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Simulation in Production and Logistics 2015 Markus Rabe & Uwe Clausen (eds.) Fraunhofer IRB Verlag, Stuttgart 2015 Anwendungen von Simulation zur Verbesserung von Prozessabläufen in Industriewäschereien Applications of Simulation to Improve Operations in Commercial Laundries Annegret Brandau, David Weigert, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Magdeburg (Germany), [email protected], [email protected] Juri Tolujew, Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF Magdeburg, Magdeburg (Germany), [email protected] Abstract: Insufficient basic data, increasingly complex customer and product struc- tures, and a lack of transparency in the process structure increase the quantity of laundry items in circulation, lessen machine utilisation, delay deliveries, and increase the liability of errors in operations. Competition is making it essential for laundries to operate quickly, reliably and cost effectively. A simulation analysis of a commercial laundry is intended to identify and facilitate the reorganization of ineffective processes. This article describes two simulation studies. The first study aids in the reorganization of a commercial laundry’s receiving area by means of automation and Auto-ID-technologies. The second study specifies a simulation model that is used to identify the best strategy for laundry order scheduling. Both of the studies demonstrate the feasibility of simulating complex laundry operations and of using such simulation studies to improve laundry operations. 1 Einleitung und Problemstellung Industrielle Großwäschereien in Deutschland erbringen umfassende Dienstleistun- gen zur Bereitstellung, Reinigung und Aufbereitung waschbarer Textilien. Mit zunehmendem Wettbewerb und ausgeprägter Kundenorientierung steigen die Anfor- derungen an die Wäschereien. Individuelle Kundenwünsche im Gesundheitswesen und Hotelgewerbe fordern eine termingerechte und flexible Reinigung und Ausliefe- rung von Wäsche zu niedrigen Preisen. Durch die historische Entwicklung vieler Wäschereien sind deren Planung, Steuerung und Überwachung vom Erfahrungs- wissen der Mitarbeiter geprägt. Der geschlossene Prozessablauf einer Wäscherei unterscheidet sich von einem produzierenden Unternehmen dadurch, dass das Produkt, die Wäsche, nicht aus vorhandenen Ressourcen hergestellt wird, sondern einen Wäschekreislauf durchläuft (Abb. 1).

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Simulation in Production and Logistics 2015 Markus Rabe & Uwe Clausen (eds.) Fraunhofer IRB Verlag, Stuttgart 2015

Anwendungen von Simulation zur Verbesserung von Prozessabläufen in Industriewäschereien

Applications of Simulation to Improve Operations in Commercial Laundries

Annegret Brandau, David Weigert, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Magdeburg (Germany), [email protected], [email protected]

Juri Tolujew, Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF Magdeburg, Magdeburg (Germany), [email protected]

Abstract: Insufficient basic data, increasingly complex customer and product struc-tures, and a lack of transparency in the process structure increase the quantity of laundry items in circulation, lessen machine utilisation, delay deliveries, and increase the liability of errors in operations. Competition is making it essential for laundries to operate quickly, reliably and cost effectively. A simulation analysis of a commercial laundry is intended to identify and facilitate the reorganization of ineffective processes. This article describes two simulation studies. The first study aids in the reorganization of a commercial laundry’s receiving area by means of automation and Auto-ID-technologies. The second study specifies a simulation model that is used to identify the best strategy for laundry order scheduling. Both of the studies demonstrate the feasibility of simulating complex laundry operations and of using such simulation studies to improve laundry operations.

1 Einleitung und Problemstellung Industrielle Großwäschereien in Deutschland erbringen umfassende Dienstleistun-gen zur Bereitstellung, Reinigung und Aufbereitung waschbarer Textilien. Mit zunehmendem Wettbewerb und ausgeprägter Kundenorientierung steigen die Anfor-derungen an die Wäschereien. Individuelle Kundenwünsche im Gesundheitswesen und Hotelgewerbe fordern eine termingerechte und flexible Reinigung und Ausliefe-rung von Wäsche zu niedrigen Preisen. Durch die historische Entwicklung vieler Wäschereien sind deren Planung, Steuerung und Überwachung vom Erfahrungs-wissen der Mitarbeiter geprägt. Der geschlossene Prozessablauf einer Wäscherei unterscheidet sich von einem produzierenden Unternehmen dadurch, dass das Produkt, die Wäsche, nicht aus vorhandenen Ressourcen hergestellt wird, sondern einen Wäschekreislauf durchläuft (Abb. 1).

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Abbildung 1: Schematische Darstellung der Prozesse eines Wäschereikreislaufs

Die Kernprozesse wie Waschen und Aufbereiten (Mangeln, Trocknen, Falten, Stapeln) sind hoch automatisierte Prozesse, deren Schnittstellen häufig noch manuell ausgeführt werden. Durch die gestiegene Komplexität in der Kunden- und Produkt-struktur behandeln Wäschereien eine vielfältige Anzahl von Wäschestücken. Um eine Produktion vorausschauend und optimal planen zu können, ist es notwendig die Art und Anzahl der vorhandenen Ressourcen im Wareneingang zu kennen. Im Fall der Wäschereien ist diese Anforderung nur teilweise erfüllt. Die Art und Anzahl der eintreffenden Schmutzwäsche der Kunden ist vorab nicht bekannt. Der Inhalt der Container ist durch den geschlossenen Transport nur schwer einsehbar. Die Planung der Waschauftragsreihenfolge basiert somit auf unsicheren Daten, was zu aufwändi-gen Umplanungen im operativen Betrieb führt. Weiterhin ist in kleineren Wäsche-reien wenig Lagerfläche vorhanden, ein An- und Neubau ist in den seltensten Fällen möglich.

Diese Gründe führen zu hohen Umlaufbeständen an Wäsche, schlechter Maschinen-auslastung, verspäteten Auslieferungen und einer erhöhten Störanfälligkeit im Pro-zessablauf. Aufgrund der aktuellen Markt- und Wettbewerbssituation ist es für Großwäschereien zukünftig von großer Bedeutung schnell, zuverlässig und kosten-günstig zu Arbeiten. Dieser Problemstellung widmet sich das Kooperationsprojekt „Entwicklung eines Simulationsmodells zur Produktionsplanung und -steuerung von industriellen Großwäschereien“, das durch eine Zuwendung im Förderprogramm „Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand“ des Bundesministeriums für Wirt-schaft und Technologie (BMWi)–Fördermodul ZIM-KOOP/Fördersäule Koopera-tionsnetzwerke finanziert wird.

Die erste Anwendung stellt eine Simulationsstudie zur Umstrukturierung des Wareneingangs vor. Die zweite Anwendung umfasst die Entwicklung eines Simu-lationsmodells zur Bewertung von Waschauftragsreihenfolgen hinsichtlich Liefer-treue unter Normalbetrieb sowie unter Störereignissen. Die Durchführung solcher Simulationsstudien wurden in der Literatur und Praxis für herkömmliche Produktionssysteme zahlreich dargestellt, vgl. (Kuhn 1998; Verein Deutscher Ingenieure 2000; Dangelmaier et al. 2013). Jedoch sind keine Anwendungen für den Industriezweig der Großwäschereien zu finden.

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2 Umstrukturierung des Wareneingangs Wenn durch den Einsatz von RFID-Technologie im Wareneingang einer Wäscherei bekannt ist, welche Wäschestücke sich in welchem Rollcontainer befinden, bietet diese Transparenz neue Möglichkeiten zum Einsatz von verschiedenen Ein- und Auslagerungsstrategien. Daher ist Ziel der Simulationsstudie die Bewertung ver-schiedener Lagerstrategien für einen transparenten Wareneingang. Mittels einer wirtschaftlichen und ganzheitlichen Betrachtung der eintreffenden Rollcontainer sowie der Produktvielfalt und Lagerhaltung, wurde eine kombinierte Lagerstrategie entwickelt und deren Praxistauglichkeit mit einer Simulationsstudie nachgewiesen. Es wurden zusätzlich die maximal notwendige Anzahl an Stellplätzen, die maximale Pufferkapazität vor und nach dem automatischen Identifikations- und Vereinnah-mungssystem der Rollcontainer sowie die maximal notwendigen fahrerlosen Trans-portfahrzeuge ermittelt.

2.1 Kombinierte Lagerstrategie

Der erste Schritt zur Entwicklung einer kombinierten Lagerstrategie ist die Auswahl einer geeigneten Lagertechnik. Dazu wurde eine detaillierte Analyse der Bege-benheiten im Wareneingang sowie der vorhandenen Lagerhilfsmittel durchgeführt. Es hat sich ergeben, dass sich im Wareneingang das Bodenzeilenlager am besten eignet, da die Wäsche in Rollcontainern gebündelt und transportiert wird.

Zur Bestimmung einer geeigneten Belegungsstrategie wurden Zusammenhänge zwischen der komplexen Kunden- und Produktstruktur sowie den Behandlungs-prozessen mit Hilfe von Experteninterviews analysiert. Das Ergebnis der Analyse ist in Abbildung 2 dargestellt. Die verschiedenen Strukturen zeigen, dass sich eine Zonierung als Belegungsstrategie sehr gut eignet. Eine chaotische sowie Fest-platzlagerung bedingt, dass jeder Stellplatz zu jeder Zeit direkt erreichbar ist. Wegen der Produkt- und Kundenstruktur ist dies aber in Wäschereien nicht unbedingt notwendig, außerdem reicht die vorhandene Lagerfläche nicht aus. Daher ist eine Zonierung nach den verschiedenen Strukturen eine sehr gute Lösung.

Aus den verschiedenen Zusammenhängen (Wirtschaftstyp, Kundentyp, Behand-lungskreis und Kundenkreis) lassen sich 48 Kombinationen zur Bestimmung der Zonen ableiten. Um die Reihenfolge der Zuordnung zu bestimmen, wurden Prioritätsregeln aufgestellt. Zuerst wird die Wäsche nach dem jeweiligen Kunden-typ, anschließend nach Kundenkreis, dann nach Wirtschaftstyp und anschließend nach dem Behandlungskreis zugeordnet.

2.2 Validierung der kombinierten Lagerstrategie und Bestimmung der Größe der Zonen

Um die praktische Anwendung der Lagerstrategie und Zonierung zu validieren, wurde eine Simulationsstudie durchgeführt. Als logistisches System wird der Wareneingang der Wäscherei betrachtet. Die Eingabedaten sind unterschiedliche Rollcontainer, die mit unterschiedlichem Inhalt als LKW–Lieferungen eintreffen. Demzufolge wird zur Abbildung der Containerflüsse der ereignisdiskrete Simula-tionsansatz gewählt. Durch stochastische Verteilungen werden die Ankunfts-frequenzen und Inhalte der LKW-Lieferungen sowie die Fahrt- und Ladezeiten der fahrerlosen Transportsysteme abgebildet. Über die Einflussgrößen werden die

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Lagerstrategie mit der entsprechenden Zonierung, die Anzahl an Stell- und Pufferplätzen sowie die Frequenz und Anzahl der Rollcontainer parametrisiert. Die Ausgabedaten werden durch Bestand im Wareneingang, Auslastung, Still- und Wartezeiten des automatischen Vereinnahmungssystem und des fahrerlosen Transportsystems beschrieben (Abb. 3).

Abbildung 2: Einflüsse der Kunden- und Produktstruktur

Abbildung 3: Eingabe- und Ausgabedaten sowie Einflussgrößen des Simulationsmodells zur Umstrukturierung des Wareneingangs

Das ereignisdiskrete Simulationsmodell wurde mit Tecnomatix PlantSimulation erstellt (Abb. 4). Die Eingangsgrößen wie Anzahl, Inhalt und Frequenzen der einge-henden Rollcontainer werden zufällig erzeugt. Die Grenzen der Zufallszahlen sind in Expertengesprächen realitätsnah ausgewählt worden.

Das Lager besteht aus 48 Zonen, die durch das fahrerlose Transportsystem angefahren werden. Hierzu wurde das Lager in unterschiedliche Streckenabschnitte gegliedert. Die Einlagerungsstrategie wird anhand der vorherigen Priorisierung der

Kunden- und Produktstruktur

Kundentyp24-Stunden-Kunden

Normalkunden

KundenkreisBehandlungs-kreis

WirtschaftstypLohnwäsche

Mietwäsche

Trocknerwäsche-Extra

Trocknerwäsche

Mangelwäsche

Sonstige

Hotel

Krankenhaus

Sonstige

Einflussgrößen Lagerstrategie mit entsprechender

Zonierung Anzahl Stellplätze Anzahl fahrerlose Transportfahrzeuge und

Pufferplätze Frequenz, Anzahl und Inhalt der

Rollcontainer mit verschmutzter Wäsche

Eingabedaten:Rollcontainer mit verschmutzter Wäsche

Ausgangsdaten: Bestand im Wareneingang Auslastung, Stillstand- und

Wartezeit des automatischen Vereinnahmungssystems und der fahrerlosen Transportfahrzeuge

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Rollcontainer vorgenommen und entspricht der kombinierten Lagerstrategie. Die Auslagerungsstrategie entspricht der 1:3-Regel (auf eine Waschladung Trocken-wäsche folgen drei Waschladungen Mangelwäsche) die in Wäschereien häufig Anwendung findet.

Abbildung 4: Simulationsmodell des Wareneingangs der Wäscherei

Durch die Beobachtung und Kontrolle einzelner Bearbeitungsschritte der eintreffen-den Rollcontainer im Simulationsmodell (Trace-File-Analyse), wurde die Verifi-kation erfolgreich durchgeführt. Vorherige Überschlagsrechnungen unterstützten zusätzlich die Modellverifizierung. Wegen einer unzureichenden Datengrundlage aus der realen Wäscherei zur Validie-rung des Simulationsmodells, wurden die Teilergebnisse durch Expertengespräche validiert. Diese wurden durch Begehungen und Aufnahme von Prozesszeiten und Ablaufbeschreibungen in direkter Zusammenarbeit mit den Wäschereien geführt.

Der Experimentenplan enthält die Auswahl der Szenarien, die getestet werden, um die Auslastung der Zonen im Wareneingang zu bestimmen. Die verschiedenen Testszenarien bestehen aus insgesamt 3750 zufällig erzeugten Rollcontainern, welche 50-mal das Simulationsmodell durchlaufen. Der betrachtete Zeitraum beträgt 24 Stunden mit einer Einschwingphase von 16 Stunden. Betrachtet werden die gemittelten Durchsätze der jeweils belegten Zonen über die 50 Umläufe. Die Auslastung der jeweiligen Zone ergibt die Zonierung der Lagerstellplätze.

2.3 Ergebnisse

Die Experimente zeigen, dass mit der kombinierten Lagerstrategie der Ablauf im Wareneingang nicht gestört wird und es zu keinen Verzögerungen bei der Auslagerung kommt.

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Mit den Szenarien kann der gemittelte Durchsatz pro Zonierung ausgewertet werden. Wie in Abbildung 5 dargestellt, belegen die erzeugten Container 30 von bis zu 48 möglichen Zonen.

Abbildung 5: Anzahl Container pro Zone

Die Top 3–Zonen mit den höchsten gemittelten Durchsätzen, sind NPRIO13 mit 49 Containern, NPRIO12 mit 32 Containern sowie NPRIO10 mit 25 Containern. Die Zonen nehmen Container von Hotelkunden mit Miet- und Lohnwäsche auf, deren Behandlungskreis mehrheitlich aus Trocknerwäsche besteht. Die Zonen EPRIO14 und EPRIO32 bis EPRIO34 bilden mit jeweils einem Container die kleinsten Zonen ab. Diese Zonen beinhalten 24–Stunden-Kunden mit einem erhöhten Anteil an Mangelwäsche.

Die Gesamtergebnisse geben eine Empfehlung zur Verteilung der Zonen und die Anzahl der Stellplätze in der Zone. Die Kombination aus Zonierung und Prioritätsregel entspricht der kombinierten Vereinnahmungs- und Lagerstrategie.

2.4 Fazit

Die geringen Lagerflächen, steigende Kunden- und Produktstruktur und die Vielzahl an manuellen Tätigkeiten in den Großwäschereien verhindern einen transparenten Einlagerungsprozess. Erst wenn die Transparenz gegeben ist, kann eine adäquate Zonierung und Stellplatzzuweisung erfolgen.

Durch die Simulationsstudie sowie durch die Entwicklung einer kombinierten Vereinnahmungs- und Lagerstrategie konnte eine Empfehlung für die Zonierung und die Anzahl an Stellplätzen in der jeweiligen Zone gegeben werden. Mit bis zu 48 potentiellen Zonen sind Wäschereien in der Lage unterschiedliche Rollcontainer mit verschiedenen Artikelzusammensetzungen einzulagern.

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3 Planung von Waschauftragsreihenfolgen Durch die Einführung von RFID–Technologie sowie einem automatischen Ver-einnahmungs- und Identifikationssystem im Wareneingang ist die notwendige Transparenz gegeben, um die Waschauftragsreihenfolge nicht mehr nur mit Erfah-rungswissen zu planen sondern verschiedene bekannte Strategien aus anderen Produktionssystemen einsetzen zu können. Es wurden drei Strategien zur Planung der Waschauftragsreihenfolge ausgewählt und mit einem Simulationsmodell hinsichtlich unterschiedlicher Störszenarien nach dem Zielkriterium Liefertreue verglichen.

3.1 Strategien zur Planung der Waschauftragsreihenfolge

Aktuell werden die Reihenfolgen der Waschaufträge mit Erfahrungswissen der Mitarbeiter geplant. Je nach Tourenplan wird vorgeschrieben, welcher Kunde wann gewaschen wird. Die Waschaufträge eines Kunden werden anschließend nach Erfahrung der Mitarbeiter im Verhältnis 1:3 eingesteuert (vgl. Kapitel 2.2). Durch die gewonnene Transparenz im Wareneingang lassen sich nun weitere Strategien zur Reihenfolgeplanung umsetzen. Es wurden drei typische Strategien zur Planung ausgewählt: First–Come First–Served (FCFS), Shortest Processing Time (SPT) und Longest Processing Time (LPT).

3.2 Simulationsmodell zur Bewertung der Waschauftragsreihenfolgen

Zur Bewertung der drei ausgewählten Strategien zur Planung der Waschauftrags-reihenfolge wurde die Produktion der Wäscherei als Simulationsmodell abgebildet. Dazu wird der Wäschefluss vom Wareneingang bis zum Warenausgang betrachtet. Einzelne Wäschestücke werden zu Waschaufträgen zusammengefasst und der Waschstraße zugeführt. Nach der Waschstraße werden die Aufträge teilweise ge-trennt und zu Aufbereitungsaufträgen neu zusammengesetzt. Im Lager und an den Kommissionierstationen werden die Wäschestücke wieder getrennt und zu Kunden-aufträgen kommissioniert. Das Simulationsmodell soll somit den Fluss einzelner Wäschestücke abbilden. Jedoch kann dies wegen der Vielfalt und hohen Anzahl an Wäschestücken zu langen Simulationszeiten führen. Daher wurde der mesoskopi-sche Simulationsansatz gewählt, vgl. (Reggelin 2011). Die verschiedenen Wäsche-arten werden als Produkttypen und die unterschiedlichen Aufträge als Produkt-portionen abgebildet. Mit dem mesoskopischen Simulationsansatz können sowohl Ereignisse als auch Flüsse der Produkttypen abgebildet werden. Die Prozesszeiten der manuellen Aufbereitungsprozesse wurden als stochastische Verteilungen abge-bildet. Eingabe- und Ausgabedaten sowie Einflussgrößen des Simulationsmodells sind in Abbildung 6 dargestellt.

Das Simulationsmodell wurde mit der Simulationssoftware ExtendSim erstellt (Abb. 7). Die Waschaufträge werden als Impulse in das Simulationsmodell eingesteuert und als ereignisdiskrete Objekte behandelt. Nach dem Umschlag in die Sackcon-tainer werden die Waschaufträge in Flüsse umgewandelt und den Waschmaschinen zugeführt. Der Fluss enthält verschiedene Wäschearten, die nach der Wasch-maschine in Produktflüsse getrennt werden. Diese Trennung bilden die Sortier-stationen ab. Zur Aufbereitung im Trockner, in der Mangel und den Falt-/ Stapel-maschinen werden die Flüsse in Impulse umgewandelt und anschließend wieder als

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Flüsse den einzelnen Kommissionierstation zugeführt. An der Kommissionierstation werden die Waschaufträge zusammengesetzt und der Senke des Systems (Waren-ausgang) übergegeben.

Abbildung 6: Eingabe- und Ausgabedaten sowie Einflussgrößen des Simulationsmodells zur Planung der Waschauftragsreihenfolge

Abbildung 7: Mesoskopisches Simulationsmodell zur Planung der Waschauftragsreihenfolge

Die Verifizierung des Modells wurde mit einer Trace-File-Analyse durchgeführt. Einzelne Modellbausteine wurden hinsichtlich ihrer Richtigkeit überprüft und der Fluss der einzelnen Waschaufträge durch die Produktion verfolgt. Zur Validierung des Modells wurden die Ergebnisse aus der vorab durchgeführten Überschlagsrech-nung mit den Ergebnissen aus den Testläufen des Simulationsmodells verglichen.

Zur Bewertung der Waschauftragsreihenfolge wurde ein Basisszenario erstellt, das die Anlieferung von Wäsche verschiedener Kunden sowie die Auslieferung von

Einflussgrößen Waschauftragsreihenfolge Störereignisse

(z. B. Maschinenausfall, Eilauftrag)

Eingabedaten:Waschaufträge mit verschiedenen Inhalten und verschiedenen Soll-Lieferterminen

Ausgangsdaten:Durchlaufzeiten und Fertigstellungstermine der Waschaufträge

Szenariendurchläufe

Sortierung & Aufbereitung

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Wareneingang & Umschlag

Kommiss-ionierung& Waren-ausgang

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Kundenbestellungen mit Lieferterminen enthält. Für dieses Szenario wurden die drei ausgewählten Strategien zur Reihenfolgeplanung eingesetzt und mit dem Simu-lationsmodell validiert. Außerdem wurde die Liefertreue unter den drei Reihen-folgestrategien sowie unter drei Störszenarien: Ausfall einer Waschmaschine, Ausfall einer Mangel und Auftreten eines Eilauftrags bewertet. Insgesamt wurden je Szenario und Strategie 3 Simulationsdurchläufe mit je 24 Stunden durchgeführt.

3.3 Ergebnisse

Für alle drei Strategien und den vier Szenarien wurden die Liefertermine der Durch-läufe aufgezeichnet und deren Mittelwerte betrachtet (Tab. 1).

Tabelle 1: Mittelwerte der Fertigstellungszeitpunkte der verschiedenen Szenarien und Reihenfolgestrategien

Szenario ohne Störung

Szenario Störung Waschmaschine

Szenario Störung Mangel

Szenario Eilauftrag

FCFS 14:02 14:20 16:34 14:20

SPT 14:13 13:46 16:06 14:15

LPT 13:48 13:47 16:45 14:15

Der geforderte Soll-Liefertermin lag bei 16:30 Uhr. Es ist erkennbar, dass die Strategien FCFS und SPT den Lieferzeitpunkt unter Normalbedingung sowie unter allen Störeinflüssen einhalten. Mit der Strategie LPT wird außer im Szenario Stö-rung Mangel der geforderte Liefertermin eingehalten. Daraus lässt sich schließen, dass die Störung einer Mangel einen großen Einfluss auf die Prozesszeiten und den Ablauf des Wäschereikreislaufs hat. Die Fertigstellungstermine aller drei Strategien sind bei einer Störung der Mangel um zwei Stunden verzögert. Dieser Zusammen-hang zeigt sich auch bei der Betrachtung der durchschnittlichen Durchlaufzeiten, siehe Abbildung 8.

3.4 Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Produktion einer Wäscherei mit einem mesoskopischen Simulationsmodell abgebildet werden kann. Der Vergleich und die Bewertung der verschiedenen Strategien zur Reihenfolgeplanung haben gezeigt, dass sich alle drei Strategien eignen, jedoch unter Störeinflüssen Verzögerungen auftreten können. Besonders der Ausfall einer Mangel ist in der betrachteten Wäscherei ein großes Problem und führt zu zeitlichen Verzögerungen. Daher sollte der Ausfall einer Mangel schnellst möglich beseitigt bzw. vorab schon verhindert werden.

4 Ausblick In diesem Beitrag wurden zwei Simulationsstudien für Wäschereien vorgestellt. Zukünftig sollen die Ergebnisse der Umstrukturierung des Wareneingangslagers in einer realen Wäscherei umgesetzt werden. Die Simulation der Wäschereiprozesse wird zusätzlich zum mesoskopischen Simulationsansatz noch mit einem ereignis-

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diskreten Ansatz durchgeführt. Es sollen außerdem weitere Strategien zur Reihen-folgeplanung getestet sowie weitere Störszenarien entwickelt und hinsichtlich ihrer Auswirkungen bewertet werden. Der Beitrag zeigt, dass der Wäschereikreislauf ein großes Potential zur Verbesserung der Prozessabläufe bietet, das mit Simulations-studien ausgeschöpft werden kann.

Abbildung 8: Mittelwerte der Durchlaufzeiten der verschiedenen Szenarien und Reihenfolgestrategien

Danksagung Die Inhalte des Beitrags wurden im Kooperationsprojekt „Entwicklung eines Simulationsmodells zur Produktionsplanung und -steuerung von industriellen Groß-wäschereien“ erarbeitet. Das Projekt wird durch das Förderprogramm „Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi)-Fördermodul ZIM-KOOP/Fördersäule Kooperationsnetzwer-ke finanziert. Außerdem danken wir Herrn B.Sc. Marcel Müller für die Erstellung des mesoskopischen Simulationsmodells im Rahmen seiner Bachelorarbeit an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg.

Literaturverzeichnis Dangelmaier, W.; Laroque, C.; Klaas, A. (Hrsg.): Simulation in Produktion und

Logistik 2013: Heinz Nixdorf Institut 2013. Kuhn, A.: Simulation in Produktion und Logistik: Fallbeispielsammlung. Berlin

[u.a.]: Springer 1998. Reggelin, T.: Mesoskopische Modellierung und Simulation logistischer Fluss-

systeme. Magdeburg: DocuPoint 2011. Verein Deutscher Ingenieure: VDI-Richtlinie 3633. Simulation von Logistik-,

Materialfluss- und Produktionssystemen. Begriffsdefinitionen. In: VDI-Handbuch Materialfluss und Fördertechnik. Berlin: Beuth Verlag 2000.

Szenario 0Störung

WaschmaschineStörung Mangel Eilauftrag

FCFS 122,67 140 274,66 74SPT 133,67 106,33 246 107,33LPT 108,33 107 285 75,6

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