Aufbau einer Waage mit Dehnungsmessstreifen (E24) · 3 aufgeklebten DMS zur Verfügung. Am freien...

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Aufbau einer Waage mit Dehnungsmessstreifen (E24) Ziel des Versuches Mit Hilfe von Sensoren können nichtelektrische Größen elektrisch gemes- sen werden. Im Versuch werden Dehnungsmessstreifen (DMS) genutzt, um Kräfte zu messen. Es wird eine elektrische Waage aus Biegebalken, Deh- nungsmessstreifen und einer Brückenschaltung zur Messung sehr kleiner Spannungsänderungen aufgebaut und kalibriert. Anschließend wird das Ge- wicht eines Probekörpers gemessen und die Widerstandsänderung der DMS in Abhängigkeit von der Belastung ermittelt. Theoretischer Hintergrund Dehnungsmessstreifen (DMS) In der elektronischen Wägetechnik werden Dehnungsmessstreifen (DMS) als Sensoren eingesetzt. Für den ohmschen Widerstand eines Drahtes gilt R = ρl/A. Dehnt oder staucht man den Draht (im Gültigkeitsbereich des ρ = spezifischer Widerstand l = Länge A = Querschnittsfläche hookschen Gesetzes) so ändert sich nicht nur dessen Länge sondern auch der Querschnitt. Es sei e l = l + Δl = l(1 + ε) die Länge des gedehnten oder gestauchten Drahtes mit ε = Δl/l als relative Längenänderung. Da das Volumen des Drahtes konstant bleibt, ergibt sich für die bei Dehnung oder Stauchung veränderte Querschnittsfläche e A = A/(1 + ε). Für den Wider- stand des gedehnten oder gestauchten Drahtes folgt e R = ρ e l e A =(1 + ε) 2 ρ l A = R + ΔR . (1) Bei Vernachlässigung des quadratischen Terms ergibt sich für die durch Deh- nung oder Stauchung bedingte Widerstandsänderung ΔR 2εR = 2 Δl l R . (2) Das Verhältnis zwischen relativer Widerstandsänderung und relativer Län- genänderung wird auch als k-Faktor bezeichnet. Dieser k-Faktor hat etwa den Wert zwei. Damit ist eine direkte Umrechnung einer gemessenen Wider- Bei DMS aus anderen Materialien, z. B. Halbleitern, kann der k-Faktor andere Werte haben. standsänderung in eine Längenänderung möglich. Um gut messbare Wider- standsänderungen zu erhalten, sollte der zu dehnende Draht eine möglichst große Länge und einen möglichst kleinen Querschnitt haben. In der Praxis wird eine dünne Leiterbahn mäanderförmig auf ein Substrat aufgebracht, um eine ausreichende Drahtlänge auf einer kleinen Fläche zu realisieren. Ein ty- pischer DMS-Sensor mit einem Widerstandswert von 120 Ω ist in Abb. 1 gezeigt.

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Aufbau einer Waage mit Dehnungsmessstreifen (E24)

Ziel des Versuches

Mit Hilfe von Sensoren können nichtelektrische Größen elektrisch gemes-sen werden. Im Versuch werden Dehnungsmessstreifen (DMS) genutzt, umKräfte zu messen. Es wird eine elektrische Waage aus Biegebalken, Deh-nungsmessstreifen und einer Brückenschaltung zur Messung sehr kleinerSpannungsänderungen aufgebaut und kalibriert. Anschließend wird das Ge-wicht eines Probekörpers gemessen und die Widerstandsänderung der DMSin Abhängigkeit von der Belastung ermittelt.

Theoretischer Hintergrund

Dehnungsmessstreifen (DMS)

In der elektronischen Wägetechnik werden Dehnungsmessstreifen (DMS)als Sensoren eingesetzt. Für den ohmschen Widerstand eines Drahtes giltR = ρl/A. Dehnt oder staucht man den Draht (im Gültigkeitsbereich des ρ = spezifischer Widerstand

l = LängeA = Querschnittsflächehookschen Gesetzes) so ändert sich nicht nur dessen Länge sondern auch

der Querschnitt. Es sei l = l + ∆l = l(1 + ε) die Länge des gedehntenoder gestauchten Drahtes mit ε = ∆l/l als relative Längenänderung. Da dasVolumen des Drahtes konstant bleibt, ergibt sich für die bei Dehnung oderStauchung veränderte Querschnittsfläche A = A/(1 + ε). Für den Wider-stand des gedehnten oder gestauchten Drahtes folgt

R = ρl

A= (1 + ε)2ρ

lA= R + ∆R . (1)

Bei Vernachlässigung des quadratischen Terms ergibt sich für die durch Deh-nung oder Stauchung bedingte Widerstandsänderung

∆R ≈ 2εR = 2∆ll

R . (2)

Das Verhältnis zwischen relativer Widerstandsänderung und relativer Län-genänderung wird auch als k-Faktor bezeichnet. Dieser k-Faktor hat etwaden Wert zwei. Damit ist eine direkte Umrechnung einer gemessenen Wider- Bei DMS aus anderen Materialien, z. B.

Halbleitern, kann der k-Faktor andere Wertehaben.

standsänderung in eine Längenänderung möglich. Um gut messbare Wider-standsänderungen zu erhalten, sollte der zu dehnende Draht eine möglichstgroße Länge und einen möglichst kleinen Querschnitt haben. In der Praxiswird eine dünne Leiterbahn mäanderförmig auf ein Substrat aufgebracht, umeine ausreichende Drahtlänge auf einer kleinen Fläche zu realisieren. Ein ty-pischer DMS-Sensor mit einem Widerstandswert von 120 Ω ist in Abb. 1gezeigt.

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Die Idee der Kraftmessung über die Widerstandsänderung eines Drahtesstammt von Lord Kelvin (1856).

Abbildung 1: Dehnungsmessstreifen, äuße-re Abmessungen etwa 5 mm x 13 mm

Patentiert wurde die DMS-Technik von Simmons (1942) und Ruge (1944)in den USA. Mit Hilfe von DMS wird z. B. auch die Ausdehnung von Brücken-aufliegern infolge von Temperaturschwankungen überwacht. Damit die da-bei auftretenden temperaturbedingten Widerstandsänderungen kompensiertwerden können, werden mindestens zwei DMS verwendet, die senkrecht zu-einander auf das zu untersuchende Teil aufgeklebt sind. Die Widerstands-werte beider DMS verändern sich gleichermaßen mit der Temperatur und derWiderstandswert eines DMS zusätzlich durch Dehnung oder Stauchung. ZurAuswertung der zu untersuchenden Widerstandsänderung wird eine Brücken-schaltung verwendet.

Im Versuch wird ein einseitig eingespannter Biegebalken genutzt, derschematisch in Abb. 2 dargestellt ist, um die Waage zu realisieren. Wird derBalken mit der Kraft F nach unten gebogen, so wird dessen Oberseite ge-dehnt und die Unterseite gestaucht. Auf beiden Seiten sind DMS angebracht.Damit vergrößert bzw. verkleinert sich der Widerstand des auf der Oberseitebzw. Unterseite angebrachten DMS bei Durchbiegung proportional zur amBalken angreifenden Kraft.

Abbildung 2: Biegebalken zur Kraftmes-sung

Brückenschaltung

Mit der Brückenschaltung können kleine Widerstandsänderungen gut beob-achtet werden. In Abb. 3 ist eine Halbbrücke gezeigt, bei der sich im linkenBrückenzweig sowohl der obere, gedehnte DMS (R + ∆R) als auch der un-tere, gestauchte DMS (R − ∆R) und im rechten Brückenzweig zwei Festwi-derstände mit dem Widerstandswert R befinden.

Abbildung 3: Schaltung einer Halbbrücke

Offensichtlich fließen in beiden Brückenzweigen dann zu jeder Zeit iden-tische Teilströme IT = U0/2R. Damit beträgt die Potentialdifferenz UAB

zwischen den Punkten A und B der Halbbrücke UAB = IT(R+∆R)− ITR =

IT∆R = U0∆R/2R .Die Empfindlichkeit kann verdoppelt werden, wenn eine Vollbrücke auf-

baut wird. Bei der Vollbrücke befinden sich in jedem Brückenzweig jeweilsein gedehnter und ein gestauchter DMS. Bei dem im Versuch verwendetenBiegebalken sind deshalb sowohl auf der Oberseite als auch auf der Unter-seite jeweils zwei DMS aufgeklebt.

Versuchsaufbau und -durchführung

Aufbau und Kalibrierung der Waage

Zum Aufbau der Waage stehen Ihnen der in einem Stativhalter einseitig ein-gespannte Biegebalken mit jeweils zwei auf der Ober- und der Unterseite

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aufgeklebten DMS zur Verfügung. Am freien Ende des Biegebalkens ist ei-ne Waagschale befestigt.

Abbildung 4: Vollbrücke mit vier DMS undOffsetkompensation

Zum Aufbau der Vollbrücke stehen Ihnen ein Steckbrett, entsprechendeVerbinder, ein 10 Ω- und ein 11 Ω-Festwiderstand, ein Spannungskonstan-ter sowie ein 1 kΩ- und ein 10 kΩ-Potentiometer zur Verfügung. Die Schal-tung der Vollbrücke ist in Abb. 4 gezeigt. Mit den zusätzlichen Widerständenim linken Brückenzweig kann der Offset, der durch die Eigengewichte desBiegebalkens und der Waagschale entsteht, ausgeglichen werden. Die Paral-lelschaltung des 11 Ω-Widerstands mit beiden Potentiometern gestattet eineFeineinstellung dieser Widerstandskombination im mΩ-Bereich, wie es inAbb. 5 dargestellt ist. Genau einstellen kann man natürlich nur im flachenBereich der Kurve.

Die Betriebsspannung U0 der Brückenschaltung wird einem Spannungs-konstanter entnommen und sollte zwischen +4 . . . 5 V liegen. Durch die rela-tiv kleinen Widerstandswerte entsteht bereits bei dieser Spannung eine nichtzu vernachlässigende joulsche Wärme, sodass eine gewisse Zeit nötig ist,bis sich ein Gleichgewicht zwischen Erwärmung und Wärmeabgabe der Wi-derstände einstellt. Da die Widerstandswerte temperaturabhängig sind, soll-te auch direkte Sonneneinstrahlung auf die Brückenwiderstände vermiedenwerden.

Da die mit der Brücke zu messende Potentialdifferenz im µV-Bereichliegt, sind für die Verbindung der Punkte A bzw. B der Brücke mit dem4,5-stelligen µV-Multimeter zwei abgeschirmte Koaxialkabel zu verwenden.Die Abschirmung der Kabel muss mit der Masse, hier Minuspol, der Betrieb-spannung der Brückenschaltung und diese wiederum mit der Erdungsbuchsedes Spannungskonstanters verbunden werden.

0 2000 4000 6000 Ohm 100009,5

9,6

9,7

9,8

Ohm

10,0

10 k Poti −→

Rge

sam

t−→

Abbildung 5: Gesamtwiderstand derParallelschaltung zur Offset-Kompensationin Abhängigkeit vom Widerstandswert des10 kΩ-Potentiometers (Widerstandswertdes 1 kΩ-Potentiomters hier 110 Ω)

Nach sorgfältiger Offsetkompensation der Brücke erfolgt die Kalibrierungder Waage mit Massestücken aus einem Wägesatz im Bereich von 1 bis 20 g(in etwa 1 g-Schritten) sowie mit 50 g und 100 g. Die Massestücke sind dabeivorsichtig mit der Pinzette auf die Waagschale zu legen. Überlegen Sie sich eine sinnvolle Position

für Ihr Massestück

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Aufgabenstellung

1. Bauen Sie eine Vollbrücke mit den vier DMS auf und korrigieren Siesorgfältig den Offset (Betriebsspannung U0 = +4 . . . 5 V)

2. Kalibrieren Sie die Waage mit Massestücken aus dem Wägesatz im Be-reich von 1 g bis 20 g in 1 g-Schritten sowie für 50 g und 100 g und ferti-gen Sie bereits während des Versuchs eine Kalibrierungskurve auf Milli-meterpapier an.

3. Bestimmen Sie die Masse von 5 Probekörpern mit Ihrer Waage.

4. Bestimmen Sie die Dichte des Aluminiumquaders.

5. Tragen Sie die Widerstandsänderung ∆R der DMS in Abhängigkeit vonder Belastung F auf. Der ohmsche Widerstand eines DMS beträgt im un-belasteten Fall 120 Ohm.

Hinweise

• Kontrollieren Sie öfter, auch zwischen verschiedenen Messserien, denNullpunkt der Waage. Ein stabiler Nullpunkt stellt sich erst ein, wenn einTemperaturgleichgewicht erreicht ist. Sonneneinstrahlung und Berührungvermeiden.

• Messwerte kleiner 10 µV sind aufgrund der vorhandenen Spannungsschwan-kungen zu ungenau. Bei Massen über 200 g ist die Durchbiegung zu groß.

• Man kann die Betriebsspannung U0 der Brückenschaltung auch so wäh-len, dass bei einer Belastung von 100 g die an der Brücke gemessene Po-tentialdifferenz 981 µV beträgt.