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Friedemann W. Nerdinger Arbeitsmotivation und Arbeitshandeln www.asanger.de ISBN: 978-3-89334-578-6 Projekt und Professionalisierung Organisieren, Führen, Qualifizieren Analyse und Gestaltung Perspektiven erneuern Beruf und Studium verbinden Was ist das „Psychologische“ an der Arbeitstätigkeit, was kennzeichnet das „Psychologische“ einer Organisation? Was ist eine gute und nützliche Theorie? praxisnah Wie kann die Arbeits- und Organisationspsychologie als praxis- orientierte und zugleich theoretisch fundierte Wissenschaft dazu beitragen, Produktivität und Humanität sowie eine hohe Qualität der Arbeit und ihrer Ergebnisse als gleichwertige Ziele zu realisieren? berufsbegleitend Wir vermitteln Ihnen das notwendige Wissen und hel- fen Ihnen, Ihre Kompetenzen zu erwei- tern, um Ihr Arbeitsumfeld und Ihren Arbeitsalltag in seinen psychologischen Wirkungen besser zu verstehen, zu be- werten und auch effektiv zu gestalten. ganzheitlich Wissenschaftlich fun- dierter Erkenntnisgewinn und hohe Pra- xisorientierung sind dabei für uns kein Widerspruch, sondern unser Anspruch. persönlich Wir sprechen Akade- miker/innen mit Berufserfahrung aus unterschiedlichen Disziplinen und Berufsfeldern an, die ihre beruflichen Handlungsfelder ausbauen und ihre Karrierechancen verbessern wollen. Studienbriefe zur Arbeits- und Organisationspsychologie Weiterbildender Masterstudiengang (M.A.) Hrsg. Rainer Wieland und Gerd Wiendieck Fernstudium Arbeits- und Organisationspsychologie (M. A.) Arbeitsmotivation und Arbeitshandeln Eine Einführung Friedemann W. Nerdinger

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www.asanger.de

ISBN: 978-3-89334-578-6

Projekt undProfessionalisierung

Organisieren, Führen, Qualifizieren

Analyse und Gestaltung

Perspektiven erneuern

Beruf und Studium verbindenWas ist das „Psychologische“ an der Arbeitstätigkeit, was kennzeichnet das „Psychologische“ einer Organisation? Was ist eine gute und nützliche Theorie?

praxisnah Wie kann die Arbeits- und Organisationspsychologie als praxis-orientierte und zugleich theoretisch fundierte Wissenschaft dazu beitragen, Produktivität und Humanität sowie eine hohe Qualität der Arbeit und ihrer Ergebnisse als gleichwertige Ziele zu realisieren?

berufsbegleitend Wir vermitteln Ihnen das notwendige Wissen und hel-fen Ihnen, Ihre Kompetenzen zu erwei-tern, um Ihr Arbeitsumfeld und Ihren Arbeitsalltag in seinen psychologischen Wirkungen besser zu verstehen, zu be-werten und auch effektiv zu gestalten.

ganzheitlich Wissenschaftlich fun-dierter Erkenntnisgewinn und hohe Pra-xisorientierung sind dabei für uns kein Widerspruch, sondern unser Anspruch.

persönlich Wir sprechen Akade-miker/innen mit Berufserfahrung aus unter schiedlichen Disziplinen und Berufsfeldern an, die ihre beruflichen Handlungsfelder ausbauen und ihre Karrierechancen verbessern wollen.

Studienbriefe zur Arbeits- und OrganisationspsychologieWeiterbildender Masterstudiengang (M.A.)Hrsg. Rainer Wieland und Gerd Wiendieck

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Asanger Verlag • Kröning

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© 2013 Asanger Verlag GmbH, Kröning • www.asanger.deISBN 978-3-89334-578-6

Der Autor:Prof. Dr. Friedemann W. Nerdinger, geb. 1950 Lehrstuhl für Wirtschafts- und Organisations psychologie der Universität Rostock

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Inhaltsverzeichnis 5

1 Grundlagen

1.1 Motiv, Anreiz und Motivation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

1.2 Grundprobleme der Motivation: Wählen und Wollen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

1.3 Motivationale Konsequenzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

1.3.1 Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

1.3.2 Organizational Citizenship Behavior . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

1.3.3 Kontraproduktives Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

1.3.4 Arbeitszufriedenheit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

1.3.4.1 Begriff und Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

1.3.4.2 Das Bezugssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

1.3.4.3 Korrelate. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

1.4 Zum weiteren Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

2 Inhaltstheoretische Ansätze

2.1 Das Leistungsmotiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

2.1.1 Messung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

2.1.2 Leistungsmotiv und wirtschaftliche Entwicklung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

2.1.3 Training des Leistungsmotivs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

2.2 Hierarchie der Motive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

2.3 “Getting along” und “getting ahead”: Die Sozioanalytische Theorie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

2.4 Die Zwei-Faktoren-Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

2.5 Intrinsische Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

2.5.1 Das Erleben intrinsisch motivierten Handelns: Flow . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

2.5.2 Das Motivationspotential der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

2.6 Praktische Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

2.6.1 Prinzipien der Arbeitsgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

2.6.2 Partizipation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

2.7 Zur Kritik inhaltstheoretischer Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

3 Ein Rahmenmodell der Motivation zum Handeln

3.1 Prädezisionale Motivationsphase. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

3.2 Präaktionale Volitionsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

3.3 Aktionale Volitionsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48

3.4 Postaktionale Motivationsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

4 Prädezisionale Motivationsphase: Handlungsalternative wählen

4.1 Erwartungs-mal-Wert-Theorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

4.2 Das Modell der Risikowahl. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

4.3 Die VIE-Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

4.4 Das erweiterte Motivationsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58

4.5 Praktische Konsequenzen und Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

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5 Präaktionale Volitionsphase: Ziele setzen

5.1 Das Zielkonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

5.1.1 Zielrichtung: Annäherung vs. Vermeidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

5.1.2 (In-)Kongruenz zu impliziten Motiven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

5.1.3 Zielkonflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

5.1.4 Zeitperspektive. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65

5.1.5 Lern- und Leistungsziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65

5.2 Die Theorie der Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

5.2.1 Schwierigkeit und Spezifität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

5.2.2 Moderatoren der Wirkung von Zielen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

5.2.2.1 Zielbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

5.2.2.2 Feedback . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71

5.2.2.3 Aufgabenkomplexität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

5.2.3 Wirkmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

5.3 Fazit und praktische Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76

6 Aktionale Volitionsphase: Handlungen regulieren

6.1 Die sozial-kognitive Theorie des Selbstmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81

6.1.1 Selbstbeobachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82

6.1.2 Selbstbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

6.1.3 Selbstreaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84

6.2 Emotionsarbeit und Selbstregulationserschöpfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85

6.3 Selbstmanagement-Training . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87

6.4 Fazit und praktische Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

7 Postaktionale Motivationsphase: Handlungsergebnisse erklären und bewerten

7.1 Kausalattribution von Handlungsergebnissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91

7.2 Erlebte Gerechtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94

7.2.1 Verfahrensgerechtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95

7.2.2 Verteilungsgerechtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97

7.3 Fazit und praktische Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102

Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104

6 Inhaltsverzeichnis

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1 Grundlagen

„Motivation“ zählt zu den psychologischen Begriffen, diemittlerweile zum festen Be standteil der Umgangssprache ge-hören. Die Häufigkeit der Verwendung des Begriffs korres-pondiert allerdings nicht mit der Klarheit dessen, was damitbezeichnet wird – v. a. in Organisationen der Wirtschaftmuss der Begriff „Motivation“ nicht selten zur Erklärung allernur denkbaren Er eignisse herhalten. Daher ist zuerst die wis-senschaftlich-psychologische Fassung der Grundbegriffe –Motiv, Anreiz und Motivation – zu verdeutlichen. Mit die-sen Begriffen wird in der Wissenschaft versucht, menschli-ches Handeln, und dazu zählt natürlich auch das Handelnin Organisationen, zu erklären, wobei zwei basale Fragenzu beantworten sind: Wie ent scheiden sich Menschen zwi-schen ver schiedenen Handlungsalternativen? Wie werdeneinmal gewählte Handlungsalter nativen realisiert?

Zur Beantwortung dieser beidenGrund fragen der Mo-tivation geht die Psychologie von unterschiedlichen Prozes-sen aus, die im Anschluss be sprochen werden. Schließlich,und das ist ein wesentliches Merkmal der Erforschung desHandelns in Organi sa tionen, stellt sich die Frage nach denKonsequenzen motivationaler Prozesse. Die Arbeits- und Orga ni sation s psychologie verfolgt hier ein Doppelziel, demSelbstverständnis marktwirtschaftli cher Organisationen ent -sprechend steht die Frage nach der Leistung von Mit -arbeitern1 im Zentrum des Interesses, wobei neben demLeistungsverhalten auch solche Verhaltensweisen betrachtetwerden, die positive (Organizational Citizenship Behavior)bzw. negative (kontra produktives Verhalten) Wirkungen aufden Unter nehmenserfolg haben können. Unter psychologi-schem Blickwinkel sind dagegen die Konsequenzen für dasIndividuum ein gleichberechtigter For schungsgegenstand.Solche Konse quenzen werden gewöhn lich mit dem Konzept „Arbeits zufriedenheit“ umschrie ben, dessen wissenschaft li -che Problematik abschließend etwas näher betrachtet wird.

1.1 Motiv, Anreiz und Motivation

Die Begriffe Motiv und Motivation leiten sich vom latei-nischen „motivus“ ab, das „Bewegung auslösend“ bedeutet.Im übertragenen Sinne versucht die Motivationspsycholo-gie zu ergründen, wodurch Bewegung im Sinne menschli-chen Verhaltens ausgelöst wird. Genauer gesagt erklärtMotivationspsy chologie die Richtung, Intensität und Aus-dauer menschlichen Verhaltens (von Rosenstiel, 1975;Nerdinger, 1995, 2013; Heckhausen & Heckhausen,

2010). Bei der Erklärung dieser Aspekte des Verhaltenswird häufig allein an Ur sachen gedacht, die in der Personliegen. Menschliches Verhalten ist aber höchst kom plex de-terminiert (vgl. dazu von Rosenstiel & Nerdinger, 2011).Eine wesentliche Determinante ist das Können, d. h. Fä-higkeiten und Fertigkeiten als Grundlage des Verhaltens:Um eine bestimmte Position im Betrieb einnehmen unddas damit verbundene Verhalten zeigen zu können, müs-sen zuerst die not wendigen Qualifikationen erworben wer-den. Allein der Besitz solcher Qualifika tionen führt abernoch nicht zum entsprechenden Verhalten – die Situationmuss es den Mitarbeitern ermöglichen, ihr Können zu zei-gen. So besit zen z. B. viele Frauen die Fähigkeit zur Füh-rung, aufgrund verschiedener betrieblicher Mecha nismenwird ihnen aber häufig die Möglichkeit vorenthalten, dasauch zu beweisen (von Rosenstiel & Nerdinger, 2011).Dieses Beispiel verweist schließlich auf eine weitere Deter-mi nante des Verhaltens, das soziale Dürfen, d. h. die ge-sellschaftlichen Nor men, die in be stimmten Situationenein spezifisches Verhalten als angemessen er klären.

In der Motivationspsychologie werden solche Erklä-rungsmöglichkeiten mehr oder weniger vernachlässigt,stattdessen definiert diese Teildisziplin der Allgemei nenPsy chologie das Warum bzw. das Wozu menschlichen Ver-haltens als die zentrale motivationale Frage (Heckhausen& Heckhausen, 2010). Die Frage nach dem Warum lenktden Blick auf kausal wirksame Ursachen des Verhaltens,die wie „von hinten getrie ben“ ein Verhalten auslösen (so-genannte push-Faktoren; Murray, 1938). Die Frage nachdem Wozu führt dagegen zu teleolo gischen Erklärungen,in denen menschliches Verhalten als „von vorn gezogen“(daher auch als pull-Faktoren bezeichnet; Murray, 1938),nach Zielen stre bend erscheint. Mit der kausalen und derteleologischen Perspektive sind unter schiedliche Erklä-rungsmuster und -konzepte verknüpft – die kausale Argu-mentation sucht die Erklärung menschlichen Verhaltensvorwiegend in körpernahen Prozessen, die mit Begriffenwie „Bedürfnis“, „Trieb“, „Instinkt“ etc. verbunden sind. In teleolo gischen Erklärungen tauchen hingegen Begriffeauf wie „Wert“, „Erwartung“ im Sinne subjektiver Wahr-scheinlichkeit und – übergreifend – der Be griff „Ziel“(telos). Beide Bestimmungen rücken damit unterschiedli-che Klassen men schlichen Verhaltens in den Blickpunkt,was sich auch an den jeweils gewähl ten Bei spielen zeigt.Die kausale Betrachtung wird gern an solchen Verhal-tenswei sen wie Essen oder Trinken veranschaulicht, die teleologische Perspektive da gegen an der Wahl ei nes Ar-beitgebers oder an der Entscheidung über die Kündi gungeines Arbeitsverhältnis ses. Im betrieblichen Alltag ist inerster Linie das Leistungsverhalten von Interesse, unter

7

1 Im Folgenden wird allein aus sprachästhetischen Gründen die maskuline Form gewählt, womit aber immer Frauen und Männer gemeint sind.

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dem ein auf betriebliche Ziele ausgerichtetes Verhalten ver-standen wird. Alle Aktivitäten, denen eine Zielvorstellungzugrunde liegt, werden in der Psychologie als Handeln be-zeichnet (Achtziger & Gollwitzer, 2010). Im Folgendensteht die Erklärung des Handelns in der Arbeit im Zen-trum der Betrachtung, daher wird die Per spektive des„Wozu“ eingenommen.

Der Begriff Motivation umschreibt in diesem einge-schränkten Sinn das Stre ben nach Zielen, das immer eineWechselwirkung von Person und Situation vor aussetzt:Menschen handeln notwendigerweise in einer bestimmtenSituation, Handlungen können nicht im „luftleeren Raum“vollzogen werden. Entsprechend kann sich das motivatio-nale Ge schehen in zwei Richtungen entfalten, die als Fragen nach den personalen und nach den situativenGrundlagen dieser Wechselwirkung formuliert werden(vgl. zum Folgen den auch Heckhausen, & Heckhausen,2010). Auf der Seite der Per son lassen sich zunächst die un-ter schiedlichsten Handlungsziele feststellen, wobei prinzi-piell unendlich viele Formen und Ausprägungen vonZielen denkbar sind. Handlungsziele werden daher zu wissenschaft lichen Zwecken in Inhaltsklassen zu sammen- gefasst und mit allgemeinen Begriffen wie „Leistung“,„Macht“, „sozialer Anschluss“ etc. umschrieben. Solche In-haltsklassen von Handlungszielen bilden thematisch zu-sammenhängende Beweggründe des Handelns, die alsMotive be zeichnet werden.

Der Begriff Motiv dient zur Erklärung der Regelhaftig-keit menschlichen Han delns mit Blick auf individuelle Un-terschiede. Hebt sich z. B. ein Mitarbeiter da durch vonsei nen Kollegen ab, dass er bei gleichen Aufgaben qualita-tiv und quantitativ deutlich bessere Leistungsergebnisse er-zielt, zur Bewältigung spezieller Probleme abends häufiglänger im Unternehmen bleibt und regelmäßig von sich ausVerbes serungsvorschläge in die Arbeit einbringt, wird seinVorgesetzter geneigt sein, dieses Verhalten als eine Eigen-schaft der Person anzusehen. Arbeiten die Kol legen derBeispielperson unter denselben Bedingungen – sowohlhin sichtlich der Arbeitsgestaltung und der Führung alsauch der Entlohnung, den So zialleistungen etc. –, liegt esnahe, aus diesem Verhal ten auf ein für die einzelne Personspezifisches Merkmal zu schließen und ihr Verhalten z.B.durch ein hohes Leistungs motiv zu erklären. Da aber Mo-tive nicht direkt beobachtbar sind, ist eine solche Erklä-rung zwangsläufig hypotheti scher Natur, prinzipiell sindimmer auch andere Erklärungen denkbar: Möglicherweiseliegt die be sagte Person mit ihren Kollegen im Streit undmöchte sie beim Vorgesetzten „ausstechen“; vielleicht hatsie gehört, dass demnächst eine bessere Position im Be triebfrei wird und möchte sich kurz vor der Entscheidung im„besten Licht präsentieren“ usw. Je nach gewähltem Blick-winkel auf Handlungen bieten sich also andere Motive zurErklärung an.

An diesem Beispiel wird deutlich, dass Motive soge-nannte hypothetische Konstrukte sind, d.h. theoretischeKonstruktionen zur Erklärung von Verhalten (Heckhau-sen & Heckhausen, 2010). Solche Konstrukte müssenihren wissenschaftlichen Wert erst empirisch belegen,indem sie über die Be schreibung der beobachtbaren Regelhaftigkeit des Verhaltens hinaus zur Erklärung desVerhaltens beitragen – ansonsten handelt es sich um de-skriptive Begriffe. Da Motive hypothetische Konstruktesind, lassen sich die damit umschriebenen Sachverhalteauch nicht direkt messen – nur konkretes Handeln bzw.Handlungsergebnisse kann man beobachten und messen.

Motive sind in der frühen Kindheit gelernte, emotio-nal getönte Präferenzen, sich mit bestimmten Arten vonSituationen auseinanderzusetzen (McClelland, Koestner& Weinberger, 1989). Da uns solche Präferenzen häufignicht bewusst sind (und ihre Erfassung daher spezifische Methoden erfordert; s.u. Kapitel 2.1.1), werden sie auchals implizite Motive bezeichnet. Davon werden expliziteMotive abgegrenzt, die sich als bewusste, sprachlich reprä-sentierte (oder zumindest repräsentierbare) Selbstbilder,Werte und Ziele, die sich eine Person selbst zuschreibt, ver-stehen lassen (McClelland et al., 1989; Brunstein, 2010).Wird in Fragebögen nach Wünschen und Motiven gefragt,erfolgt eine Messung expliziter Motive.

Handeln kann da durch erklärt werden, dass in einer be-stimmten Situation ein Motiv angeregt wurde, welches eineHandlung auslöst. Die Qualität der Situation, Motive an-zuregen, wird als Anreiz bezeichnet, womit der situativeAspekt der Motivation in den Blickpunkt gerät. Situatio-nen bieten Gelegenheiten zur Realisie rung von Wün schenund Zielen, sie können aber auch Bedrohliches signalisie-ren. Alles, was Si tuationen in diesem Sinne an Positivemoder Negativem verheißen, wird als An reiz bezeichnet(Heckhausen & Heckhausen, 2010). Anreize haben auf-grund dieser Qualität gewissermaßen einen Auffor derung-scharakter dafür, bestimmte Handlungen auszuführen undandere zu un terlassen – und bilden deshalb bei der Erklä-rung von Handlungen das notwendige Pendant zu denMotiven. So kann im betrieblichen Alltag z.B. beobachtetwerden, dass Mitarbeiter nach der Ankündigung einer Prä-mienzahlung für vielver sprechende Verbesserungsvor-schläge (Schindelar, 2010) verstärkt Ideen produzieren undan ihre Vorgesetz ten weiterleiten. Der situative Anreiz„Geldprämie“, der in unserer Gesellschaft ein Mittel zurErfüllung verschiedenster Wünsche darstellt, hat im Bei-spiel die Mitarbeiter augenscheinlich zu den ent sprechen-den Handlungen „motiviert“. Umgekehrt kann dieAn drohung der Entlas sung für die Nichteinhaltung der Si-cherheitsvorschriften in einer Produktionsstätte ebenfallsals Anreiz wirken – in diesem Fall als Anreiz, vorschrifts-widrige Handlungen zu unterlassen. Motivation ist so ge-sehen immer das Produkt individueller, mit dem Begriff

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„Motiv“ umschriebener Merkmale und Eigenschaften eineraktuell wirksa men Situation, in der Anreize auf die Motiveeinwirken, d. h. sie aktivieren: Wirken Anreize auf eine Person und regen ihre Motive an, findet ein Prozess derMotivation statt. Auf diesen allgemeinen Überle gungenaufbauend muss die Motivationsforschung zwei funda men-tale Probleme lösen.

1.2 Grundprobleme der Motivation:Wählen und Wollen

Der Erklärung der Motivation zum Handeln stellen sichzwei grundsätzliche Probleme (Lewin, Dembo, Festinger& Sears, 1944; Atkinson, 1957; Achtziger & Gollwitzer,2010):– Die Erklärung der Wahl einer bestimmten Handlungs-

alternative (Richtung des Handelns) und– die Erklärung der Realisierung der gewählten Alterna-

tive, d. h. in erster Linie der In tensität und Ausdauer(Persistenz) des Handelns.

Theorien der Arbeitsmotivation sollten die verschiedenen,im beruflichen Leben auftre tenden Wahl- und Entschei-dungssituationen erklären können, z. B.: Welche Gründebe wegen einen Menschen, eine ganz bestimmte Stelle an-zunehmen? Wie entscheiden sich Mitarbeiter, wenn sie dieMöglichkeit zu beruflichem Auf stieg sehen? Wie kommt eszu Fehlzeiten? Warum kündigen Mitarbeiter?

Diese Fragen lassen sich mit den bislang entwickeltenKonzepten allgemein beant worten: Als Ergebnis derWechselwirkung von Person und Situation, von Motiv undAn reiz entsteht eine motivationale Tendenz, ein be-stimmtes Ziel anzu streben – metaphorisch gesprochenwird die zur Zielerreichung notwendige Energie bereit ge-stellt. Sofern die dabei ablaufenden Prozesse ins Bewusst-sein der Person treten, werden sie gewöhnlich als Wahl-oder Entscheidungsproblem erlebt. Solche Wahl- und Ent-schei dungsakte unterscheiden sich aber von der zweitenArt von Problemen, die auf die Intensität und Ausdauervon Arbeits handlungen zielen und sich u.a. mit folgenden,praktisch bedeutsamen Fragen beschäfti gen: Wie lassensich Mitarbeiter dazu bewegen, alle Energie in die Erledi-gung ei nes Auftrags zu investieren? Wie kann die durch-schnittliche Leistung der Mitarbeiter gestei gert werden(Intensität des Handelns)? Was sichert einen konstantenLeistungseinsatz (Ausdauer des Handelns)? Das sind Fra-gen, die nach der Entscheidung für eine Handlungsalter-native rele vant werden. Unter bestimmten Bedingungentreten in dieser Phase Prozesse auf den Plan, von denen dieUmsetzung der motivationalen Tendenz in konkretes Han-deln gesteuert wird. Das ist immer dann der Fall, wenndurch Anreize angeregte Motive – aus welchen Gründen

auch immer – nicht in der Lage sind, eine Handlung zurZielerreichung auszulösen. In solchen Fällen setzen be-wusste und willkürliche Prozesse ein, die unter dem BegriffWille oder Volition zusammenge fasst werden. Als Volitionkann diejenige Form der Motivation verstanden werden,die sich auf das Streben nach Zielen bezieht (Achtziger &Gollwitzer, 2010): Volitionale Prozesse entschei den darü-ber, wann eine Handlung in Angriff genommen wird, mitwelcher Ausdauer und Intensität Ziele angesteuert und wieeventuell bei der Zielverfolgung auftretende Hindernisseüberwunden werden.

Lange Zeit dominierte in der Motivations psychologieder Ver such, beide Arten von Fragen durch dieselbenTheorien zu beantworten. Nach den damals herrschendenVor stellungen ent steht als Ergebnis der Wechselwirkungvon Motiv und Anreiz eine mo tivationale Ten denz, die dasHandeln auf ein Ziel ausrichtet und „motiviert“, d. h. determiniert. Eine solche Konzeption kann diverse alltäg-liche Handlungen erklären. Liegen z. B. einem Be rufsan-fänger von zwei Unternehmen Angebote vor, wird erdasjenige wählen, das Anreize wie Bezahlung, Sozialleis-tungen, attraktive Möglichkeiten zur Weiterbil dung etc.bietet, die sei nen Motiven am besten entsprechen (Ner-dinger, Blickle & Schaper, 2011). Die so entstehende mo-tivatio nale Tendenz im Sinne der Ent scheidung für einUnternehmen kann verschiedene nach folgende Handlun-gen er klären: Unterschreiben des Arbeitsvertrages, Auf-nahme der Arbeit zu einem be stimmten Zeitpunkt und –ganz allgemein – die prinzipielle Bereit schaft, sich in derArbeit zu engagieren.

Wird nun dem Neuling bei Arbeitsbeginn eine eigen-stän dige Aufgabe zugeteilt, bei deren Bewältigung uner-wartete Probleme auftreten, die nur durch weiteren Einsatz(z. B. durch Überstunden) zu lösen sind, müssen zusätz -liche „Kräfte“ freigemacht werden. Der konkrete Ein satzbei der Erledigung der Aufgabe kann aber nur zum Teil alsInteraktion von Person und Situa tion, von Motiv (z.B. In-teresse an der Aufgabe) und Anreiz (die spezifische Auf-gabe) erklärt werden. Da Menschen immer durch eineVielzahl von Motiven ge kennzeichnet sind, lässt sich mitdiesem Modell z.B. nicht erklären, warum der Neuling esnicht vor zieht, pünktlich nach Hause zu gehen und seine Hobbies zu pflegen (wenn ihm diese sehr wichtig sind).Oder, wenn noch eine zweite Aufgabe zu erledigen ist, dieihn mehr interessiert – warum lässt er nicht die weniger geschätzte Aufgabe liegen, um sich der interessanteren zu-zuwenden? Fra gen nach den Prozessen, die konkrete (Ar-beits-)Handlungen so steuern, dass sie auf Zielkurs bleibenund solange verfolgt werden, bis das angestrebte Hand-lungsziel er reicht ist, können mit der bislang entwickeltenVorstellung vom motivationalen Ge schehen nicht hin läng-lich erklärt werden, dazu müssen volitionale Prozesse be-rücksich tigt werden.

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Erst im Zuge der „Wiederentdeckung der deutschenWillens psychologie“ (Kuhl, 1983; vgl. Achtziger & Goll-witzer, 2010) wurde darauf hingewiesen, dass herkömmli-che Motivationstheorien in erster Linie die Frage nach derWahl von Handlungsalternativen erklären. Die Klärungder Fragen, wie es zu Handlungen kommt und mit welcherIntensität und Ausdauer diese verfolgt werden, er fordertaber eigenständige theoretische Ansätze. Solche Ansätzestanden zu Beginn der wis senschaftlichen Erforschungmenschli chen Handelns im Zentrum des Interesses. Ex em-plarisch sei dies an der Theorie der Willens handlungenvon Meumann (1908) verdeutlicht, die in wesentlichen Aspekten dem modernen Verständnis entspricht. Willens-handlungen haben demnach drei Merkmale:1. Eine Zielvorstellung,2. die Zustimmung zum Ziel und3. das bewusste Herbeiführen der Handlung.Ausgangspunkt einer Willenshandlung ist die gedanklicheVor stellung eines Handlungsziels. Eine solche Vorstellungvon einem Ziel kann eine Handlung ein leiten und ihrerAusführung Richtung und Inhalt geben. Mit der Vorstel-lung des Hand lungsziels eng verbunden sind die Folgenvon Handlungen bzw. Handlungsergebnissen, sowohl dasZiel als auch die möglichen Folgen kön nen während derHandlungsausfüh rung im Bewusstsein repräsentiert sein.So kann z.B. ein Verkäufer bei der Vorbereitung eines Kun-denbesuches an das Ziel eines erfolgreichen Abschlussesdenken – und da durch beflügelt die für einen Erfolg not-wendigen Schritte planen (Nerdinger, 2001). Seine Ge-danken kön nen aber auch abgelöst werden durch dieVorstellung der Provision, die nach einem er folgreichenAbschluss fällig wird – damit wäre dann ein motivationa-ler, durch die Bewer tung eines Anreizes gekennzeichneterMechanismus umschrieben, der das Handeln mit der nö-tigen „Energie“ versieht.

Nach Meumann (1908) entfaltet eine Zielvorstellungnur dann ihre handlungsleitende Wir kung, wenn dem Zielin einem bewussten Urteilsprozess zugestimmt wurde. DasZiel und die zu seiner Erreichung notwendige Handlungmüssen ausdrücklich gebilligt werden – ein Merkmal, dasin modernen Theorien als Commitment oder Zielbindungbezeichnet wird (Schüler & Brandstätter, 2010; Nerdin-ger, 2013). Schließlich muss sich nach der Theorie vonMeumann der Handelnde auch als Ursache der Willens-handlung erleben, er muss die Handlung auf seine Zielvor-stellung und seine billigende Zustimmung zurück führenkönnen.

Ganz offensichtlich hat die frühe deutsche Willenspsy-chologie nur eine ganz be stimmte Klasse von Handlungenuntersucht, solche, die durch einen bewussten Vorsatz zumHandeln, einen sogenannten Willensakt gekennzeichnetsind. Das mag ein Grund gewesen sein, dass die hier nurexemplarisch veranschaulichte For schungstradition der

Willenspsychologie im Anschluss an die Veröffentlichungei ner motivationspsychologi schen Abhandlung mit demTitel „Vorsatz, Wille und Bedürfnis“ durch Kurt Lewin imJahre 1926 jäh unter brochen wurde (vgl. dazu Schmalt &Langens, 2009; Achtziger & Gollwitzer, 2010). Für Lewinwaren volitionale Prozesse nur eine Folge von motivatio-na len Prozessen, speziell der Wirkung von Bedürfnissen.Nach seiner Meinung deter miniert ein Bedürfnis (Motiv)das Handeln, das zu seiner Befriedigung führt. Die Ent-wicklung von Handlungszielen, nicht ihre Realisierung wardaher für ihn das entscheidende motivati onspsychologi-sche Pro blem. Lewins Argumentation war offensichtlichsehr überzeugend, auf jeden Fall wurde daraufhin derWille für viele Jahrzehnte aus der Motivationspsychologie „verbannt“. Die Wiederentdeckung des Willens als For-schungsobjekt durch Kuhl (1983) führte zu einer weitge-henden Umorientierung der motivati onspsychologischenForschung. Kuhl hat die moderne Volitionsforschung vonder philosophischen Debatte um den freien Willen be-wusst abgesetzt und auf die Bedeutung der Frage nach derRealisierung von Zielen verwiesen (vgl. Scheffer & Kuhl,2010). Aufgrund dieser Entwicklung hat auch die Er for-schung der Arbeitsmotivation und die Erklärung des Han-delns in Organisationen neuen Aufschwung genommen(Nerdinger, 1995, 2013; Kleinbeck & Kleinbeck, 2009),weshalb ein Gutteil der folgenden Ausführungen den Fra-gen der Volition gewidmet ist.

Die Betrachtung menschlichen Handelns unter demAspekt der Volition wirft auch ein anderes Licht auf dieunter anwendungsbezogener Perspektive we sentliche Fragenach den Konsequenzen motivierten Handelns für die Organisa tion und die darin arbeitenden Menschen.

1.3 Motivationale Konsequenzen

Motivationspsychologie versucht allgemein menschlichesHandeln zu erklären. Dagegen richtet sich die Er forschungder Arbeitsmotivation speziell auf das Handeln in Organi -sationen, wobei den Betrieben eine besondere Bedeutungzukommt. Betriebe wie derum sind zweckrational struktu-rierte Gebilde, in denen v.a. ein Zweck domi niert, der Gewinn. Dabei muss der Gewinn nicht das einzige Unter-nehmensziel und nicht Selbstzweck sein, vielmehr kannGewinn auch unter dem Aspekt der langfri stigen Siche-rung des Überlebens der Organisation als Mittel gesehenwerden. Die Arbeit der Mitarbeiter wird aber in ersterLinie hinsichtlich des indivi duellen Beitrags zu diesem Zielbetrachtet, d.h. unter betriebswirtschaftlichem Blickwinkelist die Leistung der Mitarbei ter entscheidend (vgl. dazuSchmidt & Kleinbeck, 2004). Die Erklärung der Arbeits-motivation erhält nun ihre praktische Bedeutung aus der

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Erwartung, mit dem Konzept der Motivation einen we-sent lichen Teil der Leistung der Mitarbeiter erklä ren zukönnen (und durch Motivierung der Mitarbeiter ihre Leis-tung zu verbessern; vgl. Nerdinger, 2013). Daher bildet dieLei stung in einer Vielzahl von Motivationsstudien die ab-hängige, d.h. durch Größen der Motivation zu erklä rendeVariable (weitere, mit dem Gewinnziel unmittelbar in Be-zie hung stehende abhängige Variablen sind Fehlzeiten undFluk tuation, da sie zu betrieblichen Kosten führen; vgl.dazu Stock-Homburg, 2010).

In Erweiterung dieser eindimensionalen Betrachtungscheinen unter psychologischer Perspektive dagegen dieFolgen des Arbeitshandelns für die Person des Mitarbei-ters ein gleichberechtigter Untersuchungsgegenstand zusein. Diese Folgen werden herkömmlich mit dem Konzeptder Arbeitszufriedenheit um schrieben. Arbeitszufrieden-heit interessiert im Rahmen betriebswirtschaftlicher Fragestellungen wiederum v.a. über den – immer wiederpostulierten – Zusammenhang zur Leistung. Daher wirdzunächst die Frage zur Leistung bzw. zu anderen Verhal-tensweisen von Mitarbeitern, die Einfluss auf das Betriebs-ergebnis haben, untersucht.

1.3.1 Leistung

Der Leistungsbegriff wird in der Organisationspsycholo-gie uneinheitlich verwen det. Zum einen bezeichnet er dieRichtung, Intensität und Ausdauer des Leistungshandelns,d.h. die zentralen Beschreibungsdimensionen der Motiva-

tion solcher Handlungen, zum ande ren werden mit demBegriff die Ergebnisse dieses Handelns thema tisiert(Schmidt & Kleinbeck, 2004; Nerdinger, 2013). Da imSinne der zweiten Grundfrage der Moti vation die Dimen-sionen des Handelns einen Teil der Motivation im weiterenSinne dar stellen, wird im Folgenden das Leistungser gebnisals Konsequenz bzw. als abhängige Variable der Motivationbetrachtet.

Die psychologische Perspektive reduziert das Leis-tungsergebnis häufig auf eine Funk tion der individuellenMotivation sowie der Fähigkeiten und Fertigkeiten vonMitarbeitern (Schuler, 2013). Fähigkeiten um fassen dieGe samtheit der psychischen Bedingungen, die zum Voll-zug einer Tätig keit notwendig sind und als überdauerndePersönlichkeitsmerkmale – ein Beispiel bildet die Intelli-genz – definiert werden. Fertigkeiten dagegen bezeichneneng um schriebene Vermögen zur Lösung bestimmter Auf-gaben (z.B. die Fertigkeit des Maschineschreibens). DieseKonzeption lässt sich sowohl mit Blick auf das Leistungs-verhalten als auch auf seine Determinanten ausdifferenzie-ren. Das wurde im Rahmen der Untersuchungen im sog.US Army Selection and Classification Project (Project A)vorgenommen. Das Project A ist eine der umfangreichstenpersonalpsychologischen Untersuchungen, die bislangdurchgeführt wurden. Auf den dabei gefundenen Ergeb-nissen aufbauend haben Campbell, McCloy, Oppler undSager (1993) eine generelle Theorie der beruflichen Leis-tung entwickelt, deren Struktur die Abbildung 1 zeigt.

In dieser Theorie wird die berufliche Leistung durchdrei Determinanten erklärt, deklaratives (statisches) Wissen; prozedurales Wissen („gewusst wie“) und Fertig-

111 Grundlagen

PCi = x xDK(Fakten, Prinzipien,

Ziele, Selbst-erkenntnis)

M(Leistungs-

entscheidung,Anstrengungsniveau

und Ausdauer)

PKS(kognitive, physische,

psychomotorische undsoziale Fertigkeiten;

„Selbstmanagement“)

PC = Leistungskomponenten (performance components)

i = Laufindex von PC (von 1 bis 8); im einzelnen: 1 = positionsspezifische Tüchtigkeit zur Aufgabenerfüllung 2 = generelle Tüchtigkeit zur Aufgabenerfüllung 3 = Kommunikationsfähigkeit (schriftlich und mündlich) 4 = Anstrengung (Ausmaß und Konstanz) 5 = persönliche Disziplin 6 = Kooperation und Unterstützung von Kollegen/der Arbeitsgruppe 7 = Mitarbeiterführung 8 = Management/Administration (nicht direkt personenbezogene Führungsaufgaben wie Organisation)

DK = declarative knowledge = f (Fähigkeiten, Persönlichkeit, Interesse, Ausbildung etc.)

PKS = procedural knowledge and skill = f (Fähigkeiten, Persönlichkeit, Interessen, Ausbildung, Erfahrung, Übung etc.)

M = motivation = f (Operationalisierung von der gewählten Motivationstheorie abhängig)

Abb. 1. Theorie der beruflichen Leistung (nach Campbell et al., 1993)

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keiten sowie Motivation zur Leistung. Diese drei Deter mi-nanten werden multiplikativ verknüpft, was bedeutet, jededer Determinanten muss wenigstens in einem Mindestmaßvorliegen, damit überhaupt eine berufliche Leistung zu-stande kommt (Schuler, 2013). Die Leistung setzt sich ausacht Komponenten des Leistungsverhaltens zusammen,wobei allerdings die sechste Komponente – Kooperationund Unterstützung von Kollegen – gewöhnlich als Teil desgleich noch zu besprechenden Organizational CitizenshipBehavior betrachtet wird. Leider ist die Theorie bislangnoch nicht hinlänglich empirisch getestet. In einer Unter-suchung der Autoren (Campbell et al., 1993) konnte aberzumindest bestätigt werden, dass die Leistung durch diedrei in Abbildung 1 genannten Determinanten erklärt wird,wobei die Motivation mit Abstand am wichtigsten war.

Leistungshandeln variiert zwischen einem minimalenEinsatz im Sinne eines „Dienst nach Vorschrift“ (Nerdin-ger et al., 2011) und maximalem Engagement in der Arbeit(„working hard“). Bei diesem maximalen Arbeitseinsatzwird zwischen zwei Arten unterschieden, die als Arbeits-engagement (work engagement; Schaufeli & Bakker, 2010)bzw. als workaholism (Scott, Moore & Miceli, 1997) bezeichnet werden, zwei Konzepte, die gegensätzliche Wir-kungen hohen Leistungsverhaltens ausdrücken. Arbeits-engagement ist definiert als eine positive, erfüllende,arbeitsbezogene Haltung, die gekennzeichnet ist durchTatkraft, Hingabe und dem Aufgehen in der Arbeit(Schaufeli & Bakker, 2010). Entsprechend sind engagierteMitarbeiter zufriedener mit ihrer Arbeit, fühlen sich stär-ker an ihre Organisation gebunden und verrichten ihre Arbeit besser. Demgegenüber beschreibt der Begriff work -aholism einen eher krankhaften Arbeitseinsatz. Darunterwird die Tendenz zu exzessivem Arbeiten verstanden,workaholics sind von der Arbeit „besessen“ und arbeitengeradezu zwanghaft (Beek, Hu, Schaufeli, Tais & Schreurs,2012). Eine solche Haltung ist mit verschiedenen negati-ven Konsequenzen für die Mitarbeiter verbunden, u.a. er-leben sie mehr Konflikte am Arbeitsplatz, sie sind wenigerzufrieden mit ihrer Arbeit, beklagen mehr negative Aus-wirkungen der Arbeit auf das Privatleben und haben mehrgesundheitliche Probleme. Diese unterschiedlichen Hal-tungen sind u.a. durch unterschiedliche Regulationen desHandelns gekennzeichnet (Beek et al., 2012; zum Konzeptder Handlungsregulation s.u. 3.3 und 6.).

Damit sind aber nur die personalen Determinantensowie die extremen Ausprägungen der Lei stung beschrie-ben, darüber hinaus haben auch alle situativen Größen, diedas Ar beitshandeln erleichtern bzw. behindern, Einflussauf das Ergebnis des Handelns. Zu solchen Bedingungenzählt die technische Ausstat tung des Arbeitsplatzes ebensowie die vorherrschenden Normen und Regelungen, die Un-terstützung durch Vorgesetzte und Kollegen, die konkreteForm der Aufbau- und der Ab lauforganisation usw. Wird

das Leistungsergebnis in Studien der Motivation als ab-hängige Variable verwendet, ist daher zu berücksichtigen,dass durch die Motiva tion immer nur ein – in Abhängig-keit von der Situation variierender – Teil des Er gebnisseserklärt wird.

Eine weitere, in vielen psychologischen Untersuchun-gen vorgenommene Einschrän kung bildet die Konzentra-tion auf die Leistungsergebnisse in einer Auf gabe. Sowohlim Labor als auch in Felduntersuchungen wird die Leis-tung in der Erfüllung einer konkreten Aufgabe (task per-for mance) zum Maßstab der Motiva tion gemacht. In denmeisten Organisationen in teressiert aber nicht so sehr dieErfül lung einer einzelnen Aufgabe, als vielmehr die in grö-ßeren Zeiträumen gezeigte Lei stung (job performance).Die von den Un ternehmensleitungen erträumten Mitar-beiter zeigen gleichbleibenden Ein satz in einer Vielzahlvon Aufgaben, Ausdauer ange sichts auftretender Schwie-rig keiten, Zuverlässigkeit in all ihren Handlungen usw. Diesummarische Bewer tung solcher überdauernden Aspekteder Leistung erfassen annähernd solche Mo tivationsstu-dien, die Leistungsbeurteilungen durch Vorgesetzte als ab-hängige Variable verwenden (Lohaus, 2009; Lohaus &Schuler, 2013). Des Weiteren ist zu fragen, ob damit dieErgebnisse aller, auch für den betriebswirt schaftlichen Er-folg relevanten Handlungen erfasst werden. In den letztenJahren wurden eine Reihe weiterer, dafür wichtiger Ver-haltensweisen intensiver erforscht (vgl. Nerdinger et al.,2011). Exemplarisch für Verhaltensweisen mit positivenKonsequenzen wird im Folgenden das Konzept des Or-ganizational Citizenship Behavior, für negative Konse-quenzen das kontraproduktive Verhalten umrissen.

1.3.2 Organizational Citizenship Behavior

Das Konzept des Organizational Citizenship Behavior(OCB; Nerdinger, 2004; Organ, Podsakoff & MacKenzie,2006) geht auf Organ (1988) zurück. Er versteht darunterein freiwilliges Verhalten, das sich positiv auf die Funkti-onsfähigkeit der Organisation auswirkt und im Rahmendes formalen Anreizsystems nicht explizit berücksichtigtwird. Es handelt sich also um ein Verhalten, das weder auf-grund formaler Rollenvorschriften einklagbar noch durcherwartete betriebliche Belohnungen motiviert ist. Der Be-griff „freiwillig“ ist dabei insofern missverständlich, als imKontrast dazu das „normale“ Leistungsverhalten als „er-zwungen“ erscheint. Gemeint ist vielmehr ein selbst- imGegensatz zu fremdbestimmtes Verhalten (vgl. Organ etal., 2006).

Organ wurde zu diesem Konzept angeregt durch dietheoretische und empirische Analyse des empirischen Zu-sammenhangs zwischen Leistung und Zufriedenheit, der

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nach damaligem Stand der Erkenntnis als sehr niedrig ein-geschätzt wurde. Zur Erklärung dieses kontra-intuitivenBefunds entwickelte Organ die Hypothese, dass Zufrie-denheit nicht direkt auf die individuelle Leistung wirkt,sondern auf OCB. Dieses soll wiederum nicht die indivi-duelle Leistung, sondern die Ergebnisse ganzer betriebli-cher Einheiten auf aggregiertem Niveau positivbeeinflussen. Zur Überprüfung dieser These hat Organ einMessinstrument entwickelt, das in seiner ersten Fassung aus16 Items bestand, die auf zwei Faktoren laden und als1. Altruismus: Hilfeleistungen für Kollegen, Kunden oder

Vorgesetzte und2. Gewissenhaftigkeit im Sinne besonders sorgfältiger

Erfüllung der Aufgabenbezeichnet wurden. Später wurde das Messinstrument unddamit auch das Konzept um folgende Verhaltensbereicheerweitert:3. Arbeitsrelevante Höflichkeit: Sich zuerst mit anderen

abstimmen, bevor Handlungen gezeigt werden, diederen Arbeitsbereich betreffen;

4. Sportsmanship: Gelassenes Ertragen der Ärgernisse,die unweigerlich aus der Zusammenarbeit zwischenMenschen entstehen;

5. Bürgertugenden: Teilhabe am „öffentlichen Leben“der Organisation.

OCB hat verschiedene Konsequenzen, die sich danach dif-ferenzieren lassen, ob sie individuellen und kollektivenCharakter haben. Im Zentrum des Interesses an individu-ellen Konsequenzen stehen die Auswirkungen auf Leis-tungsbeurteilungen. Da OCB darauf gerichtet ist, dieOrganisation zu unterstützen, sollten solche Verhaltens-weisen von den Vorgesetzten geschätzt werden. DurchOCB wird zudem die Führungsaufgabe erleichtert, was dieVorgesetzten möglicherweise im Gegenzug zu besserenLeistungsbeurteilungen veranlasst.

In ihrem Überblicksartikel, in dem acht Feldstudien zudieser Frage analysiert wurden, kommen Podsakoff, Ma-cKenzie, Paine und Bachrach (2000) zu dem Ergebnis, dassOCB einen eigenständigen, z.T. sogar größeren Anteil derVarianz von Leistungsbeurteilungen erklärt als die jeweilsverwendeten Ergebniskriterien. Zum Beispiel wurden ineiner Untersuchung der Leistungsbeurteilungen von Com-puter-Verkäufern 12 % der Varianz durch die objektivenVerkaufsergebnisse erklärt, 48 % dagegen durch derenOCB und 3 % ließen sich auf die Wechselwirkung zwi-schen OCB und objektiver Leistung zurückführen. Diemeisten vorliegenden Studien deuten in dieselbe Richtung.Demnach wird davon ausgegangen, dass Führungskräftedas OCB ihrer Mitarbeiter sehr wohl wahrnehmen und beiLeistungsbeurteilungen mit mindestens so großem Ge-wicht berücksichtigen wie das Leistungsverhalten.

Von den kollektiven Konsequenzen des OCB ist dievermutete Wirkung auf die Leistung der Arbeitseinheit

(Gruppe) bzw. der ganzen Organisation hervorzuheben.Dieser Zusammenhang lässt sich durch verschiedene theo-retische Überlegungen begründen (Podsakoff et al., 2000):OCB kann die Ergebnisse der Organisation verbessern, dadadurch– die Notwendigkeit reduziert wird, knappe Ressourcen

für Funktionen der Aufrechterhaltung betrieblicherAbläufe einzusetzen;

– diese Ressourcen für produktive Zwecke frei werden;– die Produktivität der Kollegen bzw. Vorgesetzten ge-

steigert wird;– ein effektives Mittel zur Koordination der Aktivitäten

zwischen den Mitgliedern von Arbeitsgruppen bzw.zwischen Arbeitsgruppen bereit steht;

– die Attraktivität der Organisation als Arbeitgeber er-höht wird und damit gute Mitarbeiter angezogen bzw.gehalten werden.

Empirisch überprüft wurden diese Hypothesen noch nichthinlänglich, es finden sich aber einige Bestätigungen desZusammenhangs von OCB mit aggregierten Leistungs-maßen (vgl. Organ et al., 2006; Nerdinger et al., 2011). Diebislang vorliegenden Untersuchungen belegen, dass OCBtatsächlich von großer Bedeutung für den Betrieb ist. Daswird bei kontraproduktiven Verhaltensweisen, die der Or-ganisation schaden, noch deutlicher.

1.3.3 Kontraproduktives Verhalten

Kontraproduktives Verhalten tritt in den verschiedens-ten Formen auf, das macht es so schwierig, zu einem ein-heitlichen Begriffsverständnis zu kommen. Allerdingsteilen praktisch alle Formen kontraproduktiven Verhaltensfolgende Merkmale (vgl. Nerdinger, 2008): Mit diesemVerhalten werden legitime Interessen einer Organisationverletzt, wobei dadurch prinzipiell deren Mitglieder oderdie Organisation als Ganzes geschädigt werden kann.

Diese Definition ist – der Begriff der Kontraprodukti-vität legt es nahe – aus der Sicht der Organisation formu-liert. Drei wesentliche Merkmale sind dabei zu beachten(vgl. Marcus & Schuler, 2004; Nerdinger, 2008).– Entscheidend ist nicht das Ergebnis, sondern die Ab-

sicht einer Handlung: Ein Baggerfahrer kann bei derArbeit aus Versehen einen Betonmischer rammen, wo-durch dem Unternehmen ein großer Schaden entsteht– in diesem Fall handelt es sich um Pech oder Unglück,aber nicht um kontraproduktives Verhalten. Beschädigtder Baggerfahrer aber absichtlich sein Arbeitsgerät, zumBeispiel mit dem Ziel, sich eine kleine Arbeitspause zuverschaffen, liegt kontraproduktives Verhalten vor(auch wenn der Schaden relativ gering und leicht zu be-heben ist).

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– Das Verhalten muss prinzipiell in der Lage sein, der Or-ganisation Schaden zuzufügen, wobei dieser Schadennicht notwendig auch eintreten muss: Wenn sich einKraftfahrer betrunken ans Steuer setzt, handelt er kon-traproduktiv, er muss nicht unbedingt einen Unfallhaben. Umgekehrt kann die Kreditvergabe einer Bankimmer auch zu einem Verlust führen, zum Beispiel, weilder Kreditnehmer aus nicht vorhersehbaren Gründeneinmal nicht mehr in der Lage sein kann, den Kredit zubedienen. Trotz des Schadens liegt in diesem Fall na-türlich kein kontraproduktives Verhalten des Mitarbei-ters vor, da er ja seine Aufgabe erfüllt hat.

– Das Verhalten muss den legitimen Interessen der Or-ganisation entgegenstehen und dabei nicht durch an-dere, ebenfalls legitime Interessen aufgewogen werden:„Blau-machen“, das heißt sich krank zu melden, ohnekrank zu sein, ist kontraproduktives Verhalten; beiKrankheit zu Hause bleiben ist dagegen nicht nur ge-rechtfertigt, sondern im Interesse der Person und derOrganisation.

Nach der hier zugrunde gelegten Definition ist kontrapro-duktives Verhalten ein sehr weites Feld, weshalb Marcusund Schuler (2004) auch von allgemeinem kontrapro-duktivem Verhalten sprechen. Dieses Konzept muss in-haltlich noch präzisiert und von anderen, in der Wis-senschaft gebräuchlichen Begriffen abgegrenzt werden. Ineiner Literaturanalyse haben Gruys und Sackett (2003) 87 Formen kontraproduktiven Verhaltens nachgewiesen,die sich zu folgenden elf Kategorien zusammenfassen lassen:– Diebstahl und verwandtes Verhalten (unter anderem

Verschenken von Produkten oder Dienstleistungen desUnternehmens);

– Beschädigung oder Zerstörung von Firmeneigentum(Sabotage etc.);

– Missbrauch von Informationen (Fälschung von Akten,Verrat vertraulicher Informationen);

– Missbrauch von Arbeitszeit und Ressourcen (Manipu-lation der Anwesenheitsdauer, Abwicklung von Privat-geschäften in der Arbeit);

– Verhalten, das die Sicherheit vernachlässigt (fahrlässigeVerstöße gegen Sicherheitsvorschriften);

– Absentismus (unentschuldigte Abwesenheit, Verspä-tungen etc.);

– Geringe Arbeitsqualität;– Alkoholmissbrauch;– Drogenvergehen (Besitz, Gebrauch oder Verkauf von

Drogen);– Unangemessenes verbales Verhalten;– Unangemessene physische Handlungen (Aggressionen,

sexuelle Belästigungen).Definitionsgemäß schaden all diese Handlungen der Or-ganisation, daher sollte ein großes Interesse bestehen, dieMotivation solcher Handlungen zu ergründen. Im Ver-

gleich zur Erforschung der Motivation zur Leistung istdiese Frage aber bislang kaum untersucht worden. Relativgesichert ist noch die motivierende Wirkung erlebter Frus-trationen. Spector (1997a) bezeichnet Frustrationen alsZustände, die auftreten, wenn Arbeits- oder persönlicheZiele von Mitarbeitern behindert oder blockiert werden.In der Folge soll es zu starken Frustrationen kommen, diesich in Rückzugsverhalten wie Absentismus oder Unter-nehmenswechsel bzw. in Aggressionen gegen Personenoder die Organisation äußern (z.B. Diebstahl, Verrat vonUnternehmensgeheimnissen etc.). Für diese Zusammen-hänge findet sich mittlerweile einige empirische Evidenz(Conlon, Meyer & Nowakowski, 2005; Nerdinger et al.,2011).

Aus psychologischer Sicht sind aber nicht nur die Fol-gen der Motivation für die Organisation von Interesse, son-dern auch die Folgen für die Person. Diese werden imRahmen der Erforschung der Arbeitsmotivation in derRegel mit dem Konzept der Arbeitszufriedenheit erfasst.

1.3.4 Arbeitszufriedenheit

Im Gegensatz zu den Leistungsergebnissen des Handelnswird die Arbeitszufrie denheit eindeutig als Funktion derMotivation konzipiert. Fast sämtli che Theorien der Ar-beitszufriedenheit sind konzeptionell motivationale Theo-rien (von Rosenstiel & Nerdinger, 2011), was letztlich inder grundlegenden motivationalen Fragestellung begrün-det ist: Werden in der Arbeit Bedürfnisse befriedigt bzw.die Ziele des Handelns er reicht, stellt sich als Ergebnis dasGefühl der Zufrie denheit ein; umgekehrt führt das Versa-gen der Bedürfnisbefriedigung oder der Zielerreichung zuUnzufriedenheit. Bei genauerer Be trachtung erweist sichallerdings noch nicht einmal der Begriff der Arbeitszufrie-denheit als hinlänglich eindeutig definiert. An dieser Stellesoll nicht die Ge schichte der Arbeitszufriedenheitsfor-schung nacherzählt werden (vgl. Vroom, 1964; Brugge-mann, Groskurth & Ulich, 1975; Spector, 1997b; Six &Felfe, 2004; Fischer, 2006; Schleicher, Hansen & Fox,2011; Judge & Kammeyer-Mueller, 2012). Die folgendenAnmerkungen beschränken sich viel mehr auf ausge wähltedefinitorische und messtechnische Probleme, die Fragenach dem Bezugssystem von Aussa gen über die Arbeitszu-friedenheit und wesentliche Korrelate, v.a. den Zusam men-hang mit der Leistung.

1.3.4.1 Begriff und DefinitionNeuberger und Allerbeck (1978) haben vorliegende Defi-nitionen der Arbeitszu friedenheit in neun Klassen einge-teilt, die jedoch nicht überschneidungsfrei sind. OhneAnspruch auf Vollständigkeit lassen sich diese auf zumin-

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dest fünf logisch unterscheidbare Klassen reduzieren (vgl.Nerdinger, 1995). Damit ist zwar eine willkürliche, aberfür das Verständnis der Problematik ausreichend differen-zierte Einteilung gegeben.1. Operationale Definitionen: Durch die Angabe einer

Messvorschrift wird das Pro blem inhaltlicher Aussagenumgangen und stattdessen Arbeitszufriedenheit de fi-niert als das, was ein entsprechender Fragebogen misst.Da eine Vielzahl sol cher Fragebögen entwickelt wurde(vgl. Sarges & Wottawa, 2009), die je weils mehr oderweniger Unterschiedliches messen, gäbe es demnach soviele Arbeitszufriedenheiten wie Fra gebögen – einewenig befriedigende Lösung. Au ßerdem werden beidiesem Vorgehen die Messfehler, die in der Arbeitszu-frie denheitsforschung in der Regel relativ hoch ausfal-len, Teil der Definition.

2. Affektive Bewertungsreaktion:Die damit umschrie-benen Definitionen betrachten Ar beitszufriedenheitals ein Gefühl, das sich als Folge einer positiven oderne gativen Bewertung der Arbeit einstellt. Häufig kon-zentrieren sich solche Defini tionen allein auf den Er-lebniszustand unter Abstraktion von den je konkreten,auslösenden Bedin gungen in der Arbeitssituation. Ihrereinste Form erhält diese Art der Definition bei Lersch(1962; zit. nach Neuberger & Allerbeck, 1978, S. 13):„Zufriedenheit ist ein Friede der Seele, sie ist frei vonder Unruhe und Gespanntheit unerfüllter Ansprüche,während Unzufriedenheit wie ein Sta chel in der Seelewirkt, der den Menschen nicht zur Ruhe kommenlässt“. Die phänomenologische Plastizität solcher Be-schrei bungen veranschaulicht den subjektiv erlebtenZustand, macht aber keine Aussagen darüber, wie einsolcher Zustand z.B. in der Arbeit entsteht. Danebenergibt sich ein weiteres Problem: Zufriedenheit wirdhier als vorübergehender Zustand gesehen, für die Pro -gnose des Verhaltens ist dagegen die zeitlich stabile,emotionale Reaktion auf die Ar beit gewöhnlich wich-tiger (Gebert & von Rosenstiel, 2003).

3. Bedürfnisbefriedigung: In solchen Definitionsansät-zen wird der Bezug zur Moti vation unmittelbar herge-stellt – Menschen sind demnach mit einer Reihe vonBedürfnissen (Motiven) ausgestattet, die sie zu befrie-digen suchen. Gelingt ih nen das im Rahmen ihrer beruflichen Arbeit, stellt sich als Ergebnis der Zustandder Ar beitszufriedenheit ein. Da nun Bedürfnisse bzw. Motive nicht unabhängig von Anreizen zu sehen sind,bilden Ansätze, die Arbeitszufriedenheit über die situa -tiven Anreize definieren, das theore tische Pendant zubedürfnistheoretischen Definitionen. Diese unmittel-bar plausible Auffassung bindet allerdings Arbeitszu-friedenheit einseitig an ganz bestimmte Theorien derMotivation, die sogenannten inhaltstheore tischen An-sätze (s.u. Kapitel 2).

4. (Aufgehobene) Soll-Ist-Differenz: In einer eher ko-gnitiven, d.h. auf die bewussten (Erkenntnis-)Prozesseabzielenden Betrachtung kann Arbeitszufriedenheit alsDis krepanz zwischen erwarteten bzw. erwünschten Be-dingungen der Arbeit (Soll) und wahrgenommenen,realen Bedingungen (Ist) konzipiert werden. Je gerin-ger die Dis krepanz zwischen Soll- und Ist-Zustand,desto größer sollte die Arbeitszufriedenheit ausfallen.Probleme mit diesem Ansatz entstehen v.a. bei der em-pirischen Erfassung solcher Diskrepanzen. Zwar sindIst- und Soll-Werte, Wahrnehmungen der und Wün-sche an die Arbeit logisch unabhängig, empirisch da-gegen finden sich positive Korrelationen. Demnachbeeinflusst das Wahrgenommene die Wünsche und um-ge kehrt bescheidet man sich häufig in das, was möglichist; gelegentlich finden Menschen auch das besondersinter essant, was sie den ganzen Tag machen (und ebendeshalb auch gut können; Semmer & Udris, 2007).

5. Einstellung zur Arbeit bzw. zu Aspekten der Ar-beitssituation:Unter Einstellungen wer den kognitive,affektive und konative, d.h. verhaltensbezogene Reak-tionen gegenüber einem Objekt verstanden (Six &Felfe, 2004; Schleicher et al., 2011; Judge & Kam-meyer-Mueller, 2012). Arbeitszufriedenheit im Sinneeiner Einstellung umfasst demnach die Meinungen überdie Arbeit, die emotionalen Reak tionen auf die Arbeitund die Bereitschaft, sich in bestimmter Weise in derArbeit zu engagieren. Definiert man Arbeitszufrieden-heit als Ein stellung, ist entschei dend, auf welche As-pekte der Arbeit sich die Einstel lung bezieht. Inempirischen Untersuchungen finden sich immer wie-der folgende Merkmale (Nerdinger, 1995; vgl. auchJudge & Kammeyer-Mueller, 2012):– Aufgabe (Vielseitigkeit der Aufgabe, Möglichkeit

zum Lernen etc.);– Äußere Arbeitsbedingungen (Beleuchtung, Klima,

Lärm etc.);– Bezahlung;– Aufstieg (Chancen zur Beförderung);– Vorgesetzter (Führungsstil, Aufgaben- bzw. Mitar-

beiterorientierung etc.);– Kollegen (Zusammenarbeit, Unterstützung etc.);– Organisation und Leitung der Firma usw.

Die Auswahl der Merkmale wirkt relativ willkürlich, diezugrunde liegenden theoreti schen Annahmen werden ge-wöhnlich nicht expliziert. Darüber hinaus zeigt sich in em-pirischen Untersuchungen, dass die verschiedenen Aspekteder Arbeit nicht unab hängig voneinander sind, sondernpositiv korrelieren. Ver mutlich erkennen die Be fragten Zu-sammenhänge zwischen den einzelnen Merkmalen, z. B.kann die Höhe der Entlohnung auf den Einsatz des Vorge-setz ten für den Mitarbeiter zurückgeführt wer den – in die-sem Beispiel entsteht eine positive Korrelation zwischen

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der Zufrieden heit mit dem Gehalt und dem Füh rungsstildes Vorgesetzten (zum Problem des Zustandekommensvon Zufriedenheitsurteilen vgl. Fischer & Belschak, 2006).Das Konzept der Arbeitszufriedenheit ist gerade aufgrundseiner scheinbar belie bigen definitorischen Fassungen inVerruf geraten. Die Definition von Arbeitszufrie denheitkann es aber nicht geben, vielmehr muss immer gefragtwerden, was mit dem Konzept eigent lich erklärt werdensoll. Die Ernüchterung in der Forscherge meinde hat dar-über hinaus auch empirische Gründe: In den kaum mehrüber schaubaren empirischen Untersuchun gen zum Themabezeichnen sich regelmäßig mehr als 80 % der Befragtenals zufrieden mit ihrer Arbeit. Die Erklärungen für diesesPhänomen sind vielfältig (Semmer & Udris, 2007). Ebensowie auf die Frage „Wie gehts?“ kaum eine andere Antwortals „gut“ zu erwarten ist, so kann eine unspezifische Fragenach der Zufriedenheit mit der Arbeit eben auch nur einesozial erwünschte Antwort hervorru fen. Denkbar sindaber auch andere Erklärungen für diesen empirischen Be-fund, zum Beispiel man gelndes Vertrauen der Befragtenhinsichtlich der Folgen solcher Untersu chungen; mit derVorstellung leben zu müssen, auf Dauer eine unbefriedi-gende Arbeit zu verrichten, ist nur schwer zu ertragen –deshalb wird die Arbeit kognitiv „geschönt“; möglicher-weise passt sich aber auch das Anspruchsniveau im Sinnedes Bezugssy stems der Bewertung an die jeweils verrichteteArbeit an.

1.3.4.2 Das BezugssystemFür die Interpretation von Aussagen über Arbeitszufrie-denheit ist immer das je weilige Bezugssystem der Befragtenentscheidend (Fischer & Fischer, 2005). Hier ist an sozialeVergleiche zu denken: Die Bezugspersonen, mit denenman sich gewöhnlich vergleicht, entstammen in der Regelderselben sozialen Schicht und verrichten ähnliche Tätig-kei ten, wodurch sich ein vergleichbares Anspruchsniveauhinsichtlich der Arbeit entwickelt. Ein anderes, eher dynamisches Bezugssystem bildet das individuelle An-spruchsniveau – einen theoretischen Versuch, Arbeits - zu friedenheit als Funktion des Anspruchsniveaus zubeschreiben, haben Bruggemann et al. (1975; vgl. Baum-gartner & Udris, 2006) unternommen. In ihrem Ansatzwird Arbeitszufriedenheit als Ergeb nis von Informations-verarbeitungsprozessen verstanden, wobei das Ergebnisdieser Prozesse wieder – über eine Veränderung der Situa-tion bzw. der Person – auf die Person zurückwirkt. DieGrundstruktur des Modells zeigt Abbil dung 2.

Ausgangspunkt der Genese verschiedener Formen derArbeitszufriedenheit ist ein Soll-Ist-Vergleich zwischen denBedürfnissen und Erwartungen (be zogen auf die Arbeits-situation) und den wahrgenommenen Merkmalen der Ar-beitssituation. Als erstes, vorläufiges Ergebnis diesesVergleichs postuliert das Modell zwei Zwischenstufen –stabilisierende Zufriedenheit bei geringer Differenz bzw.diffuse Unzufriedenheit bei hoher Differenz. Das An-

16 Arbeitsmotivation und Arbeitshandeln. Eine Einführung.

Allgemeine Merkmale der Arbeitssituation

Ist-Wert

Generelle Bedürfnisse und Erwartungen

Soll-Wert

Konkrete Merkmale der Arbeitssituation

Ist-Wert

Erhöhung des Anspruchsniveaus

Progressive Arbeitszufriedenheit

Stabilisierte Arbeitszufriedenheit

Resignative Arbeitszufriedenheit

Richtgröße für weitere Entwicklung der Bedürfnisse und Erwartungen und

der Einstellung zum Arbeitsverhalten

Pseudo-Arbeitszufriedenheit

FixierteArbeitsunzufriedenheit

Konstruktive Arbeitsunzufriedenheit

Senkung des Anspruchsniveaus

Aufrechterhaltung des Anspruchsniveaus

Aufrechterhaltungdes Anspruchs-

niveaus

Verfälschung der Situations-

wahrnehmung

Ohne neue Problemlösungs-

versuche

Neue Problemlösungs-

versuche

DifferenzSoll-Ist-Wert

Stabilisierende Zufriedenheit

DiffuseUnzufriedenheit

?

? ?

?

Konkrete Bedürfnisse und Erwartungen bezogen auf die

ArbeitssituationSoll-Wert

Abb. 2: Genese verschiedener Formen von Arbeitszufriedenheit (nach Bruggemann et al., 1975)

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spruchsniveau im Sinne eines Soll-Wertes hat nun ent-scheidende Be deutung für die weitere Entwicklung ver-schiedener Zustände der (Un-)Zufriedenheit. Bei einerErhöhung des Anspruchsniveaus kommt es zur progressi-ven Zufrie denheit, die als eine Art „schöpferischer Un-ruhe“ zu deuten ist. In dieser psychi schen Verfassungbescheidet man sich nicht mit dem Erreichten, sondernstrebt nach weiteren Verbesserungen der Situation. Im Ge-gensatz dazu stehen die land läufigen Assoziationen des Be-griffs, die sich mit Vorstellungen von harmonischerAusgeglichenheit in Verbindung bringen lassen, ein Zu-stand, der bei Aufrechterhaltung des Anspruchsniveaus mitdem Konzept der sta bilisierten Arbeitszufriedenheit um-schrieben wird.

In der Phase diffuser Unzufriedenheit entscheidetebenfalls das Anspruchsni veau über die Entwicklung ver-schiedener Zustände der (Un-)Zufriedenheit. Durch Sen-kung des Anspruchsniveaus kann die Diskrepanz zwischenSoll und Ist verrin gert werden – Folge ist die sogenannteresignative Arbeitszufriedenheit. Bei Auf rechterhaltungdes An spruchsniveaus können dagegen verschiedene For-men der Problembearbeitung auftre ten – während resig-native Arbeitszufriedenheit durch Verringerung derSoll-Ist-Diskre panz über Senkung des Soll-Wertes herge-stellt wird, leitet sich Pseudo-Arbeitszufrieden heit auseiner Veränderung des Ist-Wertes her, die z.B. durch Ver-fälschung der Situati onswahrnehmung erreicht wird. Einenbeeindruckenden Fall hat Hugo Münsterberg bereits imJahre 1912 beschrieben:

„In einem elektrischen Werk mit über 10.000 Ange-stellten gewann ich den Ein druck, dass die Prämie (für diemonotonste Arbeit; FWN) einer Frau gehörte, wel che seitzwölf Jahren tagaus, tagein von früh bis spät Glühlampenin einen Rekla mezettel einwickelte, und zwar durch-schnittlich diesen Wickelprozess 13.000 mal im Tage voll-endete ... Die Frau war aus Deutschland gebürtig, und esmachte ihr offenbar Vergnügen, sich mit mir über ihre Tätigkeit auszusprechen. Sie versi cherte mir, dass sie dieArbeit wirklich inter essant fände und fortwährend inSpan nung sei, wieviele Schachteln sie bis zur nächstenPause fertigstellen könnte. Vor allem gäbe es fortwährendWechsel, einmal greife sie die Lampe, einmal das Pa piernicht in genau gleicher Weise ...“ (Münsterberg, 1912, S.116, vgl. Ulich, 2011).

Lässt sich die Situation scheinbar nicht ändern, kanndie Wahrnehmung so strukturiert werden, dass die Arbeitansprechend wirkt (zu kollektiven Formen der Strukturie-rung monotoner Tätigkeiten vgl. Roy, 1959). Obwohl sichin herkömmli chen Fragebögen vermutlich alle vier bislangbesprochenen Fälle gleichermaßen als zufrieden bezeich-nen, ist plausiblerweise zu erwarten, dass die laut Frage -bogen schein bar gleich auf die Arbeit reagierendenMitarbeiter sowohl im Er leben der Arbeits situation als

auch im künftigen Verhalten gravierende Unter schiede zei-gen. Während die bislang skizzierten Prozesse zu unter-schiedlichen Formen der Zufrie denheit führen, mündendie beiden letzten Prozesse des Modells in Formen der Unzufriedenheit. Fälle, die durch Problemlöseversuche gekennzeichnet sind, die sich auf die Änderung der Situa-tion richten, bezeichnen Bruggemann et al. (1975) als konstruktive Unzufriedenheit. So charakte risierte Ar-beitnehmer tragen – zusammen mit den progressiv zu frie-denen – zu Wandlungsprozessen im Unternehmen bei.Wer schließlich trotz Soll-Ist-Diskrepanz und behaupte-tem Anspruchsniveau keine Problemlöseversu che unter-nimmt, bei dem bildet sich ein Zustand, der als fixierteUnzufriedenheit bezeichnet wird. Werden am Arbeits-markt alternative Beschäftigungsmöglichkei ten wahrge-nommen, dann sollten fixiert-unzufriedene Mitarbeiter amstärk sten zur Fluktuation neigen.

Das Modell von Bruggemann et al. (1975) trägt we-sentlich zum Verständnis der Pro zesse der Entstehung undWandlung von Arbeitszufriedenheit bei, durch die ver-schie denen Formen und ihre Genese kann u.a. der immerwieder belegte, hohe Prozentsatz Zufriedener, der sich auchin Arbeitssituationen findet, die allge mein eher als unzu-mutbar einzustufen sind, plausibel erklärt werden. In em-piri schen Überprüfungen des Modells ließen sich jedochbislang nicht alle postu lierten Formen nachweisen (Baum-gartner & Udris, 2006). Gewöhnlich zeigt sich nebeneinem Faktor „Allgemeine Arbeitszufriedenheit“ ein Faktor „Resignation“ (Beispielaussage: „Meine Arbeit istzwar nicht gerade ideal, aber schließlich könnte sie nochschlimmer sein“). Dieser Faktor wiederum korreliert mitselbstberichteten körperlichen und psychosomatischen Beschwerden, was nahelegt, dass mit „Resignation“ ein wichtiger Aspekt der Arbeitszufriedenheit erfasst wird.Körperliche Beschwerden sind daher als ein wesentlichesKorrelat der Resignation zu betrachten.

Den positiven, das Verständnis der Dynamik der Ar-beitszufriedenheit verbessernden Aspekten des Modellsstehen allerdings große methodische Probleme entgegen(Semmer & Udris, 2007). Eigentlich fordert das Modelleine Überprüfung durch den Einsatz qualitativer Metho-den, z.B. im Rahmen von Interviews, die zudem im Längs-schnitt durchzuführen wären. Solche Studien sind aber bisheute nicht zu finden (zu möglichen Gründen vgl. Baum-gartner & Udris, 2006). Bei der Erfassung durch Frage -bögen lassen sich aber gewöhnlich – wie erwähnt – dieverschiedenen Formen der Arbeitszufriedenheit nichtüberschneidungsfrei nachweisen. Hoffnung auf Besserungin dieser Frage verspricht ein neu entwickeltes Verfahren,der Fragebogen zur Erhebung von Arbeitszufrieden-heitstypen (FEAT; Ferreira, 2009). Erste Analysen mitdem FEAT deuten darauf hin, dass sich damit die aus demModell von Bruggemann theoretisch ableitbaren Zufrie-

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denheitstypen empirisch trennscharf nachweisen lassen.Die Neuentwicklung eines Verfahrens, das auf diesem Mo-dell beruht, belegt dessen nach wie vor große Bedeutung.Dieses nahezu singuläre Modell zur Erklärung der Ar-beitszufriedenheit verdient daher auch weiterhin das Inte-resse der Wissenschaft.

1.3.4.3 KorrelateKorrelate der Arbeitszufriedenheit lassen sich nach Ante-zedenzen – die Arbeitszufriedenheit erklärenden Korrelate– und Konsequenzen unterscheiden. Die Antezedenzenwerden wiederum in zwei große Klassen unterteilt, Merk-male der Arbeit und Merkmale der Person (vgl. Six & Felfe,2004; Schleicher et al., 2011; Judge & Kammeyer-Mueller,2012). Bei den Merkmalen der Arbeit sind es besondersverschiedene Aspekte der Tätigkeit wie Autonomie undGanzheitlichkeit der Aufgaben (s.u. Kapitel 2.4.2), die mitder Arbeitszufriedenheit zusammenhängen. Darüber hi-naus tragen aber auch die Möglichkeiten zur Partizipation,d.h. zur Teilhabe an Entscheidungen ebenso dazu bei wieMerkmale des Führungsverhaltens (vgl. zusammenfassendSix & Felfe, 2004). Dagegen fällt der Zusammenhang mitder Höhe der Bezahlung durchweg gering aus: In einer Me-taanalyse von 92 unabhängigen Stichproben ermitteltenJudge, Piccolo, Podsakoff, Shaw und Rich (2010) eine Korrelation von .15 zwischen der Bezahlungshöhe und derallgemeinen Arbeitszufriedenheit (mit der Bezahlungszu-friedenheit korreliert die Bezahlungshöhe zu .23). Diesegeringen Zusammenhänge deuten darauf hin, dass es nichtdie Höhe der Bezahlung ist, die zufrieden macht, sondernvermutlich eher die Frage, ob die Vergütung als gerecht undfair erlebt wird (vgl. unter Kapitel 7.2.2).

Die Frage, ob Arbeitszufriedenheit auch mit Merkma-len der Person zusammen hängt, hat in den letzten Jah-ren eine Vielzahl von Studien angeregt. Judge, Parker,Colbert, Heller und Ilies (2001) unterscheiden dabei indi-rekte von direkten Studien. Indirekte Studien versuchendie personale Basis der Arbeitszufriedenheit durch Schluss-folgerungen aus empirischen Zusammenhängen abzulei-ten. Exemplarisch ist dafür eine Untersuchung von Stawund Ross (1985), auf die letztlich das große Interesse andieser Frage zurückzuführen ist. Die Autoren konnten zei-gen, dass Messungen der Arbeitszufriedenheit auch nachfünf Jahren noch relativ hoch korrelieren (.29; p < .01). Ineiner Metaanalyse der zu diesem Zeitpunkt vorgelegenenUntersuchungen fanden Dormann und Zapf (2001) füreine im Schnitt dreijährige Messperiode einen durch-schnittlichen (korrigierten) Zusammenhang von .50.Dabei bleiben die signifikanten Zusammenhänge auch be-stehen, wenn die Befragten in der Zwischenzeit ihren Ar-beitsplatz gewechselt haben, allerdings verringern sich dieZusammenhänge in diesem Fall ebenso wie mit zuneh-mender Dauer, die zwischen den Untersuchungen ver-

streicht. Diese Befunde werden durch eine spektakuläre in-direkte Untersuchung von Arvey, Bouchard, Segal undAbraham (1989) untermauert, in der 34 getrennt aufge-wachsene, eineiige Zwillinge untersucht wurden: Auchderen Arbeitszufriedenheit korrelierte signifikant, wobeinach Schätzung der Autoren genetische Faktoren ca. 30%der Varianz in der Arbeitszufriedenheit erklären können.

Wie sind solche Studien zu interpretieren? Da Men-schen vermutlich nicht mit einem für die Arbeitszufrie-denheit verantwortlichen Gen auf die Welt kommen,müssen diese Befunde durch andere, nicht direkt gemes-sene Merkmale erklärt werden. Dafür bietet sich die Per-sönlichkeit der Befragten an, die als zeitlich überdauerndesMerkmal verstanden wird: In solchen Studien wird auf dieWirksamkeit der Persönlichkeit für die Arbeitszufrieden-heit geschlossen, ohne diesen Zusammenhang direkt zu be-legen. Diesen Ansatz wählt die zweite Gruppe vonUntersuchungen, die Judge et al. (2001) entsprechend alsdirekte Studien bezeichnet. In diesen Untersuchungenwerden Persönlichkeitsmerkmale gemessen und in Bezie-hung zur Arbeitszufriedenheit gesetzt.

Vertieft untersucht wurden solche Zusammenhänge zuden Merkmalen Positive und Negative Affektivität. DasPersönlichkeitsmerkmal Positive Affektivität ist durchhohe Energie, Enthusiasmus und Engagement gekenn-zeichnet, dagegen ist das davon weitgehend unabhängigeMerkmal Negative Affektivität u.a. durch Nervosität undStressempfinden charakterisiert. Metaanalytisch wurde gezeigt, dass Negative Affektivität eine korrigierte Korre-lation von -.40, Positive Affektivität von .50 mit Arbeits-zufriedenheit aufweist (Thoresen, Kaplan, Barsky, Warren& de Chermont, 2003). Demnach zeigt die emotionaleGestimmtheit im Sinne eines zeitlich relativ überdauern-den Persönlichkeitsmerkmals beachtlich enge Zusammen-hänge mit der Arbeitszufriedenheit. Die entsprechendenPersönlichkeitsmerkmale können wiederum direkt oder in-direkt wirken. So kann zum Beispiel Negative Affektivitätdazu führen, dass dadurch gekennzeichnete Mitarbeiter be-sonders sensibel auf die negativen Aspekte ihrer Arbeit rea-gieren und sich auch verstärkt an solche Aspekte erinnern,wodurch die Arbeitszufriedenheit beeinflusst wird. Ent-sprechend konnten Bowling, Beehr und Lepisto (2006) ineiner Längsschnittstudie zeigen, dass solche affektiven Dis-positionen die Änderung der Arbeitszufriedenheit im un-tersuchten Zeitraum von fünf Jahren kausal erklären. Eskönnen aber auch indirekte Wirkungen vorliegen, die überdie Wahl von Aufgaben vermittelt werden: So entscheidensich zum Beispiel durch Neurotizismus gekennzeichnetePersonen besonders häufig für Situationen, die negativeGefühle auslösen (vgl. dazu Nerdinger et al., 2011) – undwerden in der Folge unzufriedener mit der Tätigkeit sein.

Neben den affektiven Dispositionen wurden in diesemZusammenhang häufig die auf das Selbst bezogenen Per-

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sönlichkeitsmerkmale untersucht. Unter dem Etikett derKern-Selbstbewertungen (core self-evaluations; Judge,Locke, & Durham, 1997; Judge & Bono, 2001; kritischdazu: Chen, 2011) werden dabei die Merkmale Selbst-wertgefühl, Locus of Control (liegt der wahrgenommeneOrt der Ursache von Verhalten innerhalb oder außerhalbder Person), Neurotizismus (Ängstlichkeit) und Selbst-wirksamkeit (aufgabenspezifisches Selbstvertrauen; s.u.Kapitel 5.2.2.1) zusammengefasst. In einer Metaanalysevon Judge und Bono (2001) korrelierten alle vier Merk-male sehr eng mit Arbeitszufriedenheit (zwischen .24 und.45). Dormann, Fay, Zapf und Frese (2006) belegen anhandder Daten einer Längsschnittstudie, die vier Befragungs-zeitpunkte umfasste, dass diese Persönlichkeitsmerkmaleund auch die bereits erwähnten affektiven Dispositionenim Zeitverlauf sehr stabil bleiben. Zudem haben sie nach-gewiesen, dass die im Zeitverlauf stabile Varianz in der Arbeitszufriedenheit sich fast vollständig durch die Kern-Selbstbewertungen und die gleichfalls erhobenen affekti-ven Gestimmt heiten erklären lässt (wobei wiederum derLocus of Control und die Negative Affektivität den weit-aus größten Erklärungswert haben). Demnach finden sichsubstantielle Hinweise auf einen sehr starken Einfluss dis-positioneller Faktoren auf die Arbeitszufriedenheit (wobeisich in Längsschnittuntersuchungen auch ein umgekehr-ter Einfluss nachweisen lässt, d.h. Arbeitszufriedenheit unddie Zunahme der Arbeitszufriedenheit im erfassten Zeit-verlauf erklären auch später gemessene, höhere Ausprä-gungen in den Kern-Selbstbewertungen; vgl. Wu &Griffin, 2012).

Während über die Merkmale der Situation bzw. derPerson das Zustandekommen von Arbeitszufriedenheit er-klärt wird, richtet sich das zentrale Interesse der Forschungauf die Frage, ob die Arbeitszufriedenheit die Leistung derMitarbeiter (bzw. andere für den Unternehmenserfolgwichtige Größen) erklären kann. Diese Frage wurde langeZeit eher negativ beschieden. Bereits Vroom (1964) kambei der Untersuchung von zwanzig Studien zu dem Er -gebnis einer durchschnittlichen Korrelation zwischen Arbeitszufriedenheit und Leistung von .14, die er als be-deutungslos betrachtete. Zudem verwies er darauf, dass dieZusammenhänge extrem variieren, d. h. nur in manchenTätigkeiten sollte die Arbeitszufriedenheit Einfluss auf dieLeistung haben, in anderen dagegen sogar negativ mit derLeistung korrelieren. Dies galt lange Zeit als „Schulmei-nung“, bis Judge, Thoresen, Bono und Patton (2001) eineMetaanalyse von 312 Stichproben mit insgesamt 54.417Personen vorgelegt haben. Dabei zeigte sich eine durch-schnittliche korrigierte Korrelation der globalen Arbeits-zufriedenheit mit der Leistung von .30, was einen durchausbeachtlichen Wert darstellt.

Neben diesem direkten Zusammenhang sind zudemnoch die Wirkungen von Moderator-Variablen zu berück-

sichtigen. So fiel in der Metaanalyse von Judge, Thoresenet al. (2001) der Zusammenhang der Zufriedenheit mit derLeistung bei Aufgaben, die anspruchsvoller und komple-xer sind, deutlich größer aus. Entsprechend fanden sichauch unterschiedliche Zusammenhänge in Abhängigkeitvon der untersuchten Berufsgruppe: Bei Krankenschwes-tern hängt die Arbeitszufriedenheit kaum mit der Leistungzusammen, bei akademischen Berufsgruppen wie Inge-nieuren oder Lehrern, aber auch bei Verkäufern und Ma-nagern ist er dagegen stark ausgeprägt. Folglich ist derZusammenhang zwischen Zufriedenheit und Leistung zu-mindest in den Berufsgruppen, die über anspruchsvollereTätigkeiten bei höherer Autonomie verfügen, sehr be-deutsam. Allerdings konnte auch in dieser Untersuchungdie Frage der Wirkrichtung nicht eindeutig geklärt werden.Demnach sind weiterhin beide Richtungen plausibel –hohe Zufriedenheit führt zu mehr Leistung bzw. Leis-tungserlebnisse führen zu hoher Zufriedenheit. Mögli-cherweise wirken die beiden Größen auch reziprok, d.h. siebeeinflussen sich wechselseitig (Fischer & Fischer, 2005).

Schließlich könnte der Zusammenhang zwischen Ar-beitszufriedenheit und Leistung auch eine Scheinkorrela-tion darstellen. Zumindest hat Bowling (2007) in einer Meta analyse vorliegender Studien gezeigt, dass dieser Zu-sammenhang fast völlig verschwindet, wenn das auf der Or-ganisation basierende Selbstwertgefühl kontrolliert wird(und der Zusammenhang verschwindet partiell, wenn derEinfluss allgemeiner Persönlichkeitsmerkmale kontrolliertwird): Die beobachtete Korrelation wäre demnach letzt-lich darauf zurückzuführen, dass sowohl Arbeitszufrie-denheit als auch Leistung in erster Linie durch diese Formdes Selbstwertgefühls bzw. durch allgemeine Persönlich-keitsmerkmale bestimmt wird. Allerdings wurden in die-ser Metaanalyse v.a. Querschnittstudien berücksichtigt.Demgegenüber hat Riketta (2008) eine Metaanalysedurchgeführt, die sich auf vorliegende Längsschnittstudiendes Zusammenhangs konzentriert, mit dem Ergebnis, dassdie Evidenz eher für eine kausale Wirkung der Arbeitszu-friedenheit auf die Leistung spricht.

Zu beachten ist zudem, dass sich auch negative Zusam-menhänge der Arbeitszufriedenheit mit unerwünschtenKonsequenzen, speziell mit Absentismus und Fluktuationnachweisen lassen. Diese Zusammenhänge fallen zwarnicht sehr hoch aus (vgl. Six & Felfe, 2004), allerdings wer-den Absentismus und Fluktuation auch nicht nur durchdie Arbeitszufriedenheit, sondern durch sehr viele per -sonale und situative Merkmale beeinflusst. Aus diesen Zusammenhängen lässt sich schließen, dass Arbeitszufrie-denheit eine Bedingung des körperlichen und psychischenWohlbefindens und ein Indikator „gesunder“ Arbeitsbe-dingungen ist: So können zum Beispiel in Betrieben mithoher Fluktuation auch höhere Belastungen der Mitarbei-ter bei gleichzeitig geringeren Ressourcen zur Bewältigung

191 Grundlagen

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dieser Belastungen nachgewiesen werden (Ducki, 2000).Die Bedeutung der Arbeitszufriedenheit für das Wohlbe-finden einer Person wird letztlich auch durch seine Aus-wirkungen auf den Freizeitbereich verdeutlicht: Judge undIlies (2003) haben belegt, dass Arbeitszufriedenheit die po-sitive Stimmung nach der Arbeit beeinflusst (wobei dieserEinfluss die dispositionellen Neigungen zu positiven bzw.negativen Stimmungen noch verstärken kann).

Zusammenfassend betrachtet weisen alle diese Befundeund die in den letzten Jahren wieder intensivierte – undmethodisch ausgefeiltere – Forschung darauf hin, dass dasKonzept der Arbeitszufriedenheit auch in Zukunft eineder wichtigsten Variablen der Arbeits- und Organisations-psychologie sein wird. Daher werden die im Folgenden dis-kutierten Theorien der Arbeitsmotivation v.a. an denKriterien Zufriedenheit und – mit Blick auf die betriebs-wirtschaftliche Bedeutung – Leistung gemessen. Das Vor-gehen bei der Darstellung dieser Theorien und derBefunde empirischer Überprüfungen sei im nächsten Ab-schnitt umrissen.

1.4 Zum weiteren Vorgehen

Theorien der Arbeitsmotivation lassen sich nach einemVorschlag von Campbell und Prit chard (1976) formal inzwei Klassen einteilen – Inhalts- und Prozess theorien (z.B.von Rosenstiel & Nerdinger, 2011). Inhaltstheorien derArbeitsmotiva tion gehen entweder von einer Taxonomievon Bedürfnissen bzw. Zielen oder aber von einer Inhalt-sklasse von Zielen (einem Motiv) aus und versuchen, Zu-sammenhänge mit Handlungsergebnissen nachzuweisen.Die Pro zesse, die zwischen der Motivaktivierung und demHandeln liegen, werden bei die sem Vorgehen weitgehendausgeblendet. Dem dynamischen Geschehen widmen sichdagegen die Prozesstheorien, in denen die Inhalte derZiele des Handelns un bestimmt bleiben. Vielmehr wird –gewöhnlich unter der An nahme des Prinzips der Nutzen-ma ximierung – der Prozess der subjektiv rationalen Abwägung von Vor- und Nachtei len einzelner Hand-lungsalternativen und die daraus resultierende Wahl the -mati siert.

Diese rein formale Zweiteilung der Theorien verdeut-licht den lange Zeit relativ unbefriedigen den Stand derForschung im Bereich der Arbeitsmotivation. In den letz-

ten Jahrzehnten haben sich aber die Bemühungen der Motivationspsychologie verstärkt auf die theoreti sche In-tegration vorliegender Ansätze gerichtet (Heckhausen,2010; Achtziger & Gollwitzer, 2010). Ein solcher Versuch,der Handlungen in verschiedene Phasen unterteilt, liegt –beginnend mit dem dritten Kapitel – der folgenden Dar-stellung zugrunde. In diesem Ansatz wird jede Phasemenschlichen Handelns durch die jeweils zu lösende Auf-gabe charakterisiert, die Wahl einer Handlungsalternative;die Absicht bzw. die In tention, die mit der ge wähltenHandlungsalternative verbundenen Ziele zu realisieren; dieRealisation der Absicht im Handeln und schließlich dieBewertung der Handlungs ergebnisse. Jeder dieser Aufga-ben bzw. Phasen, in denen die Aufgaben zu lösen sind, lassen sich bestimmte motivationspsychologische Theo-rietypen zuordnen, die bislang zum Großteil unter dem all-gemeinen Etikett der Prozesstheorien subsumiert wurden.Die im vierten Kapitel diskutierte Wahl zwischen ver-schiedenen Handlungsalternativen wird gewöhnlich durchsoge nannte Erwartungs-mal-Wert-Theorien erklärt, die In-tentionsbildung und die Ausfüh rung von Handlungen hin-gegen durch volitionale Theorien. Die unter dem Aspektder Anwendung psychologischen Wissens besonders wich-tige Theorie der Zielsetzung wird im fünften Kapitel ge-nauer dargestellt, Theorien der Hand lungregulation sindThema des sechsten Kapitels. Schließ lich werden Hand-lungen häufig durch eine Phase abgeschlossen, in der dieUrsa chen der Handlungsergebnisse gedeutet und die Er-gebnisse bewertet werden. Die wichtigsten Theorien, diezur Erklärung dieser Aufgaben entwickelt wurden, sindGegenstand des siebten Kapitels.

Hinter dem Konzept der Handlungsphasen steht letzt-lich die Idee, dass sich der Moti vationspsychologie verschiedene Aufgaben stellen, die durch verschiedeneTheorien (Theorietypen) zu lösen sind. Dagegen versu-chen die inhaltstheoreti schen Ansätze alle anstehendenFragen mit einer bedürfnis- bzw. motivtheoreti schen Kon-zeption zu erklä ren: Demnach ist sowohl die Wahl einerHandlungsal ternative als auch das Handeln und die Be-wertung der Handlungsergebnisse durch ein Wechselspielvon Person und Si tuation, von stimulierten Motiven undstimulie renden situativen Anreizen bestimmt. Die für dieArbeits- und Organisationspsy chologie wesentlichsten in-haltstheoretischen An sätze und ihr praktischer Ertrag wer-den im nächsten Kapitel behandelt.

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2 Inhaltstheoretische Ansätze

Inhaltstheoretische Ansätze der Motivationspsychologie las-sen sich formal danach unterscheiden, ob sie das motiva-tionale Geschehen auf eine Energiequelle zurückführen –sogenannte monothematische Ansätze –, oder aber versu-chen, die ganze Vielfalt der menschli chen Motive bzw. dersituativen Anreize in ein System zu fügen (polythematischeAnsätze). Eine berühmte monothematische Motivtheoriestammt von dem Philosophen Friedrich Nietzsche, der letzt-lich alles men schliche Handeln auf den Willen zur Machtzurückführte. Noch einflussreicher war Sigmund Freuds(1917/1969) Versuch, die menschliche Entwicklung auseiner Triebquelle, der Libido, zu erklä ren (wobei er im Alternoch eine zweite Quelle postulierte, den Todestrieb, der al-lerdings wenig überzeugend belegt war und deshalb vonder Forschung weitgehend ignoriert wurde). Interessanter-weise wurden beide Ansätze außerhalb der Universität entwickelt. In der frühen akademischen Psychologie domi-nierten dagegen polythemati sche Ansätze – in Einklang mitder akademischen Nei gung zur Systematisierung und Ord-nung der Welt wurde dabei versucht, Listen von Instinkten(z.B. McDougall, 1932) bzw. Be dürfnissen (z.B. Murray,1938; vgl. dazu Heckhausen, 2010) zu er stellen.

Das Problem der inhaltstheoretischen Betrachtung wirdzunächst exemplarisch an ei ner Forschungstradition be-leuchtet, die aus der Auflistung der Bedürfnisse von Murray(1938) ein einzelnes Motiv isoliert betrachtet und detailliertuntersucht hat – das Leistungsmotiv. In derselben theoreti-schen Tradition steht die Motivklassifikation von Mas low(1981), die in der Ar beits- und Organisationspsychologieeinige Beachtung ge funden hat. Die heftige wissenschaftli-che Kritik an solchen Versuchen, Taxonomien von Instinktenoder Bedürfnissen zu erstellen, hat dazu geführt, dass überJahrzehnte in diesem Feld keine neuen Versuche unternom-men wurden. Erst in den 90er Jahren des vorigen Jahrhun-derts hat Robert Hogan im Rahmen seiner SozioanalytischenTheorie der Persönlichkeit (Hogan, 1983; zum Überblick:Blickle, 2013) eine Taxonomie der Bedürfnisse entwickelt,die sich – wie erste empirische Überprüfungen zeigen –auch im Feld der Arbeits- und Organisationspsychologie alsfruchtbar erweisen könnte.

Das Pen dant zu bedürfnistheoretischen Taxonomien mitBlick auf die Situation bildet die Zwei-Faktoren-Theorie vonHerzberg, Mausner und Snyderman (1959), in der versuchtwird, die situativen An reize nach ihrer Wirkung auf die Arbeitszu friedenheit zu systematisieren. Entscheidende Bedeutung kommt demnach dem Arbeitsinhalt zu, der in-trinsisch motivieren kann. Die Bedingungen intrinsischer Mo-tivation werden abschließend darge stellt und einigeFolgerungen für die Gestaltung von Arbeitsplätzen gezo-gen.

2.1 Das Leistungsmotiv

Die Erforschung des Leistungsmotivs verbindet sich zen-tral mit dem Namen des ameri kanischen PsychologenDavid McClelland, der sowohl für die theoretische Fun-dierung als auch die empirische Erfassung von Motivenentscheidende Impulse gegeben hat. Seine Arbeiten basie-ren auf dem sogenannten Affekt-Erregungs-Modell derMotiva tion (McClelland, Atkinson, Clark & Lowell,1953), demgemäß Motive durch emotionale Erfahrun genund die situativen Bedingungen, in denen solche gemachtwerden, erlernt werden. Zum Beispiel ist nach Meinungvon McClel land das Erleben eines Erfolges mit dem Ge-fühl des Stolzes, das Erleben von Misserfol gen mit dem Gefühl der Scham verknüpft. Diese Gefühle werden ge-danklich mit der Wahrnehmung wichtiger Merkmale derSituation – den situativen Hinweisreizen (cues), in der sieauftreten – assoziiert. Die situativen Hinweisreize, die auf-grund ihres räumlich-zeitlichen Zu sammenhangs mit denaffektiven Zuständen verbunden sind, können da her, wennsie in späteren Situationen wahrgenommen werden, die-selben affektiven Zu stände wieder hervorrufen. Je nach-dem, ob die Hinweisreize ursprünglich zusammen mitangenehmen oder unangenehmen Gefühlen im Indivi-duum auftreten, wird die Si tuation zuwendende oder ver-meidende Handlungstendenzen auslösen. So erklärt sichnach McClelland eine aktuelle Motivation.

Diesen, hier sehr vereinfacht dargestellten Mechanis-mus hat McClelland empi risch an einzelnen Motivklassenuntersucht, wobei er auf Arbeiten von Murray (1938; vgl.zum Folgenden auch Rudolph, 2003; Brunstein & Heck-hausen, 2010) aufbaute. Zunächst wird kurz der Beitragvon Murray rekapituliert, der v.a. in der grundlegendenIdee zur Messung des Leistungsmotivs zu sehen ist. DieseIdee hat McClelland zu einer wegweisen den Methodik zurMessung impliziter Motive weiterentwickelt. Im Anschlussdaran wird ein Blick auf Mc Clellands Untersuchungen mitdieser Methodik im wirt schaftlichen Bereich geworfen, umschließlich noch kurz seine Versuche des Trainings derLeistungsmotivation zu betrachten.

2.1.1 Messung

Henry Murray hat die Erforschung der Leistungsmotiva-tion in zweifacher Weise beeinflusst: Zum einen hat er eineTaxo nomie von zwanzig grundlegenden menschlichen Be-dürfnissen vorgelegt, unter denen sich auch das Bedürf nisnach Leistung (abgekürzt nAch für „need for achieve-ment“) findet. Zum anderen entwickelte er ein Instrumentzur Messung von Motiven (in seiner Diktion, von Bedürf-

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