteht in je-dem Fall: Neben den Teilnehmern vor Ort verfolgten die Ver-anstaltung auch hunderte über einen Live-Stream. //

Die DAV-Stellungnahme zum besonderen elektronischen Anwaltspostfach findenSie im Newsroom unter www.anwaltverein.de. Einen vollständigen Veranstal-tungsbericht finden sie unter www.anwaltsblatt.de.

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1 Markus Drenger

2 Martin Schafhausen

3 Nina Diercks

4 Prof. Dr. Peter Bräutigam

5 Ralph Vonderstein

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14.03. AG Insolvenzrecht und

Sanierung

Jahrestagung der Zwangs-verwalter 2018

Referenten Prof. Dr. Johanna Schmidt-Räntsch (BGH-Richterin),Rechtsanwalt Dr. AlexanderWeinbeer, Prof. Ulrich Keller,Dr. Günter Kahlert, Ministerial-rat Detlef Wasser, Rechts-anwalt Peter Depré

Mittwoch 09.00–16:30 Uhr

Ort Maritim Hotel Berlin,Stauffenbergstraße 26,10785 Berlin

Veranstalter Arbeitsgruppe Zwangs-verwalter/Deutsche Anwalt-akademie

Anmeldung [email protected]/

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Treffpunkt einer globalvernetzten AnwaltschaftIn nicht weniger als dreizehn Sprachenbegrüßte der Vorsitzende der Arbeits-gemeinschaft Internationales Wirtschafts-recht Rechtsanwalt Dr. Jan Curschmannauf dem 3. Internationalen Wirtschafts-rechtstags die aus vielen Ländern ange-reisten 120 Teilnehmerinnen und Teilneh-mer. In Berlin wurde ihnen im November2017 ein hochaktuelles Programm mitvielfacher Gelegenheit zum Netzwerkengeboten.Themen bei den Fachvorträgen waren un-ter anderem die Entwicklungen in derGeldwäschebekämpfung, das Datenver-tragsrecht und das Verhältnis „Algorith-mus versus Recht“, die rasant voran-schreitende Digitalisierung Chinas und dieaktuelle Reform des französischen Ver-trags- und Schuldrechts. Barrister HughMercer, QC, stellte die britische Perspek-tive auf den anstehenden Brexit dar. Wei-terer Programmpunkt: Die Neuerungen inden Schiedsordnungen der DIS und ICC.Zum Schluss diskutierten die Teilnehmermit Prof. Dr. Stephan Wernicke (DIHK) undDr. Peter Bischoff-Everding (EuropäischeKommission) über das seit „Dieselgate“auch in Deutschland sehr präsente ThemaSammelklagen und die alternativ von derDIHK vorgeschlagene Ombudspersonnach skandinavischem Vorbild.

Rechtsassessor Niklas Malte Müller, DAV, Berlin

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AAGG IITT--RReecchhtt

Auch schon in der Cloud?

Der 6. Frankfurter IT-Rechtstag der davit,AG IT-Recht im DAV fand im November2017 im Silberturm der Deutschen BahnAG in Frankfurt statt. Über zwei Tage wur-de zu spannenden Themen aus Daten-schutz, IT-Recht und Legal-Tech referiert.Den Anfang machten das Thema Cloud-Computing. René Schneider zeigte plaka-tiv, wie bei Amazon AWS der Standort ei-nes Cloud-Dienstes mit nur einem Klickvon einem Land in ein anderes verschobenwerden könne. Die rechtlichen Implikatio-nen wurden am Folgetag von Prof. Dr.Georg Borges, Mark Oliver Kühn und Dr.Thorsten Hennrich näher beleuchtet. Tho-mas Görlich, Leiter des IT-Security-Ma-nagement der DB Systel GmbH, ergänzte,welche veränderte Risikobetrachtung sichaus dem IT-Sicherheitsgesetz ergibt.Prof. Dr. Indra Spiecker gen. Döhmannumriss, welche Probleme das neue Kohä-renzverfahren der Datenschutzgrundver-ordnung mit sich bringt. Die strukturelleGeschwindigkeit der Verfahren lasse keineschnelle Harmonisierung des Vorgehensder Aufsichtsbehörden erwarten, das ein-fache Mehrheitsprinzip strategischeTauschgeschäfte möglich erscheinen.Ein Highlight der Tagung war sicherlichdas Streitgespräch zum Beschäftigten-datenschutz von Tim Wybitul und Dr. Ste-fan Brink. Es bot tiefe Einblicke in unter-schiedliche Meinungen zu einer komple-xen Materie. Einen umfassenden Überblicküber die sich wandelnde Materie des Ver-braucherschutzes im Internet gabDr. Carsten Föhlisch. Von zumutbarenZahlungsarten über Energiekennzeich-nungen bis zum „Matratzen-Caselaw“wurde nichts ausgespart. Die Transparenzim AGB-Recht und in der Datenschutz-grundverordnung stellte Dr. Thomas Lappgegenüber. Nachvollziehbarkeit als Teilder Transparenz bedeute, der Datenver-arbeitung retrospektiv Schritt für Schrittfolgen und den Zusammenhang der Da-tenverarbeitung erfassen zu können.

Christoph Bier, Frankfurt am Main

182 AnwBl 3 / 2018

AAGG FFaammiilliieennrreecchhtt

Wechselmodell und elektro-nischer Hausfriedensbruch40. Geburtstag der ersten Eherechtsreformals Highlight der Herbsttagung

Annette Wilmes, Berlin

Die Herbsttagung der Arbeitsgemeinschaft Familienrecht wardiesmal schon Wochen vor Beginn ausgebucht. Mehr als 400Teilnehmerinnen und Teilnehmer kamen im Novembernach Berlin, um sich mit Kolleginnen und Kollegen zu tref-fen, mit ihnen Erfahrungen auszutauschen und sich überwichtige Themen zu informieren und fortzubilden. Dr. Kata-rina Barley (Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauenund Jugend) sprach ein Grußwort.

Großeltern und andere MandantenWelche Rolle spielen die Großeltern im Familienrecht? Wiekommen Mandant und Anwalt ins Gespräch? In zahlreichenVeranstaltungen der Herbsttagung standen familienrecht-liche Themen auf der Tagesordnung, mit denen die Anwältesich im Alltag befassen: Ehebedingte Zuwendungen, Nut-zungsrechte an der Immobilie, Erbfolge in der Patchworkfa-milie, Haftungsrisiken im Zugewinn, Versorgungsausgleich.Das Gespräch mit Rechtsanwältin Dr. Lore Maria Peschel-Gutzeit über den 40. Geburtstag der ersten Eherechtsreformwar ein absoluter Höhepunkt der diesjährigen Tagung. Eswar kein nüchterner Rückblick, sondern Bericht, Analyseund Plädoyer einer engagierten Zeitzeugin für ein besseresFamilienrecht. Mit einer Debatte um die besondere gesell-schaftspolitische Verantwortung und finanzielle Situationder Familienanwälte in Deutschland und Europa endete dieHerbsttagung. Wie immer konnten für das kompakte Fortbil-dungsprogramm namhafte Richter und Richterinnen der obe-ren Gerichte, Wissenschaftler und renommierte Anwältinnenund Anwälte als Referenten gewonnen werden, so dass Praxisund Wissenschaft gleichermaßen vertreten waren. //

Ein ausführlicher Tagungsbericht ist unter www.anwaltsblatt.de abrufbar.

1 Dr. Ina Pick

2 Melanie Franke

3 Christiane A. Lang

4 Britta Schönborn

5 Dr. Lore Maria Peschel-Gutzeit

6 Eva Becker im Gesprächmit Dr. Katarina Barley

7 Jörn Hauß

8 Mathias Denkhaus

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Page 57: AnwBl 2018 03 Umschlag 1.

www.syndikusanwaelte.de

Die Jahrestagung von Syndikusanwälten

für Syndikusanwälte mit vielen wichtigen

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des Syndikusrechtsanwalts?!

Syndikusgesetz: Evaluation und neueste

Rechtsprechung von AGH, BGH und

BSG

Update Legal Tech und Digitalisierung

#beAgate: Risiken und Nebenwirkungen

im elektronischen Rechtsverkehr

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vanten Themen im Handels- und Gesell-

schafts-, Arbeitsrecht sowie Wettbe-

werbsrecht

Und natürlich wieder mit einem interes-

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festlichen Abendveranstaltung!

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Termin unbedingt vormerken !

Weitblick • Klarheit • Tiefgang

25. Deutscher Syndikusanwaltstag 2018Unternehmensrecht in der Praxis

8. und 9. November 2018 im Kempinski Hotel Bristol Berlin

AAGG SSyynnddiikkuussaannwwäällttee

Aus der Praxis für diePraxis: Wichtige Themenfür die Rechtsabteilung24. Deutscher Syndikusanwaltstag in Berlin

Rechtsanwalt Max Gröning, DAV, Berlin

Der 24. Deutsche Syndikusanwaltstag im November 2017 inBerlin konnte wieder mit zahlreichen hochkarätigen Vorträ-gen speziell für Rechtsanwälte in Unternehmen aufwarten.

Neben den Fachthemen Entgelttransparenzgesetz, Arbeitneh-merüberlassung, Umsetzung der Datenschutzgrundverord-nung und Kartellrecht 4.0 gab es unter anderem auch einenPart zu den neuen Herausforderungen im internationalenWirtschaftsverkehr. Prof. Dr. Lars P. Feld (Universität Frei-burg) erklärte die Auswirkungen der Causa Trump auf diedeutsche Wirtschaft; die rechtlichen Folgen des Brexit schil-derte Rechtsanwalt Prof. Dr. Hans-Jürgen Hellwig (DAV-Aus-schuss Berufsrecht).

Ein eigener Veranstaltungsblock befasste sich mit demThema „Legal Tech“. Rechtsanwalt Dr. Siegfried Schwung(Kuka AG) skizzierte die Herausforderungen der Industrie4.0 für die Rechtsabteilung. Rechtsanwalt Dr. Nils Krauseund Rechtsanwalt Dr. Andreas Hofelich berichteten aus An-waltssicht über die aktuellen Anwendungsmöglichkeiten vonLegal Tech im Transaktionsbereich und im Arbeitsrecht. Vorwelchen Herausforderungen der Syndikusanwalt bei Compli-ance und Rechtsrisikosteuerung steht, diskutierte CorinnaBudras (FAZ) mit Rechtsanwalt Dr. Peter Hemeling (AllianzAG) und Rechtsanwalt Dr. Michael Frese (Helaba).

Natürlich durfte auf dem Syndikusanwaltstag ein Updatezur Entwicklung des Rechts der Syndikusanwälte nicht fehlen.Rechtsanwältin Dr. Clarissa Freundorfer (AG Syndikusanwäl-te) berichtete über die kniffligen Abrenzungsfälle bei der Zu-lassung zum Syndikusrechtsanwalt. Zu vielen Fragen konntemittlerweile bereits Klarheit geschaffen werden, an anderenStellen gehen die Auffassungen der befassten Gerichte aus-einander – etwa beim Syndikusanwalt im öffentlichen Dienst.Der abschließende Workshop zum besonderen elektronischenAnwaltspostfach (beA) von Rechtsanwalt Dr. Marcus Werner(DAV-Vorstand und Ausschuss elektronischer Rechtsverkehr)offenbarte, dass es speziell für Syndikusrechtsanwälte auchjenseits von Sicherheitsproblemen noch viele ungeklärte Fra-gen für das besondere Anwaltspostfach (beA) gibt. Die Arbeits-gemeinschaft wird die „Risiken und Nebenwirkungen deselektronischen Rechtsverkehrs“ daher auch beim kommenden25. Deutschen Syndikusanwaltstag am 8./9. November 2018 inBerlin aufgreifen. //

AnwBl 3 / 2018 183

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1 Dr. Andreas Hofelich

2 Prof. Dr. Hans-JürgenHellwig

3 Dr. Clarissa Freundorfer

4 Corinna Budras

5 Dr. Markus Werner

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Impressum

Herausgeber: Deutscher Anwaltverein e.V.,Littenstr. 11, 10179 Berlin (Mitte),Tel. 030 /726152 -0, Fax: 030 /726152-191,[email protected].

Redaktion: Dr. Nicolas Lührig (Leitung,v. i.S.d.P.), Udo Henke, Manfred AranowskiJessika Kallenbach und Lisa Tramm, Anschriftdes Herausgebers.

Produktion und Koordination: Antje Busse,Steffi Köhn und Sandra Petzschner.

Verlag: Deutscher Anwaltverlag und Institutder Anwaltschaft GmbH,Rochusstraße 2–4, 53123 Bonn,Tel. 0228 /91911 -0, Fax: 0228 /91911-23;[email protected],Konto: Deutsche Bank AG, BonnIBAN DE05380700590049657000.

Anzeigen: ad sales & services,Ingrid A. Oestreich (v. i. S. d. P.),Pikartenkamp 14, 22587 Hamburg,Tel. 040 /86628467, Fax: 040 /86628468,[email protected].

Technische Herstellung: PVA Druck undMedien-Dienstleistungen GmbH,Industriestraße 15, 76829 Landau in der Pfalz,Tel.: 06341 /142 -228, Fax: 06341 /142410-228,[email protected].

Erscheinungsweise: Monatlich zumMonatsanfang, bei einem Doppelheft fürAugust/September.

Bezugspreis: Jährlich 140,– € (inkl. MwSt.) zzgl.Versandkosten, Einzelpreis 14,50 € (inkl. MwSt.).Für Mitglieder des Deutschen Anwaltvereins istder Bezugspreis im Mitgliedsbeitrag enthalten.

Bestellungen: Über jede Buchhandlung undbeim Verlag; Abbestellungen müssen einenMonat vor Ablauf des Kalenderjahres beimVerlag vorliegen.

Zuschriften: Für die Redaktion bestimmteZuschriften sind nur an die Adresse desHerausgebers zu richten. Honorare werden nurbei ausdrücklicher Vereinbarung gezahlt.

Copyright: Alle Urheber-, Nutzungs- undVerlagsrechte sind vorbehalten. Das gilt auchfür Bearbeitungen von gerichtlichenEntscheidungen und Leitsätzen. Der Rechts-schutz gilt auch gegenüber Datenbankenoder ähnlichen Einrichtungen. Sie bedürfenzur Auswertung ausdrücklich der Einwilligungdes Herausgebers.

ISSN 0171-7227.

Fotonachweis

Titel, Seiten 131, 133, 134, 135, 137, 173, 179,180, 181, 182 (Bild 3), 184, 185 (oben): AndreasBurkhardt/Berlin; Seiten 129, 143: Sven Serkis/Berlin; Seiten 136, 139, 142, 144, 145, 148, 152,153, 154, 156, 157, 158, 161, 163, 165, 178, 185:Privat; Seite 148: designslots.com; Seite 160:Vapi/photocase.de; Seite 162: Franz Josef;Seite 164: U.Gernhoefer/photocase.de;Seite 176: Cord Brügmann/Berlin; Seite 182:Hans Georg Gaul; Seite 183: Andrea Vollmer/Berlin; Seite 192: Adjust

AAGG AArrbbeeiittssrreecchhtt

Compliance-Managementund Impulse anden Gesetzgeber3. Deutscher Arbeitsrechtstag

Rechtsanwalt Max Gröning, DAV, Berlin

Unter dem Titel „Transparente Unternehmen, transparenteBelegschaften – Möglichkeiten und Grenzen des betriebli-chen Compliance-Managements“ fand im Januar 2018 der3. Deutsche Arbeitsrechtstag in Berlin statt. Der Kongressbrachte mehr als 250 Teilnehmer aus allen Disziplinen desArbeitsrechts für einen rechtspolitischen Dialog zusammen.Die Diskussionen offenbarten viele ungeklärte Fragen undzeigten gesetzgeberischen Handlungsbedarf auf. Das betrifftbeispielsweise die Frage der Beschuldigtenrechte bei internenErmittlungen oder den Schutz von Whistleblowern.

Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht Dr. Jo-hannes Schipp sieht Anwälte als Organe der Rechtspflege be-sonders in der Pflicht, das Recht weiterzuentwickeln und De-batten über notwendige Veränderungsprozesse anzustoßen.Das ist auf dem Arbeitsrechtstag wieder hervorragend gelun-gen ist.

Thematisch befasste sich die Veranstaltung in diesem Jahrmit dem Spannungsverhältnis zwischen Arbeitnehmerdaten-schutz, Compliance und Internal Investigations. Ein „zentra-les Zukunftsthema“ und eines der „heißen Eisen“ im Arbeits-recht, konstatierte Prof. Dr. Martin Henssler (UniversitätKöln), der am Ende der Tagung wieder eine zusammenfas-sende Gesamtberichterstattung lieferte. Arbeitgeber befändensich in einem Dilemma, einerseits immer mehr gesetzlichenVorgaben zur Datenerhebung und Datenweitergabe aus-gesetzt zu sein, andererseits jedoch arbeits- und datenschutz-rechtliche Bestimmungen beachten zu müssen.

Drei hochkarätig besetzte Panels beleuchteten das ThemaCompliance aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Die Diskus-sionen bestätigten, dass die Schwierigkeit für Unternehmenvor allem darin besteht, verschiedene Rechtsvorschriften inEinklang zu bringen. //

Den vollständigen Tagungsbericht finden sie unter www.anwaltsblatt.de

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1 Prof. Dr. Martin Henssler

2 Dr. Johannes Schipp

3 Annette Kramme

4 Hanns W. Feigen

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184 AnwBl 3 / 2018

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www.ag-strafrecht.de

17. Strafverteidiger-FrühjahrssymposiumKarlsruhe

20. und 21. April 2018

Weitere Informationen und Anmeldung:

Richter und Revolution

Die Unterbringung im psychiatrischen

Krankenhaus gem. § 63 StGB

Legendierte Ermittlungshandlungen

Der Ermittlungsrichter beim BGH

Umgang mit Binnendivergenzen

Das neue Sexualstrafrecht

Die Widerspruchslösung

Dr. Johannes Berg, Karlsruhe

Gabriele Cirener, Karlsruhe

Michael Dölp, Leipzig

Eberhard Kempf, Frankfurt

Prof. Dr. Christoph Krehl, Karlsruhe

Dr. Jenny Lederer, Essen

Dr. Christian Rode, Freiburg

Prof. Dr. Franz Salditt, Neuwied

Karin Spillecke, Karlsruhe

Dr. Babette Tondorf, Hamburg

Renate Wimmer, Karlsruhe

AG Strafrecht

10 Std. Fortbildung nach § 15 FAO!

MMiittgglliieeddeerrvveerrssaammmmlluunngg

AG IT-Recht

Einladung zur Mitgliederversammlung2018 der Arbeitsgemeinschaft IT-Recht im Deutschen Anwaltverein

Die Arbeitsgemeinschaft IT-Rechtführt ihre diesjährige Mitgliederver-sammlung am Freitag, den 27. April2018, 9.00 bis 9.45 Uhr, im Rahmendes 5. Deutschen IT-Rechtstages imSteigenberger Hotel am Kanzleramt,Ella-Trebe-Straße 5, 10557 Berlindurch.

TTaaggeessoorrddnnuunngg

1. Geschäftsbericht der Vorsitzenden2. Kassenbericht3. Bericht des Kassenprüfers4. Allgemeine Aussprache5. Entlastung des Geschäftsführenden

Ausschusses6. Wahl eines Kassenprüfers7. Verschiedenes

Anträge von Mitgliedern zur Tagesordnung sindbis 6. April 2018 an den GeschäftsführendenAusschuss der AG IT-Recht im Deutschen An-waltverein, Littenstraße 11, 10179 Berlin, zurichten.

AG Verkehrsrecht

Der Geschäftsführende Ausschuss derArbeitsgemeinschaft Verkehrsrechtdes Deutschen Anwaltvereins lädt einzur Mitgliederversammlung 2018 amFreitag, den 20. April 2018, 18.00 Uhrin das Novotel Berlin am Tiergarten,Straße des 17. Juni 106–108 in 10623Berlin

TTaaggeessoorrddnnuunngg

1. Begrüßung durch den Vorsitzendendes Geschäftsführenden Ausschusses

2. Tätigkeitsbericht des Vorsitzendendes Geschäftführenden Ausschusses

3. Kassenbericht des Schatzmeisters4. Bericht der Kassenprüfer5. Aussprache zu den Punkten 2 bis 46. Entlastung des Geschäftsführenden

Ausschusses7. Nachwahl von Mitgliedern des Ge-

schäftsführenden Ausschusses8. Wahl zweier Kassenprüfer9. Bericht über die Werbemaßnahmen

der Arbeitsgemeinschaft10. Verschiedenes

Anträge von Mitgliedern sind auf die Tagesord-nung zu setzen, wenn sie spätestens 21 Tage vorder Mitgliederversammlung dem Geschäftsfüh-renden Ausschuss vorliegen und von mindes-tens 10 Mitgliedern unterstützt werden. Bitterichten Sie Ihre Anträge an den Deutschen An-waltverein e.V., Arbeitsgemeinschaft Verkehrs-recht, Littenstr. 11, 10179 Berlin

PPeerrssoonnaalliieenn

Simon von Rudloff

Zum neuen Vorsitzendendes Freiburger Anwalt-vereins ist RechtsanwaltSimon von Rudloff ge-wählt worden. Er über-nimmt den Vorsitz vonRechtsanwalt DetlevHeyer, der seit 2005 im

Amt war. Der Freiburger Anwaltvereinwurde 1892 gegründet und zählt 937 Mit-glieder.

Rabea Schuchardt

Zur neuen Vorsitzendendes Anwaltvereins Os-terholz-Schwarmbeck istRechtsanwältin RabeaSchuchardt gewähltworden. Sie löst damitRechtsanwalt und NotarEnno F.W. Hartmann ab,

der den Verein seit 2013 führte. Der An-waltverein Osterholz-Schwarmbeck wurde1975 gegründet und zählt derzeit 50 Mit-glieder.

AnwBl 3 / 2018 185

AAGG SSttrraaffrreecchhtt

Ehrenpreis für die Gesell-schaft für FreiheitsrechteDie Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V.(GFF) erhielt 2017 den „pro reo“-Ehren-preis der Arbeitsgemeinschaft Strafrechtim Deutschen Anwaltverein (DAV).Mit „pro reo“ zeichnet die Arbeitsgemein-schaft Strafrecht Personen oder Organi-sationen aus, die sich auf herausragendeWeise für die Förderung und Sicherung ei-ner unabhängigen, uneingeschränktenund wirksamen Strafverteidigung einset-zen. Die GFF erhält den Ehrenpreis wegenihres Einsatzes für die Freiheitsrechte. Sieorganisiert und finanziert seit 2015 strate-gisch geplante Klagen und Verfassungs-beschwerden zum Schutz der Grundrech-te. Damit helfe sie den Menschen, staatli-che Eingriffe in ihre Bürger- und Men-schenrechte abzuwehren, so die Jury.

Foto: Dr. Dirk Lammer mit Dr. Ulf Buermeyer und Dr. Bo-ris Burghardt von der GFF und Gerhard Baum (Bundes-minister a.d., v.l.n.r.).

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186 AnwBl 3 / 2018

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Page 61: AnwBl 2018 03 Umschlag 1.

AnwBl 3 / 2018 187

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Page 62: AnwBl 2018 03 Umschlag 1.

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Page 63: AnwBl 2018 03 Umschlag 1.

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»… ein großer Wurf. Es verdient die Höchstwertung…«Dr. Tonio Gas, in: Jura Journal 01/ 2010, zur Vorauflage

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Arbeitsrecht

Kranke Mitarbeiter: Herausforderungen für den Anwalt (Dr. Frank Wetzling) Würzburg 13. - 14.04.18Arbeitsrecht kompakt Frühjahr (Dr. Gerhard Binkert, Dr. Michael Neumann, Köln 26. - 27.04.18Dr. Nathalie Oberthür, Ulrich Spieker)Gestaltung von Arbeitsverträgen (Dr. Kara Preedy, Thomas Wahlig) Bremen 26. - 27.04.18

Bank- und Kapitalmarktrecht

Online-Seminarreihe Bank- und Kapitalmarktrecht: Aktuelle Entwicklungen im Online 21.03.18Kapitalanlagerecht – 1. Quartal (Oliver Renner)Darlehen und Widerruf von Darlehen (Elke Schubert) Köln 20.04.18Online-Seminar: Crowdinvesting (Anja Uelhoff) Online 25.04.18

Bau- und Architektenrecht

Haftung mehrerer am Bau Beteiligter – Sicherung und Abwehr der gegenseitigen Frankfurt a. M. 20.04.18Ansprüche (Christian Meier)

Erbrecht

Berücksichtigung von Pflegeleistungen im Erbfall (Dr. Eva Kreienberg) Frankfurt a. M. 26.04.18Digitaler Nachlass (Dr. Stephanie Herzog) Frankfurt a. M. 27.04.18

Familienrecht

Kapitalanlagen im Zugewinnausgleich (Prof. Dr. Thomas Zacher) Mannheim 20.04.18Gutachten in Kindschaftssachen – Aktuelles, Handlungsoptionen und Strategien Würzburg 27.04.18(Marita Korn-Bergmann)

Gewerblicher Rechtsschutz

Das Verfahren vor dem EU-Patentgericht (Dr. Peter Kather, Ulrike Voß) München 27.04.18

Handel- und Gesellschaftsrecht

Bilanzrecht an der Schnittstelle Handels-/Gesellschaftsrecht Bergisch-Gladbach 13. - 14.04.18(Prof. Dr. Bert Kaminski, Dr. Moritz Pöschke, Dr. Thomas Trölitzsch)AGB-Einbeziehung und Klauselverbote im B2B-Bereich (Dr. Jörn Becker) Stuttgart 20.04.18

Informationstechnologierecht

Anforderungen an den Einsatz von Open Source Software im Unternehmen Düsseldorf 13.04.18aus juristischer, technischer und organisatorischer Sicht(Dr. Michael Hoche, Dr. Mathias Lejeune)Beschäftigtendatenschutz nach der neuen EU Datenschutz-Grundverordnung Stuttgart 20.04.18(Dr. Andrea Bonanni, Michael Kamps)5. Deutscher IT-Rechtstag Berlin 26. - 27.04.18

Insolvenzrecht

Aktuelle BGH-Rechtsprechung zum Insolvenzrecht (Gerhard Vill) Frankfurt a. M. 26.04.18Kreditsicherheiten des Umlaufvermögens – Bestellung, Verwertung, Anfechtung Frankfurt a. M. 27.04.18(Dr. Thilo Schultze)

Internationales Wirtschaftsrecht

Vertragsrecht und Vertragsgestaltung auf Englisch Hamburg 27. - 28.04.18(International Common Law Contracts) (Stuart G. Bugg)

Mediation

Recht in der Mediation (Dr. Marcus Bauckmann) Frankfurt a. M. 20.04.1872. Lehrgang Mediation (3 x 1 Woche-Kurs) Timmendorfer 23.04. - 07.07.18

StrandMedizinrecht

Übertragung heilberuflicher Praxen – vertragsarztrechtliche, zivilrechtliche und Frankfurt a. M. 26.04.18steuerrechtliche Aspekte (Michael Seiters)Beweisprobleme im Arzthaftungsrecht (Wolfgang Frahm) Frankfurt a. M. 27.04.18

DeutscheAnwaltAkademie Seminarkalender

190 AnwBl 3 / 2018

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Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Der Anwalt des Vermieters (Alexander Boss, Ike Landvoigt) Köln 27.04.18

Sozialrecht

9. Deutscher Seniorenrechtstag 2018 Berlin 12. - 13.04.18SGB II und XII intensiv (Philipp Stark) Hamburg 20. - 21.04.18

Steuerrecht

Anwaltliche Beratung bei Außenprüfung und Steuerfahndung (Dr. Peter Gußen) Düsseldorf 20.04.18Steueranwalt International 2018 Mallorca 03. - 05.05.18

Strafrecht

Vernehmungslehre und Vernehmungstaktik (Axel Wendler) Düsseldorf 13.04.18Übungs-/Trainings-Seminar: Befragungs- bzw. Vernehmungstechnik und Düsseldorf 14.04.18-taktik für Fortgeschrittene (Axel Wendler)

Vergaberecht

Vergaberecht aktuell: Ausnahmen vom Vergaberecht (Janko Geßner) Berlin 20.04.18

Verkehrsrecht

Erwerbsschaden nach Haftpflichtfällen (Dietrich Freyberger) Hannover 13.04.18AKB (Isabell Knöpper, Andrea Kreuter-Lange) Erfurt 13.04.18Prozesstaktik im Verkehrszivilprozess (Christian Funk, Andy Ziegenhardt) Koblenz 14.04.18

Versicherungsrecht

Sachversicherung, Obliegenheiten, Haftung des Maklers unddes Versicherungsvertreters (Sven-Wulf Schöller) Frankfurt a. M. 20.04.18

Verwaltungsrecht

Windenergieanlagen an Land – Energie-, Planungs- und Genehmigungsrecht Hannover 13.04.18(Christoph Brand, Dr. Jan Reshöft)VomMilieu zum Gewerbe – die Regulierung des Prostitutionsgewerbes Frankfurt a. M. 19.04.18(Michael Karthal)Neue Entwicklungen im Amts- und Staatshaftungsrecht (Dr. Peter Itzel) Frankfurt a. M. 20.04.18

Termine April bis Mai 2018

KontaktDeutsche AnwaltakademieLittenstraße 11, 10179 BerlinT 030 / 726153-140F 030 / [email protected]

Hinweisen möchten wir zunächst auf das Seminar, das wirwegen seiner Aktualität noch nachträglich mit ins Programmgenommen haben. In der Veranstaltung „Krankenhausbera-tung: Toolbox 2018“ stellen drei spezialisierte Referenten fürdie Bereiche Krankenhausrecht, Vertragsarztrecht und Straf-recht/Compliance vor, was Krankenhausberater und -justizi-are 2018 wissen müssen. Das Seminar findet am 16. März inNürnberg statt und umfasst 7,5 Vortragsstunden.

Der diesjährige Seniorenrechtstag in Berlin wird am 12. Aprileröffnet mit der spannungsverheißenden Podiumsdiskussi-on, zum Thema „Patientenverfügung aus religiöser Sicht“.Es diskutieren ein Oberarzt, ein Mitglied des Zentralrats derMuslime in Deutschland e. V. und ein Mitglied des Erzbi-schöflichen Ordinariats München. Am Folgetag warten inte-ressante Vorträge. So wird zum Beispiel die Vertragsgestal-tung bei der Angehörigenpflege sowohl aus arbeitsrechtlicherals auch aus der sozial- und steuerrechtlicher Sicht beleuchtet.

Ebenso wie der Seniorenrechtstag hat das SeminarBilanzrecht an der Schnittstelle Handels-/Gesellschaftsrechtmittlerweile einen festen Platz im Kalender der DeutschenAnwaltakademie. Die Veranstaltung ist in drei Abschnittegegliedert. Der erste Teil ist eine Einführung in dieGrundprinzipien der handelsrechtlichen Rechnungslegung.Im zweiten Abschnitt beschäftigt sich das Seminar mit derSchnittstelle des Bilanzrechts zum Gesellschaftsrecht undabschließend geht es um die gesellschaftlichen Fragen beider Auf- und Feststellung des Jahresabschlusses sowie demAbschluss von Ergebnisabführungsverträgen bei GmbHs. Ortder Veranstaltung am 13. und 14. April ist das wunderschöneGrandhotel Schloss Bensberg in der Nähe von Köln.

Informationen zu diesen und weiteren Seminaren finden Sieim Internet unter www.anwaltakademie.de.

Neues aus der Akademie

AnwBl 3 / 2018 191

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Intransparenz störtIn einer Wohnung im Berliner Stadtteil Pankow fingen sie anzu tüfteln. Im April 2012 gründeten Christian Henschel, PaulH. Müller und Manuel Kniep dann das Unternehmen „Ade-ven“. Das Start-up hatte eine Technologie, mit der sich dasNutzerverhalten – und damit der Erfolg von Werbung – inApps messen lässt. Und das kam an. 2014 erfolgte die Umbe-nennung in Adjust. Über 25 Millionen Wagniskapital wurdenin das Unternehmen investiert. Die Codes von Adjust sindunter anderem hinterlegt bei MyTaxi, Uber, Angry Birds oderSpotify. Neben dem Hauptsitz in Berlin hat das Unternehmenmittlerweile Standorte in der ganzen Welt. Gestartet mit fünfMitarbeitern, besteht das Adjust-Team jetzt aus 200 Köpfenund will weiter wachsen. COO Aurel Stenzel beantwortete un-seren Mandantenfragebogen.

Wer muss kämpferischer sein: Mandant oder Anwalt?

Es kommt darauf an – der Anwalt im rechtlichen Bereich,der Mandant im kommerziellen. Der Anwalt übernimmtdas Mandat und sollte alles dafür tun, dass sein Mandantdas erhält, was ihm rechtlich auch zusteht. Der Mandantgibt sozusagen mit der Mandatierung eines Anwalts das„Kämpfen“ für das Recht an ihn weiter.

Wenn Sie einen Anwalt auswählen: Worauf achten Sie?

Auf die Referenzen von Partner-Unternehmen mit ver-gleichbaren Fällen. Zudem sollte der Anwalt für denRechtsbereich eine Qualifizierung vorweisen, mindestensüber mehrjährige Erfahrung und gegebenenfalls auchüber einen entsprechenden Fachanwaltstitel verfügen.

Was schätzen Sie an Ihrem Anwalt am meisten?

Er ist immer erreichbar und bietet kurzfristig eine guteZusammenfassung der möglichen Lösungsansätze an.

Gibt es einen Punkt, der Sie bei Anwälten so richtig stört?

Gelegentlich ist es intransparent, wenn Anwälte der ver-schiedenen Parteien direkt miteinander kommunizierenohne dass der Mandant anwesend ist. Hier ist nicht im-mer sichergestellt, dass lösungsorientiert gearbeitet wird– weil alle mehr verdienen, wenn die Uhr länger läuft.

Was darf ein Anwalt bei Ihnen kosten?

Da gibt es bei uns keinen maximalen Wert. Das hängt vondem Fall ab und muss am Ende ökonomisch Sinn er-geben.

Der Beitrag wurde zuerst in Anwaltsblatt Karriere 1/2017 veröffentlicht.

Mandantenfragebogen

192 AnwBl 3 / 2018

Page 67: AnwBl 2018 03 Umschlag 1.

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RA-MICRO LandesrepräsentanzBerlin-BrandenburgRA-MICRO macht mobil – unterwegs mit denRA-MICRO Apps06. März, 13:00–14:30 UhrAnwalt im 21. Jahrhundert14. März, 10:00–13:00 UhrDictaNet – Diktierlösungen für mehr Effizienz20. März, 12:00–13:30 UhrRA-MICRO 1 – der perfekte 1tieg in die profes-sionelle Kanzleiorganisation27. März, 10:00–13:00 UhrDictaNet Donnerstag –Ihr Tag des mobilen Diktierens1. Donnerstag imMonat, zw. 10:00 und 16:00 UhrVeranstaltungstermine und weitere Informationen:www.ra-micro.de/berlin-brandenburg

Kostenlose RA-MICRO Veranstaltungen

RA-MICRO Landesrepräsentanz BayernDictaNet/Spracherkennung/OnlineSpracherkennung05. März, 11:00–13:00 UhrRA-MICRO Basiswissen (Akten- und Adress-verwaltung, Kalender+ und Termine, Fristen)15. März, 11:00–12:30 UhrRA-MICRO Apps23. März, 12:00–13:30 UhrE-Workflow und beA + vSystem27. März, 15:00–16:30 UhrDictaNet Donnerstag –Ihr Tag des mobilen Diktierens1.Donnerstag imMonat11:00, 13:00, 15:00&17:00UhrVeranstaltungstermine und weitere Informationen:www.ra-micro.de/bayern

RA-MICRO LandesrepräsentanzBaden-WürttembergvStation – Mehrleistungs-PCmit Desktop-Virtualisierung06. März, 13:00–15:00 Uhr21. März, 11:00–13:00 UhrAnwalt mobil – die Zukunft desmobilenArbeitensmit RA-MICRO und DictaNet06. März, 11:00–13:00 Uhr21. März, 13:00–15:00 UhrRA-MICRO und Jahresabschluss10. März, Samstag 11:00–13:00 UhrVeranstaltungstermine und weitere Informationen:www.ra-micro.de/baden-wuerttemberg

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Strausberg13.03., 15:00–17:30 UhrStuttgart08.03., 22.03.jeweils 11:00–13:00 Uhr15.03., 29.03.jeweils 13:00–15:00 Uhr

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