Aspekte des Standorts - AR-A+D · 2018. 3. 23. · Karl Gerstner Aspekte des Standorts i. Bedarf,...

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Aspekte des Standorts Autor(en): Gerstner, Karl Objekttyp: Article Zeitschrift: Das Werk : Architektur und Kunst = L'oeuvre : architecture et art Band (Jahr): 42 (1955) Heft 11: Sonderheft Grafik Persistenter Link: http://doi.org/10.5169/seals-32558 PDF erstellt am: 20.03.2018 Nutzungsbedingungen Die ETH-Bibliothek ist Anbieterin der digitalisierten Zeitschriften. Sie besitzt keine Urheberrechte an den Inhalten der Zeitschriften. Die Rechte liegen in der Regel bei den Herausgebern. Die auf der Plattform e-periodica veröffentlichten Dokumente stehen für nicht-kommerzielle Zwecke in Lehre und Forschung sowie für die private Nutzung frei zur Verfügung. Einzelne Dateien oder Ausdrucke aus diesem Angebot können zusammen mit diesen Nutzungsbedingungen und den korrekten Herkunftsbezeichnungen weitergegeben werden. Das Veröffentlichen von Bildern in Print- und Online-Publikationen ist nur mit vorheriger Genehmigung der Rechteinhaber erlaubt. Die systematische Speicherung von Teilen des elektronischen Angebots auf anderen Servern bedarf ebenfalls des schriftlichen Einverständnisses der Rechteinhaber. Haftungsausschluss Alle Angaben erfolgen ohne Gewähr für Vollständigkeit oder Richtigkeit. Es wird keine Haftung übernommen für Schäden durch die Verwendung von Informationen aus diesem Online-Angebot oder durch das Fehlen von Informationen. Dies gilt auch für Inhalte Dritter, die über dieses Angebot zugänglich sind. Ein Dienst der ETH-Bibliothek ETH Zürich, Rämistrasse 101, 8092 Zürich, Schweiz, www.library.ethz.ch http://www.e-periodica.ch

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  • Aspekte des Standorts

    Autor(en): Gerstner, Karl

    Objekttyp: Article

    Zeitschrift: Das Werk : Architektur und Kunst = L'oeuvre : architecture et art

    Band (Jahr): 42 (1955)

    Heft 11: Sonderheft Grafik

    Persistenter Link: http://doi.org/10.5169/seals-32558

    PDF erstellt am: 20.03.2018

    NutzungsbedingungenDie ETH-Bibliothek ist Anbieterin der digitalisierten Zeitschriften. Sie besitzt keine Urheberrechte anden Inhalten der Zeitschriften. Die Rechte liegen in der Regel bei den Herausgebern.Die auf der Plattform e-periodica veröffentlichten Dokumente stehen für nicht-kommerzielle Zwecke inLehre und Forschung sowie für die private Nutzung frei zur Verfügung. Einzelne Dateien oderAusdrucke aus diesem Angebot können zusammen mit diesen Nutzungsbedingungen und denkorrekten Herkunftsbezeichnungen weitergegeben werden.Das Veröffentlichen von Bildern in Print- und Online-Publikationen ist nur mit vorheriger Genehmigungder Rechteinhaber erlaubt. Die systematische Speicherung von Teilen des elektronischen Angebotsauf anderen Servern bedarf ebenfalls des schriftlichen Einverständnisses der Rechteinhaber.

    HaftungsausschlussAlle Angaben erfolgen ohne Gewähr für Vollständigkeit oder Richtigkeit. Es wird keine Haftungübernommen für Schäden durch die Verwendung von Informationen aus diesem Online-Angebot oderdurch das Fehlen von Informationen. Dies gilt auch für Inhalte Dritter, die über dieses Angebotzugänglich sind.

    Ein Dienst der ETH-BibliothekETH Zürich, Rämistrasse 101, 8092 Zürich, Schweiz, www.library.ethz.ch

    http://www.e-periodica.ch

    http://doi.org/10.5169/seals-32558

  • Karl Gerstner Aspekte des Standorts

    i.Bedarf, Produktion und Verschleiß von Werbemittelnsind immens. Der Umfang wird ständig größer, undneue Sparten werden erfaßt; das Tempo der Entwick¬lung ist atemraubend. Ein Beispiel: 6 -h MilliardenDollar betrugen 1951 die Reklameausgaben in denUSA, pro Kopf der Bevölkerung über 170 Franken.In der Schweiz werden die jährlichen Ausgaben fürWerbung auf 700 Millionen geschätzt. Ein anderesBeispiel: das Inseratenwesen nimmt in der Schweizjährlich um 8-10% an Umfang zu. Und es ist zu ver¬muten, daß diese Entwicklung andauern wird.

    Wo führt dies hin? Vor allem: wo steht hier der Ent¬werfer - der Texter, der Grafiker? Entsprechend derzunehmenden Verbreitung seiner Arbeit wächst dieVerantwortung. Die Verantwortung dem Auftraggebergegenüber, für den die Wirksamkeit der Werbung eineExistenzfrage bedeutet. Die Verantwortung gegenüberdem Konsumenten, der mit Recht von der Propagandanicht eine zusätzliche Belastung des täglichen Lebenserwartet. Zweifellos: die rapide Entwicklung istorganisatorisch glänzend bewältigt worden. Aber dieKonsequenzen gehen tiefer. Und läßt sich dement¬sprechend in den Forderungen nach Geist und Gestaltauch ein weiter gestecktes Ziel erkennen? Oder nurein Weg? Und wo finden wir die verbindlichenManifestationen dafür?

    Die folgenden Ausführungen sind diesen Fragengewidmet. Sie sind beschränkt auf das grafischeSchaffen. Sie sind geschrieben im Bewußtsein derMöglichkeiten und vor allem auch der Grenzen diesesrelativ jungen Tätigkeitsgebiets. Die Grafik im Dienstder Werbung - stellt sie nicht mindestens einenaktuellen und überall gegenwärtigen Faktor unseresDaseins dar? Diese Tatsache mag es rechtfertigen,daß ich mich hier speziell mit ihren Qualitäten ausein¬andersetze. Aber zunächst gilt es, das Wesen derReklame selbst zu beleuchten. Denn bedeutete Werbennur das, wofür es in weitesten Kreisen gehalten wird:Geldverdienen oder Machterwerben um jeden Preis,dann wäre alles Bemühen um die Gestalt völlig fehl amPlatz.

    II.Die heutige Form der Werbung geht zurück auf dasfrühe 19. Jahrhundert. Sie dankt ihre Entwicklung vorallem dem Aufschwung der Industrie und der Bildungeines neuen politischen Lebens. Die ersten grafischenErzeugnisse stammen von anonymen Handwerkern.Von Lithografen, Typografen usw. Es handelte sichhauptsächlich um Entwürfe, nicht selten echte Kost¬barkeiten, die einer biederen und säubern Gesinnungentsprangen. Einer Gesinnung, die auch den merkan¬tilen Unternehmungen dieser Zeit den Stempel auf¬prägte.

    bei weitem noch nicht überwunden. Zwar hat sichdas Reklamewesen zu einem organisierten undkomplexen Wissensgebiet entwickelt. Seine Ausmaßesind größer, die Mittel und Methoden raffiniertergeworden. Und trotzdem: gerade dort, wo die Wer¬bung stärkste Kraft besitzt, scheint sich außer einigenSchrifttypen nicht viel geändert zu haben. Beispiels¬weise in unsern Insertionsorganen, die Tag für Tag inMillionenauflagen in sämtliche Haushaltungengelangen (Bilder 1 und 2).

    Rückblickend ist es nicht verwunderlich, daß dieintelligentesten Köpfe die Auswüchse dem Wesen derPropaganda gleichsetzten. Aldous Huxley nannte sie'the art of dissociation' (Ends and Means, 1937) undmeinte damit, daß Propaganda die Kunst sei,Tatsachen zu entstellen und letztlich Unwahrheitenglaubwürdig zu machen. Zweifellos haben gewisseErfahrungen, vorab in der Politik, Huxley in erschüt¬ternder Weise recht gegeben.

    Aber lassen wir uns nicht täuschen. Sowenig etwaRadio oder Film als solche echten kulturellen Be¬

    mühungen entgegengesetzt sind, so wenig ist es diePropaganda. Auch sie ist als Äußerung, als Bestand¬teil unseres Lebens bloß Instrument, und ihreWirkungen hängen einzig davon ab, wie sie alssolches eingesetzt wird. Zweifellos sind die Gefahrengroß. Aber mit nur negativer Kritik erweisen wir unsselbst einen schlechten Dienst. Es gilt vielmehr, dieWerbung zu nehmen als das, was sie ist: ein typischerAusdruck unserer Lebensart, ein Bekenntnis zumfreien Wettbewerb als Form unserer wirtschaftlichen,politischen, unserer kulturellen Auseinandersetzungen.Es tut not, in den Eigenarten der Reklame die positivenKräfte freizulegen. Aber wohlverstanden: nicht bloßin schönen Vorworten und Diskussionen, sonderndurch die Tat.

    Dann wird der Einfluß der Propaganda in dem Maßefruchtbar sein, wie er anderseits wieder und wiederdestruktiv gewirkt hat. Es ist kein Geringerer als SirWinston Churchill, der diesen Glauben durch folgendeWorte bekräftigt: Reklame erhöht die Konsumkraftder Leute. Sie schafft Verlangen nach einem besserenLebensstandard. Sie zeigt einem jeden die Möglich¬keit zu besserem Wohnen, besserer Kleidung, bessererNahrung für sich und seine Familie. Sie reizt zuindividuellen Ansprüchen und zu größerer Produktion.Wenn wir die Bedürfnisse der modernen Welt stillensollen, so kann das nur auf der Basis von Zusam¬menwirken im großen Stil erfolgen, und diesesZusammenwirken kann nur durch Reklame geschaffenwerden. Das Reklamewesen hat in einer solchenZukunft unserer Welt eine große Rolle zu spielen.(Printer's Ink, 1953.)

    Aber die Bedürfnisse der Industrie nach Absatz¬möglichkeiten erreichten bald nach den erstenAnfängen eine ganz andere Größenordnung. Sieverlangte und mußte von der Werbung eine radikalneue Wirksamkeit verlangen. Auf diese Aufgabe warniemand vorbereitet. Vor allem niemand, der sich dergestalterischen Probleme angenommen hätte. Und baldwurde Reklame Gegenstand wildester Spekulationen,deren Zwecke alle Mittel heiligten.

    Diese Entwicklung mußte zum Aufsehen mahnen.Und allen gegenteiligen Behauptungen zuwider ist sie

    Die Wirkungen der Werbung sind in erster Linie aufderen Inhalt, auf die Qualität des Angebots, zurück¬zuführen. Denn die beste Propaganda macht wederIdeen noch Produkte besser. Sie vermittelt bloß, abersie vermittelt gut oder schlecht. Dieser Aufgabe kannsie sich auf verschiedene Arten, durch verschiedeneMittel entledigen. Die Grafik ist eines davon. Ihr fälltdie Aufgabe zu, künstlerisches Vermögen in denDienst einer bestimmten Absicht zu stellen. In derAnerkennung dieser ihrer funktionellen Bestimmungliegt ihre schöpferische Freiheit. Die Bindung an denZweck wird erst dann zur Beschränkung, wenn der

  • 3^4Purismus: Der Bildraum ist transzendental. Der Bildinhaltbesteht in der Abstraktion von Objekten. Die Bildelementesind bereits weitgehend selbständig, konzentriert, «rein»

    Purisme: espace transcendental. L'interieur et l'exterieur del'objet, la face et le revers se compenetrent. Formes et cou¬leurs sont concentrees et pures

    Purism: the pictoral space is transcendental. The interiors andexteriors of the objeets, front and back permeate each other.Design and colour are concentrated, cleansed, pure

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    5 + 6Neoplastizismus: Entdeckung und Erschaffung eines Vokabu¬lars der primären geometrischen Elemente für die visuelleGestaltung.Grafik und Typografie sind elementar aus den spezifischenVoraussetzungen der Form und den Eigenschaften des Mate¬rials entwickelt, ohne Bezogenheit auf die Funktion

    Neoplasticisme: decouverte et creation d'un vocabulaire d'ele-ments geometriques primaires pour la composition visuelle.

    La composition graphique et la typographie se developpentdirectement ä partir des conditions speeifiques de la forme etdes proprietes de la matiere, sans rapport avec la fonetion

    Neoplasticism: Discovery and creation of a vocabulary ofprimary geometrical elements for Visual configuration.Graphics and typography are developed basically from thespecific requirements of the design and the nature of thematerial without consideration of the function

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  • 337 Aspekte des Standorts

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    7-8Konkrete Kunst: Synthese mathematischer Logik und derGesetzmäßigkeiten bildnerischer AusdrucksmittelIn der Grafik ist die Synthese Resultat des Zusammenwirkensvon Funktion, Material, Gestaltung

    Art concret: Synthese de la logique mathematique et des loisde l'expression graphiqueDans l'art graphique la synthese est la resultante des facteursfonetion, matiere et creation

    Concrete art: Configuration is a synthesis of mathematicallogic and the essential nature of the pictorial means ofexpressionIn graphics the synthesis results from the composite effect offunction, material, design

    Zweck fragwürdig, wenn er ethisch und moralisch mitpersönlichen Einsichten und Überzeugungen unver¬einbar ist. Aber auch die falsche Einschätzung derAufgabe führt zu Unfreiheit. Dann nämlich, wenn sichder Grafiker durch die an sich abstrakten Mittel derGestaltung über die Gegebenheiten seines Auftragshinwegsetzt. Dann wird Form zu Selbstzweck ohnejede Beziehung.

    Die Verantwortung der Aufgabe gegenüber und diekünstlerische Verpflichtung in der Werbegrafikbedeuten, daß sachliche GegenwartsbedürfnisseAnlaß zu neuen Bindungen werden, die vor allem derKunst des 19. Jahrhunderts verlorengegangen sind,Bindungen im Sinne echter kontinuierlicher Beziehun¬gen von Auftraggeber, Gestalter, Publikum. DerGrafiker als Künstler ist nicht Außenseiter der Gesell¬schaft, sondern notwendigerweise einbezogen inderen Arbeitsprozeß. Und es ist kaum übertrieben,zu sagen, daß seinen Erzeugnissen eine zunehmende

    Wichtigkeit zukommt.

    Die Grafik im Dienst der Werbung ist nicht eine neueForm der bildenden Kunst, sie ist aber auch nichtderen Randgebiet. Malerei und Werbegrafik sind zweivöllig verschiedene Aufgaben mit spezifischen Vor¬aussetzungen und Ausdrucksmitteln. Das echteGemeinsame vollzieht sich lediglich auf der Ebene desGeistigen. Es besteht darin, daß Funktionen in zweiverschiedenen Kategorien zu Form und Gestaltwerden. Und Gestalt ist Aussage, ist Resultat einessubjektiven Suchens nach dem authentischenkünstlerischen Ausdruck in der Gegenwart. Darinbesteht kein Unterschied, weder des Maßstabs nochder Qualität. Und deshalb ist die Frage, ob Grafik inder Werbung Kunst sei, müßig zu diskutieren.

    Im Gegensatz zum Kunstwerk liegt die künstlerischePotenz des Werbemittels nicht im Einzelerzeugnis, dasunbeschränkt dauert. Es ist hinsichtlich des Zwecks,des Orts, der Zeit begrenzt. Es lebt kürzer oder länger.Es gelangt an viele oder wenig Menschen. JedeAufgabe lautet anders. Jede Aufgabe ist erfüllt durchihre Funktion.

    A. M. Cassandre, Plakat für eine Eisenbahngesellschaft, 1928Aus: A. M. Cassandre, Verlag Zollikofer, St.Gallen, 1948A. M. Cassandre, Affiche pour compagnie de chemins de ferA. M. Cassandre, Poster for a railway Company

    Le Corbusier, Nature morte, 1920. Aus: A. H. Barr, Paintingand Sculpture in the Museum of Modern Art, New York, 1948Le Corbusier, Still life

    Piet Zwart, Inserat der Kabelwerke Delft, ca. 1934Piet Zwart, Annonce d'une cäblerie de DelftPiet Zwart, Advertisement, Cable Works, Delft

    Georges Vantongerloo, Funktion roter und grüner Linien, 1936.Sammlung Prof. Dr. O. Müller, BaselG. Vantongerloo, Fonetion de lignes rouges et vertes, 1936G. Vantongerloo, Function of red and green lines, 1936

    Ge>ard Ifert SWB, Ärzteprospekt J. R. Geigy AG Basel, 1952Ge>ard Ifert SWB, Prospectus medical de la Geigy SA, BäleGerard Ifert SWB, Medical prospectus, J. R. Geigy AG, Basle

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    Camille Graeser, Rhythmische Reduktion, 1952. PrivatbesitzC. Graeser, Reduetion rythmique, 1952C. Graeser, Rhythmic Reduetion, 1952

    Das Konstante in der Werbung ist primär die Summeihrer dauernd veränderten Erscheinungsformen. Siewendet sich stets neu und unablässig an jedermann.Darin liegt die stetige Gefährdung ihrer Qualität, aberauch ihre eminente Kraft. Und darin liegt der Reiz derAufgabe, die des höchsten Einsatzes wert ist.

    IV.Erzeugnisse der Malerei mit solchen der Werbungzu vergleichen, ist ein verlockendes - und gefährlichesBeginnen. Denn formale Ähnlichkeit heißt hier wederechte Verwandtschaft noch Abstammung - und folg¬lich auch nicht echte Qualität. Kunstwerke könnennicht abgerichtet werden auf die Zwecke der Propa¬ganda. Und selbst der lauterste Vorsatz in dieserHinsicht wird zu nichts führen. Denn, wie gesagt, dieGestaltung der Reklame hat ihre eigenen Gesetze, undFormelemente der Malerei finden in der Werbegrafiknicht ihren Niederschlag, sondern, analog der ver¬änderten Aufgabe, ihre Entsprechung. Das Gesagtewird auch die Tatsache erhellen, daß weitaus dergrößte Teil des Epigonenwerks in der Werbung nicht,wie irrtümlicherweise angenommen, von der Malerei,sondern von den originalen Erzeugnissen der Grafikselbst abstammt.

  • Ausstellung Fotografia, Basel, 1953Architekt: Rolf Gutmann SWB, BaselGrafiker: Armin Hofmann SWB VSG, BaselExposition Fotografia, Bäle, 1953Exhibition of Photography, Basle, 1953Foto: Gerd Pinsker, Riehen

    10Schweizerisches Verkehrsbüro London, 1949Architekt: Alfred Roth BSA SWB, ZürichGrafiker: Hans Neuburg SWB VSG, ZürichOffice du Tourisme suisse ä Londres, 1949Swiss Tourist Office, London, 1949

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    Werbegrafik mit der Kunst in Beziehung setzen, heißt,sie als ein völlig gesondertes Arbeitsgebiet, wie etwaArchitektur oder Industrial design, zu werten. Dennnur durch die Würdigung der Verschiedenheit läßtsich das wirklich Gemeinsame erkennen. In dieserSicht allerdings zeigen sich zu allen Bekenntnissenzeitgemäßer Kunst überzeugende Parallelen. Aus denangeführten Vergleichen mit der Kunst des Purismus(Bilder 3 und 4), des Neoplastizismus (Bilder 5 und 6)und der konkreten Malerei (Bilder 7 und 8) soll dieserSachverhalt hervorgehen.

    Die Beziehungen der Grafik zu andern Gebieten - zuArchitektur, Industrial design, Kunstgewerbe - sindklarer abgegrenzt als jene zur bildenden Kunst. DasVerschiedene ist a priori kategorial. Und das Gemein¬same liegt in den Grundlagen der Aufgabe, in densachlichen Gegebenheiten der Funktion und desMaterials als unumstößlichen Fakten der Gestaltung.In der Auseinandersetzung des Entwerfens geht esnicht darum, diesen Fakten am Rande Rechnung zutragen, sondern durch sie hindurch zu jener Spracheund Gestalt zu finden, die der Aufgabe in unsererGegenwart gemäß sind. Das sind heute die bindendenVoraussetzungen, aus denen nach dem Vermögen desWerkenden zeitechte und zeitlose Schönheit entstehenkann. Und dieses Ziel umfaßt die größte wie diekleinste Arbeit.

    Das Verbindende der Schaffensgebiete manifestiertsich in gegenseitiger Anregung und Beeinflussung;in positivem und negativem Sinn. Die Zukunft mußjedoch darüber hinaus zu einer vermehrten undintensiven Zusammenarbeit führen. Die Grafik betrifftdies vor allem im Hinblick auf architektonischeAufgaben: die Beschriftung von Geschäftshäusern,Beschriftungen überhaupt, das Anbringen von Licht¬reklamen und einen der wichtigsten Berührungs¬punkte: die Gestaltung von Ausstellungen. Auf Grundseines Berufs, seiner Erfahrung fallen dem Architektendie Probleme des Raumes zu. In allen technischen,organisatorischen, gestalterischen Belangen. Erschafft Möglichkeiten und Rahmen für die Arbeitdes Grafikers: das Darbieten des Ausstellungs¬gutes (Bilder 9 und 10).

    Das Bewußtwerden der Verschiedenheit der Aufgabetut not; es beseitigt Mißtrauen und gegenseitige Kon¬kurrenzierung. Übergriffe nach der einen oder andernSeite haben sich meist als verhängnisvoller Irrtumerwiesen. Konstruktiver ist eine sinnvolle Zusammen¬arbeit, vor allem - dies an die Adresse der Archi¬tekten - eine Zusammenarbeit vom Beginn jederAufgabe an. Denn vor abgeschlossene Tatsachengestellt, wird es dem Grafiker kaum möglich sein, diebeste Lösung zu treffen; höchstens resultiert darausdie bestmögliche. Unter Berücksichtigung dieserwichtigen Voraussetzung wird die gegenseitige undnotwendige Ergänzung Bereicherung. Ein Ziel, dessenWünschbarkeit beispielsweise in unsern Cities immerdringender offenbar wird.

    VI.Die «Aspekte des Standorts» habe ich mit Absichtnur auf die Grafik als ein kreatives Arbeitsgebiet unterandern bezogen. Nun wird es gelten, über den Standder Entwicklung Rechenschaft abzulegen. Dies solldurch die folgenden Beiträge und vor allem durch dieDokumentation der Arbeiten geschehen.

    Aspekte des Standorts