Astrophysik II - usm.lmu.de · Vorhersage des Hoyle-Zustands in Kohlenstoff • Nach dem Krieg:...
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Astrophysik IISchwerpunkt: Galaxien und Kosmologie
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Bachelor Physik mit (Nebenfach) Astronomie Wintersemester 2017/18
Dr. Benjamin Moster
Vorlesung 10: Das frühe Universum
Die Temperaturentwicklung des Universums
2 Astrophysik II (Bachelor)
• Wie ändert sich die Temperatur des Universums?
• Welche Temperatur ist gemeint? Gas? Sterne? ➙ Strahlung!
• Für relativistische Bosonen- und Fermionengase: P = u / 3 = E / 3V
• Damit ergibt sich aus dem ersten Gesetz der Thermodynamik in Abwesenheit von Wärmetransfer: dE = -PdV = 3d(PV) ➙ P ~ V-4/3
• Für relativistisches Gas gilt P ~ T4 ➙ T ~ V-1/3 ~ a-1
• Die Temperatur der Photonen nimmt also mit 1/a ab!
• Die Temperatur der Hintergrundstrahlung war höher im frühen Universum (bei a = 1/1000 ➙ T = 3000K)
• Gilt unabhängig davon, wie a von t abhängt
• Für a ➙ 0 geht T ➙ ∞. Daher spricht man von einem heißen Urknall (hot big bang).
10.01.2018
Berühmte Astronomen: Fred Hoyle
3 Astrophysik II (Bachelor)
• 24. 06.1915 (Yorkshire) - 20.08.2001 (Bournemouth) Vater war Wollhändler, Mutter war Musikerin
• Studierte Mathematik am Emmanuel College (CB)
• Arbeitete ab 1940 am britischen Radarprojekt mit Hermann Bondi - mehere Besuche am Caltech
• 1953 Veröffentlichung der Arbeit zu Nukleosynthese Vorhersage des Hoyle-Zustands in Kohlenstoff
• Nach dem Krieg: Lecturer am St. Johns College Ab 1958 Plumian Professor - 1967 Gründung Institute of Astronomy 1973 Kündigung in Cambridge und anschließende Isolation
• Wurde beim Nobelpreis 1983 übergangen (ging an Fowler), obwohl die grundlegende Theorie von ihm kam.
• Trotz vieler bahnbrechender Arbeiten auch viele Kontroversen
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Berühmte Astronomen: Fred Hoyle
4 Astrophysik II (Bachelor)
• Glaubte nicht an den Urknall (Anfang des Universums sei Pseudowissenschaft, die an Argumente für Schöpfer erinnert)
• Entwickelte Theorie für Steady State Universe in dem Galaxien sich zwar von sich weg bewegen, aber dazwischen immer neue entstehen
• Benutzte als erster den Begriff Big Bang, allerdings abfällig gegenüber Gamow in einem BBC Interview: “The reason why scientists like the "big bang" is because they are overshadowed by the Book of Genesis.”
• Darüber auch Fehde mit Martin Ryle am Cavendish in Cambridge
• Andere Kontroversen: Leben entstand im Weltraum, Evolution wird beeinflusst durch Viren die durch Kometen auf die Erde kommen, Grippewellen korrelieren mit Sonnenfleckenzyklen, Archeopterix war eine menschengemachte Fälschung, Interpretation von Stonehenge
• Sehr guter Science-Fiction Autor: zB The Black Cloud, A for Andromeda
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Form des frühen Universums
5 Astrophysik II (Bachelor)
• Im frühen Universum war die Temperatur so hoch, dass die typische Photonen-Energie höher war, als die Ionisations-Energie des H-Atoms
• Baryonische Materie war daher in der Form eines Plasmas
• Im Plasma kommen freie Elektronen häufig vor
• Photonen interagieren mit Plasma hauptsächlich durch Streuung mit freien Elektronen (Thomson Streuung)
• Durch die häufigen Interaktionen ist das Spektrum des Universums daseines Schwarzen Körpers
• Spektrum entstand im frühen Universum und wurde dann immerweiter Rotverschoben, bis heute T = 2.725 K
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Entwicklung des frühen Universums
6 Astrophysik II (Bachelor)
• Heute sind Quarks in Hadronen gebunden
• Im frühen Universum bei T ~ 1012 K existieren Quarks als freie Teilchen
• Als die typische Energie der Interaktionen bei 200 MeV lag wurden Quarks in Hadronen gebunden ➙ Quark-Hadronen-Phasenübergang
• Die Einzigen langlebigen Hadronen sind Protonen und Neutronen
• Proton ist sehr stabil (Wasserstoff im Universum), t1/2 > 1033 yr
• Neutron ist instabil in Isolation (615 s): Im frühen Universum ist das aber eine lange Zeit
• Energie wird zu niedrig um Protonen-Antiprotonen-Paare zu erzeugen➙ Nur Annihilation - Materie-Antimaterie-Asymmetrie
• Das Verhältnis von Photonen zu Baryonen heute (109) gibt Auskunft über das Ungleichgewicht: Von 109 Paaren blieb 1 Proton übrig
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n ! p+ e� + ⌫̄e
Entwicklung des frühen Universums
7 Astrophysik II (Bachelor)
• Mögliche Reaktionen waren dann nur noch und
• Hohe Anzahl von Neutrinos und Antineutrinos mit gleicher Temperatur
• Ruhemasse von Neutron ist 1.29 MeV höher als Proton
• Bei Energie die deutlich größer ist ➙ np = nn
• Bei t = 0.1s ist die typische Energie 3 MeV und nn/np = 0.65
• Bei t = 0.7s laufen die Reaktionen nur noch von rechts nach links
• Letzter Zeitpunkt zu dem Neutrinos mit anderen Teilchen interagieren ➙ Neutrinos entkoppeln und wandern ungehindert durchs Universum
• Bei t = 1s ist die Energie 1 MeV (benötigt für die Entstehung von Elektron-Positron-Paaren) ➙ Annihilation der Paare
• Proton-Neutron-Reaktionen brechen komplett ab ➙ nn/np = 0.22
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⌫̄e + p ⌦ n+ e+ ⌫e + n ⌦ p+ e�
Entwicklung des frühen Universums
8 Astrophysik II (Bachelor)
• Ab t = 1s können Protonen und Neutronen Kerne bilden ➙ Primordiale Nukleosynthese
• Da die Temperatur schnell fällt müssen die Reaktionen schnell gehen
• Erste Reaktion ist Fusion von Proton und Neutron zu Deuteriumkern Ab ~3 min nur noch von links nach rechts
• Sobald Deuteriumkerne häufig vorhanden sind kann sich Helium bilden
• Zuerst bildet sich das Wasserstoffisotop Tritium durch und durch
• Dann können Tritiumkerne zu Helium-4 reagieren durch und durch
• Alternativ kann Deuterium erst Helium-3 produzieren, dann Helium-4
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p+ n ⌦ 21H+ �
21H+ n ! 3
1H+ � 21H+ 2
1H ! 31H+ p
31H+ 2
1H ! 42He + n 3
1H+ p ! 42He + �
21H+ 2
1H ! 32He + n 2
1H+ p ! 32He + �
32He + n ! 4
2He + � 32He + 2
1H ! 42He + p
Entwicklung des frühen Universums
9 Astrophysik II (Bachelor)
• Hauptprodukt der primordialen Nukleosynthese is Helium-4
• Schwerere Kerne werden nicht in großen Mengen produziert
• Für die Fusion schwerer Kerne sind hohen Energien nötigDeuteriumkerne werden aber bei hohen Temperaturen zerstört Nukleosynthese erst bei niedrigen Temperaturen (geringe Fusionsrate)
• Es gibt keine stabilen Kerne mit Massenzahl 5 und 8 Helium-4 kann nicht mit Protonen oder Neutronen reagieren Nur mit Tritium oder Helium-3
• Lithium kann mit Proton reagieren, aber Zerfall in 2 Heliumkerne
• Lithium wird nur in sehr geringen Mengen produziert (10-9)
• Nach 1000s (17 min) ist die Temperatur so weit gefallen, dass diese Reaktionen abbrechen.
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42He + 3
1H ! 73Li + � 4
2He +32He + e� ! 7
3Li + ⌫e
73Li + p ! 4
2He +42He
Entwicklung des frühen Universums
10 Astrophysik II (Bachelor)
• Wie viel Helium wurde in den ersten Minuten erzeugt?
• Nach 0.7s ist nn/np = 0.22, danach beta-Zerfall bis Deuterium stabil ist Für 100 Neutronen gibt es dann 455 Protonen
• Nach 225s ist Deuterium stabil. Durch beta-Zerfall sind nur noch 78% der Neutronen übrig (Nn = 78). Anzahl der Protonen nimmt um 22 zu (Np = 477). Damit ist nn/np = 78/477 = 0.164
• Was ist der Massenanteil in Helium-4 (Y)? Vernachlässige Lithium…
• wobei mHe = 4mH
• Da in jedem Heliumkern 2 Neutronen stecken ist NHe = Nn/2und damit NH = Np - 2NHe = Np - Nn
• Damit ist der Massenanteil
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Y =NHemHe
NHmH +NHemHe=
4NHe
NH + 4NHe
Y =2Nn
Nn +Np= 2/[1 + (Np/Nn)] = 2/[1 + (np/nn)] ⇡ 0.25
Entwicklung des frühen Universums
11 Astrophysik II (Bachelor)
• Andere stabile Kerne sind Deuterium, Helium-3 und Lithium-7
• Die Häufigkeit hängt stark von der Baryonendichte ab, d.h. von der Anzahl der verfügbaren Protonen und Neutronen(Reaktionsgeschwindigkeiten hängen davon ab)
• Häufigkeiten können berechnet werden in Abhängigkeit von Ωb
• Häufigkeit von Helium-4 hängt nicht stark von Ωb ab
• Häufigkeiten von Helium-3 undLithium-7 hängen sehr stark von Ωb ab
• Messe Häufigkeiten / korrigierefür stellare Nukleosynthese
• Indikator für Ωb < 0.05
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Rekombination
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• Nach der primordialen Nukleosynthese (T<108K) expandiert und kühlt das Universum für mehrere hunderttausend Jahre
• Photonen und Elektronen interagierten und tauschten Energie aus
• Elektronen kollidierten mit Kernen und tauschten Energie aus
• Thermisches Gleichgewicht zwischen Strahlung, Elektronen und Kernen
• Nach 10,000 Jahren beginnt die Materie-dominierte Zeit
• Wenn Proton ein Elektron einfängt (Rekombination) wird ein Photon mit 13.6 eV emittiert
• Wenn die typische Energie höher als 13.6 eV ist, löst sich das Atom sehr bald wieder in Proton und Elektron auf
• Als die Temperatur weiter abfiel (4500K) wurden Interaktionen zwischen freien Elektronen und Photonen immer seltener
• Nach ca. 400,000 Jahren (3000K): keine freien Elektronen mehr Photonen wandern ungehindert, Universum wird transparent
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p+ e� ⌦ (11H)neutral + �
Die Kosmische Hintergrundstrahlung
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• Kein weiterer Energieaustausch zwischen Photonen und BaryonenTemperatur entwickelt sich unterschiedlich
• In jeder Himmelsrichtung sehen wir die Photonen als das Universum transparent wurde (davor wurden Photonen noch gestreut)
• Diese Kugeloberfläche nennt man ‘Oberfläche der letzten Streuung” bzw. last scattering surface
• Bedeutet natürlich nicht, dass wir im Zentrum des Universums sind
• Jeder Beobachter sieht seinen eigenen last scattering surface
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Die Kosmische Hintergrundstrahlung
14 Astrophysik II (Bachelor)
• Die Rekombination passiert bei z ~ 1100
• Hintergrundstrahlung hat Schwarzkörperspektrum mit T = 2.725 K
• Strahlung ist uniform in jeder Richtung
• Hintergrundstrahlung wurde 1965 von Penzias & Wilson entdecktals Rauschen bei der Beobachtung einer RadioquelleReinigung half nicht, Elektronik war ok, keine Risse in der Antenne… Konnten Spektrum noch nicht bestimmen
• Robert Dicke hatte die theoretische Idee dazu schon gehabt und war dabei einen speziellen Detektor zu bauen
• Treffen zwischen Penzias & Wilson und Dicke brachte Theorie und Beobachtung zusammen (Dicke: “well boys, we've been scooped”).
• Nach der Publikation zweier Veröffentlichungen erhielt Dicke einen Brief von George Gamow, der alles schon 17(!) Jahre davor vorhergesagt hatte
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Beobachtungen der Hintergrundstrahlung
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• Hintergrundstrahlung wurde seither mehrmals vermessen
• In den 70ern und 80ern: Ballon-Experimente
• 1989: Cosmic Background Explorer (COBE) Satellite (Nobelpreis) Spektrum ist bester Schwarzkörper der je gemessen wurde
• Sehr uniform in jeder Richtung: Abweichungen erst ab 10-3
• Weitere Ballon-Experiment in den 90ern (zB BOOMERanG)
• Satelliten WMAP und Planck haben Hintergrundstrahlung sehr genau vermessen
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