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Einführung Die Identifikation von Fasern ist von großer Wichtigkeit in der Forensik und kann bedeutendes Beweismaterial in einem Kriminalfall liefern. Eine am Tatort entdeckte Faser erlaubt es in vielen Fällen, Aussagen über den Täter zu tref- fen, z.B. über seine Kleidung oder bestimmte Orte, welche er vor der Tat besucht hat. In der Textilindustrie ist bei der Qualitätskontrolle die Identifizierung von individuellen Fasern in einer Textilmatrix von Interesse, um z.B. festzustellen ob die erwünschte Faser beim Spinnen eines Garns verwendet wurde. Auch für Restauratoren von textilen Artefakten ist die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Naturfasern (wie z.B. Baumwolle, Sisal, Bast, Seide und Wolle) unterscheiden zu können von großem Wert, wenn es darum geht, eine geeignete Behandlungsmethode zu wählen. Die FT-IR-Mikroskopie ist eine sehr leistungsfähige Technik, um die chemische Zusammensetzung von natürlichen und synthetischen Fasern zu bestimmen, und zwar unabhängig davon, ob diese organischen oder anorganischen Ursprungs sind. Aufgrund der hohen lateralen Auflösung ist in der Regel eine einzige Faser ausreichend ,um eine Analyse durchzu- führen. Da eine FT-IR Messung zerstörungsfrei ist, können im Anschluss an sie weitere Analysemethoden angewandt werden. Zudem liefert die FT-IR-Mikroskopie objektive Resultate und ist in den meisten Fällen unkomplizierter und Application Note AN # 102 FT-IR mikroskopische Identifikation von Fasern Abbildung 1: LUMOS FT-IR-Mikroskop.

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Einführung

Die Identifikation von Fasern ist von großer Wichtigkeit in der Forensik und kann bedeutendes Beweismaterial in einem Kriminalfall liefern. Eine am Tatort entdeckte Faser erlaubt es in vielen Fällen, Aussagen über den Täter zu tref-fen, z.B. über seine Kleidung oder bestimmte Orte, welche er vor der Tat besucht hat.

In der Textilindustrie ist bei der Qualitätskontrolle die Identifizierung von individuellen Fasern in einer Textilmatrix von Interesse, um z.B. festzustellen ob die erwünschte Faser beim Spinnen eines Garns verwendet wurde. Auch für Restauratoren von textilen Artefakten ist die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Naturfasern (wie z.B. Baumwolle, Sisal, Bast, Seide und Wolle) unterscheiden zu können von großem Wert, wenn es darum geht, eine geeignete Behandlungsmethode zu wählen. Die FT-IR-Mikroskopie ist eine sehr leistungsfähige Technik, um die chemische Zusammensetzung von natürlichen und synthetischen Fasern zu bestimmen, und zwar unabhängig davon, ob diese organischen oder anorganischen Ursprungs sind. Aufgrund der hohen lateralen Auflösung ist in der Regel eine einzige Faser ausreichend ,um eine Analyse durchzu-führen. Da eine FT-IR Messung zerstörungsfrei ist, können im Anschluss an sie weitere Analysemethoden angewandt werden. Zudem liefert die FT-IR-Mikroskopie objektive Resultate und ist in den meisten Fällen unkomplizierter und

Application Note AN # 102

FT-IR mikroskopische Identifikation von Fasern

Abbildung 1: LUMOS FT-IR-Mikroskop.

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mitunter sogar selektiver als klassische Methoden. Auf-grund dieser Vorteile wird die FT-IR Methode von „ASTM International“ als Standardmethode für die forensische Ana-lyse von Fasern (ASTM E2224-10) und für die Identifikation von Textilfasern (ASTM D276-12) beschrieben. Nutzt man die ATR-Technik (Abgeschwächte Total-Reflexion), dann ist lediglich eine minimale Probenvorbereitung nötig. Dazu muss die Faser nur auf einer flachen Oberfläche wie z.B. eine Metallplatte fixiert werden, um ein verschieben wäh-rend der Messung zu verhindern. In dieser Applikationsnotiz stellen wir Messungen an verschiedenen Natur- und Kunst-fasern vor, die mit dem vollautomatisierten FT-IR-Mikroskop LUMOS durchgeführt werden.

Geräteausstattung

Die Messungen wurden mit dem Stand-Alone FT-IR-Mikro-skop LUMOS (Abb. 1) durchgeführt. Zu den herausragenden Eigenschaften des LUMOS zählen seine volle Automatisie-rung und die einfache Benutzerführung in Kombination mit einer hohen spektroskopischen Performanz. Sein 8-fach Objektiv bietet die Messmodi ATR, Transmission und Refle-xion und erlaubt die Aufnahme qualitativ hochwertiger visu-eller Bilder. Alle notwendigen Hardwareeinstellungen sowie die vollständige Messprozedur einschließlich Hintergrund-messung erfolgen voll automatisiert. Um einen optimalen Kontakt zu allen Arten von Proben zu gewährleisten, bietet der ATR-Kristall drei verschiedene Druckstufen und ist mit einem sehr präzisen internen Drucksensor ausgestattet.

Ein großer Arbeitsabstand und der ungehinderte Zugang zum Probentisch ermöglichen eine einfache Positionierung der Probe. Für maximale Leistung und optimalen Bedien-komfort enthält das LUMOS zusätzlich folgende Komponen-ten:

g Motorisierter Germanium ATR Kristall mit interner Kontrolle des Anpressdrucks.g Großes Gesichtsfeld: 1,5 x 1,2 mm.g Motorisierte Umschaltung zwischen VIS- und IR-Modus sowie automatisierte Anpassung der numerischen Aper- tur bei VIS- und IR-Modus für eine große Tiefenschärfe bei der visuellen Probeninspektion und höchste Emp- findlichkeit bei der IR-Analyse.g Unabhängige Weißlicht LED-Beleuchtung für Trans- mission und Reflexion.g Schnelle CMOS Kamera mit 4-fach Zoom.g Motorisierter Probentisch (optional) mit einer Positionier- genauigkeit von 0,1 µm. g Optionales Makrozubehör zur Nutzung von QuickSnap Probenmodulen des kompakten FT-IR-Spektrometers ALPHA zu nutzen.

Arbeitsablauf einer Faseranalyse

Vor der Messung wird die Faserprobe auf einer Metallplatte mit Klebeband fixiert. Zur Analyse wird diese Platte auf dem Probentisch des IR-Mikroskops platziert. Unter Ausnutzung der vollen Motorisierung des LUMOS leitet die OPUS-Software den Nutzer sehr effektiv durch den Messvorgang. Alle nötigen Änderungen der Geräteeinstellungen werden softwaregesteuert durchgeführt. Der zugehörige OPUS-Video-Assistent führt den Benutzer durch den gesamten Messablauf und bietet immer die passenden Funktionen für den aktuellen Messschritt an.

Abbildung 2 zeigt die Nutzeroberfläche während der visuel-len Probeninspektion einer Faserprobe. Hier ist es möglich mittels der digitalen Kamera Bilder der Probe aufzunehmen. Die Funktionsleiste auf der linken Seite bietet alle nützlichen Funktionen für diesen Schritt an, wie z.B. die Polarisator-Einstellungen für die Erhöhung des Kontrastes.

Die Definition der Messpositionen auf der Faser ist in

Abbildung 2: Visuelle Probenuntersuchung einer Faser mit der LUMOS-Software. Die Live-Kamera-Bild der Probe ist in der Mitte gezeigt (hier ohne Polarisator). Die gespeicherten Bilder sind in der Übersicht rechts zu sehen (dort ist ein Bild zu sehen, welches mit gekreuzten Polarisatoren erstellt wurde).

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Abbildung 3: Definition der Messpositionen und der zugehörigen Schneidenblenden-Einstellungen (markiert durch ein rotes Rechteck).

Abbildung 3 veranschaulicht. Durch Ändern der Größe und drehen der roten Rechtecke lassen sich die automatisierten Schneidenblenden entsprechend der Probendimensionen individuell für jede Probenposition anpassen. Um auch bei variierenden Blendengrößen immer mit dem optimalen Hintergrundspektrum zu messen, bietet das LUMOS einen Modus an bei dem nach einer Änderung der Blendengröße automatisch ein neuer Hintergrund aufgenommen wird. Im ATR-Modus wird der Kristall über einen eingebauten Piezo-Motor für die Hintergrundmessung sher genau und automa-tisch in den Focus bewegt.

Anwendungsbeispiel: Identifikation von synthetischen Fasern

Verschiedene synthetischer Fasern mit einem Durchmesser im Bereich zwischen 25 und 40 µm wurden mit dem FT-IR Mikroskop LUMOS gemessen, wobei die automatisierten Schneidenblenden entsprechend der Faserdimensionen eingestellt wurden. Die Messungen wurden im ATR-Modus mit einer Messzeit von 20 Sekunden pro Spektrum und einer spektralen Auflösung von 4 cm-1 gemessen.

Das Bild in Abbildung 4 zeigt fünf Fasern fixiert auf einer schwarzen Probenplatte. Diese sind visuell fast nicht zu unterscheiden. Ungeachtet ihrer visuellen Ähnlichkeit zeigen die IR-mikroskopischen Spektren, dass nur zwei der Fasern aus demselben Material bestehen. Über eine Suche in einer geeigneten Spektrenbibliothek (wie z.B. die Bruker „Synthe-tic Fibers Library“) kann das Fasermaterial einfach ermittelt werden (Abb. 5).

Anwendungsbeispiel: Analyse von Naturfasern.

Das in Abb. 6 gezeigte Resultat der Messung zweier gekreuzter Fasern entspricht der Darstellung „Chemischen Kartierung“ der OPUS-Software. Das obere linke Über-sichtsfenster erlaubt die Auswahl der vorhandenen mikros-kopischen Bilder. Zoom und Navigation auf dem gewählten

Abbildung 4: Synthetische Fasern auf eine Probenplatte präpariert (links) mit den zugehörigen Spektren (rechts). Über eine Bibliothek-suche kann die chemische Zusammensetzung der Fasern ermittelt werden. Obgleich die Fasern visuell sehr ähnlich erscheinen waren nur zwei der Fasern aus demselben Material.

Polyphenylen sulfide (PPS)

Polyamid (PA, Nylon)

“Poly lactic acid” (PLA, Polyester)

Polyamid (PA, Nylon)

Polyetylen- terephthalate (PET, Polyester)

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Abbildung 5: Das gemessene Faserspektrum (rot) wurde durch die Suche in der Bruker “Synthetic Fibers Library” eindeutig als Nylon identifiziert: Die ersten sieben Treffer in der Liste stammen von reinen Nylonfasern-Referenzspektren. Die Spektren der Treffer 1 (blau) und 4 (grün) sind zum Vergleich mit angezeigt.

Abbildung 6: Das blaue Spektrum stammt von der unteren Faser das rote von der oberen. Zum Vergleich werden Referenzspektren gezeigt (schwarz: Wolle, orange: Baumwolle).

Bild erfolgen über den roten Rahmen. Das obere rechte Auswahlfenster zeigt den vergrößerten Bereich mit den Messpositionen, Markierungen der verwendeten Aperturen und den Kommentaren. Die Spektren der ausgewählten Messpunkte werden in der entsprechenden Farbe unten im Feld „Spektren“ angezeigt. Die IR-Spektren erklären, dass die untere Faser (blaues Spektrum) aus Wolle besteht (schwarzes Bibliotheksspektrum), wohingegen die oberen Faser (rotes Spektrum) eine Baumwollfaser ist (orangefar-benes Bibliotheksspektrum).

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Abbildung 7: „Line map“ Messung auf einem menschlichen Haar welche sowohl gebleichte als auch ungebleichte Bereiche abdeckt. Die roten Rechtecke zeigen die jeweiligen Schneidenblendengrößen. Das überlagerte chemische Bild visualisiert den Unterschied zwischen gebleichtem und ungebleichtem Haar basierend auf der 1040 cm-1 Bande.

Anwendungsbeispiel: Chemische Kartierung eines menschlichen Haars

Die IR-Mikroskopie erlaubt es, chemische Unterschiede auf der Oberfläche einer einzelnen Faser zu detektieren und zu visualisieren. Dieses Beispiel zeigt die Messung eines menschlichen Haars, welches teilweise gebleicht wurde. Um die vermessbare Fläche zu erweitern und eine Proben-deformation durch den ATR-Kristall zu vermeiden, wurde das Haar vor der Messung mit einer Diamant-Kompressi-onszelle vor der Messung abgeflacht.

Eine „Line map“ Messung wurde entlang des Haares durch-geführt wobei sowohl ein gebleichter als auch ein unge-bleichter (herausgewachsener) Teil des Haars vermessen wurde. Das Bleichen beeinflusst den Fingerprint-Bereich des IR-Spektrums, z.B. nehmen Banden bei 1180 cm-1 und 1040 cm-1 an Intensität zu. Abbildung 7 zeigt das visuelle Bild mit dem chemischen Bild der Bande bei 1040 cm-1

überlagert. Die verschiedenen Integrationswerte der einzel-nen Messpositionen sind sowohl farblich als auch über die

Größe der Punkte codiert und zeigen klar den chemischen Unterschied zwischen dem gebleichten und dem unge-bleichtem Teil des Haars.

Zusammenfassung

Die IR-Mikroskopie ist eine etablierte Methode um die chemische Identität von synthetischen und natürlichen Fasern zu identifizieren. Die bildgebenden Fähigkeiten eines IR-Mikroskops erlauben es, chemische Unterschiede auf einzelnen Fasern mit einer hohen lateralen Auflösung zu visualisieren. Mit dem voll automatisiertem IR-Mikroskop LUMOS kann die Analyse von Fasern ohne spezielles IR-spektroskopische Fachwissen durchgeführt werden. Der intuitive, softwaregesteuerte Arbeitsablauf erlaubt es selbst untrainiertem Personal schnell Spektren zu messen und auszuwerten.