Astarte Himmelskönigin Inanna

10
Lexikon Himmelskönigin Christl M. Maier (erstellt: Dez. 2010) Permanenter Link zum Artikel: http://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/21218/ 1. Bezeichnung 2. Art der Verehrung o 2.1. Räucher- und Trankopfer o 2.2. Opferkuchen 3. Identifikation 4. Aspekte jüdischer und christlicher Rezeption Literaturverzeichnis o 1. Lexikonartikel o 2. Weitere Literatur Abbildungsverzeichnis 1. Bezeichnung „Himmelskönigin“ ist der Titel bzw. Beiname einer in Jer 7,18 ; Jer 44,17-19.25 genannten weiblichen Gottheit. Er lautete ursprünglich wohl malkat haššāmajim (vgl. griechisch βασιλίσσα τoορανohē basilíssa tou ouranou lateinisch regina caeli in Jer 44,17 ), wurde von den Masoreten aber zu məlækæt haššāmajim „Werk des Himmels“ (vgl. griechisch στρατα τoορανohē stratía tou ouranou „Heer des Himmels“ Jer 7,18 ) umgedeutet. Der Eigenname der Göttin bleibt in Jer 7 und Jer 44 absichtlich ungenannt, weil ihr Kult als Frevel gegen den Gott Israels bewertet wird. Einen dem Titel „Königin des Himmels“ vergleichbaren Beinamen tragen viele Göttinnen Vorderasiens mit astralem Charakter. Die sumerische Inanna, Tochter des Himmelsgottes An, wird im Hymnus des Iddin-Dagan von Isis als bēlit šamē „Herrin des Himmels“ angerufen. Ein Hymnus Enheduannas preist die „Inanna von Himmel und Erde“ als „Großkönigin der Himmelsgründe und des Zenit“ (NIN.ME.ŠAR.RA Z.3.12.112 The Electronic Text Corpus of Sumerian Literature 4.07.2). Auch Inannas akkadisches Äquivalent Ischtar wird als „Herrin des Himmels“ und als šarrat šamāmi u kakkabāni „Königin des Himmels und der Sterne“ gepriesen (Tallqvist 1938, 239; vgl. auch 64, 129, 240, 333). Beide Göttinnen haben als Symbol den Planeten Venus als Morgen- und Abendstern. In Ägypten wird der Himmel durch ein feminines Wort bezeichnet und durchgängig durch weibliche Gottheiten personifiziert. Seit dem Alten Reich trägt die Göttin Hathor den Beinamen nb.t p.t „Herrin des Himmels“, der jedoch auch für andere Göttinnen verwendet wird (Olyan 1987, 163).

description

Astarte Himmelskönigin Inanna. Erklärungen zur Himmelsgöttin Astarte / Inanna.

Transcript of Astarte Himmelskönigin Inanna

  • Lexikon Himmelsknigin Christl M. Maier

    (erstellt: Dez. 2010) Permanenter Link zum Artikel: http://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/21218/

    1. Bezeichnung 2. Art der Verehrung

    o 2.1. Rucher- und Trankopfer o 2.2. Opferkuchen

    3. Identifikation 4. Aspekte jdischer und christlicher Rezeption Literaturverzeichnis

    o 1. Lexikonartikel o 2. Weitere Literatur

    Abbildungsverzeichnis

    1. Bezeichnung Himmelsknigin ist der Titel bzw. Beiname einer in Jer 7,18; Jer 44,17-19.25 genannten weiblichen Gottheit. Er lautete ursprnglich wohl malkat hamajim (vgl. griechisch o o h basilssa tou ouranou lateinisch regina caeli in Jer 44,17), wurde von den Masoreten aber zu mlkt hamajim Werk des Himmels (vgl. griechisch o o h strata tou ouranou Heer des Himmels Jer 7,18) umgedeutet. Der Eigenname der Gttin bleibt in Jer 7 und Jer 44 absichtlich ungenannt, weil ihr Kult als Frevel gegen den Gott Israels bewertet wird.

    Einen dem Titel Knigin des Himmels vergleichbaren Beinamen tragen viele Gttinnen Vorderasiens mit astralem Charakter. Die sumerische Inanna, Tochter des Himmelsgottes An, wird im Hymnus des Iddin-Dagan von Isis als blit am Herrin des Himmels angerufen. Ein Hymnus Enheduannas preist die Inanna von Himmel und Erde als Groknigin der Himmelsgrnde und des Zenit (NIN.ME.AR.RA Z.3.12.112 The Electronic Text Corpus of Sumerian Literature 4.07.2). Auch Inannas akkadisches quivalent Ischtar wird als Herrin des Himmels und als arrat ammi u kakkabni Knigin des Himmels und der Sterne gepriesen (Tallqvist 1938, 239; vgl. auch 64, 129, 240, 333). Beide Gttinnen haben als Symbol den Planeten Venus als Morgen- und Abendstern.

    In gypten wird der Himmel durch ein feminines Wort bezeichnet und durchgngig durch weibliche Gottheiten personifiziert. Seit dem Alten Reich trgt die Gttin Hathor den Beinamen nb.t p.t Herrin des Himmels, der jedoch auch fr andere Gttinnen verwendet wird (Olyan 1987, 163).

  • Herrin (= blt) des (hohen) Himmels ist als Beiname fr die jugendliche Kriegsgttin Anat im ugaritischen Pantheon (KTU 1.108,7 = TUAT II, 823) und auf Stelen fr Anat aus Bet-Schean und Dendera belegt ( Anat, 2.3). Als Herr (= bl) des Himmels wird in Syrien und Phnizien des 1. Jt.s v. Chr. der Wettergott bezeichnet ( Baal, 3.1). In gypten fhren sowohl Anat als auch Astarte, Letztere auf Stelen des Qudschu-Typs, dargestellt als nackte Gttin auf dem Lwen ( Gttin, 3.) den Beinamen Herrin des Himmels. Deshalb kann die Himmelsknigin des Tempels im obergyptischen Syene, die im aramischen Hermopolis-Papyrus 4 aus dem 5. Jh. v. Chr. genannt ist, sowohl mit Anat als auch mit Astarte identifiziert werden.

    Astarte begegnet in phnizischen Personennamen und wird in der Sarkophag-Inschrift des sidonischen Knigs Eschmunazar aus dem 5. Jh. v. Chr. Knigin genannt (KAI 14, Z. 14-15; Sidon). Als einziger Beleg fr Astarte als heilige Knigin (mlkt qdt) kommt ein im Tempel der Gttin in Kition auf Zypern gefundenes Verzeichnis der Tempelverwaltung aus dem 4.-3. Jh. v. Chr. in Betracht (KAI 37 A, Z. 7; vgl. Z.10); die Lesung mlkt ist aber umstritten (vgl. die bersetzung in KAI II, 54), ebenso die Deutung des Wortes lt in Z. 10 als Ringbrot (KAI II, 55 zu Z.10). Die griechischen Historiker Herodot (5. Jh. v. Chr.; Historien 1, 105 Herodot) und Pausanias (2. Jh. n. Chr., Beschreibung Griechenlands 1, 14,7 Pausanias) bezeichnen die Gttin Astarte von Askalon als Aphrodt Ouran himmlische Aphrodite (s.u. 3.), die auerdem in Delos verehrt, auf Zypern auch Herrin genannt und in gypten mit Hathor gleichgesetzt wurde. Ihr latinisierter Titel Venus caelestis erinnert an die Verbindung der mesopotamischen Himmelsherrinnen zum Planeten Venus.

    Der Titel Himmelsknigin hat sich bis heute im Beinamen regina caeli fr Maria erhalten, der der Gottesmutter in einer Enzyklika des Papstes Pius XII. (1876-1958) im Jahre 1954 offiziell beigelegt wurde.

    2. Art der Verehrung Im Rahmen der Tempelrede Jeremias, die verschiedene Kultfrevel auflistet, wird die Verehrung der Himmelsknigin durch Opferkuchen (kawwnm) erwhnt, an deren Herstellung die ganze Familie beteiligt ist: Die Kinder sammeln Holz, die Vter znden das Feuer an und die Frauen kneten den Teig (Jer 7,18). Auerdem erwhnt die Tempelrede Rucheropfer fr Baal (Jer 7,9) und Trankopfer fr andere Gottheiten (Jer 7,18). Die Tempelrede wurde von den exilischen Herausgebern des Jeremiabuches so stark berarbeitet, dass ursprngliche Jeremiaworte nicht verifizierbar sind.

    In Jer 44 kndigt der Prophet den nach gypten geflohenen Menschen (Jer 44,1.12.15) die Vernichtung durch Hunger und Schwert an. Diese Rede setzt die Zerstrung Jerusalems voraus und nennt als einen Grund die Rucher- und Trankopfer fr die Himmelsknigin. Die Kultausbung wird explizit den Frauen zugewiesen, die in Jer 44,15-19 Jeremia antworten und ihrerseits die Unterlassung von Opfern fr die Himmelsknigin als Grund fr die Zerstrung angeben. Die griechische bersetzung adressiert das Gotteswort in Jer 44,25 nur an die Frauen und hat wahrscheinlich den ursprnglichen Wortlaut bewahrt.

  • Whrend die Beschreibung in Jer 7,18 und die Hervorhebung der Frauen in Jer 44,15-19 auf eine mgliche Verehrung der Himmelsknigin im Rahmen der Familienreligion hinweisen, nennen Jer 44,17 und Jer 44,21 ausdrcklich den Knig, seine Beamten und die Bevlkerung als Verehrerinnen und Verehrer. Obwohl der Kult fr die Himmelsknigin im Rahmen der Tempelrede kritisiert wird, war er wohl nicht Teil des Tempelkultes, da als Orte der Verehrung die Stdte Judas und die Straen Jerusalems erwhnt werden (Jer 7,17; Jer 44,17) und Jer 44 in gypten situiert ist. Allerdings spricht die Erwhnung in der Tempelrede fr eine Bedeutung des Kultes ber die Familienreligion hinaus.

    2.1. Rucher- und Trankopfer Bei Rucheropfern handelt es sich um die Verbrennung von Weihrauch oder anderen Aromata. Der Opferterminus qr Piel in Rauch aufsteigen lassen weist lediglich auf die Verbrennung, nicht auf das Opfermaterial hin und wird deshalb auch allgemein fr Brand- und Schlachtopfer gebraucht (1Sam 2,16; 1Kn 9,25 u..). Beim Rucheropfer wird daher oft zustzlich qort Rucherwerk als Objekt genannt. Im Zentralisationsgesetz Dtn 12,6 fehlen Rucheropfer in der Liste der Opfer am Tempel, in nachexilischen Texten sind sie jedoch auch fr JHWH geboten (Ex 30,34-38; Lev 16,12; Ps 141,2); es ist dazu sogar ein gesonderter Altar vorgesehen (Ex 30,1-10). Bei Trankopfern werden Flssigkeiten ausgegossen (Libation). Im exilischen Texten des Jeremiabuches wie im Deuteronomistischen Geschichtswerk werden Rucheropfer berwiegend negativ beurteilt, als Opfer fr fremde Gottheiten (1Kn 11,8; 2Kn 18,4; 2Kn 22,17; 2Kn 23,5; Jer 1,16; Jer 11,12f.17 u..) oder als Opferart auf den sog. Kulthhen (bmt; 1Kn 3,3; 1Kn 22,44; 2Kn 14,23; 2Kn 17,11). Rucher- und Trankopfer fr fremde Gottheiten (Jer 19,13; Jer 32,29) und fr die Himmelsknigin (Jer 44,19) werden von den exilischen Bearbeitern des Jeremiabuches als Frevel gegenber JHWH bewertet. Die Texte lassen erkennen, dass solche Opfer nicht nur der Himmelsknigin zugeeignet wurden.

    2.2. Opferkuchen

  • Abb. 1 Gebckform mit nackter Gttin auf dem Bett (Mari, Palast Zimrilims, Raum 77; 18. Jh. v. Chr.). Bei dem nur in Jer 7,18 und Jer 44,19 erwhnten Gebck kawwnm handelt sich wohl um Glutaschekuchen oder Holzkohlenbrote, die ohne Ofen auf der Glut gebacken werden und eine kurze Backzeit haben. Der Begriff ist ein Lehnwort aus dem Akkadischen (CAD 8, 110 listet Texte, in denen geste kamnu-Kuchen genannt sind); in Hymnen und Beschwrungstexten werden in Asche gebackene kamnu-Kuchen in Verbindung mit der Gttin Ischtar erwhnt (AHw I, 430a mit den Belegen KAR 42,19.25; KAR 357,10.35). Der These, die einfache Backweise der kamnu-Kuchen spreche fr eine Verortung des Kultes der Himmelsknigin im privaten Bereich (Rast 1977, 175) steht entgegen, dass die akkadischen Beschwrungsrituale zumindest einen Beschwrungspriester voraussetzen, also einen Kult implizieren (Winter 1983, 572f). Auerdem wurden die meisten Ritualtexte, die ein Backen solcher Brote beschreiben, in Tempeln gefunden und wahrscheinlich auch dort verwendet (Jost 1995, 220). Jer 44,19 erwhnt, die Kuchen wrden die Gttin abbilden (die Wendung fehlt im griechischen Text und ist daher wohl eine spte Glosse), d.h. die Kuchen knnten figrlich geformt oder aber mit dem Bild oder einem Attribut der Gttin versehen gewesen sein. Dafr spricht auch, dass sich in der Stadt Mari am mittleren Euphrat in der Bckerei des Palastes 47 Backformen mit geometrischen Mustern fanden, in Tierform oder auch in Form von Tnzern (18. Jh. v. Chr.). Drei Formen zeigen die nackte Gttin auf einem Bett.

  • Abb. 2 Pressmodel mit nackter Frau und Brot (Taanach; 10. Jh. v. Chr.). Winter stellt diesem Befund den Abguss eines Pressmodels aus Taanach aus dem 10. Jh. v. Chr. zur Seite, das eine Frau mit markierter Vulva und Nabel darstellt, die vor der Brust ein mit einem Kreuz gekennzeichnetes Brot hlt.

    Abb. 3 Teigstempel mit Frauengesicht (Ramat Rachel; 8.-7.Jh. v. Chr.). Keel und Uehlinger (2001, 390 und Abb. 332) verweisen auf einen Tonstempel aus Ramat Rachel, Stratum V (Ende 8.-7.Jh. v. Chr.) mit einem Frauenkopf en face, den sie als Teigstempel interpretieren.

    3. Identifikation Die Identifikation der Himmelsknigin mit einer der bekannten Gttinnen Ischtar, Astarte, Anat oder Aschera ist umstritten und nicht vollstndig geklrt (Jost 1995, 61f; Frevel, 1995, 471; Delcor 1982, 103-114 fhrt alle Mglichkeiten auf). Obwohl die Gttin Anat auch den Beinamen Herrin des Himmels hat, kommt sie kaum in Betracht, da ihr Name im Alten Testament nur in Personen- und Ortsnamen belegt ist und sie nirgends als selbststndige Gttin auftritt.

  • Abb. 4 Die kriegerische Ischtar auf dem Lwen (neuassyrisches Rollsiegel; 8. Jh. v. Chr.). Aufgrund der kawwnm bzw. kamnu-Kuchen erscheint Ischtar naheliegend. Ihre Symbole Venusstern, Strahlen- oder Sternenkranz und Kriegsbewaffnung (Abb.4) verweisen auf die Bereiche Himmel und Herrschaft.

    Abb. 5 Rucherszene vor Ischtar mit Strahlenkranz (neuassyrisches Rollsiegel aus Sichem; 8./7. Jh. v. Chr.). Die kriegerische Gttin im Strahlenkranz ist die einzige weibliche assyrische Gttin, die in Palstina im 7. Jh. v. Chr. ikonographisch bezeugt ist. Doch die Belege stammen aus Zentren assyrischer Verwaltung und sind nicht lokale judische Produkte (Abb. 5; vgl. Keel / Uehlinger 2001, 171 mit Abb. 286-289). Die Beschreibung der geliebten Frau in Hhld 6,10 nimmt Zge der Ischtar als kriegerische und astrale Gttin auf.

    Fr die westsemitische Astarte spricht, dass ihr Name in phnizischen und punischen Personennamen erhalten ist und sie in Texten gelegentlich als Knigin tituliert wird (KAI 14, Z. 14-15; KAI 37 A. Z. 7, s.o. 1; vgl. Olyan 1987, 166f) sowie in hellenistischer Zeit mit (Himmlische Aphrodite) identifiziert wurde. Allerdings wird die These einer Verschmelzung der westsemitischen Astarte mit der ostsemitischen Ischtar gegen Ende des 2. Jt.s v. Chr. (Ackerman 1992, 34; hnlich Weinfeld 1992, 150) bestritten (Olyan 1987, 172-174; Keel / Uehlinger 2001, 389). Zudem ist Astarte bisher ikonographisch nicht eindeutig belegt (zu einem singulren Siegelfund vgl. Keel / Uehlinger 2001, Abb. 331a). Aufgrund der Rituale Ruchern und Libieren (Jer 44,19) liegt fr die Himmelsknigin eine Verbindung zur Verehrung des Himmelsheeres ( Zebaoth) nahe, die aramischen Ursprungs ist und in Juda wahrscheinlich durch die Assyrer vermittelt wurde (Weinfeld 1972, 146-150; Keel 1998,104). Dann wre der Kult fr die

  • Himmelsknigin ein assyrisch geprgtes Revival (Winter 1983, 574) und dies wrde fr die Identifikation mit einer Gttin aus diesem Raum sprechen.

    Mit Blick auf die nach 2Kn 23,5 von Knig Josia abgeschafften Rucheropfer fr das Himmelsheer, die unmittelbar vor der Zerstrung des Kultbildes der Aschera (2Kn 23,6-7) genannt sind, kommt Aschera als Himmelsknigin in Betracht (Koch 1988, 98.108f). Allerdings ist die astrale Kompetenz der sonst im Baum oder Holzpfahl symbolisierten Gttin in den biblischen Belegen wenig ausgeprgt (Frevel 1995, 464-469). Dennoch halten Keel und Uehlinger (2001, 386-390) es fr wahrscheinlich, dass im 8./7. Jh. v. Chr. der in Juda verehrten Gttin Aschera, beeinflusst vom neuassyrischen Ischtarkult, astrale Zge zugewachsen sind. Da die Texte und die ikonographischen Belege nicht bereinstimmen, kann die Himmelsknigin bisher nicht eindeutig identifiziert werden. Die weite Verbreitung des Titels unterstreicht aber, dass auch lokal verehrte Gttinnen himmlische Kompetenzen erwerben konnten und sich die Vorstellung einer Himmelsknigin im 1. Jt. v. Chr. in der Levante und in gypten groer Beliebtheit erfreute.

    4. Aspekte jdischer und christlicher Rezeption Das Bild der Himmelknigin im Sternenkranz wird in der in den 90er-Jahren des 1. Jh.s entstandenen Johannes-Apokalypse aufgenommen. In Apk 12,1 erscheint eine sternenbekrnzte, mit der Sonne bekleidete Frau, die hochschwanger auf dem Mond steht; sie wird von einem Drachen bedroht, kann ihren Sohn aber zur Welt bringen und dann in die Wste fliehen, whrend das Kind bei Gott geborgen ist. Der Drache wird von den himmlischen Heerscharen auf die Erde geworfen, wo er die weiteren Nachkommen der Frau drangsaliert (Apk 12,17). Traditionsgeschichtlich ist das Motiv der gebrenden Frauengestalt mit alttestamentlichen Ankndigungen eines Messias verbunden (vgl. Jes 7,14; Jes 9,5-6; Jes 66,5-8; Lk 1,31-33), erzhlt wird es als christlicher Mythos, der Elemente hellenistischer Isis-Mythen aufnimmt (Schreiber 2007, 441.455). Diese apokalyptischen Bilder spiegeln die Situation jdischer Christusglubiger in Gemeinden Kleinasiens unter rmischer Vorherrschaft.

    In der christlichen Rezeption von Apk 12,1 spterer Jahrhunderte wurde Maria als Himmelsknigin verehrt. Bischof Epiphanius von Salamis auf Zypern (4. Jh. n. Chr.) kritisiert Frauen in Thrakien, Skythien und der Arabia fr die Verehrung Marias als Gttin mit kuchenartigen Opfergaben (; Epiphanius, Panarion, Adversus Haereses 74). Der syrische Kirchenvater Isaak von Antiochien (5. Jh. n. Chr.; opera omnia I, 210, 244-247) identifiziert die biblische Himmelsknigin mit der arabischen Gttin Al-Uzza und der syrischen Gttin Kaukatba der Stern (wohl Venus). Die zuletzt genannte Vorstellung spiegelt auch das Targum zum Jeremiabuch, das den Titel in Jer 7,18 mit Stern des Himmels bersetzt.

  • Abb. 6 Maria als Regina caeli mit dem Mond zu ihren Fen Apk 12,1 (Klner Dom; 19. Jh.). In der Enzyklika des Papstes Pius XII. wird Maria zwar deutlich ihrem Sohn untergeordnet und nicht als Gttin bezeichnet. Ihr offizieller Titel Regina caeli aber erinnert an die Vorstellung der antiken Gttinnen. Ikonographisch begegnet die Himmelsknigin wieder in der Barockzeit (1575-1770) in Darstellungen Marias mit dem Sternen- oder Strahlenkranz (Keel / Schroer 2004, 266-273 mit Abb.9).

    Literaturverzeichnis Literatur-Recherche Bibelwissenschaftliche Literaturdokumentation Innsbruck

    Literatur-Recherche Biblische Bibliographie Lausanne

    1. Lexikonartikel Reallexikon fr Antike und Christentum, Stuttgart 1950ff. Biblisch-historisches Handwrterbuch, Gttingen 1962-1979 Lexikon der gyptologie, Wiesbaden 1975-1992 Neues Bibel-Lexikon, Zrich u.a. 1991-2001 The Anchor Bible Dictionary, New York 1992 Dictionary of Deities and Demons in the Bible, 2. Aufl., Leiden 1999 Eerdmans Dictionary of the Bible, Grand Rapids 2000 Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003

    2. Weitere Literatur Ackerman, S., 1992, Under Every Green Tree. Popular Religion in Sixth-

    Century Judah (HSM 46), Atlanta Delcor, M., 1982, Le culte de la Reine du Ciel selon Jer 7,18; 44,17-19,25 et

    ses survivances. Aspects de la religion populaire fminine aux alentours de lExil en Juda et dans les communauts juives dEgypte, in: W.C. Delsman u.a.

  • (Hgg.), Von Kanaan bis Kerala (FS J.P.M. van der Ploeg; AOAT 211), Neukirchen-Vluyn, 101-122

    Frevel, C., 1995, Aschera und der Ausschlielichkeitsanspruch YHWHs. Beitrge zu literarischen, religionsgeschichtlichen und ikonographischen Aspekten der Ascheradiskussion (BBB 94/1-2), Weinheim

    Jost, R., 1995, Frauen, Mnner und die Himmelsknigin. Exegetische Studien, Gtersloh

    Keel, O., 1998, Goddesses and Trees, New Moon and Yahweh. Ancient Near Eastern Art and the Hebrew Bible (JSOT.S 261), Sheffield

    Keel O. / Schroer, S., 2004, Eva Mutter alles Lebendigen. Frauen- und Gttinnenidole aus dem Alten Orient, Freiburg (Schweiz)

    Keel, O. / Uehlinger, C., 2001, Gttinnen, Gtter und Gottessymbole. Neue Erkenntnisse zur Religionsgeschichte Kanaans und Israels aufgrund bislang unerschlossener ikonographischer Quellen (QD 134), 5. Aufl., Freiburg u.a.

    Koch, K., 1988, Aschera als Himmelsknigin in Jerusalem, UF 20, 97-120 Milik, J.T., 1967, Les papyrus aramens dHermoupolis et les cultes syro-

    phniciens en gypte perse, Biblica 48, 546-622 Olyan, S.M., 1987, Some Observations Concerning the Identity of the Queen

    of Heaven, UF 19, 161-174 Rast, W.E., 1977, Cakes For the Queen of Heaven, in: A.L. Merill / T.W.

    Overholt (Hgg.), Scripture in History and Theology (FS C. Rylaarsdam), Pittsburgh, 167-180

    Schreiber, S., 2007, Die Sternenfrau und ihre Kinder (Offb 12). Zur Wiederentdeckung eines Mythos, New Testament Studies 53, 436-457

    Tallqvist, K., 1938, Akkadische Gtterepitheta. Mit einem Gtterverzeichnis und einer Liste der prdikativen Elemente der sumerischen Gtternamen, Helsinki 1938

    Weinfeld, M., 1972, The Worship of Molech and of the Queen of Heaven and its Background, UF 4, 133-154

    Winter, U., 1983, Frau und Gttin. Exegetische und ikonographische Studien zum weiblichen Gottesbild im Alten Israel und in dessen Umwelt (OBO 53), Freiburg (Schweiz) / Gttingen

    Abbildungsverzeichnis Abb. 1 Gebckform mit nackter Gttin auf dem Bett; Mari, Palast Zimrilims,

    Raum 77; 18. Jh. v. Chr.; aus: Winter 1983, Abb. 519 ( Stiftung BIBEL+ORIENT, Freiburg / Schweiz)

    Abb. 2 Pressmodel mit nackter Frau und Brot; Taanach; 10. Jh. v. Chr.; aus: Winter 1983, Abb. 63 ( Stiftung BIBEL+ORIENT, Freiburg / Schweiz)

    Abb. 3 Teigstempel mit Frauengesicht; Ramat Rachel; Stratum V, Ende 8.-7.Jh. v. Chr.; aus: Keel / Uehlinger 2001, Abb. 332 ( Stiftung BIBEL+ORIENT, Freiburg / Schweiz)

    Abb. 4 Die kriegerische Ischtar auf dem Lwen, neuassyrisches Rollsiegel; 8. Jh. v. Chr. ( Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart)

    Abb. 5 Rucherszene vor Ischtar mit Strahlenkranz; neuassyrisches Rollsiegel aus Sichem; 8./7. Jh. v. Chr.; aus: Keel / Uehlinger 2001, Abb. 287 ( Stiftung BIBEL+ORIENT, Freiburg / Schweiz)

    Abb. 6 Maria als Regina caeli mit dem Mond zu ihren Fen Apk 12,1; Klner Dom, 19. Jh.; ( public domain; Foto: Klaus Koenen, 2011)