ASPEKTE LERNFÖRDERNDER KLASSENRAUMGESTALTUNG · 2012. 9. 29. · Mein Interesse für die...

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Axel Menikheim ASPEKTE LERNFÖRDERNDER KLASSENRAUMGESTALTUNG

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Axel Menikheim

ASPEKTE LERNFÖRDERNDER

KLASSENRAUMGESTALTUNG

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Grundlage der vorliegenden Abhandlung über Klassen-

raumgestaltung ist die Examensarbeit des Verfassers,

welche zum Sommersemester 2000 bei Herrn Dr. Peter

Köck am Lehrstuhl für Schulpädagogik der Universität

Augsburg eingereicht wurde.

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort ................................................................4

1 Das Würzburger Modell ...................................8

2 Schulraumgestaltung in der Kritik ................... 17

3 »Raum« und »Lernen« als zentrale Begriffe ....... 24

3.1 Der Begriff »Raum« .................................... 24

3.2 Der Begriff »Lernen« im Bezug zur

Lernumgebung.......................................... 30

4 Zentrale Aspekte lernfördernder Gestaltung...... 38

4.1 Der sinnliche Anregungsgehalt des

Klassenraumes .......................................... 38

4.1.1 Die Ordnung des Raumes......... 414.1.2 Formen .................................. 494.1.3 Farben ................................... 594.1.4 Materialien ............................. 634.1.5 Licht...................................... 66

4.2 Reviere und Territorien.............................. 71

4.3 Schülerbeteiligung an der

Klassenraumgestaltung .............................. 81

5 Möglichkeiten und Grenzen der Umsetzung...... 91

6 Klassenraumgestaltung und Schulvandalismus 104

Literaturverzeichnis........................................... 110

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Vorwort4

Vorwort

Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Gestal-tung von Klassenräumen. Soweit Anforderungenan einen Lernraum nicht ohnehin schulartüber-greifenden Charakter haben, orientiere ich michan den Gegebenheiten der bayerischen Real-schule.Im Gegensatz zum Arrangieren einer Lernumge-bung, das primär auf die in einem Raum erforder-lichen Handlungsmöglichkeiten, Kommunikations-formen und die funktionalen Gesichtspunkte derUnterrichtsorganisation abzielt, soll hier die »Ge-staltung« von Klassenräumen erörtert werden; wiedurch das Erscheinungsbild eines Raumes – undauch durch den dazu notwendigen Gestal-tungsprozess – Befindlichkeiten und Einstellungenentstehen, die das Lernen in förderlicher Weisebeeinflussen.

Mein Interesse für die Raumgestaltung in Schulenwurde geweckt, als ich zehn Jahre nach meinemAbschluss an der Realschule als Praktikant in mei-nem ehemaligen Klassenzimmer saß. Darin hattesich nichts verändert, außer dass die Tische noch

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Vorwort 5

zerkratzter waren, die Stühle noch abgenutzterund die Wände schmuddeliger. Der Eindruckeines lieblosen Aufbewahrungsortes, der jeglicheGestaltung vermissen ließ, wurde durch eine inunregelmäßigen Abständen aufflackernde Leucht-stoffröhre, die offenbar über nahezu die gesamtendrei Wochen hinweg niemand zu stören schien,noch verstärkt. Auf der Schülertoilette gabenzahlreiche fehlende Fliesen den Blick auf dendarunterliegenden Mörtel frei, während vielenanderen anzusehen war, dass man sie mitLeichtigkeit durch einfaches Ablösen vor demAbstürzen bewahren konnte.Im Lauf der Zeit lernte ich weitere Schulen kennenund musste feststellen, dass derartige Verhältnissenicht ungewöhnlich sind.Vielleicht hätte ich mir auch nicht mehr Gedankenals jeder andere über die Wirkung der Raumge-staltung in Schulen gemacht, wenn ich nicht inden Monaten vor Beginn meines Studiums aneiner Fortbildung des Diakonischen Werkes mitdem Thema »Der gestaltete Raum in seiner heil-pädagogischen Wirkung«1 teilgenommen hätte. ImRahmen dieser Fortbildung wurde eine Wohn-gruppe des Evang. Kinder- und Jugendhilfezen-trums in Augsburg-Hochzoll neu gestaltet. Diepositive Wirkung dieser Raumgestaltung konnte

1 Das Seminar orientierte sich an dem damals noch unter der

Bezeichnung »Mahlke-Konzept« bekannten »Würzburger Modell«,welches im folgenden Kapitel vorgestellt wird.

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Vorwort6

ich durch meine Tätigkeit in der Einrichtung überdie vergangenen Jahre hinweg verfolgen.Diese Arbeit möchte dazu beitragen, dass Raum-gestaltung – insbesondere Klassenzimmergestal-tung – weniger Architekten, Handwerksfirmen,Hausmeistern und anderen Spezialisten überlas-sen wird, sondern dass auch Lehrer – und ihreSchüler – verstärkt daran mitwirken.Um einen Raum auszuschmücken, sind vielfältigeMöglichkeiten bekannt, beispielsweise Wändebemalen, Unterrichtsergebnisse aufhängen, Pflan-zen aufstellen und Arbeitsmaterialien bereitstellen.Für eine umfassende Raumwirkung ist es jedocherforderlich, den Raum nicht nur auszuschmücken,sondern auch zu gestalten.Eine durch Gestaltung entstehende Raumwirkungwird in der schulpädagogischen Literatur nahezunicht behandelt. Dieser Aspekt von Schule wirdweitgehend pädagogischen Laien überlassen.Diese Arbeit möchte interdisziplinäre Erkenntnissewie die der ökologischen Psychologie2, derKunstpädagogik und der Architektur mit der

2 Der Begriff »ökologische Psychologie« wird unterschiedlich

verwendet. Für manche Autoren ist die ökologische Psychologieidentisch mit »Umweltpsychologie«. Ökologische Psychologiekann aber auch als ein Teilgebiet der Umweltpsychologie ver-standen werden. Während sich Umweltpsychologie auch ver-stärkt mit der Umweltverschmutzung und –zerstörung beschäf-tigt, untersucht die ökologische Psychologie die Wirkung derräumlichen Lebenswelt auf das Erleben und Verhalten. (Vgl.Stengel, M.: Ökologische Psychologie, 1999 und Fischer / Hell-brück: Umweltpsychologie, 1999).

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Vorwort 7

Schulpädagogik verbinden und so Aspekte einerlernfördernden Klassenraumgestaltung aufzeigen.Wie bereits erwähnt, konnte ich in einem Kinder-und Jugendhilfezentrum Erfahrungen in der pä-dagogischen Raumgestaltung sammeln. Auchwenn diese nicht direkt auf die Schule übertragbarsind, ist es dem Gesamtverständnis dieser Arbeitdienlich, das dort zugrundegelegte Raumgestal-tungskonzept in Grundzügen zu kennen, weshalbich es im folgenden Kapitel kurz vorstellen werde.

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Das Würzburger Modell8

1 Das Würzburger Modell

Unter der Bezeichnung »Würzburger Modell« wer-den seit Mitte der 90er Jahre die von WolfgangMahlke3 initiierten Forschungen und Konzepte zurpädagogischen Raumgestaltung weitergeführt. Diezuvor unter dem Namen »Mahlke-Konzept« be-kannten Raumgestaltungsprinzipien sind das Er-gebnis eines Forschungsprojektes, welches dasDiakonische Werk Bayern in Zusammenarbeit mitdem Bayerischen Sozialministerium und mit finan-zieller Förderung der Stiftung „Jugendmarke“ von1986 bis 1991 durchgeführt hat. Der Name»Würzburger Modell« hat sich aus der Tatsacheergeben, dass die differenzierte Weiterarbeitdurch einen interdisziplinären Kreis4 von Interes-sierten um Mahlke nach der WürzburgerAbschlussveranstaltung des genannten Projektsebenfalls in Würzburg begann.

3 W. Mahlke war bis 1988 Professor im Bereich Kunst- und Son-

derpädagogik an der Universität Würzburg.4 Leitende Mitwirkende:

Wolfgang Mahlke, Prof. für Kunstpädagogik, Würzburg;Peter Reinhart, Architekt, Würzburg;Birgit Fuchs, Stud. d. Sonderpädagogik, Schreinerin, Würzburg;Eduart Wisgalla, Fachreferent für Jugendhilfe, Nürnberg;Rudolf Hansen, Dipl. Psychologe, Ebersberg.

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Auslöser der in den 70er Jahren begonnenenÜberlegungen zur Raumgestaltung war, dass einerfast unüberschaubaren Vielfalt an Konzepten fürdie pädagogische Arbeit mangelhafte Überle-gungen zur räumlichen Gestaltung gegenüber-standen. Denn bei der Gestaltung von Räumenbegnügte man sich weitgehend mit der Berech-nung von Quadratmetern und der Gewährleistungvon rein funktionalen Einrichtungsgegenständenwie Waschbecken, Spiegel, Lampen nach DINNorm etc.Ausgehend von Vorerfahrungen im Bereich derUmgestaltung von Kindertagesstätten und Ein-richtungen für psychisch Kranke und Behindertewurden die Forschungen im Rahmen des durch-geführten Projekts ausgedehnt auf Kinder- undJugendheime. Die positiven Erfahrungen der Ein-richtungen führten zu einer Verbreitung desRaumkonzepts. Mittlerweile ist das WürzburgerModell zu einem Zertifizierungsaspekt5 der Quali-tätssicherung von Einrichtungen der Kinder- undJugendhilfe geworden.Das Würzburger Modell setzt sich aus verschiede-nen Raumgestaltungsprinzipien zusammen. Allenvoran stehen die vier Grundprinzipien »Gebor-genheit«, »Stabilität«, »Aktivität« und »Individua-lität und Gemeinschaft«.

5 Nach den Qualitätsnormen ISO 9000ff (Näheres dazu vgl. S. 22)

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»Geborgenheit« stellt ein existenzielles menschli-ches Grundbedürfnis dar. Neben Mitmenschen,die Geborgenheit vermitteln, kann und soll auchder Raum dieses Bedürfnis befriedigen bzw. Rah-menbedingungen dafür schaffen. Bei der räumli-chen Umsetzung muss dabei auf die maximaleÜberschaubarkeit des Raumes verzichtet werden,was für viele Pädagogen eine neue Erfahrung beider Arbeit in Räumlichkeiten des Würzburger Mo-dells darstellt. Durch die Schaffung von Rück-zugsmöglichkeiten, die räumlich abgegrenzt undnicht einsehbar sind – die Beobachtung der Um-gebung von innen heraus durch kleine Fensteroder »Gucklöcher« aber möglich ist – werdenSchutzzonen geschaffen, die Sicherheit als Vor-aussetzung für Geborgenheit vermitteln. So wirdbeispielsweise im Heimbereich bei der Gestaltungder Kinderzimmer sehr großer Wert darauf gelegt,dass die Betten der Kinder derart in die Raumein-richtung integriert und mit Abtrennungen verse-hen sind, dass beim Betreten des Raumes keineSicht auf das im Bett liegende Kind möglich ist.Auch Zweibettzimmer sind so konzipiert, dass je-des Kind über einen eigenen – nicht einsehbaren– Bereich verfügt. Verstärkt werden diese Voraus-setzungen für das Empfinden von Geborgenheitdurch eine abgestimmte Farb- und Materialaus-wahl und eine differenzierte Beleuchtung, die dieEinbauten zu einer gestalterischen Einheit ergän-zen.

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»Stabilität« ist ein durchgängiges Kriterium, dasdie Raumgestaltung nach dem Würzburger Modelldeutlich von Zimmereinrichtungen mit industriellgefertigten Spanplattenmöbeln abhebt.

Das Denken liegt offen: Stütze und Last sind ausder Konstruktion erkennbar, begreifbar. Die kon-struktive Durchschaubarkeit verdient nicht nurdeshalb besondere Betonung, weil sie anders alsverdeckte Konstruktionsformen für den Laienleichter herstellbar ist, sondern vor allem deshalb,weil den Kindern als späteren Benutzern einStück ihrer gegenständlich erfahrbaren Umweltauf diese Weise transparent wird.6

Diesem Prinzip liegt die Auffassung zu Grunde,dass Menschen – insbesondere Heranwachsende –eine stabile, verlässliche Umgebung benötigen,um sich und ihre Fähigkeiten frei entfalten zukönnen. Die Umsetzung beginnt bereits beimMaterial. Ein Großteil der Räume wird mit stabi-lem natürlich belassenem Massivholz gestaltet. DieStabilität von Holzkonstruktionen muss einfacherkennbar sein. D. h. nichts hängt einfach so ander Wand, sondern alles hat eine feste, optischleicht nachvollziehbare Verbindung zum Boden.Tragende Teile werden sichtbar undunmissverständlich verbunden. Höher liegendeBauelemente sind auf den unteren aufgebaut,

6 Mahlke, W. / Schwarte, N.: Raum für Kinder. S. 65.

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alles muss »wie selbstverständlich von alleinestehend« erscheinen. Leim, Schrauben und Nägelund dergleichen verschaffen zwar letztendlich denHalt, auch großen Beanspruchungen standzuhal-ten, dürfen aber nicht die optisch erkennbareStabilität beeinträchtigen. Die einzelnen Bauteilesind integrativ in den Raum eingefügt und festmiteinander verbunden, wodurch die gesamteZimmereinrichtung als »ein Ganzes« erkennbar ist.Die beiden anderen Prinzipien beruhen auf räum-licher Differenzierung. Räume, in denen sich Kin-der und Jugendliche lange Zeit aufhalten, müssenvielfältige Möglichkeiten bieten.

»Aktivität« soll die Rahmenbedingungen für Ak-tivierungsprozesse schaffen. Durch räumlicheGliederung und Strukturierung werden beruhigteZonen und Bereiche der Aktivität derart baulichvon einander abgegrenzt, dass sehr unterschiedli-che Tätigkeiten in einem Raum möglich sind.Dadurch wird eine Auslagerung bestimmter – inanderen Räumen störend wirkender – Aktivitätenvermieden. So werden die Nutzer der Räume voneinem passiven Konsumverhalten zur eigenen ak-tiven Betätigung angeregt. Da beim WürzburgerModell offene Regale verschlossenen Schränkenvorgezogen werden, wird der Aktivierungsprozessdurch die ständig sichtbaren und immer zur Ver-fügung stehenden Spiel- und Arbeitsmaterialienunterstützt.

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»Individualität und Gemeinschaft«: DiesemGestaltungsprinzip liegt die Auffassung zu Grunde,dass Individualität und Gemeinschaft in wechsel-seitiger Abhängigkeit zueinander stehen. Ecken,Nischen und Höhlen schaffen Rückzugsmöglich-keiten, die Individualität ermöglichen. Aus diesenSchutzräumen heraus entsteht ein zwangloses In-teresse, an der Gemeinschaft der Gruppe teilzu-nehmen. Es entsteht eine freiwillige Gemeinschaft,da die Möglichkeit zum Rückzug erhalten bleibt.

Weitere Differenzierungsgrundsätze sind bei derPlanung und Umsetzung handlungsleitend:

• Vom Zweidimensionalen zum Dreidimensionalen

• Von der Addition zur Integration

• Vom Dekorativen zum Elementaren

• Von der Symmetrie zur Asymmetrie

• Vom separierten zum integrierten Erzieherbereich

• Von der flächigen Ausleuchtung zum plastischen Licht

• Von bunten (knalligen) Tönen zu differenzierter Far-bigkeit

• Von laut zu leise

Ein weiteres wesentliches Charakteristikum ist,das Bauen und Benützen von Räumen stärker zuverbinden und dadurch die »Benutzer« auch zuden »Erbauern« zu machen. Die aktive Einbezie-hung von Kindern, Erziehern und Eltern bei derPlanung und der praktischen Umgestaltung hebt

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den Wert des entstehenden Raumes und machteine »wirksame Raumaneignung«7 möglich. DieseVerbindung von bauen und benutzen bleibt auchnach einer abgeschlossenen Umgestaltung erhal-ten. Die gewählten Materialien und die einfacheBauart der Einrichtung ermöglicht ein leichtes,selbständiges Reparieren und Pflegen. Schädenkönnen so von den Kindern und Jugendlichenselbst behoben werden, was die Verantwortungfür den Raum erhöht und Vandalismus entgegen-wirkt.Die gemeinschaftliche Planung dient auch derAbstimmung der baulichen Umgestaltung auf diejeweilige pädagogische Konzeption einer Einrich-tung. Nicht selten bieten solche Planungsprozesseauch Anlass, die bestehende Konzeption im Zu-sammenhang mit der Umgestaltung zu überdenkenund – bedingt durch andere Möglichkeiten inneuen Räumen – zu ändern.

Kritiker des Würzburger Modells sind vor allemmit der fest eingebauten Inneneinrichtung nichteinverstanden. Sie sehen sich dadurch in ihrenpädagogischen Möglichkeiten eingeschränkt, denRaum je nach den gerade geplanten Aktionen um-zustellen. Doch es ist gerade dieser unverrückbareund stabile Charakter der Räume, auf den beimWürzburger Modell viel Wert gelegt wird, weil nur 7 Nach W. Mahlke „vollzieht sich wirksame Raumaneignung nur

tätig“ (Mahlke, W. / Schwarte, N.: Raum für Kinder. S. 59).

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dadurch die Gliederung des Raumes verinnerlichtwerden kann und sich nicht nur auf optische, ver-änderbare Eindrücke beschränkt.Weitere Gründe, sich gegen diese Art der Innen-einrichtung zu entscheiden, liegen in der damitverbundenen Selbsttätigkeit in den Bereichen Pla-nung, Umsetzung, Erhaltung und Pflege. In diesenFällen werden oft Kaufhausmöbel bevorzugt, wo-mit eine Neumöblierung schneller umgesetztwerden kann. Dadurch würde man sich Zeit beider Umgestaltung sparen, welche den Kindern undJugendlichen gewidmet werden kann.Vereinzelt wurden bisher auch schon Klassenzim-mer in Anlehnung an das Würzburger Modell ge-staltet. Dabei handelt es sich vor allem um Lern-räume in Schulen zur Erziehungshilfe. Es zeigtsich, dass die vorherrschenden Gestaltungsprinzi-pien nicht ohne weiteres auf Klassenräume über-tragen werden können. Durch die besondere Si-tuation des Unterrichtens in diesen Räumen ist esnotwendig, dass sich die betreffenden Lehrerstärker bei der Planung mit einbringen, um denentstehenden Raum speziell auf Unterricht undLernen abzustimmen. Da an anderen Schulenandere Voraussetzungen gegeben sind, muss je-weils neu überlegt werden, wie Klassenraumge-staltung verwirklicht werden kann.

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Die Erfahrungen aus dem Entwicklungsprozess desWürzburger Modells sind dabei eine Orientie-rungshilfe.8

Ein nach dem Würzburger Modell gestalteter Raum

8 Vgl. zum Würzburger Modell:

• Bayer, R.: „Das Würzburger Modell.“• Diakonisches Werk: Forschungsberichte 1-5 – Der gestaltete

Raum im Heim und in der Familie als Lebenshilfe für Kinder,Jugendliche und Erwachsene.

• Geuthner, D.: Das „Würzburger Modell“ macht Schule.• Geuthner, D.: Räumliche Bedingungen für die Arbeit in der

Schule zur Erziehungshilfe.• Mahlke W. / Schwarte N.: Raum für Kinder.

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2 Schulraumgestaltung in der Kritik

„Unser Klassenraum sieht aus wie ein Grab mitLampen“ war einer von 25 Gründen der Klasse 7bder Realschule Köpenick, warum gerade ihr Klas-senzimmer neu gestaltet werden sollte. Die Reso-nanz auf die Aktion der Köpenicker Morgenpost,die Firmen für die Renovierung von zwei Klassen-zimmern vermittelte, war groß. Schulklassen sand-ten Briefe, Eltern riefen an, Lehrer und einigeKinder kamen sogar persönlich vorbei.9

Die Forderung nach »schönen« Schulen ist nichtneu. Bereits Jan Amos Comenius formulierte:

Die Schule selbst soll eine liebliche Stätte sein, in-nen und außen eine Augenweide. [...] [dann wer-den die Kinder] wohl nicht minder gern in dieSchule kommen als sonst gewöhnlich auf Wo-chenmärkte10, wo sie immer etwas Neues zu se-hen und zu hören bekommen.11

Nach dem »Vater der Didaktik« haben Reform-pädagogen wie Petersen, Montessori und

9 Vgl: Köpenicker Morgenpost vom 12. Januar 1999: Welcher

Schulraum muss renoviert werden?, http://archiv.berliner-morgenpost.de/bin/bm/e?u=/bm/archiv1999/990112/reg_koep/story00.html.

10 Andere Veröffentlichungen verwenden hier auch die anschauli-chere Übersetzung »Jahrmärkte«.

11 J. A. Comenius: Große Didaktik – Die Grundsätze für die Leich-tigkeit beim Lehren und Lernen, Grundsatz II/17. Neubearbeitetvon Ahrbeck, Hans, Berlin 1961, S. 149.

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Kerschensteiner die Notwendigkeit gestalteterSchulräume betont. Auch unter Helmut Fends 15Merkmalen einer guten Schule hat die Schulraum-gestaltung ihren Platz:

Gute Schulen sind gestaltete Schulen, im sozialenwie im räumlichen Bereich; sie sind keine Warte-säle dritter Klasse, keine Notunterkünfte und Ka-sernen.12

Dennoch entspricht die tatsächliche Situation inden Schulen nicht der geforderten. Peter Pauligberichtet von nicht wenigen Lehrern, die beimNachdenken über das »schülergerechte Klassen-zimmer« nur mühsam »ein süffisantes Schmun-zeln« unterdrücken können. „Wie ist diese pä-dagogische Borniertheit zu erklären?“ fragt er.Die nicht kindgemäßen Schulen sind nach PauligFolgen einer falschen Sicht des Kindes. Um zueinem schülergerechten Klassenzimmer zu gelan-gen, erachtet er es für notwendig, an der »falschenAnthropologie des Kindes« zu arbeiten.13

Dieser Begründungszusammenhang, dass eineganz spezifische Sicht des Kindes eine bestimmteArt der Pädagogik, einen gewissen Unterrichtsstilund auch die Gestaltung – oder Nichtgestaltung –des Klassenraumes begründet, ist eine häufigvertretene Auffassung. Die Architekten Rodeckund Meerwein sprechen von Schulen als

12 Fend H.: 15 Merkmale einer guten Schule. S. 18.13 Vgl. Paulig, P.: Das schülergerechte Klassenzimmer. S. 9.

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sichtbaren Zeugnissen des Entwicklungsstandes»pädagogischer Kultur«. Sie [die Schulen (Anm.A.M.)] geben Aufschluss über philosophischeSichtweisen und »Vorstellungen des Menschen«,über Auffassungen von Lehren und Lernen, diesowohl Erziehungs- und Bildungszielen als aucharchitektonischen und innenarchitektonischenGestaltungszielen zu Grunde liegen. Ihre archi-tektonisch-räumlichen Anmutungsqualitäten ver-weisen auf das Lehr- und Lerngeschehen, dassich in diesen Gebäuden ereignet, somit auchdarauf, ob Erziehung zur Anpassung und Unter-ordnung oder aber Erziehung zur Autonomie,Kreativität und Menschlichkeit, humane Erzie-hung und Bildung, zu den leitenden Zielen pä-dagogischer und gestalterischer Intentionen zäh-len.14

Die Behauptung dieses Ursache-Wirkungs-Zu-sammenhangs lässt sich durch die Raumgestaltungjener Schulen untermauern, deren Pädagogik einbesonderes Menschenbild zugrunde liegt. Dies istbeispielsweise oft bei kirchlichen Schulen der Fallund ist bei Waldorf- und Montessori-Schuleneigentlich die Regel.15

Allerdings muss man die Frage stellen, ob dennwirklich die pädagogische Einstellung die alleinigeUrsache für Veränderungen ist. Geht man anstatt

14 Rodeck, u.a.: Mensch-Farbe-Raum. S. 78.15 Auf dem Hintergrund der Neugestaltung der Evang. Schule

Puckenhof schreibt Dittmar Geuthner: „Zwischen dem, was wiran christlichem, mitmenschlichem Geist unseren Schülern zuvermitteln versuchen und dem Zustand mancher unserer Schul-häuser und Klassenräume besteht ein Widerspruch.“ (In: Schuli-sche Bildung und Erziehungshilfen im Wandel, S. 83).

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von einer kausalen Wirkungskette von einer In-terdependenz zwischen der Einstellung von Leh-rern und den schulischen Rahmenbedingungenaus, würde das bedeuten, dass nicht nur das Er-scheinungsbild eines Klassenzimmers die Pädago-gik des Lehrers widerspiegelt, sondern dass auchdas Arbeitsumfeld des Lehrers und der äußereRahmen, mit dem zusammen er eine Klasse wahr-nimmt, sein erzieherisches Handeln mit beein-flusst.In anderen Lebensbereichen spielt die Wechsel-wirkung des Menschen mit seiner Umgebung einebedeutendere Rolle. Wohnung, Kleidung, Arbeits-platz und soziales Umfeld lassen nicht nur deshalbRückschlüsse auf eine Person zu, weil sie selbstalle diese Variablen des Lebens mitbestimmt,sondern auch, weil diese Umstände gewisserma-ßen als Determinanten wiederum Auswirkungenauf die Person selbst haben.Der Kunstpädagoge Wolfgang Mahlke misst derWirkung von Räumen eine große Bedeutung zu.Er vertritt die Meinung:

Auch Räume sind Wesen, können heilen, erhe-ben, befrieden, stimulieren – oder krank machenund verderben.16

Der Schulbauforscher Christian Rittelmeyer be-nennt den »Schulbau« als einen wesentlichen Le-

16 Mahlke, W.: Raum und Ästhetik. S. 13.

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bensraum. Im Hinblick darauf werde gegenwärtigdas Verhältnis Architektur und Pädagogik unter-sucht:

Mit Hinsicht auf den Schulbau wird die Frage ge-stellt, wie verschiedene Raumformen und –farbenauf Schüler wirken, ob sie das Lernverhalten undLebensgefühl von Schülern beeinflussen und obsich Kriterien einer »schülerfreundlichen Schular-chitektur« benennen lassen.17

Wenn Schulräume durch ihre Wirkung auf Schülerund Lehrer Lernen beeinflussen, muss der Kritikvon Marleen Noack an der Schulpädagogik Be-achtung geschenkt werden. Die Sozial- und Ver-haltenswissenschaftlerin widmet dem »Defizit [anSchulraumgestaltung (Anm. A.M.)] in der pädago-gischen und didaktischen Diskussion« ein eigenesKapitel, in welchem sie beklagt, dass Räumlichkeitin der Regel kein Ausgangspunkt für die pädago-gische und didaktische Theoriebildung sei, son-dern eher zufällig und nebensächlich behandeltwerde. Als Beispiele führt sie einige, nach ihrerAussage in Referendarskreisen weit verbreiteteWerke an, in welchen nur gelegentlich auf dieräumlichen Bedingungen eingegangen werde,welche dem Unterricht aber nicht systematisch zu-geordnet werden würden. An den wenigen Unter-suchungen zum Schulgebäude oder zum Unter-

17 Rittelmeyer, C.: Pädagogik und Architektur. S. 1.

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richtsraum, die es gibt, kritisiert sie, dass der Er-klärungszusammenhang stark verkürzt sei.18

Die Forderung nach gestalteten Schulräumen wirddurch die in neuerer Zeit verstärkt geführte Dis-kussion über Qualitätsmanagement (QM) anSchulen gestützt. »QM« legt weniger Wert darauf,Output zu kontrollieren, statt dessen sollen Pro-zesse und Rahmenbedingungen der Schulen be-wertet werden. In Anlehnung an die wirtschaftli-che Produktion und Dienstleistung, wo Qualitätschon länger auf diese Weise kontrolliert wird, solldurch die Umsetzung der ISO 9000-er Normenversucht werden, „bestimmte Anforderungen anden Prozess der Herstellung und seine Überwa-chung“19 zum Maßstab zu machen. Bisher istQualitätskontrolle an Schulen, wie beispielsweiseauch die Tests in Folge der TIMS-Studie, stark ander Messung von Schülerleistungen orientiert. UlfPreuss-Lausitz kritisiert, dass diese »Black-Box-Forschung« keinen Aufschluss darüber gibt, wiedie Schülerleistungen zustande kommen, da nurdie Ausgangs- und die Ergebnislage ermittelt wer-den und die jeweils dazwischenliegenden Lernpro-zesse im Dunkeln bleiben.20

Das Qualitätsnetzwerk (Netzwerk für Schule undBildung) plädiert für ein schrittweises Vorgehen

18 Vgl. Noack, M.: Der Schulraum als Pädagogikum. S. 14f.19 Brügelmann, H.: Was leisten unsere Schulen? S. 149.20 Vgl. Preuss-Lausitz, Ulf, in: Brügelmann, H.: Was leisten unsere

Schulen? S. 54f.

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zum Steigern der Qualität. An erster Stelle derangeführten Beispiele für mögliche Veränderun-gen wird die Schulraumgestaltung genannt.21 DieRaumgestaltung stellt eine Rahmenbedingung dar,nach der Qualität beurteilt werden kann. ImJugendhilfebereich ist der räumliche Aspekt einerEinrichtung mit der Einführung von QM-Standards– und auch im Zusammenhang mit der Neufas-sung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes, wel-ches u.a. die Eigenständigkeit der einzelnen Ein-richtungen stärkt22 – ein entscheidendes Beurtei-lungskriterium geworden.

21 Vgl. www.bboard.blackbox.or.at/berufsbildung/qn/5.htm, Denk-

anstöße zum Thema Schulqualität.22 Auch für Schulen ist diese Tendenz zu mehr Eigenständigkeit im

Gespräch. Es bleibt zu hoffen, dass sich dadurch auch die Qua-lität der Klassenräume verbessert.

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»Raum« und »Lernen« als zentrale Begriffe24

3 »Raum« und »Lernen« als zentraleBegriffe

Um detailliert über den Zusammenhang von Raumund Lernen sprechen zu können, ist zunächst einePräzisierung der Begriffe notwendig.

3.1 Der Begriff »Raum«Im alltäglichen Sprachgebrauch ist man geneigt,den Begriff Raum, wenn er sich auf Gebäude be-zieht, mit »Zimmer« gleichzusetzen. Dabei läuftman leicht Gefahr, den Raumbegriff zu sehr ein-zuengen. Unter »Zimmer« verstehen wir etwas reinDingliches, »Raum« hingegen bedeutet mehr. OttoFriedrich Bollnow hebt durch die Aussage „derMensch befindet sich nicht im Raum, wie einGegenstand sich etwa in einer Schachtel befindet“23 verschiedene Sichtweisen von »Raum« vonein-ander ab. Bollnow spricht vom mathematisch-geometrischen Raum, welcher sich durch seinedrei Dimensionen Länge, Breite und Höhe aus-zeichnet. Diesem stellt er den erlebten Raum ge-genüber. Dieser wird nicht nach Höhe und Breitegemessen, sondern beispielsweise durch Distan-

23 Bollnow, O. F.: Mensch und Raum. S. 23.

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zen, Stimmungen und Vertrautheit. Das bedeutetdann zugleich auch, dass in einem Raum auchunterschiedlich viele und verschieden große Teil-Räume entstehen können.24

Eine ähnliche Unterscheidung trifft der Innenar-chitekt Wulf Schneider. Er unterscheidet zwischenHandlungsraum, Anmutungsraum und Bedeu-tungsraum.25 Rudolf Arnheim sieht im »Raum« dasNichts, welches erst durch seine BegrenzungenBedeutung gewinnt. Seine Sichtweise verdeutlichter durch ein Gedicht von Tao Te King:

Dreißig Speichen treffen die Nabe,Die Leere dazwischen macht das Rad.Lehm formt der Töpfer zu Gefäßen,Die Leere darin macht das Gefäß.

Fenster und Türen bricht man in Mauern,Die Leere damitten macht die Behausung.

Das Sichtbare bildet die Form eines Werkes.Das Nicht-Sichtbare macht seinen Wert aus.26

Wobei unter dem »Nicht-Sichtbaren« Wirkungen,Stimmungen, Bedeutungen, Anmutungen, Distan-zen, Proportionen und Maßverhältnisse zu verste-hen sind.

24 So ist beispielsweise der Tisch eines Schülers ein eigener kleiner

Raum innerhalb eines größeren, dem auch eine eigene Beach-tung zukommen muss.

25 Vgl. Schneider W.: Sinn und Un-Sinn – Architektur und Designsinnlich erlebbar gestalten. S. 5.

26 Arnheim, R.: Die Dynamik der architektonischen Form. Köln1980, S. 101.

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Diese Aspekte, die von Raum zu Raum »höchstunterschiedliche Atmosphären« begründen, »diesich mitteilen und die Befindlichkeit wesentlichbeeinflussen«, benennen Becker, Bilstein und Lie-bau mit dem von Waldenfels geprägten Begriff des»Stimmungsraumes«. Zusammen mit dem »An-schauungsraum«, welcher je nach der subjektivbestimmten selektiven Wahrnehmung des Einzel-nen unterschiedlich sein kann, bilden Stimmungs-raum und Anschauungsraum zusammen den ei-gentlichen Handlungsraum. 27

Viele, von unterschiedlichen Autoren geprägteBegriffe beschreiben ähnliche Aspekte bei unter-schiedlicher Bezeichnung. Und ähnlich lautendeBegriffe sind nicht unbedingt identisch. Um Miss-verständnisse durch die Wahl der Begriffe zu ver-meiden, soll nun geklärt werden, welche Raum-aspekte in der vorliegenden Arbeit thematisiertwerden.Räume können unter zwei grundsätzlich verschie-denen Gesichtspunkten betrachtet werden, demtechnisch-funktionalen Aspekt und dem affektiv-emotionalen Aspekt, bei dem Räume hinsichtlichihrer Atmosphäre und ihrer Bedeutung für dieNutzer betrachtet werden.Der »technisch-funktionale« Aspekt bezieht sichauf all jene Raumelemente, die dazu dienen, die

27 Vgl. Becker, G., u. a: Räume bilden. S. 11f.

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in einem Raum anfallenden Tätigkeiten undHandlungen zu ermöglichen. Präsentationsflächenerfüllen ihre Funktion als Medium, indem sie Platzfür Schülerergebnisse bieten. Ein sogenannterKummerkasten beispielsweise muss – funktionalgesehen – genügend Volumen haben und einenSchlitz, um die verschiedenen Anliegen aufzu-nehmen. Der technisch-funktionale Raum stelltgewisse Grundanforderungen, die für ein Benut-zen des Raumes notwendig sind. Zu den tech-nisch-funktionalen Überlegungen der Klassenzim-mereinrichtung zählen beispielsweise Gedankenzur Sitzordnung – sie muss je nach Unterrichts-methode eine ganz bestimmte Funktion erfüllen –,eine zweckdienliche Beleuchtung oder ein sinn-volles Anbringen der Tafel und des Overheadpro-jektors. Auch orthopädische Überlegungen, diesich auf Bauart von Tischen und Sitzmöbeln aus-wirken, gehören in diesen Bereich.

Für die Gestaltung eines Raumes bedeutsam istder »emotionale Aspekt«. Darunter fallen alle Ge-staltungsmaßnahmen, die Stimmungen und Be-findlichkeiten erzeugen und dadurch eine lernför-dernde Atmosphäre herstellen. Auch Erfahrungen,die man mit bzw. in einem Raum gemacht hat –z.B. durch eigenhändiges Gestalten des Raumes –,prägen die Gefühle, die man mit einem Raumverbindet, da ein Raum im Laufe der Nutzung fürden darin Lebenden eine ganz bestimmte Be-

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deutung erhält. Um beim obigen Beispiel deszunächst rein technisch-funktionalen Kummer-kastens zu bleiben, würde das bedeuten, dass die-ser über seine, dem vordergründigen Zweck dien-lichen Eigenschaften hinaus, noch weitere besitzenmuss, um seine Wirkung nicht zu verfehlen. Dazugehört beispielsweise seine Farbe. Er sollte eineFarbe besitzen, die seine Funktion unterstützt unddiese signalisiert, eine Farbe, die die Schüler er-mutigt, ihre Anregungen und Kritiken dort hinein-zutun. Auch die Stelle, wo er hängt, sollte nichtbeliebig sein. Dabei geht es nicht nur um die Er-reichbarkeit. Es ist selbstverständlich, dass ernicht zu hoch hängen darf oder das Erreichen inanderer Weise erschwert wird. Worüber es sichaber nachzudenken lohnt ist die Einbindung imRaum. Hängt er isoliert? Oder hat er einen Platz,der Zugehörigkeit zum Raum signalisiert, wasdurch Rahmenleisten und Verbindungen zu an-deren Raumteilen sowie durch dunkle Hinter-gründe erreicht werden kann. Auch Aspekte des-sen, was Bollnow unter dem hodologischen28

28 Der hodologische Raumaspekt betrachtet den Raum unter den

Gesichtspunkten der Wege, die darin zurückgelegt werden. Dasshodologischer Raum und »tatsächlicher« Raum nicht zwangsläu-fig die selben sind, kann vielleicht folgendes kurzes Beispiel ver-deutlichen: Will man in einer Stadt von A nach B, ist man man-ches Mal überzeugt, den kürzesten Weg zu wählen. Ein Blick aufden Stadtplan zeigt dann oft, dass der gewählte Weg nicht derkürzeste ist. Bei solchen Entscheidungen lässt man sich leitenvon der Straßenführung, vom Bekanntheitsgrad bestimmterStreckenabschnitte, von Dingen am Wegesrand, die geeignetsind, »die Zeit schneller vergehen zu lassen«. Auch beiInnenräumen spielt der hodologische Aspekt eine Rolle, wenn

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Raum versteht, spielen dabei eine Rolle. Wennder Kummerkasten nur auf einem Weg durch das»Revier« des Lehrers erreicht werden kann, wenner also beispielsweise unmittelbar hinter dem Pulthängt, wird die Hemmschwelle vergrößert.Beachtet werden müssen auch Form und Material.In dieser Arbeit wird noch darauf eingegangen,dass beispielsweise spitzwinklige Ecken abstoßendwirken oder stabile Materialien Vertrauenerwecken. Es ist möglich, durch die visuelle Bot-schaft die Funktion zu unterstützen – oder zu blok-kieren und Vertrauen – oder Nichtbenutzung undMissbrauch eines solchen Kastens zu kanalisieren.Auch die auf den noch folgenden Seiten themati-sierte Schülerbeteiligung an der Gestaltung lässtsich am gewählten Beispiel umsetzen. Bei einemselbst gebauten Kummerkasten ist die Chance,dass er benutzt wird, höher. Da schlecht alleSchüler zusammen daran bauen können, wäre essinnvoll, diese Aufgabe jenen Schülern zu über-tragen, die ihn vielleicht später auch eher nutzenwerden.

Möbelstücke oder andere Gegenstände den Weg durch denRaum vorgeben oder man bestimmte Stellen im Raum meidet,weil sich dort vielleicht jemand aufhält, in dessen Nähe mannicht kommen möchte. (vgl. Bollnow O.F.: Mensch und Raum. S.195ff.)

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3.2 Der Begriff »Lernen« imBezug zur Lernumgebung

Wenn von einer lernfördernden Klassenraumge-staltung die Rede ist, muss zunächst geklärt wer-den, was unter Lernen in diesem Zusammenhangzu verstehen ist.Auch wenn der Zusammenhang zwischen Raum-gestaltung und Lernen in der Literatur nicht sehrhäufig thematisiert wird, gehen die Beschreibun-gen von Lernräumen doch ziemlich auseinander.Dies hängt mit der spezifischen, als ganz selbst-verständlich vorausgesetzten Auffassung der Auto-ren zusammen, die sie mit dem Begriff Lernenverbinden. Je nach dem, was unter Lernen ver-standen wird, sieht auch der darauf abgestimmteLernraum anders aus. Meist wird unter Lernen nurein Teilaspekt des Lernens verstanden oder her-ausgegriffen, was zu verschiedenen Ergebnissen,den Raum betreffend, führt.Vorangestellt seien zunächst jene Gestaltungsprin-zipien von Räumen, die mit dem Begriff des Ler-nens im weiteren Sinne29 zu tun haben. Dazuzählen all jene, die ihr primäres Augenmerk aufdie Entwicklung der Schüler richten. Meist stehtdabei die Herausbildung und Reifung der Sinneund Organe im Vordergrund. Damit ist nicht un-bedingt primär das Trainieren von Fertigkeiten 29 Lernen im »weiteren Sinne« meint, dass die Grenze von Lernen

zu Reife- und Entwicklungsprozessen nicht in jedem Fall ganzeindeutig gezogen werden kann.

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gemeint. Vielmehr soll – ausgehend von der Tat-sache, dass bestimmte Anlagen von Geburt anvorhanden sind – ein »Schwinden der Sinne«30

vermieden werden. Die Raumkonzepte von HugoKükelhaus sind in diesem Zusammenhang be-kannt, sie werden vorwiegenden in Kindergärtenund Grundschulen angewendet. Kükelhaus legtgroßen Wert auf die Ausprägung der Sinne alsVoraussetzung für späteres Lernen, weshalb erdurch die Gestaltung u.a. viele Möglichkeiten zumGreifen, Tasten und Fühlen anbietet.31

Der »orthopädische Lernraumaspekt« wird inso-fern dem Lernprozess zugeordnet, als durch Mö-bel, die auf den Körperbau der Schüler abge-stimmt sind, nicht nur körperliche Schäden ver-mieden werden können, sondern auch positiveVoraussetzungen für Unterricht und Lernen ge-schaffen werden. In der neu gebauten AichacherGrundschule sind die Klassenzimmer mit neuarti-gen Stühlen ausgestattet. Statt feste Stuhlbeinebesitzen diese Sitzmöbel eine Feder, die den Fußdes Stuhles mit der Sitzfläche verbindet. Damiterzielt man einen ähnlichen Nutzen, wie bei denmedizinischen Sitzbällen. Neben der Vermeidung

30 Begriff nach Reinhard Kahl, entsprechend des dreiteiligen Fern-

sehbeitrags: »Das Schwinden der Sinne« des NorddeutschenRundfunks aus der Reihe »Kindheit heute«.

31 Vgl.: Kükelhaus, H.: Unmenschliche Architektur – von der Tier-fabrik zur Lernanstalt.Und ders: Organismus und Technik – gegen die Zerstörung dermenschlichen Wahrnehmung.

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von Haltungsschäden wird auch erreicht, dassKinder, die Probleme mit dem Stillsitzen haben,nicht mehr das Bedürfnis zum »Zappeln« verspü-ren und dem Unterricht besser folgen können.Dadurch, dass die Stühle, wie auch die Bälle, sehrempfindlich auf Bewegungen reagieren, wird denSchülern offenbar der Anreiz genommen, sich zubewegen und das Bedürfnis nach Stillsitzen ge-weckt.Davon ausgehend, dass Lernen vielfältig ist, wirddie von Marleen Noack erwähnte Kritik (vgl. Seite21 dieser Arbeit) verständlich. Sie findet ihreAuffassung von Lernen in der den Schulraum be-treffenden Literatur offenbar nicht wieder. C.Rehle merkt an, „daß der Begriff des Lernraumes[...] [wie ihn Noack versteht (Anm. A.M.)] nichteingeschränkt, als Ort für die lineare und mög-lichst störungsfreie Wiedergabe und Übernahmevon Wissensstoffen“ verstanden werden darf.32

Rehle legt bei ihrem Raumkonzept ein Lernendurch Erleben zugrunde (womit sie eigentlich aucheine Einschränkung vornimmt), sie plädiert füreine Schule „als eine Stätte der Anthropogenese[...], die das Lebensganze der ihr anvertrautenSchüler in den Blick nimmt. Dabei orientiert siesich an Friedemann Maurer (1992, S. 16ff), der

32 Vgl. Rehle, C.: Gelebte Räume. S. 10.

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„Lernen als einen »Prozeß des Fertigwerdens mitdem Neuen und Unbekannten« beschreibt.“33

Der Raum kann auch unter dem Gesichtspunktdes »sozialen Lernens« betrachtet werden. Einewesentliche Rolle dabei spielen jene Raumva-riablen, die sich auf den Erwerb von sozialenKompetenzen auswirken, wie beispielsweiseRaumstrukturen, Aufteilungen, Distanzen unddurch den Raum vorgegebene Handlungsmöglich-keiten. Auf diese Weise kann der Raum die Kom-munikation, Konfliktlösungs- und Konfliktvermei-dungsprozesse und die jeweilige soziale Einstel-lung beim interaktiven Umgang miteinander be-einflussen. Das Hauptaugenmerk beim Aspekt dessozialen Lernens liegt meist auf Untersuchungenzur Sitzordnung. Unter dem Motto „Wie man sitzt,so lernt man“ beschreibt zum Beispiel T. Sylvesterin einer guten Gegenüberstellung Auswirkungender Sitzordnung auf das Lernen.34

In diesem Zusammenhang sei auch auf das Lernenim Rahmen des »heimlichen Lehrplans« hingewie-sen. Gerade im Bereich des sozialen Lernenskommt der Einfluss des heimlichen Lehrplans überdie Gestaltung des Raumes zum Tragen. Ob dieSchüler untereinander – bedingt durch dieRaumaufteilung und Raumgliederung – mehr oderweniger stark eigene Territorien ausbilden können

33 Ebd., S. 10.34 Vgl. Sylvester, T.: Halbkreis, übereck oder Reihe? - Die Sitzorga-

nisation im Unterricht. S. 36 - 38

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und sich so darin üben können, Reviere gegen-über anderen abzugrenzen35 oder ob es Lehrer-Schüler Auseinandersetzungen betrifft:

Wer vom heimlichen Lehrplan und einem unab-änderlichen Feindverhältnis zwischen Lehrernund Schülern wenig hält, wird mehr auf günstigesSchulklima, auf Atmosphäre, auf gemeinsameKonfliktregelungen setzen, die auch den Raumbetreffen und die Schule nicht mit einer stets zubewachenden Vollzugsanstalt verwechseln.36

Da wir es beim schulischen Lernen in der Real-schule nicht nur mit Teilaspekten des Lernens zutun haben, sondern durch den Unterricht mög-lichst alle Lernbereiche abgedeckt sein sollen,muss lernförderliche Klassenraumgestaltung sichprimär an den Grundvoraussetzungen undRahmenbedingungen für Lernen orientieren unddanach fragen, wie der Raum als Basis für denUnterricht, als planmäßig initiierter Lernprozess,beschaffen sein soll. Ob kognitives, affektives oderpragmatisches Lernen, der schulische Lernprozessmuss in der Regel erst – durch den Lehrer – inGang gesetzt und aufrecht erhalten werden.

35 „Territoriales Verhalten gehört, wie affiliative Verhaltensstrate-

gien, zur Entwicklung der sozialen Kompetenz des Kindes. [...]Ohne die Möglichkeiten Raum zu bewahren, ist »Teilen« und»Geben« von Raum schwer vermittelbar (Eibl-Eibesfeldt 1986,zitiert in: Forster, J.: Kind und Schulraum. 1997, S.184).

36 Krüger, R.: Klassenräume für Schüler und Lehrer. S. 28.

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Wenn wir ein Kaufhaus, eine Kirche, eine Bankoder eine U-Bahn-Station betreten, verspüren wirganz bestimmte Stimmungen, die ein Verhaltennahe legen. Diese Empfindungen basieren auchauf Vorerfahrungen und Erwartungen in Verbin-dung mit diesen bestimmten und ähnlichen Räu-men. Sie hängen aber auch entscheidend davonab, wie sich ein Raum beim Betreten präsentiert,welche Atmosphäre er vermittelt. Es stellt sich nundie Frage, wie ein Klassenzimmer beschaffen seinmuss, das eine möglichst »optimale« Lernat-mosphäre aufweist. Ein Klassenzimmer, das dieBereitschaft zu Lernen nicht schmälert und da-durch dem Lehrer Chancen einräumt, trotz vor-handener Vorerfahrungen und vielleicht negativerErwartungen die Schüler für eine bestimmteSache zu gewinnen.Für Schüler beginnt der Einstieg in den Unterrichtbereits bevor der Lehrer mit »seinem« Unterrichtbeginnt. D.h., die lernförderliche Stimmung, dieein Lehrer in der Anfangsphase seines Unterrichtsherzustellen versucht, kann durch den Raumschon in die Wege geleitet sein oder eben nicht.Ob ein Schüler Unterricht »langweilig« findet,Spaß daran hat oder sich zunächst einmal relativunvoreingenommen darauf einlässt, hängt nebensehr vielen anderen Aspekten auch von der Raum-gestaltung ab. W. Wiater schreibt von den»unmittelbaren Vollzugsgenüssen«, die einen An-reiz – neben anderen – für eine Tätigkeit darstel-

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len.37 In einer angenehmen Umgebung sind dieseVollzugsgenüsse höher zu bewerten. A. H. Maslownimmt sogar an, dass bestimmte Bedürfnisse – wieauch das Bedürfnis, Neues zu lernen – erst dannvorhanden sind bzw. geweckt werden, wenn an-dere, in der Bedürfnishierarchie weiter unten an-gesiedelte Bedürfnisse befriedigt sind.38 Das be-deutet, dass die Gestaltung des Raumes zwarkeine hinreichende, doch aber eine notwendigeVoraussetzung für Unterricht und Lernen darstellt,denn ein Klassenraum kann mit dazu beitragen,die Grundbedürfnisse nach Schutz, Wohlbehagen,Geborgenheit und sinnlicher Anregung zubefriedigen und so Motivation, Konzentration undVerhalten positiv beeinflussen.Weber spricht von der „Gewährleistung eines»entspannten Feldes« und einer emotional positi-ven »pädagogischen Atmosphäre«“39 zur Förde-rung von Lernbereitschaft und Lernlust. Dies ge-schieht beispielsweise durch „die vorhandenenMerkmale der physikalischen Umgebung Lern-raum, [die] das Verhalten in einem Raum starkbeeinflussen können, z.B. die Ermutigung oderEntmutigung zum Lernen und zur Weiterent-wicklung.“40 Denn:

37 Vgl. Wiater, W.: Unterrichten und lernen in der Schule. S. 148.38 Vgl. Buchegger O.: Bedürfnisse und Motivation.

www.buchegger.com/praxilogie/bedürfnisse.html, 08.1999.39 Vgl. Weber, E.: Pädagogik. S. 50.40 Kleberg, J. R.: Über die Qualität von Lernräumen. S. 29.

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Attraktive Klassenräume verleihen dem Lernpro-zeß Würde und bringen unausgesprochen zumAusdruck, daß Bildung des Geistes eine schöneund spannende Tätigkeit ist. Das Aufmerksam-werden für Form, Linie, Farbe, Textur und aufden Abwechslungsreichtum des Klassenraum-Milieus ist dafür wesentlich.41

41 Ebd., S. 35.

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4 Zentrale Aspekte lernfördernderGestaltung

Wie in den vorangegangenen Ausführungen auf-gezeigt wurde, kann die Klassenraumgestaltungdurch ihren Einfluss auf die Voraussetzungen fürLernen und Unterricht eine lernfördernde Wirkungzur Folge haben.Die im Folgenden dargelegten Aspekte einerlernfördernden Klassenraumgestaltung beziehensich sowohl auf den gestalteten Klassenraum inseiner Wirkung auf Schüler und Lehrer als auchauf die aktive Gestaltung durch die jeweiligenNutzer des Raumes.

4.1 Der sinnliche Anregungsge-halt des Klassenraumes

Die Meinung, eine reizarme Lernumgebung seider Konzentration förderlich, wird noch immervertreten. So plädiert z.B. M. Noack in ihrem zuden aktuellen Veröffentlichungen zählenden Buch– Der Schulraum als Pädagogikum – u.a. für dieSchaffung eines Konzentrationsraumes durch »Ab-grenzung und Abschirmung«, da „die Betonungder kognitiven Tätigkeit das Ruhigstellen der

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Körper erzwingt und jede Ablenkung verbietet“42.Vor allem im Primarbereich legt man dagegenschon seit geraumer Zeit großen Wert auf eineanregungsreiche Lernumgebung. Konzentration istzum einen abhängig von der situationsbedingtenMotivation, die, wie bereits erläutert, auch mitvon der Umgebung beeinflusst wird. Zum anderenhängt ein Abfall der Konzentration mit einerzunehmenden Ermüdung zusammen. Ermüdungs-erscheinungen können auf eine zu geringe sinnli-che Anregung zurückgeführt werden. In nichtschulischen Bereichen ist dieser Zusammenhangbereits bewusster. Die Gefahr, dass ein Autofahrerauf einer schnurgeraden Straße einschläft, ist be-kanntlich wesentlich höher als auf einer abwechs-lungsreichen Straßenführung. Nach J. Beck sind

differenzierte Reize unbedingt notwendig, umAufmerksamkeit zu ermöglichen. Konzentrationist Hinwendung zu etwas und Abwendung vonetwas anderem zugleich. Wenn es im Raumnichts gibt, wovon sich die Sinne abwenden kön-nen, dann können sie sich auch nicht etwas ande-rem zuwenden.43

Neben Konzentration ist auch die Motivation, alsVoraussetzung für Lernen, an den sinnlichen An-regungsgehalt eines Raumes gekoppelt. Wie aufden Seiten 34ff dargelegt, beeinflusst auch die

42 Noack M.: Der Schulraum als Pädagogikum. S.66.43 Beck, J.: SinnesWandel. S. 182.

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Befindlichkeit und das Wohlbefinden in einemRaum die Voraussetzungen für Motivation, Kon-zentration und Verhalten. Ein Maß für die sinnli-che Anregung sind allgemeine aufmerksamkeitser-regende Merkmale des Raumes.

Aufmerksamkeitserregende Merkmale des Rau-mes sind ganz allgemein ein Kriterium für dieBewertung der Umgebung. Diese Beziehung führtzu einer Reihe von Konsequenzen für Schul-bauten. Offensichtlich ist die Wahrnehmung mitWohlbefinden gekoppelt: wir haben das Bedürf-nis nach Stimulierung von Außen. Ist diese Sti-mulierung zu gering, entsteht eine Reizappetenz,die wir zu befriedigen suchen. Neue Reize erre-gen die Aufmerksamkeit, weil sie Diskontinuitätenin der angebotenen Information darstellen. Dasvermutete ideale Niveau [... ist] ein ausgegli-chenes Verhältnis zwischen Varianz (oder»Chaos«) und Ordnung.44

Wie viel sinnliche Anregung ist also nötig, umoptimale Voraussetzungen in einem Klassenzim-mer zu schaffen? Die Forderung nach einer anre-gungsreichen Lernumgebung45 enthält noch keinMaß, »wie viel« Anregung vorhanden sein soll,was in manchen Fällen – beispielsweise beiGrundschulklassenzimmern – zu einer Überreizung

44 Forster, J.: Kind und Schulraum. S.179f.45 »Anregungsreich« bezieht sich auf die sinnliche Anregung der

Lernumgebung insgesamt. Teile der Lernumgebung, die Interesseam Lernstoff selbst wecken sollen (z.B. Ergebnisse ausGruppenarbeiten, Lerntafeln und Anschauungsobjekte), sind nureine Gestaltungsmöglichkeit unter vielen.

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durch zu viele verschiedene und zu übersättigteFarben der im Raum enthaltenen Gegenstände,durch ungeordnetes bis chaotisches Anbringenvon zu vielen verschiedenen Dingen führt. »Anre-gungsreich« wird in solchen Fällen gleichgesetztmit der Formel »je mehr desto besser«. DieSchwierigkeit der Raumgestaltung liegt darin, denrichtigen Mittelweg zwischen einer reizarmen undeiner überreizenden Lernumgebung zu finden. Essoll ein möglichst vielfältiger Anregungsreichtumerzielt werden, ohne dabei Gefahr zu laufen, dassalle Einzelteile der Gestaltung in ihrer Summeeine Reizüberflutung bewirken.

4.1.1 Die Ordnung des Raumes

Das richtige Maß der sinnlichen Anregung wirddurch sehr viele einzelne Gestaltungselementebestimmt, und erst die Summe der Einzelwahr-nehmungen macht die Raumwirkung aus. Um einezielgerichtete Raumwirkung zu erzeugen, muss derRaum mit all seinen Elementen als Ganzes be-trachtet und gestaltet werden. ÜbergeordnetesKriterium dabei ist die »Ordnung des Raumes«.Nach welchen Kriterien ist der Raum gegliedert?Präsentiert sich der Raum als Ganzes oder zerfällter in einzelne Teile? Mahlke spricht von einer»Harmonie durch die Einheit des Raumes«, die

durch eine ausgewogene Verteilung der Elementezustande gebracht werden muss. Es darf nicht die

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Auffälligkeit einzelner Gegenstände die Auf-merksamkeit auf sich ziehen; ein Raum darf nichtin Teile »zerfallen«, z.B. in einen rechteckigen Teil– von der Grundfläche aus gedacht – an der Fen-sterfront, in ganzer Höhe, und einen durch Zwi-schenebenen und Treppenläufe gegliederten ge-genüber mit jeweils niedrigeren Dimensionenoben und unten. Die Verbindung von Raumteilenmiteinander ist uns wesentlich.46

Aus der Sichtweise Mahlkes wird ein Gliede-rungsaspekt deutlich, der bei Klassenzimmernvielfach nicht beachtet wird. Die Ordnung desRaumes beschränkt sich nicht nur auf die zweidi-mensionale Grundfläche, die Dimension der Höheliefert auch sehr viel Gestaltungspotential (reinrechnerisch wären das ca. 33%). Anthropologischbetrachtet, müsste der Höhe, wenn man sich ander Körperform des Menschen orientiert, sogarmehr Beachtung zugewendet werden als derLänge und Breite, denn sie ist die am stärkstenausgeprägte Dimension unseres Körpers, und derRaum als »zweite Haut«47 des Menschen kannnicht nur auf eine zweidimensionale Gestaltungbeschränkt sein. Nahezu alle Gestaltungsskizzenvon Klassenräumen in pädagogischer Literatursind Grundrisszeichnungen, es ist nicht zu erken-

46 Mahlke, W.: Raum und Ästhetik. S. 12f.47 Die Bezeichnung stammt von Beck und Wellershoff. Ihrer Mei-

nung nach sind Räume „dingliche Mittel der Förderung oder Be-hinderung unserer Sinnesfähigkeiten.“ (Beck J. / Wellershoff, H.:

SinnesWandel. S. 179).

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nen, ob Einrichtungsvorschläge wie Pinnwände,Raumteiler und Regale mit dem restlichen Mobi-liar eine in sich sinnvolle Ordnung bilden. Bildendie Höhen eine einheitliche Linie? Besteht eineVerbindung zur Decke oder stehen die Teile nurso im Zimmer, ohne eine tatsächliche Verbindungmit dem Raum als Ganzem einzugehen? Ist dasproportionale Höhenverhältnis, das die verschie-denen Einrichtungsgegenstände zueinanderhaben, sinnesanregend, reizarm oder chaotisch?Wenn Raumwirkungen thematisiert werden, wirdvon den jeweiligen Autoren gerne ein Vergleichzur Musik gezogen. Musik deshalb, weil auch sie,je nach Stil und Zweck, die Absicht verfolgt, denWeg zwischen Reizarmut und Reizüberflutung zusuchen, um die gewünschte Wirkung beim Rezi-pienten zu erzeugen. R. Arnheim verdeutlicht dieNotwendigkeit architektonischer Ordnung auch aneinem Beispiel aus dem Bereich der Musik, dasvielleicht unter Berücksichtigung der Tatsache,dass man Musik abschalten kann, ein Schüler aberin seinem Klassenzimmer bleiben muss und lernensoll, besonders eindrucksvoll erscheint:

...und wenn der Fagottist in einem Orchester an-stelle seines eigenen Parts gelegentlich die Violi-nenstimme mitspielt, dann mag das Ergebniszwar faszinierend sein, aber die beabsichtigte mu-sikalische Aussage ist sabotiert. Sind wir uns ei-nig, wenn ich es für eine der Grundvoraussetzun-gen [...] halte, daß jedes Objekt oder Ereigniseine klare Aussage über sein Wesen und seinen

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Zweck projizieren sollte? Dann müssen wir aberauch verlangen, daß sich diese Aussagen an einegewisse Ordnung halten. Ein Gebäude, das nichtimstande ist zu sagen, ob es gerade oder krumm,aus einem oder aus mehreren Stücken, symme-trisch oder asymmetrisch, einfach oder komplex,beschwingend oder deprimierend ist, erfüllt sei-nen Zweck nur, wenn dieser darin besteht, demBeschauer Rätsel aufzugeben – und das kann jawohl in der Regel nicht das Ziel sein. 48

Ordnung bedeutet nicht nur Reduzierung auf ein-fache Formen, schon die Ordnung selbst – ohnedie Details der eigentlichen Gestaltung – trägt zueiner anregenden Wirkung bei. Raumordnungbedeutet auch nicht perfektionistisch genauesEinhalten von Prinzipien, denn Ordnung lebt voneinem »kleinen Schuss« Unordnung. Das gewisseEtwas an Unordnung verdeutlicht Arnheim aneinem Beispiel aus der Natur: Es macht den be-sonderen Reiz des Gänseblümchens aus, dassnicht alle Blätter gleich sind. Eine gewisse Störungder Ordnung (im kleinen Rahmen) als stilistischesMerkmal und nicht etwa als ein allgemeingültigesPrinzip trägt zu einem angenehmen Gesamter-scheinungsbild bei.49

Die Raumgestaltung in Waldorfschulen enthältsolche »Störungen«, doch kann dort die Raumord-nung diese auch verkraften, ohne dass es chao-

48 Arnheim, Rudolf: Die Dynamik der architektonischen Form. Köln

1980, S. 169.49 Vgl. ebd., S. 175.

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tisch wirkt. Schräge Fensterbretter zum Beispielstören dort die Ordnung nicht so sehr wie in Klas-senräumen, deren Ordnung sich auf wenige – oftzweidimensionale – Grundsätze reduziert.Der Baustil und die Raumgestaltung von Waldorf-schulen – und auch von Montessorischulen – zeigt,dass Ordnung nicht mit langweiligen geometri-schen Formen und spartanischer Einrichtunggleichzusetzen ist. Unordnung entsteht erst

als Folge einer Nichtübereinstimmung von Teil-ordnungen, zwischen denen es keine geordnetenBeziehungen gibt. [...] Eine geordnete Situationuntersteht einem Gesamtprinzip, das in einer un-geordneten Situation fehlt.50

Eine anregende Raumgestaltung fordert im Ge-gensatz zu einem spärlich eingerichteten Raummehr Ordnungsprinzipien, um eine Überreizungim Sinne einer chaotischen, unbeabsichtigtenWirkung zu vermeiden. Basis der Ordnung einesRaumes ist das zugrunde gelegte Raster im Grund-wie im Seitenriss. Ein solches Raster kann entwe-der bei der maßstäblichen Planung eines Raumesvor Beginn vorausgesetzt werden oder nachträg-lich zur Überprüfung der Planung dienen. DieKomplexität der Raumgestaltung bestimmt dieRasterweite, die dominierenden Formen dieRasterart. Durch die Rasterlinien, auf die Ecken,Kanten und Begrenzungslinien zu liegen kommen, 50 Ebd., S. 177.

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ist gewährleistet, dass auch Raumteile und Möbel-stücke an verschiedene Stellen im Raum fluchtenund dadurch die Wirkung des Raumes als einGanzes unterstützen.Dass Ordnung nicht eintönig und langweilig wirkt,sondern auch sehr abwechslungsreich und sinnlichanregend sein kann, ohne dabei eine beunruhi-gende Wirkung zu haben, soll ein Beispiel derMontessori-Schule München zeigen:

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(aus: Voß-Rauter, H.: Architektur und Pädagogik derMontessori-Schule München.)

Obwohl – oder gerade weil – der Grundriss derSchule von einfachen geometrischen Formen starkabweicht, liegt ein sorgsam strukturiertes Rasterzugrunde, welches man nachvollziehen kann,wenn man alle Ecken, Endpunkte von Linien undKreuzungspunkte markiert und dann verbindet:

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Dem Bauplan liegt nach dieser Analyse einerseitsein grobes Quadratraster zugrunde, welches durchein um 45° gedrehtes feines quadratisches Rasterergänzt wird.51

51 Wenn man diese Seite gegen das Licht hält, bekommt man

vielleicht eine bessere Vorstellung davon, wie der Grundrissplangerastert ist.

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4.1.2 Formen

Das der Ordnung des Raumes zugrunde gelegteRaster wird durch die vorherrschenden Raumfor-men bestimmt. Wolfgang Mahlke plädiert für qua-dratische Grundformen, denn

das Quadrat ist eine befriedende Form, währendrechteckige Grundrisse beunruhigen, zu unge-zieltem Hin- und Herrennen animieren. Deutlichwird das in langen Gängen, die unheimlich wir-ken, »Tunnelangst« erzeugen und zur Hast an-treiben.52

Nun ist es aber nicht so, dass jedes Rechteck denerwähnten Tunneleffekt erzeugt, den Mahlkevermeiden möchte. Welche Rechtecke angenehmund welche unangenehm oder beunruhigendempfunden werden, erklärt R. Arnheim bei seinenAusführungen zum »Goldenen Schnitt«53 als opti-males Verhältnis zwischen Länge und Breite:

Warum gilt zum Beispiel der Goldene Schnitt fürbestimme Zwecke allgemein als das optimaleVerhältnis zwischen zwei Längen? Wir sehendarin die bestmögliche Ausgewogenheit zwischender Kompaktheit und der Längenausdehnung des

52 Mahlke, W.: Raum und Ästhetik. S. 13.53 Der Goldene Schnitt gibt an, wie sich bei der Teilung einer

Strecke die Länge der einen Teilstrecke zur Länge der anderenTeilstrecke verhält. Annäherungsweise kann dieses stets irratio-nale Teilverhältnis mit 5 : 8 angegeben werden. Vgl. Schülerdu-den Mathematik I. S. 160f.

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Rechtecks, aber warum sollte gerade dieses Ver-hältnis besser sein als irgendein anderes? Offen-sichtlich deshalb, weil ein Verhältnis, das sich derzentrischen Symmetrie des Quadrates nähert,keiner Richtung die Vorherrschaft einräumt unddaher wie eine statische Masse aussieht, währendumgekehrt ein zu großer Unterschied zwischenden zwei Dimensionen das Gleichgewicht zer-stört: der längeren Dimension fehlt dann das Ge-gengewicht, das beläßt der Form ihre Stabilitätund gibt ihr zugleich eine lebendige inhärenteSpannung. Allein schon die Worte, mit denen wirdie ausschlaggebenden Faktoren beschreiben,lassen erkennen, daß wir es mit einem dynami-schen Verhältnis zu tun haben. Das Gleichgewichtist nichts anderes als ein Kräfteausgleich; für diereine Quantität hat es keine Bedeutung.54

Das Wesentliche für das Raster und somit für dieAufteilung eines Raumes sind also ausgewogeneFormen. Reformpädagogisch orientierte Schul-bauten verwenden nicht selten polygone Formenbei der Raumgestaltung, der Grundriss der Räumeist fünf- oder achteckig, Tafeln könnengelegentlich sogar 10- oder 12-eckig sein. DiesesPrinzip der polygonen Formen wird auch bei derDachform von Waldorfschulen beibehalten. An-statt der sonst üblichen Giebeldächer, mit dreiek-kiger Form sind vieleckige Dächer typisch, dieeher kuppelartig wirken. Durch diese Dachform

54 Arnheim, Rudolf: Die Dynamik der architektonischen Form. S.

227.

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entstehen in den oberen Geschossen Räume, dieauch vertikal Vielecke entstehen lassen.Eine Erklärung, warum solche Raumformen sinn-voll sind, gibt R. Arnheim, der ausgehend von derUr-Form des menschlichen Wohnens in Höhlen,den Nestbau von Tieren betrachtet. Tiere formenihre Nester und Höhlen, indem sie sichbreitmachen, darin herumwälzen und gegen dieWandungen drücken. Dadurch entsteht eine ku-gelförmige, konkave Form.

Obschon der Mensch [...] normalerweise seineUnterkunft nicht dadurch formt, daß er mit sei-nem eigenen Körper eine Höhlung schafft, wirktein stark konkaver Innenraum so, als habe er ei-nem derartigen Druck nachgegeben. In einemsolchen Raum hat man, wenn man nach den be-grenzenden Wänden greift, das Gefühl, größer zuwerden, sich auszudehnen.55

So gesehen wäre der Kreis mit seiner angenehmenWirkung auf die Befindlichkeit eine idealeGrundform für die Raumordnung. Bereits P. Pe-tersen spricht dem Kreis – neben vielen anderenvon ihm angepriesenen Vorzügen – eine „befrei-ende Wirkung“56 zu. Das Problematische ankreisförmigen Elementen in der Raumgestaltungist, dass die oben erwähnte Ordnung durch einzugrunde gelegtes Raster nicht aufrecht erhalten

55 Ebd., S. 104.56 Vgl. Petersen, P.: Führungslehre des Unterrichts. S. 100.

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wird, wenn runde Elemente eine eckige Ordnungsprengen. Eine harmonische Einheit würde derRaum nur dann bilden, wenn die gesamteGrundordnung des Raumes auf einem Kreisrasteraufgebaut wäre, was jedoch technisch nicht – odernur mit sehr großem (finanziellen) Aufwand –umsetzbar wäre. Ebenso problematisch sindschräge Flächen und Verbindungslinien, denndadurch entsteht, was jede der erwähnten Ord-nungstheorien – ob Quadrat, harmonisches Recht-eck oder Polygone – zu vermeiden sucht: SpitzeWinkel, wie sie bei dreieckigen Formen entstehen,die eine negative Raumwirkung produzieren. Zuder Wirkung von Dreiecken hat der Schul-bauforscher Christian Rittelmeyer umfangreicheUntersuchungen angestellt.

Wir bewahren unseren aufrechten Gang mehroder minder sicher in verschiedenen (waage-recht, senkrecht oder schräg konstruierten)Raumarrangements; unsere Blicke gleiten überFassaden, wir durchlaufen gewisse muskuläreSpannungs- und Entspannungsprozesse bei derBetrachtung von Architektur, unsere Atem- undHerztätigkeit scheint durch bestimmte architekto-nische Umgebungskonstellationen beeinflußt zuwerden. Zwar wurde auf die Beteiligung des ge-samten Leibes am Architektur-Erleben mitunterhingewiesen, aber solche Hinweise blieben bisherweitgehend spekulativ. [...] VerschiedeneBauformen scheinen [die] Sinne in einer jeweils

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spezifischen Weise anzusprechen und anzure-gen.57

Um zu erforschen, wie verschiedene Bau- undRaumformen wirken, untersuchte er die Blickbe-wegungen von Kindern und Jugendlichen beimBetrachten von verschiedenen Formen. Mittelsgeeigneter Apparaturen wurden diese aufge-zeichnet und zur Auswertung auf eine Abbildungder jeweils betrachteten Figur gelegt.Besonders interessant in diesem Zusammenhangsind die Untersuchungen mit spitzwinkligen Drei-ecken. Auf eine Großleinwand projiziert, standensie einmal auf der Spitze und einmal schräg aufder Spitze. Spontane Äußerungen von Kindernbereits im Vorfeld waren beispielsweise „diekippen gleich um“, oder „das kann so nicht ste-hen, das fällt um“.58

Zunächst zu den senkrecht stehenden Dreiecken:Die Kinder folgen bei dieser Figur nicht den Um-rissen, sondern bewegen den Blick intensiv z.B.auf der (imaginären) Mittelachse des Dreiecks aufund ab – so als suchten sie eine standfeste bzw.stabilisierende Achse dieser Figur; oder sie ma-chen vom Schwerpunkt des Dreiecks ausholendeBewegungen nach links und rechts, so daß Fixa-tionsverläufe gleich »Balancestangen« entstehen.[...] Offensichtlich setzten sich die Kinder indiesem Fall mit Labilitäts- oder Gleichge-wichtsproblemen auseinander. Warum aber soll-

57 Rittelmeyer, C.: Schulbauten positiv gestalten. S. 16.58 Vgl. ebd., S. 23.

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ten sie sich in dieser Weise blickmotorisch stabili-sierend mit den labilen Figuren auseinanderset-zen, wenn sie dabei nicht auch ein eigenesGleichgewichtsproblem spüren würden?

Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen (unddas ist für die folgenden Ausführungen von gro-ßer Wichtigkeit), daß die einzelnen Sinne niemalsisoliert fungieren, sondern sich immer wechsel-seitig beeinflussen; man spricht daher von Syn-ästhesien oder von intersensorischen Qualitätendes menschlichen Sinneslebens. Die Bewe-gungsbilder im Hinblick auf die Dreiecke könntenalso folgende Vermutung nahelegen. Die labilwirkenden Figuren provozieren (bzw. irritieren)das Gleichgewichtssempfinden der Kinder; dasgeschieht natürlich in einer kaum bemerkbaren,undramatischen Weise, die dem einzelnen Kindvermutlich nicht zu Bewußtsein kommt und nurim Gefühl einer die Aufmerksamkeit provozie-renden seelischen Stimmung manifest wird. DasKind sucht unbewußt festen Stand durch die ak-tive blickmotorische Auseinandersetzung mit demprovozierenden Milieu zu gewinnen: es arbeitetgewissermaßen visuell der Labilisierungstendenzentgegen. Könnte das ein Hinweis darauf sein,daß Schrägen im Bau das Gleichgewichtsemp-finden irritieren?59

Bei einer weiteren Studie, bei welcher die Kindereinen Stab hinter ihrem Rücken senkrecht nachoben halten mussten, wurde ein Innenraum mitschräg verlaufender Decke projiziert. Das Ergebniswar, dass die Kinder nicht mehr in der Lage wa-ren, den Stab exakt senkrecht nach oben zu hal-

59 Ebd., S. 24.

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ten. Daraus ist laut Rittelmeyer erkennbar, wie dieInnenarchitektur eines Raumes den Gleichge-wichtssinn stören kann. Dass Architektur nicht nurüber den Gleichgewichtssinn Verwirrung schafft,sondern auch bedrohlich wirken kann, zeigenWahrnehmungsversuche, bei denen sowohl waag-recht als auch horizontal spitz auf den Betrachterzulaufende Fassadenteile eines Gebäudes Gegen-stand der Untersuchung waren. Die Ergebnissemehrerer blickmotorischer Muster, dieaufeinander gelegt wurden, ließen deutlich dieSpitze des Gebäudes als »bedrohlichen Punkt«erkennen, auf den sich alle Blicke zunächst rich-teten und beim Betrachten in relativ kurzen Ab-ständen auch immer wieder zurück kamen.Ecken und Spitzen sind die markantesten Stellenin einem Raum, über sie wird wesentlich die Ord-nung – und damit der Anregungsgehalt – einesRaumes bestimmt. Deshalb legt Wolfgang Mahlkeauch eine Reihenfolge bei der Raumgestaltungfest:

Gestalterisch handelnd muß ich ausgehen vonPunkt und Linie, die von der Architektur gegebensind, und meine Kraft einsetzen, zur Fläche unddann zur Betonung der räumlichen Wirkung ge-langen. [...] Die Reihen- und Rangfolge der Ele-mente Punkt, Linie, Fläche, Raum, die für die

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Raumgestaltung wesentlich sind, ist nicht um-kehrbar.60

Jeder Eckpunkt, wie von Regalen, Tischen oderauch Balken, der eine horizontale oder vertikaleOrdnung verlässt, fällt auf. Sind es viele Punkte,die von einer Linie abweichen, ist die Wirkungbeunruhigend bis chaotisch, denn das Auge ver-bindet Ecken und andere markante Punkte unter-einander zu Linien.61 Wenn die so entstehendenLinien keine Ordnung produzieren, entsteht einesinnliche Überreizung durch den Raum. Ist dieOrdnung zu einfach, etwa bei einer kargen, dürfti-gen Gestaltung, entsteht eine reizarme Lernumge-bung.Die sich aus den Punkten ergebenden Linien bil-den zusammen Flächen, die »Raum« konstituieren,den Aktionsraum, der je nach den aussendendensinnlichen Signalen das Verhalten hemmt, anregtoder auch für ein Übermaß an Umtriebigkeit sor-gen kann.Durch Ordnung muss aber auch vordefinierterRaum für Gestaltung entstehen. Pinnwände, Aus-stellungs- und Präsentationsflächen und -räume,die ebenso wie Aufbewahrungsorte für Unter-richtsmaterialien und Orte für Pflanzen und Bilderderart in den Raum integriert sind, dass das selb-ständige, nicht durch den Lehrer angeleitete Aus-

60 Mahlke, W.: Schul-Raum. S. 40f.61 Vgl. ebd., S. 41.

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gestalten durch die Schüler dem Anregungsreich-tum des Raumes beiträgt, ohne dass dabei dieGefahr von »visuellem Stress«62 durch zu vielfäl-tige und unkontrollierte Ausschmückung besteht.Beim Würzburger Modell wird versucht, solcheFlächen und Teilräume komplett in den Raum zuintegrieren, sodass möglichst überhaupt keineEcken entstehen. Ecken lassen sich vermeiden,wenn keine oder möglichst wenig Endpunkte vonLinien existieren. Mehrere Endpunkte lassen sichzu einer gemeinsamen Linie verbinden, wenn anden Ecken und Enden eine Verbindung zueinan-der geschaffen wird. So können beispielsweise diebeiden oberen Ecken der Türe und der Wandtafel,die sich an der selben Raumseite befinden und aufgleicher Höhe abschließen, durch ein sich überdie ganze Wandbreite erstreckendes Bord verbun-den werden. Dieses Bord ist dann gleichzeitig Ab-stellfläche für Pflanzen, Bücher oder Unterrichts-

62 Der Begriff stammt aus Hellbrück / Fischer: Umweltpsychologie,

S. 198f. Unter visuellem Stress wird dort „eine durch die opti-sche Stimulation selbst bedingte Belastung“ verstanden, welcheweniger in der Natur als in der vom Menschen entworfenenUmgebung auftritt. Als Aufsehen erregendes Beispiel führen dieAutoren den sogenannten »Pokemon-Fall« an. Nach Ausstrah-lung einer beliebten Cartoon-Serie in Japan mussten sich 700Personen, meist Kinder, die die Sendung sahen, in ärztliche Be-handlung begeben. Sie klagten über Übelkeit, Kopfschmerzen,Schwindel und zum Teil über vorübergehende Krampfanfälle.Experten führten diese Erscheinung auf eine vier Sekundendauernde Sequenz von roten, blauen und weißen Lichtblitzenzurück. Der Begriff »visueller Stress« wird meist im Zusammen-hang einer durch Flimmern gestörten Wahrnehmung, wie es bei-spielsweise bei elektrischen Geräten (z.B. Bildschirmen) der Fallist, verwendet. Bei der Raumwahrnehmung ist sicherlich nichtmit solch gravierenden Auswirkungen zu rechnen.

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ergebnisse. Auch andere Elemente dieser Raum-seite – beispielsweise eine Pinnfläche, ein Geräte-schrank oder ein Regal – können mittels so einemoben umlaufenden Bord auf integrative Weiseverbunden werden. Die untere Abschlussliniesollte der Fußboden bilden, was möglich ist, wennvertikal übereinander liegende Eckpunkte einesichtbare Verbindung, z.B. durch einen Pfostenoder eine Regalseite, hinunter zum Boden erhal-ten. Dadurch wird neben einer sichtbaren, sinnlichwahrnehmbaren Stabilität auch erreicht, dass dieWand nicht mehr aus Einzelteilen besteht, son-dern durch die Verbindungen unter den jeweiligenTeilen als ein geordnetes Ganzes wahrgenommenwird. Dieser Effekt kann auch durch die jeweilsganz spezifische Nutzung nicht verloren gehen.Bücher und andere Utensilien in den Regalfä-chern63, kunterbunt auf Korkflächen aufgepinnteUnterrichtsergebnisse, kreative Ausstellungsstücke,Fotos und Zeichnungen, reichlich in die Wandintegrierte Pflanzen und vieles mehr macht dasKlassenzimmer zu einer anregenden Lernum-gebung, und so zu einer Voraussetzung für kon-zentriertes und motiviertes Lernen ohne Gefahreiner sich auf das Verhalten negativ auswirkenden

63 Streicht man den Bereich hinter Regalen, die an der Wand ste-

hen, mit einer dunklen Farbe, kann man den integrativen Effektnoch verstärken. „Vor hellem Hintergrund wirken plastische Ge-genstände isoliert; dunkler Hintergrund verbindet sie.“ (Mahlke,W.: Schul-Raum. S. 42)

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Überreizung durch eine chaotisch anmutendeLernumgebung.

4.1.3 Farben

Im Rahmen der Wirkung von Räumen auf denMenschen wird der Farbgestaltung große Auf-merksamkeit gewidmet. Auch wenn es unbestrittenist, dass verschiedene Farben unterschiedlicheWirkungen haben, sollte man dem Thema nichtdas hauptsächliche Augenmerk bei der Gestaltungvon Räumen beimessen. Fischer und Hellbrückweisen im Rahmen ihrer farbpsychologischenAusführung gar darauf hin, dass

insgesamt betrachtet [...] wissenschaftliche Unter-suchungsergebnisse zur Wirkung von farblicherRaumgestaltung auf das Erleben und auch aufdas Leistungsverhalten widersprüchlich sind.64

Die Untersuchungen zur Farbwirkung stützen sichvielfach auf phänomenologische Forschungen65.Dabei spielt die Farbgestaltung für die sinnlicheWahrnehmung eine wichtige Rolle, und es ist nicht

64 Hellbrück, J. / Fischer, M.: Umweltpsychologie. S. 206.65 Phänomenologische Forschungen gehen von den „Sachverhalten

in ihrer tatsächlichen Erscheinungsform und von den Ereignissen,Erfahrungen und Vorgängen im Bewußtsein [aus ...]. Phä-nomenologisches Vorgehen zielt [...] über das tatsächlich Beo-bachtbare hinaus auf das Wesentliche eines Ereignisses oder ei-ner Erfahrung. Die Phänomene sollen als Ganzes von sich selbsther erschlossen werden und nicht durch [...] Vorgänge des Inter-pretierens und Verstehens.“ (Köck, P. / Ott, H.: Wörterbuch fürErziehung und Unterricht. S. 539).

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gleichgültig, in welchem Maße und in welcherWeise Farben verwendet werden. Für einen denUnterricht unterstützenden Anregungscharaktereines Klassenzimmers sind Farbtöne und Vielfaltder verwendeten Farben ausschlaggebend. Ersteine ausgewogene Balance zwischen Menge undArt macht die Anregungsqualität aus. Zu viele, zuunterschiedliche und nicht miteinander vereinbareFarben bewirken einen zu großen Anregungs-reichtum, was zu einer Überforderung der sinnli-chen Wahrnehmung führen kann. Je mehr ver-schiedene Farbtöne bei der RaumgestaltungVerwendung finden, desto wichtiger ist es, dassdie Farbauswahl aufeinander abgestimmt ist. W.Mahlke arbeitet bei der farblichen Gestaltung vielmit Komplementärfarben.66 Dabei orientiert ersich weitgehend an Goethes Farbenlehre, weil„Goethes Farbenlehre [...] der durchschnittlichenzeitgenössischen Ratgeberliteratur für Eltern undErzieher an Differenziertheit der Beobachtungund Ausführung überlegen“67 ist. Komplemen-tärfarben stellen einen sinnlich ausgewogenenAnregungsgehalt dar, da sie „als Ergänzfarben[...] im Miteinander sowohl einen starken Gegen-satz als auch einen harmonischen Eindruck her-

66 Komplementärfarben liegen sich auf dem an den Spektralfarben

des Lichts orientierten Farbkreis gegenüber. Das Komplement zuGelb ist z.B. das entsprechend gemischte Violett, zu jedemGrünton existiert ein komplementärer Rotton.

67 Mahlke, W. / Schwarte, N.: Raum für Kinder. S. 91f.

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vorrufen“68. Dieses harmonische Verhältnis, daserst durch das Vorhandensein des farblichenGegensatzes entsteht, beschreibt Goethe folgen-dermaßen:

Nun erinnern wir uns sogleich, daß eben so wieHell und Dunkel auch die Farben sich ihrem Ge-gensatze nach unmittelbar fordern, so daß, näm-lich im Satz und im Gegensatz, alle immer zu-gleich enthalten sind. Deswegen hat man auchdie geforderten Farben, nicht mit Unrecht, »kom-plementare« genannt, indem die Wirkung undGegenwirkung den ganzen Farbkreis darstellt...69

Bei der Farbgestaltung genügt es also nicht, ein-zelne Farben in ihrer Wirkung zu betrachten. Fürdie farbliche Gesamtwirkung eines Raumes ist dieWirkung der verwendeten Farben in ihrem Zu-sammenspiel entscheidend.

Jedes Gegenfarbpaar hat Besonderheiten. Gelb-Violett z.B. enthält nicht nur den Gegenfarben-Kontrast, sondern auch einen starken Hell-Dun-kel-Kontrast, Orange-Blau enthält außerdem denstärksten Kalt-Warm-Kontrast. Der Gegenfarben-Kontrast in abgeschwächten Nuancen eignet sichfür die ausgewogene Raumgestaltung. Er schließtmonotone Farberlebnisse und Raumwirkungenaus.70

68 Pawlik, J.: Goethe Farbenlehre. S. 154.69 Goethe in: Pawlik, J.: Goethe Farbenlehre. S. 82.70 Rodeck, B. / Meerwein, G.: Mensch - Farbe – Raum. S. 35.

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Mahlke bevorzugt für seine pädagogische Raum-gestaltung Rot-Grün und Ocker-Blau, um „eineberuhigende, harmonisierende, auch optimisti-sche, differierende Wirkung“71 zu erreichen. Erstdas gemeinsame Wahrnehmen dieser sich in ihrerWirkung ergänzenden Farben hat einen ausge-wogenen Effekt. Die warmen Farben Rot und Ok-ker-Gelb wirken belebend, aktivierend bis erre-gend und fördern die psychische Leistungsbereit-schaft, während die kalten Farben Grün und Blau,denen eine beruhigende, konzentrationsförderndeWirkung zugeschrieben wird, in ihrer Gegensätz-lichkeit zu den warmen Farben die gewünschteAusgewogenheit zwischen anregend und beruhi-gend herstellen.Nicht nur die gewählten Farbarten tragen zur Wir-kung bei. Rot ist beispielsweise nicht gleich Rot.Ein knalliges, sattes, reines Rot hat eine ganz an-dere Wirkung als ein abgedunkeltes oder ein auf-gehelltes Rot. Auch feine Nuancen hin zu Blauoder Gelb ändern die Wirkung, um eine Überrei-zung durch diese Farbe zu vermeiden. Mit derVeränderung einer Farbe ändert sich dann auchdie jeweilige Gegenfarbe. Neben dem erwähntenGegenfarbenkontrast finden sich bei Rodeck undMeerwein noch weitere bei der Farbgestaltung zubeachtende Farbkontraste. Der »Hell-Dunkel-Kontrast« sollte, um übermäßige Anstrengungen

71 Vgl.: Mahlke u.a.: Heim für Kinder. S. 17.

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für das Auge zu vermeiden, nicht zu extrem sein,der »Buntkontrast« aus mehreren reinbuntenVolltonfarben nur in kleinen Mengen angewandtwerden, z.B. um Akzente zu setzen, da sie dieAufmerksamkeit sehr stark auf sich ziehen. VonBedeutung ist auch der »Quantitätskontrast«. Nichtnur Volltonfarben, sondern alle Farben entfaltenihre Farbwirkung erst, wenn die gewähltenFarbkombinationen in den richtigen Mengenver-hältnissen angewandt werden.72 Möchte man densinnlichen Anregungsgehalt eines Klassenzimmersüberwiegend durch die Farbgestaltung erreichen,läuft man leicht Gefahr, den erwünschten An-regungsgehalt nicht zu erreichen oder zu viel Far-bigkeit in einen Raum zu bringen, was zu einereinseitigen sinnlichen Überreizung führt.

4.1.4 Materialien

Die Wahl der in einem Klassenraum verwendetenMaterialien sollte natürlich in erster Linie mit derFarbgebung abgestimmt sein. Besonders betrifftdas all jene Materialien, die keiner zusätzlichenFarbgebung mehr bedürfen und daher in ihrerEigenfarbe verwendet werden. Vorwiegend istdies bei Naturmaterialien der Fall. In erster Linieist Holz als Baustoff zu erwähnen. Holz spricht diesinnliche Wahrnehmung in vielfältigerer Weise an 72 Vgl.: Rodeck, B. / Meerwein, G.: Mensch - Farbe – Raum. S. 32-

36.

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als andere Baustoffe. Im Gegensatz zu Beton, Me-tallen oder Kunststoffen weist Holz einen weit hö-heren Anregungsreichtum auf. Die spezifischeMaserung und Äste oder mögliche Astlöcher, wiebei Massivholz typisch, wirken nicht nur auf denGesichtssinn, sondern auch auf den Tastsinn undgegebenenfalls auf den Geruchssinn. Holz hatzudem feuchtigkeitsregulierende Eigenschaften,weist eine hohe Belastbarkeit auf und ist warmzum Anfassen. Nach Möglichkeit sollte Holz daherauch im natürlichen Farbton verwendet undeventuell nur mit Wachs oder Öl behandelt wer-den. So verwendet hat Holz die zusätzliche Eigen-schaft, dass sich Beschädigungen wie Schrammenund Kratzer leichter als an furnierten Spanplattenoder Kunststoffmöbeln beheben lassen, bzw. beiweitem nicht die selbe verunstaltende Wirkunghaben.Neben anderen natürlichen Materialien wie ge-branntem Ton (Ziegelstein), der auch unverputztfür Wandflächen verwendet werden kann, sindselbstgetöpferte Kacheln oder Natursteine denk-bar, Stoffe zum Bespannen, als Vorhänge oder als»Dach«, um bestimmte Bereiche des Raumesbesonders zu betonen. Mehrere Teppiche aufHolzdielenböden bieten im Gegensatz zu fest ver-klebten Teppichböden eher die Möglichkeit sie zusäubern und können in puncto Reinlichkeit somitleichter mit Kunstmaterialien als Bodenbelag

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konkurrieren.73 Mit der Aussage „Mit der Handbegreifen. Mit dem Fuß verstehen.“74 wird dieWichtigkeit des Fußbodens bei Hugo Kükelhausdeutlich. Kükelhaus-Kindergärten, mit besonderenFußfühlpfaden im Freien und Zimmerböden, dieinnerhalb eines Raumes bisweilen weit mehr alsfünf verschiedene Bodenbeläge aufweisen (Kork,Flußsteine, Ziegelboden, verschiedene Holzarten-und Formen, Teppiche mit unterschiedlichenSchlingen etc.) zeigen, dass Kükelhaus demFußboden weit mehr Bedeutung zubilligt, als dasmomentan für Schulen denkbar wäre:

Die Lebens- und Erlebensvorgänge [...] verlaufenin inniger Wechselbeziehung zum Fuß. Das giltbesonders für die Lernfähigkeit des Kindes.Konkrete Folgerung: Die Fuß-Böden vornehm-lich der durch die öffentliche Hand gebaute Kind-Umwelt sind als dreidimensionale Greifzonenauszubilden. Auf ihnen vollzieht sich die Gehbe-

73 Im Zusammenhang mit der Reinlichkeit wäre zu prüfen, inwie-

weit es sinnvoll ist, wenn die Schüler beim Betreten des Schul-hauses bzw. des Klassenraumes ihre Schuhe wechseln. Dies dientnicht allein dazu, Teppiche und Holzböden zu schonen, sondernbringt auch eine Änderung in der Einstellung mit sich. Der Cha-rakter des Schulgebäudes bekäme so einen persönlicheren undwohnlicheren Touch und würde sich dadurch von anderen Ge-bäuden, die man mit Straßenschuhen betritt, abheben. Schuhewechseln bedeutet »ankommen« statt »rein- und rausstürmen«und kann dadurch vielleicht den Übergang vom alltäglichenTreiben zum Beginn des Unterrichts markieren. Dadurch wirdauch der Grundstein zu einem verantwortlichen Umgang mitdem Schulgebäude gelegt. Ein weiterer Schritt zu mehr Verant-wortung (neben der Beteiligung der Schüler an der Raumgestal-tung, s. unten) wäre die eigenverantwortliche Reinigung derKlassenzimmer durch die Schüler.

74 Kükelhaus, H.: Unmenschliche Architektur – Von der Tierfabrikzur Lernanstalt. S. 28.

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wegung als Selbstmassage der Fußsohle und desFußes.75

Auch wenn die »Selbstmassage der Fußsohle« inder Realschule nicht die Bedeutung hat wie inKindergärten oder Grundschulen, so ist doch dieGestaltung des Fußbodens ein Faktor bei dersinnlich anregenden Raumgestaltung, der nichtvernachlässigt werden kann.

4.1.5 Licht

Die vorherrschende Klassenzimmerbeleuchtungvon Schulen besteht in der Regel aus einer rechtgroßen Fensterfront, die sich gewöhnlich übereine ganze Wandseite erstreckt. Die dadurch er-möglichte Versorgung mit natürlichem Licht wirdmeist durch zahlreiche Neonröhren ergänzt. Aufeinen einfachen Nenner gebracht, wird bei derBeleuchtung von Klassenzimmern nach dem Motto»je mehr desto besser« und »Quantität machtQualität« verfahren. Doch „die Gleichung hell =freundlich erweist sich als zu schlicht, umRichtschnur für Beleuchtungsfragen zu sein, dennin der Regel geht es dabei nicht um Mengen son-dern um Qualitäten.“76 Jaan Klasmann plädiert inseinem Artikel in »Psychologie heute« dafür,

75 Ebd., S. 22.76 Mahlke W. / Schwarte, N.: Raum für Kinder. S. 47.

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daß Beleuchtung nicht nur mit der ausreichendenWatt- oder Lux-Zahl für eine bestimmte Qua-dratmeterzahl zu tun hat, sondern weit komple-xer, mit der Natur des Menschen in vielerleiAspekten – emotionalen, physiologischen undwahrnehmungspsychologischen.77

Klasmann schildert mehrere Fälle von Beleuch-tungsfehlern, u.a. den von Franz und Karin:Karins Leseecke im Wohnzimmer, die mit einerneuen Beleuchtung – einer hellen japanischenPapierkugel – ausgestattet wurde, bleibt fast un-genutzt.

Franz hat endlich die strahlend weiße Tischplattean seinem Arbeitsplatz, die alles gleich vielfreundlicher erscheinen läßt. Seine vermehrtenKopfschmerzen schreibt er dem veralteten Bild-schirm zu, und daß ihm auf einmal viel häufigerFehler passieren, bringt er mit allem Möglichen inZusammenhang, nur nicht mit der Tischplatte.78

Warum Karin in ihrer Leseecke nicht liest, führtKlasmann darauf zurück, dass die neu installierteBeleuchtung viel zu hell ist und vor allem dann,wenn Karin in der Leseecke sitzt, blendet. Franz’Problem ist, dass die weiße Tischplatte gleich helloder heller als der Bildschirm ist und somit die

77 Klasmann, J.: Bei Licht betrachtet - Wie Beleuchtungsfehler

Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden stören können – und wasman dagegen tun kann. S. 30.

78 Ebd., S. 30.

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eigentliche Konzentration auf den Bildschirm un-terbewusst davon ablenkt.Bei seinen Erklärungen stützt sich Klasmann weit-gehend auf Theorien von Christian Bartenbach:Ausgehend von der Grundthese „Licht ist das we-sentlichste Informationsübertragungsmedium, indem wir uns bewegen“, erklärt Bartenbach an-hand seines 2-Ebenen-Wahrnehmungsmodells79,„warum bestimmtes Licht angenehm und lei-stungsfördernd, anderes jedoch irritierend undfehlerfördernd ist.“ Auf der ersten Ebene werdenalle Wahrnehmungen unbewusst aufgenommenund »vorverarbeitet«. Die im Leben gewonnenenErfahrungen dienen u.a. als Messlatte dafür, wel-che Wahrnehmungen auf die zweite Ebene, dieder bewussten Wahrnehmung, befördert werden.„Für beide Ebenen, die unbewußte Vorverarbei-tung und den bewußten Akt der Aufmerksamkeit,steht ein bestimmtes Reservoir an Gehirnkapazitätzur Verfügung, die jedoch hauptsächlich vonEbene 1 genutzt wird“. Für die »bewusste Wahr-nehmung« bleibt demnach nur so viel »Aufmerk-samkeit« übrig, wie von Ebene 1 nicht »ver-braucht« wird. Auch für die sogenannten »Kon-

79 Differenziertere Wahrnehmungsmodelle beschreiben »Wahrneh-

mung« als „mannigfaltiges Filtersystem“ oder „erfahrungsrele-vante Summe von Empfindungen“ (vgl. Köck: Praxis der Beo-bachtung. S. 19ff. und Hellbrück / Fischer Umweltpsychologie.S. 118ff.).

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stantleistungen«80, die beispielsweise bewirken,wahrgenommene Gegenstände in einer möglichstkonstanten Helligkeit erscheinen zu lassen, wer-den Kapazitäten abgezogen. Das bedeutet z.B.:

Wenn die Helligkeitsdifferenzen in meinem Ge-sichtsfeld zu groß sind, muß mein Adaptionsme-chanismus81 ständig auf Hochtouren laufen. DieSehleistung selbst geht dadurch auf ein Siebtelzurück. [...] Zu Bewußtsein kommt meist nur einediffuse Irritation, zum Beispiel die Schwierigkeit,dem Gespräch konzentriert zu folgen.82

Für eine sinnlich anregende Klassenraumbe-leuchtung ist eine differenzierte Beleuchtung mitvielfältigen Schaltungsmöglichkeiten notwendig,die Licht und Schatten produziert und wo dieLichtquelle selbst nicht im Blickfeld der Schülerist.

Das ließe sich zum Beispiel durch Deckenstrahlerbewerkstelligen oder durch Leuchten, derenStrahlungswinkel nur den Tisch, [...] an dem ge-lesen oder gearbeitet wird, erfaßt, nicht aber die

80 Klasmann verdeutlicht diese Konstantleistungsfunktion des

Gehirns am Beispiel eines großen Saales, wo Menschen, dieweiter hinten sitzen, vom Vortragenden als ebenso groß wahrge-nommen werden wie jene in der ersten Reihe – obwohl das Bild,das von ihnen auf das Auge trifft, viel kleiner ist. (Klasmann, J.:Bei Licht betrachtet – Wie Beleuchtungsfehler Leistungsfähigkeitund Wohlbefinden stören können – und was man dagegen tunkann. S. 32.)

81 Adaption auch Adaptation = Anpassung, Angleichung.82 Klasmann, J.: Bei Licht betrachtet – Wie Beleuchtungsfehler

Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden stören können – und wasman dagegen tun kann. S. 30ff.

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Gesichter der um ihn herum Sitzenden. [...] Auchohne Blendung sinkt [...] die Leistung, wenn dieEbene der Aufmerksamkeit die für sieverbliebene Energie unter zu vielen Objektenaufteilen muß.83

Die gleichmäßige Ausleuchtung unserer Klassen-räume durch Deckenröhren erfüllt also in ersterLinie die vorgeschriebene Norm einer bestimmtenLux-Zahl84, produziert aber ansonsten nur einemonotone, ermüdende Atmosphäre. Durch diffe-renzierte Beleuchtung ist es möglich, die Konzen-tration der Schüler dorthin zu lenken, wo sie ge-braucht wird. Dabei muss nicht zwingend dasLichtempfinden der planenden ErwachsenenMaßstab sein, „weil Kinder und Jugendliche umein Viertel bis ein Drittel weniger Licht zum Lesenund Schreiben benötigen“85. Für eine sinnlichanregende Beleuchtung ist neben Licht undSchatten auch die Art und die Farbe des Lichtesausschlaggebend. Leuchtstoffröhrenlicht als Ta-geslichtergänzung beeinträchtigt die Wahrneh-mung gering, da es vom Farbspektrum dem natür-lichen Licht sehr ähnlich ist, hat aber einen gerin-

83 Ebd., S. 32 u. 35.84 „Die moderne Lichttechnik verlangt für den Arbeitsplatz des

Kindes eine Beleuchtungsstärke von 1000 Lux und mehr, wäh-rend man zur Zeit Rembrands mit nur 60 bis 100 Lux und zurGoethe-Zeit nur mit rund 150 Lux auskam.“ (Kükelhaus, Orga-nismus und Technik - gegen die Zerstörung der menschlichenWahrnehmung. S. 62.)

85 Klasmann, J.: Bei Licht betrachtet – Wie BeleuchtungsfehlerLeistungsfähigkeit und Wohlbefinden stören können – und wasman dagegen tun kann. S. 34.

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gen Anregungscharakter. Um den sinnlichenAnregungsgehalt auf ein höheres Niveau zu brin-gen, bedarf es zusätzlicher Lichtquellen, bei denendas Licht als Folge eines Erwärmungspozessesauftritt, wie beispielsweise Glühbirnen oderHalogenleuchten.

Dieselbe Leuchtstärke, mit der eine warm strah-lende Glühbirne ein Zimmer angenehm erhellt,erzeugt, wenn von einer kühlen Leuchtstoffröhreausgehend, den Eindruck eines Dämmerzustan-des, der als kalt, unbehaglich und instabil emp-funden wird.86

4.2 Reviere und TerritorienSchüler malen Trennlinien auf ihre Tische undhängen ihre Jacken lieber über die Stuhllehnen,als die vorhandene Garderobe zu nutzen. Bereitsein kleines Stückchen Papier kann schon bedeut-sam sein zur Abgrenzung eines eigenen Bereichesgegenüber anderen.

Identifikation mit einem Raum und Verhaltens-weisen der Territorialität sind eng verwandt. Zu-gehörigkeitsgefühl und emotionale Besitznahmemünden in einer verbalen und nonverbalen Mar-kierung des Raumes; der Raum wird zum Terri-

86 Ebd., S. 33.

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torium, das (im Extremfall auch mit physischenMitteln) verteidigt wird.87

Johanna Forster trägt Forschungsergebnisse überdie Bedeutung von Territorien in der Schule zu-sammen. Demnach hat Territorialität mehrereFunktionen:

Sie hilft, neben der Besitzwahrung, den Raumgemäß den Benutzerbedürfnissen in überschau-bare und organisierbare Einheiten zu unterteilen.Es wird Vertrautheit mit dem Raum hergestellt.Die Umgebung wird damit vorhersagbar und si-cher, was wiederum der Orientierung im (sozia-len) Raum dient.88

Territorien dienen als Regler sozialer Interaktionund helfen bei der Vermeidung von Konflikten.Die Zufriedenheit mit einem Raum ist also offen-sichtlich auch davon abhängig, wie gut er sich –imaginär und tatsächlich – abgrenzen lässt.89

Territorialität hebt jedoch nicht nur die Qualitäteines Klassenraumes. Als ein Teil des heimlichenLehrplans trägt sie auch zum sozialen Lernen bei.

Territoriales Verhalten gehört [...] zur Entwick-lung der sozialen Kompetenzen des Kindes. Esmuß die Möglichkeit haben, dieses Verhalten zuüben und am Erfolg bzw. dem interpersonellenfeedback zu modifizieren. Ohne die Möglichkeit

87 Forster, J. Kind und Schulraum. S. 183.88 Ebd., S. 183.89 Vgl. ebd., S. 183.

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Raum zu bewahren, ist „Teilen“ und „Geben“von Raum schwer vermittelbar.90

Ein Klassenraum weist je nach den vorherrschen-den Gruppenstrukturen unterschiedlich viele ver-schiedene und auch unterschiedlich große Reviereund Territorien auf. Ein großes und gemeinsamesRevier ist beispielsweise das der gesamten Klasseals Gemeinschaft, das durch die Abgrenzunggegenüber dem Lehrer begrenzt wird. Vor allem inKlassen, wo Frontalunterricht vorherrschend ist,ist die vordere Tischkante des Lehrerpultes eine»magische« Grenze. Je nachdem, wie ein LehrerGrenzen achtet, dringt er mehr oder weniger starkin das Klassenterritorium oder in eigenständigeUnterbereiche dessen ein. Unterbereiche imKlassenraum sind meist durch die vorherrschendeSitzordnung vorgegeben. Gruppentische könnendas Territorium einer Sitzgruppe markieren. ZweiSitzgruppen nebeneinander zeigen beispielsweiseihre Zusammengehörigkeit dadurch, dass derAbstand zu anderen Tischen geringer ist. Nebenzwei Banknachbarn, die zusammen bereits übereinen sehr kleinen eigenen Teilraum verfügen, istder Individualraum, den jeder einzelne Schüler alsganz privates Revier innehat, besonders zuachten.

90 Eibl-Eibesfeldt, 1986. zit. in: Forster J.: Kind und Schulraum. S.

184.

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Die bauliche Berücksichtigung der verschiedens-ten Reviere im Klassenzimmer beginnt bereits beider kleinsten Einheit – dem einzelnen Tischplatzdes Schülers. Hellbrück und Fischer stellen ver-schiedene Ansätze über das persönliche Distanz-bedürfnis vor. Das Blasenmodell nach Hayduk, alsirreguläre zylindrische Form, wonach der persönli-che Raumbedarf an den verschiedenen Körper-stellen unterschiedlich groß ist. Im Kopfbereichhat die den Körper umgebende Blase die größteAusdehnung – im Fußbereich die geringste. Dader persönliche Raum nicht für alle Personen überalle Situationen hinweg gleich ist, teilt E. T. Hallden persönlichen Raum in Distanzzonen ein, dieabhängig sind von der jeweiligen Beziehung, dieMenschen zueinander haben.91 Die schulischrelevante Distanzzone ist die der »persönlichenDistanz« innerhalb eines Bereiches von 45 cm bis120 cm. Sie liegt zwischen der intimen Distanz-zone (körperliche Liebe und Kampf) und der so-zialen Distanzzone (gemeinsame Arbeit und Teil-nahme an lockeren gesellschaftlichen Zusammen-künften)92.Für die Tischplätze der Schüler bedeutet das, dasseigentlich mehr Platz zur Verfügung stehenmüsste, insbesondere dass sie größer sein sollten.Vor allem in der Realschule, wo die Schüler oft

91 Vgl. Hellbrück, J. / Fischer, M.: Umweltpsychologie. S. 322ff.92 Vgl. ebd., S. 324.

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aus dem weiten Umland in eine Klasse zusam-mengefasst werden, kann man nicht davon ausge-hen, dass bereits ein vertrautes Verhältnis zwi-schen den einzelnen Schülern besteht und dasssich jeder einen Banknachbarn auswählen kann,den er gut genug kennt. Doch das Raumangebotist

von der Schulbürokratie vorgegeben. Es gibt dassogenannte Schulbau-Raster mit 0,6 mal 0,6 alsNorm-Pflicht-Grundeinheit. Also die Platzgrößensind festgelegt, wir haben hier in Europa, wenigs-tens in Deutschland 1,8 Quadratmeter, da hatsich leider nichts geändert. In Amerika haben diedas Doppelte, die haben einfach mehr.93

Damit ergibt sich eine Grenze, welche die Mög-lichkeiten der Klassenzimmergestaltung in derRealschule stark einschränkt. Um mit dem vor-handenen Raumangebot besser auszukommen,obliegt es dem Lehrer – gerade im Erstkontakt mitLerngruppen – eine sichere, vertraute und offeneGruppenatmosphäre herzustellen. Bei neu entste-henden Klassen bieten sogenannte »Kennenlern-spiele« die Möglichkeit, schneller »miteinanderwarm zu werden« und den Grundstein für einepositive Einstellung zueinander zu legen.Wenn es Raumgröße und Klassenstärken dennochzulassen, sollte eine Tischbreite von 120 cm fürjeden Schüler angestrebt werden. Diese Größe

93 Kasper, E.: „Die müssen sich verstecken können...“. S. 195.

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gewährleistet, dass nach rechts und links die an-gesprochene Distanz gegeben ist94 und dieserBereich durch die Begrenzungen des Tisches mar-kiert wird.Revierabgrenzungen können durch verschiedenebauliche und einrichtungstechnische Maßnahmenvorgenommen werden. Von unten beginnendbietet sich zunächst der Fußboden an. Nebenbaulich entstandenen Linien wie Fugen oderAbsätzen sind unterschiedliche Farben und Mate-rialien denkbar, um einzelne Bereiche zu kenn-zeichnen, soweit sie sich in das Gesamtbild desRaumes einfügen. Auch Teppiche und Läuferziehen Blicke auf sich und signalisieren dadurch,dass bestimmte Gebiete im Raum zusammengehö-ren. Ein Teppich beispielsweise, der der Größeeiner Vierer- oder Sechser-Sitzgruppe entspricht,markiert eindeutig, wo das Revier dieser Gruppebeginnt und fördert das Zusammengehörigkeits-gefühl der Sitzgruppe. Im Zusammenhang mit denAusführungen über Raumordnung und baulicheFormen wurde bereits erläutert (s. oben), dassunterschiedliche Formen unterschiedliche Wir-kungen haben. Ein Teppich mit spitzwinkligenEcken (was in der Praxis jedoch eher selten ist)wirkt weniger einladend als einer mit rechtwinkli-

94 Als Faustregel kann gelten: Die Schüler müssen sich mit erhobe-

nem, abgewinkelten Arm um ihre eigene Achse drehen können,ohne dabei an andere anzustoßen. Das ergibt dann ungefähr ei-nen Radius 120 cm.

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gen oder stumpfen Ecken. Mit den größten Auf-forderungscharakter (neben konkaven Formen),den Bereich einer Gruppe zu besuchen, hat wohlein großer runder Teppich, soweit sich diese Formin die Gesamtordnung des Raumes einpasst.95

Größeren Signalcharakter haben dreidimensio-nale Fußbodenänderungen. Sogenannte Podestesind ein geeignetes Mittel zur inneren Differenzie-rung von Räumen. In Kindergärten sind solcheErhebungen bestimmter Raumteile schon längereZeit ein beliebtes Mittel, um bestimmte Bereichevon anderen optisch abzuheben. Wegen der Un-fallgefahr ist Vorsicht geboten, einzelne Tisch-gruppen durch Podeste hervorzuheben. Nur wenngenügend Platz zur Verfügung steht und dadurchkeine Gefahr besteht, dass die Sitzenden mit ih-rem Stuhl in die Nähe der Kante geraten könnten,ist diese Möglichkeit denkbar. Bei geeigneterAbstufung – wenn hinten Sitzende eine höherePosition haben als weiter vorne Sitzende – würdedas zusätzlich mit sich bringen, dass der Blick-kontakt zueinander und zur Tafel verbessert wäre.Wenn es die Höhe des Klassenraumes zulässt,können Raumteile durch Pfeiler so weit erhöhtwerden, dass zusätzlicher Raum geschaffen wird.Der untere Bereich kann vielfältig genutzt werden

95 Die Größe ist deswegen entscheidend, weil bei zu kleinen Krei-

sen die Bogenkrümmung zu stark ist, was eine ähnliche Wirkungerzeugt wie das Sitzen an einer Ecke eines rechtwinkligen Ti-sches.

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– je nach den vorherrschenden Arbeitstechnikenin der Klasse kann z.B. eine kleine Bibliothek dortPlatz finden. Oben entsteht dann baulich bedingtein relativ abgeschlossenes zeitlich begrenztesTerritorium, das zum Erledigen von Arbeitsauf-trägen oder zum Gespräch genutzt werden kann.Bei entsprechender Größe bietet es allen SchülernPlatz und kann das – von manchen Lehrern auf-wendig empfundene – Bilden eines Stuhlkreisesersetzen.Auch die Decke des Raumes bietet einige Mög-lichkeiten, den Raum in verschiedene Bereiche zugliedern. Abgehängte Decken mit Stoffen oderPergolen96 vereinen die darunterliegenden Berei-che auf harmonische Art und Weise, ohne dieHandlungsabläufe im Klassenzimmer einzuschrän-ken. Eine weitere Möglichkeit bietet dieAnordnung von Lampen. Ist die Beleuchtung soangeordnet, dass sie jeweils erkennbar für einebestimmte Zone im Raum Licht bietet, werdendurch die Lichtzonen Teilräume sichtbar. Ausge-schaltete Lampen in Form einer Lichterkette oder

96 In Anlehnung an die im Freien stehenden Pergolen wird der

Begriff bei der Raumgestaltung nach dem Würzburger Modell fürHolzkonstruktionen aus parallel zur Zimmerdecke verlaufendenKanthölzern verwendet. Dadurch bietet sich die Möglichkeit,Deckenteile abzuhängen und trotzdem die Sicht zur ursprüngli-chen Decke freizulassen. Sie finden vor allem in ruhigerenRaumbereichen Anwendung wie z.B. direkt über der Ein-gangstüre, um dort eine ruhige Zone herzustellen und so denWechsel in einen anderen Raum bewusst zu machen und ggf.eine Verhaltensänderung zu begünstigen.

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Lichtleiste können bestimmte Raumteile von obenumrahmen.Die deutlichste, aber auch die schwierigsteRaumaufteilung geschieht durch bauliche Verän-derungen im Raum selbst. Deutlich deswegen,weil sie unmittelbar ins Auge fällt und mancheWege durch das Zimmer nicht mehr möglichmacht. Dies macht zugleich auch die damit ver-bundenen Schwierigkeiten aus. Wenn Raumteilefest und auf Dauer als eigene Zonen gekenn-zeichnet sind, macht dies sorgfältige Überlegungennotwendig. Die Aufteilung hängt maßgeblich vonden Unterrichtsformen ab, welche die einzelnen inder jeweiligen Klasse unterrichtenden Lehrkräftepraktizieren. Aus diesem Grund ist es auch vonenormer Bedeutung, dass die Lehrer bei derUmgestaltung eines Raumes mit einbezogenwerden. Es macht nicht viel Sinn, die Planungeinem Fachmann zu überlassen oder in Form vonAusschreibungsverfahren nur die Möglichkeit zuhaben, den »bestmöglichen« Vorschlag zu aktzep-tieren. Für gute Architektur muss sich der Spezia-list zurücknehmen können. „Das ist wie bei denPädagogen oder auch den Akademie-Professoren.Die müssen sich überflüssig machen“97, so dieMeinung des Schulbauarchitekten Ernst Kasper.

97 Kasper, E.: „Die müssen sich verstecken können...“. S. 204.

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Für die bauliche Aufteilung eines Raumes in ver-schiedene Bereiche sind drei Abstufungen mög-lich:Eine geringe Abtrennung von Raumteilen stellt dieAkzentuierung durch »Pfosten oder Säulen« inangepasster Stärke dar. Dadurch wird die Sicht indie verschiedensten Richtungen nur minimal ein-geschränkt. Weiter oben können die Pfosten, diein der Regel die Außenecken einer Zone markie-ren, außerhalb des Sichtfeldes miteinander ver-bunden werden und so ein nach allen Seiten ab-gegrenztes Revier markieren.Zwei stärkere Formen der Teilung können mittels»durchsichtiger« und »undurchsichtiger Abtren-nungen« geschaffen werden, wie Regale (hintenoffen oder verschlossen), Pinnwände, Rankpflan-zen, geschlossene (Holz-)Wände oder durchsich-tige Grenzwände mit Sparren oder Öffnungen zumDurchsehen. Die Möglichkeiten, Abgrenzungen imKlassenraum zu schaffen, sind allerdings relativbeschränkt, da sie oftmals die Sicht zu sehreinschränken und dadurch die Lehrer-Schüler-und vor allem die Schüler-Schüler-Interaktionenbehindern. Je nach Raumgröße und Klassenstärkekann die Raumaufteilung u. U. so organisiertwerden, dass relativ zügig einige Schüler ihrePosition wechseln können, und der Raum für un-terschiedliche Sozialformen genutzt werden kann.In Grenzfällen, wenn der Raum etwas größer ist –oder die Schülerzahlen geringer – kann das Platz-

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angebot möglicherweise so organisiert werden,dass Raum für Frontalunterricht und für das Ar-beiten in Teams mit fest installierten Abtrennun-gen vorhanden ist. Die Umsetzung ist davon ab-hängig, welche Sozialformen dominieren. Ist derKlassenunterricht gegenüber der Gruppen- undKleingruppenarbeit eher selten, bietet sich dieseMöglichkeit an. „Der allgemeine Unterrichtsbe-reich kann dann sehr klein sein, die Tische kön-nen ganz eng zusammenstehen, weil sie ja nurbeim Frontalunterricht gebraucht werden.“98

4.3 Schülerbeteiligung an derKlassenraumgestaltung

In der vorliegenden Arbeit wurden bisher Be-zeichnungen wie »Schulwohnstube« oder »Wohn-stubencharakter« des Klassenzimmers, wie sie bei-spielsweise Pestalozzi oder Petersen verwenden,vermieden. Die Bezeichnung »Wohnstube« ist inheutiger Zeit leicht missverständlich. Eine Sofa-garnitur, ein Fernseher, ein niedriger Couchtischund viele andere Einrichtungsgegenstände zeich-nen unsere derzeitigen Wohnstuben bzw. -zimmerals einen Raum aus, der meist nur zu bestimmtenTages- und Wochenzeiten zur Erholung und zumStillsitzen genutzt wird. Aktivitäten haben dort

98 Hinrichs U. in: Hilbert Meyer: UnterrichtsMethoden II: Praxis-

band. S. 401.

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keinen Platz. Arbeiten und tätig werden findetanderen Orts statt, meist sogar außer Haus.Zum »Wohnen« gehört Betätigung, ein Umfeld derGeborgenheit mit persönlichen Gegenständen, mitMenschen um einen herum, die dort ihre täglicheArbeit verrichten. Der Wohnstubencharakter, willman ihn in der häuslichen Umgebung von Schü-lern suchen, findet sich also idealer Weise dort,wo Mutter oder Vater zusammen mit ihren Kin-dern ihre alltägliche Arbeit verrichten. Wohnen istnichts Passives, Wohnen ist ein aktiver Prozess,ein Prozess der ständigen Raumaneignung durchIdentifikation mit dem Raum.

Ein Raum, in dem wiederholt für das kindlicheErleben relevante, möglichst positive Handlungenstattfinden, wird zum Identifikationsraum. Identi-fikation heißt, die physische Umgebung mit Ge-fühlen der Zugehörigkeit und Verantwortung zubelegen. [...] Die Möglichkeit, den Raum nach ei-genen Vorstellungen zu gestalten, fördert [...] dieIdentifikation mit dem Raum und dessen Besitz-nahme.99

Auf den Zusammenhang zwischen »Wohnen« undder Identifikation mit der Umgebung durch einenaktiven Raumaneignungsprozess geht MartinHeidegger in seinem Aufsatz »Bauen-Wohnen-Denken« ein. Um sich einen Raum »zu eigen zumachen« ist die aktive Mitgestaltung bei der Ent-

99 Forster, J.: Kind und Schulraum. S. 182f.

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stehung eines Raumes nötig. Heidegger grenztzunächst die Wohnung nach unserem heutigenVerständnis von der Behausung ab und geht dannauf den unerlässlichen Zusammenhang zwischen»Wohnen« und »Bauen« ein. »Wohnen« ist nichtnur die Folge von »Bauen«, sondern „Bauen ist insich selbst bereits Wohnen“. Dies zeigt er an derursprünglichen Bedeutung des Wortes »bauen«auf:

Das althochdeutsche Wort für bauen, »buam« be-deutet wohnen. [...] Eine verdeckte Spur hat sichnoch im Wort »Nachbar« erhalten. Der Nachbarist der »Nachgebur«, der »Nachgebaurer«, derje-nige der in der Nähe wohnt.“

Wohnen ist also kein Verhalten, denn „bauenheißt ursprünglich wohnen“. „Wir wohnen [also]nicht, weil wir gebaut haben, sondern wir bauenund haben gebaut, insofern wir wohnen.“ 100

Der Aspekt der tätigen Mitwirkung an der Klassen-raumgestaltung wird an unseren Schulen nichtgenug beachtet. Gerade an Realschulen wird oft-mals die (bisher) relativ kurze Schulzeit von vierJahren als Hinderungsgrund genannt. „In der»Siebten« ist die Probezeit, den richtigen Klassen-verband gibt es dann erst ab der »Achten« und

100 Heidegger, M.: Bauen-Wohnen-Denken, in: Wolkenkuckucks-

heim 3. Jg., Heft 2: http://www.theo.tu-cottbus./Wolke/deu/Themen/982/Heidegger/heidegger/_t.html, 07.10.1998.

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Mitte der »Neunten« ist man schon im Zeitdruckdurch die Abschlussprüfungen“.101

Vielleicht bleibt im Zuge der sechsstufigen Real-schule mehr Freiraum für die

grundlegende Wichtigkeit, einen wirklichenWohn- und Lebensraum für die Schülergruppenzu gewinnen; es darf nicht so sein, als ob; wirmüssen den Mut aufbringen, den Raum denSchülern wirklich anzuvertrauen, ihn ihnen aus-zuliefern zum Gestalten, zum Bewohnen, Reini-gen, Umordnen usw.102

Der Zweck ist immer, vom Pädagogen aus gese-hen, dieser: das Gefühl zu wecken, »unsere ge-meinsame Arbeit gestaltet den Raum, erhält ihn,schmückt ihn. Es ist unsere Stube. [...] So ist esselbstverständlich, daß die Kinder angehaltenwerden, abwechselnd täglich nach Schluß derSchulstunde den Raum schlicht zu kehren, ihnnie anders als in anständigem Zustand zu hinter-lassen [...] Damit hängt es zusammen, daß wirvon jedem Kind erwarten, daß es mit dem Be-rühren der Türklinke sich darauf einstellt, nuneine besondere Stube, seine Schulwohnstube zubetreten.103

Die Beteiligung von Schülern und Lehrern an derUmgestaltung eines Klassenzimmers bedarf we-sentlich mehr Planungsaufwand, Vorüberlegungenund einen ausführlicheren Meinungsbildungs-

101 Aussage eines stellv. Schulleiters, im persönlichen Gespräch,

zum speziellen »Zeitproblem« an Realschulen.102 Petersen, P.: Führungslehre des Unterrichts. S. 62.103 Ebd., S. 59.

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prozess, als wenn die Planung und Durchführungeiner Person oder einem kleinen Fachgremiumübertragen wird. Modelle zur Planung undDurchführung wurden bereits für andere Bereichedes Schullebens erprobt. Im Akademiebericht Nr.246 der Dillinger Akademie für Lehrerfortbil-dung104 findet sich ein sehr ausführliches exempla-risches Ablaufdiagramm für den Organisations-prozess einer Schulhofumgestaltung, welches sichweitgehend auch auf die Planung von Klassen-zimmern übertragen lässt. Die »gemeinschaftlichePlanung eines Schulgebäudes« beschreibt MartinPfeffer am Beispiel eines Grundschulgebäudes.Dieses Modell beschränkt sich zwar auf den Pla-nungsprozess selbst, zeichnet sich aber durch eineumfangreiche Einbeziehung der Schüler aus. Dasbeschriebene Planungsmodell gliedert sich inmehrere Schritte.Der Einstieg in die Planung begann mit einer »Zu-kunftswerkstatt«. Lehrer, Eltern und Schülersollten zunächst in getrennten Gruppen ihrerPhantasie völlig freien Lauf lassen. Dies fällt meistschwer, weil alle Beteiligten ganz spezifischeVorstellungen von »Schule« haben. Die Zu-kunftswerkstatt begann daher damit, gemeinsameKritik am Ist-Zustand zu üben. Da besonders Laiendie Kritik an Bestehendem leichter fällt, wird so

104 Vgl. Pappler, M / Häring, L.: Hundertundeine Idee zur Gestal-

tung des Schulgeländes. S. 36 – 40.

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das Eis gebrochen, eigene Ideen zu entwickelnund zu diskutieren.In der anschließenden Phase der Verwirklichungwird kritisch geprüft, was eine Chance auf Ver-wirklichung hat. »Hie und da werden aber auchRitzen oder Freiräume im System entdeckt, in dievorgeschlagene Ideen eindringen könnten«. Diegewonnenen Ideen wurden dann in die Bereiche»Musskriterien«, »Wunschkriterien« und »Luxus-kriterien« (wozu z.B. eine »Tafelwaschanlage«zählte) sortiert.An dieser Stelle der Planung sollte überprüft wer-den, ob man sich durch die Vorhaben nicht dieMöglichkeiten und Entwicklungsformen von Unter-richt verbaut.105

Erst nach dem schulinternen Meinungsbildungs-prozess wurde gemeinsam mit Vertretern derGenehmigungs- und Baudurchführungsbehördennach Realisierungsmöglichkeiten gesucht.

Dazu trafen einen ganzen Tag Vertreter aus demSchulbau- und Grundschulreferat des Kultusmi-nisteriums, dem Schuldezernat des Regierungs-präsidiums, dem Staatlichen Schulamt sowie derLandrat mit seinen Abteilungsleitern für Bau, Fi-nanzen und Schulverwaltung und der Bürger-

105 Bei der Durchführung des Planungsmodells an der Lauterbacher

Grundschule wurde an dieser Stelle eine schulinterne Fortbil-dung zu verschiedenen alternativen Unterrichtsformen durchge-führt. Parallel dazu wurden fortwährend die architektonischenErfordernisse protokolliert.

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meister mit Delegierten der Schulgemeinde [...]zusammen.106

Erst nachdem Einigkeit bestand, ging man auf dieSuche nach einem geeigneten Architekten. Dieursprüngliche Idee eines Architekturwettbewerbswurde verworfen. Stattdessen suchte man nacheinem Architekten, der zwar nicht unbedingt vielErfahrung im Schulbau haben musste, dafür aberpädagogisch interessiert und psychologisch ein-fühlsam sein sollte. Das Hauptkriterium bei derAuswahl war, dass der Architekt die schulge-meindliche Vorarbeit und Mitarbeit zum Dreh-und Angelpunkt seines Planungshandelns macht.Viel Diskussion mit dem Architekturbüro – z. T.unter Einbeziehung von Fachleuten – führte zueinem Ergebnis, das den schulgemeindlichen Ge-staltungswünschen ebenso Rechnung trug wie denFinanzierungsgrenzen des Geldgebers.107

Wenn Schüler die Neugestaltung ihres Klassen-zimmers mitbestimmen, ist aber auch mit Proble-men zu rechnen, die in den Gestaltungsphantasienund im Geschmack der Schüler begründet sind.Auf die Frage an eine Schülerin der 10. KlasseRealschule, wie sie sich ihr Klassenzimmerwünschen würde, antwortete S.:

106 Pfeffer, M.: Schulgemeindliche Planung eines Grundschulgebäu-

des. S. 52.107 Vgl. die ausführliche Beschreibung des Planungsprozesses bei

Pfeffer, M.: Schulgemeindliche Planung eines Grundschulge-bäudes. S. 37 – 55.

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Oh, Spiegel, viele Spiegel müssten im Klassen-zimmer sein und ich würde die Wände gerneschwarz haben, dann würde es mir dort bessergefallen.108

Es stellt sich die Frage, wie man mit Schülerwün-schen in der Planungsphase umgeht und inwieweites Aufgabe des Lehrers ist, die Ideen der Schülerzu »lenken«. Bei Gestaltungsvorschlägen vonRäumen wird beispielsweise des öfteren daraufhingewiesen, dass Räume für Kinder undJugendliche vorwiegend grelle Farben enthaltensollen, weil Schüler sich diese wünschen.109 Ist esdeshalb, weil Schüler das so möchten, pädago-gisch sinnvoll, das Klassenzimmer mit grellen Far-ben zu streichen?

Natürlich ist es zutreffend, daß [...] Kinder zu-meist grelle Farben bevorzugen, aber ob diesdeshalb auch für sie gut ist, steht dahin. Schließ-lich bevorzugen sie auch Zuckerstangen, wenn siezwischen diesen und Mohrrüben wählen kön-nen.110

In erster Linie hängt die Frage, wie der jeweiligeLehrer mit solchen auftretenden Problemen um-geht, von dessen praktiziertem Erziehungsstil ab.Eine zweckdienliche Mitwirkung der Schüler an

108 Aus einer im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Befragung

von einigen Realschülern.109 So z.B. in der Zeitschrift »Schöner Wohnen«, Heft 4 / 1983, S.

66 oder Kraut, K.: Schulräume und Lernverhalten. S. 179.110 Mahlke, M. / Schwarte, N.: Raum für Kinder. S. 92.

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der Raumgestaltung findet sicher nicht bei extremautoritärem oder laissez-fairem Führungsstil statt.Eine »ehrliche«111 Art und Weise der Planung undUmsetzung stellt das mehrschichtige Mitwirkungs-konzept des Würzburger Modells dar. Bei derPlanung der Räumlichkeiten, wo es um Unfall-verhütung, finanzielle Fragen und um den pä-dagogischen Wert des entstehenden Raumes geht,haben die Kinder und Jugendlichen ein Mit-spracherecht, d. h. sie werden gehört und könnenihre Ideen und ihre Kritik einbringen. Sie wissenaber wohl, dass sie die Entscheidungen bestenfalls– durch Überzeugungsarbeit – beeinflussen kön-nen. Bei der sich anschließenden Umsetzung derPlanung helfen Kinder, Jugendliche, Pädagogenund Fachleute zusammen.Nach der gemeinsamen handwerklichen und ge-stalterischen Umsetzung beginnt die Ausgestaltungdes Raumes. Typisch für das Würzburger Modellist, dass von vornherein viele Gestaltungs- undAusstellungsflächen eingeplant werden. Als Auf-bewahrungsorte dominieren offene Regale. DerRaum ist gestalterisch derart vorstrukturiert, dass

111 »Ehrlich« in dem Sinne, dass den beteiligten Schülern nicht

suggeriert wird, sie hätten ein gleichwertiges »demokratisches«Stimmrecht, sie aber im Nachhinein feststellen müssen, dass dieMeinung der Lehrer mehr Gewicht hat. Entweder hat die Schü-lermeinung tatsächlich den gleichen Einfluss – was aber prak-tisch nur möglich ist, wenn das Vertrauensverhältnis zum Lehrerbewirkt, dass die Schüler einen ernstgemeinten Rat des Lehrersauch annehmen – oder es ist von vornherein klar, in welchemMaß die Schülermeinungen Berücksichtigung finden.

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man den Kindern und Jugendlichen bei der weite-ren Ausgestaltung freie Hand lassen kann, ohnedass der Raum dadurch seine Qualität verliert.Diese vielfältigen Möglichkeiten und Anreize derAusgestaltung haben ihre Bedeutung vor allem inRäumen, wo Gruppen in bestimmten zeitlichenAbständen wechseln. In der Schule findet ein sol-cher Wechsel in der Regel jedes Schuljahr statt.Die »neuen Bewohner« brauchen auch die Mög-lichkeit, sich den Raum anzueignen, obwohl sienicht an der Neugestaltung beteiligt waren. DieseMöglichkeit ist in derart gestalteten Räumen viel-fältiger als in herkömmlichen Klassenzimmern, womeist nur die Möglichkeit besteht, an den kahlenWänden gestalterisch tätig zu werden.

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5 Möglichkeiten und Grenzen derUmsetzung

Die konkrete Gestaltung eines Klassenraumes wirdvon Fall zu Fall sehr unterschiedlich ausfallen.Dies ist nicht zuletzt durch die verschiedenen Per-sonen, die – wie auf den letzten Seiten beschrie-ben – daran mitwirken, begründet. Das ist auchgut so. Gestaltete Räume wirken durch ihre Viel-fältigkeit, dadurch wird jeder einzelne Raum zuetwas Besonderem. Aus diesem Grund sollte manauch möglichst unvoreingenommen an die Pla-nung eines Raumes herangehen und sich nichtvon einem konkret gestalteten Raum leiten lassen.Die Ausführungen dieser Arbeit können die Pla-nungs- und Gestaltungsphase begleiten, ohne dassdabei uniforme Räume entstehen.Neben den mitwirkenden Personen, die die Ge-staltung beeinflussen, gilt es auch noch eine Füllevon Planungsvariablen zu berücksichtigen,welche das spätere Aussehen eines Raumes ent-scheidend mit bestimmen. So ist die Raumge-staltung beispielsweise einerseits von der Klas-senstärke andererseits von der Raumgröße ab-hängig. Kommt man in den Genuss, dass eine derbeiden Größen vorteilhaft ausfällt, sind bereits

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ganz andere Gestaltungsmöglichkeiten gegeben.112

Bei einem Raum mit überdurchschnittlicher Höhebietet es sich an, mit einigen starken Pfosten undgünstig erworbenen Dielenbrettern eine zweite,horizontale Ebene einzufügen. So kann eine vor-teilhafte Atmosphäre für Diskussionen geschaffenwerden, und der Platz bzw. das Umräumen füreinen Stuhlkreis wird hinfällig.Eine solche zweite Ebene zeigt die folgende Ab-bildung der Schule zur Erziehungshilfe bei Erlan-gen. Je nachdem, wie der zusätzlich entstandeneRaum genutzt wird, kann er mit Polstern o.Ä. aus-gestaltet werden.

112 Viele – in der Literatur zu findende – Grundrisszeichnungen zur

Klassenzimmergestaltung sind maßstäblich idealisiert. Klassen-räume sind entweder überdurchschnittlich groß oder die Schülerteilen sich einen Zweiertisch, der mit gerade 80 x 30 cm niegenug Platz für beide bietet. (vgl. z.B. Hilbert Meyer: Unter-richtsMethoden II: Praxisband. S. 260).

aus: Mahlke, W.: Schul-Raum, S. 59.

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Besonders bei der Schaffung von baulich abge-grenzten Territorien spielt die natürliche Be-leuchtung und somit die Anordnung der Fenstereine wichtige Rolle. Weiter von den Fenstern ent-fernten Schülerarbeitsplätzen darf durch Raum-teiler nicht das notwendige natürliche Licht ge-nommen werden. Ein zusätzliches Fenster – z.B.an der Rückseite eines Raumes – bietet hingegendie notwendige Lichtversorgung für dort befindli-che Arbeitsplätze und macht eine andere Umset-zung möglich.Den größten Einfluss auf die tatsächliche Gestal-tung eines Unterrichtsraumes hat zweifellos die inder jeweiligen Klasse vorherrschende Unter-richtsmethode. Ein lehrerzentrierter, frontal orga-nisierter Unterricht bietet sicherlich weniger Mög-lichkeiten der Raumgliederung, da die Stoffver-mittlung dabei auf die gesamte Gruppe ausge-richtet ist und die Lehrer-Schüler-Interaktion dasvorherrschende Kommunikationsmuster ist. EinUnterricht, der stärker auf Selbsttätigkeit, Diffe-renzierung und auf das gemeinsame Arbeiten inTeams ausgerichtet ist, ermöglicht eine stärkereGliederung, Unterteilung und Territorienbildunginnerhalb des Raumes. Entscheidend für die Pra-xis des Unterrichts in der Realschule ist jedoch dasvorherrschende Nebeneinander von Unterricht imKlassenverband und der selbsttätigen Arbeit inGruppen. Bei der Planung und Umsetzung gilt esdeshalb, den praktizierten Unterricht genau zu

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analysieren und abzuschätzen, inwieweit eineVeränderung des vorherrschenden Unterrichtsdurch die Umgestaltung des Raumes realistisch ist.Die Fähigkeiten der Schüler (und der Lehrer) z.B.in Bezug auf den Grad der Selbsttätigkeit und dasAusmaß der Öffnung des Unterrichts darf nicht imWiderspruch zur Raumgestaltung stehen. Ein um-gestalteter Raum unterstützt Lehrer und Schülerbei einer Veränderung der Unterrichtspraxis. Docheine Neugestaltung des Klassenraumes alleinbringt noch keine bahnbrechenden Veränderun-gen. Die Umgestaltung

fordert den Lehrer (und die Kinder) massiv her-aus, die bisherige Praxis neuen Handlungsmög-lichkeiten gegenüber zu öffnen, meist zunächstmit erheblichen Verunsicherungen auf beidenSeiten verbunden. Wird keine Öffnung vollzogen,so bleibt die Veränderung peripheres, allenfallsdekoratives Detail, von den Kindern nach viel-leicht anfänglicher Begeisterung immer wenigerbeachtet und frequentiert (es bleibt ja nur dieRest- und Pausenzeit dafür übrig), für Verwahrlo-sung anfällig, dem Reinigungspersonal und denOrdnungshütern spätestens jetzt lästig.113

Je nach der Zeit, die man für eine Umgestaltungdes Raumes verwenden kann und möchte, nachden gegebenen finanziellen Mitteln und denhandwerklichen Fähigkeiten der Mitwirkenden,

113 Kasper H.: Vom Klassenzimmer zur Lernumgebung. S. 34.

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wird ein gestalteter Klassenraum unterschiedlichausfallen. Eine Möglichkeit, mit diesen Schwierig-keiten positiv umzugehen, bietet der Projektunter-richt. Wenn die Umgestaltungsphase als Unter-richtseinheit genutzt wird, in welcher Lerninhalte,die ansonsten rein theoretisch vermittelt werden,mit praktischer Tätigkeit verbunden sind, mussdafür kein »Unterricht ausfallen«. Zur handwerkli-chen Unterstützung kann ein entsprechenderFachmann hinzugezogen werden, der für dieSchüler zugleich einen praktischen Bezug zumspäteren Arbeitsleben herstellt. Wenn auf dieseWeise ein neuer Raum entsteht, fallen hauptsäch-lich nur Kosten für Material an, die im Verhältniszu den ansonsten üblichen Arbeitslöhnen, dieFirmen verrechnen, gering sind. Auch ein hinzu-gezogener Fachmann muss nicht in jedem Fallbezahlt werden. Viele Firmen schätzen den Werteiner öffentlichkeitswirksamen Maßnahme höherein als eine entsprechende Bezahlung. Und auchfür die Schüler ist es eine gewinnbringende Wert-schätzung, wenn eine derartige Aktion nicht nurim Stillen passiert, sondern beispielsweise in derZeitung erwähnt wird.114

114 Vgl. beispielsweise Köpenicker Morgenpost vom 12. Januar

1999: Welcher Schulraum muss renoviert werden?,(http://archiv.berlinermorgenpost.de/bin/bm/e?u=/bm/archiv1999/990112/reg_koep/story00.html), wo ein Projektauf Spendenbasis zur Klassenzimmerverschönerung zwischenSchulen und ortsansässigen Firmen beschrieben wird.

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Dass Finanzen keine unüberwindbare Grenze dar-stellen, zeigen zahlreiche Schulen, die ihre Ideentrotz der gleichen finanziellen Voraussetzungenwie andere Schulen verwirklicht haben. Beim Bauder staatlichen Grundschule Aichach konnten mitden üblichen für einen Schulbau in dieser Grö-ßenordnung vorgegebenen finanziellen Mitteln dieIdeen und Wünsche der Beteiligten umgesetztwerden. Helga Voß-Rauter schreibt über dieMünchner Montessori-Schule:

Schönheit und Großzügigkeit der Innen- undAußenarchitektur lassen Betrachter mutmaßen,der Bau sei teurer als vergleichbare Schulbautengewesen. Dies ist nicht der Fall. Die Bausummeentspricht der, die vom Staat für Schulneubautenvorgesehen ist.115

Die Parkschule in Augsburg-Göggingen musste beivielen umfangreichen Umgestaltungen ganz aufstaatliche Mittel verzichten und konnte diese den-noch realisieren. „Wenn man etwas wirklich will,dann findet man auch Mittel und Wege der Um-setzung“, ist der Standpunkt des Schulleiters. Sowurden die Maßnahmen durch Spenden der El-tern, durch Einnahmen aus Basaren – wo von denSchülern Gebasteltes verkauft wurde – und vorallem durch die Arbeitskraft der Kinder, Lehrerund Eltern finanziert. Die Miteinbeziehung der

115 Voß-Rauter, H.: Architektur und Pädagogik der Montessori-

Schule München. S. 1, Broschüre, herausgegeben von derMontessori-Schule München.

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Eltern stellt überhaupt einen wichtigen Faktor beianstehenden Maßnahmen dar. Eltern von neuhinzugekommenen Schülern werden in Göggingengleich zu Beginn auf die Leistungen ihrer »Vor-gänger« aufmerksam gemacht und darauf hinge-wiesen, dass auch von ihnen ein ähnliches Enga-gement bei der Gestaltung und Erhaltung desSchulgebäudes erwartet wird. Die Montessori-Schule in Dinkelscherben regelt bereits vor derAnmeldung der Schüler bei einem Informations-abend, in welchem Umfang die Schule die Mitwir-kung der Eltern erwartet. Jeder kann sich dannentsprechend seinen Fähigkeiten in dem verab-redeten Stundenumfang einbringen.Diese Anbindung der Eltern an die Schule bringtletztendlich nicht nur die gewünschten finanziellenEinsparungen, sondern integriert die Schule auchein Stückchen mehr in die Lebenswirklichkeit. Inden genannten Schulen ist das Schulgebäudenicht nur reine Lehranstalt für Schüler. Dort tref-fen sich beispielsweise Eltern mit ihren Theater-gruppen, oder ein Vater nutzt den Musiksaal fürseinen Posaunenchor.116 Für die Schüler erscheintdie Schule in einem anderen Licht, wenn auchEltern dort hingehen.

116 Was – nebenbei bemerkt – an einer der Schulen wiederum dazu

führte, dass ein Mitglied dieses Posaunenchors der Meinung war,der Musiksaal bedürfe eines neuen Anstrichs und um die Erlaub-nis bat, den Musiksaal neu streichen zu dürfen.

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Warum also nicht die Eltern stärker in die Planungund Umsetzung der Klassenraumgestaltung miteinbeziehen? Bei der gemeinsamen Suche nachMöglichkeiten, dies zu tun, werden sich schnellIdeen finden, wo und wie die Eltern einbezogenwerden können.117 Gerade handwerklich versierteEltern können bei der Planung und Anleitung ei-nen wertvollen Beitrag leisten.Der Realschullehrplan bietet durchaus Möglich-keiten, die Umgestaltung des Klassenraumes mitden im Lehrplan vorgesehenen Zielen und In-halten zu verbinden. Nicht nur das Fach Kunster-ziehung eignet sich dafür, auch in Physik, Biolo-gie, Mathematik, Technischem Zeichnen und Tex-tilarbeit lassen sich, je nach Jahrgangsstufe, Un-terrichtssequenzen im Rahmen der Klassenraum-gestaltung durchführen.Viele Möglichkeiten bietet auch das Fach Werken.Im Folgenden soll anhand eines Teilaspekts bei-spielhaft aufgezeigt werden, wie im Fach WerkenKlassenzimmergestaltung geschehen kann. Wieviele Elemente, die ein neues Aussehen entstehenlassen (z.B. Regale, Raumteiler, Podeste), lassensich auch Tische im Vorfeld – bevor das Klassen-zimmer selbst zur »Baustelle« wird – anfertigen.Vielfach wird bei der Gestaltung von Klassenzim-mern der zentrale Ort des Lerngeschehens ver-nachlässigt. Das Bemalen von Wänden und das 117 So hat man in Göggingen beispielsweise entdeckt, dass ein

Mitglied des Elternbeirats ein erfahrener Schulbauer ist.

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Schmücken mit Pflanzen und Bildern bezieht sichin der Regel auf die Außenbereiche des Raumes.Der eigentliche Raum selbst, dort wo die Schülersich aufhalten, verändert sein Erscheinungsbildbei der Gestaltung meist nicht oder nur gering.Der eigentliche Lernbereich, dort wo die Schülersitzen, ist weitgehend vom Aussehen der Tischegeprägt.Es ist anhand der zentralen Punkte dieser Arbeitzu prüfen, wie das Aussehen der Schülerarbeits-plätze die Wirkung des Raumes verbessern kann.Die Gestaltung von Schülertischen muss der For-derung nach sinnlicher Anregung, nach einemindividuellen – territorialen – Bereich und derselbsttätigen Mitwirkung im Sinne einer Aneig-nung des persönlichen Arbeitsplatzes nachkom-men.Wie bereits ausgeführt, eignet sich Massivholz alsWerkstoff besonders, da es sinnlich anregender istals künstliche oder beschichtete Materialien. Holzlässt sich auch mit relativ einfachen Arbeitsgerä-ten verarbeiten, wodurch es möglich ist, dass dieSchüler nahezu jeden Arbeitsschritt selbst tunkönnen. Wenn nun die Vorgaben der anleitendenLehrkraft nicht zu sehr ins Detail gehen und da-durch nicht alle Endprodukte gleich aussehen,erhält jeder Schüler seinen eigenen, individuellenTisch, der ihn bis zur Abschlussprüfung – undweiter – begleiten kann. Durch gemeinsames –und vielleicht arbeitsteiliges – Zusammenhelfen

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bei der Entstehung wird vermutlich ein gewisserRespekt vor der Arbeitsleistung der Mitschülerentstehen, so dass die Achtung vor dem persönli-chen Lernbereich des jeweils anderen Schülerswahrscheinlich höher sein wird, als bei den bishe-rigen Standardschülertischen.Um den zeitlichen und finanziellen Aufwand ge-ring zu halten, genügt es, wenn lediglich die Plattedes Tisches hergestellt wird, das Fußgestell spieltin seiner Wirkung nur eine untergeordnete Rolle,da es nicht so sehr auffällt, wie die Tischplatte.Damit jeder Schüler seinen eigenen Tisch mög-lichst lange Zeit seiner Schullaufbahn nutzenkann, ist es sinnvoll, bereits in der 7. Klasse ei-gene Tische zu bauen.Für den Materialbereich Holz sind in der siebtenKlasse118 ca. 26 Unterrichtsstunden vorgesehen.Diese Zeit kann vollständig verwendet werden, daalle Ziele und Inhalte beim Bau der Tischplatteumgesetzt werden können.

Die Schüler lernen verschiedene Massivhölzerkennen und von Holzwerkstoffen unterscheiden.Beim Bearbeiten erfahren sie grundlegende Ma-terialeigenschaften eines Widerstand bietendenMaterials. Sie erleben den Reiz eines gewachse-

118 Beim sechsstufigen Schulmodell würde sich dies bereits in der 5.

Klasse anbieten. Dort wird Werken in einem Umfang von 20Stunden alternativ zu Textilarbeit angeboten. Die Fertigungs-weise müsste dann entsprechend den Kenntnissen und Fähig-keiten der Schüler angepasst werden.

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nen Werkstoffs besonders bei der Feinbearbei-tung der Oberfläche.119

Die für den Werkunterricht zur Verfügung stehen-den Maschinen sind mit entscheidend, wie weitdas zu verwendende Holz bereits vorverarbeitetsein soll. Nicht nur das Angebot an Maschinen,sondern auch zeitliche Aspekte sprechen dafür,vorbereitetes Material zu verwenden. Eine preis-günstige Lösung stellen einfache Dachlatten dar,die entweder in gehobelter Form oder »roh« er-hältlich sind. Diese Form des Holzes bietet sichan, da den Schülern die Verarbeitung vom gefäll-ten Baum bis zur Latte leicht verständlich gemachtwerden kann und in eigener Weiterverarbeitungdie Parallelen zur Entstehung einer Leimholz-Mö-belplatte gut nachvollzogen werden können. Einvorangestellter Unterrichtsgang in ein Sägewerkkann gut veranschaulichen, wie aus einem Baum-stamm einzelne Bretter von unterschiedlicherBreite entstehen, wovon ein Endprodukt auch dieverwendeten Latten sind120. Die gehobelten Lattenwerden dann im Werkraum zu einer Platteverleimt. Anhand von älteren, abgelagerten Höl-zern erkennen die Schüler, dass sich Holz beimTrocknen wirft, was eine wechselseitige Verlei-

119 Lehrplan für die bayerische Realschule. W 7.3.120 Bei dieser Gelegenheit kann auch auf die unterschiedlichen

Arten von Massivhölzern (hart, weich) eingegangen werden undauf die weitere Verarbeitung der Hölzer zu Holzwerkstoffen (z.B.Sperrholz, Spanplatte).

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mung der Dachlatten notwendig macht, um nichtnach einigen Monaten eine gewölbte Tischplattezu haben. Nach dem Trocknen eignen sich dieSchüler grundlegende Fertigkeiten mit den Mess-und Anreißwerkzeugen an, um die gewünschteEndform an der erstellten Platte zu kennzeichnen.Anschließend erproben sie verschiedene Werk-zeuge, um die Platte in die gekennzeichnete Ge-stalt zu bringen.121 Nun schließt sich die im Lehr-plan besonders hervorgehobene Bearbeitung derOberfläche an. Durch Raspeln, Feilen, Hobeln,Schleifen und Wässern entsteht aus der rohenPlatte eine Möbelplatte, wie sie den Schülernvielleicht bekannt ist.122 Eine weitere Unterrichts-sequenz bildet die Behandlung der Oberfläche.Nachdem die Schüler eine Vorstellung davon er-halten haben, welche Oberflächenbehandlungenmöglich sind, werden die Platten, um die Holz-struktur zu erhalten, zunächst geölt, dann ge-wachst und abschließend evtl. poliert.123 Die so 121 Je nach den vorherrschenden Raumformen und der durch die

Unterrichtsmethode bedingten Sitzordnung wäre es denkbar,dass Schüler, die zusammen an einem Gruppentisch sitzen, ihreTischplatten in bestimmten Formen aussägen, welche dann ge-genseitig ineinander greifen und einen gemeinsamen Gruppen-tisch bilden.

122 Hier könnte sich ein Vergleich, z.B. durch einen Film oder denBesuch einer industriellen Holzfabrik anschließen, wodurch derGegensatz zwischen der herkömmlichen handwerklichen und dermodernen Holzverarbeitung deutlich wird.

123 Die im Lehrplan geforderte Einübung der Handhabung vonStemm- und Stechwerkzeugen könnte durch das Einarbeiten desNamens auf der Unterseite oder am Rand der Tischplatte umge-setzt werden. Dies würde zusätzlich noch den individuellen Cha-rakter jedes einzelnen Werkstückes fördern.

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erhaltene Tischplatte wird je nach Art des vorhan-denen Untergestells und der daran vorgesehenenVerbindungsart durch Verschrauben, Stecken oderDübeln am alten Tischuntergestell angebracht.

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6 Klassenraumgestaltung undSchulvandalismus

Anlässlich der in den Medien in letzter Zeit häufi-ger dokumentierten, zunehmenden Gewaltbereit-schaft an unseren Schulen soll der zusammenfas-sende Abschluss dieser Arbeit dazu genutzt wer-den, um die erörterten zentralen Aspekte derKlassenraumgestaltung Ergebnissen der Schulvan-dalismusforschung gegenüberzustellen.Auf die Frage nach der Erklärung vandalistischenVerhaltens gibt es keine einfache Antwort, weil dieUrsachen vielfältig sind. Auch ist Vandalismusnicht grundsätzlich mit Gewaltbereitschaft gleich-zusetzen. Klockhaus und Habermann-Morbey de-finieren Schulvandalismus als sachbeschädigendesVerhalten, das absichtlich erfolgt und Normen(der Erwachsenen) verletzt.124

Der in Kapitel 4.1 behandelte sinnliche Anre-gungsgehalt eines gestalteten Klassenraumes,welcher durch entsprechende Formen, Farben,Materialien und der gewählten Beleuchtung aufder Basis einer zugrunde gelegten Raumordnungentsteht, hat neben der lernförderlichen Wirkungauch Auswirkungen auf den Umgang der Schüler 124 Vgl. Klockhaus, R. / Habermann-Morbey, B.: Psychologie des

Schulvandalismus. S. 19.

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mit ihrem Klassenzimmer. Klockhaus und Haber-mann-Morbey weisen auf die positive Wirkungvon ästhetisch ansprechenden Klassenräumen hin.Nach achtstündigem Aufenthalt in als »hässlich«klassifizierten Unterrichtsräumen ließen dieSchüler Monotonie, Ermüdung, Kopfschmerz,Reizbarkeit und Feindseligkeit erkennen, währendSchüler in »schönen« Klassenzimmern jeweilsgegensätzliche Reaktionen zeigten. Auf längereSicht gab es vier Jahre nach Nutzungsbeginn inKlassenräumen, die als angenehm empfundenwurden, keine sichtbaren Anzeichen mutwilligerZerstörung.125 Diese Erkenntnisse belegen auchStudien, auf die sich J. Forster bezieht, wonachstörendes Verhalten „Ausdruck der Suche nachStimmulierung“ ist und „der Grad der Reizappe-tenz ganz allgemein in Zusammenhang mit demAuftreten von auffälligem Verhalten steht“.126

Ein weiterer Zusammenhang zwischen Schulvan-dalismus und der Raumgestaltung ist der Aspektder Kostbarkeit. Dabei ist nicht unbedingt derGeldwert einer Sache relevant, sondern vielmehr,wie hoch Elemente des Raumes durch Autoritäts-personen wie Lehrer, Schulleiter oder auchHausmeister, bewertet werden. Vermutlich wirdvandalistisches Verhalten gehemmt, wenn denSchülern durch das Überlassen von kostbaren Ein-

125 Ebd., S. 36.126 Forster, J.: Kind und Schulraum. S.180f.

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richtungsgegenständen ein hohes Maß an Ver-trauen entgegengebracht wird, ein Vertrauen, dasauf einen sorgsamen Umgang baut. Diese Me-thode der Erziehung zur behutsamen Umgangs-weise mit kostbaren Dingen wird in der Montes-sori-Pädagogik mit Erfolg praktiziert. Verblüffendist auch, wie das Engagement von Lehrern bei derSchulraumgestaltung den Wert eines Raumes inden Augen der Schüler hebt.

Das Erstaunliche an der abgebildeten Fotografieist der Trockenblumenstrauß mitten in derEingangshalle der Schule für Erziehungshilfe imPuckenhof bei Erlangen. Das Klientel dieserSchule ist erfahrungsgemäß bekannt für einehöhere Vandalismusbereitschaft, dennoch standder Strauß zum Zeitpunkt der Aufnahme bereits

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mehrere Monate genau an dieser Stelle, und alleSchüler fanden mehrmals täglich beim Aufsuchenund Verlassen der Klassenräume ihren Weg daranvorbei. Der Blumenstrauß ist Teil eines kostbarenneugestalteten Schulgebäudes. Er wird von denSchülern geachtet, weil sie um das Engagementder Lehrer bei der aufwendigen Planung undNeugestaltung wissen. Auch die auf den Seiten41ff. behandelte Ordnung des Raumes hebtsicherlich die Bedeutung des Straußes. Diefarbigen Bodenfliesen, die Pfeiler, dieDeckenöffnung und die Anordnung der Lampenordnen und strukturieren den Raum und stellenden Standpunkt der Vase ganz eindeutig alszentralen Punkt des Raumes heraus.Der Wert eines gestalteten Raumes wird auchdaran deutlich, wie schnell die Verantwortlichenentstehende Schäden beheben. Beschädigungen,die nicht behoben werden, deuten darauf hin,dass eine Sache unwichtig und eben nicht kostbarist, wodurch Folgeschäden wahrscheinlicherwerden. Die in der Arbeit beschriebenen natürli-chen Materialien, vor allem die Verwendung vonMassivholz, haben den Vorteil, dass entstehendeSchäden meist besser und schneller als bei künstli-chen Materialien behoben werden können. Ge-rade bei geöltem und gewachstem Holz könnenSchäden – oft durch die »Täter« selbst – durchAusschleifen oder Einsetzen von neuen Holzteilenunkompliziert behoben werden.

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Nicht generell ist das von Erwachsenen als vanda-listisch interpretierte Verhalten böswilligen Ur-sprungs. Gerade was in den Bereich Beschriften,Bemalen oder Besprühen fällt, gehört auch zudem – in Kapitel 4.3 beschriebenen – Prozess derRaumaneignung durch die Mitwirkung der Schüleran der Klassenzimmergestaltung. Johannes Beckinterpretiert sogar weit mehr vandalistisches Ver-halten als eine Art und Weise, sich den Raum »zueigen« zu machen:

...Gegenwärtig bleibt den Kindern und Jugendli-chen häufig nur der zerstörerische Eingriff in ih-ren toten »Lernraum«. Kritzeleien auf den Ti-schen, zertretene Steckdosen oder Klosprüchesind auch als verzweifelte, hilflose und hoffnungs-volle Versuche zu verstehen, Spuren zu hinterlas-sen, etwas Eigenes zu machen: ohnmächtige Ge-staltungsversuche in übermächtiger trostloserUmgebung als Rache für vorenthaltene Behag-lichkeit, verweigerte Autonomie [...] In manchendieser Räume kann oder darf nicht einmal einNagel in die Wand geschlagen werden, um Bilderaufzuhängen. Manchmal hält auch kein Klebe-streifen auf glatten Kunststoffwänden im Warte-saal 9. Klasse des Parkhauses fürs Leben.127

Die Mitwirkung der Schüler an der Raumgestal-tung ist also nicht nur im Sinne einer lernförderli-chen Wirkung bedeutsam, sondern wirkt auchvandalistischem und vielleicht sogar ganz allge-mein aggressivem Verhalten entgegen.

127 Beck, J.: SinnesWandel. S. 180.

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Inwieweit die in dieser Arbeit dargelegten Aspektezur Klassenraumgestaltung die Lernsituationtatsächlich verbessern, müsste nun an einem em-pirischen Projekt untersucht werden. Die Ver-knüpfung der verschiedensten Ergebnisse ausunterschiedlichen wissenschaftlichen Erkennt-nissen und schlüssigen Folgerungen daraus gibtdafür noch keine Gewähr. Allerdings ist auch dieempirische Überprüfbarkeit mit Schwierigkeitenverbunden. Selbst wenn zwei Parallelklassen, diein unterschiedlichen Klassenräumen Unterrichthaben, in einer Untersuchung verglichen werden,müssen noch sehr viele andere Einflüsse mit be-rücksichtigt werden, die das Lernen fördern oderhemmen können. Die Gestaltung des Raumes wirdalso nie die einzige veränderbare Einflussgrößesein, da Lernen und Unterricht eben bei weitemnicht von der Klassenraumgestaltung alleineabhängen.

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Weitere Informationen unter: www.Menikheim.de,dort sind auch die Fotografien dieser Arbeit inFarbe zu sehen.