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Page 1: Auftrag April 1992 Heft 201...Auftrag 201 3 BESINNLICHES Die Gläubigen vereint im Aufbau des Friedens Botschaft von Papst Johannes Pauill. zur Feier des 25. Weltfriedenstages am 1.

Auftrag April 1992 Heft 201 32 Jahrgang

INHALT

BESINNLICHES Die Glaumlubigen vereint im Aufbau des Friedens (Johannes Paulll) 3 Gottes Wort als Krattquelle 10 Das geistliche Wort (Walter Theis) 11 BibelmiddotWeg im April (Efisabeth Ensse) bull 13 Die WOrde des Menschen ist unantastbar 15 Sein Wort - Gottes Wort (Helmut Fettweisj 17 Heilige Messe Zauberei und Humbug (Heribert Lemberger) 21 Stand der Beratungen zum Schutz des ungeborenen Kindes 24 Woche fOr das leben 1992 24 Kirchentraumlume junger Menschen 25 Der Christ zwischen Angst und Vertrauen (Johannes Cofalka) 26 Gottes ungeduldige Toumlchter bull bull 39 Uumlber Bildung und Religion (Hans Bahrs) 43

EUROPA Europa hat Geschichte 45 Europa - zu seinen geistigen und ethischen Grundlagen (Hans Buchheim) 49 Ergebnisse und Schluszligfolgerungen des EuropamiddotStudientages 63 Die Volksgruppen in einem vereinten Europa 65 Festung Europa (Hans Joachim Hofmann) 74 Migration in Europa (Peter Koumlppinger) 78 Zur Festigung des Friedens beitragen 90 Pax Europaea (Johannes Dyba) 92 Neuevangelisierung Europas bull 93 Offenheit Verstaumlndn is Dialog und Kooperation (Mill Majerus) 96

KIRCHE UND STAAT Zur lage der katholischen Militaumlrseelsorge 106 Unabhaumlngigkeit ist garantiert (Heribert Lemberger) 107 Immer ein offenes Ohr tor die Menschen 108 Vom schwierigen Umgang mit der Vergangenheit (Ufrich Kluge) 110 Beitrag der Konferenz der OlC zur Synode der europaumlischen Bischoumlfe in Rom Dezember 1991 (JOrgen Bringmann) 115 Erklaumlrung von Rom zum Internationalen Jahr der Familie 1994 (Jorgen Bringmann) 117

GESELLSCHAFT NAH UND FERN Diese TrOmmer haben Zukunft (P Roger Gerhardy OSA) 119 Christen in Staaten unter islamischer Vorherrschaft (Wilhelm Lehmktimper) 121 Bischoflehmann groszligt Muslime zum Ende des Ramadan 129 Die Demokratisierung in der CSFR-Armee (Joachim Georg GOumlrlich) 130 Polens Armee Wenn der Saulus zum Paulus wird (Joachim Georg Goumlrlich) 131 Sicherung des Friedens vordringlich (Marlene BeyeI) 132 Ein Italiener kontrolliert die Verteilung der Hilfsgoter(Anja Iven) 134 Der wahre Wert des Geldes (Wolfgang Trost) 137 Seniorenbeauftragter (Willy Trost) 140 Ei n alter Traum wird Wirklichkeit (Arthur Schopf) 143

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AUS GKS UND PGR Handreichung zum Jahresthema der GKS 1992 (Paul Brochhagen) 146 Europa bauen in der einen Welt Wir bauen mit (Rudolf Grulich) 147 Wehrbereich 11 - Verabschiedung Wehrbereichsdekan Dr Eduard Quiter 167 Ehrung fOr Oberst a D Fettweis 169 Festakademie Weltfriedenstag 9 Januar 1992 in Bonn 169

BegrOBungsansprache (Paul E Vosseler) 169 Festvortrag von Erzbischof Dr Lajos Kada Apostolischer Nuntius 172

Weltfriedoostag 1992 in Munster (Emil Kladiwa) 180 Tagung der Generalversammlung der Organisation International Catholic OJC in Rom vom 7 -14121991 (Ganter Thye) 184 GKSmiddotBereich See 190

Wochenende der Begegnung (Ganter Thye) bull 190 Bericht Ober ein Wochenende der Begegnungen in Nienhagen (Monika Henig) 193

Wallfahrt nach Santiago de Compostela (Walter Hatten) 195 Weihe eines BiSChofkoadjutors fOr den Militaumlrbischof von Oumlsterreich (Michael Haubi) 195 Katholisches Militaumlrbischofsamt beim KathOlikentag vertreten (Marlene BeyeI) 198

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sten - Dienst und Auftrag des Soldaten heute Da der diesjaumlhrishyge Katholikentag erstmals wieder gesamtdeutsch ist soll auch die Eingliederung der ehemaligen NVAmiddotSoldaten in die deutsche Bundeswehr nicht unerwaumlhnt bleishyben In einem Kleinforum Lust und Frust an der deutschen Einshyheit wird anhand von Erfahrungen aufgezeigt wie die Problematik des deutsch-deutschen Zusammiddot menwachsens aufgefangen wershyden koumlnnte

Die Katholische Militaumlrseelsorshyge veranstaltet ein Werkstattgeshyspraumlch mit dem Titel Kinder des kalten Kriegs - wo ist unsere Zushykunft Junge Soldaten aus westshy

und osteuropaumlischen Laumlndern taushyschen ihre Erfahrungen als christshylich orientierte Soldaten angeshysichts des Endes der Ost-Westshykonfrontation aus und suchen nach Modellen fOr eine europaumlishysche Friedensordnung

Im Themenkreis 111 Stadt der ofshyfenen Tore fuumlhrt das Katholische Militaumlrbischofsamt eine TalkshyShow zum Thema Versoumlhnung und Zusammenarbeit an einer geshymeinsamen Friedensordnung durch

Marlene Beyel (aus REPORT Informationen rund um den Katholikentag 292)

Zeter und Mordio Schreien hilh nicht wenn die Kirche in den Medien wieder einmal durch den Kakao gezogen wird Unletluumllzen Sie lieber die gemeinnuumltzige Arbeil des Katholis(hen Pressebundesi Wir sorgen dafuumlr daszlig die Stimme des Glaubens in den Medien nicht untergeht

I(h erbitte noumlhere Informnliunen

Knlholkiher Pressebund tV Adeoouerallee 134middot5300 Bunn 1

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BESINNLICHES

Die Glaumlubigen vereint im Aufbau des Friedens Botschaft von Papst Johannes Pauill zur Feier des 25 Weltfriedenstages am 1 Januar 1992

1 Am kommenden 1 Januar wird wie jedes Jahr der Weltfrieshydenstag begangen - zum 25 Mal seit seiner Einrichtung Und so ist es nur natuumlrlich daszlig sich anlaumlszligshylich dieses Jubilaumlums meine Geshydanken mit unveraumlnderter Bewunshyderung und Dankbarkeit der lie~

benswuumlrdigen Gestalt meines vershyehrten Vorgaumlngers Paul VI zuwenshyden der mit einer gluumlcklichen pashystoral-paumldagogischen Eingebung alle wahren Freunde des Frieshydens eingeladen hat sich zusamshymenzuschlieszligen um uumlber dieses wichtigste Gut der Menschheit nachzudenken

Aber ebenso natuumlrlich ist es wenn wir im Abstand eines Viertelshyjahrhunderts die Vergangenheit insgesamt wieder betrachten um eSIuseen ob das Po-negen des Fredens in der Welt tatsaumlchlich Fortschritte gemacht h~t oder nicht und ob die schmerzlichen Ershyeignisse der letzten Monate ~ von denen manche leider noch Im~er andauern - im Grunde den Ruckshy

zug dieses Anliegens angezeigt haben indem sie deutlich machshyten wie real die Gefahr ist daszlig sich die menschliche Vernunft von zerstoumlrerischen Egoismen oder eingefleischtem Haszlig beherrschen lasse Gleichzeitig hat die Tatsashyche daszlig sich neue Demokratien schrittweise durchzusetzten vershymochten ganzen Voumllkern wieder Hoffnung gegeben das Vertrauen in einen fruchtbaren internationashylen Dialog neu geweckt und die Aussichten auf eine ersehnte Ausshysoumlhnung und Befriedung eroumlffnet

In solcher Verflechtung von Licht und Schatten will diese Jahshyresbotschaft weder eine Bilanz noch ein Urteil sondern nur eine neuerliche bruumlderliche Auffordeshyrung sein uumlber das gegenwaumlrtige Geschehen der Menschheit nachshyzudenken um es in eine houmlhere sittlich-religioumlse Schau zu erheshyben an welcher sich zuallererst die Glaumlubigen inspirieren sollen Auf Grund ihres Glaubens sind sie ja - als einzelne und alle zusamshymen - dazu berufen Boten und Baumeister des Friedens zu sein wie die anderen und mehr als die anderen sind sie dazu aufgerufen mit Oemut und Ausdauer nach entshysprechenden Antworten zu suchen auf die Erwartungen von Sichershyheit und Freiheit soi~atitaumlt und gerechter Verteilung die 10 dieser gleichsam kleiner werdenden W~lt die Menschen vereinigen GeWIszlig

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der Einsatz fOr den Frieden betrifft jeden Menschen guten Willens und das ist der Grund warum die verschiedenen Botschaften jeshyweils an alle Mitglieder der Menschheitsfamilie gerichtet wurshyden Doch dringend auferlegt ist die Verpflichtung allen die sich zum Glauben an Gott bekennen und noch mehr den Christen die zu ihrem Fuumlhrer und Meister den Friedensfuumlrsten haben (Jes 95)

Sittliche und religioumlse Natur des Friedens

2 Das Streben nach Frieden ist der menschlichen Natur angeboshyren und findet sich in den verschieshydenen Religionen Es kommt zum Ausdruck in dem Wunsch nach Ordnung und Ruhe in der Haltung der Verfuumlgbarkeit gegenuumlber dem anderen in der auf gegenseitiger Achtung beruhenden Zusammenshyarbeit und Teilnahme Diese vom Naturgesetz empfohlenen und von den Religionen in Erinnerung gerushyfenen Worte erfordern zu ihrer Entshyfaltung die solidarische Mitwirshykung aller der Politiker der Leiter internationaler Organisationen der Unternehmer und der Arbeiter der Vereinigungen und Gruppen und der privaten Barger Es hanshydelt sich um eine ganz klare Pflicht fuumlr alle die sie um so mehr vershypflichtet wenn sie glaumlubig sind Denn den Frieden zu bezeugen tur ihn taumltig zu sein und zu beten ist einem kohaumlrenten religioumlsen Vershyhalten eigen

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Das erklaumlrt warum auch in den heiligen Buumlchern der verschiedeshynen Religionen der Bezug zum Frieden im Rahmen des Lebens des Menschen und seiner Bezieshyhung zu Gott einen wichtigen Platz einnimmt So zum Beispiel wenn fuumlr uns Christen Jesus Christus Sohn dessen der Plaumlne des Heils - d h des Friedens - und nicht des Unheils hat (Jer 29 11) unser Friede ist (Eph 2 14) fuumlr unsere jOdischen Bruumlder das Wort shalom Gluumlckwunsch und Segen in einem Zustand der Harmonie des Menschen mit sich selbst mit der Natur und mit Gott zum Ausshydruck bringt waumlhrend fOr die musshylimischen Glaumlubigen der Begriff salam so bedeutsam ist daszlig er einen der leuchtenden goumlttlichen Namen darstellt Man kann sagen religioumlses Leben muszlig wenn es authentisch gelebt wird Fruumlchte des Friedens und der Bruumlderlichshykeit hervorbringen denn es gehoumlrt zum Wesen der Religion eine imshymer engere Bindung zur Gottheit zu foumlrdern und eine immer solidarishyschere Beziehung der Menschen untereinander zu unterstuumltzen

Den Geist von Assisi wiederbeleben

3 Von dieser Uumlbereinstimmung hinsichtlich dieses Wertes Obershyzeugt habe ich mich vor fuumlnf Jahshyren an die Verantwortlichen der christlichen Kirchen und der groshyszligen Weltreligionen gewandt und sie zu einem besonderen Gebetsshy

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treffen tor den Frieden eingeladen das in Assisi abgehalten wurde Die Erinnerung an jenes bedeutenshyde Ereignis hat mir nahegelegt die Aufmerksamkeit auf das Thema der Solidaritaumlt der Glaumlubigen fOr eben dieses Anliegen zu lenken

In Assisi kamen aus den vershyschiedenen Kontinenten die geistshylichen Fuumlhrer der wichtigsten Relishygionen zusammen Das war ein konkretes Zeugnis fOr die univershysale Dimension des Friedens die Bestaumltigung daszlig der Friede nicht bloszlig das Ergebnis geschickter poshylitisch-diplomatischer Verhandlunshygen oder eigennuumltziger wirtschaftshylicher Kompromisse ist sondern wesentlich von dem abhaumlngt der das Herz der Menschen kennt und ihre Schritte ausrichtet und lenkt Als Menschen die um das Schickshysal der Menschheit besorgt sind haben wir gemeinsam in der Abshysicht gefastet auf diese Weise unshyser Verstaumlndnis und unsere Solishydaritaumlt mit den Millionen und Abershymillionen von Menschen zum Ausshydruck zu bringen die in der ganzen Welt Opfer des Hungers sind Als Glaumlubige denen die Geschehnisshyse der menschlichen Geschichte am Herzen liegen sind wir gemeinshysam zu Pilgern geworden indem wir schweigend uumlber unseren geshymeinsamen Ursprung und uumlber unshyser gemeinsames Schicksal Ober unsere Grenzen und Verantwortshylichkeiten uumlber die Hilferufe und Erwartungen so vieler Bruumlder und Schwestern nachdachten die unshysere Hilfe in ihrer Not erwarten

Was wir damals getan haben inshydem wir beteten und unser starkes Engagement fuumlr den Frieden auf Erden unter Beweis stellten muumlsshysen wir weiter und immer noch tun Wir muumlssen den unverfaumllschten Geist von Assisi nicht nur aus eishyner Verpflichtung zu Konsequenz und Treue aufrechterhalten sonshydern auch um den kuumlnftigen Geshynerationen einen Grund zur Hoffshynung zu bieten In der Stadt des hl Franziskus haben wir einen geshymeinsamen Weg begonnen der weitergegangen werden muszlig ohne natuumlrlich die Suche nach anshyderen Wegen und neuen Mitteln fOr einen soliden auf geistlichen Fundamenten aufgebauten Frieshyden auszuschlieszligen

Die Kraft des Gebets 4 Bevor ich mich jedoch an die

menschlichen Faumlhigkeiten wende moumlchte ich wieder die Notwendigshykeit eines eindringlichen und deshymuumltigen vertrauensvollen und ausdauernden Gebetes beteuern wenn wir wollen daszlig die Welt endlich zu einem Haus des Frieshydens werde das Gebet ist im wahrshysten Sinne des Wortes die Kraft um das zu erflehen und zu erreishychen Das Gebet floumlszligt Mut ein und gibt Halt jedem der dieses Gut liebt und nach eigenen Moumlglichshykeiten und in den verschiedenen Umgebungen in denen er jeweils lebt foumlrdern will Waumlhrend uns das Gebet die Begegnung mit Gott eroumlffnet bereitet es uns auch auf

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die Begegnung mit dem Naumlchsten vor da es uns hilft zu allen ohne jede Diskriminierung Beziehungen herzustellen die von Achtung Vershystaumlndnis Wertschaumltzung und lieshybe bestimmt sind

Das religioumlse Empfinden und der Geist der Gebetes lassen uns nicht nur in unserer Innerlichkeit wachsen sondern erleuchten uns auch hinsichtlich der wahren Beshydeutung unseres Daseins in der Welt Ja man kann auch sagen die religioumlse Dimension spornt uns an mit groumlszligtem Eifer unseren Beishytrag zum Aufbau einer geordneten Gesellschaft in der Frieden herrscht zu leisten

Das Gebet ist das Band das uns am wirksamsten verbindet weil sich dank ihm die Glaumlubigen dort begegnen wo Ungleichheiten Unshyverstaumlndnis Groll und Feindseligshykeiten uumlberwunden werden naumlmshylich vor Gott dem Herrn und Vater aller Insofern es wahrer Ausdruck der richtigen Beziehung zu Gott und zu den anderen Menschen ist ist es bereits ein positiver Beitrag zum Frieden

Oumlkumenischer Dialog und inter-religioumlse Beziehungen

5 Das Gebet darf nicht das Einshyzige bleiben und muszlig unbedingt mit anderen konkreten Handlunshygen einhergehen Jede Religion hat ihre Anschauung bezuumlglich der Taten die zu vollbringen und der Wege die zu durchlaufen sind um den Frieden zu erreichen Waumlhrend

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die katholische Kirche mit aller Klarheit ihre Identitaumlt ihre Lehre und ihre Heilssendung fuumlr alle Menschen geltend macht lehnt sie nichts von alledem ab was in den anderen Religionen wahr und heilig ist Mit aufrichtigem Ernst betrachtet sie jene Handlungsshyund Lebensweisen jene Vorschrifshyten und Lehren die zwar in manshychem von dem abweichen was sie selber fuumlr wahr haumllt und lehrt doch nicht selten einen Strahl jener Wahrheit erkennen lassen die alle Menschen erleuchtet (Erklaumlrung uumlber das Verhaumlltnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen Nostra aetate 2)

Ohne die Unterschiede absichtshylich zu uumlbersehen und zu verrinshygern ist die Kirche uumlberzeugt daszlig es in bezug auf die Friedensfoumlrdeshyrung manche Elemente oder Aspekte gibt die gemeinsam mit den Anhaumlngern anderer Religioshynen und Bekenntnisse nutzbrinshygend entwickelt und verwirklicht werden koumlnnen Das streben die inter-religioumlsen Kontakte und ganz besonders der oumlkumenische Diashylog an Dank diesen Formen der GegenObersteilung und des Ausshytausches konnten sich die Religioshynen ihrer gewiszlig nicht leichten Vershyantwortung hinsichtlich des wahshyren Wohles der ganzen Menschshyheit klarer bewuszligt werden Heute scheinen sie fester entschlossen sich nicht von parteilichen Interesshysen oder politischen Zielen instrushymentalisieren zu lassen und sind darauf bedacht eine bewuszligtere

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und ausgepraumlgtere Haltung einzushynehmen und die sozialen und kulshyturellen Wirklichkeiten in der Voumllshykergemeinschaft mit Leben zu ershyfOlien Das gestattet ihnen als akshytive Kraft im Entwicklungsprozeszlig mitzuwirken und somit der Menschheit eine sichere Hoffnung zu bieten Es ist bei nicht wenigen Gelegenheiten offenkundig geworshyden daszlig sich ihr Einsatz als wirshykungsvoller erwiesen haumltte wenn er gemeinsam und aufeinander abshygestimmt durchgefOhrt worden waumlre Ein solches Vorgehen der Glaumlubigen kann entscheidend sein fOr die Befriedung der Voumllker und die Uumlberwindung der immer noch bestehenden Spaltungen zwishyschen Zonen und Welten

Der Weg der zuruumlckgelegt werden muszlig

6 Um dieses Ziel einer aktiven Zusammenarbeit fOr die Sache des Friedens zu erreichen ist noch ein weiter Weg zuruumlckzulegen Es ist der Weg des gegenseitigen Kenshynenlernens das in unserer Zeit von der Entwicklung der sozialen Komshymunikationsmittel begOnstigt und durch die Anbahnung eines aufshyrichtigen und erweiterten Dialoges erleichtert wird es ist der Weg des hochherzigen Verzeihens der bruumlshyderlichen Versoumlhnung der Zusamshymenarbeit auch in begrenzten oder Sekundaumlrbereichen die aber imshymer dasselbe Anliegen betreffen es ist schlieszliglich der Weg des taumlgshylichen Zusammenlebens wo man

Anstrengungen und Opfer miteinshyander teilt um dasselbe Ziel zu ershyreichen Auf diesem Weg ist es wahrscheinlich noch vor ihren Fuumlhrern Sache der einzelnen Glaumlushybigen das heiszligt derjenigen die sich zu einer Religion bekennen die Muumlhe auf sich zu nehmen und gleichzeitig die Genllgtuung zu hashyben gemeinsam den Frieden aufshyzubauen

Die inter-religioumlsen Kontakte scheinen neben dem oumlkumenishyschen Dialog nunmehr die vorgeshyschriebenen Wege zu sein damit so viele schmerzliche Verletzunshygen die im Laufe der Jahrhunderte geschehen sind nicht mehr vorshykommen und die noch vorhandeshynen schnell geheilt werden Wer glaubt muszlig Baumeister des Frieshydens vor allem durch das persoumlnlishyche Vorbild seiner rechten inneren Haltung sein die in konsequenten Handlungen und Verhaltensweishysen auch nach auszligen projiziert wird Gelassenheit Ausgeglichenshyheit Uumlberwindung der Triebe Ershytollung von Haltungen wie Versteshyhen Verzeihen hochherzige Hinshygabe Oben einen frieden stiftenshyden Einfluszlig unter den Menschen der eigenen Umgebung und der eishygenen religioumlsen und zivilen Geshymeinschaft aus

Deshalb fordere ich am komshymenden Weltfriedenstag alle Glaumlushybigen auf eine ernsthafte Gewisshysensprotung vorzunehmen um besser darauf vorbereitet zu sein die Stimme des Gottes des Frieshydens (vgl 1 Kor 14 33) zu houmlren

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und sich mit erneutem Vertrauen dem groszligen Vorhaben zu widmen Denn ich bin uumlberzeugt daszlig sie shyund ich hoffe auch die Menschen guten Willens - diesen meinen neuerlichen Appell aufnehmen werden dessen Eindringlichkeit auf die Dringlichkeit des Augenshyblicks abgestimmt ist

Gemeinsam den Frieden in Gerechtigkeit bauen

7 Das Gebet und der einhellige Einsatz der Glaumlubigen fuumlr den Frieshyden mOssen sich mit den Probleshymen und berechtigten Bestrebunshygen der Menschen und der Voumllker ausei nandersetzen

Der Friede ist ein grundlegenshydes Gut das mit der Achtung und der Foumlrderung der wesentlichen Werte des Menschen verbunden ist mit dem Recht auf das Leben in allen Phasen seiner Entwickshylung mit dem Recht auf Anerkenshynung unabhaumlngig von Rasse Geshyschlecht und religioumlser Uumlberzeushygung mit dem Recht auf die fOr das Leben notwendigen materielshylen Guumlter mit dem Recht auf Arshybeit und die gerechte Verteilung ihrer Fruumlchte fuumlr ein geordnetes und solidarisches Zusammenleshyben Als Menschen als Glaumlubige und mehr noch als Christen muumlsshysen wir uns verpflichtet fuumlhlen diese Werte der Gerechtigkeit zu leben die in dem obersten Gebot der Liebe ihre Kroumlnung finden Liebe deinen Naumlchsten wie dich selbst (Mt 2239 Mk 12 31 Lk 10 27)

Noch einmal erinnere ich daran daszlig die strenge Beachtung der Reshyligionsfreiheit und des entspreshychenden Rechts Grundsatz und Fundament des friedlichen Zushysammenlebens ist Es ist mein Wunsch daszlig die Religionsfreiheit nicht nur eine anerkannte Vershypflichtung sein sondern von den politischen und religioumlsen Fuumlhshyrern und von den Glaumlubigen selbst wirklich in die Tat umgesetzt wershyden moumlge von ihrer tatsaumlchlichen Anerkennung erhaumllt die transzenshydente Dimension der menschlishychen Person Gewicht

Es waumlre eine Verirrung wuumlrden sich die Religionen oder Gruppen ihrer Anhaumlnger bei der Auslegung oder Praktizierung des jeweiligen Glaubensgutes zu Formen von Fundamentalismus oder Fanatisshymus hinreiszligen lassen und die Kaumlmpfe und Konflikte mit den anshyderen durch religioumlse Motivierunshygen rechtfertigen Wenn es einen Kampf gibt der des Menschen wuumlrdig ist dann der gegen die eishygenen unmaumlszligigen Leidenschaften gegen jede Art von Egoismus geshygen die Versuche von Veruntreushyung auf Kosten des anderen geshygen jede Art von Haszlig und Gewalt mit einem Wort gegen all das was also das genaue Gegenteil von Frieden und Versoumlhnung ist

Notwendige Unterstuumltzung von seiten der Verantwortmiddot lichen der Nationen

8 Endlich fordere ich die Vershyantwortlichen der Nationen und

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der internationalen Gemeinschaft auf stets groumlszligte Achtung tor das religioumlse Gewissen jedes Menshyschen und fuumlr den qualifizierten Beitrag der Religion zum Fortshyschritt der Zivilisation und zur Entshywicklung der Voumllker zu beweisen Sie sollen nicht der Versuchung nachgeben sich der Religionen zu bedienen indem sie sie besonders dann als Mittel ihrer Macht benutshyzen wenn es darum geht sich dem Gegner militaumlrisch zu widersetzen

Die zivilen und politischen Autoshyritaumlten selber sollen den Religioshynen Achtung und rechtliche Gashyrantien - auf nationaler und intershynationaler Ebene - gewaumlhrleisten und dadurch vermeiden daszlig der Beitrag der Religionen zum Aufshybau des Friedens an den Rand geshydraumlngt in die Privatsphaumlre vershybannt oder uumlberhaupt ignoriert wird

Nochmals fordere ich die oumlffentshylichen Autoritaumlten jeden Ranges auf sich mit wachsamem Vershyantwortungsbewuszligtsein darum zu bemuumlhen Kriegen und Konflikten zuvorzukommen das Recht und die Gerechtigkeit triumphieren zu lassen und gleichzeitig eine Entshywicklung zu foumlrdern die allen und an erster Stelle denen zum Besten gereicht die von den Ketten des Elends des Hungers und des Leishydens gefesselt sind Die in der Abshyruumlstung bereits erzielten Fortshyschritte verdienen Anerkennung die Wirtschafts- und Finanzmittel die bisher fuumlr die Herstellung und den Handel so vieler Todeswerkshy

zeuge aufgewandt wurden sollen jetzt fuumlr und nicht mehr gegen den Menschen verwendet werden koumlnshynen Ich bin sicher daszlig sich Millioshynen von Maumlnnern und Frauen aus der ganzen Welt die nicht die Moumlglichkeit haben ihre Stimme houmlren zu lassen diesem positiven Urteil anschlieszligen

Ein besonderes Wort fuumlr die Christen

9 An dieser Stelle kann ich es nicht unterlassen eine besondere Aufforderung an alle Christen zu richten Der gemeinsame Glaube an den Herrn Christus verpflichtet uns einhellig Zeugnis zu geben vom Evangelium vom Frieden (Eph 6 15) Es ist an erster Stelle unsere Sache uns den anderen Glaumlubigen zu oumlffnen um gemeinshysam mit ihnen mutig und mit Ausshydauer das groszligartige Werk des Aufbaus jenes Friedens in Angriff zu nehmen nach dem sich die Welt sehnt den sie sich aber nicht endguumlltig zu geben vermag Frieshyden hinterlasse ich euch meinen Frieden gebe ich euch hat Jesus zu uns gesagt (Joh 14 27) Diese goumlttliche Verheiszligung erfuumlllt uns mit Hoffnung ja mit der Gewiszligheit goumlttlicher Hoffnung daszlig der Frieshyde moumlglich ist denn bei Gott ist nichts unmoumlglich (vgl Lk 1 37) Der wahre Friede ist in der Tat imshymer ein Geschenk Gottes fOr uns Christen ist er ein wertvolles Geshyschenk des auferstandenen Herrn (vgl Joh 20 19 26)

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Auf die groszligen Herausforderunshygen der heutigen Welt liebe Schwestern und Bruumlder der kathoshylischen Kirche muumlssen wir dashydurch antworten daszlig wir unsere Kraumlfte milt denen aller jener vereishynen die einige Grundwerte angeshyfangen von den religioumlsen und sittshylichen mit uns teilen Und von dieshysen Herausforderungen muszlig jene des Friedens noch angegangen werden Ihn gemeinsam mit den anderen Glaumlubigen aufzubauen bedeutet jene evangelische Seligshypreisung bereits im Geiste zu leshyben die den anderen gewiszlig nicht als letzte an die Seite gestellt ist Selig die Frieden stiften denn sie werden Soumlhne Gottes genannt werden (Mt 59)

Aus dem Vatikan am 8 Dezember 1991 Johannes Paulus 11

Gottes Wort als Kraftquelle Erzbischof Dyba ruft in seinem Fastenhirtenbrief zu lebendigem Umgang mit der Bibel auf

Zur Neuentdeckung der Bibel und einem lebendigen und frohen Umgang mit dem Wort Gottes als Kraftquelle fOr den Alltag hat Erzshybischof Johannes Dyba in seinem Fastenhirtenbrilef 1992 aufgerushyfen der am ersten Fastensonntag

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8 Maumlrz in allen Gottesdiensten verlesen wurde

Laut Erzbischof Dyba liege dem Jahr mit der Bibel die Erkenntnis zugrunde daszlig wir in einer Zeit des Umbruchs der weitgehenden Verwirrung und der Suche nach neuer Orientierung die Quelle wieshyder finden muumlssen aus der uns als Christen die Einsicht und die Kraft zu einem Leben in Frieden und Freude zustroumlmen kann Diese gemeinsame Quelle aber sei das Wort Gottes wie es in den heiligen Schriften in der Bibel geschenkt sei

Gerade in einer Zeit wahrer Wortuumlberflutung und Wortinflation gelte es festen Boden unter den FOszligen zu behalten und sich beshywuszligt zu machen daszlig die ganze Wahrheit und Wirklichkeit nur im Wort Gottes zu finden sei betont der Oberhirte Die Annahme des Gotteswortes sei entscheidend fuumlr das menschliche Leben und ein wirkliches Heil-Mittel Dieses gelte es auch auszligerhalb der Gottesdienshyste viel oumlfter anzuwenden und in den Alltag hineinstrahlen zu lasshysen um in ganz neuem Sinne Heishymat und Geborgenheit zu erfahren und frei zu werden aus vielfachen Zwaumlngen und Abhaumlngigkeiten von Leib und Seele

Es gelte den Schatz zu finden der den Menschen im Wort Gottes geschenkt sei schlieszligt der Erzbishyschof Wirkliche Christen sollten nicht zu denen gehoumlren die am Ende ihres Lebens zwar auf 6000 durchblaumltterte Zeitschriften und

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60000 Stunden Fernsehflimmern zuruumlckschauen koumlnnten deren Bishybel aber die Erben unberuumlhrt und neuwertig im Buumlcherschrank faumlnshyden Wichtig sei daszlig wir alle uns ehrlich einmal die Frage stellen Wieviel Zeit unseres Lebens widshymen wir vergaumlnglichem Schall und Rauch und wieviel Zeit geben wir dem der fuumlr unser Leben entscheishydend ist und der unser Schicksal im Haumlnden haumllt

(Bischoumlfliche Pressestelle Fulda 2421992)

Das geistliche Wort Als glaumlubige Christen und als

uumlberzeugte Laien der Kirche leben wir in der oumlsterlichen Zeit Wir wolshylen uns und anderen dieses zentrashyle Glaubensgeheimnis unseres Leshybens und unserer Kirche bezeushygen Und dieses heiszligt - Ihr seid mit Christus aufershy

standen -- Ihr seid mit ihm im neuen Leshy

ben -- Ihr seid in Christus -- Ihr seid eine neue Schoumlpshy

fung shyDeshalb spiegeln wir alle mit

enthuumllltem Angesicht die Herrlichshykeit des Herrn wider und so wershyden wir in sein eigenes Bild vershywandelt (vgl 2 Kor 3 18)

Spiegelfunktion der Osterwirkshylichkeit unseres Herrn Jesus Chrishystus und damit der Wirklichkeit alshyler die seinen Namen tragen der

Christen also das ist unsere Aufshygabe Jeder hat dies auf seine Weishyse jeder an seinem Ort und jeder fuumlr den Kreis an den er und fuumlr den den er gestellt ist zu vollziehen

Ein Spiegel zu sein fuumlr diese Glaubensrealitaumlt das heiszligt Kirche zu sein Aber wem faumlllt diese Funkshytion noch ein wenn einer von Kirshyche spricht

Ist uns diese Rolle wenigstens noch bewuszligt Und zwar als erste und als Hauptrolle immer dann wenn wir von und uumlber die Kirche reden

Houmlrt man allerdings in seine Um- und Mitwelt hinein so ist der Eindruck von Kirche und die Einshyschaumltzung dessen was man von Kirche zu halten hat auch ja gerashyde bei denen die ihr angehoumlren nicht selten ganz anders

Was in dieser Beziehung widershygespiegelt wird ist alles andere als die Herrlichkeit des Herrn der diese Menschen in sein Bild vershywandeln will Gespiegelt wird freishylich auch aber eher wie in einem Zerrspiegel oder gar wie in einem blinden Spiegel Die Vorstellung von Kirche wird eher mit allen moumlglichen Negativbegriffen assoshyziiert

Da wird geredet von der Schatshytenseite der Kirche vor allem der Amtskirche - sie die Kirche sei autoritaumlr - sie naumlhmen mit ihren Moralvorshy

schriften zu wenig auf modershyne Lebensverhaumlltnisse (was immer das auch besagt) ROckshysicht

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sie grenze die Frauen aus

sie sei zu miszligtrauisch und gebe der freien Diskussion und Entfaltung der einzelnen zu weshynig Raum

sie verharre aumlngstlich in alten Denkgewohnheiten

- sie sei stur und starr auch in ihshyrem FOhrungsverhalten

und und und Sie kennen das Repertoire an

Vorstellungen dieser Art Das Endergebnis ist Kirchenvershy

drossenheit und wenn man ihr gut will houmlchstens noch ein Leiden an dieser Kirche

Ein solches Bild wird heute in den Medien und auch von sogeshynannten Glaumlubigen geboten Die Kirche als moralische Institution mit einem sozialen Touch

Wenn dies das Ergebnis unseshyres Widerspiegelns der Wirklichshykeit Kirche ist dann hilft alle sogeshynannte Kirchenkritik keinen Deut weiter Kirche in der Gesellschaft darzustellen geschweige denn sie attraktiv zu machen weder fuumlr die Gegenwart und ganz sicher nicht fOr die Zukunft Und wenn Kirche nur das waumlre als was sie landlaumlufig verkuumlrzt dargestellt wird dann waumlre sie es auch nicht wert ins 3 Jahrtausend hinuumlbershygerettet zu werden

Wenn schon von einem Menshyschen gilt daszlig nicht die Kraft zaumlhlt die er hat sondern die Kraft die er ausstrahlt weil das sein Geshyheimnis ausmacht so gilt dies vor allem auch fuumlr unsere Kirche

Fuumlr ihre Lebendigkeit ist nicht

zuerst ihre organisatorische Geshystalt oder ihre finanzielle Macht wichtig sondern ihr Lebenskern d h das Leben Christi in ihr Das heiszligt konkret das Leben Christi in all ihren Glaumlubigen

Der lebendig auferstandene Herr und die in seinem Kraftfeld leshybenden Laien und Amtstraumlger die Christglaumlubigen sind gefordert

Um es einfach zu sagen Chrishystus der Auferstandene hat uns hinObergebracht in sein neues goumlttliches Leben Wir dagegen tun so als ob wir es nur auf dieser Welt und mit dieser Welt zu tun haumltten Christus ist nicht in den Tod gegangen sondern durch den Tod hindurchgegangen Dieser Hindurchgang dieser Hinuumlbershygang ist das wovon wir leben Die Kirche nennt es das Pascha-Myshysterium (Christen sollten davon wissen weil sie dadurch und dashyvon leben)

Es ist der zentrale Kultausdruck den wir aber so schwer unterbrinshygen obwohl er so wichtig ist fuumlr die Kirche und fuumlr die die zu ihr geshyhoumlren

Was da im Hindurchgang Chrishysti durch den Tod in seine Aufershystehung vor sich ging ja was da an Christus selbst vor sich ging koumlnshynen wir nur mit einem Wort umshyschreiben Wandlung Es ist die groumlszligte und wirkungsvollste Vershywandlung der Weltgeschichte

Man kann ganz einfach sagen Hier wird der Tod ins Leben geshywandelt Der Tod wurde sozusashygen zum Schmelztigel einer neuen

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Daseinsweise d h einer neuen Art und Weise dazusein UrsprOnglishyches Leben wird in neuartiges Leshyben verwandelt Diese Verwandshylung spielt sich nicht im luftleeren Raum ab sondern sie geht an dem Gottmenschen Jesus Christus vor sich der nun als neuer Mensch das Leben Gottes an sich traumlgt

Damit wird er Haupt der neuen Schoumlfpung Und fuumlr diese Schoumlpshyfung traumlgt er diese Verwandlung immer an sich Wer also nun dieshysem Christus in seinem PaschashyGeheimnis dem Geheimnis des HinObergehens vom Tod ins Leben begegnet der begegnet der Wandshylung Er begegnet dem nie mehr aufhoumlrenden Prozeszlig der Verwandshylung des alten in den neuen Menshyschen Letztlich begegnet er dem Prozeszlig der Verwandlung einer Welt die trotz aller Ruumlckschlaumlge der endguumlltigen Vollendung mit und in Christus entgegengeht Das macht Christsein aus das macht Kirche aus Denn das ist das Geshyheimnis der Kirche selbst VershywandlungsprozeB zu sein und dieshysen Verwandlungsprozeszlig zu vershymitteln

Deshalb feiert Kirche sich selbst und vollzieht sich zugleich selbst wenn sie tut was wir tun Eucharistie Wandlung und Hinshydurchgang zu feiern weil hier Geshygenwart von Tod und Aufersteshyhung Christi geschieht

Wer hat das im Kopf wenn er von Kirche redet Aber nur wer das mitsieht redet richtig von Kirche und kann sich dankbar freuen Und

auch nur so ist einer in der Lage sich in dieser Kirche ganz vom Herrn ergreifen zu lassen um durch diesen Herrn der Kirche neu und verwandelt zu werden Weil und insofern es heute Menschen gibt die dieses Geheimnis der Kirshyche die Quelle ihrer Lebendigkeit nicht aus dem Auge verlieren weil sie auf Christus schauen wird es Kirche geben und nur diese Menshyschen spiegeln mit enthuumllltem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn wider und so werden sie in sein eigenes Bild verwandelt

Es liegt eben an uns welche Art Spiegel wir sein wollen wir braushychen uns als Spiegel nur stets kraumlftig zu reinigen und klar zu halshyten dann erfuumlllen wir diese Aufgashybe die die Welt von uns erwartet Amen

Walter Theis

Bibel-Weg im April Phil 38 -14 (5 April 2 lemiddot sung am 5 Fastensonntag) Wer wird diesen Text des Apostels Paulus aus dem Kontext geloumlst nicht als Aumlrgernis empfinden Da verachtet einer die Welt alle ihre Moumlglichkeiten und Schoumlnheiten um in Christus zu sein Ist das nicht eine Ohrfeige fuumlr Gottes eishygene Schoumlpfung Und wenn man noch weiter liest dann kommt es noch dicker Paulus setzt seine exshyklusive Christus-Beziehung ins Licht und fordert die anderen unshy

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verbluumlmt auf seinem Vorbild zu folgen Nimmt da einer nicht den Mund zu voll auch wenn er noch so heilig ist

Als Mann und Frau als Vater und Mutter aumlrgert uns das wenn wir uns im Alltag abstrampeln dashymit wir in dieser Welt - und nicht erst in der jenseitigen - einigershymaszligen menschenwuumlrdig und froh leben koumlnnen Und da sagt uns eishyner Das ist alles nichts Seinetweshygen um Christus willen soll man alles restlos hinter sich lassen

Wenn wir diese Schriftstelle auf ihren Hintergrund und Zusammenshyhang unbefragt lassen kommen wir auf einen Irrweg Wenn wir in den Text hineinschluumlpfen wollen sollten wir bedenken

Paulus schreibt dies aus einer existentiellen Grenzsituation - in zweifacher Hinsicht Einmal befinshydet er sich in Untersuchungshaft wahrscheinlich in Ephesus zum anderen hat er vor kurzem eine bis ins Mark erschuumltternde ChristusshyBegegnung und Bekehrung durchshygemacht Was hat er nicht alles aufgeben muumlssen um seinem Leshyben in Christus einen neuen Sinn zu geben Insbesondere die Gesetshyzestreue die doch fuumlr einen Pharishysaumler seiner Couleur das Alleinseshyligmachende sein muszligte Nicht daszlig Jesus ein Gegner des Gesetshyzes gewesen waumlre Vielmehr ging es Jesus um die Uumlberwindung des Legalismus jener nerv- und geistshytoumltenden Vorstellung daszlig die Vorshyschrift wichtiger sei als der Mensch in seiner Beduumlrftigkeit

Auftrag 201

und Sehnsucht nach Liebe So wie Jesus ging es auch Paushy

lus um Lebendigkeit des Alltags Leben verbindet er mit dem Erfuumllshylen des Gesetzes Christi das einshyzig und allein in der Liebe besteht Nur der Glaube an die Liebe die in Christus ist macht gerecht nicht Gesetzes-Riten oder DogmenshyTreue Darin besteht sogar der Geshygensatz zwischen Tod und Leben Was ist so gesehen Auferstehung anderes als das neue Leben unter dem Gesetz Christi Wie satt muszligshyte Paulus die Verkrustung einer leblos gewordenen auf Gesetz und Ritus geschrumpften religioumlshysen Praxis gehabt haben um das neue Leben aus der Christus-Ershyfahrung als ein Leben nach dem Tode vom Himmel her zu empfinshyden freilich noch im Entwurf noch nicht voumlllig real

Geht es uns manchmal nicht recht aumlhnlich wie Paulus Wie seeshylen-los fernab von jeder Lebendigshykeit ganz und gar unchristlich empfinden wir manchmal den Umshygang und den Papierkrieg mit Beshyhoumlrden das Abspulen aumluszligerer Forshymen einer Familienfeier oder eines Gottesdienstes Sind nicht auch wir oft genug eingesperrt in den Gefaumlngnissen des Alltags in Winshydeln Waschen Kochen Kaufen im Schreiben Rechnen Diktieren Korrigieren im Einrichten und Ausmisten Wird unser Blick von alledem gefangen Oder oumlffnen wir uns fuumlr das Wesentliche das ja nur fuumlr das Herz fOr die Liebe sichtbar wird Winken wir muumlde

15 Auftrag 201

ab wenn uns etwas aus der Tiefendimension des Lebens ershygreifen will Oder lassen wir uns ergreifen

Fuumlr mich ist der zunaumlchst aumlrgershyliche Text wieder ein wenig zum An-griff geworden zum Angriff geshygen die Muumldigkeit und Resignashytion des Alltags jetzt - im Houmlren und Bedenken des Wortes

Elisabeth Ensse (aus Licht MaumlrzIApri1992)

Die Wuumlrde des Menschen ist unantastbar (Art 1 GG) Initiative fuumlr ein friedliches Zusammenleben mit allen Fremden Koumlnnen Sie sich vorstellen tage- ja wochenlang in einem Bunker zu leben beim explodieren der Granaten auf eine Feuerpause zu warten um Wasser zu holen Ihr Essen auf einem Propangaskoshycher im flackernden Licht einer Kerze zuzubereiten aumlngstliche und weinende Kinder in Ihren Arshymen zu bergen

In Beirut Libanon und heute auch in Kroatien koumlnnen Sie diese Erfahrungen sammeln rastlos umherzuziehen weil eine pluumlndernde und marodierenshyde Soldateska durchs Land zieht

toumltet und Doumlrfer und Felder vershynichtet Oder ein Kind in den Arshymen zu halten das von Hungershyoumldemen gezeichnet stirbt

In Aumlthiopien im Sudan und in Somalia koumlnnen Sie diese Erfahshyrungen machen in einem Land zu leben in dem sie einer nationalen Minderheit anshygehoumlren die unterdruumlckt und vershyfolgt wird In einem Land wo Sie um das Leben Ihrer Soumlhne bangen muumlssen die zur Teilnahme am Buumlrgerkrieg gezwungen werden wo Sie keine beruflichen Chancen keine religioumlse kulturelle soziale und politische Freiheit haben

In Sri Lanka koumlnnen Sie als Tashymile diese Erfahrung machen daszlig Sie vierzig Jahre und mehr als Deutsche auf all das verzichten muszligten was Sie im taumlglichen Leshyben hier bei uns schaumltzen oder auch nur tuumlr selbstverstaumlndlich halten z B Grundnahrungsmittel Medikamente gerechte Behandshylung und weil sie als deutsche Minderheit in staumlndiger Angst vor erneuter Verfolgung und Benachshyteiligung leben muumlssen

Was halten Sie davon Deutsche sind Militaristen Deutsche sind Arbeitstiere und

Perfektionisten Deutsche sind humorlos immer

nur grundsaumltzlich Deutsche koumlnnen nicht feiern Vorurteile die es gab und gibt

Aber es sind Vorurteile Vorurteile kommen aus Unkenntnis nicht zushylaumlssiger Verallgemeinerung fehshy

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lenden sozialen Kontakten aus ideologischer Verbohrtheit oft auch nur aus Gedankenlosigkeit

Was halten Sie jetzt davon Auslaumlnder werden haumlufiger krishy

minell als Deutsche Fluumlchtlinge nehmen uns die Arshy

beitsplaumltze weg Wir werden uumlberfremdet Asylbewerber leben in Wohnunshy

gen die wir dringend benoumltigen Fremde bedrohen unseren

Wohlstand Aussiedler werden bei der Arshy

beitsplatz- und Wohnungsvermittshylung bevorzugt

Auch das sind Vor-urteile Vorshyverurteilungen

Und die Wirklichkeit Auslaumlnder sind nicht haumlufiger

kriminell als Deutsche - im Geshygenteil

Bis zum 1 Juni 1991 durften Fluumlchtlinge 5 Jahre lang nicht arshybeiten und waren deswegen auf Sozialhilfe angewiesen Heute sorshygen die weitaus meisten der 119 Asylbewerber und gedulteten Ausshylaumlnder in Ennigerloh durch regelshymaumlszligige Arbeit fuumlr ihren Lebensunshyterhalt Wir werden nicht Obershyfremdet sondern DeutSChland liegt im Vergleich zu anderen euroshypaumlischen Staaten an 3 Stelle nach der Schweiz und Belgien Dashybei sind auch alle die noch Auslaumlnshyder die seit mehr als 30 Jahren voll integriert sind Sie nehmen uns auch nicht unsere Arbeit weg sondern tragen mit bei zu unserem

Auftrag 201

WOhlstand durch ihre Arbeit Steushyern und Sozialabgaben

Aussiedler sind Deutsche und haben auf dem Arbeitsmarkt keine besseren Chancen als Hiesige Durch unsere niedrige Geburtenrashyte sind wir in Deutschland auf Einshywanderer angewiesen Es gibt heushyte schon wieder Branchen die auf auslaumlndische Arbeitskraumlfte warshyten Asylbewerber leben in Notunshyterkuumlnften in Abriszlighaumlusern und in Wohncontainern

Aussiedler muumlssen lange auf eine angemessene Wohnung warshyten In Ennigerloh wohnen viele schon seit uumlber einem Jahr in Notshyunterkuumlnften z B wohnen am Kirschweg 12 Personen auf 95 Quadratmetern

Dieser Text ist einem Faltblatt des Betreuungskreises fuumlr Ausmiddot siedler und Asylbewerber der Pfarrgemeinde St Ludgerus Ennimiddot gerloh entnommen Mit demmiddot Faltshyblatt startete die Gemeinde eine Initiative und Unterschriftenmiddot sammlung Wir unterstuumltzen die Aktion Fluumlchtlinge und Aussiedler bei uns Gleichsam als Selbstvermiddot pflichtung heiszligt es in dem Aufruf

Was muumlssen wir tun Uns informieren uumlber die Beshy

weggruumlnde die Menschen veranshylassen aus ihrer Heimat zu fluumlchmiddot ten und auszuwandern

Uns informieren uumlber die tatshysaumlchlichen rechtlichen sozialen und wirtschafltichen Bedingunshygen unter denen Fluumlchtlinge Asylshy

17 Auftrag 201

bewerber und Aussiedler bei uns leben Nie pauschal sondern difshyferenziert urteilen

Hetze Vorurteilen und gedanshykenlosem Daherreden entgegenshytreten Mit fremden Menschen die zu uns kommen Begegnung sushychen sie einladen sich einladen lassen helfen in den alltaumlglichen Dingen Fuumlr die Wuumlrde und Rechte von Fluumlchtlingen Asylbewerbern und Aussiedlern eintreten

Fremde in unsere Gemeinschafshyten Vereine und Verbaumlnde einlashyden aufnehmen

Wir Christen duumlrfen trotz aller Schwierigkeiten die Worte Jesu nicht vergessen Ich war fremd und obdachlos und ihr habt mich aufgenommen

(aus Mitteilungen tOr die Ptarrgemeinderaumlte im Bistum MOnster Januar 1992)

Sein Wort shyGottes Wort Unsere Worte shyMenschenworte Gedanken zur Gestaltung der Gottesdienste Situation vor dem Konzil

Lange vor dem Konzil gab es Gottesdienste fuumlr FrOhaufsteher Wanderer Sportler und alle jene die eine Arbeit an den Mitmenshyschen in die Pflicht rief Hausfraushy

en Bauern Straszligenbahner und anshydere mehr

In der schwach erleuchteten Kirshyche trat der Priester mit einem Meszligdiener - zuweilen auch mit dem Kuumlster - an den Altar Sie verweilten an den Stufen des Alshytars und begannen mit dem Stushyfengebet Zum Altare Gottes will ich treten Der Priester und mit ihm die Glaumlubigen versuchten Abshystand vom Getriebe der Welt zu geshywinnen und sich auf die Gemeinshyschaft mit Gott vorzubereiten

Gott Du bist meine Staumlrke Send mir Dein Licht Dort darf ich zum Altare Gottes treten Vertrau auf Gott ich darf Ihn wieshyder preisen

Und nach dieser Vorbereitung das gute Wort Introibo ad altare Dei - Zum Altare Gottes will ich treten in der Hoffnung auf die Gnade Gottes

Dann folgte das Schuldbekenntshynis die Bitte um Nachlaszlig der Suumlnshyden und das erloumlsende Misereashytur - Der allmaumlchtige Gott ershybarme sich Im Introitus und dem anschlieszligenden Kyrie wurde dann noch einmal Gottes Erbarshymen erbetet

Gloria Kirchengebet Lesung folgten um Im Evangelium den ershysten Houmlhepunkt zu finden Anshyschlieszligend an das Credo begann die Opfermesse Hier war der myshystische Houmlhepunkt die Wandlung Das Friedensgebet beendete dieshysen Teil und fuumlhrte zur Kommushynion Nach dem Segen schloszlig sich

18 Auftrag 201

vielfach das Schluszligevangelium an ein Lobpreis auf die Groumlszlige des ewigen Gottessohnes und unserer Gotteskindschaft

Die Predigt im Anschluszlig an des Evangelium war eine Auslegung des heiligen Gotteswortes fuumlr unshysere Zeit Damit standen im Mittelshypunkt jeder Messe Sein Wort shyund Sein Opfer

Man muszlig aber auch festhalten daszlig das Evangelium auf Latein verlesen nur von verschwindend wenigen aufgenommen wurde Es blieb aber das andachtsvolle Hinshyhoumlren auf das Wort Gottes - auch wenn es nicht verstanden wurde Dem einfachen Menschen wurde jedoch deutlich hier geschieht etshywas das auszligerhab unseres alltaumlgshylichen Redens liegt hier geschieht etwas Heiliges Wenn dann der Priester noch einmal zwei oder drei Gedanken des goumlttlichen Worshytes in Bezug zum Alltag setzte war Nachdenklichkeit gegeben

Das Mysterium des heiligen Opshyfers verstaumlrkte das Bewuszligtsein Der Herr ist da - auch wenn man selbst nicht zur Kommunion ging Aber man bildete die geistige Einshyheit zum Opfer Christi

Miszligbrauch dieser Zeit war daszlig die Texte oftmals in lateinischer Spracne abgeleiert wurde und den inneren Gehalt nicht mehr spuumlren lieszligen So wurde bei sehr vielen Christen der Besuch des Gottesshydienstes zu einer Selbstdarstelshylung im geweihten Raum Man muszligte dabei gewesen sein

Nach dem Konzil Nun zieht der Priester ein beshy

gruumlszligt den Altar und dann die Geshymeinde Nach den Worten Im Namiddot men des Vaters kann er eine knappe Einfuumlhrung in die Feier geshyben Und diese Einfuumlhrung geraumlt dann - leider - sehr oft in eine fast vordergruumlndige weltliche Beshygruumlszligung

Natuumlrlich freut sich der Pfarrer daszlig er die Glaumlubigen um sich scharen kann Aber muszlig dann die Begruumlszligung im Stile Frank Eistshyners - nichts gegen ihn - sein So ein Unterhaltungstalent kann man nicht nachahmen Es fehlt der Eroumlffnung daszlig die Glaumlubigen ershykennen daszlig sich der Priester shywie im Stufengebet - auf die Heishylige Handlung vorbereitet Der Dienst vor der Majestaumlt Gottes ist das herausragende Ereignis Nur durch Gottes Gnade lebt der Mensch Das muszlig erfahrbar wershyden im Dienst vor Gott Es ist nur zu natuumlrlich daszlig man dann uumlber das Wort Gottes sehr viel sagen kann

Aber einmal kann man nicht soshyviel sagen wie die Menschen denshyken koumlnnen und zum anderen das Wort Gottes ist ja zu diesem Zeitmiddot punkt noch nicht gesprochen Und zum dritten warum die Glaumlubigen versammelt sind sollten sie wisshysen

Sehr abrupt folgt dann das allshygemeine Schuldbekenntnis Die Glaumlubigen sind eigentlich noch nicht darauf eingestimmt daszlig sie nun vor der Majestaumlt Gottes steshy

Auftrag 201 19

hen Es ist ein alter weltlicher Brauch daszlig man zu den groszligen Herrschern - und auch zu Demoshykratien - durch eine Flucht von Vorzimmern marschieren muszlig um empfangen zu werden Andere Braumluche a la Hallo Kumpel oder ich bin da werden der Situation nicht gerecht Gott ist Anfang und Ende des Alls Wenn wir seine Werke auch - z B im Wetter shytaumlglich sehen und erfahren so ist doch diemiddot Hinwendung zum Houmlren nicht ohne innere Vorbereitung moumlglich Die Einstimmung auf das Geheimnis eines Wortes und seishynes Opfers ist nicht ausreichend vollziehbar

Statt dessen vernimmt man zushynaumlchst - wohlgemeint und sicher mit Liebe und Muumlhe vorbereitet shyMenschenwort Wenn auch der Hauptteil der Messe erhalten geshyblieben ist aber die Predigt wird oftmals umfangreich ausgedehnt Und der Kern das Wort Gottes wird nicht erkennbar Natuumlrlich dringen auf den Priester die Tagesshyerlebnisse ein Er ist ja in seinem ganzen Sein ein Kind der Zeit wie wir Nun aber muszlig er sich vom Allshytag loumlsen muszlig hineinhorchen in die Schrift - in das lebendige Wort Gottes So muumlszligte also die Predigt von Seinem Wort ausgeshyhen um dann vielleicht nur immer in einer Frage zu enden - Sein Wort in meiner Situation

Und jeder einzelne muszlig versushychen den Zugang zum heiligen Wort zu finden Die Fuumlrbitten arten zuweilen zu einer Schelte an allem

moumlglichen Miszligliebigen aus Du moumlgest den Unternehmern mehr Einsicht in unsere Freizeitfordeshyrungen geben usw

Nach mancherlei Versuchen ist es heute - Gott sei gedankt shywieder uumlblich die Wandlung im strengen Kanon zu vollziehen Dashydurch wird dieses heilige Gescheshyhen wieder das was es ist ein Myshysterium von Jesus Christus der Kirche aufgetragen es zu hOten und immer wieder neu zu feiern

In der Feier des Mysteriums der Wandlung des Brotes und Weines in Fleisch und Blut des Herrn ist Christus anwesend Aus dieser Realpraumlsenz erfolgt dann der Frieshydensgruszlig Christi Der Priester gibt diesen Gruszlig an die Gemeinde weishyter In der Gemeinde jedoch macht man ein froumlhliches Shakehands aus einem Friedwollen () Der Friedensgruszlig Christi bleibt am Alshytar Aber nur Gott gibt ja die Gnade des Friedens VergiBt man das

Nun gibt es noch etliche Fragen die man behandeln mOszligte Gottlob ist die Zeit vorbei da der Tisch des Herrn einem unaufgeraumlumten Warenlager aumlhnlich sah weil der geistliche Herr glaubte auf viele BUcher und Tableaus nicht vershyzichten zu koumlnnen Und auch einshygespielte Lichtbilder - so sinnvoll sie bei Meditationen sein koumlnshynen - sollten keinen Platz haben in der Messe

Es ist etwas anderes wenn Froumlmmigkeitsstrukturen anderer Voumllker eingebracht werden Sie hashyben aber keinen Raum wenn das

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Verstaumlndnis fehlen muszlig Dann beshysteht sogar die Gefahr daszlig der Dienst vor Gott zu einer FolkloreshyVeranstaltung werden kann Und leider besteht diese Gefahr auch bei manchen Gottesdiensten die Jugendliche gestalten Man bringt eigene Texte die zwar aus der Simiddot tuation des Dichters (oder der Dichter) irgendwann einen reashylen Grund hatten aber von den Glaumlubigen die an der Vorbereishytung keinen Anteil nehmen konnshyten nicht verstanden werden koumlnshynen Ebenso sind Kartons und Kisten als Steine des Miszligverstaumlndshynisses selten verstaumlndlich Auch sollte man selbst die eigenen lieshyder kennen und nicht den Inhalt durch KlangfOlIe der Technik ershysetzen

Was nun Wir muumlssen uns neu besinnen

auf die Gestaltung der Gottesdienshyste seit der Zeit da Christus den Juumlngern einen Rahmen vorgab Wir sollten dann untersuchen weishyche Traditionswerte in den vielen Jahrhunderten eingebracht wurshyden und welche Anregungen das Konzil einst gab

Und so heiszligt es in der Konstitushytion uumlber die Heilige Liturgie 1114 Die Mutter Kirche wuumlnscht sehr alle Glaumlubigen moumlchten zu der volshylen bewuszligten und taumltigen Teilnahshyme an den liturgischen Feiern geshyfuumlhrt werden und unter 11121 Bei dieser Erneuerung sollen Texshyte und Riten so geordnet werden daszlig sie das Heilige dem sie als

Auftrag 201

Zeichen dienen deutlicher zum Ausdruck bringen und so daszlig das christliche Volk sie moumlglichst leicht erfassen und in voller taumltishyger und gemeinschaftlicher Teilshynahme mitfeiern kann

Denken wir an den Mittelpunkt aller liturgischen Handlungen dann ist das die heilige Messe Sie ist der Lobpreis des Volkes an den allmaumlchtigen Gott Sie ist aber auch das Sakrament der Einheit Das heilige Volk steht geeint mit Priestern und Bischoumlfen vor Gott Und zu diesem in seiner Gnade vershysammelten Volk spricht Gott durch Jesus Christus seine frohe Botschaft

Durch das Houmlren der Botschaft das Beten und Singen wird der Glaube genaumlhrt und das Herz zu Gott hingewendet Der Priester kuumlndet kraft seiner Berufung das Wort und deutet es in der Homilie aus So sind bereits die Grundeleshymente erkennbar Gesang Gebet Lesung aus den Heiligen BOchern BetraChtung des Lebens des Herrn und das helfende Wort des Prieshysters

Das innerste Geheimnis jeder Eucharistiefeier ist das heilige Mahl Diese Feier des Geheimnisshyses hat Christus seinen Juumlngern anvertraut Es ist das Opfer seines Leibes und Blutes Es ist das Opshyfer am Kreuz die Gedaumlchtnisfeier seines TOdes und die Feier seiner triumphalen Auferstehung Chrimiddot stus ist im Wort anwesend wenn zwei oder drei in seinem Namen versammelt sind Christus ist real

21 Auftrag 201

anwesend in Brot und Wein wenn sie vom Priester als makellose Opshyfergabe in den Leib und das Blut Christi verwandelt sind Und der Leib Christi wird den Glaumlubigen gereicht als Staumlrkung auf dem Weg durch die Zeit zur immer innishygeren Vereinigung mit Gott und untereinander

Betrachtet man diese Bereiche des Dienstes vor Gott als eine Einshyheit dann wird deutlich daszlig sich auch die Teilnehmer an einer solshychen Feier auf die Heiligkeit der Handlung einlassen muumlssen

Worte Gesten und Gebaumlrden muumlssen mit dem Inhalt der Feier uumlbereinstimmen So sollte also die Arbeit an der Liturgie fOlgende Beshyreiche umfassen - Das Stufengebet als Vorbereishy

tung des Priesters und der Glaumlubigen ist neu zu beleben

- Die Begruumlszligung im Namen Gotshytes sollte ausreichen eine eishygene Begruumlszligung durch den Priester muumlszligte entfallen

- Eine Einfuumlhrung - oft eine vorshyweggenommene Predigt sollte entfallen oder zumindest sehr verkOrzt werden

- Die Predigt sollte sich auf eine Auslegung der Schrift und nicht auf Tagesereignisse konshyzentrieren (Ausnahmen sind moumlglich)

- Der Friedensgruszlig der Glaumlubishygen in der heute uumlblichen Geshyschaumlftigkeit sollte entfallen der Friede kommt vom Altar

- Die Glaumlubigen sollten den Wert der Fuumlrbitten erkennen und unshy

ter fertigen wohlgestalteten Texten auswaumlhlen koumlnnen

- Den Glaumlubigen sollte die Beshydeutung der Gebaumlrden und Geshysten wieder nahegebracht wershyden

- Die Glaumlubigen sollten sich so in den Ablauf der Messe vertieshyfen daszlig sie die ihnen zukomshymenden Teile des Meszlig-Ordinashyriums auch lateinisch spreshychen singen und innerlich vershystehen koumlnnen

Insgesamt sollte wieder mehr Ruhe und gespannte Aufmerksamshykeit auf Gottes Wort und Sein Heilshandeln entstehen Gott ist die Mitte - Anfang und Ende shyOben und Unten - und nicht die zufaumlllige Versammlung einiger die glauben daszlig sie als Gemeinde von unten zu Gott vorstoszligen mOszligten Wenn Gott nicht seine Gnade schenkt dann ist alles Tun vergebshylich

Helmut Fettweis

Heilige Messe Zauberei oder Humbug Beobachtungen bei einer Amtseinfuumlhrung in Ostshydeutschland

Zu DDR-Zeiten fanden hier im Clubraum der Kaserne in Bad Frankenhausen noumlrdlich von Ershy

22 Auftrag 201

furt in Thuumlringen stramme linienshytreue Jubelfeste der Nationalen Volksarmee statt Heute am 26 Februar 1992 sind etwa 300 von dem Unrechtsregime produzierte Heiden und Neuheiden geshyspannt was da mit dem katholishyschen Pfarrer Ober die BOhne geshyhen soll Unter den Bundeswehrshysoldaten Ost befinden sich auch ein paar Zivilangestellte und Angeshyhoumlrige Kaum eine Handvoll der Anwesenden ist getauft noch weshyniger sind katholisch

Der 40jaumlhrige katholische MiIishytaumlrpfarer Hartrnut Gremler hat heushyte seinen groszligen Tag Er ist etwas nervoumls aber trotzdem freundlich und hilfsbereit Militaumlrdekan Heinshyrich Hecker aus Potsdam soll ihn in sein Amt einfuumlhren Gremler ist nach Paul-Michael Graefe (42) aus Eggesin und Arnold Heinz Pyka (51) aus Leipzig der dritte hauptshyamtliche katholische Militaumlrpfarshyrer in den neuen Bundeslaumlndern Zudem haben sich noch 20 Ostshypfarrer bereit erklaumlrt im Nebenamt die Bundeswehrsoldaten in den neuen Bundeslaumlndern seelsorgeshyrisch zu begleiten

Pfarrer Gremler weiszlig noch gar nicht wieviel Katholiken es eigentshylich in den sechs Kasernen in fOnf Standorten gibt die zu seinem Beshytreuungsbereich gehoumlren Doch das ist ihm auch nicht so wichtig Denn alle Soldaten haben Anshyspruch auf Seelsorge sagt er alle die sie haben wollen

Nun steht er vor den Soldaten Wie soll das gutgehen Wieso sitshy

zen die Heiden und Neuheiden (Originalton Gremler fOr Nichtgeshytaufte und Getaufte die bisher mit Christentum und Kirche absolut nichts am Hut hatten) hier in der improvisierten Kirche Wurden die Bundeswehrsoldaten Ost von ihshyren Kommandeuren West gar hershybefohlen Nun so direkt wohl nicht Mehrheitlich war schon Inshyteresse da Ein Gefreiter spricht aus was die meisten seiner Kameshyraden denken Wir wollen mal seshyhen wie das denn mit einer Messe so ablaumluft was der Pfarrer wohl fOr einer sein mag

Aber daszlig es der evangelische Oberstleutnant Ernst-Wilhelm Harshyder (46) der Kommandeur des Panshyzerbataillons 383 zumindest ganz gerne sehen wOrde wenn seine Soldaten zur Einfuumlhrung des kashytholischen Militaumlrpfarrers gehen wOrden ist den Anwesenden auch klar

Ein paar wenige unter den junshygen Maumlnnern halten die ganze Zeshyremonie im besonderen die Wandshylung von Brot und Wein zu Christi Leib und Blut fOr Zauberei und Humbug Sie albern denn auch anfangs ungeniert herum zur Ordshynung gerufen von ihren Kamerashyden die zumindest Toleranz forshydern Die groszlige Masse aber ist sichtlich beeindruckt von diesem Gottesdienst der fOr sie so ungeshywohnt ist Beeindruckt sind sie von der feierlichen Handlung den melodioumlsen Liedern und den beshywuszligt einfach gehaltenen und trotzshydem eindringlichen erklaumlrenden

23 Auftrag 201

Worten der Predigenden Obwohl waumlhrend der Gebete ofshy

fensichtlich so etwas wie ein lnshysich-gekehrt-Sein zu spOren ist zeigt sich naumlmlich nach 40 Jahren Atheismus auch deutlich Unkenntshynis uumlber Form und Inhalte kirchlishycher Handlungen und des christlishychen Glaubens allgemein

Militaumlrdekan Heinrich Hecker der mit viel Engagement und Einshyfuumlhlungsvermoumlgen seit Januar des vergangenen Jahres die katholishysche Militaumlrseelsorge in einem zu 90 Prozent atheistischen Land aufshygebaut hat erklaumlrt den Zuhoumlrern die Unabhaumlngigkeit der Pfarrer Er will damit die Sorge vieler besonshyders evangelischer Christen entshykraumlften die eine zu starke Staatsshynaumlhe befuumlrchten Die Pfarrer sagt er seien nur Gott ihrem Gewissen und dem Militaumlrbischof verpflichshytet

Sowohl der lebenskundliche Unshyterricht als auch die Gottesdienshyste betont Hecker seien Angeboshyte Die Teilnahme freiwillig keine Pflicht Die Katholische Kirche stehe fuumlr alle offen auch fuumlr Nichtshychristen Und Pfarrer Hartmut Gremler der so gemuumltlich und fOrshysorglich zugleich wirkt aber einen festen Willen offenbart hofft daB trotz aller Unterschiede hier so etshywas wie eine Gemeinde entsteht in der man Freude und Freunde findet Anteil nimmt an den Sorgen und Noumlten und wo der Glaube Einshyzug haumllt

DaB dann anschlieBend an den Gottesdienst auch die einfachen

Soldaten am Empfang mit Bundesshyund Kommunalpolitikern mit Pershysoumlnlichkeiten des oumlffentlichen Leshybens der beiden christliChen Kirshychen und Offizieren teilnehmen durften ihr Bierchen bekamen und sich am kalten Buffet guumltlich tun konnten sorgte schon jetzt fuumlr etshywas Gemeinde

Sie haben trotzdem kein leichshytes Amt die drei hauptamtlichen Militaumlrpfarrer in den neuen Bunshydeslaumlndern Oft stoBen sie auf Gleichguumlltigkeit oder Ablehnung Aber mit der Praumlsenz waumlchst auch die Akezptanz Der Gefreite Heiko Trzeba (23) von der 4 Kompanie des Panzergrenadierbataillons 381 in Bad Frankenhausen muB da fuumlr Pfarrer Gremler ein Hoffnungsshyschimmer sein Trzeba ist wohl kashytholisch getauft hat aber noch nie eine Kirche von innen gesehen Er war beeindruckt und will am naumlchshysten Lebenskundlichen Unterricht teilnehmen Auch mit nach Lourshydes moumlchte er fahren Denn irshygendwie ist mir das doch alles ein biszligehen abgegangen

Heribert Lehmberger (aus Kompaszlig Nr 7 v 20392)

WOCHE FUumlR DAS LEBEN - -shy17-245 92

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Stand der Beratunshygen zum Schutz des ungeborenen Kindes

Die Vollversammlung der Deutshyschen Bischofskonferenz hat in eishyner Aussprache uumlber die Diskusshysion zum Schutz des ungeborenen Kindes nochmals ihre wiederholt dargelegte Position bekraumlftigt 1 Bei dem ungeborenen Kind hanshydelt es sich nach den Erkenntnisshysen der Wissenschaft um einen unverwechselbaren Menschen der mit allen menschlichen Eigenshyschaften ausgestattet ist und hershyanwaumlchst aumlhnlich wie auch das geborene Kind weiter waumlchst 2 Niemand hat das Recht diesem heranwachsenden Menschen das Recht auf Leben zu nehmen Das Recht auf Leben wird dem ungeboshyrenen Kind weder durch die Eltern noch durch die Gesellschaft noch durch den Staat verliehen Das Recht auf Leben ist ein elementashyres Menschenrecht 3 Der Staat hat die Pflicht mit den ihm zur Verfuumlgung stehenden Mitteln Leben zu schuumltzen Er muszlig deutlich zum Ausdruck bringen daszlig es sich bei einem Verstoszlig geshygen das Lebensrecht eines andeshyren Menschen um ein schweres Unrecht handelt Strafrecht das vor allem diesen Unrechtscharakshyter zum Ausdruck bringt und soshyziale Maszlignahmen muumlssen sich da-

Auftrag 201

bei ergaumlnzen 4 Die Position der Kirche orienshytiert sich nicht an der Verurteilung derjenigen die gegenuumlber dem Leshybensrecht eines anderen schuldig geworden sind Sie orientiert sich am unbedingten Einsatz fuumlr das Leben 5 Die Kirche weiszlig um die Verstrikshykung in Schuld erfahrene Auswegshylosigkeit und Suumlnde Die Kirche steht zugeich zu ihrem Auftrag bei begangenem und bereutem Unshyrecht Vergebung und Versoumlhnung zu vermitteln 6 Die Kirche wird ihren Einsatz fuumlr das Lebensrecht aller Menshyschen - geborenen und ungeboshyrenen - nicht aufgeben Sie ist sich bewuszligt daszlig sie selbst die Gesellschaft und die Politik noch mehr dazu beitragen muumlssen ein kinderfreundliches Klima zu schafshyfen und Hilfen anzubieten damit Konflikte im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft vermieden oder geloumlst werden koumlnnen

(aus Pressedienst der DBK shyDokumentation vom 12392)

Woche fuumlr das Leben 1992

Die Vollversammlung hat beshyschlossen die im vergangenen Jahr erstmals veranstaltete Woshyche fuumlr das Leben auch in den Jahren 1993 und 1994 durchzufuumlhshyren In diesem Jahr steht die Woshy

25 Auftrag 201

ehe fuumlr das Leben (17 bis 24 Mai) die am 16 Mai mit einer zenshytralen Veranstaltung in Dresden eroumlffnet wird unter dem Thema Fuumlr eine kinderfreundliehe Geshysellschaft

Wir wollen mit dieser Woche fuumlr das Leben immer wieder das Bewuszligtsein fOr den notwendigen Schutz des Lebens in allen seinen Phasen wachruumltteln Im letzten Jahr stand das Lebensrecht des ungeborenen Kindes im Mittelshypunkt In diesem Jahr geht es um eine kinderfreundliche Gesellshyschaft In den naumlchsten Jahren werden wir den Umgang mit dem behinderten und alten Leben beshysonders betonen

Die Europa-Sondersynode hat empfohlen in jedem Land jaumlhrlich einen Tag oder eine Woche fuumlr das Leben in allen Verbaumlnden und Pfarrgemeinden durchzufuumlhshyren und im Lauf der Zeit diesen Tag oder diese Woche auch geshymeinsam festzulegen

(aus Pressedienst der DBK shyDokumentation vom 12392)

Kirchentraumlume junger Menschen

Wir traumlumen von einem Gottesshydienst - in dem gesungen gelacht und

getanzt aber auch geweint werden darf

- in dem sich jeder alte und junshyge Menschen aktiv beteiligen

- in dem Gebete nicht runtergeshyleiert sondern auch neue selbstgestaltete Texte und Geshybete vorgetragen werden

- in dem z B durch die Fuumlrbitshyten die konkreten Anliegen der Gemeindemitgliede zur Sprashyche kommen

- in dem sich die Banknachbarn begruumlszligen und vorstellen

- in dem die Mitarbeiter und Mitshygestalter des Gottesdienstes namentlich erwaumlhnt werden

Wir traumlumen von einer Kirche - die sich der Politik und der buumlrshy

gerlichen Moral nicht anpaszligt sondern gemaumlszlig der Botschaft Jesu Christi Stellung nimmt in der Frauen die gleichen Chancen wie Maumlnner haben die durch demokratische Strukturen aufgebaut ist in der nicht nur Priester Bishyschoumlfe und der Papst das Sashygen haben in der Christen nicht durch Christen ausgegrenzt werden wie z B die wiederverheirateshyten Geschiedenen die ihre Menschlichkeit und dashymit auch ihre Fehlerhaftigkeit eingesteht die deutlich auf der Seite aller Unterdruumlckten und Benachtci ligten steht

Wir traumlumen von Priestern - denen man die froh machende

Botschaft auch ansieht die Herzlichkeit und Waumlrme in dieshyse Welt tragen

- die oumlfters ihren Kopf aus der

26 Auftrag 201

Bibel heben und schauen ob die Gemeinde Oberhaupt noch da ist

- die mit und nicht fOr die Geshymeinde das Evangelium deushyten

- die bei ihren Predigten und bei ihrer Verkuumlndigung Zwischenshyfragen erlauben

Wir traumlumen von einer Gemeinde - in der Konflikte offen und fair

miteinander ausgetragen wershyden

- in der Jugendliche und Ershywachsene miteinander und nicht uumlbereinander sprechen

(unbekannter Verfasser)

Der Christ zwischen Angst und Vertrauen 1 Vorbemerkung

In Psalm 21 finden wir eine Forshymulierung die recht modern anshymutet und die wir in anderer Sinnshygebung in der Existenzphilosophie Martin Heideggers als Geworfenshyheit (Sein und Zeit) wiederentdekshyken In diesem Psalm klagt der Beshyter Vom Schoszlig meiner Mutter an bin ich auf dich mein Gott geworshyfen ein Rachen tut sich auf wishyder mich hingegossen bin ich in den Staub wie Wasser Du hast mich hinabgefuumlhrt zum Staub des Todes

WeQQ die HerausforderuQgeQ groumlszliger werdeQ

sagt die HoffQuQg die aus der Bibel kOIlIlt

werdet ilr ebeQfal1s waclseQ (Berthold Lutz)

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Gleich der naumlchste Vers laumlszligt ershykennen wer gemeint ist und wer die Tiefen der Angst im Gehorsam bis auf den Grund wird durchleishyden muumlssen nachdem er aus dem goumlttlichen Sein hinausgetreten ist in die Aumlngste dieser Welt Sie hashyben mir Haumlnde und Fuumlszlige durchshybohrt

Die Todesangst Jesu und seine Auferstehung sind unausloumlschlishyche Zeichen an denen sich diejeshynigen orientieren die im Dunkel ihshyrer Not dennoch Hoffende in der Geborgenheit Gottes sind und wisshysen daszlig Dunkelheit letztlich nur jenen zukommt die vom Licht der Liebe Gottes abgewandt leben wollen Der tiefste Grund der Angst wird in der letzten Vater-Unshyser-Bitte deutlich und fuumlhre uns nicht in Versuchung sondern reishyszlige uns hinweg von dem Boumlsen weil houmlchste Angst walten sollte wo Bodenlosigkeit des Glaubensshyabfalls droht

Das Christliche des einzelnen und der Gemeinschaft ist in der Angst unloumlslich verbunden mit der von Jesus Christus geforderten lieshybenden Sorge um den Naumlchsten auch den Feind (Joh 15 13 Rouml 5 10 Mt 5 41 Rouml 9 3) Es geht um die Mitverantwortung in dieser Welt und Ober den Tod hinaus

Es gibt heute eine Bosheit mit gutem Gewissen eine Finsternis die meint alles tun zu koumlnnen was mit Macht und Geld und ruumlckshysichtslosem Eigeninteresse moumlgshylich ist (auch das Toumlten der Ungeshyborenen im Mutterleib) Es handelt

sich um eine Bosheit die sich selbst abzuloumlsen gewillt ist von dem Erloumlsungswillen Gottes mit dieser Welt und dafOr eigene Maszligshystaumlbe der LOge und Menschenshyfeindlichkeit setzt Es ist jener schreckliche SchaUen von dem der Heilige Petrus spricht wenn er sagt der euch aus der Finsternis berufen hat in seine wunderbares Licht (2 Petr 2 9)

Aus Glaube Hoffnung und lieshybe und der seiner Kirche verheiszligeshynen Gnade will die in Kreuz und Auferstehung eingeborgene Angst mitsuumlhnend uumlberwunden und wo sie greifbar wird mitgetragen wershyden

Zwischen Angst und Vertrauen erwaumlchst dem Christen jener unshyuumlberbietbare OpUmismus der eben nur aus Glaubenswirklichkeit hervorgehen kann der die Geworshyfenheit ins Nichts entgegengeshysetzt ist

2 Was ist Angst Angst bezeichnet im Gegensatz

zur Furcht jenen Zustand der in einer Konfliktlage keinen Ausweg erkennbar macht

Furcht ist mehr an einen Gegenshystand gebunden der wenn seine Bedeutung entfaumlllt auch keine Furcht mehr ausloumlst

Angst entsteht zwischen mehreshyren Spannungspolen die jeder auf seine Weise Ausweglosigkeit und Ratlosigkeit suggeriert

Die Angst vor der Angst ist dashybei eine zusaumltzliche Komponente

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die die Ausweglosigkeit bis zum Zusammenbruch immer maumlchtiger erscheinen laumlszligt

Angst in ihren Tiefen Breiten und ihren schleichenden Dimenshysionen zeigt sich in verschiedenen Verkleidungen - als Instrument der Macht Herrshy

schaft Autoritaumlt und des Tershyrors

- als Begleiter von Krankheit und der Probleme im menschlishychen Miteinander

- als Schatten der Erziehung - als religioumlses Phaumlnomen - als Angst der Minderheit - als Antwort auf das Gescheshy

hen der Gegenwart z B menshyschenfeindliche Technik usw

- als Angst vor dem Tod - als Vorwissen um das Komshy

mende aber schon in der Angst Wirkende

- als Attribut unseres gesellshyschaftlichen Lebens (Ratlosigshykeit in der Rastlosigkeit Nuklemiddot arwaffen Kriege in der Welt Anonymitaumlt Konsumzwang und Isolierung Zerstoumlrung der Natur und der Umwelt)

Ist Angst ein Unwert oder beinshyhaltet sie vielleicht doch - wenigshystens als Warnzeichen als Ausloumlshyser houmlchster Aktivitaumlt oder als Beshyweggrund eigenes Schuldverhalshyten zu aumlndern - einen Sinn

Die Vielfalt mit der uns Angst begegnet laumlszligt vermuten daszlig es eine schlOssige Antwort gar nicht gibt oder vielleicht waumlre gerade darum die Antwort ganz einfach Aber wie lieBe sie sich finden

Auftrag 201

Gibt es vielleicht jenseits aller Kulturen jenseits aller Rationalishytaumlt einen Raum der in aller Angst frei von Angst ist der Flucht und Ruhepunkt zugleich ist

Wir mOssen einen Weg suchen der auch dem Christen gangbar ershyscheint und weder durch Fatalisshymus noch durch Ignoranz verstellt wird

3 Tiefen der Angst 1) Zunaumlchst Wie und wo wirkt

die Angst Angst weckt unaufhoumlrshyliches Wachsein das aus dem Vershyborgenen aufsteigt und dem weder Schlaf noch gesuchte Entspanshynung gewachsen sind Sie ist ein unausweichliches Wissen das sich brutal immer wieder in den Vordergrund schiebt alles wie ein feindlicher Nebel uumlberlagernd Leib Seele und Geist gleicherweishyse in Mitleidenschaft zieht tief in die Schichten der Person einshydringt

Das was dauernd belastet was scheinbar nicht ausgeraumlumt werden kann was die Selbstvorshywuumlrfe anheizt was als Spannung in einem Konfliktfeld existiert bleibend erscheint was schlieszligshylich als die Angst vor der Angst zushysaumltzlich bedrOckt den Atem nimmt Alles das ist Angst

2) Eigenwirksame Kraumlfte Geshygenstaumlnde Institutionen Gegeshybenheiten koumlnnen in der Vorstelshylungsweit so stark werden daszlig der ruhende Pol menschlicher Geistigshykeit keinen inneren Frieden zu schenken vermag

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Wo immer ein Mensch lebt gibt es fuumlr ihn mehrere Bezugsgroumlszligen - Der Lebensraum (als soziales

Feld) die innere Verfassung seines Lebensraumes die in diesem Lebensraum wirshykenden Kraumlfte die aumluszligeren Einfluszliggroumlszligen Grenzen Durchlaumlssigkeit Vershyschlossenheit des Lebensraushymes

- das Wissen um die Wirkkraft des Religioumlsen in sich selbst und die Art wie Welt Zeit und Raum gesehen werden (Weltshyanschauung)

- Wehrlosigkeit gegenuumlber der Angst

3) Abgesehen von den psychoshypatologischen Eigengesetzlichkeishyten wirken sich in einem sozialen Feld Ordnungen oder Unordnunshygen zu einem bestimmten Zeitshypunkt und mit der Gesamtheit der Fakten der Personen der Umwelt und des Verhalten zu- oder gegenshyeinander aus Die Gesamtheit der Fakten schlieszligt alle psychophysishyschen und psychobiologlischen Bedingungen sowie die Gegebenshyheiten soziologlischer oumlkonomishyscher und oumlkologlischer Art ein (Ausgehend von K Lewin Feldshytheorie S 31)

Ordnung wieder herzustellen das ist das was als ebenso starker Wunsch gegenwaumlrtig ist wie die Angst selbst

Angst entwickelt dabei eine Hemmschwelle durch die dieser Weg unmoumlglich erscheint Das

gibt dem Konflikt seine zerstoumlrenshyde Dimension

4) Die Wiederherstellung einer Ordnung und des Ruhens in sich selbst kann nur selten aus eigener Kraft gefunden werden

Es bedarf der Hilfe von auszligen es bedarf der Sprache des Ausshysprechens und Ansprechens es bedarf der Zuversicht daszlig die Last der Angst weichen kann daszlig jeshymand da ist der diese Angst vershysteht verstehen will mit tragen will Wege der Loumlsung finden hilft Der Christ weiszlig daszlig er mit den unshyverzichtbaren mitverantwortungsshyvollen Diensten der anderen rechshynen kann die noch festen Boden unter den Fuumlszligen haben Aber weiszlig er das im Einzelschicksal wirkshylich

5) Es gibt aber auch eine Angst wie sie uns im Alten und Neuen Teshystament entgegentritt die Angst derer fOr die Gott nicht existent und auch keine persoumlnlichkeitsshypraumlgende Wirklichkeit ist

Fuumlr diejenigen die das Antlitz Gottes aus lauterem Herzen sushychen duumlrfte es eigentlich keinen anderen Grund zur Angst geben als den Gott und den Glauben an ihn damit aber die Heilszuversicht zu verlieren Daruumlber aber wird spaumlter zu reden sein Indessen sind die Daseinsschwierigkeiten die soziale Not und Enge oft so groszlig und erscheinen objektiv manchmal so aussichtslos daszlig die Existenzangst das Leben selbst ins Unertraumlgliche draumlngt Die caritative Arbeit in den Geshy

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meinden zeigt wie unverziehtbar und aus den Forderungen Christi heraus notwendig die persoumlnliche und institutionelle Zuwendung in der Verantwortung fuumlreinander ist wie notwendig der Mut zur persoumlnshylichen Hilfe ist Es gibt aber auch eine Daseinsnot die aus zwishyschenmenschlichen Beziehungen entsteht und im Verborgenen zu ausweglosen Situationen anshywaumlchst Dann geht es nicht mehr um das Wollen sondern um das nicht mehr Bewaumlltigen koumlnnen

S) Die aus philosophischen Ershywaumlgungen gefaszligten Urteile Ober die Angst kommen in mannigfaltishygen Aussagen zum Ausdruck

Martin Heidegger spricht von der Geworfenheit (Sein und Zeit) Jean Paul Sartre vom Ekel (La Naushysee) Albert Camus von Absurdishytaumlt aber auch von ihrer Sinnlosigshykeit um Sinn zu finden (Der Myshythos des Sisyphos) Karl Jaspers erkennt die Zerrissenheit des Wertseins zwischen Existenz und Transzendenz (Der philosophische Glaube und Ursprung und Ziel der Geschichte) Ludwig Feuerbach lehrt die Selbstentfremdung durch Gott (Das Wesen des Chrishystentums und Kritik der HegeIshyschen Philosophie)

Friedrich Nietzsehe laumlszligt in der Froumlhlichen Wissenschaft den tollen Menschen sagen Wohin ist Gott Ich will es euch sashygen Wir haben ihn getoumltet Wir alle sind seine Moumlrder Der tolle Mensch sagt aber auch - man darf das nicht unterschlagen

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Dies ungeheure Ereignis ist noch unterwegs und wandert - Ist es schon bei uns angekommen wershyden wir wohl fragen muumlssen

Fuumlr Kiriloff (Dostojewski Die Daumlmonen) entsteht Gott aus der Angst und Simone de Beauvoir reshysigniert Gott stahl mir die Erde (Die Mandarine von Paris)

7) Die Toumldlichkeit nicht wahr - genommener Angst naht sich dort wo der Mensch die Wahrheit von Kreuz und Aufersteshyhung leugnet und die SelbstlOge zum Teil seiner Existenz macht Die hieraus entstehende Dunkelshyheit und Verhaumlrtung des Herzens (Eph 4 18 und Hebr 3 8) geht so weit daszlig die bewuszligte Gottesleugshynung keinen Trost der Ober die Rastlosigkeit der Welt hinausshyweist annehmen will und kann Den Bekenntnissen fOr Ersatzziele mit negativem Glaubensinhalt stellt das Christentum das GlaushybenSbekenntnis an die Menschshywerdung Gottes entgegen Diese unteilbare Wahrheit ist in Gefahr zerredet zu werden und wird dashydurch dem Hinterfragen ausgelieshyfert

Die Frage nach der Wahrheit hat sich wieder neu auch der Theoloshygen aber leider nicht immer in klaumlshyrender Weise bemaumlchtigt E Husshyserl kommt in seinen Logischen Untersuchungen I TObingen zu der Uumlberzeugung daszlig der Kampf der Philosophie gegen die Wahrshyheit ein existentes Phaumlnomen ist (Vgl B Schwarz Wahrheit und Wissenschaft in Oumlsterr Klerusshy

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blatt 78 1968) Wort Gottes und Glaube der Kirche kann und darf nicht ohne Beruumlcksichtigung des Glaubensganzen hinterfragt wershyden (H KOng Christ sein und Existiert Gott sowie die sog Koumllner Erklaumlrung) Es ist ua merkwuumlrdig daszlig die Koumllner Erklaumlshyrung von Entmuumlndigung spricht aber katholische Muumlndigkeit nicht definiert und von ihren Verfechtern auch nicht angesprochen wird Man spricht gern von der Hiershyarchie der Wahrheiten aber man vergiszligt daszlig diese im Rahmen des Glaubensganzen gesehen werden muumlssen

4 Angst im Alten und Neuen Testament

1) Das Alte Testament beshyschreibt treffend die zweifache Wirkung der Angst Sie nimmt einshymal die Sicht auf die durch die Vernunft dargebotenen Hilfen Inshydem aber die Hoffnung verblaszligt entschwindet durch die Moumlglichshykeit die Ursache welche die Qual der Angst veranlaszligt zu erkennen (Weish 17 11)

Der Boumlse flieht auch wenn ihn niemand verfolgt (Spr 28 1) Wer Gott verachtet und das Boumlse sucht verliert das Gespuumlr fuumlr den Grund der Angst er irrt umher geshytrieben vom Traumgesicht der Seeshyle und wundert sich im Erwachen vor seiner Furcht vor nichts (Sir 401 - 7)

Die Unbelehrbaren verfallen imshymer tiefer in den Irrtum erkranshy

ken an laumlcherlicher Angst und werden gefesselt von der Finstershynis sich selbst zur Last (Weish 171-18)

2) Das ganze Alte Testament durchzieht aber auch der Gedanke an den troumlstenden Gott der von alshyler Angst heilt Fuumlrchte dich nicht denn ich erloumlse dich (Is 43 1) Gedenkt nicht mehr des Fruumlheshyren seht ich schaffe immer wieshyder neu Jetzt sprieszligt es merkt ihr es nicht (Is 43 18f) Und Wer in den Geboten Gottes treu verharrt fOrchtet sich zu keiner Zeit (Sir 22 23)

3) Auch das Neue Testament fahrt die Linie troumlstender Worte weiter um sie im Wissen uumlber das Heilswerk Jesu einmuumlnden zu lasshysen in eine neue Dimension des Geistes Gott gab uns nicht den Geist der Furcht und Verzagtheit sondern der Kraft und Liebe und der Besonnenheit (2 Tim 1 7) Furcht ist nicht in der Liebe sonshydern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus (1 Joh 4 18) Nur wer nicht liebt bleibt im Tode (1 Joh 314)

Wie oft macht Jesus bei den vier Evangelisten den Seinen Mut mit dem Wort Fuumlrchtet euch nicht In immer wieder neuen Aspekten schaumlrft er den Blick fuumlr die Wirkshylichkeit des Heils in der Wirklichshykeit der Welt tuumlr die Angst die aus der Gottlosigkeit und Suumlnde ershywaumlchst und tor die Liebe die im Tod zur Auferstehung und Vollenshydung reift

Der Tod Christi ist ein Tod des

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suumlndenlosen menschgewordenen Gottes in den der Mensch sich hineinfallen lassen kann und muszlig aber mit dem es keine Identitaumlt gibt Jesus schreitet einer Angst entgegen die nie ein Mensch wird ermessen koumlnnen Aber in dem Uumlberwinden dieser tiefsten und unergruumlndlichen Angst gebietet er Habt keine Furcht (H U v Balthasar)

4) Wer sich die Muumlhe macht die Aussagen des Alten und Neuen Testaments uumlber die Angst nachshyzulesen wird eine uumlberraschende Feststellung machen Angst ist eine Daseinsgroumlszlige und Gott macht in seinem Wort weder das Leid noch die Angst kleiner Es scheint dagegen Gott macht die Angst zu einem schoumlpferischen Wert wie eben Leid und Tod schoumlpferische Durchgaumlnge sind

Andererseits steht der sinnloshysen Angst das Vertrauen entgeshygen das Gott als Lebensvorausshysetzung schenkt und erwartet Wenn ihr in meinen Geboten lebt verleihe ich dem Land Frieden Ihr koumlnnt euch niederlegen ohne daszlig ihr euch aumlngstigen muumlszligt Ich schlage meine Wohnstaumltte in eurer Mitte auf (Mos 26 1 -13 und Ps 30)

Angefangen von dem Auftrag an Abraham gegen alle Hoffnung auf Gott zu vertrauen bis zum Auszug aus Aumlgypten und weiter bis zur Todesangst Jesu und seinem vershyzweifelten Schrei Mein Gott warshyum hast du mich verlassen fuumlhrt der groszlige Bogen der Heilsmitteishy

lung zur Auferstehung Hier wird auch der Sieg Jesu uumlber die Angst endguumlltig Die Vernichtung des letzten Feindes (1 Kor 15 26) ist das letzte Werk dieses Sieges

Die Zuversicht ist seitdem unendlich geworden Wenn unser Herz uns anklagt so ist Gott groumlshyBer als unser Herz (1 Joh 3 20) Dagegen sollte uns das Wort Wer nicht liebt bleibt im Tode (1 Joh 3 14) wirklich aumlngstigen weil wir hier taumlglich Schuldige werden

5) Die erste Liebe von der die Apokalypse in den sog Gemeindeshybriefen (Offbg 2 4) spricht meint einen immer wieder neuen schoumlpshyferischen Aufbruch zu Gott

Das einzige Gegengewicht geshygen die Angst ist die Liebe weil sie in ihrer vertikalen Dimension den Glauben und in der Breite die Hoffnung maszliglosen Vertrauens umfaBt Paulus definiert sie im ershysten Korintherbrief 13 1 - 8 Jesus fordert So sollt ihr einander lieshyben wie ich euch geliebt habe Der Apostel Judas Thaddaumlus fuumlgt genial einfach die Gnadenerweise Gottes zu einer Dreiheit zusamshymen Erbarmen Friede Liebe (Judasbrief) Es gibt eine Angst Gottes um diese Welt eine Sorge dessen der alles schoumlpferisch geshyordnet hat in seinen Haumlnden haumllt und neu verwandeln wird eine Sorshyge aus der die Macht der Kinder Gottes hervorgeht (Joh 1 12) die denen gegeben wird die Ihn aufshynehmen in einer Welt die das Licht von sich weist (H U v Balshythasar)

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6) Der legitime Ort mit Anshyspruch auf Verbindlichkeit vom Tod zu reden ist die Kirche und in ihr das Wort Jesu der Tod und Auferstehung als Heilsauftrag auf sich nahm Erst von hier kann Trost in der Antwortlosigkeit des Leids erwartet werden

Wer stirbt weiszlig daszlig es nach dem Hinscheiden keinen Ersatz fuumlr ihn geben wird daszlig die eigene Einmaligkeit verlischt um aus christlicher Sicht einen neuen Nashymen zu empfangen den nur der Empfaumlnger kennt (Offbg 17 5)

Die Endguumlltigkeit und das schweigende Versinken sind es die jene Angst hervorrufen die durch nichts aufgehoben werden kann als eben durch die glaumlubige Annahme der Unausweichlichkeit besser als durch das Hineinlegen des Lebens und Sterbens in die Hand Gottes um neues Leben zu empfangen Das Schweigen Gotshytes wird im Tod zum Beginn der verborgenen Begegnung mit der Ewigkeit in die uns die Erloumlsungsshytat Jesu hineinnehmen will Noch heut wirst Du mit mir im Paradiese sein (Lk 2343)

5 Die Angst des Soldaten Der Soldat der mit der Angst

kaumlmpft ist weder aumlngstlich noch feige Seine Angst entsteht exishystenziell aus der Notwendigkeit die unausweichlich ist das Leben einzusetzen

Er setzt dagegen den Mut des Geistes der die Pflicht beseelt

Eine Definition der Pflicht aber muumlszligte um diesem Zusammenshyhang gerecht zu werden die Beshygriffe Bereitschaft soldatisches Koumlnnen und das Vermoumlgen dieses Koumlnnen zu verwirklichen Tapfershykeit Umsicht und Entscheidungsshykraft Gewissen und Gehorsam Verantwortung und Wissen um die Gefahr enthalten Aus diesen die Persoumlnlichkeit praumlgenden Kraumlften faumlllt Licht auf jenes Wort aus eishynem Soldaten gesetz Furcht vor persoumlnlicher Gefahr entschuldigt eine Tat nicht wenn die soldatishysche Pflicht verlangt die Gefahr zu bestehen Die Krankenschweshyster der Polizeibeamte und der Feuerwehrmann z B setzen taumlgshylich auch ohne ein solches Wort im Hintergrund ihre Gesundheit ein um fuumlr andere da zu sein

Die Angst ist kein Gespenst Sie ist im militaumlrischen Bereich das Attribut moderner Kampfmittel Man darf es nicht zu gering veranshyschlagen daszlig die Bereitschaft sich fuumlr die Freiheit und das Gute einzusetzen diese konkreten Aumlngshyste aufzuwiegen vermag und sich staumlrker erweist als das bereitgeshystellte Verderben

6 Das Kind in der Angst 1 Eine kleine Geste fuumlhrt uns

an das Gemuumlt des Kindes heran wenn es eine Stoffpuppe oder ein Pluumlschtier liebevoll an sich druumlckt und dabei (neben der innigen Zushywendung) in kritischen Phasen seishy

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ner Entwicklung Trost in der Angst findet

Eltern sollten wissen daB die Entwicklung des Kindes nicht automatisch und reibungslos von einer Stufe zur anderen ablaumluft sondern daB das Kind mit jeder Entwicklungsphase neue Erfahshyrungen macht aber auch neue Aumlngste kennen lernt Je nach den gegebenen Umweltbedingungen und den Kraumlften des sozialen Felshydes in dem es lebt und in der Zushyoder Abwendung der Eltern lernt es diese Aumlngste zu Oberwinden oder bleibt ihnen unterschwellig manchmal zeitlebens ausgelieshyfert

2) Der Hilflosigkeit des Kindes steht die FOrsorge der Schutz und das Heilende elterlicher Freundshylichkeit gegenOber die das Kind in das Unbekannte des Lebens hinshyein begleitet Was wir Tapferkeit nennen ist fOr das Kind ein schrittshyweises Kennenlernen von Angst und Furcht und deren Uumlberwinshydung Nur Das muB man wissen Kinder koumlnnen aber das was sie als Unnennbares erleben nicht reshyflektieren

3) Die Neugiertreibt das Kind in das Abenteuer des Lebens Wie oft erfahren Eltern von ihren laumlngst ershywachsenen Kindern was sie alles an Erlebnissen durchgestanden haben aber im erernten Erkennen der Grenzen vor der verletztenden Gefahr bewahrt blieben

Der zusaumltzliche Druck auf das Kind durch die Angst vor Schuld und Strafe vor Alleinsein und Dunshy

kelheit belastet um so mehr als die Eltern keine Zeit mehr fOr die Kinder haben Modernes Spielzeug macht heute die Eltern entbehrshylich weil Kinder bei Video Fernshysehen und Computerspielen so gut aufgehoben sind Die Folgen geistiger und seelischer Art wershyden nicht ausbleiben

4) Wer in diese Welt hineingeshyboren wird und in immer neuen Leshybensringen Existenz erleben und verarbeiten muB bedarf der Fuumlhshyrung deren Ziel die angstfreie Beshygegnung mit Dingen und Menshyschen bei Urteilsfaumlhigkeit und Wissen um Grenzen sein sollte Ohne Geborgenheit in der kleinen Welt der Familie in der das Kind Liebe und Schutz erfaumlhrt Urteil Grenzen und Normen kennen lernt gibt es kein Erwachsenwerden das der Welt gewachsen ist Ohne wirkliches Kindsein wird niemand wirklich erwachsen sondern bleibt ewig pubertierend unershywachsen mit allen Aumlngsten und Hemmungen die hierin eingeshyschlossen sind Ohne Wissen um Grenzen kein Gewissen

5 Mit der Entwicklung reift das Denken durch Sprache Ein Kind muB lernen sich auszusprechen um seinen Aumlngsten seinem Erleshyben und seinen GefOhlen und Agshygressionen Ausdruck verleihen zu koumlnnen Das Kind sollte bei aller Fuumlhrung lernen positive aber auch negative Gegebenheiten seishyner kleinen Welt durchzustehen Das kann es nur wenn die Dinge vorher nOchtern beim Namen geshy

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nannt werden Aumlngste duumlrfen weshyder verniedlicht noch groumlszliger geshymacht werden als sie natuumlrlichershyweise sind Das Maumlrchen des Kaishysers neue Kleider entkleidet die Dinge die ihm angehaumlngt worshyden sind von der Illusion um sie schlieszliglich zu sehen wie sie sind Merkwuumlrdigerweise konnte das nur ein Kind weil es unverbildet das Wirkliche der Dinge sah

6) Als Jesus die Kinder zu sich rief verband er an die Erwachseshynen gewandt kindliches Denken mit dem nuumlchternen Hinweis auf das Himmelreich um ihnen und den Erwachsenen ein letztes Ziel zu zeigen von dem her erst alles andere sinnvoll erscheint

Die Groszligen und so Klugen vershylieren leicht die Wirklichkeit aller Wirklichkeiten aus dem Blick weil sie vor lauter vorletzten Interessen fuumlr das Letztguumlltige blind geworshyden sind So bleiben sie mit ihren Aumlngsten in der Welt des Vorletzten allein und finden fuumlr sich und anshydere keinen Ausweg aus den Krishysen der Angst und der ihr vorangeshyhenden Konflikte

7 Der Christ in der Katastrophe

1) Der Christ in der Katastroshyphe dieser Gedanke soll uns nun in der Uumlberlegungen uumlber die Angst beschaumlftigen

Was sind Katastrophen Katashystrophen sind ploumltzliche lebensshybedrohende Ereignisse natuumlrlicher oder durch den Menschen geshy

schaffener Ursachen deren Wirshykungen Zerstoumlrung physischer seelischer politischer oumlkonomishyscher kultureller wirtschaftlicher oder anderer Art zur Folge haben Was bei Katastrophen sofort in den Mittelpunkt der Betroffenen und betroffen Auszligenstehenden geraumlt ist die Todesangst ist die Angst vor und in der Wucht zerstoumlshyrender Kraumlfte denen der Mensch wehrlos ausgeliefert ist

Kriege Erdbeben Lawinen Grushyben- und Flugzeugkatastrophen Epidemien usw bilden ein mehr oder weniger begrenztes Ereignisshyfeld in denen sich menschliches Verhalten der noch Lebenden von der laumlhmenden Lethargie uumlber houmlchste Erregung bis zur kopfloshysen Panik zeigen kann

Andererseits bricht dann eine Welle von Hilfsbereitschaft aus die sich mit Abklingen der ersten Schreckreaktionen oft als wenig organisationsgerecht erweist und im unbesonnenen Uumlbereifer an falshyscher Stelle erfolgt weil es an Uumlbersicht fehlt Wo sich aber Hilfsshybereitschaft und Sachverstand mit schnellen aber treffsicheren Entshyscheidungen verbindet ist Hilfe auch lebensrettend

Jeder kann in Katastrophen geshyraten der Christ wie der N ichtshychrist Alle haben Angst alle durchleiden die Gefahr entspreshychend physiologischer und geishystig-seelscher Ablaumlufe und alle zittern

Vielleicht ist es das Zusammenshytreffen von Demut und Vertrauen

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von Ergebenheit in das Unabaumlnshyderliche und Gebet von Selbstvershygessenheitmiddot und Umsicht was Pershysonen - selbst in Todesgefahr shyherausragend kennzeichnet wenn sie in houmlchster Gefahr an das Leshyben und den Schutz anderer denshyken Aber das muumlssen nicht unbeshydingt Christen sein Den aus dem Glauben eingeuumlbten Christen praumlgt vielleicht gerade in Todesnaumlshyhe noch etwas anderes das Wisshysen um eine letzte Eingeborgenshyheit in Gott Das Wort - vielshyleicht - mag hier angebracht sein weil niemand weiszlig wie er sich auch als Christ in auswegshylosen Grenzsituationen verhalten wird

Wer aber im Ganzen des Lebens stets das Ganze des Glaubens vershywirklicht hat wird in haumlrtestem Ausgeliefertsein Ober Seelenkraumlfshyte verfuumlgen die dann allen im Umshyfeld Betroffenen zugute kommen Berichte uumlber Katastrophenfaumllle jedenfalls lassen solch starkes Verhalten durchscheinen

2) Es fragt sich ob nicht das Toumlten der Kinder im Mutterschoszlig mit gutem Gewissen eine der groumlszligshyten Katastrophen unserer Zeit ist In den letzten zwanzig Jahren sind mindestens zehn Millionen Kinder allein in der Bundesrepublik hingeshymordet worden

Es ist aber auch zu fragen ob nicht die Geschichtslosigkeit mit der unsere Jugend aus der Schule entlassen wird ob nicht der Manshygel an religioumlsem Wissen und relishygioumlse Interessenlosigkeit von EIshy

tern und Schule eine Katastrophe groumlszligten Ausmaszliges mit unabsehshybaren Folgen ist Ist zu fragen ob nicht die emanzipatorische Paumldshyagogik einen katastrophalen Kahlshyschalg an Gemot Charakter und Ethik bedeutet und ihre Wirkung heute in immer offeneren Formen zeigt ob nicht das destruktive Gruppenverhalten der fruumlhen 60er Jahre ein Vakuum an innerer Chashyrakterstaumlrke hinterlassen hat in das immer wieder neue wirre Ideoshylogien Eingang finden Solange Frauen im Namen ihrer Freiheit und ihres Berufes die in ihnen wachsenden Kinder der Zerreiszligshymaschinerie (woumlrtlich gemeint) der Abtreibung preisgeben muumlssen sie sich nach den Beweggruumlnden des Toumltens fragen lassen Die Antshyworten enthuumlllen dann das ganze katastrophale Ausmaszlig des Verlushystes an Ehrfurcht vor dem Menshyschen und seiner Wuumlrde Einershyseits verweigern junge Menschen den Dienst mit der Waffe um nicht toumlten zu massen andererseits ist das Toumlten unschuldiger Kinder zur Gewohnheit geworden Die Hinshyrichtung der Kinder im Mutterleib ist eines der beschaumlmendsten Zeichen unserer Zeit

Das Toumlten mit guten Gewissen ist nicht weniger erschreckend als der Krieg mit seinen Folgeerscheishynungen

3) Schlieszliglich waumlre im kirchshylichen Raum daruumlber nachzudenshyken welch innere Selbstzerstoumlshyrung die Kirche durch theologishysches Hinterfragen der Glaubensshy

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und Lebensgrundlagen erleidet Die katastrophale Auswandeshy

rung aus der Kirche bis auf einen verbliebenen Rest derer die wirkshylich noch aus dem Glauben leben wollen zeigt daszlig Katastrophen nicht nur augenscheinlich und ploumltzlich lebensbedrohend wershyden sondern daszlig sie selbstgeshymacht mit der Zeit zur Entfaltung und zur erschreckenden Ausshysichtslosigkeit kommen zuminshydest im Bereich des sogenannten christlichen Abendlandes das ein atemberaubendes Vakuum bereitgestellt hat Letztlich muszlig unsere Uumlberlegung unserer Welt gelten Was haben wir eigentlich aus unserer Erde gemacht Waumllshyder Fluumlsse und Meere sterben Die Atmosphaumlre wird zunehmend geshyschaumldigt Die egoistische Selbstshybestaumltigung mit der die Gesundshyheit und das Leben von Hundertaushysenden ruumlcksichtslos geopfert wird deuten auf einen Verfall an Moral und Verantwortung so daszlig sich der Gedanke aufdraumlngt weishyche Katastrophe eigentlich groumlszliger ist die des zerstoumlrten Lebens oder die vorausgegangene Ursashyche seelenlosen Handeins

4) In unserer durchtechn isiershyten Welt ist ein Problem entstanshyden das scheinbar unloumlsbar ist das Problem der seelenlosen Orshyganisation das dem religioumlsen und der christlichen Weltanschaushyung entgegensteht ja verschlosshysen ist Der Christ weiszlig aber daszlig in der Rationalisierung des Dashyseins der Mensch ein Wesen von

Leib Seele und Geist bleibt und vor Gott fuumlreinander Verantworshytung fOr die Gesamtheit der Schoumlpfung traumlgt

Der Rausch des immer wieder Neuen und Machbaren und der Geshyschwindigkeit ist vernuumlnftigen Uumlberlegungen durch glaubensbeshywuszligte Motivation unzugaumlnglich Wo aber die Verantwortung vor Gott geschwunden ist dort kann sich nur noch ein Egoismus gegen den Menschen ausbreiten Alle sind durch die Seelenlosigkeit geshyfaumlhrdet und alle haben Angst vor den Rasern vor den Umweltkatashystrophen vor der Anonymitaumlt vor dem Alleinsein vor der Interesseshylosigkeit am Schicksal des andeshyren

Welches sind die Schritte die uns hier herausfuumlhren Wird diese Frage unbeantwortet bleiben und damit die Katastrophe ihren Lauf nehmen Denn eines ist sicher aus innerweltlichen Normen und Vorstellungen kommen wir aus der selbstgeschaffenen Situation der Welt nicht heraus So sind alle dieshyjenigen gefordert fuumlr die das Wort Frieden ohne ideologischen Inhalt wirklich noch Frieden bedeutet fuumlr die das Leben von Anfang an noch Wuumlrde und Freiheit und Sinn aus unumstoumlszliglichen Normen und jener letzten Wirklichkeit empshyfaumlngt die von Anfang an war (1 Joh)

Wer wird denen welchen Vershyantwortung Befugnisse und Macht uumlbertragen wurde diese Leshybenswirklichkeit abverlangen

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wenn sie selbst nicht von jener Geistigkeit gepraumlgt sind und die Waumlhler der so gern zitierte Souveshyraumln sich nicht mehr auf seine polishytisch-weltanschauliche Urteilsshykraft verlassen kann

Der Friede der immer wieder so eifrig besprochen und ersehnt wird kann nur ein Frieden sein dem sich alle unterwerfen und seishyne uumlbergeordneten Normen anershykennen Dazu aber muumlszligte ein uumlbershygeordnetes Wollen Gottes anershykannt werden Es waumlre nuumltzlich daruumlber nachzudenken was Paushylus inmitten der Aumlngste jener Tage bewogen hat das Wort zu spreshychen Der Friede Christi herrsche in euren Herzen (KoI3 15)

Wenn nichts mehr geht wird auch dieses Wort in Ursache und Wirkung wieder ernst genommen werden

8 Schluszliggedanken Angst ist ein Phaumlnomen das

Leib Geist und Seele gleicherweishyse in seine Wirkung einbezieht

Ihr gegenuumlber ist Heilung notshywendig die ebenfalls den ganzen lVIenschen erreichen muszlig

Alle beduumlrfen einander Aber in einem letzten Sinn ist unser Heil nur in dem erloumlsenden Gott beshygrOndet

maior est Deus corde nostro et cognoscit omnia (1 Joh 3 20) (Gott ist groumlszliger als unser Herz)

Das Alte Testament spricht in Sir 120 von der Furcht des Herrn als der Wurzel der Weisheit Tho-

Auftrag 201

mas von Aquin setzt ihr als der inshynersten Freude in Gott die Aceshydia die Unlust an Gott die er als schwere Suumlnde bezeichnet gegenshyuumlber (Thomas v Aquin Qu 632 Bd 4 D Thomasausgabe)

Gottesfurcht wird auch immer an erster Stelle dort genannt wo von den sieben Gaben des Geistes die Rede ist

Der Begriff lieszlige sich auch in anshydere Begriffe aufloumlsen z B wie sie in den Paulusbriefen im 1 Petrusshybrief im 1 Johannesbrief und im Judasbrief vorkommen Friede Liebe Wuumlrde Besonnenheit Urshyteilskraft Reinheit des Herzens Anbetung und Dienst Sie werfen ihr Licht auf jeden zuruumlck der sein Leben aus dem Wort Gottes aus Sakrament Eucharistie und Vershyantwortung fuumlreinander gestaltet weil es einen Freiraum von aller Angst auch in der Angst gibt naumlmshylich dort wo der Heilige Geist wirkt wo Glaube in Existenz als Entscheidung der Liebe uumlbergeht

Johannes Cofalka

Quellen

Arbeits und OrientierungshIlfen

H Wiesbrock Hrsg Die politische und geshysellschaftliche Rolle der Angst EuropashyVerlag FrankfurtM 1967 V Faust Hrsg Angst Furcht Panik Stuttshygart 1986 eh Zwingmann Hrsg Katastrophenreakshytionen Frankfurt 1971 E Gruen Politik Angst und Gesellschaft Frankfurt 1979 H Schuumlrmann Jesu ureigener Tod Freishyburg 1975

39 Auftrag 201

K Rahner Grundkurs des Glaubens Freishyburg 1979 J Ratzinger Theologische Prinzipienlehre MOnchen 1982 L v Holzschuher Psychologie Seebruck 1955 K Jaspers Psychopathologie Frankfurt 1961 H U v Balthasar Der Christ und die Angst Einsiedeln 1976 H Meyer Geschichte der abendlaumlnd Weltshyanschauung Paderborn 1960 Thomas von Aquin Summa Theol I q 78 a 4 die Innern Sinne Deutsch-Lat Thoshymasausgabe Bd 35 Heidelberg-Koumlln 1961 J Auer J Ratzinger Kleine Katholische Dogmatik Bd IX Regensburg 1984 H U v Balthasar Der Geist der Wahrheit (Theologik Bd 111) Johannes 1987 H SchOrmann Das Lukasevangelium Bd I Freiburg 1965 (Exegetische Ausfuumlhrungen auch Ober den Heiligen Geist als Dynamis und Geheimnis der Dreifaltigkeit) K Lewin Feldtheorie in den Sozialwissenshyschaften Stuttgart 1963

Gottes ungeduldige Toumlchter Abschied vom Patriarchat

Das Zentralkomitee der Deutshyschen Katholiken hat Uumlberlegunshygen vorgelegt wie es zu einer besshyseren Kommunikation in der Kirshyche kommen koumlnne Dialog statt Dialogverweigerung - wie in der Kirche miteinander umgehen lautet der Titel des Papiers

Einer der SChwerpunkte dieser Uumlberlegungen ist der Abschnitt uumlber die Stellung der Frau Er beshyginnt mit einer ungeschminkten Situationsanalyse die nachfolshy

gend abgedruckt und zur Diskusshysion gestellt wird

Frauen heute lieben ihre Kirche und leiden an ihr Das verbindet sie untereinander das verbindet sie mit ihren Schwestern und MOtshytern durch die Jahrhunderte das verbindet sie mit allen die in dieshyser Kirche kein Zuhause finden weil sie hier ihr unverwechselbashyres Leben nicht einbringen koumlnshynen keine Stimme haben offen oder versteckt unterdruumlckt und abshygewertet werden und ausgeshyschlossen sind von der Macht

Es war einmal die junge Kirche war frauenfreundlich

Ein Blick in die Geschichte shyohne Glorifizierung - zeigt daszlig seit den ersten Tagen des oumlffentlishychen Auftretens Jesu Frauen mit seinen befreienden Worten und Taten leben mit seiner Botschaft des nahen Gottesreiches Frauen nahmen in der Nachfolgegemeinshyschaft der Glaubenden als die ershysten Verkuumlnderinnen der Aufersteshyhung Jesu einen einmaligen Platz ein Ihnen kam unOberholbare Beshydeutung zu als Prophetinnen und Mystikerinnen als Gemeindeleiteshyrinnen als Heilende und Heilige als Menschen mit reichen Begashybungen und vielfaumlltigen Berufunshygen Frauen gruumlndeten Orden und Lebensgemeinschaften trugen zur Bildung der Unwissenden bei zur Linderung von Not zur Troumlshystung der Trauernden und zur Weishytergabe des Glaubens Sie entwikshy

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kelten vielfache Identifikationsmushyster und Lebensformen - auch fOr Frauen ohne Familie - die ihnen Selbstbestimmung ermoumlglichten Anerkennung und Sicherheit gashyben und sie mit Kraft und Mut ausshyruumlsteten Durch die individuelle Ausgestaltung ihrer Froumlmmigkeit wurden diese zu Meisterinnen der Seelenfuumlhrung und eroumlffneten so sich und anderen in der Kirche eishynen Raum in dem sie ihre Faumlhigshykeiten zur vollen Entfaltung brinshygen konnten und ihre Erwartungen an ein gelingendes Leben erfuumlllt sahen Die Schoumlnheit der Liturgie die Verlaumlszliglichkeit des Kirchenjahshyres die Strukturierung der Lebensshyzeit durch den Wechsel von Alltag und Festtag gaben Frauen hohe Befriedigung Die Verpflichtung zum Meszligbesuch war ihnen nicht nur Last sondern schuf ihnen auch Freiraum im ununterbrocheshynen Beschaumlftigtsein mit den Noumlshyten und Sorgen fOr Familie und Haus Die Uumlbernahme Gestaltung und Weitergabe von Brauchtum sprach ihre Kreativitaumlt und leshybensfreude an Die ihnen vorgegeshybenen Ordnungen in der Kirche hielten und stuumltzten sie sicher in Sinn- und Identitaumltskrisen Die Hochschaumltzung ihres Rates und ihrer Hilfe vermittelten ihnen das Gefuumlhl sinnerfuumlllten Daseins Und so ist es fuumlr manche Frauen auch heute noch

Die Unterdruumlckung der Frauen hat eine lange traurige Geschichte

Doch nicht nur dieses harmonishysche Bild gilt es vom Leben der Frauen in und mit der Kirche zu zeichnen Frauen wurden mit kirchlicher Billigung und sogar auf ihre Weisung hin grausam vershyfolgt nur weil sie Frauen waren Sie brannten als Ketzerinnen und Hexen Frauen wurden durch ein frOh ausgepraumlgtes und theoloshygisch legitimiertes dualistisches Menschenbild an Klischees geshybunden die ihren individuellen Beshygabungen und Berufungen nicht nur nicht entsprachen sondern ihshynen zuwiderliefen sie beschnitten und sie sogar zerstoumlrten Die Leshybenszyklen von Frauen ihre Erfahshyrungen Traumlume Traumlnen und lieshyder fanden kaum Eingang in liturshygie und Verkuumlndigung Frauen wurden zur Herrschaftssicherung von Maumlnnern miszligbraucht und auf ein asymmetrisches Geschlechtershyverhaumlltnis verpflichtet das dem eishynen das Amt und die Wuumlrden der anderen die Arbeit und den Gottesshylohn zusprach Die Lebensangst und Leibfeindlichkeit von Moumlnshychen und Theologen praumlgte die Verbindung von Frau - leib - Suumlnshyde und brachte ein ideOlogisch vershyengtes Marienbild hervor das Frauen entmuumlndigte und als Indishykator der Unterdruumlckungsgeshyschichte von Frauen gelten kann Frauen wurden nicht gehoumlrt und nicht verstanden wenn sie kirchlishyche Vorschriften und Riten als

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lieblos empfanden wenn sie sich wehrten gegen quaumllende und hershyabsetzende Beichterfahrungen wenn sie ausgeschlossen wurden und werden von kirchlichen Dienshysten Frauen wurden und werden zu Bruumldern Durch die Jahrhunshyderte - und auch heute noch shyerlebten Frauen sich in der Kirche als Objekte maumlnnlichen AIIshymachtsstrebens und maumlnnlicher Aggression aber auch maumlnnlicher Angst Trotzdem haben Frauen die befreiende Rede Jesu und seine revolutionaumlren Taten nicht vergesshysen Oft erst im Nach-Denken entdecken sie ihre Wunden entshydecken sie sich fast immer als Opshyfer und nur selten als Taumlterin Ihr Leiden hat tiefe Wurzeln

Die Geduld der Frauen geht zu Ende

Frauen warten nicht laumlnger weshyder in Gesellschaft noch in Kirche Sie holen Indiskretion und Verletshyzung Miszligachtung und Enttaumlushyschung ZurOcksetzung und Unshyfreiheit die ihnen als Frauen zugeshymutet worden sind aus dunklen und gut geMteten Verstecken In Frauenbewegungen Frauenvershybaumlnden Frauenorden gemeinsam mit anderen und allein Oberwinden sie Isolation Sprach- und Mutshylosigkeit und wehren sich Sie wershyden sich ihrer Zahl und ihrer Kraft bewuszligt Sie erkennen ihre Bedeushytung fOr das Leben in den Gemeinshyden und Ortskirchen und entdekshyken voller Staunen und Anerkenshynung die Leistungen ihrer Schweshy

stern und Muumltter Sie werden sich deren Mutes und Engagements beshywuszligt Sie lernen die eigene religioumlshyse Biographie kennen und gewinshynen Einsicht in die Lebenswege anderer Frauen Frauengeschichte und Frauengeschichten sind ihnen kein verborgener Schatz mehr weil sie sie befreien vom Staub und von der Erblindung durch die Jahrhunderte Kraft waumlchst ihnen zu zur generationen- und kulturshyuumlbergreifenden Solidaritaumlt Frauen gewinnen - auch in der Kirche shyan Selbst- und Verantwortungsbeshywuszligtsein an Autonomie und Solishydaritaumlt Sie weigern sich um einer ungestoumlrten Tradition willen einer geteilten Wirklichkeit fOr Maumlnner und Frauen zuzustimmen Sie wolshylen ihre reichen Lebensformen und Lebenserfahrungen in das Leben von Kirche und Gesellschaft einshybringen Sie finden und benennen ihre Wuumlnsche und Probleme ihre Forderungen und Plagen Frauen beginnen zu erzaumlhlen und rufen nach Gerechtigkeit nach Aussprashyche uumlber die Schuld des Sexismus die ihre Bruumlder und Vaumlter auf sich geladen haben Frauen geben sich nicht mehr mit beschwichtigenden oder drohenden Theorien und Theologien zufrieden Sie fordern den gleichen Anteil an Macht und Entscheidung Sie lassen sich nicht mehr BrOder nennen und nehmen Verwundungen in Kauf wenn sie im Bewuszligtsein ihrer Gotshytesebenbildlichkeit zu fragen und zu kaumlmpfen beginnen Frauen wolshylen auch und gerade in der Kirche

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eine auf Freiheit und Gerechtigshykeit gegruumlndete Pluralitaumlt die sie nicht mehr ausgrenzend als den groumlszligten Teil der Glaubenden beshynachteiligt Frauen rufen nach Geshygenseitigkeit und Symmetrie in Beziehungen von Maumlnnern und Frauen in der Kirche nach Beseitishygung diskriminierender Bibelausshylegung nach Abschaffung ungeshyrechter Rechtssaumltze und patriarshychater Strukturen

Die Zeit schoumlner Worte ist vorbei

Frauen heute waumlgen ihre Kraumlfte ab Sie sind in vielen Bereichen mehr und anders gefordert als ihre Muumltter Sie wollen und mOssen ihr Leben gestalten Oft suchen sie um ihrer Kinder willen den Bezug zum Religioumlsen aufrechtzuerhalshyten und zu pflegen Auch wollen Frauen in dieser Kirche ihr Berufsshyfeid finden und weiterentwickeln Doch wenn sie erleben daszlig die Kirche ihnen nicht den Lebensshyraum oumlffnen kann oder will den sie brauchen und einforden zieshyhen Frauen entschieden aus der Kirche aus Sie sind des Houmlrens auf zu kleine und zu enge Menshyschenworte mOde denn sie haben Gottes befreiendes Wort in ihrem Leben vernommen und seinen Aufshyruf zum Aufbruch

Der strukturellen Suumlnde der Unshyterdruumlckung von Frauen in der Kirshyche kann nicht mit EinzeImaszlignahshymen begegnet werden so richtig unerlaumlszliglich und angezeigt diese auch sind Ein neues Sehen Houmlren und Denken ist notwendig Solshy

ches Denken kann nur erworben werden durch die Anstrengungen von Frauen und Maumlnnern Nur sie zusammen koumlnnen aufarbeiten was beide beteiligten Gruppen an Wut Angst und Resignation belashystet Nur sie zusammen koumlnnen zu einem Dialog finden der beide beshyfreit und heilt und beide zu einem Leben im Sinne des Evangeliums fahrt Doch wie soll dieser Dialog gehen wie sind die Schritte die dorthin fuumlhren Sicher sind es fuumlr viele zunaumlchst getrennte Schritte Viele Frauen wollen und koumlnnen zunaumlchst nur alleine in der Geshymeinschaft gleich Betroffener ihre Geschichten erzaumlhlen ihre Verletshyzungen beklagen und betrauernmiddot Nur hier finden sie jenes Zuhoumlren das im Verstehen und Nachvollzieshyhen Solidaritaumlt wachsen laumlszligt Erst nach einer solchen Aussprache sehen sie auch jene neu die mit ihshynen in der Kirche leben - andere Frauen und Maumlnner Solche Anfaumlnshyge brauchen Unterstuumltzung und Zuspruch Frauen haben gelernt daszlig Taten und nicht Absichtsershyklaumlrungen notwendig sind eine neue Auslegung der Bibel insbeshysondere der SChoumlpfungsgeschichshyte das Ernstnehmen feministishyscher Theologie die Uumlberwindung sexistischer Sprache und patriarshychaler Sicht in liturgischen Buumlshychern Leseordnungen und kirchlishychen Verlautbarungen die Abshyschaffung der Diskriminierung von Frauen durch Recht und Verwalshytung die Schaffung von frauenshyund familienfreundlichen Arbeitsshy

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plaumltzen die Gleichbehandlung von Frauen bezuumlglich ihrer Aufstiegsshymoumlglichkeiten in kirchlichen Instishytutionen die Beteiligung von Fraushyen an allen Arbeiten und Diensten in den Gemeinden verstaumlrkte Solishydaritaumlt mit Frauen in belasteten Lebensverhaumlltnissen die Arbeit an einem neuen Frauenbild das endshylich zeigt daszlig es die Frau nicht gibt sondern nur Frauen jede auf ihre unverwechselbare und einmashylige Weise Gottes Bild Frauen wollen daszlig die Anstrengungen der Kirche auch auf fundamentale Aussagen zielen Sie wollen die Beendigung der Daumlmonisierung von Sexualitaumlt Eros und Fruchtshybarkeit die freie Entscheidungsshymoumlglichkeit uumlber die Gestaltung ihrer Familienform die Beendishygung der Glorifizierung sowohl der Jungfraumlulichkeit als auch der Mutshyterschaft die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Maumlnnern am Amt der Kirche nicht mehr Subordination sondern Ordinashytion

Frauen wissen mit untruumlglicher Sicherheit daszlig diese Fragen an ihre Kirche nicht laumlnger verdraumlngt werden und unbeantwortet bleishyben duumlrfen Sie spuumlren das Leben

AKTION GEGEN HUNGER UND KRANKHEIT IN DER WELT

5pendenkonto 556-505 Postgiro Koumlln

das hinter ihren kraftvollen und draumlngenden Anfragen steht Sie wissen um die Gefaumlhrdung der Universalitaumlt der Kirche wenn der Dialog zwischen Frauen und Maumlnshynern nicht gelingt wenn das alte Verhaumlltnis zwischen Herrschenshyden und Beherrschten nicht aufgeshybrochen wird Sie wissen aber auch daszlig genau an dieser Bruchshystelle der Samen des Evangeliums Platz finden wird der aufgehen wird als Geschenk des Frauen und Maumlnner befluumlgelnden Heiligen Geistes

Der gesamte Text Dialog statt Dialogverweigerung - wie in der Kirche miteinander umgehen Ist zu erhalten bei Zentralkomitee der Deutschen Katholiken Hochkreushyzallee 246 5300 Bonn 2

(aus Mann in der Kirche Febr1992)

Uumlber Bildung und Religion Einem Suchenden

Der Herrgott hat dir reiche Gashyben des Verstandes des Gemuumltes und einen gesunden unverbildeshyten Leib geschenkt Diese Gnade ist nur durch ein erfuumllltes Leben zu rechtfertigen Gesund an Leib und Seele zu sein und die ganze Vielshyfalt des menschlichen Geistes in sich aufnehmen zu dOrfen und doch - je laumlnger je mehr - die

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Weisheit jenes griechischen Philoshysophen zu erfahren der da beshykannte Ich weiszlig daszlig ich nichts weiszlig das ist wahrhaftig eine Gnade der man nur durch die Tat wuumlrdig werden kann

Es gibt so viele Menschen die tun sich etwas auf ihre sogenannshyte Bildung zugute Wie arm sind sie doch dran Sie haben nie beshymerkt daszlig der Grund aller echten Bildung die Bescheidenheit ist das Wissen darum wie sehr unser Weg von dem bestimmt wird was in uns angelegt ist Denn wahre Bildung ist ja nicht nach Examen meszligbar und seien sie alle sumshyma cum laude bestanden Der Eingebildete weiszlig nichts von der Kraft des Herzens die dem Geist verschwistert ist Geistesbildung solchermaszligen gekraumlftigt aber lobe ich mir und ich wuumlnsche dir einen rechten Hunger danach

Wenn ich mich nicht in dir taumlushysche beseelt dich der Drang den Dingen auf den Grund zu gehen dich nicht mit oberflaumlchlichen Ershyklaumlrungen zufrieden zu geben Recht so Laszlig dich nicht vertroumlshysten Forsche selbst suche nach der Wahrheit Es ist ein eigen Ding um dieses Suchen Du wirst es noch erfahren daszlig der Mensch der nicht vorzeitig abstumpft und in Selbstgenuumlgsamkeit versinkt sein Leben lang auf der Suche nach dieser Wahrheit bleiben muszlig Immer wieder werden sich ihm neue Raumltsel auftun immer wunshyderbarer wird ihm die Welt erscheishynen immer geringer das was er

wirklich von ihr weiszlig Immer beshyscheidener wird er werden vor Gott Denn am Ende wird der Raum fuumlr ihn weiter und leuchtenshyder werden der Raum der mit dem Willen nicht zu zwingen mit dem Verstande nicht zu fassen ist - Er ist die Welt des Glaubens die Relishygion

Hans Bahrs

KINDERshyFREUNDLICHE

GESELLSCHAFT

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EUROPA

Europa hat Geschichte

Europa - gemessen am geshyographischen Umfang ist es mit 1001 Millionen Quadratkilometern der zweitkleinste Erdteil Gemesshysen an der Zahl seiner Bewohner ist Europa - nach Asien - der zweitgroumlszligte aller Erdteile 645 Milshylionen Menschen bewohnen diese reich gegliederte westliche Halbshyinsel der riesigen Festlandmasse Asiens Und weil Europa eigentlich nur ein Anhaumlngsel Asiens ist spricht man gelegentlich von Eushyroasien Gemeint ist damit das gesamte Festland von der fernoumlstshylichen Pazifik-KOste bis zum Atlanshytik in Portugal

Aus geographischer Sicht mag das auch stimmen Aber die Menshyschen die in diesem westlichen Teil des Riesenerdteils Eurasien leben haben ihre eigene ja ihre urshyeigene Geschichte

Europa - sagenhaft

Was den Namen Europa beshytrifft so spielt dabei die griechishysche Insel Kreta eine wesentliche Rolle In der griechische Sagenshywelt war Zeus der Vater aller Goumltshyter und Menschen In der Gestalt eines Stieres raubte er Europe die Tochter des Koumlnigs Agenor und trug sie auf seinem Ruumlcken nach

Kreta Dort stand er ploumltzlich als schoumlner JOngling vor ihr Einer ihshyrer Soumlhne heiszlig Minos Er war Koumlshy

nig von Kreta und seiner Mutter Europe wurden auf der MitteImeershyinsel goumlttliche Ehren zuteil Nach ihr wurde schlieszliglich der Erdteil Europa genannt

Europaumlische Geschichte in acht Minuten

In der Tat wurzelt die europaumlishysche Kultur weitgehend im griechishyschen und spaumlter roumlmischen Leshybensbereich Die Urspruumlnge gehen also bis in das 2 Jahrtausend vor Christi Geburt zuruumlck

Bis in das 5 Jahrhundert nach Christi Geburt war das Roumlmische Reich Traumlger dieser griechisch-roumlshymischen Kultur und in der Zeit der Voumllkerwanderung uumlbernahmen germanische Staumlmmme im Weshysten Europas die Vorherrschaft waumlhrend im Osten das Byzantinishysche Reich entstand

Mit der Gruumlndung des Fraumlnkishyschen Reiches verlagerte sich der politische Schwerpunkt aus dem Mittelmeerraum in den Norden Hier verschmolzen die Reste der antiken Kultur mit den germashynisch-christlichen Vorstellungen zur abendlaumlndischen Kulturr Im Fraumlnkischen Reich kam es zu eishynem Ausgleich der romanischen und germanischen Bevoumllkerungsshyteile und seine politischen Einshyrichtungen wurden zur gemeinsashy

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men Grundlage fast aller abendshylaumlndischen Staaten

Diese kulturelle Einheit Europas kam im 14115 Jahrhundert mit der Ausbreitung des tuumlrkischen Osmashynen-Reiches ins Wanken Der Abshywehrkampf gegen die Tuumlrken wurshyde zur Angelegenheit der gesamtshyen Christenheit der sich auch das Russische Reich in Moskau anshyschloszlig so daszlig auch Ruszligland seit Peter dem Groszligen Anschluszlig an das europaumlische Staatensystem gewann

Die europaumlischen Groszligmaumlchte

Die spanischen Eroberungskrieshyge in der Neuen Welt im 16 Jahrshyhundert und die Einbuszlige der habsshyburg ischen Vormachtstellung im 18 Jahrhundert lieszligen Frankreich schlieszliglich zur Groszligmacht wershyden Ludwig XIV der Sonnenkoumlshynig ist wohl der bekannteste Reshygent dieser Zeit Sein Prachtshyschloszlig in Versailles zeugt noch heute von der damaligen Macht des franzoumlsischen Koumlnigreichs

Die Beschraumlnkung der Habsburshyger auf ihre Hausmacht in Wien lieszlig Oumlsterreich neben Frankreich zu einer weiteren Groszligmacht in Europa werden Und das Interesshysengeflecht in Europa wurde noch dichter als im 18 Jahrhundert Preuszligen den Kreis der wie wir heute sagen worden Supermaumlchshyte erweiterte Vor allem Friedrich der Groszlige hat Preuszligen maumlchtig werden lassen

Inzwischen hatte Groszligbritanshynien die spanische Kolonialmacht

abgeloumlst und in London war man darauf bedacht auf dem Kontishynent das politische Gleichgewicht zu halten Das heiszligt die britische Krone foumlrderte Preuszligen um das Uumlbergewicht Frankreichs zu bremshysen

Gegen Ende des 18 Jahrhunshyderts schuf die Franzoumlsische Reshyvolution die ersten Voraussetzunshygen fuumlr die demokratischen Strukshyturen unserer modernen Staaten der Gegenwart So hat die Verfasshysung der Vereinigten Staaten von Amerika wesentliche Ideen der Franzoumlsischen Revolution (Freishyheit Gleichheit Bruumlderlichkeit) uumlbernommen

Aber der Kampf um die Vorshymachtstellung in Europa ging weishyter Mit der Absicht das kontinenshytale Europa nach dem Vorbild Karls des GroBen unter franzoumlsishyscher Vorherrschaft zu einigen ershyoberte Napoleon I fast ganz Zenshytraleuropa und machte es bis auf die Randgebiete zu denen vor alshylem Groszligbritannien als Hauptwishydersacher Napoleons gehoumlrte von sich abhaumlngig

Nach der Niederlage Napoleons gewann das russische Zarenreich vor allem im suumldoumlstlichen Europa starken Einfluszlig der im sogenannshyten Krimkrieg (1853-1856) durch Frankreich und Groszligbritannien zushyrOckgedraumlngt wurde

Der Beginn der Nationalstaaten

Gegen Ende des 19 Jahrhunshyderts gewann die Idee des Natioshy

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nalstaates immer breiteren Raum Im Suumldosten wurde sie vom Vorshydringen des russischen Panslawisshymus gefoumlrdert und in Mitteleuropa bekam sie 1871 ihr Gewicht durch die Gruumlndung des Deutschen Reishyches durch Otto von Bismarck

Zwar konnte der Friede nach dem deutsch-franzoumlsischen Krieg 1870 -1871 Ober gut 40 Jahre ershyhalten bleiben aber es war nicht zuletzt chauvinistischer Nationashylismus der 1914 zum Ersten Weltshykrieg fOhrte Dieser erste Weltkrieg hatte fuumlr Europa weitreichende hishystorische Konsequenzen Er beenshydete nach uumlber 3000 Jahren die Vormachtstellung Europas in der Welt

Das Ende europaumlischer Vormachtstellung

Welcher bedeutende Einschnitt in der Geschichte Europas sich zu Beginn unseres Jahrhunderts ershyeignete das kann man erst richtig und voll erfassen wenn man daran denkt daszlig dieser Erdteil Ober drei Jahrtausende die Weltgeschichte entscheidend bestimmt hat Und nun gibt es ploumltzlich andere Regioshynen dieser Erde die in der Lage sind die Geschicke unserer Welt maszliggebend zu gestalten

Als am 6 April 1917 die Vereinigshyten Staaten von Amerika dem Deutschen Reich den Krieg erklaumlrshyten trat damit erstmals eine auszligereuropaumlische Macht in Euroshypa auf Den USA schlossen sich die meisten mittel- und suumldamerishy

kanischen Staaten an und im Aushygust 1917 folgte schlieszliglich auch noch China Der Krieg hatte weltshyweiten Umfang angenommen Im gleichen Jahr traten nach der Nieshyderlage des russischen Zarenreishyches die Bolschewiki hervor und damit erschienen die beiden Maumlchte naumlmlich die USA und die Sowjetunion fast gleichzeitig auf dem europaumlischen Feld Ihnen sollte aus der Schwaumlchung Euroshypas dreiszligig Jahre spaumlter eine entshyscheidende Rolle auf diesem Konshytinent zufallen

Der Zweite Weltkrieg der durch Hitlers ungehemmte Gewaltpolitik ausgeloumlst wurde verschaumlrfte dieshyse Sitution noch Die Sowjetunion nach dem Ersten Weltkrieg noch zuruumlckgedraumlngt stieszlig nun bis Mitshyteleuropa vor und steigerte zushygleich ihren Einfluszlig in Asien Die Vereinigten Staaten von Amerika wurden nach dem offen ausgebroshychenen Gegensatz zwischen Ost und West zur Schutzmacht Westshyeuropas Seide Maumlchte die USA und die Sowjetunion traten als die beherrschenden Weltmaumlchte hershyvor und die europaumlischen Staaten durch die Opfer und Verluste des Krieges schwer getroffen waren zu selbstaumlndiger Politik kaum imshystande Hatte schon der Krieg von 191418 einen Machtverlust fuumlr Eushyropa gebracht so wurden die Staashyten Europas nun nach dem Zweishyten Weltkrieg zum politischen Feld der Weltmaumlchte deren Einfluszligbeshyreiche diesen Kontinent in seiner Mitte durchschneiden In seiner

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Mitte Das heiszligt mitten durch Deutschland

Aus der Sicht der kommunistishyschen Fuumlhrung der Sowjetunion nutzte Moskau die Chance die mittel- und sOdosteuropaumlischen Gebiete die der Sowjetunion durch die Ereignisse des Krieges zugefallen waren seinem Einfluszlig zu erhalten Mehr und mehr loumlste sich die Sowjetunion von ihren Kriegsverbuumlndeten und schloszlig dashymit auch ihre Besatzungszone von dem uumlbrigen Deutschland ab Es kam zur staatlichen Teilung Deutschlands und die Unmoumlglichshykeit der Verstaumlndigung zwischen Kommunismus und freiheitlicher Demokratie fuumlhrte zum Ost-Westshykonflikt Mit dem Beginn des Abshybaus des Eisernen Vorhangs des Symbols der Teilung Europas im Jahr 1989 zeichnet sich nun auch das Ende des Ost-West-Konshyflikts ab

Deutschland das geographische Zentrum Europas

3000 Jahre europaumlischer Geshyseichte das sind 3000 Jahre kulshytureller Bluumlte und Perioden voller Lebensqualitaumlt Das sind aber auch Jahrhunderte voller Unruhe gekennezeichnet durch immer wieshyderkehrende Kaumlmpfe um Vorshymachtstellungen Seien es die Unshyterwerfungskriege der Roumlmer geshygen die Gallier und Germanen oder seien es die Glaubenskriege des 17 Jahrhunderts oder die Beshyfreiungskriege des beginnenden

19 Jahrhunderts gegen Napoleon ganz zu schweigen von den bei den verheerenden Weltkriegen unseres Jahrhunderts

Deutschland das Zentrum Euroshypas war fast immer betroffen wenn es um gewaltsame Auseinshyandersetzungen ging Doch ist das so verwunderlich wenn man beshydenkt daszlig dieses Deutschland im Zentrum Europas liegt In der Tat ist es der geographische Mittelshypunkt eines Erdteils der von so vielen Voumllkerstaumlmmen bewohnt wird Eines Erdteils in dem allein an die 70 Sprachen gesprochen werden Schon immer gingen durch dieses Land alle wichtigen Handelswege Aber - und auch das muszlig erwaumlhnt werden - alle wichtigen Heerstraszligen fOhrten ebenfalls durch dieses zentraleushyropaumlische Gebiet

Wo liegen die Gruumlnde dafuumlr daszlig aus diesem Europa eine Oase des Friedens geworden ist Liegt es daran daszlig sich die Zentren der Weltpolitik verschoben haben Daszlig Europa heute nicht mehr die Rolle spielt wie in den Jahrhunshyderten zuvor Oder liegt es vielshyleicht daran daszlig die Politiker aus dem grauenhaften Zweiten Weltshykrieg endlich gelernt haben die richtigen Konsequenzen zu zieshyhen

Es gibt viele Gruumlnde dafuumlr daszlig in diesem Europa obwohl es noch manche Probleme gibt shyheute Frieden herrscht Nicht zushyletzt ist dies der Tatsache zu vershydanken daszlig es internationale lnshy

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stitutionen gibt in die die europaumlishyschen Staaten eingebunden sind Da ist z B das westliche Verteidishygungsbuumlndnis die NATO und da ist z B auch die Europaumlische Geshymeinschaft - kurz die EG

(aus Europa wird eins des Presshyse- und Informationsamtes der Bundesregierung)

Europa shyZu seinen geistigen und ethischen Grundlagen

Wenn wir uns mit den geistigen und ethischen Grundlagen Euroshypas befassen so wird unsere Aufshymerksamkeit zunaumlchst auf die Vershygangenheit gelenkt Woher stamshymen diese Grundlagen Europas Welches sind besonders wichtige Elemente europaumlischer Kultur und politischer Zivilisation Wenn dann am Schluszlig auch Ober die Rolshyle der Christen beim Aufbau Euroshypas zu sprechen sein wird lenken wir den Blick auf die Gegenwart und in die Zukunft verbunden mit einem Appell Denn nach wie vor ist die Substanz der europaumlischen Kultur und der europaumlischen pOlitishyschen Zivilisation christlich und deshalb sind die Christen berufen dies im politischen Alltag zur Gelshytung zu bringen es der Oumlffentlichshykeit neu verstaumlndlich zu machen und es zur Bewaumlltigung der noch bevorstehenden Aufgaben zu aktishyvieren

Zwischen europaumlischer Kultur und europaumlischer politischer Zivilishysation - wie eben geschehen shyzu unterscheiden das weicht von der verbreiteten Gewohnheit ab auch in bezug auf Staat und Politik von Kultur also von politischer Kultur zu sprechen Es ist jedoch geboten 10r den Begriff Zivilisashytion zu werben Er ist erstens dem Bereich von Staat und Politik geshymaumlszliger was schon die Herkunft des Wortes von civis und civishytas zeigt Zweitens hat Zivilisashytion bei uns Deutschen uumlber Geshynerationen als etwas Minderwertishyges gegolten Die Westeuropaumler hatten in unseren Augen nur Zishyvilisation wir Deutsche dagegen hatten etwas viel Houmlherwertiges naumlmlich Kultur Das war eine Verirshyrung die - um es ironisch auszushydruumlcken - nicht gerade fuumlr unsere politische Kultur sprach So vershydient der Begriff politische Zivilishysation eine ausdruumlckliche Rehashybilitierung Es lohnt sich seinen guten Sinn zu bedenken

Politische Einigung und christlishyches Erbe Europas

Warum eigentlich betreiben die Europaumler die pOlitische Einigung Europas Sachlich zutreffend und durchaus einleuchtend ist die Beshygruumlndung die gegenwaumlrtig im Vorshydergrund steht Vieles was in den letzten Jahrzehnten technisch moumlglich und wirtschaftlich noumltig geworden ist laumlszligt sich nicht mehr mit den Kraumlften des einzelnen Nashy

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tionalstaates und innerhalb seiner Grenzen verwirklichen Die Erforshydernisse der Luftfahrt und Raumshyfahrt z B die Versorgung der Beshyvoumllkerung auf dem nun einmal ershyreichten Anspruchsniveau eine ershyfolgversprechende Unterstuumltzung der Dritten Welt die Pflege der Umwelt das alles ist nur noch im Zusammenwirken der Staaten also im uumlbernationalen Rahmen zu bewaumlltigen

Blicken wir aber auch zuruumlck um zu sehen warum nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges die politische Einigung als notwendig erkannt und in begeisterter Aufshybruchsstimmung in Angriff geshynommen wurde Auch damals spielten die Erfordernisse der inshydustriellen Produktion und der Wirtschaft eine groszlige Rolle Die ershysten Schritte des Einigungswerkes wurden getan weil wir zur Uumlbershywindung der Not zur Beseitigung der Kriegsschaumlden zum Wiedershyaufbau der Staaten und Voumllker geshymeinsam ans Werk gehen muszligten Aber der fuumlr die Menschen uumlbershyzeugendste Grund war die Sorge vor einer erneuten Bedrohung der geistigen und politischen Freiheit Es war ihr Wille dieses gemeinsashyme nach dem Zusammenbruch der nationalsozialistischen Desposhytie wiedererlangte Gut gemeinsam zu sichern und zu verteidigen

Das gemeinsame und Gemeinshysamkeit stiftende kostbare Erbe der europaumlischen Voumllker die geistige Kultur und die politische Zivilisation Europas ist aber christshy

lichen Ursprungs und bis zum heushytigen Tag von christlicher Subshystanz Wir vergessen nicht das Erbe der Antike Doch hat das Chrishystentum dem so entscheidend Neues hinzugefuumlgt daszlig der Antishyke - historisch gesehen - eine hinfuumlhrende gewissermaszligen adshyventliche Bedeutung zugeschrieshyben werden muszlig Auszligerdem war ihre vielfaumlltige spaumltere Wirkung stets christlich vermittelt

Ganz in diesem Sinne schrieb der Erzbischof von Luxemburg und Praumlsident der Kommission der Bishyschofskonferenzen der Europaumlishyschen Gemeinschaft Jean Henshygen Die Kirche hat morgen wie gestern und heute die Aufgabe an die menschlichen und christlichen Werte die Fruumlchte griechischen Denkens roumlmischen Rechts und juumldischer Froumlmmigkeit zu erinshynern Diese drei Stroumlmungen hat die Kirche im Lichte des Evangeshyliums zu einem einzigen vereinishygen koumlnnen 1)

Die neuzeitliche Idee der Freiheit Ist christlichen Ursprungs

Christlichen Ursprungs ist vor allem die Freiheit wie wir sie heushyte verstehen Freiheit bedeutete in der Antike die Freiheit des Buumlrgers unter bzw gegenuumlber seinesgleishychen Der griechische Stadtstaat war das Gemeinwesen der Freien und Gleichen So war der Buumlrger frei gegenuumlber den einzelnen anshyderen Nicht frei war er dagegen gegenuumlber dem Herkommen der

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Sitte der Gewohnheit der Gesellshyschaft Das griechische Wort fuumlr Sitte Gewohnheit ist Ethos (woshyvon unser Wort Ethik sich ableishytet) Das Tun und Lassen des einshyzelnen war ethisch richtig wenn es dem Ethos der Gesellschaft entsprach Umgekehrt galt Was dem Ethos der Gesellschaft nicht entsprach war ethisch nicht richshytig Gewiszlig auch die Antike kannte schon die Person-Qualitaumlt des Menschen und das Gewissen als moralische Instanz man denke nur an Sokrates Aber dominierenshyder Maszligstab des rechten Verhalshytens des einzelnen waren Herkomshymen und Sitte der Gesellschaft Hans-Georg Gadamer hat das einshymal treffend formuliert Ethos habe bedeutet fraglos in der Einshydeutigkeit von Kult und Sitte aufshygehoben sein2)

Eine neue Art von Freiheit ist durch das Christentum in die Welt gekommen es ist Freiheit wie wir sie verstehen Nach christlichem Glauben naumlmlich muszlig sich jeder einzelne Mensch fOr sein Tun und Lassen im Juumlngsten Gericht vershyantworten als Person vor dem pershysoumlnlichen Gott Damit ist dieser einzelne prinzipiell vom Ethos der Gesellschaft freigestellt denn letztlich maszliggebliche Instanz ist jetzt der persoumlnliche Gott Die im Hinblick auf ihn gebotene Entshyscheidung kann fordern dem Hershykommen der Sitte der Gesellshyschaft gerade nicht zu folgen sich gegen deren Ethos zu entscheishyden Das ist der Ursprung der inshy

nerweltlichen Autonomie der indishyviduellen Person Es ist wichtig sich bewuszligt zu machen daszlig es die neue theonome Orientierung der Ethik war also ihre Orientierung an Gott die die innerweltliche Autonomie hervorgebracht hat shyund sie legitimiertl Weil der Mensch sich unmittelbar an Willen und Gebot Gottes orientiert ist er prinzipiell frei gegenuumlber der Geshysellschaft Ihr aber meine Bruumlder seid zur Freiheit berufen (Ga 513) Hegel bezeichnet das Christentum als Religion der Freishyheit3) Die Griechen und Roumlmer Platon und Aristoteles auch die Stoiker haben sie (die Idee der Freiheit) nicht gehabt Diese Idee ist durch das Christentum in die Welt gekommen4) Die Weltgeshyschichte sei seitdem Fortschritt im Bewuszligtsein der Freiheit5)

Aus der Herkunft dieser neuen Freiheit folgt daszlig der Mensch seishynem Wesen nach frei ist weil er Person ist Insofern ist er letztlich frei auch wenn er in unfreien Vershyhaumlltnissen leben muszlig Zwar ist es geboten die Freiheit auch in Geshysellschaft und Staat durchzusetshyzen also ein freies Leben zu ershymoumlglichen Nicht aber muszlig der Mensch erst befreit werden durch eine revolutionaumlre Veraumlndeshyrung der gesellschaftlichen Vershyhaumlltnisse

Freiheit als innerweltliche Autoshynomie der individuellen Person beshydeutet auch Faumlhigkeit und Berushyfung zur Selbstbestimmung Sie ist zunaumlchst Moralitaumlt im Sinne

52 Auftrag 201

des Rechts als ethisch guumlltig nur anzuerkennen was man durch eishygene Anstrengung des Geistes und Gewissens als gut einsieht Sie ist sodann auch die Kompeshytenz sich auf eigene Faust uumlber den Sinn des Lebens und der Welt zu orientieren und daruumlber zu eigeshynen Uumlberzeugungen zu gelangen Das fuumlhrte unvermeidlicherweise dazu daszlig sich die Vielfalt untershyschiedlicher Auffassungen des Glaubensinhaltes ausbildete mitshyhin der gemeinsame Glaube sich in verschiedene Konfessionen zershyteilte

Ein anderer charakteristischer Tatbestand der Geschichte des christlichen Europas war die Saumlkushylarisierung auch sie war unvershymeidlich Man koumlnnte die Ursache als Paradoxon formulieren Die Saumlkularisierung des Christentums war Folge seiner Saumlkularisierung Damit soll gesagt sein In dem Maszlige in dem der christliche Glaushybe in die Gestaltung der Dinge der Welt einging geriet das christlishyche Denken seinerseits unter den Einfluszlig des Weltlichen Wir kenshynen eine derartige Wechselwirshykung schon aus der urchristlichen Zeit Die christliche Verkuumlndigung nahm im Zuge der Missionierung der griechischen Welt Elemente griechischen Denkens in sich auf Dabei war die Assimilierung so vollkommen daszlig wir Heutigen uns gar nicht mehr bewuszligt sind wieshyviel Griechisches sich im Wortlaut des Neuen Testaments findet Im Bereich von Staat und Politik war

mit der Freiheit der individuellen Selbstbestimmung die Raumltseltrashyge der europaumlischen Staatstheorie und Staatspraxis gestellt Wie kann die wesentliche Aufgabe des Staates die Stiftung und Gewaumlhrshyleistung des innergesellschaftlishychen Friedens geloumlst werden wenn einerseits der Buumlrger als Pershyson die Faumlhigkeit und den Anshyspruch hat sich uumlber den Sinn des Lebens und der Welt seine eigene Uumlberzeugung zu schaffen anderershyseits aber der innergesellschaftlishyche Friede eine fuumlr alle Buumlrger vershybindliche gemeinsame Sinnorienshytierung zur Voraussetzung hat Des Raumltsels Loumlsung ist daszlig der neuzeitliche Verfassungsstaat nur den einen Wert fuumlr absolut vershybindlich erklaumlrt der seinerseits den Anspruch auf Freiheit der indishyviduellen Selbstbestimmung Obershyhaupt erst begruumlndet das PersonshySein in unserem Grundgesetz als Achtung der Menschenwuumlrde und als Recht auf freie Entfaltung der Persoumlnlichkeit niedergelegt Dieshyser unbedingten VerpfliChtung auf das Prinzip Person als Dreh- und Angelpunkt der staatlichen Ordshynung und des oumlffentlichen Lebens kann sich kein Buumlrger unter Berushyfung auf seine Freiheit zur Selbstshybestimmung verweigern weil dieshyse ja in seiner eigenen personalen Natur wurzelt

53 Auftrag 201

Der sittliche Sinn der weltanshyschaulichen Neutralitaumlt des Staashytes

Wenn ein Staat seiner Ordnung das Prinzip Person zugrunde geshylegt hat ist er nicht wertneutral Vielmehr verpflichtet er sich selbst und seine BOrger auf alle Werte und Wertungen die sich mit Notshywendigkeit und unmittelbar aus der personalen Natur des Menshyschen begrOnden Aber eben desshyhalb muszlig er weltanschaulich neushytral sein weil es zu der der Person geschuldeten Achtung gehoumlrt ihr auch die Freiheit zur selbstbestimshymenden Sinnorientierung zuzuershykennen So ist die weltanschaulishyche Neutralitaumlt des neuzeitlichen Verfassungsstaates sowohl Folge als auch Voraussetzung seiner spezifischen Wertorientierung

Historisch war die weltanschaushyliche Neutralitaumlt des Staates Vorshyaussetzung fOr die Uumlberwindung der konfessionellen BOrgerkriege Sie ermoumlglichte trotz der Feindshyschaft zwischen den Konfessioshynen den innergesellschaftlichen Frieden indem sie die GOltigkeit der staatlichen Ordnung und die Loyalitaumlt der Buumlrger unabhaumlngig von Fragen machte uumlber die es geshygensaumltzl iche Wahrheitsoberzeushygungen gab Allerdings war auch damit ein wichtiger Schritt auf dem Wege der Saumlkularisierung geshytan Doch aus heutiger Sicht steishylen wir fest daszlig gerade der weltanshyschaulich neutrale (aber nicht wertneutrale) Staat dem christlishy

ehen Glauben in besonderer Weishyse entspricht weil er die Freiheit des Buumlrgers unmittelbar zu Gott gewaumlhrleistet Dagegen ist der inshytegral-christliche Staat dem christshylichen Glauben nicht gemaumlszlig Denn erstens kann er die freie Entscheishydung gegen den Glauben (welche Voraussetzung der freien Entshyscheidung dafOr ist) aus GrOnden der Staatsraison nicht dulden und zweitens lehrt die Erfahrung daszlig das Christentum wenn man es zur Zivilreligion macht zur Ideologie verkommt Uumlbrigens Wenn heute weitgehend Frieden zwischen den Konfessionen herrscht so hat das sicher seinen Grund auch darin daszlig wir gelernt haben den andeshyren in seiner Uumlberzeugung ernst zu nehmen

Die Bedeutung der Aufklaumlrung

Es ist eine historische Auszeichshynung unserer Zeit daszlig begriffen ist daszlig der weltanschaulich neushytrale Staat und der christliche Glaube einander nicht ausschlieshyszligen sondern foumlrdern Wie ist es dann aber zu erklaumlren daszlig sie einshyander lange Zeit als Gegner vershystanden Weit verbreitet ist die Vorstellung der neuzeitliche Staat sei ein Werk der Aufklaumlrung und dies sei der Grund der Gegnershyschaft gewesen Dies ist jedoch zu bezweifeln weil erstens der neushyzeitliche Staat nicht erst in der Zeit der Aufklaumlrung entwickelt wurde und weil zweitens Aufklaumlrung shyrecht verstanden - nichts Unshy

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christliches ist Das Prinzip des freiheitlichen Staates ist von christlicher Herkunft und Subshystanz sein Konzept wurde laumlngst vor der Aufklaumlrung gefunden und seine klassische Theorie betrachshytete es noch als selbstverstaumlndshylich daszlig der Souveraumln den Geboshyten Gottes unterworfen sei Bei Bodin war der Souveraumln zwar nicht an die eigenen Gesetze wohl aber an das von Gott stammende Recht gebunden und Hobbes verpflichshytete noch jeden Buumlrger auf das Beshykenntnis Jesus is the Christ Aufklaumlrung aber ist die klare Einshysicht uumlber die Wirklichkeit der von Gott geschaffenen Welt und sie ist Muumlndigkeit in dem Sinn daszlig der Mensch von seiner Faumlhigkeit zur Selbstbestimmung Gebrauch macht und seiner Pflicht zur Selbstveranwortung genuumlgt

So kann man in der Aufklaumlrung den Grund der Religions- und Kirshychenfeindlichkeit nicht sehen wohl aber im Rationalismus also jener reduzierten und entstellten Auffassung von Vernunft die meinte Glauben und Transzenshydenzerfahrung als vernunftwidrig verwerfen zu muumlssen Dieser Rashytionalismus ging zwar mit der Aufshyklaumlrung einher ist aber keinesshywegs notwendig mit ihr verbunshyden Heute ist dieser beschraumlnkte Rationalismus zumindest aus der ernst zu nehmenden Diskussion verschwunden

Der Durchgang durch die Aufshyklaumlrung hat den christlichen Glaushyben nicht widerlegt sondern reifer

Auftrag 201

werden lassen Auszligerdem hat sich die christliche Freiheit gewissershymaszligen im Modus der Aufklaumlrung als Prinzip der Gestaltung der Welt durchgesetzt wenn auch auf vershyworrenen Wegen Wer das Vershydienst der Aufklaumlrung nicht wahrshyhaben wollte muumlszligte dem erreichshyten Stand geistiger Kultur und poshylitischer Zivilisation eine Absage erteilen Das Gegenteil ist aber geshyboten Wir muumlssen die christliche Substanz dieser Kultur und Zivilishysation neu beleben um uns deren Errungenschaft zu erhalten ohne ihren Gefahren zu erliegen - Eleshymente dieser aus christlicher Subshystanz entfalteten europaumlischen Kultur und Zivilisation sind vor alshylem Gerechtigkeit Solidaritaumlt und Subsidiaritaumlt

Gerechtigkeit

Zur Gerechtigkeit bekennen sich unsere beiden groszligen Volksshyparteien in ihren Grundsatzproshygrammen gleichermaszligen Doch was dann Ober die Gerechtigkeit zu lesen ist laumluft auf ein Lob der Gleichheit hinaus Jedenfalls fehlt eine einigermaszligen zureichende Aussage was unter Gerechtigshykeit zu verstehen ist Das mag daran liegen daszlig es nicht leicht ist zu bestimmen was Gerechtigshykeit ist vielleicht aber mangelt es unserer Zeit auch an Verstaumlndnis tuumlr Gerechtigkeit

Gleich sind alle Menschen vor Gott gleich sind sie in ihrem Pershyson-Sein und - davon abgeleishy

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tet - auch vor dem Gesetz Im uumlbshyrigen jedoch will keiner mit den anshyderen gleich sein sondern jedershymann legt Wert darauf anders zu sein als die anderen Gleich wolshylen die Menschen immer nur in bezug auf etwas sein und zwar auf etwas Gutes gleich wohlhashybend gleich gesund gleich geshyschaumltzt von anderen etc Wo das aber der Fall ist wollen sie keinesshyfalls gleich bleiben sondern sie streben danach die anderen zu uumlbertreffen Also begruumlndet das Person-Sein einerseits den Anshyspruch auf Gleichbehandlung vershybittet sich andererseits aber (und verbietet) Gleichmacherei Alle Personen erheben und haben gleishychen Anspruch daszlig man jeder in ihrer Besonderheit gerecht wird

Das zu leisten ist Sache der Geshyrechtigkeit Zugang zu ihrem Vershystaumlndnis eroumlffnet das Symbol der Justitia die Waage Auch bei ihr ist Gleichheit im Spiel naumlmlich der Gleichstand der beiden Waagshyschalen Jedoch geht es hier nicht um ein Vergleichen zweier Persoshynen in bezug auf eine Groumlszlige (gleich wohlhabend gleich angeshysehen) sondern um den Ausgleich zwischen zwei Groumlszligen in bezug auf eine Person Die Waagschalen sollen im Gleichstand sein z B zwischen Leistung und Lohn (geshyrechter Lohn) oder Schuld und Strafe (gerechte Strafe) oder Vershydienste und Fehler (gerechte Beurshyteilung) oder Lasten und Unterstuumltshyzung (gerechte Behandlung) Der Sinn von Gerechtigkeit besteht

also darin jedermann und jedem Fall in seiner Besonderheit geshyrecht zu werden Mithin setzt Geshyrechtigkeit Verschiedenheit vorshyaus Knuumlpfen wir daran die Frage an warum unsere Zeit sich mit der Gerechtigkeit schwer tut und desshyhalb dazu neigt sie auf Gleichheit zu verkuumlrzen so koumlnnte vielleicht folgendes der Grund sein Bei der Gleichheit ist das in bezug worauf sie gegeben ist identisch mit dem Maszligstab nach dem sie beurteilt wird Vergleicht man also z B zwei Tuumlrme in bezug auf ihre Houmlhe so ist Houmlhe auch der Maszligstab nach dem wir gegebenenfalls festshystellen daszlig sie gleich hoch sind

Das kann jedermann fuumlr sich alshylein feststellen Bei der Gerechtigshykeit dagegen bedarf es eines allgeshymein anerkannten und allgemeinshyverbindlichen Maszligstabes nach dem zwei unterschiedliche Groumlszligen wie z B Leistung und Lohn in ein richtiges Verhaumlltnis zueinander gesetzt werden damit die beiden Waagschalen in den Gleichstand kommen Gerechtigkeit hat also etwas mit Richtigkeit zu tun Gleichheit dagegen nicht Aber wir tun uns heutzutage schwer darshyuumlber was das Richtige sei Konshysens zu finden Es kommt hinzu daszlig es fuumlr die Entscheidung was gerecht ist einer bevollmaumlchtigshyten Instanz bedarf Denn jedershymann kann zwar selbst entscheishyden ob er mit anderen in bezug auf etwas gleich ist doch kann nieshymand in bezug auf sich selbst Geshyrechtigkeit uumlben Geschwaumlcht ist

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aber auch unser Vertrauen zu Inshystanzen die uumlber das was richtig ist zu entscheiden haben

Solidaritaumlt

Bei der Solidaritaumlt ist in unseshyrem Zusammenhang vor allem darshyan zu erinnern daszlig wir verpflichtet sind von unserer Freiheit nur solishydarisch Gebrauch zu machen Anshylaszlig zu Solidaritaumlt ist immer eine gewisse Gemeinsamkeit man denke etwa an nationale Solidarishytaumlt Klassen-Solidaritaumlt die Solidashyritaumlt der Angehoumlrigen einer Famishylie Solidarisch denken und hanshydeln heiszligt dann so handeln wie es solche Gemeinsamkeit fordert und foumlrdert Im Falle der Freiheit bestimmt sich die Gemeinsamkeit wie fOlgt Erstens sind alle frei inshysofern das Frei-Sein ein Moment des Person-Seins ist Zweitens wurzelt darin der Anspruch eines jeden seine Freiheit auch zu betaumlshytigen und darin von anderen nicht beeintraumlchtigt zu werden Der Anshyspruch der Freiheit ist seiner Quashylitaumlt nach aumluszligerst individuell seishyner Quantitaumlt nach jedoch aumluszligerst allgemein Jedermann beanshysprucht individuelle Freiheit und hat ein Recht darauf Drittens ist die Freiheit des anderen nicht bloszlig die Grenze die der Betaumltigung der eigenen Freiheit gesetzt ist sonshydern sie ist daruumlber hinaus Vorausshysetzung der Aktualisierung der eishygenen Freiheit Es sind diese Geshymeinsamkeiten die den solidarishyschen Gebrauch der Freiheit for-

Auftrag 201

dem Was besagt das praktisch Erstens gilt das was in Artikel 14 des Grundgesetzes uumlber das Eishygentum (ein klassisches Freiheitsshyrecht) ausdruumlcklich gesagt ist Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen fuumlr alle Freiheitsrechte Jeder Freishyheitsgebrauch ist sozialpflichtig Was ergibt sich daraus z B fuumlr den Gebrauch der Freiheit der Meishynungsaumluszligerung Darf man andeshyren ihre Sinnorientierung zerstoumlshyren die fuumlr sie Voraussetzung ihrer Persoumlnlichkeitsbildung ist Im Beshyreich der Intellektualitaumlt scheint man nichts dabei zu finden wenn einzelne ihre Uumlberlegenheit hemshymungslos gegen ihre Mitmenshyschen ausspielen Zweitens ist zu beachten daszlig sich das Maszlig an Freiheit das in einem Staat vershywirklicht ist nicht nach dem Maxishymum bestimmt das einzelne erreishychen sondern nach dem allgemeishynen Niveau das fuumlr alle erreicht ist Es kann daher ein Gebot der Solidaritaumlt sein die Freiheit einzelshyner etwas zu beschneiden wenn dadurch das allgemeine Niveau der Freiheit gehoben werden kann

Subsidiaritaumlt

Nach dem Grundsatz der Subsishydiaritaumlt sollen gesellschaftliche und politische Aufgaben nur dann einer groumlszligeren Gemeinschaft zushygewiesen werden wenn sie die Kraumlfte und Moumlglichkeiten einer kleineren Gemeinschaft uumlberforshydern Demnach sollte z B ein Bunshy

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desland nur das Obernehmen was in kommunaler Selbstverwaltung nicht geleistet werden kann und die Zentralgewalt eines Bundesshystaates sollte nur fOr diejenigen Angelegenheiten zustaumlndig sein die mit den den Laumlndern verfuumlgbashyren Mitteln nicht erledigt werden koumlnnen Dieses Beispiel fOhrt uns auf das Feld auf dem die Subsishydiaritaumlt sowohl allgemein politisch als auch im Hinblick auf Europa besondere Bedeutung hat das Feld des Foumlderalismus Foumlderalisshymus heiszligt Bundesgenossenshyschaft und bezieht sich insbesonshydere auf die Bundesgenossenshyschaft von Staaten Sie bilden eishynen Bund wenn sie sich aus freier autonomer EntSCheidung einer geshymeinsamen Ordnung unterstellen und eine Handlungseinheit bilden Wenn die Autonomie bei den einshyzelnen beteiligten Staaten bleibt spricht man von einem Staatenshybund wenn sie zwischen diesen Staaten und dem Gesamtstaat aufgeteilt ist von einem Bundesshystaat An der Europaumlischen Geshymeinschaft koumlnnen wir beobachshyten wie die Tendenz der Entwickshylung von staatenbOndischen Anshyfaumlngen auf ein bundesstaatliches Ziel zulaumluft

Am Foumlderalismus zeigt sich wie der Grundsdatz der Solidaritaumlt seishyne notwendige Ergaumlnzung im Grundsatz der Genossenschaft findet Von ihm ist heute weniger die Rede als von der Subsidiaritaumltj aber auch er hat eine politisch beshydeutende weit in die Geschichte

zurOckreichende Tradition Bei dem Wort Genossenschaft denshyken wir heute wohl nur an Berufsshygenossenschaften oder Einshykaufsgenossenschaften uauml Eishygentlich aber handelt es sich um eine Grundform nicht nur gesellshyschaftlicher sondern vor allem auch politischer ZusammenshyschlOsse naumlmlich um die Rechtsshygemeinschaft unter Gleichen In der Genossenschaft gibt es keine Uumlber- und Unterordnung sondern sie beruht auf dem Prinzip der Geshygenseitigkeit Das historische Mushysterbeispiel ist die alte Eidgenosshysenschaft der Schweizer Genosshysenschaftliches Recht ist das moshyderne Voumllkerrecht weil seine Beshyachtung nicht von einer Obergeshyordneten Gewalt erzwungen wershyden kann sondern darauf angeshywiesen ist von den Staaten freiwillig beachtet und eingehalshyten zu werden

Die Wirkkraft des Gedankens der Subsidiaritaumlt erweist sich geshygenwaumlrtig in einer erstaunlichen Wiederbelebung der europaumlischen Regionen Regionen sind Leshybenskreise die entweder uumlber die Grenzen von zwei oder drei Natioshynalstaaten hinweg oder aber innershyhalb eines Nationalstaates ein geshywisses Eigenleben entfalten In der Regel sind sie landschaftlich oder sprachlich zuweilen auch hishystorisch eine Einheit wie z B die Bretagne Katalonien das Timler Alpengebiet oder der badischshynordschweizerische Raum Solanshyge der Nationalstaat auf der Houmlhe

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seiner Macht stand lieszlig er die Vershywirklichung regionaler Eigenstaumlnshydigkeit nicht zu er war auch in der Lage die speziell regionalen Angeshylegenheiten im Rahmen seiner zentralen Ordnung und Verwalshytung mit zu erledigen In dem Maszlige aber in dem mehr und mehr Zustaumlndigkeiten von den Nationalshystaaten auf die Europaumlische Geshymeinschaft uumlbergehen ist die Reshygion auf den Nationalstaat wenishyger angewiesen und gewinnt ihm gegenuumlber an Spielraum fuumlr eigeshyne Gestaltung

Foumlderalismus Genossenshyschaftsprinzip und Regionalismus sind Formen der Verwirklichung der Subsidiaritaumlt Ein politisch endguumlltig vereinigtes Europa ist nur moumlglich bzw kann nur dann von Dauer sein wenn es die je beshysonderen Eigenheiten der Natioshynen Staumlmme und regionalen Geshymeinschaften nicht auszuloumlschen versucht sondern zu erhalten und zu pflegen hilft

Politische Freiheit setzt Offenheit zur Transzendenz voraus

Es gehoumlrt zur Natur des freiheitshylichen Staates daszlig er uumlber die letzten Voraussetzungen seines Bestehens nicht verfuumlgen kann und Verfuumlgung auch nicht anstremiddot ben darf Diese letzten Voraussetshyzungen sind die Grundwerte des menschlichen Lebens und die pershysonale Natur des einzelnen Menshyschen Die Grundwerte insbesonshydere Freiheit Gerechtigkeit und

Gleichheit werden nicht vom Staat gestiftet sondern sind ihm vorgegeben Er muszlig sich an ihnen orientieren und auf seine Weise zu ihrer Verwirklichung beitragen Doch ist er dafuumlr nicht allein zushystaumlndig sondern es ist dies jedem Menschen als Aufgabe der indivishyduellen Lebensfuumlhrung gestellt Zwar fassen wir Freiheit Geshyrechtigkeit und Gleichheit vorshyzugsweise als politische Forderunshygen auf aber wir muumlssen uns beshywuszligt halten daszlig sie ihren Urshysprung vor aller Politik haben und daszlig ihre menschenmoumlgliche Vershywirklichung niemals allein mit den Mitteln des Staates zu leisten ist sondern die Freiheit selbstbeshystimmten Wollens der einzelnen BOrger voraussetzt

So weisen also die Prinzipien des neuzeitlichen Verfassungsshystaates uumlber diesen hinaus Das bedeutet daszlig der Staat mit der GeshyWaumlhrleistung der Grundrechte nicht nur einen Bereich der Privatshyautonomie aus seiner Zustaumlndigshykeit ausgrenzt sondern einen Beshyreich anerkennt der innerweltshylicher Verfuumlgbarkeit uumlberhaupt entzogen ist Es ist dies gewissershymaszligen das Quellgebiet menschenshywuumlrdigen Lebens

Schlechthin unverfuumlgbar ist auch die personale Natur des einshyzelnen Menschen Der neuzeitliche Verfassungsstaat versteht sich als Produkt des Selbstverstaumlndnisses und des Wollens seiner Buumlrger Jeshydem einzelnen dieser Buumlrger ershykennt er einen Status innerweltlishy

59 AuHrag201

cher Autonomie zu in den einzushygreifen oumlffentlicher Gewalt untershysagt ist Der Buumlrger seinerseits leishytet aus seiner Autonomie eine orishyginaumlre Kompetenz der Mitgestalshytung des Staatslebens und der Krishytik an der politischen Ordnung ab auszligerdem einen Vorbehalt des Geshywissens gegenuumlber allen Anspruumlshychen welche Gesellschaft und Staat an ihn stellen Das alles waumlre nicht denkbar und nicht zu rechtfertigen wenn der einzelne nicht mehr repraumlsentierte als bloszlig sein privates Ich Das heiszligt politishysche Freiheit setzt voraus daszlig der Mensch sein Wollen und Handeln letztlich auf eine der Gesellschaft und dem Staat uumlbergeordnete Leshygitimation zuruumlckfOhrt Wir hatten das eingangs unter dem Aspekt festgestellt daszlig es die theonome Orientierung der Ethik ist welche die innerweltliche Autonomie der Person begrOndet und legitimiert

Aus alledem ergibt sich daszlig der Staat wenn er freiheitlich sein soll sich offen halten muszlig zur Transzendenz Da er weltanschaushylich neutral sein muszlig muszlig es bei dieser sehr allgemeinen Feststelshylung offen zur Transzendenz bleiben So wenig er dieser gegenshyuumlber indifferent sein darf so wenig darf er daruumlber bestimmte Aussashygen machen Wohl aber muszlig er den Kirchen - oder wie es konseshyquent weltanschaulich neutral in unserer Verfassung heiszligt den Reshyligionsgesellschaften - diejenishyge oumlffentliche Stellung zuerkenshynen auf die sie Anspruch haben

um Transzendenz institutionell zu repraumlsentieren Sache der Kirchen ist es dann die transzendente Wirklichkeit inhaltlich bestimmt und verbindlich zu verkuumlnden und zu vermitteln

Das gilt was um des Heiles wilshylen selbstverstaumlndlich sein sollte auch im Interesse der pOlitischen Freiheit Die Kirche dient ihr nicht durch sozial praktische Umtriebigshykeit sondern durch die Pflege der transzendenzbezogenen Elemente der Religion der Lehre der Glaushybenswahrheiten der Gottesverehshyrung und des sakramentalen Leshybens Nur so kann sie den Menshyschen helfen in ihrem Transzenshydenzbezug bewuszligter sicherer und lebendiger zu werden

Menschenwuumlrde

Die Freiheit wie wir sie versteshyhen und wie sie durch das Chrishystentum in die Welt gekommen ist war jahrhundertelang dasjenige Element der personalen Natur des Menschen das im Mittelpunkt des politischen Denkens und der polishytischen Auseinandersetzungen stand Vor diesem Hintergrund ist es bemerkenswert und nachdenshykenswert daszlig in unserem Jahrshyhundert insbesondere seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges ein anderes Element naumlmlich die Wuumlrshyde der Person als SchlOsseIbeshygriff hervorgehoben wird So gruumlnshydet die allgemeine Erklaumlrung der Menschenrechte der Vereinten Nashytionen auf der Anerkennung der

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allen Mitgliedern der menschlishychen Familie innewohnenden Wuumlrshyde und unser Grundgesetz beshyginnt mit dem Bekenntnis zur Menshyschenwuumlrde Auch dieses Erkenshynen und Begreifen der dem Menshyschen eingeborenen Wuumlrde vershydankt die Welt der Tradition des Christentums in diesem Fall seishynem Ausgang von der Heilsgeshyschichte des Volkes Israel Denn eingeboren ist die Wuumlrde dem Menschen weil Gott ihn nach seishynem Ebenbild geschaffen hat Wer sich auf eine innerweltliche Beshystimmung der Menschenwuumlrde beshyschraumlnken will stellt fest daszlig sie die Substanz und der Wert ist die der Mensch einfach dadurch beshysitzt daszlig er Mensch ist Er muszlig sich seine Wuumlrde nicht erst verdieshynen indem er sich in irgendeiner Weise bewaumlhrt Im Gegenteil Er kann seine Wuumlrde nicht verlieren auch wenn er versagt boumlse ist sich schuldig macht sich verweishygert usw Die menschliche Exishystenz behaumllt ihre von Gott eingeshystiftete Wuumlrde auch in ihren Abshygruumlnden und in ihrer Entstellung

Was folgt daraus wenn anstelle der Freiheit die Menschenwuumlrde in den Dreh- und Angelpunkt unseres Lebens ruumlckt Zunaumlchst ist festzushystellen daszlig die Idee der Freiheit dadurch in keiner Weise an Bedeushytung verliert Denn die Menschenshywuumlrde schlieszligt die Tatsache daszlig der Mensch frei ist weil er Person ist in vollem Umfang mit ein Doch stellt sie dieses eine Element Freishyheit in den Gesamtzusammen-

Auftrag 201

hang aller Elemente personaler Existenz Das zeigt sich z B an der Moumlglichkeit daszlig man aus menshyschenwuumlrdigen Gruumlnden auf Freishyheit verzichten kann etwa einem anderen Menschen zuliebe Auch gibt es eine Wuumlrde des Dienens und des Gehorsams vorausgeshysetzt beides wird aus freiem eigeshynem Entschluszlig geleistet - Wichshytig ist ferner daszlig bei der Freiheit der Anspruch des Ich dominiert wenngleich bei rechtem Bedenken zu erkennen ist daszlig - wie schon gesagt - die Freiheit des anderen nicht nur Grenze sondern sogar Voraussetzung der eigenen Freishyheit ist Dagegen dominiert im Beshygriff der Menschenwuumlrde von vornshyherein der Anspruch des anderen gegen mich Dem Recht der freien Entfaltung der eigenen Persoumlnlichshykeit steht die Pflicht gegenuumlber die Wuumlrde des anderen zu achten und nicht anzutasten - Dritshytens hat der Freiheitsanspruch seine spezifischen Moumlglichkeiten der Verirrung Egozentrik moralishyscher Subjektivismus Beliebigkeit des Meinens und Verhaltens waumlhshyrend die Orientierung an der Menshyschenwuumlrde gewissermaszligen per definitionem die Moumlglichkeit der Verirrung ausschlieszligt - Schlieszligshylich ist die Verantwortung fuumlr den Mitmenschen die dem Freiheitsshyanspruch ausdruumlcklich entgegenshygesetzt werden muszlig im Verstaumlndshynis der Menschenwuumlrde von vornshyherein mitenthalten Das beherrshyschende Beispiel dafuumlr ist unsere Mitverantwortung fuumlr die Menshy

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sehen der Dritten Welt sie ergibt sich nicht unmittelbar aus dem Prinzip Freiheit wohl aber aus der Anerkennung der Menschenshywuumlrde

Die europaumlische politische Zivilishysation ist Gemeingut aller europaumlishyschen Voumllker

Wie die aus dem Christentum hervorgegangene Denk- und Leshybensweise uumlberhaupt so ist auch die aus christlichem Ursprung entshywickelte politische Zivilisation dem Bewuszligtsein aller europaumlishyschen Voumllker eingepraumlgt Gerade bei der Aufloumlsung der sowjetkomshymunistischen Oberherrschaft in Ostmitteleuropa erleben wir wie selbstverstaumlndlich den Menschen dort die Vorstellungen und eine Gesittung geblieben sind die man als westlich zu bezeichnen pflegt Insbesondere bei den Poshylen Tschechen Slowaken und Unshygarn reicht die Tradition der Freishyheitsliebe und des verfassungsshystaatlichen Wollens bis weit ins 19 Jahrhundert zuruumlck Sie hat sich nach dem Zweiten Weltkrieg als so stark und bestimmend ershywiesen daszlig sie der totalitaumlren Dikshytatur nicht nur nicht erlag sondern es sogar vermochte deren volle Durchsetzung zu verhindern ja ihr gewisse moderate Zuumlge zu verleishyhen In keinem dieser Laumlnder war die kommunistische Herrschaft so ideologisch verbissen wie in der DDR Mit dem Ende der sowjetshykommunistischen Oberherrschaft

aber war von heute auf morgen reshypublikanische Staatlichkeit voll gegenwaumlrtig Wir machen uns wohl noch gar keine rechte Vorshystellung welche Staumlrkung Euroshypas die Ruumlckkehr dieser Staaten in die Gemeinschaft der freien Voumllker bedeutet wieviel sie beitragen werden zur Erfuumlllung der Aufgaben Europas in der Welt

Die Grundgedanken der europaumlishyschen politischen Zivilisation hashyben sich uumlber die ganze Welt vershybreitet haben sich jedoch noch laumlngst nicht durchgesetzt Zwar darf man einen Fortschritt darin sehen daszlig kaum mehr ein Regime es wagt das Bekenntnis zu Menshyschenwuumlrde Freiheit Rechtsshystaatlichkeit Demokratie und Geshywaltlosigkeit zu unterlassen doch Praxis und Wirklichkeit sind nach wie vor erfuumlllt von Unterdruumlckung menschenunwuumlrdigen Lebensbeshydingungen Folter Krieg und Buumlrshygerkrieg Die Gebote der menschlishychen Solidaritaumlt und der Naumlchshystenliebe machen die Europaumler mitverantwortlich dafuumlr gegen all diese Not Armut Unwissenheit und dieses Elend anzugehen Und es fehlt Europa nicht an den Mitshyteln der Bildung Politik und Wirtshyschaft um trotz tausendfacher Schwierigkeiten Hemmnisse und Widerstaumlnde das Leben derer die doch ihre Bruumlder und Schwestern sind menschlicher zu machen Das ist uumlberdies auch eine Vorausshysetzung fuumlr die Foumlrderung des Friedens in der Welt denn Frieden kann es ohne verwirklichte Freishy

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heit Willen zur Gerechtigkeit und ein Mindestmaszlig an Lebensqualishytaumlt nicht geben Freiheit des Glaushybens und Freiheit der Rede Freishyheit von Not und Freiheit von Furcht so hat es Praumlsident Rooseshyvelt 1941 in einer Botschaft an den Kongreszlig der Vereinigten Staaten von Amerika am Beginn des Kampshyfes gegen die nationalsozialistishysche Bedrohung der Welt formushyliert Das entspricht christlich-eushyropaumlischer Tradition und hat bleishybende Guumlltigkeit

Der Beitrag der Christen zur Einishygung Europas

Was bedeutet das alles fuumlr die Rolle der Christen bei der politishyschen Einigung Europas Papst Pius XII hat einmal gesagt das Christentum habe die Seele der europaumlischen Voumllker am tiefsten geformt5l und Papst Paul VI beshymerkte In der Tat gehoumlrt die christliche Tradition ganz wesentshylich zu Europa Selbst in jenen Menschen die nicht unseren Glaushyben teilen selbst dort wo der Glaube verschuumlttet oder ausgeshyloumlscht ist sind die menschlichen Spuren des Evangeliums weiterhin anzutreffen und stellen nunmehr ein gemeinsames Erbe dar das wir im Interesse der Entfaltung des einzelnen Menschen fruchtbar machen sollen 7) Der Bevollmaumlchshytigte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland Bischof Binder schreibt in einem Aufsatz Es laumlszligt sich nicht leugnen daszlig

Auftrag 201

die Voumllker Europas eine vom Chrishystentum gepraumlgte gemeinsame Geschichte haben Von der Ent- wicklung der Bildungseinrichtunshygen bis hin zum Sozialwesen von der Entwicklung der individuellen Freiheitsrechte bis hin zu den Vorshystellungen vom Gemeinwohl shyuumlberall laumlszligt sich das Urgestein christlichen Wirkens und Lebens nachweisen 8)

Auf unsere Frage bezogen heiszligt das Die fuumlr die politische Einishygung Europas erforderliche geshymeinsame ideelle Grundlage muumlsshysen wir nicht erst schaffen sonshydern die Voumllker Europas haben sie mit ihrer christlich gepraumlgten geistigen Kultur und politisch-sittshylichen Zivilisation schon seit je als gemeinsamen Besitz als ein Gutshyhaben auf das sie heute zuruumlckshygreifen koumlnnen Es ist nicht so daszlig wir erst Europa denken koumlnnten um dann in einem zweishyten Schritt festzustellen daszlig dazu gewisse Gemeinsamkeiten hinzushykommen Sondern die Individualishytaumlt Europas in der Geschichte der Menschheit ist uumlberhaupt nichts anderes als das Resultat der Wirshykung der christlichen Botschaft in der Welt sowie der christlich vershymittelten Antike Wohl aber muumlsshysen wir wachsam sein damit wir das gemeinsame Erbe der europaumlishyschen Voumllker nicht verlieren Das scheint in einer zwar negativ geshywendeten jedoch treffenden Beshymerkung des deutschen Sozialshytheoretikers JOrgen Habermas ausgedruumlckt zu sein Er sprach mit

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Bezug auf den modernen demokrashytischen Verfassungsstaat einmal von der Gefahr einer Erosion der nicht reflektierten Randbedingunshygen dieses Systems

Um diese nicht-reflektierten Randbedingungen geht es wenn wir uumlber die Rolle des Christenshytums bei der Einigung Europas sprechen Freiheit und Menschenshywuumlrde als Prinzipien unserer politishyschen Ordnung sind naumlmlich nicht so rein innerweltlich zu begruumlnden und zu gewaumlhrleisten wie die proshyfane Staatstheorie es erscheinen laumlszligt Sie setzen vielmehr wie wir sahen die theonome Orientierung voraus die das Christentum in die Welt gebracht hat Die profane Staatstheorie wie auch die Praxis der europaumlischen Staaten sind jeshydoch so angelegt daszlig diese fOr sie im Grunde unentbehrliche theonoshyme Orientierung zur nicht-reflekshytierten Randbedingung verkuumlmshymern koumlnnte und von Erosion beshydroht ist Diesen Erosionsprozeszlig aufzuhalten die wahren Vorausshysetzungen von Freiheit und Menshyschenwuumlrde zu bedenken und neu zur Geltung zu bringen das ist der spezifische politische Beitrag der Christen zur politischen Einigung Europas

Hans Buchheim

(aus Kirche und Gesellschaft Nr 175 hermiddot ausgegeben von der Kath Sozialwismiddot senseh Zentralstelle Moumlnchengladbach)

Anmerkungen

Bei diesem Heft handelt es sich um die ermiddot weiterte Fassung eines vom Verfasser bei

der Europaumlischen Begegnung 1990 in Otmiddot tobeuren gehaltenen Vortrags

1) Projekt Europa Dezember 1988 S 4 2) Hans-Georg Gadamer Platons dialektimiddot

sehe Ethik - Hamburg 1968 S 211shy3) GWF Hegel Rechtsphilosophie sect 18

Zusatz 4) GWF Hegel Enzyklopaumldie sect 482 5) GWF Hegel Philosophie der Weltgemiddot

schichte Einleitung I 1 c 6) Europaumlische Einheit und europaumlischer

Geist Ansprache vom 15 Maumlrz 1953 in AF Utz u J F Groner (Hrsg) Aufbau und Entfaltung des gesellschaft Leshybens Soziale Summe Pius XII 11 Bd 2 Auf FreiburgSchweiz 1962 Nr 3895

7) BotSChaft an den Europarat in Straszligmiddot burg vom 26 Januar 1977 in Papst Paul VI Wort und Weisung im Jahr 1977 Kevelaer 1978 S 157

8) In epdmiddotDokumentation 878 v 132 1978 S 41

Zur Person des Verfassers

Dr Hans Buchheim Professor der Politikmiddot wissenSChaft an der Universitaumlt Mainz Vormiddot sitzender der Kommission Politik Verfasshysung Recht des Zentralkomitees der deutmiddot sehen Katholiken

Ergebnisse Ulld

Schluszligfolgerungen des Europa-Studienshytages (Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofsshykonferenz 1991)

Ein Studientag hat nicht die Aufshygabe unmittelbar zu konkreten Ershygebnissen und Schluszligfolgerungen zu fuumlhren Es geht vielmehr darum

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einen Problembereich ausfOhrlich zu besprechen Aus diesem Grunde wurden die bei der Herbstshyvollversammlung im September vergangenen Jahres angesprocheshynen Handlungsziele systematisch zusammengefaszligt und der jetzigen Vollversammlung vorgelegt Mit dem Rat der Europaumlischen Bishyschofs konferenzen (CCEE) und der Kommission der Bischofskonfeshyrenzen der Europaumlischen Gemeinshyschaft (ComECE) haben wir wichtishyge Instrumente fuumlr ein gemeinsashymes kirchliches Handeln auf euroshypaumlischer Ebene 1 Auf der Grundlage des Erfahshy

rungsaustausches bei der aushyszligerordentlichen Bischofssynshyode (1991) und bei den europaumlishyschen Bischofssymposien soll auf ein gemeinsames europaumlishysches Handeln hingewirkt wershyden

2 Im Bereich der Menschenshyrechtsfragen und der Friedensshyethik sowie der Umweltprobleshymatik sollen angesichts der neuen Situation in Europa die bestehenden Bemuumlhungen der Deutschen Bischofskonferenz gemeinsam mit dem Heiligen Stuhl und den anderen europaumlishyschen Bischofskonferenzen gezielt fortgefuumlhrt werden Hierbei ist eine enge Zusamshymenarbeit mit dem Rat der Eushyropaumlischen Bischofskonferenshyzen (CCEE) vorgesehen

3 Oie Zusammenarbeit der fuumlr soziale Fragen zustaumlndigen Kommissionen der Bischofs-

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konferenzen der Europaumlischen Gemeinschaft soll vertieft wershyden Dabei sollen vor allem die Bischofskonferenzen Ost- und Mitteleuropas einbezogen wershyden

4 Im Bildungs- und Erziehungsshywesen soll die kirchliche Zushysammenarbeit mit dem Ziel eishyner besseren Koordination ausgebaut und vertieft werden

5 Oie bereits bestehenden Forshymen der Koordination der kirchlichen Hilfswerke sollen auf europaumlischer Ebene harshymonisiert werden Oie Kirchen in den Laumlndern Ost- und Mittelshyeuropas muumlssen dabei in die Bewuszligtseinsbildung einbezoshygen werden

6 Oie Hilfe fOr die Kirche in Mitshytel- und Osteuropa wird als eine gemeinsame europaumlische Aufgabe gesehen Zur Umsetshyzung dieser Hilfe sollen konshykrete Koordinationsstrukturen angestrebt werden

7 Oie Kirche in Deutschland wird ihre oumlkumenischen Erfahrunshygen in die Entwicklung oumlkumeshynischer Perspektiven in Europa einbringen

(aus Pressedienst der DBK-Dokushymentation vom 123 92)

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Die Volksgruppell m einem vereinten Europa Vorbemerkung

Soweit im folgenden von Volksshygruppen in Europa die Rede ist sind solche sprachlichen oder ethshynischen Minderheiten gemeint die eine eigene kulturelle Identitaumlt beshysitzen und ihren angestammten Sitz in dem jeweiligen Staat hashyben in dem sie eine Minderheit bilshyden Nicht eroumlrtert werden Fragen von auslaumlndischen Arbeitern Fluumlchtlingen Aussiedlern oder Asylanten die in juumlngerer Zeit in europaumlischen Laumlndern Aufnahme gefunden haben

I Einleitung

1 Die friedliche Uumlberwindung des Ost-West-Gegensatzes hat eishynen wichtigen Gefahrenherd fuumlr den Weltfrieden uumlberwunden und den Europaumlern die saumlkulare Chanshyce eroumlffnet in Zukunft frei und in Frieden miteinander zu leben Zushygleich wurden durch den Umbruch von der kommunistischen Diktatur in die Freiheit zahlreiche tiefgreishyfende Probleme und Konflikte ofshyfengelegt die bis dahin untershydruumlckt waren

2 Dazu gehoumlrt die Situation vieshyler Volksgruppen die ihre kulturelshyle und politische Selbstbestimshymung nicht wahrnehmen konnten und sich als Minderheit erheblich

benachteiligt gefOhlt haben Fuumlr sie wie fuumlr alle anderen Minderheishyten gilt daszlig Freiheit Frieden und Demokratie in Europa ohne einen rechtlich und faktisch geregelten und garantierten Minderheitenshyschutz nicht gedeihen koumlnnen

3 Demokratie wie Minderheishytenschutz gruumlnden in der Fordeshyrung nach rechtlicher und politishyscher Sicherung der gleichen Wuumlrshyde aller Menschen ihrer persoumlnlishychen und sozialen Integritaumlt Fuumlr Katholiken wie fuumlr Christen allgeshymein fOlgt diese Forderung aus dem Glauben an ihre gemeinsame Gotteski ndschaft

4 Zur Wahrung der persoumlnlishychen Integritaumlt gehoumlrt die freie Herausbildung der individuellen und sozialen Identitaumlt In bezug auf Volksgruppen d h auf Mindershyheiten die sich in der Regel von der im Staat lebenden Mehrheit oder von anderen Minderheiten vor allem durch eine eigene Sprache und eine sich in ihr bezeugende hishystorisch-kulturelle Gemeinsamkeit unterscheiden und haumlufig eine tershyritoriale Verbundenheit teilen gilt es vor allem diese Elemente ihrer Identitaumlt rechtlich und politisch abzusichern und diesbezuumlglich poshylitische soziale oder oumlkonomische Diskriminierungen auszuschlieshyszligen Angesichts der Wanderungsshybewegungen in Europa wird diese Aufgabe sich nicht nur fuumlr traditioshynelle historisch in Europa geshywachsene Volksgruppen sondern auch fuumlr neue ethnisch-kulturelle Gruppierungen stellen

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5 Die Versuche des 19 und 20 Jahrhunderts das Zusammenleshyben der Voumllker durch ihre - ethshynisch moumlglichst homogene - nashytionalstaatliche Organisation zu regeln sind teilweise gescheitert und koumlnnen nicht mehr zur Loumlsung gegenwaumlrtiger und kuumlnftiger Proshybleme beitragen Die Vision des zukOnftigen gemeinsamen Europa kann sich daran nicht mehr orienshytieren

6 Vielversprechend ist statt dessen eine zunehmende Koopeshyration und Integration zwischen den Staaten und zwischen den geshysellschaftlichen Gruppen innershyhalb der Staaten Sie sieht von geshywachsenen historisch-kulturellen Identitaumlten nicht einfach ab und Obersieht nicht das damit haumlufig verbundene Konfliktpotential geshygenseitiger Vorurteile Sie arbeitet beharrlich an ihrer Uumlberwindung und macht den Reichtum der aus der Vielfalt erwachsen kann fruchtbar

7 Angst beguumlnstigt Gewalt und zerstoumlrt Die rechtliche und soziale Sicherung und gegenseitige Anershykennung der kulturellen Identitaumlt von Individuen und Gruppen ist der beste Weg solche Angst zu Obershywinden Wir leben in vielen Voumllkern und reden in vielen Zungen und wir sind zugleich ein Volk Gottes

11 Bestandsaufnahme

1 In den derzeit 33 Staaten Euroshypas werden noch Ober 70 verschieshydene Sprachen gesprochen wobei

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die Zahl derer die diese Sprachen als Muttersprache gebrauchen von einigen Dutzend Menschen (Ushyvisch Manx) bis zu Dutzenden von Millionen reicht (russisch deutsch englisch) Deutsch wird z B heute von seit Jahrhunderten bestehenshyden Volksgruppen auch auszligerhalb der deutschsprachigen Laumlnder (Deutschland Oumlsterreich Schweiz Luxemburg Liechtenstein) in weishyteren 10 Staaten gesprochen (Daumlshynemark Belgien Frankreich Itashylien Tschechoslowakei Polen Rushymaumlnien Sowjetunion Ungarn Jushygoslawien) Waumlhrend das wiedershyvereinigte Deutschland bei knapp 80 Millionen Einwohnern nur drei kleine bodenstaumlndige Minderheishyten mit je einigen Zehntausenden Angehoumlrigen hat (Daumlnen Sorben Friesen) betraumlgt die Zahl der Anshygehoumlrigen nationaler Minderheiten in Frankreich (Okzitanier die deutschsprachige Bevoumllkerung in Elsaszlig und Lothringen Bretonen Korsen Katalanen Basken Flashymen) oder in Spanien (Katalanen Galizier Basken) mehrere M illioshynen

2 Der bisherige Ost-West-Geshygensatz in Europa hat lange eine realistische Beurteilung der Lage der Volksgruppen erschwert Unshyterdruumlckung von Minderheiten schien es fuumlr viele Westeuropaumler nur im kommunistischen Osten zu geben wobei man Minderheitenshyfragen in Frankreich ebenso nicht wahrhaben wollte wie in Italien wo zwar im Norden manche Minshyderheiten anerkannt sind (Franzoshy

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sen im Aostatal SOdtiroler Sloweshynen in Triest) im SOden die Frage nach den Rechten der Minderheishyten aber nicht gestellt wird (Albashyner Griechen) Andererseits hat ein ehemals sozialistisches Land wie Ungarn schon vor der politishyschen Wende viel fOr seine Volksshygruppen getan (Deutsche Slowashyken SOdslawen Rumaumlnen)

3 Die Allgemeine Erklaumlrung der Menschenrechte der Vereinten Nashytionen vom 10 Dezember 1948 (Arshytikel 2) und die Konvention des Eushyroparates zum Schutze der Menshyschenrechte und Grundfreiheiten vom 4 Februar 1950 (Artikel 14) sashygen sehr wenig Ober Rechte von Volksgruppen Auch der Internashytionale Pakt uumlber buumlrgerliche und politische Rechte vom 19 Dezemshyber 1966 beschraumlnkt sich in Artikel 27 darauf zu erklaumlren In Staaten mit ethnischen religioumlsen und sprachlichen Minderheiten darf Angehoumlrigen solcher Minderheiten nicht das Recht vorenthalten wershyden gemeinsam mit anderen Anshygehoumlrigen ihrer Gruppe ihr eigenes kulturelles Leben zu pflegen Ihre eigene Religion zu bekennen und auszuOben oder sich ihrer eigenen Sprache zu bedienen

Die Dachorganisation der euroshypaumlischen Minderheiten die Foumlshyderalistische Union der Europaumlishyschen Volksgruppen (FUEV) vershyabschiedete 1967 zwoumllf Hauptshygrundsaumltze fuumlr ein Volksgruppenshyrecht die 1985 auf dem Nationalishytaumltenkongreszlig in Genf in Zusamshymenarbeit mit dem Internationalen

Institut fuumlr Nationalitaumlten und Reshygionalismus (INTEREG) neugefaszligt wurden Im Europaumlischen Parlashyment haben am 317198442 Abgeshyordnete einen Antrag auf die Kodishyfizierung eines europaumlischen Volksgruppenrechts eingebracht Im Zuge des Helsinki-Prozesses haben die Signatur-Staaten der KSZE-Schluszligakte vom 1 August 1975 in ihrem Dokument vom 29 Juni 1990 in Kopenhagen Rechte fOr alle nationalen Minderheiten garantiert In ihrer Charta von Pashyris fuumlr ein neues Europa vom 24 November 1990 bekraumlftigten die Staats- und Regierungschefs dieshyse Erklaumlrung (siehe Anhang) Sie ist die bisher am weitestgehende Erklaumlrung zu den Minderheitenshyrechten ohne daszlig der Begriff der Minderheit naumlher definiert wird Im deutsch-polnischen NachbarshysChaftsvertrag vom 1761991 wird auf diese Formulierung zuruumlckgeshygriffen Sie werden damit erstmals in einem voumllkerrechtlich verbindlishychen Vertrag verankert Das Exshypertentreffen der KSZE uumlber natioshynale Minderheiten vom 1920 Juli 1991 in Genf hat diese Aussagen noch erweitert und praumlzisiert

111 Die Rolle der Kirche

1 Beim Schutz von Minderheishyten und fuumlr das friedliche Zusamshymenleben von Volksgruppen kommt der Kirche eine groszlige Beshydeutung zu da Grundsaumltze christshylicher Soziallehre wie Solidaritaumlt und Subsidiaritaumlt gefordert sind

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Der Gott Abrahams Isaaks und Jakobs ist der Gott aller Voumllker denn schon die Religion des Alten Testamentes ist universal angeshylegt Die Erloumlsungstat Christi geshyschah fuumlr alle Voumllker denen er seishyne Apostel aussandte um sie zu lehren Gehet hin und lehret alle Voumllker Seit den Anfaumlngen respekshytiert die Kirche die verschiedene kulturelle Identitaumlt von Voumllkern und Volksgruppen was in den fruumlshyhen Bibeluumlbersetzungen und Liturshygiesprachen (Griechisch Syrisch Koptisch Latein Gotisch usw) zum Ausdruck kommt Alle Voumllker sind gemeinsam Kinder Gottes

2 In diesem Jahrhundert haben die Paumlpste immer wieder die Rechshyte von Minderheiten verteidigt die aus dem Recht der Person abgeleishytet werden Der Friedenspapst Beshynedikt XV betonte daszlig die Kirche katholisch nicht lateinisch grieshychisch oder slawisch sei und unshyterstuumltzte dabei auch die vom Volkstum gepraumlgten Teilkirchen der oumlstlichen Riten Johannes XXIII verteidigt in seiner Enzyklika Pacem in terris klar die Rechte von Volksgruppen

Aumlhnlich aumluBerte sich Papst Paul VI Die katholische Kirche nimmt die Rechte der Menschen und Voumllker sehr ernst gleichzeitig auch die Bedingungen der Freishyheit der Menschenwuumlrde der ethshynischen Gleichberechtigung der Gerechtigkeit und der Verantwortshylichkeit die zu ihrer vollen Entshywicklung erforderlich sind In seishyner Enzyklika Populorum progres-

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sio erklaumlrte er 1967 Reich und arm jedes Volk hat seine Kultur die sie von den Verfahren uumlbershynommen hat Institutionen fOr das materielle Leben Werke geistigen Lebens kuumlnstlerischer denkerishyscher religioumlser Art Sofern sie wahre menschliche Werte darstelshylen waumlre es ein groszliger Fehler sie aufzugeben Ein Volk das dies tut gibt den Grund seines Lebens hin Das Wort Christi Was nOtzt es dem Menschen wenn er die ganze Welt gewinnt aber seine Seele vershyliert gilt auch fuuml r die Voumllker

Johannes Paul 11 hat zum Weltshyfriedenstag 1989 den Schutz der Minderheiten verlangt wobei sein Ausgangspunkt die Personalitaumlt des Menschen ist Bei vielen Minshyderheiten hat die Kirche Entscheishydendes fuumlr die Erhaltung der Kulshytur und der Sprache von Volksshygruppen geleistet Oft war die Kirshyche der letzte Hort des Volkstums und wurden Minderheitensprashychen im Gottesdienst in der Preshydigt und in der Katechese noch geshybraucht wenn Schulen und Vershywaltung bereits zur Staatsprache uumlbergegangen waren Es darf aber auch nicht verschwiegen werden daszlig manche Teil-Kirchen bisweishylen nationalistischer Versuchunshygen erlegen sind und gegenuumlber Minderheiten mit anderer sprachlishycher und kultureller Identitaumlt uumlbershysahen und noch immer uumlbersehen daszlig sie Glied der Weltkirche sind die allumfassend katholisch ist

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IV Unsere Aufgaben

1 Information und Kommunikashytion

a) Den meisten Europaumlern ist die Tatsache daszlig es in Europa zahlreiche nationale Mindershyheiten gibt bisher kaum ins Bewuszligtsein geruumlckt Daszlig in den Haupttouristengebieten Spaniens das Spanische nicht die Muttersprache der Einheishymischen ist und daszlig das Katashylanische unter der Herrschaft Francos offiziell nicht erlaubt war kam vielen Europaumlern ebensowenig zum Bewuszligtsein wie die Tatsache daszlig Wales zwar eine eigene Fuszligballmannshyschaft stellt das Walisische aber als Muttersprache ausshystirbt Deutsche erfuhren erst von Gastarbeitern aus Jugoslashywien daszlig diese nicht Jugoslashywisch sprachen sondern z B Kroatisch Serbisch oder Sloshywenisch In den Schulen und in der Erwachsenenbildung mOszligshyten daher die Minderheiten geshybOhrende Beachtung finden Dies sollte geschehen um dashybei aufzuzeigen daszlig auch durch die kleinen Voumllker Euroshypas mit ihren Sprachen und Kulturen zum kulturellen Reichtum Europas beigetragen wird und dieser Kontinent seishyne Groumlszlige und Staumlrke durch Vielfalt in der Einheit hat

b) Allein objektive Information ist in der Lage Vorurteile abzushybauen die auf seiten der Angeshy

houmlrigen groszliger Voumllker besteshyhen Sind nationale Minderheishyten wirklich eine Gefahr fOr den Staat in dem sie leben Sind sie illoyal usw Zahlreishyche positive Beispiele belegen das Gegenteil wie z B Finnshylandschweden oder die Deutshyschen in Belgien Objektive Inshyformationen zeigen auch am Beispiel geloumlster Volksgrupshypenprobleme wie in den meisten Minderheitengebieten echtes europaumlisches Bewuszligtshysein herrscht und daszlig Mindershyheiten nicht trennen muumlssen sondern BrOckenfunktionen zwischen den Staaten haben koumlnnen und zur Entfaltung Eushyropas beitragen Gerade die politische Wende in Ostmitteleuropa bietet uns neue Moumlglichkeiten zur Inforshymation und Kommunikation Der Wegfall der diktatorischen Regime hat auch den nationashylen Minderheiten neue Freiheishyten geschenkt Die Aufhebung der Visum-Pflicht fuumlr einige Staaten ermoumlglicht uns neue Formen der Begegnung und vertieftes Kennenlernen

c) Objektive Information hilft aber auch den nationalen Minshyderheiten keine politischen Irrshywege einzuschlagen Auch kleine Volksgruppen haumlngen gelegentlich einem uumlbersteishygerten Nationalismus an Sie erliegen manchmal der Gefahr ihre kulturellen oder nationashylen AnsprOche zu verabsolutieshy

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ren Solche Absolutsetzung wurzelt oft in einer starken Vershyunsicherung die durch Inforshymationen und Kontakte mit anshyderen Volksgruppen abgebaut werden kann Solchen Grupshypen kann sachliche Informashytion Ober Volksgruppenprobleshyme im europaumlischen Rahmen zeigen daszlig Autonomie und Selbstbestimmung nicht autoshymatisch mit Separationsrecht gleichgesetzt werden muumlssen

d) In ihrer Erklaumlrung vom 8 Maumlrz 1987 haben die Praumlsidenten der Bischofskonferenzen Euroshypas an die katholischen Glaumlushybigen an alle Christen und an die Menschen guten Willens in ganz Europa appelliert den Frieden durch Vertrauen und Wahrheit zu foumlrdern Sie wieshysen darauf hin daszlig der Mangel an Informationen einer der Gruumlnde fuumlr mangelndes Vershytrauen der Voumllker untereinanshyder ist Es kommt deshalb darshyauf an Kontakte und Gespraumlshyche auf allen Ebenen zu foumlrshydern Der Verkehr der Menshyschen uumlber die Grenzen hinshyweg der Austausch von Inforshymationen und Meinungen sind unverzichtbare Beitraumlge um wechselseitiges Vertrauen zu begruumlnden und auf eine sicheshyre Grundlage zu stellen Die Bishyschoumlfe riefen die Kirche in den Laumlndern Europas auf dazu ihshyren Beitrag zu leisten und sie plaumldierten fuumlr mehr Kontakte unter den Glaumlubigen Priestern

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und Bischoumlfen der Ortskirchen des Ostens und des Westens Auch Information uumlber Geshyschichte Tradition und Rechte von Minderheiten gehoumlrt zu der Aufgabe die geleistet werden muszlig Kontakte und Gespraumlche dienen der Information Noch nie war die Chance so groszlig wie heute Grenzen durch Informashytion und Kommunikation zu uumlberwinden Die Medien der oumlfshyfentlichen Meinungsbildung uumlberwinden Grenzen sie koumlnshynen einen neuen Sinn fuumlr die Sprache des anderen schaffen und kulturelle Informationen vermitteln die Vorurteile abshybauen Sie koumlnnen aber auch bestehende Vorurteile verstaumlrshyken Demokratie und Informashytionsfreiheit gehoumlren untrennshybar zusammen Aber die Freishyheit der Information muszlig geshylernt werden Wir rufen alle die in den Medien gestaltend mitshywirken auf sich ihrer Verantshywortung bewuszligt zu sein Die Inshyformationen uumlber die mit uns lebenden Minderheiten muumlsshysen bessere Kenntnis und ein vertieftes Verstaumlndnis voneinshyander erreichen Sich neu entshyfaltende Informationsnetze (europaumlische Nachrichtensenshydungen grenzuumlberschreitende Sendungen) sollten hier einen konstruktiven Beitrag leisten Die Kirche muszlig mit ihren Moumlgshylichkeiten im publizistischen Bereich dabei mithelfen Miszligshytrauen zwischen Angehoumlrigen

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des gleichen Glaubens aber unterschiedlicher Nationalitaumlt und Kultur zu uumlberwinden

2 Grenzaberschreitende Zusamshymenarbeit und Regionalismus

Die meisten nationalen Mindershyheiten in Europa wohnen an Grenshyzen (Daumlnen in Suumldschleswig shyDeutsche in Nordschleswig Italieshyner in Istrien - Slowenen in Triest Franzosen im Aostatal Elshysaumlsser usw) Auch kleine Voumllker ohne Staat sind oft auf verschieshydene Staatswesen verteilt Katalashynen und Basken leben in Spanien und Frankreich beiderseits der Grenzen Provenzalen in Frankshyreich und Italien Slowenen in Jushygoslawien Italien Oumlsterreich und Ungarn Viele dieser Minderheitenshyprobleme sind erst nach den beishyden Weltkriegen entstanden Gerashyde wir Deutsche sind auf Grund der historischen Entwicklungen und Ereignisse der letzten 50 Jahshyre verpflichtet uns fuumlr positive Loumlshysungen der Minderheitenfragen einzusetzen Als ein Volk das seit der Reformation kirchlich geteilt ist spuumlren wir auch wie konfesshysionelle Vielfalt die Minderheitenshyprobleme Europas noch mehr difshyferenziert Da sich die KSZE-Signashyturstaaten zur gegenseitigen Anershykennung der Grenzen in Europa verpflichten ist grenzuumlberschreishytende Zusammenarbeit heute ein Gebot der Stunde Positive Ansaumltshyze dazu gibt es innerhalb der EG in der Euregio wo im Dreilaumlndereck

Niederlande-Belg ien-Deutsch land bei Aachen die Zusammenarbeit auf verschiedenen Gebieten uumlber die noch bestehenden Grenzen ershyfolgt In der Regio Basilensis und der Arge Alp (Arbeitsgemeinschaft Alpenlaumlnder) geschieht dies durch Einbeziehung Schweizer Kantone und Oumlsterreichischer Bundeslaumlnshyder auch uumlber die Grenzen der Eushyropaumlischen Gemeinschaft hinaus In der Arge Alp Ost sind bereits vor der Wende im Osten damals noch sozialistische Laumlnder in diese Koshyoperation einbezogen worden Poshysitive Ansaumltze sind auch bei der in Angriff genommenen Zusammenshyarbeit zwischen Bayern Sachsen und BOumlhmen festzustellen Hier ist auch die Kirche gefordert Die Dioumlshyzesen Klagenfurt Ljubljana Goumlrz und Udine haben seit Jahren fuumlr katholische Oumlsterreicher Sloweshynen Italiener und Furlaner eine Basis der Zusammenarbeit gefunshyden Gerade die Kirchen sind heushyte aufgerufen die Zusammenarshybeit Ober die Grenzen hinweg zu foumlrdern und den Menschen zu zeishygen daszlig Christen dieses Europa in einer Solidaranstrellgung mitgeshystalten koumlnnen und muumlssen

Diese grenzuumlberschreitende Zushysammenarbeit ist untrennbar vershybunden mit der Chance des Regioshynalismus Dort wo Minderheiten seit langer Zeit ansaumlssig sind hashyben sich in Europa starke regionashyle Besonderheiten entwickelt Oft kam es zu einem gesunden Nebenshyund Miteinander von verschiedeshynen Volksgruppen und Sprachen

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manchmal wurde fuumlr die Bewohner das regionale Bewuszligtsein (durch eigene Verwaltung u auml) staumlrker als die nationale oder sprachliche Zushygehoumlrigkeit In einem Europa der Regionen muszlig darauf aufgebaut werden Beispiele sind (oder waren bis zu der nach 1945 erfolgten Vershytreibung und Auswanderung) Boumlhmiddot men Maumlhren Oberschlesien Sieshybenbuumlrgern die Vojvodina die Bushykowina und andere Regionen In ihnen herrschte Zwei- und Mehrshysprachlichkeit der Einwohner in Schule Verwaltung und Kirche Auch heute sind die Bewohner solshycher Regionen und von Grenzgeshybieten gefordert die Sprachen der Nachbarn zu lernen und sie zu beshyherrschen

V Auf dem Weg zum vereinten Europa

Die gleichzeitigen Entwicklunshygen in Mittel- und Osteuropa desshysen Staaten sich fuumlr Demokratie und Menschenrechte oumlffnen somiddot wie in der Europaumlischen Gemeinshyschaft die sich fester zusammenshyschlieszligt bergen Chancen und Rimiddot siken zugleich Die Frage der Minshyderheiten und Volksgruppen stellt sich in neuem Licht Nicht zuletzt hat die KSZE mit ihren Erklaumlrunshygen uumlber die Menschliche Dimenshysion der KSZE von Kopenhagen im Juli 1990 und der Charta von Paris fuumlr ein neues Europa des gleishychen Jahres sowie mit ihrem Exmiddot pertentreffen Ober nationale Minshyderheiten vom Juli 1991 dazu beishy

getragen In der EG oumlffnen sich uumlber das sogenannte Schengener Abkommen die Grenzen immer mehr Menschen kommen leichter zueinander als je zuvor Nachbarshyschaftsvertraumlge sollen fruumlher feshyste oft umstrittene Grenzen obershywinden Je offener die Grenzen je besser gelebte Nachbarschaft Gemiddot gensaumltze mindert um so eher sind Gemeinsamkeit und Vielfaft als Boden der europoaumlischen Kultur zu sichern

Gewiszlig gibt es keine Einheitsmoshydelle die uumlberall zutreffen Zu vermiddot schieden sind die jeweiligen histoshyrischen Urspruumlnge die Groumlszligenordshynungen sowie die pOlitischen und kulturellen Lebensbedingungen in den einzelnen Laumlndern

Ein internationales Rahmenshywerk koumlnnte jedoch Grundsaumltze niederlegen die schon jetzt in alshylen funktionierenden Minderheishytenregelungen enthalten sind In den sich entwickelnden alten und neuen Regionen Europas koumlnnen geoumlffnete Grenzen Vorurteile und kulturelle Barrieren abbauen Zushynaumlchst allerdings koumlnnen sie auch neue Probleme schaffen wie die Fluumlchtlingsstroumlme zeigen Kern almiddot ler Aussagen muszlig aber die Reshyspektierung der individuellen wie der Gruppenrechte sein ebenso die Forderung daszlig nur der Wille zur friedlichen Loumlsung die Spanshynungen uumlberwinden kann Die Entshyscheidung uumlber die Zugehoumlrigkeit zu einer Volksgruppe oder Mindershyheit muszlig dem einzelnen Oberlasshysen bleiben Das Recht auf indivishy

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duelle Selbstbestimmung darf nicht durch sogenannte objektive Kriterien wie Herkunft Sprache Wohnort und andere eingeshyschraumlnkt werden Die Praxis hat zur Genuumlge gezeigt daszlig solche soshygenannten objektiven Kriterien von der Mehrheit oder dem Staatsshyvolk nur zu oft zum Nachteil des einzelnen und der Minderheit insshygesamt angewendet werden Plushyralismus hat Europa gepraumlgt und nur Demokratie kann wie keine anshydere Staatsform diesen auf Dauer garantieren und damit unsere groshyszligen Traditionen absichern Die Toleranz darf keine leere Huumllse bleiben

Wir katholische Christen sind aufgerufen unseren eigenen speshyzifischen Beitrag zu leisten Rasshysismus und uumlberspitzter Nationashylismus haben unseren Kontinent in die groumlszligten Kriege des Jahrhunshyderts gefuumlhrt Dabei sind auch Voumllshyker gleichen Glaubens in eine totashyle Konfrontation geraten und uumlber Millionen Menschen ist unendlishyches Leid gebracht worden In eishynem neuen sich in Frieden und Freiheit einigenden Europa sollten Katholiken dazu beitragen auch gegenuumlber Minderheiten jene ethishysche kulturelle und geschichtlishyche Solidaritaumlt zu entfalten die Grenzen und Schranken Europas zu uumlberwinden und die heute unshyerhoumlrte Friedenschance der groszligen europaumlischen Solidaritaumlt voumlllig zu nutzen (Konferenz der Praumlsidenshyten der Europaumlischen Bischofskonshyferenzen in Dieburg 1987)

Anhang

Die bisher am weitestgehende internationale Erklaumlrung duumlrften die Aussagen der KSZE vom Juni 1990 in Kopenhagen sein Auch wenn es sich hierbei nicht um eishynen voumllkerrechtlichen Vertrag hanshydelt aus dem Minderheiten Anshyspruumlche ableiten koumlnnen kann man daraus immerhin auf die Aufshyfassung der Unterzeichnerstaaten zu dieser Frage schlieszligen und Ruumlckschluumlsse tor die kuumlnftige Entshywicklung ziehen Es heiszligt dort

(33) Die Teilnehmerstaaten wershyden die ethnische kulturelle sprachliche und religioumlse Identitaumlt nationaler Minderheiten auf ihrem Territorium schOtzen und Bedinshygungen fuumlr die Foumlrderung dieser Identitaumlt schaffen Sie werden diesbezuumlglich die notwendigen Maszlignahmen ergreifen und zwar nach entsprechenden Konsultatioshynen in Einklang mit den Entscheishydungsverfahren des jeweiligen Staates wobei diese Konsultatioshynen Kontakte mit Organisationen oder Vereinigungen solcher Minshyderheiten einschlieszligen

Jede dieser Maszlignahmen wird mit den Prinzipien der Gleichheit und Nicht-Diskriminierung in beshyzug auf die anderen Buumlrger des beshytreffenden Teilnehmerstaates in Einklang stehen

(34) Die Teilnehmerstaaten wermiddot den sich darum bemuumlhen Angehoumlshyrigen nationaler Minderheiten unshygeachtet der Notwendigkeit die offizielle Sprache oder des betrefshy

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fenden Staates zu erlernen in Einshyklang mit den anwendbaren natioshynalen Rechtsvorschriften entspreshychende Moumlglichkeiten fuumlr den Unshyterricht ihrer Muttersprache oder in ihrer Muttersprache sowie wo immer dies moumlglich und notwenshydig ist fuumlr deren Gebrauch bei Beshyhoumlrden zu gewaumlhrleisten

Im Zusammenhang mit dem Unshyterricht von Geschichte und Kultur in Bildungseinrichtungen werden sie auch die Geschichte und Kulshytur der nationalen Minderheiten beruumlcksichtigen

Sie wurde noch bekraumlftigt durch die Charta von Paris fuumlr ein neues Europa vom 24111990 der KSZEshyKonferenz in Paris In dem Kapitel Leitsaumltze fuumlr die Zukunft heiszligt es unter der Uumlberschrift Menschlishyche Dimension Wir sind entshyschlossen den wertvollen Beitrag nationaler Minderheiten zum Leshyben unserer Gesellschaften zu foumlrshydern und verpflichten uns deren Lage weiter zu verbessern Wir beshykraumlftigen unsere tiefe Uumlberzeushygung daszlig freundschaftliche Beshyziehungen zwischen unseren Voumllshykern sowie Friede Gerechtigkeit Stabilitaumlt und Demokratie den Schutz der ethnischen kulturellen sprachlichen und religioumlsen Identishytaumlt nationaler Minderheiten und die SChaffung von Bedingungen fuumlr die Foumlrderung dieser Identitaumlt erfordern Wir erklaumlren daszlig Frashygen in bezug auf nationale Mindershyheiten nur unter demokratischen Bedingungen befriedigend geloumlst werden koumlnnen Ferner erkennen

Auftrag 201

wir an daszlig die Rechte von Angeshyhoumlrigen nationaler Minderheiten als Teil der allgemein anerkannten Menschenrechte uneingeschraumlnkt geachtet werden muumlssen Im Beshywuszligtsein der dringenden Notwenshydigkeit im Hinblick auf nationale Minderheiten die Zusammenarbeit zu verstaumlrken und deren Schutz zu verbessern beschlieszligen wir ein Expertentreffen Ober nationale Minderheiten vom 1 bis 19 Juli 1991 in Genf einzuberufen

Wir sind entschlossen alle Forshymen von Haszlig zwischen Rassen und Volksgruppen Antisemitisshymus Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung irgendeines Menshyschen sowie von Verfolgung aus religioumlsen und ideologischen Gruumlnden zu bekaumlmpfen

Von der Kommission 10 Europa des ZdK einstimmig beschlossen (aus ZdK Dokumentation vom 25991)

Festung Europa Die Vollendung des Binnenmiddot marktes in der EG bringt den 240 Millionen Europaumlern bare Vorteile Doch der wirtschaftmiddot liche Profit geht - wieder einmal - auf Kosten der Armen in der Dritten Welt

Am 1 Januar 1993 wird der Euroshypaumlische Binnenmarkt Wirklichkeit Europa ist dann - zumindest wirtshyschaftlich - grenzenlos

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Leon Brittan EG-Kommissar aus Groszligbritannien Das ehrgeishyzigste Vorhaben das die Europaumlishysche Gemeinschaft seit ihrer Gruumlndung in Angriff genommen hat

Groszlige Worte vor realem Hintershygrund Der Europaumlische Binnenshymarkt wird nahezu dreimal so groszlig sein wie der japanische und immer noch knapp doppelt so groszlig wie der amerikanische Binnenmarkt Die 342 Millionen Verbraucher die dann miteinander schrankenlos konsumieren und handeln koumlnnen werden zusammen eine Kaufkraft von rund fuumlnf Billionen (eine Fuumlnf mit zwoumllf Nullen) Mark repraumlsenshytieren

Alleine die Vollendung des Binshynenmarktes wird so prognostishyziert der im Auftrag der EG-Komshymission erstellte Cecchini-Bericht zu einer einmaligen zusaumltzlichen Zunahme des Bruttoinlandsproshyduktes in der EG von 45 bis sieben Prozent fuumlhren erstreckt uumlber fuumlnf bis sechs Jahre Der Binnenmarkt als gigantisches Konjunkturproshygramm

Europa mit nur 646 Prozent der Weltbevoumllkerung auf 154 Prozent der Welt-Landflaumlche ist damit der absolute Wirtschaftsgigant schlechthin Nie hat es auf dem Globus eine auch nur aumlhnlich groshyszlige wirtschaftliche Potenz gegeshyben kommentiert das Deutsche Institut fuumlr Wirtschaftsforschung (DIW) - Truumlbe Aussichten fuumlr die Bewohner der Entwicklungslaumlnshyder

Die koumlnnen ab 1993 endguumlltig einpacken scherzt ein hoher BrOsseler EG-BOrokrat uumlberhebshylich und beweist damit nur daszlig er wie so viele andere - zumindest aus moralischem Blickwinkel shynoch gar nicht begriffen hat was dieser EG-Monolith im Weltgefuumlge anriChten wird Die Verlierer in dieshysem Machtpoker der Groszligen steshyhen schon heute fest Es sind und bleiben die Entwicklungslaumlnder Der gemeinsame Markt wird fuumlr sie zur Tragoumldie Nicht weil er etwas ganz Neues Gefaumlhrliches waumlre sondern weil Europa - geeint shynoch perfekter weitermachen wird als bisher Die Entwicklungslaumlnder haben schon in den vergangenen Jahren einen bitteren Vorgeshyschmack bekommen Vor allem weil die EG-Staaten wirtschaftlich ja schon laumlnger zusammenruumlcken sank der Anteil der aumlrmsten Laumlnshyder am Weltexport alleine zwishyschen 1981 und 1991 von 14 auf heute 03 Prozent

Der einheitliche Europaumlische Binnenmarkt wird diesen Abwaumlrtsshytrend noch beschleunigen erwarshytet auch das DIW Diese Erkenntshynis ist logisch und zudem nicht neu Wir Europaumler haben nur die zweifelhafte Faumlhigkeit solche Ershykenntnis wider allen Verstand zu verdraumlngen sagt Frans Andriesshysen niederlaumlndischer EG-Auszligenshykommissar

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Abschottung gegen Waren von auszligen

So hatte die EG-Wirtschaftspolishytik schon immer fatale Auswirkunshygen auf den Welthandel und die Beziehungen zu den Entwicklungsshylaumlndern Schlieszliglich ist die EG von ihrem Ansatz her ja auch eine nach auszligen durch Zoumllle und Vershyordnungen abgeschottete Feshystung Ein nahezu unuumlberwindlishyches Hindernis fuumlr Guumlter die man in die Festung nicht hineinlassen will Handelsabkommen mit den Entwicklungslaumlndern wie etwa die Lome-Abkommen dienen da nur als Feigenblaumltter

Und je groumlszliger die EG seit ihrer Gruumlndung 1955 wird um so wenishyger braucht sie Waren und Dienstshyleistungen von auszligerhalb Italiens EG-Kommissar Carlo Ripa di Meshyana Es gibt so gut wie nichts was es nicht innerhalb Europas zu ernten zu produzieren oder zu foumlrshydern gaumlbe Dabei spielt die Rentashybilitaumlt keine Rolle

Innerhalb der Festung Europa werden Landwirte beispielsweise kraumlftig subventioniert So koumlnnen sie garantierte Abnahmemengen zu festgeschriebenen Preisen proshyduzieren Wettbewerbsfaumlhige Konshykurrenz von auszligerhalb der EG die zu deutlich niedrigeren Weltmarktshypreisen anbieten koumlnnte wird gleichzeitig von den Maumlrkten der EG ferngehalten

Fast um die Haumllfte (42 Prozent) so hat die US-Agrarbehoumlrde juumlngst errechnet koumlnnten die europaumli-

Auftrag 201

sehen Verbraucher billiger einkaushyfen wenn sie uumlber kuumlnstlich hochshygehaltene Preise nicht die staatlishychen Zuwendungen an die Landshywirte finanzieren muumlszligten - Ein Mechanismus uumlbrigens der auch unserer Landwirtschaft nur scheinbar dient Er zwingt naumlmlich Europas Bauern immer mehr zu produzieren um uumlberleben zu koumlnshynen

Aber nicht nur die Abschottung gegen Agrarimporte macht die EG zum Henker der Dritten Welt Durch die hohen garantierten Preishyse in der Europaumlischen Gemeinshyschaft produzieren Europas Landshywirte Unmengen an Uumlberschuumlsshysen die regelmaumlszligig auf die Weltshymaumlrkte geworfen werden Durch Dumpingpreise verdraumlngen sie auch auszligerhalb der EG noch die Erzeugnisse der Entwicklungslaumlnshyder

Dem Wettbewerb mit Europa shyegal ob in Europa oder auszligershyhalb - ist eben niemand gewachshysen resuumlmiert denn auch Carlo Ripa di Meana - er meint es stolz kaum nachdenklich

Verschuldung als Schlinge um den Hals

Alle Entwicklungslaumlnder zusamshymen sind heute mit niemals zushyruumlckzahlbaren 245 Billionen Mark bei den Industrienationen vershyschuldet Auszligerdem zahlen sie an Tilgung und Zinsen 43 Milliarden Dollar mehr als die Reichen als sie aus ZuschOssen oder Krediten

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erhalten Das heiszligt nichts anderes als Die Lage der Entwicklungslaumlnshyder wird auch nach 1993 immer hoffnungsloser weil sie immer abshyhaumlngiger werden Doch das ist nicht die einzige Hiobsbotschaft fuumlr die Laumlnder der Dritten Welt Auch die Oumlffnung Osteuropas wird sich negativ fuumlr sie auswirken

Wir haben doch nur noch Aushygen fuumlr den Osten der Suumlden intershyessiert uns doch gar nicht mehr gesteht Willy Brandt Vorsitzender der Nord-Suumld-Kommission selbstshykritisch ein Die Europaumlische Geshymeinschaft arbeitet ausschlieszligshylich daran noch maumlchtiger zu wershyden Der neueste Plan Eine giganshytische Freihandelszone zwischen der EG und Osteuropa soll binnen zehn Jahren realisiert werden

Und den EG-Verantwortlichen laumluft das Wasser im Mund zusamshymen wenn sie an all die ungeahnshyten Moumlglichkeiten denken die sich durch den Zusammenbruch des Ostblocks und des Comecon jetzt fuumlr sie eroumlffnen Millionen billigshyster Arbeitskraumlfte und riesige Abshysatzchancen fuumlr EG-Waren - und das unmittelbar vor der eigenen Haustuumlr

Lukrative Geschaumlfte mit Osteuropa

Wen interessiert da noch daszlig marokkanische Bauern alljaumlhrliCh auf Millionen Tonnen natuumlrlich unter der Sonne gereiften preisshyguumlnstigen Gemuumlsen und Fruumlchten sitzenbleiben weil die Europaumlishy

sehe Gemeinschaft ihren Verbraushychern lieber Lebensmittel aus kuumlnstlich beheizten zigfach teureshyren hollaumlndischen Treibhaumlusern aufdraumlngt

Der Grund Nach wie vor macht der die dicksten Gewinne der seishyne eigenen Maumlrkte gegen Konkurshyrenzprodukte abschottet die fremshyden Maumlrkte aber als Absatzbasen nutzt

Dieses Problem verschaumlrft sich fuumlr die Entwicklungslaumlnder dashydurch daszlig sie Industrieguumlter bei uns meist gegen Devisen kaufen muumlssen Devisen aber koumlnnen sie kaum erwirtschaften wenn wir sie bei uns nichts verkaufen lassen Wir haben dafuumlr eine verbluumlffend einfache Hilfestellung gefunden Wir nehmen statt Devisen goumlnnershyhaft unveredelte Rohstoffe zu Preishysen die wir mehr oder weniger selbst festlegen So erhalten wir sie viel billiger als wenn wir der Dritten Welt erlauben wuumlrden sie zu veredeln und uns dann Halbshyfertig- oder Fertigprodukte teurer zu verkaufen Ein Teufelskreis aus dem aus eigener Kraft die Laumlnder der Dritten Welt nicht mehr entshykommen koumlnnen

Hans Joachim Hofmann

(aus missio aktueI292)

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Migration in Europa Europa - vom Auswanderungsshyzum Einwanderungskontinent

Sehr lange ist es noch nicht her da war Europa der Kontinent der Auswanderung Mehr als 200 Jahshyre lang wanderten Polen und Iren Englaumlnder und Franzosen Italieshyner und Deutsche in groszliger Zahl aus in das Land der unbegrenzten Moumlglichkeiten nach Nordamerishyka Doch auch Suumldamerika Aushystralien afrikanische und asiatishysche Kolonialgebiete waren Ziele europaumlischer Zuwanderung und dies nicht nur aus den genannten Laumlndern sondern auch aus Spashynien Portugal Holland Be~gien ja eigentlich aus allen europaumlischen Laumlndern Im heutigen - gedanshykenlosen oder boumlsartigen Sprachgebrauch wuumlrde man diese Auswanderer uumlberwiegend als Wirtschaftsfluumlchtlinge bezeichshynen

Das Blatt hat sich gewendet Deshymokratisierung Befriedung und ein unerhoumlrter wirtschaftlicher Aufschwung haben West- und Mitshyteleuropa seit den 50er Jahren grundlegend veraumlndert und erfaszligshyten nach und nach auch Suumldeuroshypa Selbst aus den Randgebieten aus Irland Portugal Sizilien wanshydern immer weniger Menschen aus Spanien und Italien sind zu neuen Zielen der massiven Einshywanderung von Suumlden und Osten

Auftrag 201

geworden Hunderttausende ethnishysche Griechen wandern - wie die deutschen Aussiedler - aus Ruszligshyland und anderen Laumlndern in die Heimat ihrer Vorfahren zuruumlck In den alten und neuen Laumlndern Suumldshyamerikas Afrikas und des asiatishyschen Kontinents insbesondere aber auch in Osteuropa und den auseinanderstrebenden Staaten der ehemaligen Sowjetunion beshystimmen politische Instabilitaumlt ethnische religioumlse soziale Konshyflikte und Kriege gewaltige gesellshyschaftliche Umbruumlche sowie katashystrophale wirtschaftliche Bedinshygungen vielfach die Lebenssituashytion der Menschen Europa und Nordamerika heiszligen ihre Traumlume die sie anders als noch vor wenishygen Jahrzehnten taumlglich im Fernshysehen vor Augen haben nur wenishyge Flugstunden oder Reisetage mit Bahn oder Schiff entfernt Wo Not oder Verfolgung druumlckend und die Zukunft in der Heimat ohne Hoffnung ist bleibt die Hoffnung auf Hilfe und Schutz durch die rechtsstaatlichen geordneten wohlhabenden westlichen Demoshykratien Hunderttausende versushychen jedes Jahr nach Europa zu fliehen Ihre Zahl wird steigen soshylange Bedraumlngnis und Not bleiben denn unsere Welt waumlchst weiter zusammen Sie sind keine Verbreshycher ebensowenig wie die Europaumlshyer Verbrecher waren die aus ihrem Elend ins Gelobte Land Amerika ausgewandert oder vor Verfolgung und Krieg nach Schweden Groszligshybritannien oder Amerika geflohen

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sind Das Recht dahin zu wanshydern wo man ertraumlgliche Lebensshybedingungen findet ist vom Zweishyten Vatikanischen Konzil und der Katholischen Soziallehre mehrshyfach ausdruumlcklich betont worden Und in der Eigentumsfrage lautet der allererste Grundsatz - noch vor dem Recht auf Privateigenshytum - daszlig die Guumlter der Welt eine allgemeine Bestimmung fuumlr das Leben aller Menschen haben daszlig in der Not alle Guumlter gemein sind

Migrationspolitik von der nationashylen zur europaumlischen Ebene

Die Frage der Migration der Auslaumlnder- und Fluumlchtlingspolitik sind heute keine nationalen Frashygen mehr in Europa Mit der Vollshyendung des Europaumlischen Binnenshymarktes und dem Wegfall der inshynergemeinschaftlichen Grenzen stellt sich unwiderruflich der Zeitshypunkt ein wo Asylbewerber Fluumlchtlinge und Zuwanderer in jeshydem Land der EG gleichzeitig auch potentielle Zuwanderer in den anshyderen Laumlndern sind wo die Harmoshynisierung der europaumlischen Politik in diesem Feld nicht weiter aufshyschiebbar bleibt

Doch viele Menschen in Europa sind tief beunruhigt Sie haben Angst vor den vielen Fremden sorshygen sich um die Finanzierbarkeit des Sozialstaates fuumlrchten aus Wohnungen und Arbeitsplaumltzen verdraumlngt zu werden

Zwischen der Verantwortung fOr unsere Zukunft und fuumlr die Glaubshy

wuumlrdigkeit unserer Werte in der zushysammenwachsenden Welt und den Aumlngsten oft auch dem beshyrechtigten Aumlrger der Bevoumllkerung darf die Politik nicht Kopf und Herz verlieren Sie muszlig Angst und Aumlrger der Menschen ernst nehshymen Aber sie muszlig ihnen auch die Wahrheit zumuten und darf sie nicht aus der Verantwortung fuumlr die Zukunft entlassen Vor allem muszlig sie uumlberzeugende Loumlsungen fuumlr die Probleme an den Wurzeln von Flucht und Zuwanderungsbeshywegungen aufzeigen

An den Anfang einer verantwortshylichen und realistischen Gesamtshykonzeption zur Migration in Euroshypa gehoumlrt die Antwort auf grundshysaumltzliche Fragen - Ist es richtig daszlig wir alle Menshy

schen hier aufnehmen und ihshynen helfen

- Koumlnnen wir das Oberhaupt vershykraften Soll Europa ein offener Kontishynent sein - oder muumlssen wir uns abschotten gegen eine arme und von Unruhen geshyschOttelte Welt

- Und weiter Was geschieht heute mit den Menschen die als Auslaumlnder zu uns kommen und unter uns leben Finden sie hier eine Heimat werden sie integriert was muumlszligte geaumlnshydert werden

- Schlieszliglich - wie koumlnnen wir die Zustimmung der Bevoumllkeshyrung tor eine vernuumlnftige und verantwortliche Migrationsshyund Fluumlchtlingspolitik in den

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europaumlischen Laumlndern gewinshynen die auf mittlere und lange Sicht unabdingbar tur die Handlungsfaumlhigkeit der Politik in diesem Bereich ist

Die Verwirrung ist groszlig nicht nur bei der Bevoumllkerung auch in der Politik Was fehlt ist ein Geshysamtkonzept das einsichtig und praktikabel erscheint das Vertraushyen schafft Und dazu muumlssen wir uns zunaumlchst diesen Grundfragen zuwenden Also zuallererst Ist Mishygration etwas Gutes oder etwas Schlechtes Brauchen wir Grenshyzen oder muumlssen wir die Grenzen uumlberwinden

Natuumlrliche und kuumlnstliche Grenzen

Ich moumlchte hier einige ganz pershysoumlnliche Erfahrungen an den Anshyfang stellen Ich kann mich erinmiddot nern daszlig ich als Kind immer ein prickelndes Gefuumlhl in der Magenshygegend hatte wenn ich mich der Grenze naumlherte Wenn mein Groszligshyvater mit uns sonntags einen Ausshyflug nach Belgien oder Holland machen wollte dann waren wir aufgeregt und neugierig Erst muszligshyte man ja uumlber die Grenze hinuumlbershykommen Das war gar nicht so selbstverstaumlndlich Man muszligte ja Ausweise vorzeigen der Zoumlllner lief ums Auto herum guckte hershyein und fragte etwas und wenn man dann druumlben war war alles anders Die Farben der Daumlcher wamiddot ren anders die Doumlrfer die Schilder waren anders die Leute sprachen eine andere Sprache und zogen

andere Kleider an Als ich noch kleiner war da verlief fuumlr mich die Grenze rund um unser Dorf Im Nachbardorf in Altstaumltten waren die Menschen ein biszligehen anders fremd fuumlr uns Die Kinder aus dieshysem Nachbardorf kannten ein paar andere Worte andere Lieder anshydere Spiele Man muszligte irgendwie vorsichtig sein wenn man ihnen begegnete denn manchmal reamiddot gierten sie anders als man das geshywohnt war Es war immer ein kleishynes Abenteuer

Was fangen wir aber nun an mit einer Welt in der all diese Grenzen verschwinden Grenzen die unsemiddot re Heimat bewahren Grenzen deshyren Uumlberwindung uns den Zugang zum Fremden zum Anderen und manchmal auch zum Geheimnisshyvollen erst eroumlffnen Was fangen wir also an mit einer Welt der Einshyheitskultur in der das Eigene also die Heimat bald genausowenig mehr existiert wie das Fremde von dem man fasziniert ist und lernen kann wenn man den Zugang dazu gefunden hat

Ich glaube es ist klar daszlig unser Leitbild nicht die totale Vermimiddot schung aller Kulturen der totale Wegfall aller Grenzen sein kann Was aber wenn diese Grenzen als Grenzen von Kulturen als Grenzen von Lebensraumlumen nicht mehr beshystehen Sollen wir kuumlnstliche Grenzen errichten Sollen wir um auf Europa zuruumlckzukommen eine Wagenburg Europa errichten nicht nur als Hort von Freiheit von Rechtsstaatlichkeit und Wohlshy

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stand sondern auch zur Wahrung unserer Identitaumlt als Waffe zum Schutz unserer Heimat

Die Herausforderungen

Jeder der heute sehen und denshyken kann weiszlig daszlig dies keine Loumlshysung ist Wir muumlssen uns heute eishyner fOnffachen Herausforderung im Hinblick auf die Wanderung und Flucht von Menschen aus eishynem zum anderen Land aus einem zum anderen Kontinent stellen

Kulturelle Vielfalt bewahren

Wir muumlssen so leben lernen daszlig die Welt die sich an unserem Leshybensstil orientiert ihn uumlbernehshymen kann ohne unterzugehen Ich will versuchen darzustellen was sich hinter dieser Herausfordeshyrung verbirgt Glauben wir eigentshylich allen Ernstes daszlig wir uumlber laumlngere Zeit verhindern koumlnnen daszlig sich die Menschen in heute noch aumlrmeren Laumlndern mit den taumlglichen Bildern und Fernsehbilshydern unseres Wohlstandes vor Aushygen mit aller Macht daraum bemuumlshyhen unser Lebensniveau zu erreishychen Ist es uns eigentlich wirkshylich klar daszlig das eine Katastrophe waumlre wenn die Menschen in der ganzen Welt unser Lebensniveau unser Wohlstandsniveau erreishychen wOrden unseren Lebensstil haben wuumlrden den wir heute hashyben Unser westlicher Rohstoffshyund Energieverbrauch uumlbertragen auf die gesamte Weltbevoumllkerung wuumlrde die Erde innerhalb einer Geshy

neration zu einer oumlkologischen Kashytastrophe fuumlhren Wo sind denn unsere Bemuumlhungen einen Wohlshystands- und Fortschrittsbegriff auch mit dem klugen Einsatz aller wissenschaftlichen und technishyschen Moumlglichkeiten zu entwikshykein und darauf aufbauend konshykrete Lebensformen zu entwickeln und bei uns vorzuleben die auch tor die ganze Welt Bestand haben koumlnnten Die also auch nachgeshymacht werden koumlnnten die irgendshywann einmal in der ganzen Welt praktiziert werden koumlnnten ohne daszlig es eine Katastrophe gibt Denn wir werden auf Dauer nicht verhindern koumlnnen daszlig die andeshyren Laumlnder die Menschen in den anderen Laumlndern nachziehen Die naumlchste grundsaumltzliche Frage Hashyben wir eigentlich erfaszligt was es bedeutet daszlig wir mit rasenden Schritten auf eine gesellschaftlishyche Monokultur zusteuern in der sich von Alaska bis nach Feuershyland von Portugal bis nach Korea vom Nordkap bis nach Kapstadt die gleichen Denkmuster die gleishychen Formen des Wirtschaftens und des Verbrauchens des Zushysammenlebens und der Kommunishykation zwischen den Menschen durchsetzen In der Landwirtshyschaft und in der Oumlkologie kennen wir heute die verheerenden Folgen von MonOkulturen einseitige Beshyanspruchung und damit Erschoumlpshyfung der natuumlrlichen Ressourcen VerSChwinden der Artenvielfalt Anfaumllligkeit fuumlr Schaumldlingsbefall und vieles mehr Hat eigentlich

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niemand Angst vor einer weltweishyten gesellschaftlichen Monokulshytur

Und wenn uns die kulturelle Vielfalt fuumlr das Uumlberleben der Menschheit wie auch fuumlr die Entshyfaltungsmoumlglichkeiten des einzelshynen Menschen unverzichtbar zu sein scheint wenn wir aber gleichshyzeitig die Naturgewalt des Streshybens der Menschen nach einem Leben ohne materielle Not erkenshynen in dieser einsgewordenen Welt wie sehen dann unsere Loumlshysungsvorschlaumlge aus fuumlr den polishytischen und wirtschaftlichen Rahshymen einer Weitentwicklung zur Uumlberwindung von Not bei Uumlberleshyben kultureller Vielfalt Ich kenne solche Vorschlaumlge bis jetzt nicht Aber was vielleicht schlimmer ist ich kenne auch im politischen Beshyreich keine relevanten und wirklich aktuellen Diskussionen uumlber diese Fragen

Wann wollen wir eigentlich dashymit beginnen solche Fragen in unshyseren politischen Dringlichkeitsshykatalogen mit der houmlchsten Priorimiddot taumltsstufe zu versehen Vielleicht in 30 Jahren wenn kulturelle Vielshyfalt nur noch ein Thema der Museshyen und Religionshistoriker ist

Fluchtursachen bekaumlmpfen

Wir muumlssen mit groszliger Konseshyquenz die Ursachen von erzwungeshyner Flucht und Migration in aller Welt bekaumlmpfen Hunger Not Unshyfreiheit Menschenrechtsverletshyzungen Krieg Umweltzerstoumlrung

Auftrag 201

Dies ist eine langfristige Aufgabe Aber sie muszlig jetzt angegangen werden Und nicht mit Worten sondern mit Taten mit klaren Strashytegien houmlchster Prioritaumlt und auch mit zusaumltzlichen Mitteln Das ershyfordert viele einzelne Maszlignahmen - Menschenrecht geht vor natioshy

nale Souveraumlnitaumlt Das Recht auf Intervention im Falle schwerwiegender anhaltender MenschenreChtsverletzungen ist in den Statuten der UNO und regionaler Gremien der Zushysammenarbeit von Staaten zu verankern Fuumlr solche Intervenshytionen sind geeignete Instrushymente zu schaffen

- Hunger ist eine der schwersten Beeintraumlchtigungen von Menshyschenwuumlrde In einem Stufenshyplan muumlssen bis Ende des Jahrzehnts alle Handeisbeshyschraumlnkungen und -erschwershynisse fuumlr Guumlter aus Entwickshylungslaumlndern abgebaut wershyden Die Foumlrderung produktivishytaumltsorientierter Armutsbeshykaumlmpfung und Selbsthilfe aus den EntwiCklungShilfeetats ist zu vervielfachen Durch groszligzuumlshygige und differenzierte Entshyschuldungshilfen muumlssen in weiten Teilen der Dritten Welt die Fundamente fuumlr eigenstaumlnshydige gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung wieder neu gelegt werden Die Zielparameter in den Sanieshyrungskonzepten des internatioshynalen Waumlhrungsfonds muumlssen ergaumlnzt werden damit in Zushy

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kunft gesellschaftliche Zusamshymenbruumlche und Sanierungskrishysen im Zusammenhang mit Hilshyfen des Waumlhrungsfonds vershymieden werden

Die Vergabe von Entwicklungsshyhilfe an die Regierungen in Entshywicklungslaumlndern muszlig davon abshyhaumlngig gemacht werden daB dieshyse ihren Buumlrgern ein Mindestmaszlig an politischer und wirtschaftlicher Freiheit einraumlumen und nicht die Uumlberwindung von Armut durch zentrale Kommandowirtschaft blockieren Denn ohne Freiheit gibt es keine Entwicklung

Durch konsequente internatioshynal abgestimmte Kontrolle des Waffenexportes muszlig die Ansammshylung und Wiederbeschaffung von Waffen fuumlr Kriege verhindert wershyden Entwicklungshilfe auf staatlishycher Ebene muszlig solchen Regierunshygen verweigert werden die zum Schaden ihres Landes uumlberdurchshyschnittlich hohe Anteile des Volksshyeinkommens fuumlr die Militaumlrhausshyhalte verwenden

Durch die Zusage einer raschen Assoziierung und einer spaumlteren Vollmitgliedschaft in der E~rop~ishysehen Gemeinschaft sowie em konkretes und groszligzuumlgiges Hilfsshykonzept fuumlr den gesellschaftlichen Umbau und wirtschaftlichen Aufshybau Osteuropas muszlig den Menshyschen in den ehemals kommunistishyschen Laumlndern einschlieszliglich d~r Laumlnder der ehemaligen Sowjetumshyon die Perspektive fuumlr eine lebensshyw~rte Zukunft in ihrer Heimat eroumlffnet werden

Hilfe bei Katastrophen

Wir muumlssen denjenigen die kurzfristig Hilfe brauchen in ihrer Heimat helfen - oder in ihren Nachbarregionen wenn sie schon geflohen sind Dies gilt sowohl fuumlr Natur- oder technische Katastroshyphen wie fuumlr Hungersnoumlte und Kriege Sonst werden wir sie nicht davon abhalten koumlnnen in zu groshyBer Zahl zu uns zu kommen Auch dies erfordert konkrete Maszlignahshymen - Auf internationaler Ebene muszlig

eine humanitaumlre Eingreifeinshyheit gebildet werden die bei Naturkatastrophen technimiddot sehen Groszligunfaumlllen und bOrshygerkriegs- oder hungerbedingshyten Fluchtwellen innerhalb von Stunden mit dem Aufbau wirkshysamer Hilfsstrukturen am Kashytastrophenort oder in unmittelshybarer Nachbarschaft beginnen kann

- Neben den Voraussetzungen fuumlr unverzOgliche Uumlberlebensshyhilfe in solchen Katastrophenshyfaumlllen muumlssen auch die rechtlishychen und operationellen Vorshyaussetzungen fuumlr den militaumlrishyschen Schutz solcher Hilfsakshytionen gegen Uumlbergriffe und Angriffe geschaffen werden

Aufnahme fuumlr alle die Schutz brauchen

Wir muumlssen denen Schutz geshyben die SChutz brauchen Damit dies auch in der Praxis unserer Laumlnder moumlglich ist muumlssen die

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Verfahren zur Unterscheidung von Schutz- und Hilfsbeduumlrftigen kurz fair und zwischen den westlichen Demokratien abgesprochen sein Daruumlber hinaus muszlig die Definition der SchutzbedOrftigkeit realishystisch der Rechtsstatus der Schutzbeduumlrftigen im Interesse ihshyrer gesellschaftlichen Integrierbarshykeit klar sein Im einzelnen heiszligt dies - Die Definition eines politishy

schen Fluumlchtlings muszlig in allen Laumlndern (insbesondere auch in Deutschland wo der Art 16 des Grundgesetzes sehr reshystriktiv interpretiert wird) wieshyder nach den Kriterien der Genshyfer Fluumlchtlingskonvention ershyfolgen Der Ausschluszlig von Folshyteropfern oder von verfolgten schutzsuchenden Menschen aus Buumlrgerkriegslaumlndern ist zyshynisch und fuumlhrt bei der Bevoumllshykerung die dies ja im einzelnen nicht erfaumlhrt und die abgelehnshyten Fluumlchtlinge als Wirtshyschaftsfluumlchtlinge ansieht zur weiteren Fluumlchtlingsfeindshylichkeit denn diese Menschen duumlrfen dann ja trotz der Ablehshynung als politische Fluumlchtlinge nicht abgeschoben werden

- Auch Verfolgungsfluumlchtlinge aus von Krieg und Buumlrgerkrieg betroffenen Laumlndern muszlig vorshyuumlbergehend Schutz und Aufshynahme gewaumlhrt werden wenn sie nicht in kriegsfreien Zonen ihrer Heimat oder in direkter Nachbarschaft SChutz finden Fuumlr die Aufnahme solcher

Auftrag 201

Fluumlchtlinge sind zwischen den EG-Staaten prozentuale Quoshyten und finanzielle Ausgleichsshyleistungen abzusprechen

- Wer als anerkannter politishyscher Fluumlchtling oder als Fluumlchtling mit voruumlbergehenshydem Bleiberecht laumlnger als 3 Jahre in Europa weilt muszlig das Recht auf einen unbefristeten Aufenthalt hier haben auch wenn sich die Verhaumlltnisse in seinem Heimatland danach veraumlndern Wer keine Lebensshyperspektiven hier hat kann sich kaum integrieren Die Folshygen davon aber sind Belastunshygen des Zusammenlebens und die Foumlrderung von Fremdenshyfeindlichkeit

Zusammenleben mit Menschen aus verschiedenen Kulturen

Wir muumlssen lernen mit Menshyschen verschiedener Kulturen in unseren Heimatlaumlndern gut zushysammenzuleben seien es Fluumlchtshylinge oder Auslaumlnder die wir als Arbeitskraumlfte hereingeholt oder hereingelassen haben Dieses Zushysammenleben von Menschen aus unterschiedlichen Kulturen ist in fast allen europaumlischen Laumlndern insbesondere auch in DeutSChshyland eine schlichte Tatsache der wir uns nicht verschlieSen koumlnnen Trotzdem verursachen Begriffe wie Multikulturelle Gesellschaft oder auch der Hinweis darauf daszlig unsere europaumlischen Gesellschafshyten seit Jahren de facto Einshy

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wanderungslaumlnder gewesen sind und es wohl auch in Zukunft bleishyben werden groszlige Aggressioshynen - bei Politikern wie in der Beshyvoumllkerung Wer den Widerstand und die Aggressivitaumlt die in dieshysen Diskussionen aufbricht vershystehen will der muszlig sich vor allem die Frage auch nach unserer eigeshynen kulturellen Situation stellen In seinem Werk Die Stadt in der Wuumlste laumlszligt der franzoumlsische Dichshyter Antoine de Saint-Exupery einen arabischen Nomadenfuumlrsten der seinen Sohn uumlber die Erziehung und verantwortliche FOhrung des Volkes belehrt sagen Wenn ich dich also in deiner Kindheit so wie die anderen geformt habe wirst Du die gleichen Gesichter wie die Leute des Volkes entdecken die gleichen Regungen der Liebe ershyfahren und so werdet ihr verbunshyden sein Denn ich weiszlig jetzt daszlig die Liebe wiedererkennen heiszligt und daszlig dies die Erkenntnis der Gesichter bedeutet die sich durch die Dinge hindurch ablesen lassen

Die Gemeinsamkeit erster praumlshygender Lebenserfahrungen durch die Woumlrter und Begriffe der gleishychen Sprache durch gleiche Geshybete und Feste die gefeiert wershyden durch die gleichen Jahreszeishyten die gleichen FrOchte die gleishychen Tagesablaumlufe schafft eine inshynere Verbundenheit ein Sichvershystehen ein Grundempfinden von Sicherheit zwischen den Menshyschen einer Region eines Landes das den roten Faden das Ruumlckshy

grat einer lebendigen Kultur bildet Und wo die Heranwachsenden ih- rerseits wiederum ein Heim schafshyfen in dem dieses Leben von der naumlchsten Generation erfahren ershylebt wird - bei allen Veraumlnderunshygen in Einzelheiten die sich in den Jahren ergeben - da gewinnt dieshyse Kultur Stabilitaumlt vermittelt den Menschen Geborgenheit gibt ihshynen eine innere Heimat

Wer glaubt hier handele es sich um konservative Romantik um poshylitikferne Gefuumlhlsduselei der hat uumlberhaupt nicht verstanden von welch zentraler Bedeutung diese auf Heimat gruumlndende lebendige Kultur fOr die Offenheit einer Geshysellschaft gegenuumlber Fremden fuumlr Toleranz und Demokratiefaumlhigkeit ist Wir wissen heute daszlig ein Kind um so eher und um so staumlrker in der Lage ist selbstbewuszligt und neugierig auf die Welt rundherum auf die Dinge Pflanzen Tiere und Menschen zuzugehen je mehr es in seinen ersten praumlgenden Leshybensjahren Geborgenheit bedinshygungslose Liebe Sicherheit erfahshyren hat Groszligzuumlgigkeit Angstfreishyheit die Faumlhigkeit sich hinzugeshyben im Engagement zu lieben hashyben hier ihre Wurzeln Koumlnnte es nicht sein daszlig die Krise unserer eigenen Kultur die Unsicherheit und Fremdheit der Menschen in den europaumlischen Gesellschaften untereinander angesichts des Vershyfalls gemeinsamer Lebenserfahshyrungen gemeinsamer Werte anshygesichts des Fehlens von Geborshygenheit und wirklicher Heimat weshy

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sentliche Ursachen fOr die Angst und Aggressivitaumlt vieler Menschen gegenOber den Fremden den Ausshylaumlndern sind Vor allem wenn man bei diesen Auslaumlndern gerashydezu riechen kann daszlig sie sicher sind geborgen in einer lebendishygen uns fremden Kultur daszlig sie - im Gegensatz zu unserer inshyneren Heimatlosigkeit - ihre Heishymat in sich tragen (und sofort um sich herum verbreiten in ihren Wohnungen bei ihren Festen in ihren Wohnvierteln)

Da wo Heimat nicht mehr als Geborgenheit im Alltag erlebbar ist wo die Selbstverstaumlndlichkeit der Teilnahme an einer lebendishygen oft nicht zuletzt auch durch einen einheitlichen Sprachraum definierten Kultur fehlt erhalten die abstrakten Begriffe Nation und Volk losgeloumlst von der Realitaumlt des Lebens eine fast magische Bedeutung und stroumlmen in dieses Vakuum ein ohne doch die Sehnshysucht der Menschen nach Heimat und Sicherheit stillen zu koumlnnen Und das vermehrt auf tragische Weise die Gefahren die sich aus unserer kulturellen Krise ergeben

Irrwege der Auslaumlnderpolitik

Doch was ergibt sich aus alldem fuumlr unsere Realitaumlt einer Gesellshyschaft mit Menschen aus vielen Kulturen Was ist zu tun Wie solshylen wir mit dieser Realitaumlt umgeshyhen wie sie gestalten

Sehen wir uns zunaumlchst einmal an wie es nicht geht Als wenn

Auftrag 201

die Zerstoumlrung des Oumllbaumes gleichbedeutend mit der Liebe zur Zeder waumlre schreibt Saint-Exushypery in seiner Stadt in der WOshyste Die Unterdruumlckung die geshysellschaftliche oder politischshyrechtliche Diskriminierung des eishygenstaumlndigen kulturellen Lebens der Auslaumlnder die unter uns leben ist kein Mittel um die Lebendigshykeit und Orientierunskraft unserer eigenen Kultur fuumlr die Menschen in unserem Land zu foumlrdern oder zu schuumltzen Im Gegenteil Bei geshy

nauerem Hinsehen erkennen wir daszlig das Bild des Baumes das den Oumllbaum mit der Zeder verbindet auch in der Zeder schweren Schashyden erleidet wenn wir - um sie zu schOtzen - den Oumllbaum zerstoumlren wollten Die Unterdruumlckung des kulturellen Lebens von Menschen ist Unterdruumlckung ihrer Person denn ihre Kultur ist unverzichtbashyrer Bestandteil ihres Seins und wie koumlnnten wir noch an die Guumllshytigkeit der grundlegenden Werte unserer eigenen Kultur glauben shydie Wuumlrde der menschlichen Pershyson seine Freiheit sein Recht auf Entfaltung - wenn wir im Zusamshymentreffen mit Menschen anderer Kultur dagegen verstieszligen Folge waumlre eine immer heillosere Zerstoumlshyrung unserer auf dem christlichshyhumanistischen Verstaumlndnis vom Menschen gruumlndenden Kultur uno serer Sinn- und Weltorientierung die wir zu schuumltzen vorgeben durch offensichtliche Unglaubwuumlrshydigkeit Als weitere Alternative wird die Abgrenzung gehandelt

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vor allem in der Asyl- und Fluumlchtshylingspolitik Lassen wir noch einshymal Saint-Exupery zu Wort komshymen Ich entsinne mich was mit den 3000 Fluumlchtlingen aus der Bershyberei geschah als sie mein Vater in einem Lager noumlrdlich der Stadt unterbrachte Er wollte nicht daszlig sie sich mit den Unseren vermischshyten Da er guumltig war speiste er sie und versah sie mit Stoffen mit Zucker und Tee Als Entgelt fuumlr seishyne groszligmuumltige Gabe verlangte er jedoch keine Arbeit von ihnen Wer haumltte sie aber fuumlr gluumlcklich halten koumlnnen Sieh nur sagte mein Vater sie werden zu Vieh und beginnen sachte zu faulen Nicht in ihrem Fleisch aber in ihshyren Herzen Denn alles verlor fuumlr sie seinen Sinn

Treffender als in diesem vor eishynem halben Jahrhundert skizziershyten Bild laumlszligt sich die Art und Weishyse wie wir in vielen Laumlndern Euroshypas mit Asylbewerbern und den sogenannten De-facto-Fluumlchtlinshygen umgehen kaum beschreiben Die Sache hat ja ihre eigene Logik Ein unverbundenes Nebeneinanshyder verschiedener Kulturen ist in unserer dichtbesiedelten kompleshyxen hochgradig arbeitsteiligen Gesellschaft ja gar nicht mehr moumlglich wenn ich den Auslaumlndern einen klaren rechtlichen Status volle Bewegungsfreieit innerhalb unseres Staatsgebietes und Arshybeitserlaubnis zugestehe Die rasche Vermischung ist dann unshyvermeidbar - was nicht heiszligt daszlig nicht Unterschiede - Religion

Traditionen Lebensweise - bei Kerngruppen der Zuwanderer uumlber Generationen hinweg bestehen bleiben koumlnnen aber zwischen ihshynen und der eingesessenen Bevoumllshykerung bilden sich immer breitere Bruumlcken

Abgrenzung erfordert Diskrimishynierung deren Folge aber - gerashyde wo es um Arbeit geht - ist kulshyturelle Zerstoumlrung eine Erfahrung von der bei uns nicht mit Arbeitsshyverboten belegte Fluumlchtlinge sonshydern auch die bei der Arbeitsaufshynahme diskriminierten Auslaumlnder aus N icht-EG-Staaten betroffen sind Abgrenzung heiszligt in unserer Gesellschaft notwendige Zerstoumlshyrung der fremden Kulturen friedlishyches Zusammenleben aber erforshydert vor allem die nicht diskrimishynierte Integration der Auslaumlnder in das Arbeitsleben Wer auf das Fakshytum des Zusammenlebens von Menschen verschiedener Kulturen in unserer Gesellschaft mit Abshygrenzung und Diskriminierung reashygiert der legt einen Sprengsatz an unsere gesamte Gesellschaft Auslaumlnder die erlebt werden als nicht integrierte auf Kosten der Steuerzahler herumlungernde Schmarotzer als verzweifelte Unshyderdogs gefangen im Dreieck von psychischem Verfall Kriminalitaumlt und Aggression werden zu Recht von der Bevoumllkerung als Bedroshyhung empfunden und stellen den idealen Naumlhrboden fuumlr rechtsexshytreme Wahlerfolge dar

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Kulturelle Erneuerung

Aber heiszligt nicht Integration und daraus folgend Vermischung tatshysaumlchliche Bedrohung des gewachshysenen Bestandes unserer Kultur So fragen manche Tatsaumlchlich ist die Frage einer Behauptung von Werten Traditionen und Lebensshyweisen aber nicht nur eine Frage von Quantitaumlten Auch die Diskusshysion uumlber Mehrheitskultur und Minderheiten-Kulturen ist - im Hinblick auf das politische Hanshydeln - unergiebig In dem Maszlige wie sich Elemente unserer Kultur als lebendig erweisen - Sprache Wertvorstellung Lebensweishysen - werden sie Ober die Geshynerationen hinweg auch die Zugeshywanderten praumlgen Wo aber nichts mehr ist da gibt es auch nichts zu schuumltzen und hier koumlnnen wir gluumlcklich sein wenn kulturelle Einshyfluumlsse der Auslaumlnder bei uns wirkshysam werden das Vakuum fOlien denn der einzelne Mensch der nach Orientierung nach Lebensshyformen nach Lebenssinn sucht wird kaum danach fragen ob das worin er dies findet einen deutshyschen franzoumlsischen italienishyschen oder asiatischen Stammshybaum hat

Doch machen wir uns keine illushysionen Gerade weil unsere Kultur in der Krise steckt ihre Bindungsshykraft stark abgeschwaumlcht ist weil ausufernder abstrakter Nationalisshymus im Vakuum innerer Heimatshylosigkeit gedeiht ist die Gefahr der intoleranten der aus Angst ge-

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borenen aggressiven und irratioshynalen Reaktion auf das Faktum unshyserer Gesellschaft mit Menschen aus verschiedenen Kulturen nicht gering Wenn dies aber bestimshymend wuumlrde kaumlmen wir in ein ausshysichtsloses Dilemma an dessen Ende Nihilismus und Unfreiheit stuumlnden

Doch machen wir uns keine illushysionen Gerade weil unsere KUltur in der Krise steckt ihre Bindungsshykraft stark abgeschwaumlcht ist weil ausufernder abstrakter Nationalisshymus im Vakuum innerer Heimatshylosigkeit gedeiht ist die Gefahr der intoleranten der aus Angst geshyborenen aggressiven und irratioshynalen Reaktion auf das Faktum uno serer Gesellschaft mit Menschen aus verschiedenen Kulturen nicht gering Wenn dies aber bestimshymend wuumlrde kaumlmen wir in ein ausshysichtsloses Dilemma an dessen Ende Nihilismus und Unfreiheit stuumlnden

Groszlig sind deshalb die Aufgashyben die vor uns stehen und groszlig ist unsere Verantwortung - Wir muumlssen den weiteren Zushy

zug von Menschen aus fremshyden Kulturen in unser Land beshyhutsam steuern um in der preshykaumlren Stimmungslage in der sich ein groszliger Teil unserer desorientierten Bevoumllkerung befindet die Menschen nicht zu uumlberfordern Eine groszligzuumlgishyge Aufnahme verfolgter Fluumlchtshylinge und die Aufnahme enger Familienangehoumlriger von hier lebenden Auslaumlndern sind zur

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Zeit neben der Offenheit innershyhalb der Europaumlischen Geshymeinschaft und der Zuwandeshyrung der Aussiedler das einzishyge was moumlglich ist auch wenn wir bald wieder Zuwanderung brauchen werden

- Wir muumlssen alle Anstrengunshygen darauf richten durch eine auf die Entfaltung und lnshypflichtnahme der einzelnen Person geriChtete Politik (Fashymilie und Wohnen Bildung und soziales Handen humane Arshybeit und verantwortliches Wirtshyschaften) allmaumlhlich die Chanshycen der Menschen wieder zu verbessern zu Geborgenheit Heimat und damit Selbstsishycherheit und Offenheit zu finshyden Denn nur wenn wir uns selbst in unseren Gesellschafshyten wieder zu Hause fuumlhlen und unsere Heimat mit kritishyscher engagierter Liebe sehen und gestalten werden wir faumlshyhig die Chancen der Begegshynung mit Menschen aus andeshyren Kulturen in unseren eigeshynen Laumlndern zu nutzen

Ohne ein Mindestmaszlig an soziashylem Konsens werden wir in unseshyrer Gesellschaft der kulturellen Vielfalt in naher Zukunft unfaumlhig zum Zusammenleben wird unser Staat unregierbar Doch dieses Mishynimum an Uumlbereinstimmung zwishyschen den Menschen unterschiedshylicher kultureller Herkunft und unshyterschied I icher Wertvorstell u ngen ist nur erreichbar wenn es gelingt alle Minderheiten ohne Diskrimishy

nierung in die gesellschaftliche Diskussion und die politische Meishynungsbildung einzubeziehen Ich erkenne nur eine einzige Ordnung an sagt Saint-Exupery Meine Ordnung besteht in der allgemeishynen Zusammenarbeit die sich mit Hilfe eines jeden einzelnen vollshyzieht und er faumlhrt fort Zwinge sie zusammen einen Turm zu baushyen so wirst Du sie in Bruumlder vershywandeln Willst Du jedoch daszlig sie sich hassen so wirf ihnen Korn vor Denn eine Kultur besteht aus dem was von den Menschen gefordert wird und nicht aus dem was sie geliefert erhalten

Zusammenfassend ist zu sagen Eine Welt der Heimatlosigkeit der Massenwanderung und Entwurzeshylung von Menschen ist politisch voumlllig unsteuerbar und wird untershygehen Sie ist auch unmenschlich denn der Mensch traumlgt in seinem Herzen die Sehnsucht nach Heishymat nach Vertrautheit und Kontishynuitaumlt Aber wenn Menschen ihre Heimat verlassen weil das Leben dort nicht mehr moumlglich ist dann helfen in unserer einsgewordenen Welt auch politische Grenzen nicht mehr dann helfen Polizei Gesetz und Militaumlr nicht mehr weishyter Wer vor dem Nichts flieht hat auch vor der Drohung mit Gefaumlngshynis mit Abschiebung oder Tod keishyne Angst Nur wenn wir erreichen daszlig die Menschen in ihren Laumlnshydern und in ihren angestammten Kulturen wieder uumlberleben und Heimat finden dann koumlnnen wir hoffen daszlig die Wanderungsbeweshy

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gungen auf Groumlszligenordnungen beshyschraumlnkt bleiben die verkraftbar sind und die den wohlhabenden Gesellschaften auch helfen nicht zu erstarren

Peter Koumlppinger

(aus Caritas Heft 21992)

Zur Festigung des Friedens beitragen

Vor Teilnehmern interkonfessioshyneller Militaumlrseelsorger Europas hielt Papst Johannes Paul 11 am 6 Februar in Nordamerika eine Rede Hier ein Auszug

Liebe Militaumlrseelsorger Ihr vershytretet viele Religionsgemeinschafshy

ten und ich begruumlszlige euch mit den Worten des Apostels Paulus Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater (KoI12)

Unsere Begegnung gibt mir Zushyversicht und Hoffnung weil ich die Pastoral arbeit unter den Soldaten immer als einen wichtigen Aufgashybenbereich angesehen habe

Eure Konferenz die sich zum dritten Mal trifft gibt mir nach dem vielversprechenden Beginn in Stuttgart und der zweiten Zusamshymenkunft in Luumlbeck die Gelegenshyheit nochmals meine lebendige Wertschaumltzung fuumlr die wichtige seelsorgliche Arbeit auszudrOkshyken die ihr unter dem Militaumlr und deren Familien leistet

Mit einem Blick auf die Liste der dreiundzwanzig Nationen die in

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dieser Konferenz vertreten sind stelle ich mit Freude fest daszlig die Anwesenheit der Militaumlrseelsorger sich in den Laumlndern Mittel- und Osteuropas aUSbreitet

In der christlichen Welt gab es immer eine beachtliche Tradition der Militaumlrseelsorge fuumlr das Mitishytaumlrpersonal Der Respekt und die Achtung der katholischen Kirche fuumlr die Militaumlrdienstleistenden ist klar in den Worten des zweiten Vashytikanischen Konzils in der Pastoshyralkonstitution Gaudium et spes ausgedruumlckt Dort lesen wir Wer aber als Soldat im Dienst des Vashyterlandes steht soll sich als Dieshyner der Sicherheit und Freiheit der Voumllker betrachten Er traumlgt durch die rechte Ausuumlbung seines Dienshystes wahrhaft zur Festigung des Friedens bei (GS 79)

Die Apostolische Konstitution Spirituali militum curae vom 21 April 1986 die Taumltigkeiten der Kirshyche in diesem Bereich regelt stellt Militaumlrordinariate den Teilkirchen oder Dioumlzesen gleich und vershygleicht den geistlichen Beistand den die Seelsorger in den Kasershynen Lagern Militaumlrschulen und -akademien geben mit der in Pfarshyreien geleisteten Arbeit

Eurer pastoralen Sorge ist eine groszlige Zahl junger Menschen anshyvertraut und auch eine groszlige Zahl dienstleistender Maumlnner und Fraushyen die in ihren Laumlndern als Huumlter der Souveraumlnitaumlt und wo es notshywendig ist der internationalen Ordnung und des Friedens selbst dienen

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Als Seelsorger seid ihr euch der Bedeutung des Wortes Gottes in der Formung der menschlichen Gewissen und Herzen bewuszligt und in der Anleitung zu Gedanken des Friedens und zum richtigen Geshybrauch der Freiheit

Auf dem fruchtbaren Boden der Freiheit des Gewissens muumlszligt ihr uumlberreich saumlen so daszlig in dem milishytaumlrischen Bereich die Personen auf eine Weise handeln die tiefe Ehrfurcht vor Gott widerspiegelt und folglich unverbruumlchlichen Reshyspekt fuumlr die Wuumlrde und die Rechshyte anderer Personen

Der gegenwaumlrtige Moment der Geschichte stellt eine besondere Herausforderung fuumlr die Militaumlrshyseelsorger dar

Vor euch liegt die Aufgabe anmiddot dere in menschlichen und geistshylichen Werten zu erziehen und ihmiddot nen zu helfen Ethik uumlber Technoshylogie zu stellen Maumlszligigung uumlber Leidenschaft den Sinn fuumlr Geshyrechtigkeit und Bruumlderlichkeit uumlber Haszlig und Unterdruumlckung

Frieden ist ein wertvolles und zerbrechliches Gut das Gott dem Menschen seinem Gewissen und seinem Verstand anvertraut

Fuumlr euch ergeben sich daraus zwei notwendige Pflichten Die ershyste ist die Pflicht durch die Gewismiddot sensbildung eine authentische Sehnsucht nach Frieden zu naumlhshyren Die zweite Pflicht ist unablaumlsshysig fuumlr den Frieden zu beten daszlig Gott dieses Geschenk den Menshyschen unserer Zeit gewaumlhren moumlge

Bei unzaumlhligen Gelegenheiten habe ich oumlffentlich fOr den Frieden gebetet und zum Friedensgebet aufgerufen in juumlngster Zeit waumlhshyrend des Golfkrieges und des Konshyflikts in Jugoslawien Fuumlr Gott ist nichts unmoumlglich (Lk 1 37) Wenn menschliche Anstrengungen zu scheitern scheinen kann die Kraft des Geistes Gottes tief in den Hershyzen der Menschen wirken Haszlig ausloumlschen und Liebe entflamshymen

Frieden kann manchmal unermiddot reichbar erscheinen aber wir sind aufgerufen ihn allzeit zu ersehnen im Vertrauen auf Gottes Verheishyszligung Betet deshalb denn damit werdet ihr den groumlszligten Dienst an den Menschen leisten die eurer seelsorglichen Aufgabe anvertraut sind die Menschen die an der Front stehen wenn das friedliche Zusammenleben zerstoumlrt wird und Krieg ausbricht

Liebe Seelsorger sowohl im Krieg als auch im Frieden seid imshymer und nur Hirten der Seelen Seid denen nahe die euch anvermiddot traut sind Helft ihnen mit eurem Gebet und ermahnt sie mit Groszligshyherzigkeit die ihnen anvertraute Aufgabe zu erfuumlllen und gegebeshynenfalls mit dem Opfer ihres Leshybens zu gewaumlhrleisten daszlig die anmiddot deren in Sicherheit und Frieden lemiddot ben

(aus LOsservatore Romano vom 14292 nach Kompaszlig Nr6 v 6392)

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Pax europaea Uumlber vier Jahrzehnte lang hat

der amerikanische Atomschirm shydie pax americana - uns Euroshypaumler vor jedem Krieg geschuumltzt Da schon jeder Uumlbergriff etwa in BershyUn den Dritten Weltkrieg haumltte ausloumlsen koumlnnen durfte es auch solche Konflikte nicht geben Nun aber hat sich durch den Wegfall der Ost-West-Konfrontation die politische Welt radikal veraumlndert und das heiszligt wie Peter Glotz richshytig bemerkt Kleine Kriege sind wieder moumlglich Sie sind nicht nur moumlglich sie sind in Suumldslawien bereits ausgebrochen Man kann die heutige Situation kaum besser beschreiben als dies atto von Habsburg kuumlrzlich getan hat Wer haumltte schon in den herrlichen Tashygen des Jahres 1989 als eine Zwingburg nach der anderen fiel gedacht daszlig wir nur zwei Jahre spaumlter auf europaumlischem Boden Verbrechen und ein Genozid erleshyben muumlssen das uns an Hitler Stalin und Pol Pot erinnert noch dazu begleitet vom mitschuldigen Schweigen jener die nicht genug hervorheben koumlnnten daszlig die Greuel der Vergangenheit nie wieshyderkehren duumlrften (siehe deutmiddot sehe Tagespost vom 8101991)

Die Tatsache der wir jetzt ins Auge schauen muumlssen ist daszlig wir auf den Sturz der Mauern auf die Freiheit nicht vorbereitet washyren - nicht in Europa und schon gar nicht in DeutSChland das noch 1987 einen Honecker in Bonn mit

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Ehren und Fanfaren empfangen hat

Nun stehen wir im wahrsten Sinne hilflos vor dem groszligsershybisch-kommunistischen Aggresshysionskrieg gegen das tapfere aber wehrlose kroatische Volk Alle Sitshyzungen Erklaumlrungen und Hoffshynungen christlicher Gremien helshyfen da ja gar nichts verschleiern nicht einmal die Verhoumlhnung Eushyropas (Erich Laumlufer)

In dieser Situation sollten wir uns auf das zweite Vatikanische Konzil besinnen das schon vor eishynem Vierteljahrhundert zur absolushyten Aumlchtung des Krieges die Einshysetzung einer Autoritaumlt gefordert hat die uumlber wirksame Macht vershyfuumlgt um fuumlr alle Sicherheit Wahshyrung der Gerechtigkeit und Achshytung der Rechte zu gewaumlhrleisten (Gaudium et spes 82)

Wie diese wirksame Macht nun aufgebaut werden soll ob

Frisch amp Fromm Oie Katholische Presse gibt erfrischend

andere Antworten auf aktuelle Zei1frageo Ihr Fundoment ist und bleibt der christliche Glaube

Und der ist uumlberraschend vielseitig Uumlberzeugen Sie sich selbst doyon

Eine Informations-Broschuumlre liegt fuumlr Sie bereit

Rufen Sie an 0228215334

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deutsch-franzoumlsisch oder als EGshyoder Nato-Variante ist Sache der Politiker zu entscheiden Daszlig sie so schnell wie moumlglich kommen sollte ist ein eminent christliches Anliegen sollen wir in unserer beshyquemen Fernsehsesselposition nicht mitschuldig werden an Mord und Vertreibung Fuumlr die Gewaumlhrshyleistung dieser pax europaea sind wir aber nun selbst verantshywortlich - und werden wir Deutshysche uns da aus welchen Gruumlnden auch immer aus der Gemeinshyschaft der dafuumlr verantwortlichen VOumllker heraushalten koumlnnen

Ihr Bischof + Johannes (aus NIMM Nr 36 vom 71191 geshykuumlrzt durch Red)

Neuevangelisierung Europas Gemeinsam schaffen wirs

Die Aufgabe ist groszlig Wir alle sind gefordert - Priester wie Laishyen Christen jeder Konfession Bishyschof Dr Josef Homeyer schildert seine Eindruumlcke von der Bischofsshysynode Hier Auszage aus seinem Schreiben an die in der Seelsorge Taumltigen in seinem Bistum Hildesshyheim

Die wichtigsten Erfahrungen

Der Osten hat mehr und tiefer gelitten als wir erahnen

Persoumlnlich habe ich bis zu dieshyser Synode meine Meinung uumlber das Leben der Kirche in den Laumlnshydern Mittel- und Osteuropas waumlhshyrend der letzten 40 Jahre vor allem von den Erfahrungen in Polen geshybildet Es mag mit meiner fruumlheren Taumltigkeit als Sekretaumlr unserer Bishyschofskonferenz zusammenhaumlnshygen in dieser Zeit habe ich zwar jeshydes Jahr fast alle erreichbaren Laumlnder in Mittel- und Osteuropa besucht vor allem aber um vieles haumlufiger Polen nicht zuletzt weshygen unserer Versoumlhnungsbemuumlshyhungen Auf dieser Synode erst ist mir ploumltzlich deutlich geworden daszlig die Geschichte der Kirche in Polen waumlhrend der letzten 40 Jahshyre voumlllig exzeptionell ist im Geshysamt der Laumlnder Mittel- und Osteushyropas Wer Polen kennt versteht noch laumlngst nicht was sich in den uumlbrigen Laumlndern Mittel- und Osteushyropas ereignet hat

Die Berichte der Bischoumlfe aus der Tschechoslowakei aus Unshygarn Rumaumlnien vor allem aber aus den baltischen Laumlndern bis zur Ukraine und den uumlbrigen Laumlndern der Sowjetunion waren erschuumltshyternd und ich vermag sie nicht annaumlhernd wiederzugeben Es ist darum gebeten worden diese Beshyrichte in einer eigenen Publikation herauszugeben Manchen Bischoumlshyfe waren nicht imstande ihre Ershylebnisse zu berichten Es vershyschlaumlgt einem den Atem wenn etwa ein Bischof aus der Ukraine von den drei Phasen der Verfolshygung der Kirche in der Ukraine beshy

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richtet und von der zweiten Phase sagt er koumlnne daruumlber wenig sashygen da er in dieser Zeit 10 Jahre im Gefaumlngnis verbracht habe Was hinter diesem einen Satz stand konnte man aufgrund der anderen Berichte erahnen

Immer wieder wurde in diesen Berichten deutlich Ich habe schreckliche Angst gehabt bis ich dann eines Tages vor Gericht stand Eine Sicherung nach der anshyderen wurde mir genommen Schlieszliglich war ich nach vielen Folterungen Qualen und inneren Noumlten allein und verzweifelt Aber immer deutlicher erahnte ich was mit Jesus Christus wirklich war und wer Gott ist Ihn habe ich erst dann verstanden Gluumlck kam in mir auf und eine ungeahnte Sichershyheit keineswegs allein zu sein Unshyfaszligbare Kraft erfOllte mich die Welt wurde fuumlr mich anders licht Ich konnte den konkreten leidenshyden Mensch ernst nehmen mittrashygen Es ist schlimm erst in diesem Laumluterungsprozeszlig habe ich Gott erfahren und begriffen welche Freiheit er schenkt und was Freishyheit ist

Einer schloszlig seinen schockieshyrenden Bericht Aber Bruumlder vershysteht mich nur nicht falsch ich bin wahrhaft kein Heiliger Aber ich wollte nur sagen Die Verfolgung ist eine Gabe Gottes man lernt dann beten

Immer wieder verwahrten sich Bischoumlfe aus dem Osten sie als Helden und Heilige zu bezeichnen Es habe gewiszlig solche gegeben

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aber viel mehr Schwaumlche Einer beshyrichtete Wenn ich an meine Geshyspraumlche denke mit den zwei Polizishysten Ich war allein und hatte furchtbare Angst Was ich dort geshysagt habe und was ich nicht geshysagt habe - ich muszlig jeden Tag daran denken und schaumlme mich zutiefst

Wie ein Grundakkord durchzog viele Berichte Der Kommunismus ist vorerst gefallen aber seine schrecklichen Wunden sind noch da werden noch lange da sein Nicht nur daszlig wir keine Kirchen haben und sehr haumlufig im Freien bei Wind und Wetter den Gottesshydienst feiern muumlssen nicht nur daszlig wir einfach keine Raumlume und Mittel haben Menschen zu vershysammeln viele Menschen selbst sind einfach kaputt in ihrem Menschsein verwundet es gibt keine GrundOberzeugungen mehr alle Substrukturen in unserer Geshysellschaft sind zerstoumlrt viele sind desorientiert nicht wenige haben wirklich auf den Kommunismus gesetzt und von ihm gelebt nun stehen sie vor einer schrecklichen Leere unsere ganze Situation ist aumluszligerst zerbrechlich eine Uumlbershywindung dieser Lage ist kaum in Sicht das kann zu autoritaumlren und freiheitsfeindlichen Entwicklunmiddot gen fuumlhren hoffentlich nicht wieshyder zum Kommunismus die Geshyfahr ist jedenfalls noch laumlngst nicht gebannt

Andererseits gibt es in vielen der genannten Laumlnder schon eine staumlrkere Hinwendung zur Kirche

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Nicht nur in Ruszligland und in der Ukraine wo von 100 bis 200 Ershywachsenentaufen in jeder Kirche an jedem Sonntag berichtet wird sondern etwa auch in Ungarn wo die Zahl der Gottesdienstbesucher wie auch die Zahl der Anmeldunshygen der Priesteramtskandidaten sich verdoppelt hat

Uumlbrigens hat es mich persoumlnlich in den ersten Berichten aus dem Osten ein wenig irritiert mit weishychem Nachdruck diese dem Papst und seinen Vorgaumlngern fuumlr ihren Dienst und ihr Zeugnis waumlhrend der letzten Jahrzehnte dankten Bald wurde folgendes deutlich Das Wissen um die Weltkriche fOr die der Papst als erster Zeuge Jesu Christi steht hat vielen Chrishysten in den Laumlndern Mittel- und Osteuropas offensichtlich ungeshyheure Kraft zum Widerstand und zum Ertragen und Durchhalten vershymittelt Dies sei ihnen gerade in der Begegnung mit den Christen anderer Kirchen deutlich geworshyden

Insgesamt waren die Berichte der Bruumlder aus dem Osten tiefe Zeugnisse elementarer authentishyscher religioumlser Erfahrungen Solshyche Zeugnisse die wir dort erfahshyren durften uumlberzeugen machen einen still verbinden und schaffen eine neue Realitaumlt

Was die Kirche des Westens in das neue Europa einzubringen hat

Gewiszlig waren wir aus dem Weshysten ob solcher Berichte zunehshy

mend kleinlaut und nicht wenig beshyschaumlmt Es waren dann die Bruumlder aus dem Osten die uns nach entshysprechenden Aumluszligerungen dieser Art unsererseits fast erregt sagshyten Houmlrt auf euren Wohlstand und auch eure religioumlse Situation madig zu machen Was ihr in den letzten 100 Jahren und in den letzshyten 40 Jahren heruumlbergebracht habt ist fuumlr uns ermutigend und gibt uns Hoffnung Euer Wohshystand birgt sicher auch Gefahren aber er ist doch zunaumlchst ein Geshyschenk und nicht zuletzt die Frucht der geistigen Entwicklung der letzten 100 Jahre Die Freiheitsbewegung seit der Aufklaumlrung hat sich aber weitshyhin - aufgrund vieler Miszligvershystaumlndnisse auf allen Seiten - geshygen das Christentum durchsetzen muumlssen aber war doch zutiefst vom Evangelium inspiriert und hat hoffnungsvolle Entwicklungen einshygeleitet das Wachwerden der Subjektivitaumlt und Freiheit des Menschen des einzelnen hat die Menschenrechte klarer erkennen lassen und ihnen zum Durchbruch verholfen zur Entwicklung von Wissenschaft und Technik und schlieszliglich zur Wirtschaft gefOhrt zur Demokratie usw usw

Das 11 Vatikanische Konzil hat diese Subjektivitaumlt der geistigen Entwicklung der letzten 100 Jahre zum Ausgangspunkt genommen das Evangelium und die Tradition neu zu lesen und zur Wiederentshydeckung der urchristlichen Comshymunio-Eccesia gefuumlhrt in der jeshy

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der einzelne Getaufte und Gefirmshyte auch als Gesandter verstanden und ernst genommen wird Ihr habt im Westen von daher die Bibelbeshywegung die liturgische Bewegung usw aufgegriffen von einem neushyen Verstaumlndnis von Kirche und Geshymeinde her der neue Zugang so vieler einzelner zum Wort Gottes die Entfaltung der verschiedenen Dienste in der Liturgie die Mitarshybeit so vieler Laien in der Gemeinshyde und in der Gesellschaft die Beshyreitschaft so vieler mit der Kirche in der Dritten Welt zu teilen

Gewiszlig gibt es bei euch auch Schattenseiten Irritationen unshyschwer verstaumlndliche Verluste (Anshybetung Buszligsakrament) auch Trennung der Spreu vom Weizen usw aber es gibt doch die Sehnmiddot sucht nach religioumlser Vertiefung nach einer neuen Art KircheGeshymeinde zu sein Das alles ist fOr uns im Osten ermutigend wir moumlchten von euch lernen mit euch teilen

So ging nach meinem Empfinshyden ein immer tieferes Ahnen durch die ganze Synode Wir hashyben tatsaumlchlich einander viel zu sagen und mitzuteilen unsere sehr unterschiedlichen Erfahrunshygen sollten wir austauschen und wirklich dabei voneinander lernen Wir muumlssen auf neue Art Kirche sein Immer haumlufiger fiel die Forshymel daszlig diese neue Art Kirche zu sein heiszligen muumlsse Freiheit in Gemeinschaft Freiheit zu der Christus uns befreit hat die uns befaumlhigt zur Gemeinschaft befaumlshy

higt anders naumlmlich solidashyrisch miteinander umzugehen in der Gemeinde im Bistum im Land in Europa und vor allem auch daruumlber hinaus Aber das alshyles muszlig mit einer Umkehr von uns selbst beginnen

(aus Mann in der Kirche Febr 1992)

Offenheit VershyStaumltldtlis Dialog und Kooperation Familienpolitische Thesen fuumlr Europa

Vom 10 bis 14 Dezember 1991 veranstaltete die Arbeitsgemeinshyschaft der katholischen Familienshyorganisationen in Europa unter Feshyderfuumlhrung des Familienbundes der Deutschen Katholiken eine Fachkonferenz zum Thema Euroshypa - Aufgabe und Verantwortung fOr Familienorganisationen Die Vertreter von katholischen Famishylienorganisationen aus 14 Staaten Europas beschaumlftigten sich zum einen mit Ansaumltzen einer europaumlishyschen Familienpolitik zum andeshyren mit dem Engagement der kashytholisChen Verbaumlnde beim Internashytionalen Jahr der Familie

Zur Einfuumlhrung in die Thematik stellte Mill Majerus vom Ministere de la Familie et de la SOlidarite Luxembourg nachfolgende famimiddot

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lienpolitische Thesen fuumlr Europa vor die von den Praumlsidenten und anderen Repraumlsentanten der kashytholischen Familienorganisatioshynen als Leitlinien fuumlr ein kuumlnftiges Engagement in Europa begruumlszligt wurden

Wir tun uns schwer mit der Definishytion von Familie

Wir erleben heute eine veraumlndershyte Familie in einem gewandelten Umfeld Vielfach tun wir uns schwer dabei den Begriff Famillie in einer fuumlr unsere Zeit gOltigen und konsensfaumllhigen Art abzugrenshyzen

Der diesbezuumlgliche Versuch eishyner Arbeitsgruppe des Katholishyschen Akademikervereins in Lushyxemburg schlug fehl Es gelang nicht in einer fOr alle annehmbashyren Formel gleichzeitig Ideal und Wirklichkeit zu erfassen der Vielmiddot falt der gelebten Modelle gerecht zu werden die Unterschiedlichkeit der sukzessiven Phasen im Eheshyund Familienzyklus auszudruumlcken Aus Angst davor der Beliebigkeit das Wort zu reden warenmiddot manche Vorschlaumlge sehr restriktiv der Wunsch real gelebte Familien nicht auszusondern fuumlhrte zu Forshymulierungen die Familie zum letztlich aussagelosen Allershyweltskonzept werden lieszligen

Das Verstaumlndnis von Familie ist nach den Worten von Max Wingen Voraussetzung und Ergebnis zushygleich der Familienpolitik Insoshyfern bleibt die Frage nach den konshy

stitutiven Elementen der Familie relevant In dem gesellschaftlishychen Kontext einer unleugbaren Entkoppelung von Ehe und Familie scheinen mir folgende fuumlnf Komshyponenten wichtig - Gruppe von Menschen mit enshy

gen affektiven Banden die moumlglicherweise miteinander verwandt verheiratet oder vershyschwaumlgert sind

- Anwesenheit von wengistens zwei Generationen (Eltern und Kinder)

- Wohn- Lebens- und Solidargeshymeinschaft gemeinsames Wirtschaften und gegenseitige personale Verantwortung (mit den Worten von Max Wingen)

- gemeinsame Rituale (Gestalshytung des Alltags Kommunikashytion Spiele Feste feiern Glaushybe)

- gemeinschaftliche Ausrichshytung der Kontakte mit der Aushyszligenwelt

Das Konzept Familie muszlig inhaltshylich aufgefuumlllt werden

Oft steht der Begriff Familie fOr ein verschwommenes Zerrbild von Waumlrme und Gluumlck - die Familie als Zufluchtsideal vor der rauhen Alltagsrealitaumlt In wissenschaftlishychen Diskursen steht vor allem die auseinandergebrochene Familie als Ursache menschlichen Leids und Versagens hoch im Kurs Im uumlbrigen aber ist Familie - besonshyders im Bereich der Politik - vieshylen eher suspekt Das Engagement

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fuumlr Familie gilt oft als ideologishysche Restaurationstendenz konshyservativer Elemente die den geshysellschaftlichen Wandel beharrshylich zu ignorieren versuchen Auszligerdem ist die Frage berechtigt inwiefern angesichts unleugbarer Fakten Familie denn uumlberhaupt noch Perspektive habe

Mit dem Sozialethiker Professhysor Rauscher kann man bedauern daszlig auch Katholiken zu wenig uumlber die Bedeutung der Familie reshyflektiert haben Zu oft wurde die Frage nach dem Sinn der Familie buumlndig mit wohltoumlnenden Formeln beantwortet die nun viele als hohlklingende Floskeln abtun

Wer das Plaumldoyer um Schutz und Foumlrderung der Familie durch die Allgemeinheit mitfuumlhrt kommt an der Auseinandersetzung um den Wert der Familie nicht vorbei In der pluralen Gesellschaft sind konsensfaumlhige Antworten dabei gleichermaszligen unverzichtbar und schwierig

Als diskussionsanregende Arshybeitsthesen seien einige Aspekte genannt - Die Familie ist die elemenshy

tarste Versorgungszelle Nach wie vor uumlbernehmen die meishysten Familien personal und soshyzial wichtige Leistungen Sishycherung der Generationenfolshyge hauswirtschaftliche Funkshytionen Erzlehungs- und Bilshydungsauftrag Sorge um das koumlrperliche seelische und soshyziale Wohl ihrer Mitglieder

- Familie ist eine gesellschaftli-

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ehe Grundzelle die sich bisshylang ihr Recht auf autonome Entwicklung und Eigendynashymik erhalten konnte In einer Gesellschaft in der immer haumlushyfiger Prozesse zentral gesteushyert werden leistet die Institushytion Familie einen wesentlishychen Beitrag zum Erhalt freishyheitlicher Grundrechte Ihr geshywissermaszligen sakral verankershytes Privileg auf Unantastbarshykeit und Narrenfreiheit macht sie zum unverzichtbaren Gegenspieler rational konzishypierter und quasi allmaumlchtiger Zentralgewalten

- Familie ist die Grundzelle des emotionalen Erlebens und praumlgt so wesentlich den Aufshybau und die Entwicklung der menschlichen Persoumlnlichkeit Dieser Aspekt bekommt um so mehr Gewicht durch den rezenshyten Wandel um Ehe und Famishylie Das Gleiten von den eher sozialen und wirtschaftliChen Funktionen hin zu emotionalen und affektiven Momenten Ehe und Familie werden zum bevorshyzugten Ort menschlicher Erfuumllshylung und GIUumlcksfindung In ihshyrer Familie erfahren Menschen Liebe Zuwendung Anerkenshynung aber auch Enttaumlushyschung Frust Leid und Einshysamkeit In der Familie lernen Menschen miteinander umzushygehen werden Partnerschaft und Kommunikation erprobt werden Rivalitaumlt und Solidarishytaumlt erlebt

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- Familie ist die primaumlre Vermittshylerin der tradierten Kulturguumlter Dies gilt fuumlr Sitten und Braumlushyche Menschen- und Gesellshyschaftsbilder politische und philosophische Meinungen aumlsthetische und ethische Maszligshystaumlbe religioumlse Vorstellungen uvam In der pluralen Gesellshyschaft gilt nicht nur die Vershymittlungsmission der Familie in diesem Bereich Familie wird mehr und mehr auch zum Ort der Auseinandersetzung und Konfrontation der Meishynungsbildung sowie des frei eingegangenen Engagements fuumlr bestimmte Werte und Ideashyle

Der ideelle und materielle Wert des geleisteten Beitrags der Famishylien laumlszligt sich nur schwer ermesshysen In etwa greifbar wird er oft nur dort wo Familie grob versagt hat

Von der impliziten zur expliziten Familienpolitik

Max Wingen beschreibt Famishylienpolitik als das bewuszligte und planvoll ordnende zielgerichtete oumlffentliche Einwirken auf Struktur und Funktionen der Familie Bisshylang gibt es auf europaumlischer Ebeshyne bescheidende Ansaumltze zu einer strukturierten Famifienpolitik Alshylerdings haben Gemeinschaftsposhylitiken in anderen Bereichen sehr bemerkenswerte Einfluumlsse auf das Ehe- und Familienleben Dies gilt fuumlr wirtschaftliChe Fragen Geshysundheitspolitik soziale Sichershy

heit Umweltprobleme Erziehung und Arbeitsrecht Kritische Beobshyachter stellen fest keine europaumlishysche Familienpolitik sei eben auch eine Form der Familienpolishytik und fordern zu Recht eine reflektierte und systematische Handlungsweise

Wer eine Familienpolitik fuumlr Eushyropa verlangt traumlgt auch der zushynehmenden internationalen Vershynetzung der Probleme Rechnung Ein beredtes Beispiel hierfuumlr ist die FIOchtiingsfrage Das politishysche militaumlrische wirtschaftliche oder oumlkologische Geschehen in den fuumlnf Kontinenten SChafft den Kontext in dem Familien sich entshyfalten - in Europa und in jedem einzelnen Mitgliedsland Die Ershykenntnis daszlig alles in allem liege und auch umgekehrt (zynische Anmerkung eines Freundes) rechtfertigt keineswegs eine zenshytralistisch ausgerichtete Familienshypolitik Die diesbezuumlglichen Erfahshyrungen in anderen Bereichen stimshymen eher nachdenklich Auszligerdem gilt es den regional sehr untershyschiedlichen soziokultureen Trashyditionen Rechnung zu tragen Beshysonders Familienpolitik braucht unterschiedliche Entscheidungsshyund Handlungsebenen

Persoumlnliche plaumldiere ich auf EGshyEbene fuumlr ein sehr behutsames Vorgehen das eher passiv ausgeshyrichtet bleibt und sich minimale Ziele gibt - Bedeutung und Wert von Ehe

und Familie erkennen - Daten und Fakten um Ehe und

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Familie zusammentragen und auswerten

- Gemeinschaftspolitiken auf ihre familienrelevanten Dimenshysionen hin analysieren negatishyve Auswirkungen verhindern oder kompensieren

- ehe- und familienfoumlrdernde Maszlignahmen auf nationaler reshygionaler und lokaler Ebene ohne dazu selbst Aktionsinitiashytiven zu ergreifen

- den internationalen Austausch im familien politischen Bereich foumlrdern und die Laumlnder ermutishygen den dabei gewonnenen Ershykenntnissen Rechnung zu trashygen

Organisatorische Prinzipien der Familienpolitik

Familienpolitik braucht Konzepshyte die sich an einigen grundlegenshyd~n organisatorischen Prinzipien ausrichten Die hier folgenden Ausfuumlhrungen gelten als Diskusshysionsbeitrag und erheben keinesshywegs den Anspruch auf Ausfuumlhrshylichkeit

Globale Ausrichtung

Familienpolitik darf nicht vershykuumlmmern zum Alibi Ich habe beshyreits darauf hingewiesen daszlig Entshyscheidungen Maszlignahmen oder Handlungen in sehr unterschiedlishychen Bereichen familienrelevante Aspekte beinhalten Familienpolishytik ist dementsprechend ein breitshygefaumlChertes Anliegen mit konkreshy

ten Auswirkungen in fast allen poshylitischen Entscheidungen

Systematische Vorgehensweise

Auch wenn es um spezifische Anliegen und Sorgen geht sollten die angestrebten Maszlignahmen die Gesamtheit der familialen Grundshyfunktionen im Blick haben Einseishytigkeit traumlgt zur VerkOmmerung beshystimmter Familienfunktionen bei und verkuumlrzt die Wahlmoumlglichkeishyten bei der Gestaltung des Famishylienlebens Viele sprechen hier auch vom Prinzip der Flexibilitaumlt das es zu sichern gilt

Wohl der Gemeinschaft und Freishyheit des einzelnen

Das Wohl der familialen Einheit sowie die Rechte des einzelnen auf Selbstverwirklichung sind komplementaumlre Anliegen Verantshywortung und Freiheit sind nur dort unvereinbar wo sie in extremer Einseitigkeit gefordert werden

Mehrgliedrige Traumlgerschaft

Eine dynamische und phantashysievolle Familienpolitik fuszligt auf dem Engagement sehr untershyschiedlicher Traumlger Regierungen regionale und kommunale Instanshyzen Kirchen Gewerkschaften Arshybeitgeber Medien und Verbaumlnde

Subsidiaritaumlt

Familienpolitik steht im Dienst der familialen Autonomie stuumltzt das Eigenvermoumlgen der Familien

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und ermutigt ihre Selbstinitiativen Ein wichtiges Anliegen hierbei ist die Foumlrderung der inner- und zwishyschenfamilialen Solidaritaumlt Ohne der Willkuumlr das Wort zu reden sollshyte Familienpolitik von einem moumlgshylichst breitgefaszligten Familienkonshyzept ausgehen eine Vielfalt von fashymilialen Gestaltungsmoumlglichkeishyten gewaumlhrleisten Dies gilt beishyspielsweise bei der Frage nach der Vereinbarkeit von Familie Erzieshyhung und Beruf

Familien brauchen Freiheit und Frieden

Familienpolitik hat nur Chanshycen wenn sie eingebunden bleibt in das Bemuumlhen um Freiheit Frieshyden und Solidaritaumlt

Manche Zeichen der Zeit stimshymen sehr nachdenklich Soziale Unsicherheit wirtschaftliche Reshyzession und weitgehende Orientieshyrungslosigkeit sind mitverantwortshylich fuumlr das Zunehmen von Fremshydenhaszlig Nationalismus und Rechtsextremismus Wir muumlssen annehmen daszlig zu einem Zeitshypunkt da die kommunistischen Diktaturen definitiv zusammenbreshychen Freiheit und Demokratie leishyder keine selbstverstaumlndlichen Werte sind

Obschon unsere europaumlischen Laumlnder zu den wohlhabensten Nashytionen der Welt zaumlhlen leben in unserer Mitte Millionen armer Fashymilien (14 der Gesamtbevoumllkeshyrung) die in vielen Bereichen ausshygesondert sind Unsere komplex

gestaltete Gesellschaft stellt Anshyforderungen denen Menschen vershymehrt nicht mehr entsprechen koumlnnen

Viele Anzeichen sprachen dafuumlr daszlig die jetzigen Migrationswellen nur die Spitze eines gewaltigen Eisberges darstellen Experten geshyhen davon aus daszlig in den komshymenden Jahrzehnten riesige Fluumlchtlingsstroumlme auf unsere Laumlnshyder zukommen Bedingt sind diese durch politische militaumlrische wirtshyschaftliche und oumlkologische Gegeshybenheiten

Erkenntnisse und Prognosen die uns selbstverstaumlndlich in unseshyren politischen Entscheidungen und Aktionen fordern Dabei geishyten u a folgende Erwaumlgungen - Unsere Solidaritaumltspolitik

braucht neue Horizonte Nach den Jahrzehnten des ungeshybremsten Aufschwungs steht moumlglicherweise das Jahrhunshydert des Teilens an Das Teilen nimmt sehr unterschiedliche Formen an so unsere Bereitshyschaft houmlhere Preise fuumlr Imshyportguumlter aus armen Laumlndern zu zahlen Individuelle und nashytionale Egoismen sind dabei immer weniger vertretbar Die Probleme der Vierten und der Dritten Welt werden heute spaumltestens aber morgen geshywollt und ungewollt auch zu unseren Problemen

- Der Einsatz finanzieller und materieller Mittel ist keinesshyweg ausreichend Es geht nicht zuletzt auch um die Beshy

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reitschaft Aumlrmere und Schwaumlshychere in die gesellschaftlichen Prozesse aktiv und verantwortshylich mit einzubeziehen Wer Arme zu sozialen Almosenshyempfaumlngern macht sondert sie aus und entmOndigt sie wird mitschuldig am sozialen Unshyfrieden

- Es stellt sich auch die Frage nach der Gestaltung unserer Lebensbedingungen Orientieshyren wir uns dabei auch kOnftig am hektischen Rhythmus des technisCh Machbaren und wirtshyschaftlich Erstrebenswerten Oder sind wir endlich bereit Maszligstaumlbe anzuwenden die fashymilienfreundlich sind kindgeshymaumlszlig altengerecht umweltvershytraumlglich und menschlich zushymutbar

- Die Befuumlrchtung gilt daszlig wir insgesamt die uns gegebenen Moumlglichkeiten und Mittel ethisch nicht aufzuarbeiten vermoumlgen Als Beispiel sei hier die rasante Entwicklung im Beshyreich der Biogenetik angefuumlhrt Hierbei geht es gewiszlig um sehr viel die Wahrung fundamentashyler Rechte und Werte die in eishyner freien Gesellschaft unvershyaumluszligerlich sein sollten Es ist dringend notwendig individushyelle und kollektive Prozesse zu foumlrdern die Menschen zu beshywuszligten und verantwortlichen Entscheidungen befaumlhigen

Die Politik der Solidaritaumlt hat alshylerdings ganz eigennuumltzige Aspekshyte die in der gaumlngigen Auseinan-

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dersetzung nicht selten untershyschlagen werden Das System unshyserer sozialen Sicherheit basiert auf dem sogenannten Generatioshynenvertrag Die Uumlberalterung unshyserer Bevoumllkerung hat schon laumlngst einen komplementaumlren Auslaumlndervertrag unumgaumlnglich gemacht ansonsten waumlre das jetshyzige Niveau der Sozialleistungen nicht mehr zu halten Das Statistishysche Landesamt in Luxemburg hat z B kOrzlich errechnet daszlig bei den augenblicklichen Geburtenshyquoten ein weiterer betraumlchtlicher Anstieg auslaumlndischer Arbeitnehshymer noumltig ist

Familienpolitik darf nicht zur Soshyzialpolitik verkuumlrzt werden

Familienpolitik gibt sich spezifishysche Ziele - Paare ermutigen Kinder zu hashy

ben - soziale Gerechtigkeit fuumlr die

Familien anstreben - Familien entlasten die Kinder

erziehen oder Alte Kranke Beshyhinderte und Sterbende pfleshygen

- autonome und verantworshytungsbewuszligte Entscheidungsshyprozesse bei Paaren und Eltern foumlrdern

- inner- und zwischenfamiliaumlre Sol idaritaumltsnetze staumlrken

- ein kindgerechtes und famishylienfreundliches Umfeld schafshyfen

- die Rechte der einzelnen Famishylienmitglieder schuumltzen

- Familien in besonderen Notlashy

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gen spezifische Hilfe gewaumlhshyren

- Kinderzulagen u Familienbeishyhilfen

- Steuererleichterungen - Wohnungshilfen - familienfreundliche Staumldteplashy

nung - Erziehungsgeld fOr nicht beshy

rufstaumltige Eltern - Ausbau und M itfinanzierung

soziofamilialer Einrichtungen hervorgehoben seien Kindershytagesstaumltten Heime Ferienshydienste Familienbildungsanshygebote Beratungsstellen Konshysumentenschutz

- Foumlrderung unterschiedlicher familienfreundlicher Maszlignahshymen Freizeit Sport Spiel Kulshytur Medien Verkehr

Eines der spezifischen familienshypolitischen Anliegen soll hier beshysonders herausgestrichen werden die Anerkennung und Wuumlrdigung der Familien- Erziehungs- und Pflegearbeit Viele Humanwissenshyschaftler bestaumltigen daszlig Familie der prioritaumlre Ort der Erziehung ist Auch betonen sie immer wieder Muumltter und Vaumlter seien dabei gleishychermaszligen unverzichtbar Geronshytologen unterstreichen ihrerseits den Wunsch alter kranker oder sterbender Menschen moumlglichst lange in der vertrauten Umgebung ihrer Familie bleiben zu dOrfen Es geht mir keineswegs darum das Recht beider Eltern auf eine gesishycherte Erwerbstaumltigkeit zu hintershyfragen Doch sollte das Prinzip der freien und flexiblen Entscheidung

gewahrt bleiben Dies ist in vielen europaumlischen Laumlndern nicht gegeshyben Wer sich vorrangig in seiner Familie der Erziehungs- oder Pfleshygearbeit widmet verzichtet auf ein zusaumltzliches Einkommen hat keishyne direkten RentenansprOche finshydet gesellschaftlich kaum Anershykennung kann nur selten auf entshylastende Dienstangebote zu ruumlckshygreifen Inner- und zwischenfamishyIiale Solidaritaumlt wird so fast systeshymatisch hintertrieben Eine konseshyquente ehrliche Familienpolitik sollte auch folgende Maszlignahmen beinhalten - hauswirtschaftliche Bildungsshy

angebote fuumlr alle Familienmitshyglieder

- Ausweitung des Erziehungsshygeldes

- volle Anerkennung der Erzieshyhungs- und Pflegejahre bei der Berechnung der Rente (Beishytragsleistung durch die oumlffentshyliche Hand)

- Foumlrderung der Initiativen im Bereich der Nachbarschaftsshyhilfe

- Ausbau der Heimhilfedienste und anderer familienentlastenshyder Angebote (z B Ferienbetshyten fuumlr Pflegebeduumlrftige Spielshynachmittage)

Keine europaumlische Familienpolitik ohne die Familien

Die Verwirklichung familienpolishytischer Konzepte auf EG-Ebene braucht die Kooperation engagiershyter Politiker und kompetenter Fashy

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milienwissenschaftler sowie vor allem den Beitrag der Familien und ihrer Verbaumlnde

Familienpolitik auf europaumlishyscher Ebene darf sich keinesfalls verselbstaumlndigen oder zu einer weiteren potentiellen Machtposishytion fuumlr Beamte oder Experten deshygenerieren Es ist unablaumlssig hier nochmals die subsidiarische Rolle der unterschiedlichen Zentralgeshywalten zu betonen

Die Schaffung aufwendiger Strukturen auf EG-Ebene scheint mir wenig ergiebig Notwendig alshylerdings ist es den Familien in Eushyropa eine effiziente Lobby zu geshyben Und sei es nur um den gewalshytigen Druck maumlchtiger Wirtshyschaftskonzerne wenigstens teilshyweise zu bremsen

Ganz ohne Handlungsinstrushymente kommt man gewiszlig nicht aus es sei denn man beschraumlnke sich auf gutgemeinte Absichtsershyklaumlrungen

Persoumlnlich stelle ich mir folgenshyde Einrichtungen vor (EG-Ebene) - eine dem EG-Kommissionspraumlshy

sidenten zugeordnete Famishylienabteilung die das familienshypolitische Handeln der Komshymission koordiniert ein nach dem Muster des Wirtshyschafts- und Sozial rats funktioshynierender Familienrat der EG in ihm vertreten waumlren vor alshylem die Familienverbaumlnde dann auch Familienwissenshyschaftler Politiker und Beamshyte er sollte die Politik der EG auf ihre familienrelevanten

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Aspekte hin analysieren gegeshybenenfalls familienpolitische Aktionsprogramme vorschlashygen

- der Ausbau der Europaumlischen BeobachtersteIle fOr Familienshypolitiken zum Familienwisshysenschaftlichen EG-Institut es sollte nicht nur Fakten samshymeln und wissenschaftlich abshygesicherte Ergebnisse zusamshymentragen auf wissenschaftlishycher Basis sollte es an der Ausshywertung bestehender Maszlignahshymen sowie an der Erarbeitung potentieller Handlungskonzepshyte beteiligt sein es haumltte ebenshyfalls den Auftrag familienwisshysenschaftliche Kolloquien mit unterschiedlichen Themen anshyzubieten

- der regelmaumlszligige Austausch und die enge Zusammenarbeit der in den EG-Laumlndern zustaumlnshydigen Ressortminister

Es ist jedenfalls unabdingbar die Anerkennung den Schutz und die Foumlrderung von Ehe und Familie auch in den Roumlmischen Vertraumlgen zu verankern

Eine in unserem Rahmen vielshyleicht noch wichtigere Ebene ist der Europa-Rat Ich moumlchte hier nur kurz nochmals zwei Ideen aufshygreifen die unserem Kreis auch von Herrn Jans und Dr Greib ins Gespraumlch gebracht wurden - die Charta der Rechte der Fashy

milie - die Direktive Ober Minimalleishy

stungen im Bereich der Famishylienzulagen

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Das Internationale Jahr der Fashymilie werte ich als einen unschaumltzshybaren Anlaszlig unsere Anliegen zu bedenken zu formulieren und dashyfuumlr einzutreten Wenn wir die Geleshygenheit nicht nutzen sind wir seishyber schuld

Der spezifisch christliche Beitrag

Beim Aufbauwerk des europaumlishyschen Hauses haben Christen sishycherlich einen wesentlichen Beishytrag zu leisten Dies gilt nicht zushyletzt im Bereich des Engagements um Ehe und Familie

Die Kirchen sehen in Ehe und Familie ein besonders wertvolles Gut wuumlrdigen sie nicht nur als Ort menschlicher Erfuumlllung sondern auch als Zeichen der goumlttlichen Guumlte und Barmherzigkeit

Das Gelingen von Ehe und Famishylie allerdings ist gekoppelt an tiefere menschliche Werte aus deshynen sich bestimmte Handlungsshynormen ableiten Christen werden von daher auch familienpolitische Konzepte kritisch an der Wert- und Normenfrage uumlberpruumlfen (vgl Ponmiddot tificium Consilium pro Familia Stellungnahme zum Internationashylen Jahr der Familie Mai 1990)

Ich bin uumlberzeugt daszlig Christen in verschiedenen Fragen um Ehe und Familie besonders sensibel reagieren - Der Schutz des ungeborenen

des kranken oder des schwashychen Lebens

- der Wunsch ungezaumlhlter lieshybender sich einander vorbeshyhaltlos zu schenken

- die Bindungsangst vieler Menshyschen

- die Not der in ihrer Liebe geshyscheiterten Menschen der Anspruch auf Vollkommenshyheit sowie auch das Wissen um die menschliche Begrenztshyheit

- die Sorge und Verantwortung um sozial Ausgesonderte

Christen stehen vorerst in der Verpflichtung sich auch untereinshyander mit den Fragen um Ehe und Familie offen auseinanderzusetshyzen Die akuten Probleme Ihrer Zeit stellen sie dabei vor keine leichte Aufgabe Auf dem Hintergrund der kirchlichen Tradition heiszligt es die Frohbotschaft von Jesus Christus immer neu zu aktualisieren In der pluralen Welt sind Christen soshydann gefordert ihren Beitrag zu gesellschaftlich konsensfaumlhigen Loumlsungen zu leisten Dies kann nur glOcken in einer Atmosphaumlre von Offenheit Verstaumlndnis Dialog und Kooperation

In diesem Zusammenhang moumlchte ich abschlieszligend die Arshybeitsgemeinschaft der katholishyschen Familienorganisation in Eushyropa zu ihren wertvollen Initiatishyven begluumlckwuumlnschen

(aus Stimme der Familie Nr2 92)

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KIRCHE UND STAAT

Zur Lage der katholischen Militaumlrseelsorge

Zur Lage der katholischen Milishytaumlrseelsorge haben wir einen Beshyricht des Militaumlrbischofs Erzbishyschof Dr Johannes Dyba entgeshygengenommen

Am 1 Januar 1990 ist fOr die kashytholische Militaumlrseelsorge ein neushyes Statut in Kraft getreten das im Einvernehmen vom Heiligen Stuhl Bundesregierung und Deutscher Bischofskonferenz die bewaumlhrte Struktur der Militaumlrseelsorge beshystaumltigt und Ergaumlnzungen in Detailshyfragen enthaumllt

Die Seelsorge fuumlr Soldaten wird weiterhin von hauptamtlichen Milishytaumlrpfarrern auf Zeit wahrgenomshymen die mit dem jeweiligen Ortsshypfarrer zusammenarbeiten Besonshyderes Gewicht kommt dabei der Zusammenarbeit mit dem evangeshylischen Militaumlrseelsorger zu die haumlufig sehr intensiv ist

Die Golfkrise und der Golfkrieg haben die Militaumlrseelsorge im vershygangenen Jahr vor unerwartete Aufgaben gestellt und erhebliche Spannungen moralischer und psychischer Art bei den Soldaten ihren Familien und in der deutshyschen Oumlffentlichkeit hervorgerushyfen Die Militaumlrgeistlichen waren damals in besonderer Weise zur

geistig-ethischen Orientierung und spirituellen Begleitung der Soldaten und ihrer Angehoumlrigen gefordert in besonderem Maszlig von den Soldaten die am Einsatz im Rahmen der Buumlndnisverpflichtunshygen teilgenommen haben Die seelsorgliche Hilfe wurde stark in Anspruch genommen auch von kirchenferneren Soldaten

Von seiten des Bundesministeshyriums der Verteidigung werden von den Militaumlrseelsorgern theoloshygisch und ethisch qualifizierte Beishytraumlge zu sittlichen Grundfragen zur Friedens- und Sicherheitspolimiddot tik erwartet Besonders in den neushyen Bundeslaumlndern bedarf die Milimiddot taumlrseelsorge der Unterstuumltzung durch den Orts- und Ordensklerus als Standortpfarrer im Nebenamt Aufgrund der extremen Diasporashysituation sind hier neuartige Moshydelle der Zusammenarbeit hauptshyund nebenamtlicher Standortpfarshyrer erforderlich

Trotz der Verringerung der Streitkraumlfte ist weiterhin eine groshyszlige Anzahl von Standorten durch Militaumlrgeistliche zu besetzen Die Deutsche Bischofskonferenz wird daher die Ordensoberen bitten sich weiterhin und verstaumlrkt an der Seelsorge fuumlr die Soldaten zu beshyteiligen

In den neuen Bundeslaumlndern beshyteiligt sich die evangelische Kirshyche nicht an der Militaumlrseelsorge Dies ist nach Ansicht der Vollvershy

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sammlung besorgniserregend weil die Seelsorge an Soldaten von beiden Kirchen bisher wahrgeshynommen wurde Es ist bedauershylich daszlig diese Gemeinschaft dershyzeit nicht gegeben ist Die Vollvershysammlung brachte die Hoffnung zum Ausdruck daszlig sich die evanshygelische Kirche in den neuen Bunshydeslaumlndern nicht der Seelsorge an Soldaten entzieht

(aus Pressedienst der DBK-Dokushymentation v 12392)

Unabhaumlngigkeit ist garantiert Keine Aumlnderung des Seelsorgevertrages

Das Fehlen der bewaumlhrten Zushysammenarbeit mit den evangelishyschen Militaumlrpfarrern im Osten Deutschlands beklagt der Generalshyvikar der Katholischen Militaumlrseelshysorge Dr Ernst Niermann Dageshygen seien der katholische und der evangelische Militaumlrpfarrer in den Kasernen der alten Bundeslaumlnder fuumlr Soldaten in gleicher Weise praumlshysent und erreichbar Diese Koopeshyration geschehe im Interesse der SOldaten und habe sich hervorrashygend bewaumlhrt

Beide Pfarrer boumlten fuumlr Soldaten ihrer Konfession Sprechstunden Gottesdienste und Lebenskundlishychen Unterricht an Und gerade an

letzterem scheiden sich offenshysichtlich die Geister Denn vor alshylem die evangelischen Kirchen in den neuen Bundeslaumlndern beshyfuumlrchten eine zu groszlige Staatsnaumlhe der Militaumlrseelsorge die sich beshysonders beim Lebenskundlichen Unterricht zeige

Dies allerdings laumlszligt Dr Niershymann nicht gelten Er fuumlhrt als Beishyspiel die Themen des letzten Jahshyres auf die sich ausschlieszliglich als Lebenshilfe bei zwischenmenschshylichen Problemen der Solaten und deren Familien und mit der Weltshyverantwortung der Kirche befaszligshyten Es sei ein Gewinn fuumlr die Seelshysorge betonte Niermann daszlig dieshyse Themen von dem Evangelishyschen Kirchenamt fuumlr die Bundesshywehr und dem Katholischen Milishytaumlrbischofsamt in Zusammenarshybeit mit dem Bundesministerium der Verteidigung festgelegt wershyden und im Dienstplan in den Kashysernen erscheinen Die Beratunshygen mit den leitenden Soldaten aus dem Ministerium haumltten durch entsprechende Anregungen zu eishyner praxisnaumlheren Formulierung der Themen gefuumlhrt Die Themenshyfindung betonte Dr Niermann ist Sache der Kirche

Der Militaumlrpfarrer als Durchfuumlhshyrender koumlnne dabei Hilfen zur Beshywuszligtseins- und Gewissensbildung der Soldaten leisten die trotz Dienstplan keinesfals gezwungen werden am Lebenskundlichen Unshyterricht teilzunehmen Zudem bieshyte der Lebenskundliche Unterricht auch kirchenfernen SOldaten die

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Moumlglichkeit zu einer ersten Begegshynung mit dem Pfarrer

Dr Ernst Niermann lobt den Seelsorgevertrag Die derzeit gelshytende rechtliche Vereinbarung zwishyschen katholischer Kirche und dem Staat garantiere den Militaumlrshypfarrern die notwendige Unabhaumlnshygigkeit in der Bundeswehr die sie als Seelsorger brauchen Die Beshywegungsfreiheit des Militaumlrpfarshyrers in den Kasernen und Sichershyheitsbereichen der Bundeswehr werden durch seine Stellung als Beamter auf Zeit gewaumlhrleistet Er finde alle erforderlichen Arbeitsshymoumlglichkeiten und Kommunikashytionsmittel vor Und darauf wolle man nicht verzichten

Dr Niermann erinnerte an die Aktion Kurdenhilfe waumlhrend der Golfkrise im vergangenen Jahr Nur auf Grund der geltenden rechtshylichen Vereinbarungen sei es moumlgshylich gewesen daszlig Militaumlrbischof DDr Johannes Dyba kurzfristig und flexibel Militaumlrpfarrer zur Beshytreuung der Soldaten mitschicken konnte Sie seien auch die Vorausshysetzung dafOr daszlig die Entscheishydung uumlber die seelsorgerische Beshygleitung im konkreten Fall wirklich in der Hand des Bischofs bleibt und nicht an Sach- oder Organisashytionszwaumlngen scheitert

Heribert Lemberger (aus Kompaszlig Nr 6 v 6392)

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Immer ein offenes Ohr fuumlr die Menschen Staat und Kirche wuumlrdigen Engagement von Erzbischof Kredel

Bonn 25292 (KNA) Zahlreiche Vertreter aus Staat und Kirche hashyben dem Bamberger Erzbischof EIshymar Kredel zu seinem 70 Geburtsshytag gratuliert und vor allem sein seelsorgerisches Wirken hervorgeshyhoben Immer haben Sie fuumlr die Fragen und Sorgen der Menschen ein offenes Ohr und verstehen es ihnen mit Rat und Orientierungsshyhilfe zur Seite zu stehen schreibt Bundeskanzler Helmut Kohl in einem am Montag in Bonn veroumlfshyfentlichten GI uumlckwunschschreishyben Besonders dankte er Kredel fuumlr seine langjaumlhrige Arbeit als Mishylitaumlrbischof fuumlr die Bundeswehr

Der Erzbischof habe dazu beigeshytragen daszlig die Seelsorge fOr die Soldaten einen festen Platz in der Gesellschaft habe und daszlig sich unsere jungen Staatsbuumlrger in Uniform mit Fragen von geistiger Dimension und von ethischer Beshydeutung auseinandersetzen unshyterstreicht der Bundeskanzler Dies sei ein Friedensdienst im wahren Sinne des Wortes auf den wir nicht verzichten koumlnnen Bunshydesinnenminister Rudolf Seiters (CDU) wuumlrdigte in seinem GIOckshywunschschreiben den Bamberger

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Erzbischof als einen Seelsorger der wie kein anderer in seiner Pershyson hohe wissenschaftliche Bilshydung soziales Engagement mit reiner seelsorgerischer Erfahrung vereint Seiters unterstreicht durch Ihr segensreiches Wirken zum Wohle ihres Bistums und darshyuumlber hinaus haben Sie sich die Zushyneigung und Anerkennung vieler Menschen in unserem Lande ershyworben

Bei einem Festakt in Bamberg nannte der Muumlnchener Kardinal Friedrich Wetter seinen Amtsbrushyder einen prophetischen Mahshyner der sein Bistum nicht als Aufshyseher verwalte sondern wie ein guter Hausvater fuumlr die Dioumlzese Sorge trage Der Nachfolger Kreshydels als Militaumlrbischof Erzbischof Johannes Dyba uumlberbrachte GrOshyszlige und Gluumlckwunsche der Soldashyten (denen sich die Redaktion des Auftrag anschlieszligt) Kredel habe den Militaumlrseelsorgevertrag fuumlr die Bundeswehr in beispielhafter Weishyse mit Leben gefuumlllt Die bayerishysche Justizministerin Mathilde Berghofer-Weichner (CSU) lobte das untruumlgliche Gespuumlr Kredels fOr das Daseinsrecht von Staat und Kirche

Der gebuumlrtige Nuumlrnberger 1950 zum Priester geweiht hat sowohl auf wissenschaftlichem als auch auf seelsorgerischem Gebiet Ershyfahrungen gesammelt Seine Stushydien in Rom schloszlig er als Lizentiat der biblischen Wissenschaften ab als wissenschaftlicher Assistent war er am Exegetischen Seminar

der Universitaumlt Muumlnchen taumltig Die Pfarreien Freienfels und Hollfeld waren dann die Stationen seines Wirkens als Pfarrer 1967 in das Bamberger Metropolitankapitel gewaumlhlt waren seine Taumltigkeitsshyfelder die Erwachsenenbildung die Jugendseelsorge und die Carishytas 1977 ernannte Papst Paul VI Elmar Maria Kredel zum Erzbishyschof von Bamberg 1978 erfolgte die Ernennung zum katholischen Militaumlrbischof fuumlr die Deutsche Bundeswehr ein Amt das Kredel bis Ende 1990 innehatte In dieser Zeit errichtete er das Institut fuumlr Theologie und Frieden das einen wichtigen Beitrag zum besseren Verstaumlndnis der heutigen kirchlishychen Friedenslehre leistet Als Mishylitaumlrbischof hat sich Kredel immer wieder vor die Soldaten gestellt und den ethisch begruumlndeten Dienst des Soldaten fuumlr die Geshymeinschaft verteidgt Stets suchte der Erzbischof das persoumlnliche Gespraumlch mit den Soldaten und nahm sich ihrer Sorgen an (aus NIMM Nr 67 vom 262 5392)

1Iamparl~ (JfJl IN DIRI IININWILT

Postgiro Koumlln 556-505

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Vom schwierigen Umgal1g mit der Vergangenheit Hat sich die katholische Kirshyche im Griff des SED-Staates befunden - Das Dilemma der Historiker

In unserer Ausgabe vom 11 Jashynuar 1991 hat Helmut Matthies sich mit den Beziehungen der Evangelischen Kirche zum DDRshyStaatssicherheitsdienst befaszligt Heute setzt der Freiburger Historishyker Ulrich Kluge die Diskussion um die Aufarbeitung der kirchenshypolitischen Vergangenheit der DDR fort Kluge ist Professor fuumlr NeuereNeueste Geschichte und fOr Wirtschafts- und Sozialgeshyschichte an der Albert-LudwigsshyUniversitaumlt Freiburg i Br und Gastprofessor an der Technischen Universitaumlt Dresden Seine Ausshyfuumlhrungen basieren auf dem weitshygehend unveroumlffentlichten Mateshyrial aus den Akten des DDRshyStaatssekretariats fOr Kirchenfrashygen und Zeitzeugen-Interviews Kluge bemuumlht sich in erster Linie um Aufbau und politische Methoshydik der DDR-Kirchenpolitik Hiershybei geht es hauptsaumlchlich um Strukturen und Wirkungszusamshymenhaumlnge erst dann um Personen und ihre Verantwortung

Kein Tag vergeht ohne daszlig spektakulaumlre Einzelheiten uumlber das Verhaumlltnis von SED-Staat und

Auftrag 201

Kirchen insbesondere von Staatsshysicherheitsdienst und evangelishyscher Kirche in der Oumlffentlichkeit bekannt werden Wann und weishyche Einzelheiten aus der katholishyschen Kirche die Schlagzeilen zieshyren scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein Die Behauptung die DDR sei im Herbst 1989 einer protestantischen Revolution zum Opfer gefallen will heute nicht mehr so uumlberzeugen wie noch vor einem Jahr Leiser als fruumlshyher klingt der Vorwurf gegenuumlber der katholischen Kirche als schweigende Kirche Daszlig sie jeshydoch in Kontakten mit staatlichen Kirchen- und Sicherheitsbehoumlrden schweigend gewesen sei daran wird inzwischen gezweifelt In den oumlffentlichen Verlautbarungen einshyzelner Jurisdiktionsbezirke schwingt Besorgnis um die Glaubshywuumlrdigkeit der eigenen Verganshygenheit und Integritaumlt von Mitarshybeitern deutlich mit

Der Staat brach in die Kirche ein

Warum ist die wissenschaftlishyche Aufarbeitung des Verhaumlltnisshyses zwischen Staat und Kirche so schwer An der Aufarbeitung des Verhaumlltnisses von SED-Staat und Kirche sind zur Zeit die verschieshydensten Interessenten mit untershyschiedlichsten Motiven beteiligt vor allem Journalisten Hobby-Hishystoriker Mitarbeiter des Beaufshytragten der Bundesregierung fuumlr die Unterlagen des Staatssichershyheitsdienstes Gauck Nur vereinshy

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zelt wagen sich professionelle Hishystoriker an die komplizierte Mateshyrie obwohl der Weg in die Archive der ehemaligen DDR und an einst unerreichbare Aktenbestaumlnde entshyscheidend kuumlrzer geworden ist Aber selbst dem hartgesottenen Berufshistoriker der viel Zeit seishynes Berufslebens zwischen archishyvierten Aktenbergen zugebracht hat wird die Arbeit an den staatlishychen Kirchenakten zu einer Qual Warum Es ist nicht die Fuumllle der zu bewaumlltigenden Papiere es sind auch nicht die zuweilen unzulaumlngshylichen Zustaumlnde in den Archiven Es ist der Blick in ein politisches Beziehungsgeflecht zwischen Staat und Kirchen der selbst boumlse Ahnungen von Hoffnungen ganz zu schweigen verwirft Wie bringt man die uumlberquellenden Informashytionen uumlber Kircheninterna in eishynen Zusammenhang Selbst wo Zweifel am Wahrheitsgehalt der behoumlrdlichen Zuschreibungen zu Lasten einzelner Kirchenvertreter unmittelbar beim Lesen entsteshyhen bleibt ein Rest von Betroffenshyheit und Trauer Ober den Einbruch des Staates in die kirchliche Geshymeinschaft

Die eigentliche Aufgabe des Hishystorikers erschoumlpft sich jedoch nicht in der Sammlung und Aufarshybeitung der selektierten Informashytionen Sie darf sich auch nicht darin erschoumlpfen sonst geriete der Historiker zwangslaumlufig zum nachtraumlglichen Moderator der SED-Kirchenpol itik bestenfalls zum Subunternehmer Gaucks Zushy

gegeben Nie war die Versuchung so groszlig in aktuelle Geschehnisse gestaltend einzugreifen nie war die Gelegenheit so verfaumlnglich sich in der Medienoumlffentlichkeit mit Namen belasteter Kirchenpershysoumlnlichkeiten zu bruumlsten Die Ausbeute eines mehrwoumlchigen Aktenstudiums ist in der Tat beshytraumlchtlich Sie reicht von Namensshylisten aus den Kirchen von der Fuumlhrungsspitze bis zur Basis (Bishyschoumlfe beider Kirchen Praumllaten Ordensmitglieder Weltgeistliche Pastoren Synoden- und Konsistoshyrialmitglieder) uumlber befremdende Details aus der Theologie-Professhysorenschaft Berlins und Erfurts bis zu Vorgaumlngen in der katholishyschen Laienbewegung In allen Faumlllen aber geht es um ausnutzbashyre Schwaumlchen der Kirche ihres Personen- und Institutionsgefuumlshyges weniger um ihre Staumlrken

Der Historiker unserer Tage beshyfindet sich in einem tiefen Dilemshyma das keine Parallele kennt Durch die Beschaumlftigung mit der DDR-Kirchenpolitik insbesondere mit der Kirche im Sozialismus drohen dem Wissenschaftler inneshyre und aumluszligere Freiheit als Grundshyvoraussetzung fuumlr einen diskusshysionsfoumlrdernden Forschungsershyfolg abhanden zu kommen Dafuumlr gibt es mehrere Gruumlnde Ein beshysonderer Grund liegt darin daszlig die traditionelle Grenze zwischen Journalismus und Zeitgeschichtsshyschreibung nicht mehr in aller Einshydeutigkeit besteht Ein anderer Grund liegt in dem Maszligstab mit

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dem der Historiker an die Beurteishylung der kirchenpolitischen Vershygangenheit geht In diesem Punkt verzahnen sich wissenschaftliche Interessen und Tagespolitik beshysonders eng Bundespraumlsident von Weizsaumlcker hat kuumlrzlich erklaumlrt daszlig lIder Umgang mit der DDRshyStaatsmacht immer eine schmale Gratwanderung (bedeushyte) Er warnte in diesem Zusamshymenhang vor dem moralischen Rigorismus bei der Suche nach vermeintlichem oder tatsaumlchshylichem Fehltritt auf diesem Weg

Der Blick in die SED-Staats- und Parteiakten offenbart eine Vielzahl dieser Fehltritte Akten koumlnnen sehr leicht zur Waffe gegen die Kirche im allgemeinen geschmieshydet werden Aber besonders die staatlichen Kirchenakten muumlssen den Charakter behalten den ihnen die staatlichen Kirchenbehoumlrden gaben Erfolg oder Miszligerfolg des atheistischen SED-Regimes zu doshykumentieren Kirche und Glauben aus dem Lebenshorizont der Menshyschen in der DDR systematisch herauszudraumlngen Dazu wird noumltig sein die freiwilligen und ahnungsshylosen Helfer auf kirchlicher Seite ebenso in den Zeugenstand zu bitshyten wie die bewuszligten Taumlter und die unschuldigen Opfer der zerstoumlrerishyschen Kirchenpolitik Keineswegs aber gebOhrt den Christen aus der ehemaligen DDR der Vorzug allein und ohne westdeutsche Beteilishygung an die Aufarbeitung ihrer kirshychenpolitischen Vergangenheit zu gehen Schlieszliglich geht es ungeshy

achtet der kirchenpolitischen Geshyographie darum daszlig Christen in beiden Teilen Deutschlands von der verlorenen Einheit der Kirche betroffen waren Zudem gerieten auch die Christen aus der Bundesshyrepublik Deutschland in das Blickshyfeld und sogar unter den Druck der Uumlberwachungsbehoumlrden Auch als DDR-Besucher blieb man nicht von Schikanen verschont die man sich durch das offene Bekennen des Glaubens zuzog

Konflikte der historischen Forschung

Aes das zusammengenommen macht die gemeinsame Aufarbeishytung an der DDR-Vergangenheit beider Kirchen so schwierig Mehr noch Versuche mit namentlich in den Akten aufgefuumlhrten Persoumlnshylichkeiten Ins klaumlrende Gespraumlch zu kommen gerieten zuweilen mit dem Vorwurf der Schnuumlffelei schnell in die Sackgasse In einem besonders eklatanten Fa wurde durch Androhung eines Riesenshyrechtsstreits versucht Quellenshymaterial von der Veroumlffentlichung auszusparen Unwillkuumlrlich fragt man sich ob der allein um das strukturierende Verstehen bemuumlhshyte Historiker nicht aktuelle oumlkumeshynische Belange tangiert und nicht Kritik an der einen Kirche den inshyterkonfessioneen Frieden mit der anderen Kirche stoumlren koumlnnte Es bleiben zuruumlck Resignation und Betroffenheit Ober die enge Vershyflechtung von Geschichte und Geshy

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genwart sie macht jedes Bemuumlshyhen um klaumlrende Distanz zum Unshytersuchungsgegenstand zunichte Distanz ist noumltig denn sie erlaubt es nicht die DDR-Kirchenakten als nachtraumlgliche Legitimation fOr akshytuelles Unbehagen an der Institushytion Kirche und einzelnen Persoumlnshylichkeiten zu benutzen Uumlberall dort wo sie nicht erreicht wird feishyern Kirchenpolitiker wie Klaus Gysi wie Loumlffler Flint Goumltting Weise Kalb und Dohle spaumlte Sieshyge So bleibt zu hoffen daszlig die kirshychenhistorische Forschung bald aus der Zone der Sensationsbilshydung herauskommt Danach erst beginnt die von serioumlsem Erkenntshynisinteresse getragene Arbeit der Fachleute Und wenn es dann zum Konflikt kommt dOrfte er sich um den Forschungsansatz drehen Beshyreits jetzt zeichnen sich die zentrashylen Fragen ab die gleichermaszligen fuumlr beide Kirchen in der DDR bis 1989 und im DeutSChland der Geshygenwart gOltig sind Wieviel glaushybenszerstoumlrenden Sozial ismus vermochte die SED-Kirchenpolitik in die Kirchen zu bringen Welcher Mittel bedienten sich dabei Staat und Partei Auf welche Erfahrunshygen mit der jeweils anderen Glaushybensgemeinschaft in der DDR und den Kirchen im Ostblock griffen Staat und Partei zuruumlck Wie konnte aus der propagierten Kirshyche im Sozialismus mehr und mehr Sozialismus in der Kirche werden Erst unzweifelhafte Antshyworten auf diese Fragen werden uumlber die Glaubwuumlrdigkeit beider

Kirchen im allgemeinen einzelner Repraumlsentanten im besonderen in der Kirchenoumlffentlichkeit entshyscheiden

In welchem staatlichen Bezieshyhungsgeflecht befand sich die kashytholische Kirche Der Organisashytionsaufbau zur kirchenpolitishyschen Lockung und Lenkung wurshyde systematisch seit 1957 mit der Gruumlndung des Staatssekretariats fuumlr Kirchenfragen entwickelt Mehr und mehr verlagerten sich bis zum Ende der DDR 1989 die kirchenposhylitischen Entscheidungen vom staatlichen Sektor (Ministerrat) in die Zustaumlndigkeit der Partei (Zenshytral komitee und Politbuuml ro) waumlhshyrend das Ministerium fuumlr Staatssishycherheit systematisch in die Rolle einer kirchenpolitischen Exekutive hineinwuchs Hinter den Verbinshydungsstraumlngen und Zahlenkuumlrzeln stehen Namen und Funktionen Abhaumlngigkeiten und Zugestaumlndshynisse taktische Winkelzuumlge und kirchenpolitischer Opportunisshymus Es stehen dahinter aber auch - und das betrifft in erster Linie die Pfarrgemeinden kirchlishyche Hilfsorganisationen und Orshydensgemeinschaften - Angst und Einsamkeit unerschuumltterlicher Glaube und praktizierte Naumlchstenshyliebe

Viele Geistliche und viele glaumlushybige Katholiken kamen mit diesem Apparat direkt oder indirekt merkshylich und unmerklich in Beruumlhrung Nicht in jedem Fall insbesondere in Teilen der katholischen Laienshybewegung die bis zum Dezember

114 Auftrag 201

1990 ihre DDR-Identitaumlt zu wahren beabsichtigten wurde darin die zerstoumlrerische Widerspruumlchlichshykeit einer Kirche im Sozialismus erkannt oder konnte erkannt wershyden Die Analyse der kirchenpolitishyschen Quellen gestattet folgenden Forschungsansatz Langfristig rangen in der SED-Kirchenpolitik Ideologen und Pragmatiker um den bestimmenden Einfluszlig Die Abhaumlngigkeit des Regimes von aushyszligenpolitischer Anerkennung und wirtschaftlicher Unterstuumltzung vershytrug sich nicht mit einem Kirchenshykampf nach nationalsozialistishyschem Muster Die sozial- und wirtshyschaftspolitisch immer schwaumlcher werdende DDR verwies die kirshychen- und religionsfeindlichen Ideologen vorlaumlufig auf die Resershyvebank Taktische Zugestaumlndnisse an die Kirchenfuumlhrung dienten nicht dem echten Ausgleich Spaumlshytestens seit der Geheimkonferenz der Staatlichen Aumlmter fuumlr Kirshychenangelegenheiten in den soziashylistischen Laumlndern in Budapest (2627 Juni 1967) wies das Signal in eine kirchenpolitische Zukunft an deren Ende der kirchenfreie Ostblock stehen sollte Thesenarshytig lassen sich folgende Schwershypunkte der kommunistischen Kirshychenpolitik fOr die kommenden Jahrzehnte herausstellen - Die katholische Kirche befinshy

det sich seit dem 11 Vatikanum in einem Zustand ausnutzbarer WidersprOchlichkeit

- In den RGW-Staaten haumllt ein permanenter Konflikt zwishy

sehen der politischen Stellungshynahme der glaumlubigen Staatsshybuumlrger und den Nichtglaumlubishygen an

- Die Wirkung des staumlndigen fortschrittlichen Einflusses auf die glaumlubigen Seelen wird imshymer groumlszliger

- Der Vatikan geraumlt immer mehr unter den Druck radikalisierter katholischer Massen in den fortschrittlichen linksgerichteshyten Laumlndern

Die neue Taktik hieszlig innerer Kirchenkampf nicht Wandel durch Annaumlherung sondern Zershystoumlrung der Kirche durch sich selbst Die Ideologen der Deutshyschen Bundesrepublik faszligte der Direktor des polnischen Amtes fuumlr Kirchenfragen Alexander Szkarshyzynszki zusammen treten an die Stelle derjenigen franzoumlsischen Ideologen die das Episkopat des Radikalismus angeklagt hat Im Dialog treten diese westdeutshyschen Ideologen als Quelle der Freiheit auf

Vrich Kluge (aus Deutsche Tagespost v29292)

Kannst du kein Stern am Himmel sein

sei eine Lampe im Haus

(Arabisches Sprichwort)

115 Auftrag 201

Beitrag der Konfeshyrenz der OIC zur Synode der europaumlishyschen Bischoumlfe in Flo~l)eze~ber 1991 Der Beitrag der OlC zum Auftrag der Kirche in Europa

Die Organisation International Catholic - OIC - sind Vereinishygungen von Glaumlubigen die vom Heiligen Stuhl anerkannt und unshyterstuumltzt werden Sinn und Zweck dieser Vereinigungen ist es auf alshylen Gebieten des weltlichen Leshybens auf denen sie taumltig sind soshywohl auf oumlrtlicher als auch auf inshyternationaler Ebene gemeinsam Zeugnis von der Botschaft des Evangeliums abzulegen

Die meisten OIC haben regioshynale mehr oder weniger formelle Strukturen die es ihnen erlauben spezielle europaumlische Projekte im Geiste ihres Gruumlnders und im Rahshymen internationaler Programme zu verwirklichen

Seit Ende des 2 Weltkrieges konnten sich die OIC in den westeuropaumlischen Laumlndern frei entfalten und ihre Ziele erreichen In den osteuropaumlischen Laumlndern war dies nicht der Fall Wie die Voumllker wie die Kirche hatten sie unter Trennung und Zwang zu leishyden

Im Westen

Die OIC haben in juristischer Hinsicht einen doppelten Status zum einen den kirchlichen Status einer Vereinigung von Glaumlubigen innerhalb der Kirche und zum anmiddot deren den zivilrechtlichen Status einer internationalen legal gebilshydeten Vereinigung Auf dieser Grundlage bringen die OIC geshymeinsame christliche Wertvorstelshylungen in die Gesellschaft ein und zwar auf allen Ebenen und in allen Aufgabenbereichen Erziehung und Jugendarbeit gesellschaftlishyche Kommunikation soziale und humanitaumlre Aufgaben Gesundshyheitswesen Berufswelt Sozialshyund Wirtschaftswissenschaften Kultur Friedenssicherung

Die OIC haben fast alle eine beratende Funktion im Europarat sind in den verschiedenen Arbeitsshygruppen nicht-staatlicher Organishysationen vertreten und werden bei Bedarf zu Konsultationen heranshygezogen

Mehrere OIC unterhalten Vershybindungen zur Kommission der Europaumlischen Gemeinschaft Sie sind direkt an bestimmten Projekshyten der EG beteiligt wie zum Beishyspiel Kampf gegen die Armut Proshyjekte in Entwicklungslaumlndern Beshyrufsausbildung wirtschaftliche und soziale Studien

Bei diesen zwischenstaatlichen europaumlischen Organisationen wie auch bei den Organisationen der Vereinten Nationen in Paris Wien Genf Rom und New York koumlnnen

116

die OIC Wertvorstellungen des Evangeliums die die Grundlage ihshyrer Arbeit sind einbringen Da sie am weltlichen Leben teilnehmen sozusagen vor Ort sind wissen sie uumlber Beduumlrfnisse und Wuumlnsche an der Basis Bescheid und koumlnshynen sie weitergeben

Auf der anderen Seite unterrichshyten die Vertreter der OIC bei zwishyschenstaatlichen und n icht-staatshylichen Organisationen die Mitglieshyder der OIC uumlber die Taumltigkeit dieser Organisationen und staumlrken somit das Bewuszligtsein fuumlr die Notshywendigkeit einer Solidaritaumlt zwishyschen den europaumlischen Laumlndern und zwischen Europa und der uumlbrishygen Welt

Das fOhrt zu diversen Initiativen die je nach Art der OIC untermiddot schiedliche Gebiete betreffen Hier seien nur einige Themen von allgemeinem Interesse erwaumlhnt Hunger Emigranten Kampf gegen die Armut Umwelt Bevoumllkerungsmiddot probleme Arbeitslosigkeit Uumlberleshygungen zu Wissenschaft und Ethik Erziehungs- und Bildungsshywesen Drogenproblem NordmiddotSuumldmiddot Gefaumllle und natuumlrlich OstmiddotWest-Bemiddot ziehungen

Im Osten

Eine freie Gemeinschaft im Osten gab es in der Vergangenheit nicht schon gar nicht eine freie katholische Gemeinschaft Die namiddot tionalen Zweige der OIC wurden abgeschafft

Die Bischoumlfe im Osten haben uns gesagt wie die Katholiken

Auftrag 201

trotz aller Leiden Zerstoumlrungen und Massaker diese Finsternis uumlberstanden haben Ihr Glaube hat dazu beigetragen daszlig die Hoffmiddot nung nicht ganz aufgegeben wurshyde und die Barmherzigkeit in Jeshysus Christus weiterlebte Wir wisshysen jetzt daszlig einige OIC im Untergrund weiterwirkten wenn auch unter sehr schweren Bedinshygungen

Obwohl in ihrer Substanz sehr geschwaumlcht haben die OIC vermiddot sucht und machmal sogar mit Ershyfolg gewisse Kontakte zu halten Korrespondenzen weiter zu fuumlhren Informationen ja sogar Arbeitsshyprogramme zu uumlbermitteln

Solche Demarchen die sehr vormiddot sichtig eingeleitet werden muszligten waren immer schwierig in manmiddot ehen Laumlndern voumlllig unmoumlglich Dazu kommt daszlig vier Jahrzehnte lang sind und die Partner von 1950 oft nicht mehr lebten Trotzdem hat man sich jetzt in bruumlderlicher Verbundenheit und voller Hoffshynung wieder gefunden Obwohl das OIC-Netz im Osten voumlllig neu aufgebaut werden muszlig sind erste Faumlden fOr einen Austausch geshysponnen und konkrete Projekte eingeleitet worden

Die Situation heute und ein Ausshyblick in die Zukunft

Eine der ersten Maszlignahmen die - zumindest in den meisten Laumlndern - seit letztem Jahr moumlgshylich sind ist die Organisation pershysoumlnlicher Begegnungen

117 Auftrag 201

- Einladungen zu Konferenzen und Seminaren die in westeushyropaumlischen Laumlndern abgehalshyten werden

- persoumlnliche Besuche im Osten und umgekehrt

- Freizeiten und Treffen von Jushygendlichen

Austauschprojekte erfordern wenn sie erfolgreich sein wollen mehr Vorbereitung Die OIG muumlsshysen sicherlich auch technisches Know-how weitergeben sie muumlsshysen aber vor allem gemeinsam Uumlberlegungen uumlber ihr Engageshyment in der Kirche anstellen

Schon jetzt sind einige Projekte angelaufen Austausch von Lehshyrern Begegnungen von Firmenshychefs usw

Im Rahmen der Drogenbekaumlmpshyfung sind Lehrgaumlnge fuumlr katholishysche Aumlrzte und medizinisches Pershysonal sowie fuumlr Erzieher geplant die obdachlose Jugendliche beshytreuen

Schlieszliglich haben die meisten OIG Vertretungen in den Laumlnshydern die ihre Freiheit wiedergeshywonnen haben eingerichtet bzw_ wieder eingerichtet Der Wiedershyaufbau nationaler Vereinigungen braucht dagegen Zeit Sie muumlssen dem tatsaumlchlichen Evangelisieshyrungsbedarf sowie der Entwickshylung im nationalen Bereich entshysprechen Die internationale Vershyeinigung muszlig aber auch Mittel und Wege finden die neuen Zweige zu unterstuumltzen damit sich ihre Taumltigkeit in die pastoralen Zielvorshystellungen die auf dieser Synode

festgelegt werden nahtlos einshyfuumlgt

JOrgen Bringmann

Erklaumlrung von Rom zum Internationashylenjahr der Familie 1994

Die 29 Generalversammlung der OIG-Konferenz - beschlieszligt den Auftrag der Arshy

beitsgruppe Familie zu erneushyern und zu staumlrken indem sie dieser Arbeitsgruppe Vorrang einraumlumt und sie mit den Mitshyteln ausstattet die sie braucht um den kollektiven und spezieshylen Beitrag der Internationalen Katholischen Organisationen zur Vorbereitung und Durchshyfuumlhrung des Internationalen Jahres der Familie 1994 durch geistige Orientierung und aktishyve Unterstuumltzung zu vervollmiddot staumlndigen ersucht alle OIG ihren spezielshylen Beitrag zum Internationashylen Jahr der Familie im Rahshymen ihrer Mitgliedschaft festmiddot zulegen und der Arbeitsgruppe die Ergebnisse mitzuteilen ersucht alle OIG im Rahmen der Glaubensverkuumlndigung den Belangen und Moumlglichkeishyten der Familien besondere Aufmerksamkeit zu schenken und Aktivitaumlten fOr das Internashy

118 Auftrag 201

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tionale Jahr der Familie anzushyregen unterstuumltzt nachdruumlcklich die Arbeit der zwei bestehenden Unterarbeitsgruppen in Wien und Paris sowie die Bildung weiterer Unterarbeitsgruppen in New York Genf und Straszligshyburg fordert die OIC-Generalsekreshytaumlre auf die Koordinierung und Praumlsenz ihrer Vertretungen bei den UN der UNESCO und dem Europarat im Hinblick auf die Vorbereitungen fuumlr das Intershynationale Jahr der Familie in diesen internationalen Greshymien zu verstaumlrken fordert die Arbeitsgruppe auf ihre Zusammenarbeit mit andeshyren nichtstaatlichen Organisashytionen und den jeweiligen Famiddot milienausschOssen nichtstaatmiddot ficher Organisationen weiter zu intensivieren und den Inforshymationsaustausch und die Zushysammenarbeit mit dem Paumlpstshy

~ 1492[A1992

lichen Rat fuumlr die Familie der federfuumlhrenden Stelle des Heishyligen Stuhls tur die Vorbereishytung des Internationalen Jahshyres der Familie weiterzuentshywickeln

- unterstotzt die Erarbeitung und Veroumlffentlichung einer OICshyBroschuumlre uumlber die Familie fOr das Internationale Jahr der Famiddot milie mit dem Ziel die Aufshymerksamkeit verstaumlrkt auf die Probleme und Staumlrken der Fashymilie zu lenken und die immashyteriellen Werte zu foumlrdern durch die Familien im Rahmen der Programme und Aktivitaumlten fOr das Internationale Jahr der Familie unterstuumltzt werden

- fordert die Moumlglichkeit zu pruumlshyfen die Familie und die Ziele des Internationalen Jahres der Familie 1994 in Thematik und Programm der naumlchsten Geneshyralversammlung 1993 aufzushynehmen

JOrgen Bringmann

I ll

Ich bin betroffen von Ungerechtigkeit und Tod damals aber ich bin floch mehr betroJJim von Ungerechtigkeit und Tod heute - weil ich heute etwas

GulClTIZdagegen tun kann

Auftrag 201 119

GESELLSCHAFT NAH UND FERN

Diese Truumlmmer haben Zukunft

Im Jahr 1992 erinnern wir uns an die Kolumbusfahrt in die Neue Welt Dabei wird auch von der Rolshyle der Kirche und ihrer Missionare die Rede sein Licht und Schatten kennzeichneten ihren Weg durch die Geschichte dieses Erdteils Zu den hellen Seiten gehoumlrt zweifelshylos die Arbeit der Jesuiten in den Indianerreduktionen Ihre Ruinen stehen in Paraguay Argentinien Bolivien und Suumldbrasilien Eine dieser alten Missionssiedlungen liegt am Rio Parana wo alte Geshybaumlude aus der Jesuitenzeit noch immer benutzt werden

Rein statistisch gesehen sind die Indios am Ufer des Rio Parana eine unbedeutende Groumlszlige Was ist schon eine Huumltte von knapp 1 Meshyter 80 Houmlhe gegen die 70 Meter hohe Zentrale des in der Naumlhe entshystehenden Staudammes von Yacyshyreta Doch fast nichts Was ist schon die Umsiedlung von 14 Inshydiofamilien aus dem Volk der Mbya gegen den neuen Staushydamm der Zehntausenden Arbeit und Hunderttausenden Strom brinshygen will Doch fast nichts Und deshalb sind die Indios am Ufer des Rio Parana rein statistisch geshysehen so unbedeutend daszlig man bereit ist sie ohne Gewissensbisshyse auszuloumlschen

Und genau deshalb kuumlmmert sich Padre Franz Xaver Mader zushysammen mit den SChwestern seishynes P1arrteams um die Interessen dieser Menschen Ihm wuchs dashymit eine Aufgabe zu die seine Pfarrei bereits vor gut 200 Jahren beSChaumlftigte der Einsatz fuumlr die Ureinwohner dieses Landes deshynen der Wildwuchs des Fortshyschritts die Lebensgrundlagen zershystoumlrt Es geht uns dabei nicht darshyum sagt er diese Leute moumlgshylichst schnell zu taufen Sie wollen sich ihre angestammte Lebensshyform und ihre Braumluche bewahren ihre Mythen und ihr Weltbild Doch das ist schwer denn der Stausee uumlberschwemmt die Inseln wo sie bisher lebten

Ein bluumlhendes Gemeinwesen

Seit Weihnachten 1987 arbeitet der aus St Engelmar im Bayerishyschen Wald stammende Priester der Dioumlzese Regensburg in Parashyguay in dem 2500 Einwohner zaumlhshylenden Pfarrort St Cosme und Dashymian Den Namen bekam die Pfarshyrei im Jahre 1760 als sich einige Jesuiten zusammen mit weit Ober tausend Eingeborenen dort seszligshyhaft machten In uumlber dreiszligig Reshyduktionen so nannte man diese Doumlrfer betreuten sie damals rund 200000 Indios Sie wollten die Urshyeinwohner vor den Sklavenjaumlgern und Ausbeutern schuumltzen ihnen

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gOnstige Lebensbedingungen vershyschaffen sowie sie zu selbstbeshywuszligten und uumlberzeugten Christen erziehen Zwischen 1761 und 1768 stieg die Zahl der in San Cosme leshybenden Indios von 1593 auf 3346 Doch 1767 wurden die 2600 taumltigen Jesuiten vertrieben Wie sehr San Cosme bluumlhte zeigt die Abschluszligshyinventur 25044 Rinder 2945 Wildshypferde 638 Reitpferde 1792 Ochshysen 8050 Schafe Mit dem Zwangsauszug der Missionare beshygann der unaufhaltsame Niedershygang auch dieser Reduktion

Wiederbelebung San Cosme ist einzigartig denn

sie ist die einzige Jesuitensiedshylung in ganz Paraguay von der einshyzelne Gebaumlude bis in unsere Tage noch genutzt werden Und weitere Gebaumlude die heute Ruinen sind versucht P Mader wieder aufzushybauen Da war doch einmal Leben in den Mauern sagt er sich also muumlszligte da auch wieder Leben hinshyeinzubringen sein Die pastoralen und baulichen Wiederbelebungsshyversuche laufen inzwischen auf Hochtouren Die Gebaumlude sollen wieder ein geistliches Zentrum beshyherbergen in dem die Noumlte der Zeit genauso effektiv angepackt werden wie vor 200 Jahren Und der Anfang ist schon gemacht Jeshyden Freitag nach der Abendmesse treffen sich beispielsweise einige Frauen um eine Unterschriftenakshytion gegen das vor kurzem im Dorf eroumlffnete Bordell fOr die Staushydammarbeiter zu besprechen

Auftrag 201

Einige Politiker verdienen sich damit eine goldene Nase erlaumlushytert P Mader die Situation Doch die Christen von San Cosme sind nicht bereit sich das von denen da oben widerstandslos gefallen zu lassen

Ein anderes Problem steckt tief in den Herzen der Menschen selbst der Aberglaube Wir haben hier im Dorf drei Zauberer weiB P Mader die regelmaumlszligig dienstags und freitags ihre Zaubertage hashyben Dieser Kult sitzt ganz tief in den Menschen

Nicht nur deshalb steht die Vershytiefung des Glaubens im Zentrum der Arbeit von Xaver Mader Er will in den restaurierten Gebaumluden Kashytecheten heranbilden die die Kinshyder nicht nur auf die Erstkommushynion vorbereiten Wir brauchen Geshymeindeleiter die sonntags WortshygotteSdienste halten und das Geshymeindebewuszligtsein foumlrdern

Ein Haus voller Leben Beim Rundgang durch das alte

Jesuitenkolleg treffen wir Schweshyster Benilde Sie spricht 224 Jahre nach dem Auszug der ersten Misshysionare mit einigen Jugendlichen uumlber die Kirche als Leib Christi der durch seine Glieder Heil und Erloumlsung in die Welt bringen will Glaube ist eben nicht Brauchtumsshypflege sondern Anleitung zum Handeln Ihre Mitschwester Julia versuchte vormittags 23 Kindern die Gestalt Jesu nahezubringen der ein Freund der Armen und Schwachen war

121 Auftrag 201

Waumlhrenddessen singen auf dem Vorplatz 40 Kinder ein Lied uumlber Abraham den Vater des Glaubens Die alten Jesuiten sie empfaumlnden gewiszlig groszlige Freude koumlnnten sie das alles miterleben Hatten doch paraguayische Experten das endshygUumlltige Aus fuumlr die alten Gemaumluer bereits beschlossen Und zwar mit dem Argument daszlig etwas das schon lange eine Ruine gewesen sei nicht restauriert werden duumlrfe ohne die Geschichte zu verfaumllshyschen

Doch da waren Pfarrer und Arshychitekt entschieden anderer Meishynung Eine lebendige Kirche keishyne toten Ruinen schrieben sie groszlig auf ein Transparent auf der Frontseite der Kirche San Cosme soll leben diese Truumlmmer haben Zukunft

P Roger Gerhardy OSA

Adveniat unterstuumltzt die Arbeit von P Xaver Mader in Paraguay Falls Sie ebenso einen Beitrag dazu leisten wollen spenden Sie bitte an folgende Kontonummer Bishyschoumlfliche Aktion ADVENIAT Sparkasse Essen (BLZ 36050105) Kto-Nr213900

(aus Licht Nr 192)

Christen in Staaten unter islamischer Vorherrschaft Hochachtung fuumlr die Muslime

bezeigt das Zweite Vatikanische Konzil in seiner Erklaumlrung uumlber das Verhaumlltnis der Kirche zu den nichtshychristlichen Kirchen vom 28 Oktoshyber 1965 In Nr 3 Die Religion des Islam heiszligt es im Kontext dazu woumlrtlich Mit Hochachtung beshytrachtet die Kirche auch die Mosshylems die den alleinigen Gott anbeshyten den lebendigen und in sich seienden den barmherzigen und allmaumlchtigen den Schoumlpfer des Himmels und der Erde der zu den Menschen gesprochen hat Sie muumlhen sich selbst seinen verborshygenen Ratschluumlssen sich mit ganshyzer Seele zu unterwerfen so wie Abraham sich Gott unterworfen hat auf den der islamische Glaube sich so gern beruft Jesus den sie allerdings nicht als Gott anerkenmiddot nen verehren sie doch als Propheshyten denn sie ehren seine jungfraumlushyliche Mutter Maria die sie bisweishylen auch in Froumlmmigkeit anrufen uumlberdies erwarten sie den Tag des Gerichtes an dem Gott alle Menshyschen auferweckt und ihr Vergelmiddot ter ist

Daher haben sie eine hohe Achshytung vor dem sittlichen Leben und verehren Gott besonders durch Gebet Almosen und Fasten Da Jeshydoch im Laufe der Jahrhunderte

122 Auftrag 201

nicht wenige Zwistigkeiten und Feindschaften zwischen Christen und Moslems entstanden sind ershymahnt die heilige Synode alle daszlig sie das Vergangene beiseite lasshysen sich aufrichtig um gegenseitishyges Verstehen bemuumlhen und geshymeinschaftlich die soziale Geshyrechtigkeit die sittlichen Guumlter soshywie Frieden und Freiheit fuumlr alle Menschen schuumltzen und foumlrdern

Das Vergangene beiseite zu lassen ist leider bis heute nicht gelungen Im Gegenteil Neue Spannungen sind aufgetreten hashyben Schwierigkeiten im Gefolge die das Zusammenleben mit Musshylimen immer kritischer werden Jasshysen

Spaumltestens mit der schiitischen Revolution 1979 im Iran die Schah Reza Pahlewi seines Throshynes beraubte und Ayatollah Khoshymeini aus dem franzoumlsischen Exil an die Spitze eines theokratischen Staates fuumlhrte dOrfte den Abendshylaumlndern wieder beWUszligt geworden sein welche Massen mobilisierenshyde Macht in Religion im allgemeishynen und im Islam im besonderen liegt

Die Dialogbereitschaft des Vatishykans hat auf seiten der Mohammeshydaner nie ein entsprechendes Echo gefunden Sofern sich Konshytakte ergeben hatten waren diese meist schwach und Belastungen keineswegs gewachsen

Die islamische Renaissance und der Einfluszlig des Ayatollah Khoshymein machten dann die Kontakte noch schwieriger erschwerten

aber auch den wenigen dialogwillishygen Muslimen sich mit den Kathoshyliken einzulassen

Bei seinen Pastoralreisen nach Afrika hat Papst Johannes Pauill stets die Begegnung auch mit muslimischen Fuumlhrern gesucht Doch der Erfolg dieser Begegnunshygen war kaum nennenswert In dieshysem Zusammenhang berichtete Erich B Kusch Zwar untershystreicht der Papst immer wieder die echten religioumlsen Werte des Islam der Respekt und Anerkenshynung von seiten der Christen vershydient muszlig aber gleichzeitig zugeshyben daszlig der Dialog in diesem Aushygenblick nicht einfach sei und nicht von allen gewuumlnscht werde Es sei Oberhaupt schwierig so der Papst Gespraumlchspartner und eine gemeinsame Sprache zu finden Und mancherorts wuumlrden Rechtsshygleichheit und Kulturfreiheit vershyweigert 1)

Nichtsdestotrotz sagte Johanshynes Paul 11 Anfang Januar 1992 bei seiner Ansprache vor Diplomashyten raumlume die katholische Kirche dem Dialog mit dem Islam Vorrang ein Aber es besteht im Vatikan kein Zweifel daran daszlig die Probleshyme des Dialogs mit dem Islam insshybesondere auch durch den Golfshykrieg bedingt heute groumlszliger sind als je zuvor

1) Erich B Kusch Gewandeltes Verhaumlltmiddot nis - die katholische Kirche und der Isshylam - in Die Neue Ordnung Nr 5 1990 Kusch ist Zeitungs- und Rundfunkshykorrespondent in Rom

123 Auftrag 201

Der Islam ist eine militante und agshygressive Religion

ist kaumlmpferisch ausgelegt Wo die Muslime die Macht besitzen und die Sharia herrscht sind alle Nichtmuslime Unglaumlubige sind Christen Buumlrger 2 Klasse

Hier aber schreibt Hubertus Janas liegt der Hauptproblemshypunkt im Verhaumlltnis zwischen Chrishysten und islamischem Staat Gilt die Sharia so sind nur Muslime volle Rechtspersonen Christen und Juden erhalten den Status von Schutzbefohlenen (dhimmi) weil sie aus der Religion Abrahams hershyvorgegangen und somit Leute des Buches sind alle anderen Menshyschen kommen gar nicht vor Fuumlr Christen also bedeutet Leben unshyter der Sharia zuerst unter einem fremden religioumlsen Gesetz leben zu muumlssen weil dieses zugleich auch Gesetz des Staates geworshyden ist der auch der ihre ist Die Sharia schlieszligt sie dann natuumlrlich ~uch vom Zugang zu oumlffentlichen Amtern sowie von politischen Entshyscheidungsprozessen aus und entshyzieht ihnen weitgehend den Schutz des Gesetzes schraumlnkt die Ausshyuumlbung des Kultes und der Religion bis zur voumllligen Aufhebung ein hebt auch die Freiheit der Berufsshywahl fuumlr Christen auf bestimmt das Verhaumlltnis innerhalb der Ehe unterstuumltzt jede Art missionashyrischer Taumltigkeit von Muslimen waumlhrend sie sie fuumlr andere gerade~ zu apriori ausschlieszligt und erlegt dem dhimmi zu allem noch schweshy

re Lasten auf Auf diese Weise werden Christen in konsequent isshylamischen Staaten zu sozial polishytisch und auch wirtschaftlich marshyginalisierten Buumlrgern zweiter Klasshyse zu bestenfalls geduldeten Randexistenzen die dann im schlimmsten Fall auch massashykriert vergewaltigt oder in die Sklaverei verkauft werden 2)

Die Christen im Iran

waren und sind immer noch eine verschwindende Minderheit Seit der Machtergreifung Khomeinis hat ihre Zahl staumlndig abgenomshymen Unter der Herrschaft Schah Reza Pahlewis lebten annaumlhernd 300000 Christen im Iran heute sind es weit weniger als 200000

1988 veroumlffentlichte Otmar Oehshyring in Mission aktuell nachsteshyhende Angaben Die groumlszligte Grupshype der Christen ist die der etwa 120000 orthodoxen Armenier Dann folgen 30000 Nestorianer 5000 Protestanten und 4000 Anglishykaner Die Zahl der Katholiken ist seit dem Sturz des Schahregimes von 40000 auf 18000 zuruumlckgeganshygen 12000 Chaldaumler 3000 katholishysche Armenier und rund 300 roumlshymisch-katholische Christen 3)

Alles in alem sind die Christen des Iran eine Minderheit von vielshyleicht noch 05 der Gesamtbeshyvoumllkerung Die herrschenden Mulshy

2) Hubertus Janas Die Situation der Chrishysten in islamischeen Staaten in Der Dom Nr 18 vom 5591 paderborn

3) MISSIO aktuell 388 Aachen

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lahs forcieren die Islamisierung des Landes mit dem Ziel die nichtshymuslimischen Religionsgemeinshyschaften aus dem oumlffentlichen Leshyben zu verdraumlngen sie setzen alles daran die Christen kulturell zu isoshylieren

Soweit roumlmisch-katholische Geistliche im Iran arbeiten sind dies durchweg Auslaumlnder die vorshynehmlich die zumeist aus Auslaumlnshydern zusammengesetzten Angehoumlshyrigen ihrer Kirche betreuen Vielshyfach betreuen diese Priester aber auch chaldaumlische Christen da die chaldaumlische Kirche uumlber keinen eishygenen Priesternachwuchs mehr verfUgen kann

Die Arbeit der roumlmisch-katholishyschen Geistlichen kann nur aufgeshynommen werden wenn diese eine Aufenthalts- und Arbeitsgenehmishygung besitzen die sie alle sechs Monate erneuern lassen muumlssen Die Aufenthalts- und Arbeitsgeshynehmigung wird nur erteilt wenn die Antragsteller die schikanoumlse Befragungsprozedur des Ershad Islami der staatlichen Behoumlrde fuumlr islamische Orientierung uumlberstehen

Der Islamisierung sind auch die christlichen Kinder in ihren Schushylen unterworfen Die Lehr- und Lernmittel werden zensiert und sind islamisch durchwoben Die im Religionsunterricht zu verwenshydenden BOcher schrecken vor eishyner Diffamierung des Christenshytums nicht zuruumlck Sofern man Oberhaupt noch christliche Schushylen unterhaumllt fungieren Muslime

Auftrag 201

mit als Leiter In den oumlffentlichen Schulen muumlssen Kinder am islamishyschen Religionsunterricht teilnehshymen In der Welt der Arbeit tun sich Christen immer schwerer Kaum daszlig sie noch in Fabriken oder Buumlros Beschaumlftigung finden gibt es auch im Handel immer weshyniger Verdienstmoumlglichkeiten Von Aumlmtern im Staatsdienst werden Christen generell ferngehalten Christliche Mission findet nicht mehr statt Wer zum Christentum uumlbertreten will wird strafrechtlich verfolgt hat gegebenenfalls sogar die Todesstrafe zu fuumlrchten Wer dagegen zum Islam konvertiert wird belohnt

Im Iran herrscht das klassische islamische Rechtssystem das die Gesellschaft in zwei Klassen teilt Vollbuumlrger sind nur Muslime Nichtmuslime werden mehr oder weniger nur geduldet Das aber haumlngt zumeist vom Willen derer ab die die politischen Verhaumlltnisshyse bestimmen und die staatlichen Institutionen beherrschen Im Iran herrschen die Mullahs fuumlr sie sind die Christen Unglaumlubige die aus dem oumlffentlichen Leben verdraumlngt werden muumlssen Verfolgungen sind dabei nicht auszuschlieszligen

Die Christen in der Tuumlrkei

bilden - wie im Iran - eine vershyschwindend kleine Minderheit Geshygenwaumlrtig leben 100000 Christen unter insgesamt 50 Millionen Musshylimen

Auftrag 201 125

Die aggressive Renaissance des Islam hat auch in der TOrkei Veraumlnshyderungen in Staat und Gesellshyschaft zum Nachteil der Christen bewirkt

Offiziell schreibt Ludwig Hashygemann bekennt sich ja der Staat zum Laizismus und will kein islamischer Staat sein Zwar geIshyten nach der tuumlrkischen Verfasshysung islamischer und christlicher Glaube als gleichberechtigt doch die Wirklichkeit sieht anders aus Durch Eintrag in ihren Personalshyausweis werden Christen als Nicht-Muslime registriert Christ sein und Tuumlrke sein schlieszligen sich folglich aus Dashydurch sind sie doppelt mindershywertig als Nicht-Muslime und als Nicht-Tuumlrken Angesichts der Rechtspraxis ist die Durchsetzung ihrer verfassungsmaumlszligigen Rechte erheblich verschlechtert ja aufshygrund des nationalistischen Fanashytismus oft grundsaumltzlich ershyschwert bis unmoumlglich Es besteht ihnen gegenuumlber weder gesellshyschaftlich noch in der Verwalshytungspraxis Akzeptanz Als Anshyschlag auf den islamischen Glaushyben wird die Arbeit der Kirchen geshybrandmarkt und als versteckter Versuch deklariert die Tuumlrkei zu einem christlichen Land zu machen

Strafverfolgung wegen angebshylich antituumlrkischer Propaganda sind nicht selten Zu Beginn des Jahres 1989 warnten uumlber Wochen hinweg Zeitungen mit Massenaufshylage in ihren Schlagzeilen vor den

angeblichen Zielen christlicher Kirchen Solche Propagandafeldshyzuumlge vergiften natuumlrlich die Atmoshysphaumlre zwischen Christen und Muslimen und es mehren sich die Nachrichten uumlber Angriffe und Uumlberfaumllle auf Christen zumal in laumlndlichen Gebieten besonders im Suumldosten der Tuumlrkei wo der Isshylam noch staumlrker verwurzelt ist als in den Groszligstaumldten zwar bieten die Anonymitaumlt der Groszligstaumldte und die starke Praumlsenz der Polizei den nichtmuslimischen Minderheishyten dort einen gewissen persoumlnlishychen Schutz in der Provinz hingeshygen sind sie den Schikanen des wiedererstarkenden Islamismus ausgesetzt der zunehmend Einshyfluszlig auf die Politik gewinnt Obshywohl die Tuumlrkei ihrer Verfassung nach ein laizistischer Staat mit strikter Trennung von Religion und Politik ist - sie steht damit im Geshygensatz zum islamischen Erbe - wird in Ruumlckbesinnung auf dieses Erbe die Einheit der Religion heute mehr und mehr als Garant fuumlr den inneren Zusammenhalt des Staashytes betrachtet 4)

Wie schwierig sich das Zusamshymenleben zwischen Christen und Muslimen im Suumldosten der TOrkei gestaltet hat Dr Otmar Oehring MISSIO-Projektreferent fuumlr die Kirshyche im Orient und muslim ische

4 Ludwig Hagemann Zum Aufbruch des Islam - eine Stellungnahme christlimiddot cherseits Hintergruumlnde Bedenken und Anfragen - Aussichten in Der Ismiddot lam in Bewegung Paulusverlag Freishyburg Schweiz 1991

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Laumlnder in einem Interview veroumlfshyfentlicht in MISSION aktuell 190 anschaulich dargestellt Die musshylimischen Staatsangehoumlrigen in dieser Region versuchen schon seit langem die Christen zum Weggang zu bewegen ja sie sogar durch Mord auszurotten Es ist beishyspielsweise vorgekommen - wie wir gerade auf dieser Reise wieder gehoumlrt haben - daszlig bereits Mitte

der sechziger Jahre in vielen Doumlrshyfern von der kurdisch-muslimshysehen Bevoumllkerung die Weinstoumlkshyke christlicher Familien abgeshyschnitten wurden Getreidefelder wurden kurz vor der Ernte angeshyzuumlndet Tiere auf der Weide vergifshytet Kinder vor allem Maumldchen wurden vergewaltigt 5) Wie beshynachteiligt die Christen in der TUumlfshykei ganz allgemein sind erklaumlrt Otshymar Oehring wie folgt Christen haben zum Beispiel nicht die Moumlgshylichkeit alle Berufe zu ergreifen die ihre muslimischen Mitbuumlrger ausuumlben koumlnnen Sie sind fast gaumlnzlich ausgeschlossen vom Staatsdienst Sie koumlnnn keine Lehshyrer und in der Regel auch nicht Rechtsanwaumllte werden

Kinder von Christen muumlssen am islamischen Rel igionsunterricht teilnehmen und werden dort nicht selten wegen ihres Glaubens vershyhoumlhnt Sie werden als unreine Unshyglaumlubige bezeichnet mit denen man keinen Umgang pflegen sollshyte Die Christen werden vielerorts regelrecht wie Aussaumltzige behanshydelt u6)

Der religioumlse Pfichtunterrricht

Auftrag 201

auch fuumlr christliche Kinder 1982 in die tuumlrkische Verfassung aufgeshynommen verstieszlig gegen die Richtshylinien in Absatz 167 des abschlieshyszligenden KSZE Dokuments vom 1511989 wonach die Freiheit der Eltern zu achten ist die religioumlse und sittliche Erziehung ihrer Kinshyder in Uumlbereinstimmung mit ihren eigenen Uumlberzeugungen sicherzushystellen Da die Tuumlrkei dieses Doshykument mitunterzeichnet hat soshywie aufgrund etlicher auslaumlndishyscher Proteste gedraumlngt wurden die christlichen Kinder vom islashymischen Religionsunterricht 1990 wieder befreit Im Sommer desselshyben Jahres wurde der Pflichtuntershyricht naumlmlich abgeschafft (L Hashygemann)

Festzuhalten ist Vor mehr als dreiszligig Jahren begann in der Tuumlrshykei der Exodus der Christen Anshyfaumlnglich kamen sie als Gastarbeishyter spaumlter zumeist als Asylanten Nirgends ist ihre Zahl so verringert worden wie hier

Die Welt des Islam erstreckt sich einmal in einem

breiten Guumlrtel der von Marokko

5) MISSIO aktuell 1190 Aachen Dr Otmar Oehring hat 1989 eine Informations-Reishysegruppe besetzt aus Politik und Kirshychein die TOrkei geleitet

6) Ebd 7) Vgl Anm 4 8) Arbeitshilfe Nr 63 vom 30489 Sekretashy

riat der Deutschen Bischofskonferenz Bonn

9) Aus Gemeinsamer Hirtenbrief der kashytholischen Bischoumlfe des Sudan vom 27 Juni 1984 in Stimme der Weltkirche Nr_ 22 Bonn 1984

127 Auftrag2Q1

am Atlantischen bis nach Pakishystan am Indischen Ozean reicht zum anderen erstreckt sie sich uumlber weite Teile Asiens und Suumldshyostasiens Auch die zentralasiatishyschen Republiken der ehemaligen UdSSR gehoumlren heute zu den Kernshygebieten des Islam Die Muslime die heute in Europa leben sind zushymeist Gastarbeiter oder Asylanshyten

Die Zahl der Muslime betraumlgt insgesamt rund 1 Miliarde davon Sunniten 700 bis 800 Millionen Schiiten uumlber 100 Millionen Der Isshylam ist eine der groszligen Weltrelishygionen die ihren Glauben dynashymisch wenn es nicht anders geht auch militant verbreitet In den Laumlndern in denen der Islam Staatsreligion ist und die Institushytionen beherrscht sieht er keine Veranlassung sich mit den christshylichen Kirchen zu arrangieren Eine ruumlhmliche Ausnahme bildet allerdings Gambia das kleine Land an der Westkuumlste Afrikas Von den 800000 Einwohnern Gamshybias bekennen sich 90 zum Isshylam 25 umfaszligt die katholische Kirche Nirgendwo auf der Welt ist das Verhaumlltnis zwischen Christen und Muslimen so spannungsfrei Gambia schreibt Toni Goumlrtz in MISSIO aktuell ist nicht ergriffen von dem Sog der rund 20 islamishysche gepraumlgten Staaten in Afrika die sich die Ausrottung des Chrishystentums auf ihre Fahnen geshyschrieben haben Im Gegenteil Ohne die katholische Kirche gaumlbe es heute kaum ein Schulsystem in

Gambia Und die Schuumllerinnen und SchOler in den katholischen Lehrshyanstalten sind fast alle Muslime Bischof Michael J Cleary der seishynen Sitz in der Hauptstadt Banjul hat Sechs unserer Stammesminishyster sind ehemalige Schuumller von mir 10) Leider macht das Beishyspiel Gambia nicht Schule Wie es anderwaumlrts bestellt ist dafOr einishyge Beispiele - Seit Mitte 1987 wird in Sierra

Leone der erste islamische Rundfunksender betrieben der taumlglich vier Stunden lang die Lehren des Islam in Englisch Franzoumlsisch und Tulani verkuumlnmiddot det

Hauptziel des Senders Die muslimische Bevoumllkerung in den westafrikanischen Staaten reshyligioumls zu unterweisen und christlishyche Missionierungsversuche zu stoppen (MISSIO aktuell 288) - Seit 1979 streiten die Mudjaheshy

din in Afghanistan im Namen Allahs tor ihr Land Ein Land (nahezu 100 muslimisch) in dem auch Kinder kaumlmpfen und sterben tor einen Heiligen Krieg

- In Pakistan ist der Islam Staatsreligion 972 der BeshyVOumllkerung sind Muslime Die Christen machen 14 der Geshysamtbevoumllkerung von 10541 Milionen aus Politik und GeshyseIschaft sind islamisch vershyflochten Seit 1990 ist vordringshyliche Aufgabe der Regierung

10) MISSIO aktuell 691 Aachen

128 Auftrag 201

die Islamisierung aller Leshybensbereiche Im Januar 1991 wurde die Sharia (wieder) als geltendes Recht eingefuumlhrt Fuumlr die Christen gibt es kaum noch eine Moumlglichkeit gesellshyschaftlich und wirtschaftlich aufzusteigen

- Im Irak sind die Christen eine miszligachtete Minderheit sie bilshyden das untere Ende der soziashylen Rangordnung Bezeichshynend ist was der christliche Lehrer Hirmiz feststellt Wir Christen koumlnnen weder mit Arabern noch mit Kurden leshyben Wir sind fuumlr sie Unglaumlubishyge und deshalb betrachten sie und als minderwertig Seit Maumlrz 1991 sind mehr als 190000 irakische Christen auf der Flucht Offensichtlich wolshylen die Machthaber im Irak alle Christen des Landes verweishysen sie leben zwischen Flucht und Tod Genaue Zahlenangashyben feh len (vg I M ISSIO aktuell 591) In Saudi-Arabien fuumlhren die Christen ein Katakombendashysein Hier ist der christliche Glaube strikt verboten auch bei Auslaumlndern Gottesdienste koumlnnen und duumlrfen nicht abgeshyhalten werden Kein katholishyscher Priester darf offiziell das Land betreten Religioumlse christliche Embleme duumlrfen nirgendwo auch im privaten Bereich nicht gezeigt werden Uumlber die Situation der Christen in Saudi-Arabien urteilt Bishy

schof Bernardo Gremoli der fuumlr das apostol ische Vikariat Arabien zustaumlndig ist drashystisch und treffend Die dortishyge Einschraumlnkung der Relishygionsfreiheit stehe im Widershyspruch zu den von der UNO anshyerkannten Menschenrechten und zu den Abmachungen von Helsinki ja sogar zu den Erklaumlshyrungen des islamischeen Rashytes Und angesichts der Toleshyranz vor allem in westlichen Laumlndern fuumlgt der Bischof hinzu Es scheint uns nicht richtig daszlig der Islam fortfaumlhrt Moscheen und Bekenntnisshyzentren in der ganzen christlishychen Welt einschlieszliglich Roms zu bauen und sich noch groumlszligerer Rechte zu ershyfreuen waumlhrend er den Chrishysten diese grundlegenden Menschenrechte nicht zubilshyligt 11)

11) MISSIO aktue 391 Aachen 1984 wurde in Rom in Anwesenheit des

damaligen italienischen Staatspraumlsimiddot denten Sandor Pertini und Vertretern des Vatikans der Grundstein fuumlr die neue Moschee gelegt Der Bau der Momiddot schee soll nicht allein religioumlsen Zwekmiddot ken dienen sondern wie die islamische Gesellschaft hofft auch ihren politishyschen Einfluszlig in Italien staumlrken (Erich B Kusch vgl Anm 1) Die Moschee hat ein 42 Meter hohes Minarett Der Bau sollte Ende 1991 fertiggestellt sein Die Zahlenangaben sind weitgehend dem Informationsheft Die Situation der Christen in islamischen Staaten entshynommen Kirche in NotlOstpriesterhilfe in Deutschland e V Muumlnchen

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Abschlieszligend bleibt festzuhalshyten Der Islam ist und bleibt eine der groumlszligten Herausforderungen Er gewinnt zunehmend an Kraft auch in Europa Es ist nicht zu uumlbersehen daszlig die Christen in isshylamisch gepraumlgten Staaten aller Achtung zum Trotz die die christlishychen Kirchen dem Islam zollen weithin und mehr denn je ausgeshygrenzt oder verfolgt werden

Der Islam glaubt und vertritt daszlig er Juden- und Christentum (die beiden anderen Buchreligioshynen) uumlberboten und abgroumlst habe Diese Auffassung es ist vor allem die der muslim ischen Fundamenshytalisten stoumlrt oder verweigert jeshydes Gespraumlch zwischen den Relishygionen Ich kann nicht die beunrushyhigende Lage von Christen in beshystimmten Laumlndern verschweigen wo der Islam die Religion der Mehrheit ist sagt Papst Johanshynes Paul 11 in seiner Neujahrshysansprche 1990 im Vatikan vor dem diplomatischen Corps Denshynoch raumlume die katholische Kirche dem Dialog mit dem Islam Vorrang ein wie der Papst bei seiner Anshysprache vor Diplomaten Anfang Januar 1992 unterstrich Wie ernst und wichtig dies Papst Johannes Paul 11 ist hat er wiederum bei seishynem achten Pastoralbesuch in Afrika vom 19 bis 26 Februar beshywiesen So traf er sich zweimal mit muslimischen Fuumlhrern und Wuumlrshydentraumlgern im Senegal und einmal in Guinea

Papst und Vatikan verkennen darOber sicherlich nicht daszlig der

Islam sich als Weltreligion in seishynen fOnf groszligen Kulturgebieten in den arabischen Staaten in der TOrkei in der iranisch-indischen und in der malaysisch-indonesishysehen Region sowie in Afrika nicht nur behauptet sondern auch ausshydehnt

Wilhelm Lehmkaumlmper

Bischof Lehmann gruumlszligt Muslime zum Ende des Ramadan

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Bischof Karl Lehmann hat in einer Gruszligbotshyschaft zum Ende des muslimishyschen Fastenmonats Ramadan daran erinnert daszlig noch immer Menschen unter den Folgen des Golfkrieges litten In der am Mittshywoch in Bonn veroumlffentlichten Ershyklaumlrung weist Lehmann zugleich darauf hin daszlig neue Konfliktherde entstanden seien wo christliche oder muslimische Minderheiten ihre Rechte einklagten Dazu zaumlhlshyten Aserbeidschan Sudan oder Malaysia Daneben gebe es aber auch Grund zu Zuversicht und Hoffnung So wuumlrden zwischen Isshyrael und Palaumlstina Friedensvershyhandlungen gefuumlhrt und in Malta haumltten sich Christen und Muslime getroffen um gemeinsame Loumlsunshygen fuumlr das Fluumlchtlingsproblem zu finden In Europa suchten Vertreshy

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ter der christlichen Kirchen erstshymals konkret nach Moumlglichkeiten die Mitarbeiter in der pastoralen Arbeit fOr die interreligioumlse Begegshynung mit Muslimen auszubilden Lehmann macht darauf aufmerkshysam daszlig der Fastenmonat in dieshysem Jahr zeitgleich mit der oumlsterlishychen Buszligzeit begangen werde Die Muslime haumltten waumlhrend ihrer Fashystenzeit die Abhaumlngigkeit des GeshysChoumlpfes vom Schoumlpfergott neu meditiert die Christen haumltten sich durch Fasten Gebet und Hilfen fuumlr die Armen auf die Heils- und Erloumlshystungstat Jesu Christi geistig vorshybereitet (KNA vom 25392)

Die Demokrashytisierung in der CSFR-Armee

Seit dem kommunistischen Putsch hat es mit der Zeit eine stramm moskauhoumlrige Armee in der CSSR gegeben die - im Vershygleich mit der pOlnischen oder unshygarischen ja auch rumaumlnischen Armee - kaum aus der Reihe tanzte Es gab nur wenige Offizieshyre die im Jahre 1968 den Kurs des Prager FrOhlings mitmachten Und es dominierten unter den Berufsshysoldaten die Tschechen zumal das Gros der Tschechen stets proshyrussisch und antideutsch war

Im Januar 1990 wurden 5000 von Unverbesserlichen aus dem houmlshyheren Offizierskorps entlassen 20

Auftrag 201

Prozent der Offiziere blieben den spaumlter eingesetzten Uumlberpruumlfungsshykommissionen fern Resultat dieshyser Kommissionen 9460 Offizieshyre - das sind 15 Prozent - wurshyden aus der Armee entfernt

Von den 157 Generalen wurden 87 entlassen oder gingen von alshylein Entfernt wurden alle jene Offishyziere die irgendwie aktiv an der Niederwerfung des Prager Fruumlhshylings beteiligt waren Es kam ein neues Militaumlrgesetz daszlig auch den Ersatzdienst zulieszlig Infolgedessen wechselten 14000 Rekruten zum Ersatzdienst uumlber

Ende 1991 wurden zwei der vier Militaumlrgymnasien aufgeloumlst Die neue Militaumlrdoktrin verpflichtete sich zur Entmilitarisierung beizushytragen keine terriorialen Anspruumlshyche an die Nachbarn der CFSR zu stellen Sie verzichtete auf atomashyre Bewaffung der CSFR und vershykuumlndete die Bereitschaft an Frieshydensmissionen der UN teilzunehshymen

Die Sicherheitsorgane der Arshymee wurden reformiert und wurshyden in drei Sektionen aufgeteilt Militaumlrische Sicherheitspolizei Mishylitaumlrische Ordnungspolizei und Mishylitaumlrische Verkehrspolizei

Allerdings Die Ruumlstungsindushystrie bleibt aus Devisen- und Exshyportgruumlnden - und natuumlrlich die Arbeitslosigkeit im Visier - vielshyfach unberuumlhrt Bislang wurden naumlmlich 683 Prozent der produshyzierten Waffen Panzer ete Munishytion militaumlrische Geraumlte exporshytiert

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Waumlhrend der ethnische Konflikt zwischen Tschechen und Slowashyken in der Armee sozusagen bisshyher nur unter der Decke schwelte ist er jetzt ausgebrochen Die Sloshywaken waren unter den Berufssolshydaten nur mit 347 Prozent unter der Generalitaumlt nur mit 32 Prozent unter den Militaumlrattaches mit 30 und in der leitenden Militaumlrverwalshytung nur mit 22 Prozent vertreten 58 Prozent der Slowaken vertreten heute den Standpunkt daszlig eine vereinigte tschechoslowakische Armee nicht notwendig ist Und seit Januar 1991 gibt es eine sepashyrate Assoziierung Slowakischer Soldaten Die slowakische Teilreshygierung fordert zumindestens eine Slowakische Heimwehr und daszlig slowakische Rekruten mehrheitshylich auf dem Territorium der Sloshywakei ihren Wehrdienst ableisten sollten

Von einer organisierten Militaumlrshyseelsorge houmlrt man in der CSFR vorerst nichts Die Tschechei ist ja uumlberwiegend ein atheistisches Missionsland Anders sieht es bei den Slowaken aus die uumlbershywiegend stark in der katholischen Kirche verwurzelt sind Man houmlrt daszlig bei es bei ihnen solche Bestreshybungen gibt Die Slowaken werden in dieser Hinsicht stark von den Polen inspiriert Das Verhaumlltnis zwischen Polen und Slowaken soshywie der polnischen und slowakishyschen Kirche kann als traditionell herzlich bezeichnet werden

Joachim Georg Goumlrich

Polens Armee Wenn der Saulus zum Paulus wird

Preis I des Laienautorenwettbeshywerbs Vom Kommunismus zur Kommunion der polnischen Reshygionalzeitung Kurier Podlaski ershyhielt der Ex-Politoffizier der Resershyve Maciej Siembieda dessen Aufshysatz so manchen Landsmann ershyheiterte Jedenfalls schlug dieser so ein daszlig sich einige andere Pushyblikationen um die Nachdrucksshyerlaubnis bemuumlhten

In seinem Aufsatz Integration schilderte Siembieda wie er unshylaumlngst einer Reserveuumlbung ins einshystige Schulungszentrum fuumlr Politshyoffiziere in Warschau Folge leishystete das inzwischen seine Beshyzeichnung gestrichen hat und fuumlr die neuen Erziehungsoffiziere da ist auch der Reserve Die Maumlnner die hier einst das Referenten-Noshytizbuch des ZKs der KP buumlffelten buumlffeln jetzt den Katechismus Dort wo einst das Konterfei des KP-Chefs hing gruumlszligt jetzt das des neuen Feldbischofs

In den Vorlesungen sei die Theshymatik Errungenschaft der ruhmshyreichen Sowjetarmee und der mit ihr verbuumlndeten polnischen Volksshyarmee verschwunden Hingegen erfahre man jetzt viel vom polshynisch-bolschewistischen Krieg 191920 sowie dem Wunder an der Weichsel wo 1920 die Polen die Rote Armee Tuchatschewskis von

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dannen jagte Ferner vom Schickshysal der polnischen Offiziere in somiddot wjetischer Gefangenschaft den Siegen der Heimatarmee AK und der polnischen General-AndersmiddotArmiddot mee im Westen

Und Derselbe Chorleiter der noch vor nicht allzu langer Zeit ein Lied einbleute wonach den fashyschistischen deutschen Hunden Rache geschworen wurde uumlbt jetzt normale und fromme Solmiddot datenlieder ein die einst verboten waren Derselbe Chorleiter erklaumlrt auf Anfrage daszlig es keine Rache mehr geben wird Ein Hauptmann wird deutlicher Die Bundeswehr sei eine gute nette und moderne Armee die dieselben Grundsaumltze hat wie wir folglich ist die Kameshyradschaft mit ihr voumlllig angeshybracht Das Hauptreferat uumlber die Bundeswehr hielt uumlbrigens ein junshyger Leutnant in Bundeswehrgeshyfangenschaft mokiert sich der Autor will heiszligen der Mann bildet sich bei der Bundeswehr heran wofuumlr er noch monatlich 65 DM Tashyschengeld bekommt

Hinzugefuumlgt sei nur noch daszlig jedoch die meisten einstigen Politmiddot offiziere gehen muszligten Jetzt kuumlnshydigte Polens neuer und erster zivishyler Verteidigungsminister Dr Jan Parys nach dem Hinauswurf seimiddot nes Vorgaumlngers aus der Armee Vishyzeadmiral Piotr KOlodziejczyk an daszlig alle Generale und Admirale gehen muumlssen die sowjetische Militaumlrakademien absolviert und russische Frauen (zumeist Geneshyralstoumlchter) haben Sie seien damiddot

durch befangen und haumltten auszligershydem ein gestoumlrtes Verhaumlltnis zur polnischen Kirche

Joachim Georg Goumlrlich

Sicherung des Frieshydens vordringlich Dem Zentrum Innere FOhrung und dem Bundeswehrzentralkrankenshyhaus in Koblenz stattete Militaumlrbishyschot Johannes Dyba am 5 Deshyzember einen ersten Besuch ab

Der Kommandeur des Zentrums Flottillenadmiral Ulrich Hundt und seine Bereichsfeiter informiershyten den Gast uumlber Aufgaben und Auftrag des Zentrums uumlber Erfahmiddot rungen mit der Integration ehemashyliger NVAmiddotSoldaten und uumlber gemiddot genwaumlrtige Bewegungen und Promiddot bleme innerhalb der Truppe Die Lehrgangserfahrungen zejgten eine Veraumlnderung der Werteordshynung in Kernpunkten der Inneren Fuumlhrung so Oberst Udo Meyermiddot Sommer Die geringe oumlffentliche Anerkennung die Schwierigkeiten in der Sinnvermittlung und eine unshygewisse Zukunftsperspektive lieshyszligen Probleme in der Bundeswehr sichtbar werden Mehr Selbstbeshystimmung und weniger Disziplin mehr Mitwirkung und weniger Reshygelungen seien gefordert Militaumlrshybischof DDr Johannes Dyba zog eine Parallele zum innerkirchlimiddot chen Bereich Auch da sei die Sinnvermittiung schwieriger gemiddot

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worden und die Christen weitaus kritischer als fruumlher Doch gelte es eine Antwort auf die SInnfrage unshyserer Zeit zu finden und fuumlr Frieden und Gerechtigkeit einzustehen

In einer Gespraumlchsrunde mit inshyteressierten Soldaten darunter Lehrstabsoffiziere Unteroffiziere wie auch Wehrpflichtige die unter Moderation des nebenamtlichen Militaumlrgeistlichen Professor Dr Karl-Heinz Ditzer Fragen an den Militaumlrbischof richten konnten sprach sich Erzbischof Dyba fuumlr die Notwendigkeit einer internatioshynalen Weltfriedensordnung aus Die Deutschen duumlrften sich nicht aus der Gemeinschaft der fuumlr den Frieden verantwortlichen Voumllker heraushalten sondern muumlszligten fuumlr die Gewaumlhrleistung einer pax eushyropaea einstehen so Militaumlrbishyschof Dyba Schon das Zweite Vashytikanische Konzil habe in dem Konzildokument Gaudium et spes eine mit entsprechenden Mitteln ausgestattete internatioshynale Autoritaumlt zur Sicherung des Friedens gewuumlnscht

Flottillenadmiral U A Hundt vershyabschiedete seinen hohen Gast mit den Worten er habe einen Prieshyster und Mitmenschen kennengeshylernt der in der Gelassenheit des christlichen Glaubens handele

Ein Anliegen von Erzbischof Dyshyba war es auch das Bundeswehrshyzentralkrankenhaus in Koblenz kennenzulernen wozu er sich am Nachmittag Zeit nahm Generalshyarzt Dr Hans-Dieter Schmidt stellshyvertretender Amtschef und Chef

des Stabes des Sanitaumltsamtes der Bundeswehr in Bonn-Beuel sowie leitende Aumlrzte des Krankenhauses besuchten mit Militaumlrbischof Dyba Patienten der Abteilung fOr Unfallshychirurgie Das Bundeswehrzentralshykrankenhaus ist bekannt fuumlr seine qualifizierte medizinische Versorshygung Bei Katastrophenfaumlllen (wie damals in Ramstein) wird im Pershysonalaustausch mit anderen Kranshykenhaumlusern fOr genuumlgend Platz geshysorgt Sieben Patienten aus Tschernobyl hatten 1990 die Moumlgshylichkeit sich in Koblenz behanshydeln zu lassen berichtete Professhysor Dr Juumlrgen Lenz Leiter der Abshyteilung Chirurgie und stellvertreshytender Chefarzt

Erzbischof Dyba hatte schon bei der letzten Soldatenwallfahrt nach Lourdes Begegnungen mit kranshyken Soldaten aus Koblenz Im Bunshydeswehrkrankenhaus hat diese Wallfahrt einen festen Platz Soshywohl Militaumlrpfarrer Josef Matheis wie auch Aumlrzte und Krankenshyschwestern begleiten jedes Jahr ihre Patienten in einer Krankenshymaschine nach Lourdes Bei seishyner Verabschiedung bedankte sich Militaumlrbischof Dyba herzlich fuumlr die freundliche entgegenkomshymende Aufnahme bei den Patienshyten Aumlrzten und beim Pflegepersoshynal

Marlene BeyeJ

(aus Kompaszlig Nr 2 v 10192)

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Ein Italiener konshytrolliert die Verteishylung der Hilfsguumlter Von den alltaumlglichen Schwieshyrigkeiten der Caritas bei ihrer humanitaumlren Arbeit in Mosshykau

Moskau in diesen Tagen Vor den Geschaumlften stehen die Menshyschen in langen Schlangen Mehl Milch und Fleisch sind knapp und vor allem teuer Von Tag zu Tag verliert der Rubel an Wert Und die Preise klettern nach oben Es gebe zwar keine Hungerkatastrophe meint JOrgen Weyandt der Chef des Roten Kreuzes in Moskau aber die Zahl der Armen nehme unshyaufhoumlrlich zu Auch im zweiten Jahr der Ruszliglandhilfe sind Flugshyzeug- und Lastwagentransporte mit HilfsgOtern aus vielen Laumlndern Europas unerlaumlszliglich

Die Europaumlische Gemeinschaft engagiert sich bei der humanitaumlshyren Hilfe ebenso wie die Wohlshyfahrtsverbaumlnde Angefangen vom Zehn-Kilogramm-Paket mit Mehl Hefe Reis Milchpulver Schmalzshyfleisch Kaumlse und Tee bis hin zu medizinischem Geraumlt belief sich allein die Unterstuumltzung des Deutshyschen Caritasverbandes im vershygangenen Jahr auf dreizehn Millioshynen Mark In diesen Wochen wershyden wieder fuumlr mehrere Millionen

Mark lebensmittel bereitgestellt Die Standardfrage ob die Waren tatsaumlchlich ihre Adressaten erreishychen beunruhigt Spender wie Helshyfer Denn im vergangenen Winter waren immer wieder Pakete spurshylos verschwunden Hilfsguumlter tauchten dann ploumltzlich in staatlishychen oder privaten Geschaumlften auf - fOr teures Geld angeboten Der russischen Mafia wie im Land die Spekulanten der alten und neushyen Kader genannt werden waren Tuumlr und Tor geoumlffnet Und mancher Apparatschik so wurde gemutshymaszligt hielt dabei bereitwillig die Klinke

Einer der verhindern will daszlig sich aumlhnliches wiederholt ist Anshytonio Santi Der achtundvierzigjaumlhshyrige Diakon aus Mailand gruumlndete vor vier Monaten die Moskauer Cashyritas Der Italiener kennt die Menshytalitaumlt der Menschen und spricht ihre Sprache Er lebt schon seit langem in der russischen Hauptshystadt Als der Eiserne Vorhang das Land noch isolierte gelangte der sich zur Bewegung der Arbeitershypriester zaumlhlende Diakon bereits als Ingenieur nach Moskau Er arshybeitete in einer Maschinenfabrik lebte mit den Arbeitern zusammen und gab sich auch als Christ zu ershykennen Die Folge Santi wurde vom da mal igen sowjetischen Geshyheimdienst KGB entdeckt und ausshygewiesen Seit einigen Monaten ist er jedoch wieder da Von seishynem Orden erhielt er den Auftrag sich um die Gruumlndung der Caritas zu kuumlmmern

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Offiziell besteht die russische Caritas seit November vorigen Jahres Doch schon vorher war der quirlige Santi hinter den Kulissen aktiv Kurzerhand uumlberredete er eishynen italienischen Geschaumlftsmann ihm die Cafeteria seines Firmenshysitzes in der Innenstadt von Mosshykau zu uumlberlassen Seither befinshydet sich dort das Caritas-Buumlro Nashymenslisten Papiere und Akten lieshygen hier verstreut auf dem Tisch Staumlndig klingelt das Telefon Zwei Sekretaumlrinnen vervollstaumlndigen Listen vergleichen organisieren Mittendrin sitzt Antonio Santi Der hagere Mann in Jeans und Pullshyover hat alles im Griff Im Moment laufen hier die Vorbereitungen fuumlr die Paketaktion der deutschen Cashyritas Bis April sollen 70000 Pakete im Wert von fast zwei Millionen Mark verteilt werden Das organishysieren wir

Die Behoumlrden der Stadt bereiten den Hiltsorganisationen die meisten Schwierigkeiten Es sei ein einziger Papierkrieg stoumlhnt Santi Alles was man mache muumlsshyse angemeldet und bezahlt wershyden Um jede Auskunft muumlsse er kaumlmpfen und immer wieder warshyten - dazu habe er keine Geduld schlieszliglich sei er Italiener Die Beshyhoumlrden hier seien nur entgegenshykommend wenn sie direkt bei der Verteilung mitmachen koumlnnten shydoch das will Santi nicht Sein Grund Mehr als 21000 Pakete verschwanden im letzten Winter allein dadurch daszlig offizielle Steishylen fuumlr die Verteilung Stadtbezirke

genannt haben die nicht existiershyten - 21000 von mehreren hunshyderttausend aus Westeuropa Die deutsche Caritas bezweifelt dieshysen Verlust Sie garantiere dafuumlr daszlig alle von ihr aus Deutschland versandten Pakete im vorigen Winshyter ihre Adressaten erreicht haumltshyten heiszligt es in der Freiburger Zenshytrale Dies sei auch mit einem Rieshysen-Aufwand kontrolliert worden Santi verweist auf Schwierigkeiten mit falschen Namenslisten und gefaumllschten Unterschriften Was Maifa ist weiszlig ich als Italiener beshystens redet er sich in Rage Er zeigt auf einen groszligen Stadtplan an der Wand Mit einem Leuchtshystift hat er die Stadt in zehn Dishystrikte eingeteilt Wir koumlnnen nur sicher sein daszlig die humanitaumlre Hilfe ankommt wenn wir sie selbst verteilen

Santi arbeitet mit acht festen und zwanzig ehrenamtlichen Mitshyarbeitern In dieses Team setzt er sein Vertrauen Zu ihm zaumlhlen Nashytascha lagiel und Juri Anatolishywitsch Pawlowski Die acht undshyzwanzigjaumlhrige Mathematikerin ist erst seit kurzem bei der Moskauer Caritas Zusammen mit dem zweishyundvierzigjaumlhrigen Juri der als Pfleger in einem Zentrum fOr beshyhinderte Kinder arbeitet betreut sie einen der groumlszligten Distrikte im SOden der Metropole Der Vorteil der beiden sie sind in diesem Beshyzirk zu Hause Sie wissen wer hier wohnt und wer Hilfe braucht Durch Mundpropaganda erfahren sie wem es schlecht geht Natashy

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scha und Juri erstellen daraufhin Listen gehen zu den Leuten und lassen sich Unterschriften geben Gleichzeitig uumlberpruumlfen sie die ofshyfiziellen Listen die die Stadtparlashymente der Caritas geben und konshytrollieren wem Hilfe zusteht Der Vergleich macht es moumlglich

In unserem Distrikt gibt es viele kinderreiche Familien die in groshyszliger Not sind berichtet Natascha Sie selbst hat es gelegentlich auch schwer ihren kleinen Sohn zu versorgen Ich weiszlig was es in Moskau heiszligt Kinder groszligzuzieshyhen in der Freizeit immer wieder Schlange zu stehen und dann doch nur mit Graupen oder Reis nach Hause zu kommen weil das Geld mal wieder nicht reichte Die taumlgliche Enttaumluschung war Grund fOr sie bei der Caritas mitzuarbeishyten - ehrenamtlich wie Juri auch Der ist eigentlich aus Wut zur Carishytas gekommen Er habe sich geshyschaumlmt sagt er als er sah wie imshymer wieder Sachen aus den Pakeshyten die fuumlr arme Menschen beshystimmt gewesen seien in den Geshyschaumlften auftauchten Fuumlr Natashyscha und Juri ist solche Arbeit neu Freiwillige Selbsthilfe auf kirchlicher Basis hat es in der fruumlshyheren Sowjetunion nie gegeben Jetzt sind sie mit Feuereifer dabei

Antonio Santi bemerkt das Es ist so wichtig die Menschen hier zur Mithilfe zu ermutigen Wer helshyfen will muszlig direkt zu den Leuten gehen Sonst funktioniert nichts Santis Ziel die eigene Verteilershystruktur der Caritas soll rasch grei-

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fen und beispielhaft sein Langfrishystig denkt der Diakon sogar an den Aufbau von Lebensmittellagem in denen Beduumlrftige Hilfe erhalten Noch eines ist Santi wichtig Hilfe zur Selbsthilfe Das Problem ist daszlig die Gesellschaft und die Menshyschen systematisch zerstoumlrt worshyden sind Es ist schwierig jemanshyden fuumlr etwas zu begeistern Zu oft schon sind alle Hoffnungen der Menschen enttaumluscht worden Vieshyle haben keine mehr Was sie hashyben Angst vor der Zukunft DerC ritas-Chef hat festgestellt daszlig sich die Menschen aus Unsichershyheit passiv verhalten und sich wehren Verantwortung zu uumlbershynehmen

Darin sehen die alten Kader ihre Chance Sie gewinnen wieder Oberwasser und geben Anweisunshygen So gesehen habe sich im Land nicht viel geaumlndert auch wenn es jetzt wieder Ruszligland heiszligt meint Santi nachdenklich In dieser Mentalitaumlt laumlge die eigentlishyche Schwierigkeit aller Hilfsorgashynisationen Die Menschen seien dazu erzogen worden auf Autoritaumlshyten zu houmlren Die aber gebe es im bisherigen Sinne nicht mehr Santi will deshalb immer mehr Menshyschen zur Mitarbeit auffordern dashymit sie eine Perspektive haben shyNach Moskau gereist ist Hermann Herwig Referatsleiter beim Deutshyschen Caritasverband in Freiburg Mit Santi uumlberlegt er wie die Infrashystruktur der Caritas auch in andeshyren Gebieten des Landes aufgeshybaut werden kann Dort warten die

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Menschen mindestens ebenso auf Hilfe

Anja Iven

(aus Deutsche Tagespost vom 3392)

Der wahre Wert des Geldes Symbolik in stabiler Waumlhrung am Beispiel der Deutschen Mark Erstaunlich genug ist jene Unwisshysenheit wie sie bei (in anderen Beshyreichen) selbst hochintelligenten Persoumlnlichkeiten uumlber das Geld vorherrscht hier speziell uumlber die Deutsche Mark Da reduziert man fuumlr gewoumlhnlich ihre Realitaumlt auf den bedruckten Schein und vershysieht ihn der in der Tat nichts anshyderes darstellt als ein von der Quashylitaumlt her vorzuumlgliches und grafisch kuumlnstlerisch gestaltetes Stuumlck Pashypier dennoch und haumlufig genug mit den negativsten Attributen An dieses Papier werden alle nur denkbaren gedanklich wie geistig von der Geschichte doch laumlngst absorbierten lIegativa geknuumlpft die dem Puritanisch-Abstrakten dem man sich offenbar verpflichshytet glaubt so angenehm entgegenshykommen Ausbeutung und Geld ershyscheinen da ebenso synonym wie Geld und schnoumlde Gewinnsucht shygleichbedeutend mit houmlchst anruumlshychiger pekunaumlrer Unmoral

Eklatantes Unwissen

Das kam mit der Vereinigung beider deutscher Teilstaaten beshysonders deutlich - und nicht nur von enttaumluschter oumlstlicher auch von verbluumlffter westlicher Seite shyzum Ausdruck dazu nicht selten verletzend und von daher bereits entlarvend genug Sittlich verworshyfen ist im Maszligstab falschverstanshydener puritanischer Strenge wie er gerade in der Verbindung mit dem Geld gerne angelegt wird jeshyner (so die Faustregel) von dem vermuten werden konnte daszlig er ausschlieszliglich von der fragwuumlrdishygen Lockung der Deutschen Mark motiviert die Mauer quer durch Deutschland gezogen in ihrer unshyertraumlglichen Stupiditaumlt endlich niederriszlig Doch gerade in dieser eishygentuumlmlich-plastischen Einschaumltshyzung fand die eklantante Unwisshysenheit uumlber die fraglos veraumlndershyte Stellung einer Waumlhrung in heutishygen GesellSChaftssystemen ihren nur zu deutlichen Ausdruck

Umfassender als Philosophie

Eine stabile Waumlhrung sagt ebenso umfassend etwas uumlber den Gesamtzustand nicht nur uumlber den materiellen einer Gesellshyschaft aus wie ein unstabile oder gar eine real wertlose Geld spieshygelt - wie sonst kein anderes Symbol es je derart eindeutig vershymoumlchte - den Zustand von Polishytik Kultur und Humanitaumlt einer Reshygion in der es gilt und zwar in hushyman-moralisch zu wertender Quashy

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litaumlt Es druumlckt umfassender als das jede Philosophie vermoumlchte exakter und einleuchtender zushydem den geistigen Standort dieshyser Gesellschaft aus ihre sozialshypolitische Reife oder aber ihre utoshypisch-ideologische Unreife

Gespiegelte Wertlosigkeit

Nie zuvor wurde das derart klar deutlich als in der houmlchst desolashyten Waumlhrung DDR-Mark Sie gab in ihrer Wertlosigkeit ein Abbild jeshynes desolaten Zustandes der Reshygion hinter der Mauer auf allen nur denkbaren Gebieten menschlicher Daseinsaumluszligerung wieder wie er sich nach Verschwinden dieser Miszligwaumlhrung dann selbst aufdeckshyte und noch weiter deprimierend aufdeckt

Geld und Ware

Eine geordnete Waumlhrung wie die Deutsche Mark zeugt in ihrem real begrifflichen Wert fuumlr jene dashyhinterstehenden Produkte die der Buumlrger damit tatsaumlchlich erstehen also kaufen kann Sie ist von dieshyser Produktenzu- und Anweisung nicht zu trennen Jeder Geldschein steht fuumlr Ware die sich damit kaushyfen laumlszligt und die adaumlquat der Qualishytaumlt der Waumlhrung entspricht Das ist die zwar am ehesten begreifbashyre aber beileibe nicht die einzige und schon gar nicht die ausshyreichende Wertzuweisung die eishynem stabilen Geldschein zushykommt Der Aufschwung der deutshyschen Wirtschaft seit Einfuumlhrung

der Deutschen Mark bestand nicht allein und ausschlieszliglich in der Produktion bis dahin schmerzlich vermiszligter materieller Notwendigshykeiten

Treibende Kraft Wille des Neubeginns

Das damals und alsbald so vom Ausland her gedeutete und mit Ludwig Erhard verknuumlpfte Deutshysche Wirtschaftswunder wurde nicht in erster Linie vom Wunsch nach Wohlstand ausgeloumlst den niemand voraussagen konnte treishybende Kraft war der Wille des Neushybeginns das Verlangen eine neue humanitaumlre Gesellschaft aufzubauen die in der Lage sein muumlsse das wiedergutzumachen was eine alte moralisch tief abgeshysunkene in den gerade vergangeshynen zwoumllf Jahren an Ungluumlck und Zerstoumlrung verursachte Der giganshytische Wiederaufbau aus deprishymierenden Anfaumlngen heraus war in erster Linie ein moralisch motishyvierter durch Ethik gestatzter und von glaumlubigem Optimismus dynashymisch getragener Versuch einer menschenwuumlrdigen Zukunft die im Wohlstand nur eine TeiierfOIshylung und nicht einmal die primaumlre sah

Kulturell wissenschaftliche und soziale Wertausweisung

Dieser Versuch gelang nur desshyhalb - und dies kann nicht genug betont werden - weil sich eine unstreitig aus Erfahrung dynashy

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misch-sittlich motivierte Gesellshyschaft freiwillig in die monetaumlre Disziplinierung begab Gerade di~shyse Selbstbeschraumlnkung steht In

krassem Gegensatz zum Attribut gedankenloser Verschwendung wie sie historisch falsch nicht seIshyten behauptet und der Gesellshyschaft unbesehen zugeschrieben wird Wer im stabilen Geld nichts als die Moumlglichkeit materieller Beshyreicherung sieht begreift einmal nichts vom exakt gleichberechtigshyten Anteil der kulturellen wissenshyschaftlichen und sozialen Wertshyausweisung die sich in ihm manimiddot festiert und gefaumlhrdet zum andeshyren damit eklatant diese Stabilitaumlt Humane Wertungen wie Freiheit Menschenrechte Gleichberechtishygung die ohne Einschraumlnkung auf freiheitlich-demokratische Gesellshyschaften anzuwenden sind finden im stabilen Geld ebenso ihre Symshybolik wie die soziale Hilfsbereitshyschaft die untrennbar mit diesen Wertungen verknuumlpft ist Denn nur mit Hilfe des stabilen Geldes kann - nicht nur im Katastroshyphenfall - wirksam und ebens nicht nur materiell auch humanIshytaumlr wirksam geholfen werden Die unzaumlhligen international uumlbershygreifgenden kulturellen und frieshydensfoumlrdernden Initiativen Begegshynungen und Gespraumlche - auch sie werden durch die Stabilitaumlt eishyner Waumlhrung erst wirksam ermoumlgshylicht und spiegeln in dieser Moumlgshylichkeit zuruumlck Instabilitaumlt Wertshylosigkeit des Geldes wuumlrgt solche Initiativen ab

Ebenso durch Ketten wie durch instabile Waumlhrung

Die Philosophie nennt Freiheit und Menschenwuumlrde als houmlchste gesellschaftspolitisch-relevante Ziele Sie zu erreichen und durchshyzusetzen bedarf es ebenso stabishyler humanitaumlrer wie materieller BeshyzOge So kann der Unfreie oder Sklave durch Ketten wie durch eine instabile eine wertlose Waumlhshyrung gefesselt also versklavt wershyden Wer Arbeit mit wertlosem Geld verguumltet betreibt Sklaverei Die Deutsche Mark ist durch ihre innere Stabilitaumlt kein Papier von anrOchigem Charakter sie ist Ausshyweis freiheitlicher humaner soshyzialer und kultureller Repraumlsenshytation einer Gesellschaft die durch das Feuer ihrer selbstvershyschuldeten Geschichte gegangen ist und daraus die noumltigen Konseshyquenzen zog Wer Geld ausshyschlieszliglich materiell versteht und daraus die zwangslaumlufig schieflieshygenden Schluumlsse zieht wird die Grundursache der Aufloumlsung inhushymaner unterdrQckender und egoshy istischer Machtstrukturen wie wir sie gerade erlebten und erlebe~ in ihrem tatsaumlchlichen Wesen nicht begreifen koumlnnen

Wollgang Altendorf

Man sieht nur mit dem Herzen~~

dau~esentliche ist fUr die Augen unsichtbari

(Sain t-Exupery)

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Seniorenshybeauftragter

Aller Anfang ist nicht immer schwer Schwierig ist aber oft der Beginn Die Idee kam und wurde langsam zu einem noch unbenannshyten aber schon fest bestimmbashyren Gedanken Behinderte Kinder und aumlltere Menschen haben geshymeinsame Probleme Kinder und Behinderte haben eine Lobby Seshynioren sind reif geworden das macht sie bescheiden und vershystaumlndnisvoll gegen Benachteilishygungen Sie schweigen meist auch dann noch wenn ihnen Unrecht getan ihr Menschsein verletzt wird Dabei ist es uumlberwiegend nicht boumlser Wille sondern nur Unshykenntnis der die im reifen Alter stehenden politischen Verantwortshylichen zu Entscheidungen veranshylaszligt die aumllteren Mitmenschen Proshybleme bereiten

Was also war zu tun Ein etwas mOhseliger und vor allem langwieshyriger Prozeszlig muszligte begonnen wershyden um die politischen Verantshywortlichen zu veranlassen die Idee aufzugreifen die nun auch eishynen Namen hatte einen Seniorenshybeauftragten zu ernennen Der gute Wille war sofort spOrbar das Verstaumlndnis fuumlr die Aufgabe aber muszligte geweckt werden Den Durchbruch gab sicher auch das Argument der Kostenlosigkeit Der Versuch der nichts kostet ist polishytischen Menschen gut eingehend Also geschah das Wunder Alle

Auftrag 201

Parteien der Stadt waren einstimshymig der Meinung wir versuchen es mit einem Seniorenbeauftragten

Nach nur ganz kurzer Zeit hatte der Gedanke Fuszlig gefaszligt Schon nach einem halben Jahr ist jedershymann Oberzeugt Es war eine shymeine - gute Idee Die ersten Gedanken erweisen sich als richshytig Ein Seniorenbeauftragter muszlig unabhaumlngig sein und bleiben vom Rat und seinem politischen Tagesshygeschaumlft und auch von der Verwalshytung der Kommune Wichtig ist die Unabhaumlngigkeit einerseits die nur bei ehrenamtlicher Taumltigkeit erhalshyten werden kann und andererseits das Verstaumlndnis der Seniorenproshybleme das nur ein Senior haben kann Viele Moumlglichkeiten den aumllshyteren Mitbuumlrgern das Leben zu ershyleichtern erschlieszligen sich dem Seniorenbeauftragten der dem gleichen Bevoumllkerungskreis angeshyhoumlrt besser und einfacher als auch gutmeinenden Politikern und Wisshysenschaftlern

Nicht zu unterschaumltzen ist dabei auch die Unsicherheit aumllterer Mitmiddot buumlrger gegenuumlber Aumlmtern und deshyren Beauftragten deshalb sollte ein Senior gewaumlhlt werden dem leichter Probleme erlaumlutert und Wuumlnsche vorgetragen werden koumlnshynen Eine der Hauptaufgaben des Seniorenbeauftragten ist es Mittshyler zwischen Senioren und Rat und Verwaltung zu sein Bei ihm koumlnshynen die Wuumlnsche und Anregungen der Senioren gesammelt werden und dann den politisch Verantshywortlichen und den mit der Ausshy

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fuumlhrung und Verwaltung Beaufshytragten vorgestellt werden Auch die Vermittlung von Entscheidunshygen in den Kommunen und des Geshysetzgebers ist Aufgabe des Senioshyrenbeauftragten Groszlig ist zur Zeit das Interesse an der geplanten Reshygelung der Pflegekosten und viele Informationen dazu werden vom Seniorenbeauftragten erwartet

Die praktische Arbeit eines Seshyniorenbeauftragten ist anderershyseits fuumlr den Senior eine natuumlrshyliche und recht befriedigende Taumlshytigkeit Ohne Kostenaufwand nenshynenswerter Art lassen sich viele Dinge regeln die Aumllteren Kindern und Behinderten das Leben leichshyter und lebenswerter machen Loshybenswerte und stolz vorgefuumlhrte Maszlignahmen der Verkehrsberuhishygung sind vor allem im Winter nicht nur fuumlr Autofahrer eine Bremshyse Wer Kinder mit ihren Raumldern auf dem Schulweg auf vereisten Katzenbucheln stuumlrzen sieht der versteht sehr schnell daszlig Senioshyren im Winter das Haus lieben Sehen macht klug Kinderwagen Kleinkinder auf Raumldern und Senioshyren leiden unter Kopfsteinpflaster Rundbuckeln und auch den so unshysinnig hohen Bordsteinkanten Hashyben wir denn alle vergessen daszlig Bordsteine nur deshalb so hoch notwendig waren damit Pferdeshyfuhrwerke nicht schleudernd die Fuszliggaumlnger gefaumlhrdeten Heute genuumlgen doch zweieinhalb Zentishymeter zur Abgrenzung der Fahrweshyge von den FUszligwegen Damit ershyreicht man auch daszlig alle Behinshy

derten mit Rollstuumlhlen die Straszligen uumlberqueren koumlnnen auch fuumlr Kinshyderwagen ist das viel leichter geshyworden und selbst die Autofahrer werden es begruumlszligen es schont die Reifen Damit soll aber nicht die Aufforderung verbunden werden den parkenden Wagen Vorrang zu geben vor Fuszliggaumlngern Rollstuhlshyfahrern und den Kindern die eishygentlich auf den Buumlrgersteigen radfahren sollten Eine einfache Erklaumlrung gibt es auch fuumlr das Nicht annehmen von manchen Baumlnken Sie haben keine Seitenshylehnen Schon aus Vorsicht wershyden kranke und aumlltere Menschen eine solche Bank meiden Sie koumlnnten sie ohne Hilfe nicht mehr verlassen Eine Zughilfe durch eine zumindest einseitige Seitenshylehne ist ein Muszlig Baumlnke sollten auch so aufgestellt werden daszlig nicht alle in der prallen Mittagsshysonne stehen und vor allem an den Plaumltzen wo aumlltere Mitmenschen eine Pause benoumltigen auch natuumlrshylich auf groszligen und vor den Friedshyhoumlfen Warum werden Briefkaumlsten nicht an Altersheimen angeshybracht Den Senioren werden lang Wege zugemutet die fuumlr juumlngere Mitmenschen einfacher zu bewaumllshytigen sind Auch bei der Aufstelshylung von Laternen und Leuchten sollte an die Aumllteren gedacht wershyden deren Augen nicht mehr so gut sind und die dazu auch haumlutishyger an der Nachtblindheit leiden

Ein ganz wichtiges und auch leishydiges Problem sind die Wohnvershyhaumlltnisse Wer baut sollte daran

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denken daszlig er sehr gerne sehr alt werden moumlchte und deshalb schon in den besten Jahren an die vielen Kleinigkeiten denken die beim Rohbau praktisch kostenshylos zu bedenken sind um jede Wohnung altersgerecht zu mashychen Das sind z B breitere Tuumlren gute Ausleuchtung Handlaumlufe an beiden Seiten der Treppen Aufshystellung der Muumllltonnen an ebenen Plaumltzen damit sie auch von schwaumlcheren Mitmenschen beshywegt werden koumlnnen vergroumlszligerte Badezimmer und die Moumlglichkeishyten im Alter benoumltigte Hilfsmittel aufzustellen vor allem auch elekshytrisch anzuschlieszligen gehoumlren ebenso dazu wie eine Kuumlche die auch im Alter noch funktionsgeshyrecht ist Ein weites Feld fuumlr den Seniorenbeauftragten tut sich hier auf die Wohnungsberatung in der Form von Hinweisen und Rat auf die nun meist nachtraumlgliche Umshygestaltung der Wohnung in eine alshytersgerechte Meist ist der dafuumlr notwendige Aufwand viel geringer als angenommen wird Er steht vor allem in keinem Verhaumlltnis zu den Kosten die sonst eine fruumlhere Unshyterbringung in einem Alten- oder Pflegeheim mit sich bringen wOrshyden Schon Kleinigkeiten brinshygen viel Ein KrOckennutzer ist dankbar fuumlr Halter an den Einshygangstuumlren Wer einmal gesehen hat wie problematisch es ist mit zwei Kruumlcken eine Tuumlr aufzuschlieshyszligen wenn eine Hand benoumltigt wird und die Kruumlcke dann zwischen die Beine geklemmt werden muszlig der

weiszlig um das Problem das mit Pfennigbetraumlgen zu loumlsen ist Alte Menschen begruumlszligen es wenn Beshyleuchtung auf Annaumlherungsautoshymatik umgestellt wird und die Klinshygelanlage lauter oder auf Lichtzeishychen umzustellen ist Auf diesem Gebiet gibt es stets mehr und Neushyes deshalb wirkt es geradezu unshyerschoumlpflich

Haben meine Leser schon einshymal die Beobachtung gemacht wie sich Aumlltere und Schwache umshysehen wenn sie in ihre Wohnung kommen und beim Platzanbieten dann so gerne einen Stuhl waumlhlen weil die modernen Sitzgelegenheishyten nur fOr junge und sportliche Menschen eine leichte Aufstehshymoumlglichkeit bieten Auch ein Gaumlshystebett kann vorObergehend auf eine vernuumlnftige Seniorenhoumlhe geshybracht werden Man schiebt einshyfach zeitweilig Kanthoumllzer unter und erreicht dann schnell und einshyfach eine bequeme Ein- und Aufshysteig houmlhe von z B 48 cm

Wer Menschen achtet und helshyfen will wo Hilfe ohne groumlszligere Muumlhe moumlglich ist der wird unshyschwer erkennen ein Seniorenbeshyauftragter ist eigentlich in jeder Kommune ein Muszlig und ohne Koshystenaufwand realisierbar wenn ein geeigneter Senior - ob Mann oder Frau gefunden wird Und wo gibt es die nicht Der Anteil der Senioren an der Bevoumllkerung hat eine Groumlszlige erreicht die bald die der 25jaumlhrigen uumlbertrifft Ob man es beklagt oder nicht es bleibt die Tatsache bestehen daszlig sich die

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Schwergewichte in Richtung auf das Seniorenalter verlagern Dies kann sich auch rasch in der Politik zeigen denn obwohl die Aumllteren durch Lebenserfahrung klug geshyworden den Juumlngeren Arbeit und Politik gerne uumlberlassen und zushymeist auch nicht zu Radikalitaumlt neigen wollen sie doch nicht nur verwahrt und betreut werden sonshydern in ihren spezifischen Probleshymen und Noumlten ernst genommen werden

Wie einfach war es einstmals Ehret das Alter Wenn heute shyganz modern - der aumlltere Mensch nicht mehr um Rat gefragt wird und jung sein in ist sollte sich zumindest die Einstellung verbreishyten die in unserer Stadt Niedershykassel verspuumlrbar ist Alle Parteien und auch die in der Verwaltung Taumlshytigen sind guten Willens und beshyreit Anregungen und Wuumlnsche der Senioren ernst zu nehmen und ihshynen Rechnung zu tragen wo imshymer es moumlglich ist

Willy Trost

Ein alter Traum wird Wirklichkeit

Missionsschwester Eusebia die Schwester des Poinger Pfarrers AIshyfons Langwieder die im Sommer vergangenen Jahres hier auf Heishymatbesuch war feierte am 6 Janushyar dJ zusammen mit acht weiteshyren Missionsschwestern in Alivalshy

NorthSuumldafrika ihr diamantenes Profeszligjubilaumlum (60 Jahre)

Sie wurde am 9 Juli 1911 in Teishysendorf geboren 1928 trat sie in das Kloster der Schwestern vom Heiligen Kreuz in Metzingen im Schweizer Kanton Zug ein Schon ein Jahr spaumlter wurde sie in die Mission entsandt Sie kam in das Provinzhaus des Ordens nach Alishyval in Suumldafrika wo sie als Lehreshyrin ausgebildet wurde Danach wurde sie in das Herschelgebiet berufen das 1976 in die Unabhaumlnshygigkeit entlassen wurde Hier half sie mit am Aufbau einer Mittelshyschule tor Farbige 54 Jahre lang wirkte sie hier erfolgreich als Schulleiterin und Oberlehrerin ehe sie eine Krankheit zwang dieshyse Taumltigkeit aufzugeben Heute lebt Schwester Eusebia im Altersshyheim Fatima in Alival-North Pfarshyrer Langwieder nahm das Profeszligmiddot jubilaumlum zum Anlaszlig um seine Schwester zu besuchen Damit hatte er auch Gelegenheit seinen alten Traum Afrika kennenzulershynen zu verwirklichen

Nach dieser Feier reiste Pfarrer Langwieder zusammen mit seinem Reisegefaumlhrten dem Pfarrer Matshythias Bartl aus Bruckmuumlhl etwa 4000 km kreuz und quer durch Suumldafrika

Zu seinen herausragenden Ershylebnissen zaumlhlte ein Besuch bei Lawrence Erzbischof Henry einem Farbigen in Kapstadt Zusammen mit dem Erzbischof und begleitet von vielen Gespraumlchen fuhren die beiden Pfarrer aus Oberbayern

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durch dessen Dioumlzese Natuumlrlich stand die Frage der Apartheid im Vordergrund des Interesses Von Rassentrennung konnte Pfarrer Langwieder allerdings in der Prashyxis nichts erkennen Die Katholishysche Kirche steht in Suumldafrika fest auf eigenen Beinen erzaumlhlt der Poinger Seelsorger Er stellte auch fest daszlig es um den Priestern achshywuchs nicht schlecht bestellt sei

Als besonders erfreulich empshyfand Pfarrer Langwieder daszlig alle christlichen Kirchen am Kap der guten Hoffnung eng zusammenarshybeiten Die Kirchenleitungen trefshyfen sich regelmaumlszligig am Runden Tisch um anstehende Fragen geshymeinsam zu klaumlren Kein engstirshyniges konfessionelles Denken Schwerpunkte der kirchlichen Arshybeit sind das Schulwesen und die Sozialarbeit Jedem Buumlrger in Suumldshyafrika stehe jeder Beruf offen Auch Farbigen ist der Besuch eishyner Universitaumlt freigestellt

Ein besonderes Interesse beshystand fuumlr Pfarrer Langwieder darshyin ob er Projekten begegnet die von Miserior gefoumlrdert und ausgeshybaut wurden oder werden Er wurshyde mehr als fuumlndig Miserior hat als es hier vor 30 Jahren begann vornehmlich Mittel in den Ausbau des Gesundheitswesens auf dem Land und in die Volksbildung geshysteckt

Ein weiterer Schwerpunkt kirchshylicher Arbeit ist es ferner die Schwarzen aus den sogenannten Locations zu holen und ihnen ein bOrgerliches Leben zu ermoumlglishy

ehen Wenn ein Schwarzer eine beshystaumlndige Arbeit nachweise erhalshyte er uumlber einen kloumlsterlichen Konshyvent ein Haumluschen mit Wohn- Schlafraum Kuumlche und NaszligzeIle zugewiesen Mit Garten bezahlt er hierfuumlr 40 bis 60 Rand (30 - 50 Mark) im Monat an Miete Ist die Anschaffungssumme des Haumlushyschens abbezahlt dann geht es in das Eigentum der Familie uumlber Eine ideale Art um Wohneigenshytum zu schaffen

Als reines Vergnuumlgen bezeichshynete Pfarrer Langwieder die Fahrshyten durch die schier unendlichen Weiten des wunderschoumlnen Lanshydes Gut ausgebaute Straszligen weshynig Verkehr saubere Ortschaften gesundes Klima

Eine landschaftliche Perle ist die Kap-Provinz In Kapstadt seishyber kann man sich verlieben

Die Lebenshaltungskosten lieshygen ein gut Stuumlck tiefer als bei uns Die Kuumlche orientiert sich an der englischen Speisenkarte

Zwei Tage hielt sich Pfarrer Langwieder im Koumlnigreich Lesoshytho auf Dieses Land ist landshyschaftlich wunderschoumln Durchshyschnittliche Seehoumlhe etwa 1700 m Lesotho ist ein einziger Luftkurort und waumlre das gegebene Urlaubsland wenn es nicht so weit weg liegen wuumlrde Die Menschen sind dort etwas scheu aber freundlich Der Service in den Loshykalen entspricht etwa dem eines mittleren Gaststaumlttenbetriebes unshyserer Breiten

Das alte Stammesdenken ist

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nach wie vor fest im Volk verwurshyzelt Auch der Witchdoctor (Zaushyberdoktor) hat seinen festen Platz

Pfarrers Langwieders groszliger Wunsch ist noch einmal in seinem Leben Suumldafrika zu sehen

Arthur Schopf

EINE NEUE STADT ERSTEHT

91 Deutscher KatholikentagKarlsruhe 17-21 Juni 1992

~ ZdK

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AUS GKS UND PGR

Handreichung zum Jahresthema der GKS 1992 Vorwort

Die GKS will in der Kontinuitaumlt der thematischen Zwei-Jahresshyschritte im naumlchsten Jahr die beshygonnene Europaarbeit fortsetzen Mit diesen Worten wies der Bunshydesvorsitzende der GKS Oberstshyleutnant i G Paul Schulz bei der Zentralen Versammlung 1991 in Heiligenkreuztal auf das Jahresshythema 1992 hin

Zwischenzeitlich wurde das Thema in den Gremien ausformushyliert und Professor Dr Grulich Professor fuumlr Kirchengeschichte an der Johannes-Gutenberg-Unishyversitaumlt Mainz fuumlr die Erarbeitung der vorliegenden Handreichung gewonnen

Neben der offenkundigen politishyschen Aktualitaumlt draumlngt die Theshymatik des 91 Deutschen Katholishykentages - insbesondere der 5 Themenkreis Unterwegs zur eishynen Welt - zur Auseinandersetshyzung mit diesen Fragen

Mit dem kompromiszliglosen Wir bauen mit haben wir uns als kashytholische Soldaten ganz bewuszligt in die Pflicht nehmen lassen Dabei ist tor einen engen west-orientiershyten Europabegriff kein Platz er

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muszlig im Geist der internationalen Friedensgottesdienste der Soldashytenwallfahrt nach Lourdes und der Begegnung von Soldaten aus Ost und West am Bild der Schwarzen Madonna im Kloster Jasna Gora in Tschenstochau anlaumlszliglich des Beshysuches von Papst Johannes Paul 11 in seiner Heimat Polen im vershygangenen Jahr sowie durch die Laumlnder- Kultur- Sprach- und Konshyfessionsgrenzen uumlberwindende Kraft des christlichen Bekenntnisshyses erweitert werden Europa als Teil der einen Welt so ist kathoshylisch = alles umschlieszligend geshymeint

Die Handreichung will Hilfe fuumlr die Bau-Taumltigkeit in den GKSshyKreisen sein sie soll InitialzOnshydung geben und Basiswissen vershymitteln auf dem die weitere Arbeit aufbauen kann Fuumlr die Art und Weise der Vertiefung Abrundung und Erweiterung des Themas gibt das Handbuch der GKS vielfaumlltige Hinweise Eines muszlig uns allen aber klar sein

Mitarbeit in der Mission ist als ApostOlat von uns Laien zuallershyerst und zugleich am wirkungsvollshysten mutiges und engagiertes Leshyben und Bekenntnis unseres Glaushybens So lassen sich Grenzen in den Herzen uumlberwinden so wird Gotteserfahrung moumlglich Dazu sollten wir auf die Kraft des geshymeinsamen Gebetes bauen und

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versuchen Neuevangelisation zu mehr als einem Schlagwort zu machen In diesem Sinne endet auch der eingangs zitierte Hinweis auf das Jahresthema 1992 Geshygenwaumlrtig haben Soldaten die Chance Avantgarde Vorhut der Kirche zu sein Nutzen wir diese Chance und setzen wir ein Zeichen der Treue in unserer Kirche

Paul Brochhagen

Europa bauen in der einen Welt Wir bauet1 mit Einleitung

Zwiespaumlltig ist unsere Haltung zum Begriff Mission Im Zeitalter der Annaumlherung ja Zusammenarshybeit der Religionen war der Misshysionsbegriff eine Zeit lang fast vershypoumlnt Galt es nicht aus einem gushyten Hindu einen besseren aus eishynem Muslim einen guten Muslim zu machen Die christlichen Misshysionare wurden als Maumlnner im Geshyfolge der kolonialen Eroberer als Fremde gesehen die uumlberseeishyschen Kulturen ihren europaumlishyschen Stempel aufdruumlcken oder gar ein europaumlisches Gewand uumlberziehen wollten

Nun spricht man vom Missionsshyland Europa und von einer NeushyEvangelisierung unseres Kontishynents Dabei wird der Begriff der Neu-Evangelisierung inzwischen

mit ebenso inflationaumlrer Haumlufigshykeit und wenig hinterfragter Selbstverstaumlndlichkeit gebraucht wie der Name Europa Dieses war bis zur KSZE (Konferenz fuumlr Sichershyheit und Zusammenarbeit in Euroshypa) 1975 und bis vor dem Fall der Mauer sowie der Abschaffung des Eisernen Vorhangs gleiChgesetzt mit dem westlichen nicht kommushynistischen Teil unseres Kontinenshytes Namen wie Europa-Rat Euroshypaparlament oder Europaumlische Gemeinschaft bezeichneten imshymer nur den westlichen kleinen Teil Europas

Wir wollen im Folgenden fragen 1 Ist Europa ein Missionsland 2 Was steckt hinter dem Begriff des Christlichen Abendlands bzw wie christlich ist Europa 3 Welche Rolle spielt die Katholishysche Kirche Deutschlands in dieshysem Europa 4 Welches Europa wollen wir baushyen 5 Welche Aufgaben liegen vor uns Wie bauen wir Europa mit

In einem Anhang drucken wir Auszuumlge aus einigen Dokumenten mit kirchlichen Aussagen zum Thema und geben weiterfuumlhrende Literatur an

1 Ist Europa ein Missionsland

Viele Christen in Europa waren sich auch fruumlher immer der Spanshynung bewuszligt die zwischen der Tatsache bestand daszlig bis vor kurshyzem die meisten Europaumler getaufshy

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te Christen waren die Praxis ihres Handels und das Leben des Glaushybens dem aber oft nicht entsprach In Frankreich wo seit dem antishykirchlichen Kampf der Franzoumlsishyschen Revolution betraumlchtliche Bevoumllkerungsschichten und ganze Landstriche fortschreitend entshychristlicht waren erhob sich schon im Zweiten Weltkrieg die Frage ob dieses Land das einst stolz darauf war die aumllteste Tochshyter der Kirche genannt zu werden nicht schon laumlngst ein Missionsshyland sei In Deutschland hat als ershyster der Jesuit Ivo Zeiger 1948 festshygestellt daszlig Deutschland als rushyfendes Missionsland vor uns liegt Er wurde damals wegen dieses harten Wortes angegrifshyfen man warf ihm vor er beleidishyge damit die Katholische Kirche in seiner Heimat und er zerstoumlre das Interesse an der Weltmission Auf dem 72 Deutschen Katholikentag 1948 in Mainz hielt Zeiger einen viel beachteten Vortrag Ober Die religioumls-sittliche Lage und die Aufshygabe der deutschen Katholiken

Vieles von dem was Zeiger dashymals nach dem Zusammenbruch der nationalsozialistischen Ideoloshygie feststellte gilt auch fOr die heutige Zeit nach dem Zusammenshybruch des Marxismus-Leninismus in Ost- und Ostmitteleuropa Misshysionssituationen erfordern Misshysionsmethoden stellte Zeiger dashymals fest Das heiszligt erstens arshybeiten in Armut arbeiten mit beshyscheidenen Mitteln Wir mOssen arm und bescheiden wieder vorne

anfangen wie eine Missionskirshyche Als zweite Forderung nennt Zeiger Mehr soziale Aufgeshyschlossenheit und Liebe in unseshyren eigenen Reihen Die dritte Forderung aus der Missionssituashytion heraus war fuumlr ihn Der Kashytholizismus muszlig von unten her wieder neu gebaut werden Als letztes forderte er eine neue Halshytung voll Stolz und Mut fOr die Zushykunft

Entwicklung nach dem 11 Weltkrieg

Im Zusammenbruch des Krieges und der Not der Nachkriegszeit war nicht abzusehen daszlig sich durch das seit langem bereits sprichwoumlrtliche Wirtschaftswunshyder in Deutschland die Frage nach der Armut und eines bescheidenen Neuanfangs fuumlr die Kirche bald nicht mehr stellte Wie nie zuvor entwickelte die Kirche gerade seit den 50er Jahren eine rege Taumltigshykeit baute Kirchen Pfarrhaumluser Heime Kindergaumlrten Schulen und andere Bi Idungseinrichtungen Das war noumltig weil sich durch die Millionen von Heimatvertriebenen aus dem Osten die konfessionelle Struktur Deutschlands voumlllig geshywandelt hatte Wo seit der Reforshymation oft kein katholischer Prieshyster mehr gesehen wurde entstanshyden nun neue katholische Pfarreishyen Dioumlzesen wie Hildesheim vermiddot vielfachten ihre Katholikenzahl Gleichzeitig aber muszligten die Vershyantwortlichen in der Kirche mit

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dem immer wachsenden Wohlshystand auch einen staumlndig fortshyschreitenden Ruumlckgang von Relishygioumlsitaumlt und Bindung an die Kirche feststellen Die religioumlse Sinngeshybung hat fuumlr immer weitere Leshybensbereiche an Bedeutung eingeshybuumlszligt Wir sprechen von Saumlkularishysierung Unser Bewuszligtsein und unshyser Denken ist immer mehr vershyweltlicht worden Man scheint Gott nicht zu brauchen Houmlchstens ist er noch notwendig in den Grenzsituationen schwerer Krankshyheit und im Angesicht des Todes Im Alltag brauchen die meisten Menschen wie sie meinen keinen Gott und keine Kirche Im alten Eushyropa ist der Prozeszlig der Entchristlishychung so weit fortgeschritten daszlig man ernsthaft an eine zweite Vershykuumlndigung denken muszlig

So schreibt der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz der Bischof von Mainz DDr Karl Lehshymann zu dieser Entwicklung in seishynem Hirtenwort Was heiszligt NeushyEvangelisierung Europas in der oumlsterlichen Buszligzeit 1991

Zahlreiche soziologische Untershysuchungen haben das seit Jahrshyzehnten bestaumltigt Den Ruumlckgang der Gottesdienstbesucher der Taufen der geistlichen Berufe konnten auch die einzelnen Pfarshyreien selbst feststellen Groszlig anshygelegte Befragungen verschiedeshyner Institute haben zusaumltzlich ershygeben daszlig auch die persoumlnliche Glaubensuumlberzeugung der Glaushybe an einen persoumlnliChen Gott an das Leben nach dem Tode an die

Gottheit Jesu Christi und andere Glaubenswahrheiten drastisch zushyruumlckging Noch mehr galt und gilt das fuumlr die Morallehre der Kirche die anzunehmen und zu bejahen immer weniger katholische Chrishysten bereit sind

Die Kirche war sich dieser Saumlkushylarisierung schmerzhaft bewuszligt Papst Johannes XXIII versuchte deshalb das aggiornamento und berief das 2 Vatikanische Konzil das in verschiedenen Dekreten die Rolle der Kirche in der heutigen Welt als pilgerndes Gottesvolk oder Licht der Voumllker behandelshyte Dieses Konzil verstand sich als Reformkonzil das im Geist des Evangelismus mit dem Blick auf das Heute die Kirche erneuern wollte Papst Paul VI richtete 1975 sein Apostolisches Schreiben Evangelii nuntiandi an den Epishyskopat den Klerus und alle Glaumlushybigen der Katholischen Kirche uumlber die Evangelisierung in der Welt von heute

In dieser Zeit fielen die Bemuumlshyhungen der Politiker um die Einshyheit Europas wobei allerdings wie bereits erwaumlhnt nur die westlishyche nichtkommunistische Haumllfte des Kontinentes gesehen wurde Am 29 Juni 1977 haben die Bishyschofskonferenzen Europas ein Wort zu Europa herausgegeben in dem sie die geschichtliche Rolle Europas betonten den Willen zur Einigung hervorhoben und auf Grundrechte und Grundpflichten hinwiesen Sie stellten fest daszlig die Abkehr von Gott als dem

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Herrn und Schoumlpfer zu menschlichem Niedergang Krieg und Gewalt gefuumlhrt hat Viele Menshyschen auch in unserem Land sind dem Materialismus verfallen In der Folge religioumlser Entwurzelung greifen trotz wachsenden Wohlshystandes Resignation Depression und Angst um sich

Chancen durch den politischen Umbruch im Osten Europas

Es bedurfte aber bei uns einiger entscheidender Ereignisse um die Missionsnotwendigkeit in Europa in ihrer ganzen Weite zu erfassen Dies geschah vor allem durch die Folgen der politischen Wende des Jahres 1989 als die unnatuumlrliche Teilung Deutschlands und Euroshypas unerwartet beendet und fuumlr viele Oberraschend augenscheinshylich wurde wie weit in vier bzw fOnf Jahrzehnten die Entchristlishychung Ost- und Ostmitteleuropas und in uumlber sieben Jahrzehnten in der ehemaligen Sowjetunion fortshygeschritten war Die bedeutende Rolle die dabei der erste slawishysche Papst fuumlr diese Wende spielshyte kann nicht hoch genug angeshysetzt werden Der Pole Johannes Paul 11 hatte sich im Gegensatz zu den Politikern nie mit der Teilung Europas als Folge der Absprachen waumlhrend der Konferenz von Jata abgefunden Er hatte schon bei seiner Reise als Papst nach Gneshysen am Grab des hl Adalbert die Einheit des Kontinents betont und mit der Proklamierung der Slawen-

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apostel Cyrill und Method zu Kronshypatronen Europas diese groszligen Missionare dem hl Benedikt dem Vater des Abendlandes zur Seishyte gestellt

Der Papst hatte auch klar den Marxismus-Leninismus als Uumlbel genannt ja als Schande unseres Jahrhunderts Wie tief diese Ideoshylogie die Seelen der Menschen zershystoumlrt hatte wird heute immer mehr sichtbar

1985 erinnerte Johannes Paul 11 in seinem Rundschreiben Slavoshyrum Apostoli zum 1100 Todestag des hl Method an das Werk der Evangelisierung der beiden Bruumlder aus Saloniki von deren Charisma er hoffte es werde sich in unserer EpOChe in neuer Fuumllle zeigen und neue Fruumlchte tragen Der Papst wuumlrdigte dabei Cyrill und Method wegen ihrer klaren Stellung in all jenen Konflikten die damals die slawischen Gemeinschaften auf ihrem Weg zu staatlicher Organishysation erschuumltterten sie machten sich dabei die Schwierigkeiten und Probleme zu eigen die nicht zu vermeiden waren fOr Voumllker die ihre eigene Identitaumlt unter dem mishylitaumlrischen und kulturellen Druck des neuen roumlmisch-germanischen Reiches verteidigten und versuchshyten jene Lebensformen zuruumlckzushyweisen die ihnen fremd schieshynen Cyrill und Method sind fuumlr den Papst zwei Verbindungsringe eine geistige BrOcke zwischen Ost und West die einen entscheidenshyden Beitrag zur Bildung Europas leisteten und zwar nicht nur in

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der religioumlsen christlichen Geshymeinschaft sondern auch fuumlr seishyne gesellschaftliche und kulturelle Einheit An Grundhaltungen in Ost und West als von den zwei Fluumlshygeln einer Lunge durch die Europa atmet Bei seinem ersten Besuch in der Tschechoslowakei hat im April 1990 der Papst in Velehrad in Maumlhren das der Tradition nach der Bischofssitz des hl Method gewesen sein soll als Reaktion auf den Umbruch in Osteuropa eine Sonderversammlung der Bishyschofssynode fuumlr Europa angeshykuumlndigt die ab 28 November bis zum 13 Dezember 1991 nach Weshygen der Neuevangelisierung Euroshypas fragte das sich nun den Bishyschoumlfen vom Atlantik bis zum Ural als neues Missionsland darstellt Die Grundlagen einer Neuevangeshylisierung hat der Heilige Vater in seiner Enzyklika Redemptoris Missio uumlber die fortdauernde Guumllshytigkeit des missionarischen Aufshytrages vom 7 Dezember 1990 deutshylich aufgezeigt Der Paumlpstliche Rat fOr den Interreligioumlsen Dialog und die Kongregation fuumlr die Evangelishysierung der VOumllker haben am 19 Mai 1991 unter dem Titel Dialog und Verkuumlndigung Uumlberlegungen und Orientierungen zum Interrelishygioumlsen Dialog und zur Verkuumlndishygung des Evangeliums Jesu Chrishysti geboten Wie sich 1979 die 3 Vollversammlung des lateinamerishykanischen Episkopates mit der Evangelisierung ihres auf dem Pashypier katholischen Kontinentes in Gegenwart und Zukunft beschaumlfshy

tigte so haben Ende 1991 die euroshypaumlischen Bischoumlfe ihre Konzeptioshynen vorgelegt Die Tatsache daszlig unter ihnen Maumlnner waren die in Gefaumlngnis und Arbeitslager litten und als Geheimbischoumlfe wirkten ist dabei ebenso von Bedeutung wie das Faktum daszlig es 1991 in Teilen Europas wieder auch vom Staat anerkannte Bischoumlfe gab wo seit den zwanziger und dreiszligishyger Jahren dieses Jahrhunderts keinerlei kirchliche Struktur mehr auszliger einzelnen Gemeinden vorshyhanden war Unter dem Titel Dashymit wir Zeugen Christi sind der uns befreit hat betonte die Sonshyderversammlung im Schluszligdokushyment die gegenwaumlrtige historische Stunde fuumlr den christlichen Glaushyben Europas und wies auf Wege der Neuevangelisierung hin Fast im Schatten der Bischofssynode hatte vom 12 bis 18 November 1991 in Santiago de Compostela (Spanien) die tonfte Europaumlische oumlkumenische Begegnung zwishyschen der Konferenz Europaumlischer Kirchen (KEK) und dem Rat der Eushyropaumlischen Bischofskonferenzen (CCEE) stattgefunden Im Bericht der Praumlsidenten dieser Versammshylung Dean John Arnold und Carlo Maria Kardinal Martini wird das Ausmaszlig der christlichen Verantshywortung angesichts des Evangeshyliums hervorgehoben und die Uumlbershyzeugung ausgesprochen daszlig das Evangelium in Europa Zukunft habe Schon erheben sich auch neshygative ja feindliche Stimmen die von einer Rekonfessionalisierung

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einer Ruumlckkehr der Katholen oder von Proselytenmacherei spreshychen Es gibt aber auch falschen Triumphalismus in katholischen Kreisen der nur den scheinbaren Sieg Ober den atheistischen Marshyxismus sieht dabei aber nicht wahrhaben will daszlig es noch nicht der Glaube oder die Religion ist die das Vakuum in den Seelen aufshygetollt und erfuumlllt haben

2 Was steckt hinter dem Begriff des christlichen Abendlandes shyoder Wie christlich ist Europa

Ohne Zweifel ist das Christenshytum eine der wesentlichsten Kraumlfshyte die Europa und seine Kultur entscheidend mitgestaltet ja nach einem Wort von Papst Pius XII die Seele seiner Voumllker am tiefsten geformt haben Zur Geshyschichte dieses Kontinents und seiner Entfaltung gehoumlrt das misshysionarische Wirken groszliger Heiliger wie Benedikt KOlumban Bonifashytius Cyrill und Method Ansgar und Adalbert Diese Missionare haben auf Dauer das Antlitz Euroshypas entscheidender gepraumlgt als dies groszlige Herrscher Eroberer oder Heerfuumlhrer taten

Der erste Bundespraumlsident des jungen Nachkriegsdeutschland Theodor Heuss sagte Ober Euroshypa es stehe gleich Saumlulen auf drei Huumlgeln auf der Akropolis dem Kashypitol und Golgotha Es habe also eine hellenistische eine roumlmische und eine auf Jesus Christus zushyruumlckzufuumlhrende christliche Grundshy

lage wobei letztere die bei den anshyderen integrierte

Leider ist es durch die Entfremshydung zwischen Ost und West nach der groszligen Kirchenspaltung des Jahres 1054 zur Fehlleistung eishyner ganzen Kulturepoche Euroshypas gekommen als jenes zaumlhleshybige oft wiederholte Kulturbeshywuszligtsein und Geschichtsbild etlishycher Generationen ja sogar das Selbstverstaumlndnis der roumlmischen Kirche praumlgende Diktum (Ernst Nittner) von den drei anderen Saumlushylen entstand von Antike Christenshytum und Germanentum die den Bau Europas tragen bzw von den drei Wurzeln aus denen das Abendland gewachsen sei Der Osten Europas kommt in beiden Bildern von den drei Huumlgeln und von den drei Saumlulen zu kurz sei es der slawische Osten sei es die beshysondere Geistigkeit oumlstlichen Chrishystentums das in Osteuropa mehr vom Slawenturn gepraumlgt ist als vom Griechentum

Als Papst Pau VI 1964 den hl Benedikt zum Patron Europas und zum Vater des Abendlandes erhob ging er davon aus daszlig nach dem Ende des alten Westroumlmishyschen Reiches und nach dem Ende der Voumllkerwanderung die Geshyburt Europas anzusetzen ist Karl der Groszlige ist bereits von Zeitgeshynossen als verehrungswordige Zierde Europas als Pater Euroshypae bezeichnet worden

Doch sein Reich dieses junge Europa war noch ein Kleineuropa kleiner als die EWG das Europa

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der sechs GrOndungsmitglieder der heutigen EG da damals unter Karl dem Groszligen ganz Suumld italien noch unter byzantinischer Herrshyschaft war allerdings die Gebiete der heutigen Schweiz und die Grenz-Marken in Oumlsterreich und Nordspanien dazugehoumlrten Dazu kam daszlig in Konstantinopel der alte roumlmische Reichsgedanke weiterlebte und dieses Faktum zum Dualismus Rom-Byzanz fuumlhrshyte Der polnische Historiker Oskar Halecki kommt sogar zum Schluszlig daszlig die Errichtung des Reiches Karl des Groszligen kein Schritt Inteshygration eines groumlszligeren christlishychen Europas war sondern zushynaumlchst den damals bereits vorhanshydenen Ost-West-Dualismus noch erneuerte und verstaumlrkte

Dazu kam daszlig die unstreitbar groszligartige Leistung Karls des Groshyszligen ohne Kontinuitaumlt war ja nach dem Tod des Kaisers Niedergang und Zerfall kamen ehe Otto I mit seiner Kaiserkroumlnung im Jahre 962 an Karl den GroBen anknuumlpfte Dashybei konnte er allerdings das Reich Karls nicht erneuern sondern nur im Ostfrankenreich dem spaumlteren Deutschland das Ende des karoshylingischen Staates machtpolitisch weiterfuumlhren

Die Missionierung Osteuropas Doch gerade in dieser Zeit des

Zerfalls des Reiches Karls des Groszligen im 9 Jahrhundert faumlllt die Mission der Slawenapostel Cyrill und Method Ihr Hauptwirkungsgeshybiet ist Maumlhren und Pannonien die

alten Hauptdurchzugsgebiete der Voumllkerwanderung Mit seinem Wahlspruch ora et labora (bete und arbeite) mit der Gruumlndung von Kloumlstern und der Pflicht der Seszligshyhaftigkeit der Moumlnche hatte SI beshynedikt die Unruhe der Voumllkerwanshyderung gebaumlndigt und uumlberwunshyden Seit dem Jahre 863 missioshynierten Cyrill und Method die Mitshypatrone Europas in Gebieten die nicht zum Roumlmischen Reich und nicht zum Reich Karls des Groszligen gehoumlrt hatten Die eigentliche Inteshygration Europas ist nicht nur von Reichsgedanken her erfolgt nicht von der Zugehoumlrigkeit zum Impeshyrium (sei es byzantinisch sei es fraumlnkisch-roumlmisch) sondern durch Mission und Christianisierung durch welche griechisch-roumlmische Kultur zunaumlchst in das Groszligrnaumlhrishysche Reich dann in andere slawishysche Staatswesen aber auch bald in das nichtslawische Reich der Ungarn eindrang Mit dem Chrishystentum wurde das Erbe der Antishyke von jungen Voumllkern uumlbernomshymen die sich auBerhalb des Impeshyriums entwickelten so wie ein Jahrhundert zuvor unter Bonifashytius das gleiche in unserer Heimat geschah und spaumlter im Norden durch Missionare wie Ansgar ershyfolgte Durch die Christianisieshyrung durch die Uumlbernahme des kulturellen Reichtums der roumlmishyschen und griechischen Antike entstand in einem langen Entwickshylungszeitraum Europa

In seinem geistvollen Vortrag Ober Cyrill und Method - Schutzshy

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heilige Europas schreibt Ernst Nittner uumlber die Zeit des 10 Jahrshyhunderts als nach der Vertreibung der Schuumller des heiligen Method nach dessen Tode diese eine neue Wirkungsstaumltte in Bulgarien fanshyden und nach dem Ende des GroBshymaumlhrischen Reiches auf Teilen seines Bodens ein christlicher unshygarischer Staat entstand

Die Geburt Europas war abgeshyschlossen West und Ost waren inshytegriert in die europaumlische Geshymeinschaft des Denkens und Glaubens

Griechische Philosophie und die roumlmischen Kriterien von Recht und Ordnung waren uumlberhoumlht durch die christliche Heilsbotschaft durch das neue Bild von Gott und Mensch

Im Westen - aber keineswegs nur fuumlr den Westen - hatte St Beshynedikt den kultursoziologischen Imperativ des Ora et labora mit der Absage an ausschlieszligliche Kontemplation ebenso wie an leishystungsbesessenes Robotertum eingebracht

Cyrill und Method hatten bei den slawischen Voumllkern - aber keineswegs nur fuumlr sie - die Freishysetzung volkhafter Kraumlfte fOr das Wirken der Kirche den Gedanken des Glaubens und Verkuumlndens aus der ethnischen Voraussetzung des Betens und Eucharistiefeierns in der Muttersprache hinzugefOgt Man sagt daszlig hier eigentlich antishyzipiert wurde was tausend Jahre spaumlter durch das Zweite Vatikanshyum verwirklicht wurde

Geburtsstunde Europas

Wir koumlnnen also von einer Geshyburtsstunde Europas sprechen muumlssen uns dabei aber immer wieshyder vor Augen halten daszlig auch dashymals Europa nie wirklich eine Einshyheit war weder regional noch imshyter den Bedingungen des Heiligen Roumlmischen Reiches Deutscher Nation (David Seeber) Es lebte immer in Spannungen und Gegenshysaumltzen in Konflikten und Auseinshyandersetzungen Selbst wenn es (nach den Worten des Papstes) durch das Christentum mit beiden Lungen atmete war dies doch zeitshyund perspektivenverschoben Eushyropa ist eben ein anders beschatshyfener Kontinent als wir ihn in den uumlblichen Europa-Sonntagsreden praumlsentiert bekommen schreibt David Seeber in einem Leitartikel der Herder-Korrespondenz im Sepshytember 1991 als dieses Europa sich lange als nicht handelndes Subjekt im Jugoslawienkrieg ershywies als zu schwach um als geshysamteuropaumlisches Ordnungseleshyment oder auch nur als friedensshystiftender Moderator auftreten zu koumlnnen Zwar hat Europa immer existiert aber nur in seiner Vielshyfalt wobei die Vielfalt politisch kulturell geistig und regional war Seine Geschichte nach der Geshyburtsstunde ist gekennzeichnet von MachtansprOchen und Geshywalt von Kaumlmpfen mit Siegen und Niederlagen die bereits im Mittelshyalter und in der frOhen Neuzeit nicht erst 187071 oder in den beishy

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den Weltkriegen dieses Jahrhunshyderts Feindschaft zwischen den Voumllkern als den Traumlgern Europas schufen

Wie die Trennung von Ost- und Westkirche im Jahre 1054 haben weitere Kirchenspaltungen wie die der Reformation zu erneuter Trenshynung gefOhrt Auch wenn sie nicht die europaumlischen Dimensionen hatten wie nach 1517 durch Lushyther so haben auch andere religioumlshyse Konflikte (denken wir an die Hussitenkriege) zu Feindschaft und Auseinanderleben gefahrt Ein trauriger Houmlhepunkt dieses Geshygeneinander war sicher der Dreishyszligigjaumlhrige Krieg als Mitteleuropa Aufmarschplatz von Armeen aus weiten Teilen Europas von Spashynien bis Schweden war

Gemeinsamer Urgrund Dennoch blieb diesem Europa

ein gemeinsamer Urgrund das Christentum Nicht zufaumlllig haben groszlige Geister vor 200 Jahren in eishyner der unseren vergleichbaren Zeit nach den Wirren und Fehlentshywicklungen der Franzoumlsischen Reshyvolution ihre Blicke von Aufklaumlshyrung Rationalismus und Materiashylismus abgewandt und versucht sich an Grundwerten des mittelalshyterlichen Europa zu orientieren Der Dichter Novalis der eigentlich Friedrich Karl von Hardenburg hieszlig und als Leiter der Bergwerke in Sachsen von Haus aus ein Nashyturwissenschaftler war hat dashymals eine Schrift verfaszligt Die

Christenheit oder Europa Er meinte damit keinen Gegensatz sondern voumlllige Identitaumlt Fuumlr Noshyvalis ist Europa nach seiner Hershykunft christlich es wird christlich sein oder gar nicht mehr existieshyren Nicht umsonst nennen wir Noshyvalis einen Vertreter der Romantik aber dennoch mOssen wir uns heushyte auf die christlichen Grundwerte zurOckbesinnen auf denen Europa aufbaut Das Christentum hat jeshynen gewaltigen Integrationsproshyzeszlig vollbracht der Europa seine christlich-humanistische Praumlgung gab Der Integrationsprozeszlig zeigt sich in Begriffen wie Menschenshywuumlrde Unantastbarkeit der Pershyson Freiheit Gerechtigkeit Solishydaritaumlt Gemeinschaft und persoshynelle Verantwortung auf die aber kein christlicher Monopolanshyspruch besteht und die auch von Nichtchristen geachtet und gelebt werden Diese Werte stammen aus dem Schatz der Antike aus vorshychristlicher Zeit als ethnische Forshyderungen eines Sokrates Plato oder Aristoles an die Menschen Diesen Werten hat das Christenshytum die transzendente Hinwenshydung auf den Erloumlsergott den SChoumlpfer allen Lebens hinzugeshyfuumlgt was wir an Grundwerten menschlicher Existenz wie Freishyheit - Menschlichkeit - Geshyrechtigkeit besonders sporen Sie gehoumlren seit der griechischen Philosopie zum Wesen Europas wurden aber durch das Christenshytum besonders ausgeformt und zaumlhlen gerade heute zu den W9shy

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sentlichen Grundlagen eines neushyen Europas

Wenn dieses Europa Missionsshyland ist so ist eine Bestandsaufshynahme seiner noch vorhandenen christlichen Substanz notwendig In Prozenten ausgedruumlckt ist der Anteil der auf Christus Getauften in den letzten Jahrzehnten gewalshytig zuruumlckgegangen Zwar gab es in Europa mit den Juden und seit der Neuzeit auch durch die Muslishyme auf dem Balkan starke nichtshychristliche Bevoumllkerungsgruppen In Osteuropa zaumlhlten bis zum Hoshylocaust die Juden noch Millionen Die Sonderversammlung der Bishyschofssynode spricht im Schluszligshydokument von der besonderen Beshydeutung des Judentums dessen Glauben und Kultur ein konstitushytiver Teil der Entwicklung der euroshypaumlischen Humanitaumlt sind Die Versammlung stellt auch die Wichtigkeit der Beziehungen zu den Muslimen fest nicht nur weshygen vergangener Ereignisse sonshydern auch im Blick auf unsere Zushykunft zumal eine starke Wandeshyrungsbewegung aus den Islamishyschen Nationen stattfindet M iIshylionen von Muslimen gibt es seit langem im europaumlischen Teil Ruszligshylands auf dem Balkan in Bulgashyrien Albanien und Jugoslawien doch war mit Ausnahme des erst nach den Balkankriegen 191213 entstandenen jungen Staates Alshybanien die uumlberwaumlltigende Mehrshyheit der europaumlischen Bevoumllkeshyrung christlich Gewiszlig war es oft nur ein Kulturprotesfantismus

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oder Kulturkatholizismus im Osten auch eine Kulturorthodoxie Man wurde getauft gefirmt oder konfirmiert kirchlich getraut und begraben~ Aber man wuszligte um das geistige Erbe des Christentums von dem man auch als Atheist noch zehrte

Entchristlichung und Saumlkularisierung

Heute ist das anders Wenn von der Wiedervereinigung Deutschshylands im Jahre 1989 fuumlr die alte Bundesrepubulik noch 44 Proteshystanten und 471 Katholiken anshygegeben wurden so war das beshyachtlich 64 waren sonstige Konfessionen darunter 25 Millioshynen Muslime (meist Tuumlrken) aber auch Hunderttausende von Orthoshydoxen als griechische oder jugoshyslawische (serbische mazedonishysche) Gastarbeiter Die eigentliche Zahl von Atheisten war also relativ gering Nach der Wiedervereinishygung bekennen sich nur 73 der Deutschen zu einer christlichen Konfession weil der neue Mensch des Marxismus-Leninismus der von jeder Entfremdung frei sein sollte auch frei wurde von der Abshyhaumlngigkeit von Gott Was die Zahl von 73 Christen in Deutschland nicht ausdruumlckt ist das Ausmaszlig der Entchristlichung der mittleren und juumlngeren Generation Wenn die waumlhrend der ersten Nachshykriegszeit Geborenen auch in der ehemaligen DDR noch zu uumlber 90 getauft wurden so muumlssen

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die Prozentsaumltze der in der letzten Jahren und heute Getauften ershyschreckend niedrig sein um auf nur 73 Christen zu kommen Und es ist so In den neuen Bundeslaumlnshydern sind noch 21 der Buumlrger evangelisch und 36 katholisch D h daszlig nicht einmal ein Viertel der Bevoumllkerung christlich ist In Staumldten wie Erfurt mit reicher christlicher Tradition einem Bishyschof einem Priesterseminar vershyschiedenen Kloumlstern und anderen kirchlichen Einrichtungen werden von 100 Neugeborenen nur fuumlnf geshytauft davon drei protestantisch und zwei katholisch Als die DDR 1949 gegruumlndet wurde bekannten sich uumlber 90 der Erfurter Buumlrger als Christen

Halten wir dagegen Zahlen aus der Mission in Uumlbersee Im afrikashynischen Ruanda gibt es 50 Kashytholiken und 12 Protestanten in Swasiland sind uumlber 60 Chrishysten in Uganda die Haumllfte der Beshyvoumllkerung

Aumlhnliche Zahlen wie aus der ehemaligen DDR wenn auch nicht so kraszlig gibt es auch aus dem uumlbshyrigen Ostblock In der CSFR beshykennen sich nur noch 40 der Beshyvoumllkerung als Christen Doch ist zu entscheiden ob ein Bekenntnis zur Kirche nur aumluszligerlich ist weil sich das Volk mit der Nationalkirshyche identifiziert die in schwerer Zeit die Rechte des Volkes vertrat oder ob das Bekenntnis bereits als echter Ausdruck lebendigen christlichen Glaubens gewertet werden kann der auch in der Zeit

der Atheisierung und des Kirchenshykampfes lebendig blieb

Verluste hat das Christentum aber auch im Westen Europas ershylitten Bei den Lutheranern Skandishynaviens und den Anglikanern in Groszligbritannien ist christliche Subshystanz ebenso von der Erosion durch den praktischen Materialisshymus bedroht wie die katholischen Laumlnder Suumldeuropas von der Saumlkushylarisierung betroffen sind In Frashygen der Abtreibung oder Ehescheishydung hat weder in Italien noch in Spanien die Kirche eine Mehrheit der Bevoumllkerung hinter sich

Vormarsch nichtchristlicher Religion

Mit dem Ruumlckgang des Chrishystentums waumlchst gleichzeitig durch Wanderbewegungen der Anshyteil nichtchristlicher Religionen (Islam) ja konvertieren ehemalige Christen zu neuen Religionen (Hara-Krishna Vereinigungskirche ua) Vor allem der Islam entwikshykelt in Europa eine Missionsstrateshygie die nach dem Ende des Ostshyblocks noch offensiver wird Bisshyher lebten die alteingesessenen Muslime Europas bis auf Grieshychenland Zypern und der Tuumlrkei unter kommunisterischer Herrshyschaft Es gibt in diesen Laumlndern folgende Zahlen von Muslimen 1 GUS-Staaten (Europaumlischer Teil) Ober 12 Millionen Muslime 2 Jugoslawien uumlber 4 Millionen Muslime 3 Albanien uumlber zwei Millionen (Sunniten und Bektaschi)

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4 Bulgarien Ober eine Million 5 Rumaumlnien etwa 50000 6 Polen einige Tausend

Von diesen Laumlndern war in Albashynien den Muslimen wie auch den anderen Konfessionen jede RelishygionsausObung verboten In der Sowjetunion in Bulgarien und Rushymaumlnien wurde der ISlam diskrimishyniert und unterdruumlckt In Jugoslashywien konnte dagegen schon 1977 in Sarajevo mit massiver arashybischer Hilfe eine Islamische Theologische Fakultaumlt gegruumlndet werden Auszligerdem bestehen dort die Koranschulen (Medresen) in Sarajevo (mit serbokratischer Unshyterrichtssprache) in Pristina (fuumlr Albaner) und Skopje (fuumlr Tuumlrken und Mazedonier) Die Muslime im ehemaligen Jugoslawien haben heute eine eigene Presse und geshyben Dutzende von religioumlsen Buumlshychern heraus Im zerfallenen Jugoshyslawien wird vor allem in der Repushyblik Bosnien-Herzegowina den Muslimen mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden muumlssen Eine aumlhnliche Entwicklung vOllzieht sich heute in der ehemaligen Soshywjetunion Bulgarien und Albashynien Manche Staaten der GUS hashyben islamische Mehrheiten Sollshyten alle Staaten der GUS Mitglied der KSZE werden bedeutet dies eishynen entscheidenden Schritt des Isshylams nach Europa

Auszliger in Griechenland (140000) und Zypern (152000 Muslime) sind die muslimischen Gruppierungen in Europa Folgen juumlngst erfolgter Auswanderungen 1991 kann man

fOr Europa folgende Zahlen angeshyben Deutschland 25 Millionen

Muslime Frankreich 21 Millionen Groszligbritannien 1 Million Niederlande 300000 Belgien 250000 Italien 200000 Spanien 80000 Schweiz 70000

Der Streit um den Bau eine riesishygen Moschee in Rom hat der Weltshyoumlffentlichkeit gezeigt daszlig selbst in der Stadt des Papstes die Lehre Mohammeds vertreten ist Das Centro Islamico Culturale dltalia in Rom verfuumlgt uumlber eine Sonnshytagsschule und gibt monatlich ein Bulletin (in italienischer und englishyscher Sprache) heraus

In Spanien gibt es seit 1980 wieshyder aktive Moscheen Damals uumlbergab der kommunistische Buumlrshygermeister von Cordoba den Musshylimen eine alte Moschee die aber Jahrhundete hindurch als Kirche gedient hatte 1982 wurde in Pedro Abad bei Cordoba eine zweite Moshyschee eroumlffnet Eine weitere entshystand in Madrid In der Schweiz beshystehen Moscheen ua in Zuumlrich und Genf In Genf hat das Islamishysche Zentrum zahlreiche Schriften in Franzoumlsisch publiziert was die Islamische Gemeinschaft in der deutschsprachigen Schweiz von Zuumlrich aus in deutscher Sprache tut

Dieser europaumlische Islam wird heute in weltweite Missionsplashynungen einbezogen das zeigen

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uumlberregionale islamische Organishysationen wie der Islamic Council of Europe in London und der Moshyscheenrat fuumlr Europa in BrUumlsse

Ein Vergleich der Erfolge des Isshylams mit der christlichen Mission dieses Jahrhunderts faumlllt eindeushytig zu ungunsten des Christenshytums aus Waumlhrend das Christenshytum z B in rein islamischen Laumlnshydern wie Saudi-Arabien den arashybischen Emiraten oder dem Jemen (auch in Afghanistan) nie Fuszlig faszligshyte gibt es heute Millionen von Muslimen in Westeuropa In vielen muslimischen Laumlndern ist die Zahl der Christen erschreckend zuruumlckshygegangen z B in der Tuumlrkei aber auch in Algerien In einem muslishymischen Land wie Somalia das Jahrhunderte hindurch italienisch war gibt es heute weniger Katholishyken (2500) als Muslime in Luxemshyburg (3000) Gerade solche Vershygleiche zeigen den Vormarsch des Islam Die Zahl der Muslime in Oumlsterreich und der Schweiz ist groumlshyszliger als die Zahl der Katholiken in Kuwait oder Lybien es gibt in Belshygien mehr Muslime als Christen in Bangladesh ganz zu schweigen von den Millionenzahlen der Muslishyme in Deutschland Frankreich und Groszligbritannien

3 Welche Rolle spielt die katholishysche Kirche Deutschlands in diemiddot sem Europa

Die Lage Deutschlands in der Mitte unseres Kontinentes vershypflichtet uns deutsche Katholiken

besonders beim Aufbau eines neushyen Europas und bei seiner Neushyevangelisierung Die Teilung Euroshypas in Ost und West war auch 40 Jahre lang eine Teilung unseres Vaterlandes das erst seit dem 3 Oktober 1990 wieder geeint ist So wie wir in Deutschland nun zusamshymenwachsen und eine gemeinsashyme Zukunft gestalten soll auch die Zukunft eines gemeinsamen Europas erstehen Dabei ist das vereinte Deutschland in einer unshygleich besseren Lage als Europa Es spricht eine gemeinsame Sprashyche und blickt auf eine gemeinsashyme Geschichte zuruumlck waumlhrend die Voumllker Osteuropas gegenuumlber Westeuropa sprachlich isoliert sind und keine Hilfe vom Westen erwarten koumlnnen die der Hilfe der alten fuumlr die neuen deutschen Bunshydeslaumlnder entspricht

Zwei Tatsachen sind es auszliger seiner Lage in Mitteleuropa die Deutschland bei der Neuevangelishysierung des Missionslandes Euroshypa zu besonderer Aufgabe berushyfen a seine Erfahrungen mit dem Zushysammenbruch einer menschenvershyachtenden Ideologie 1945 und b seine Verflechtungen mit ganz Europa durch deutsche Volksgrupshypen im Osten

a Der bereits zitierte P Ivo Zeishyger stellte auf dem Mainzer Kathoshylikentag 1948 fest daszlig die katholishysche Kirche Deutschlands damals in ihrem aumluszligeren Gefuumlge und mashyteriellen Bestand von der gleichen Not betroffenmiddot war wie das Volk

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selbst Dagegen sei sie von einem inneren Zusammenbruch vershyschont geblieben da weder der Kirche als solcher noch dem einshyzelnen glaumlubigen Katholiken eine Weltanschauung zerbrach die er begeistert angenommen haumltte Im Gegenteil der christliche Glaube hat sich als richtig erwieshysen und kann sich erneut in Freishyheit erweisen In dieser Hinsicht steht die Kirche heute fester da als noch vor Jahren Die harte Pruumlfung war eine Laumluterung und wie alles Kreuz Christi ein heiliger Segen

Das gilt auch fOr die katholische Kirche nach dem Zusammenbruch der marxistisch-leninistischen Ideologie in Osteuropa In Laumlndern wie der Tschechoslowakei wuchs die Autoritaumlt der Kirche durch ihre Haltung in der Verfolgung und ihr Einstehen fuumlr die Rechte der Menshyschen Trotz der Schwaumlche einzelshyner Kirchenglieder die den Verlokshykungen des Regimes oder seinen Drohungen erlagen war die kathoshylische Kirche in den meisten Ostshyblockstaaten die einzige Institushytion die sich nicht mit dem Reshygime liierte Wie 1945 hat auch das Jahr 1990 eine neue Lage fuumlr kirchshyliches Leben und Wirken gebracht Die Voraussetzungen waren grundlegend veraumlndert der mateshyrielle Bestand auch die inneren Grundgegebenheiten der Menshyschen Dazu P Zeiger 1948 Kein Bedauern kein Klagen nach dem guten Alten bringt uns jene Vorshyaussetzungen wieder zuruumlck Wenn wir glauben wollten die wie-

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dergekehrte Freiheit erlaube ein einfaches Wiederaufnehmen der Arbeit an der Stelle wo sie uns aus der Hand geschlagen wurde wuumlrshyden wir uns einer tiefen Taumlushyschung hingeben und mOszligten uumlber kurz oder lang eine noch tiefere Enttaumluschung erleben

Es ist daher von Nutzen daszlig wir eine moumlglichst klare und ehrliche Bestandsaufnahme vornehmen

Das sind mutige Worte geweshysen die auch heute die Kirchenshymaumlnner im Osten beherzigen muumlsshysen Die Lage 1992 ist eine andere als in den Jahren da in Ruszligland nach 1917 und in den Satellitenshystaaten die Verfolgung begann Die territoriale Kircheneinheit war zerstoumlrt und die Geschlossenheit der Gemeinden durchbrochen Auch nach 1945 waren die Glaumlubishygen dafOr nicht vorbereitet ebenso wenig wie 1989 auf den Fall der Mauer Aber die Kirche stellte sich die Aufgabe nicht nur im zerschlagenen Deutschland Sie erhelt materielle und geistge Hilfe aus dem Ausland zum Beishyspiel aus den USA und von den Kashytholiken Flanderns die mit den Kashypellenwagen des Speckpaters P Werenfried van Straaten auch pershysonelle Hilfe in die Diaspora sandshyten Die Offenheit mit der P Zeishyger 1948 vor der OumlffentliChkeit eishynes KathOlikentages Beispiele zur Vertiefung der Forderungen zog verdient auch heute Beachtung

b Nach dem Zweiten Weltkrieg hat das zerstoumlrte Deutschland 15 Millionen Deutsche aus dem

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Osten aufgenommen die seit Jahrhunderten vom Finnischen Meerbusen im Norden bis zum Schwarzen Meer mit Europaumlern anshyderer Nationalitaumlt und Muttersprashyche meist in Eintracht und guter Nachbarschaft lebten Millionen von Deutschen sprachen die Sprashychen ihrer Nachbarn Estnisch Lettisch Litauisch Russisch Polshynisch Ukrainisch Tschechisch Slowakisch Ungarisch Rumaumlshynisch Slowenisch Serbisch und Kroatisch In vielen dieser alten Siedlungsgebiete war Europa als multikulturelle Einheit in der Vielshyfalt vorweggenommen auch in den Kirchen wo in gemischtsprashychigen Pfarreien und Dioumlzesen der Multinationalitaumlt und ethnischen Vielfalt Rechnung getragen wurde Der Eiserne Vorhang hat nach Flucht Vertreibung und Umsiedshylung der meisten dieser Deutschen aus dem Osten diese Gebiete zu einer terra incognita gemacht Ihre Sprachen und ihre Kultur wurde vernachlaumlssigt ihre Geschichte und Literatur kaum beachtet Auch in der Kirche und in der kirchlichen Erwachsenenbildung herrschte bis zur Wende von 1989 mehr Intershyesse fuumlr Suumldafrika und Chile als fuumlr die Kirchenverfolgung in litaushyen oder in der Tschechoslowakei Unsere Jugend beschaumlftigt sich mit der Theologie der Befreiung und mit Basisgruppen in Lateinshyamerika nicht aber mit der Theoloshygie des Uumlberlebens im Ostblock oder mit Basisgruppen in Ungarn

Die Kirche in der ehemaligen

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DDR hatte in der Vergangenheit viele Kontakte zu den einzelnen katholischen Kirchen Osteuropas bis hin zu den verschleppten Deutshyschen in Zentralasien und Sibirien Diese Erfahrungen gilt es heute zu nutzen und zu vertiefen vor allem weil die Kirche der DDR von Anshyfang an als kleine Herde die Diashysporasituation erlebte als christlishyche Gemeinschaft in atheistischer Umwelt zu leben Deutsche Kathoshyliken aus dem Osten wurden in der Bundesrepublik Wegbereiter der Versoumlhnung mit den Nachbarvoumllshykern z B die sudetendeutsche Akshykermanngemeinde mit den Tscheshychen Deutsche und polnische Bishyschoumlfe sprachen bereits vor 25 Jahren am Ende des 2 Vatikashynums die wichtigsten Aufgaben an Vergebung und Bitte um Vergeshybung In einem Europa das mit dem Zerfall von Vielvoumllkerstaaten wie der ehemaligen Sowjetunion oder Jugoslawien neuen Nationashylismus aufgebrochene alte Feindshyschaft ja sogar Krieg wiederershylebt werden wir die Aufgabe zu versoumlhnen und Frieden zu stiften sehr ernst nehmen muumlssen

4 Welches Europa wollen wir baushyen

In ihrem Brief zur Versoumlhnung mit dem tschechischen Volk schreiben die deutschen Bischoumlfe In unseren Tagen hat eine demoshykratische Revolution in Mittel- und Osteuropa die kuumlnstlich zwischen den Voumllkern aufgeriChteten Barrieshy

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ren niedergerissen Europa als geistige Einheit wird fuumlr uns uumlbershyall dort erlebbar wo Grenzsperren fallen und die Menschen die jahrshyhundertelang gewachsene Zusamshymengehoumlrigkeit benachbarter Staaten und Landschaften mit neuem Leben erfOllen

Europa der Menschen Als Christen bauen wir ein Euroshy

pa der Menschen nicht der Techshynokraten oder ein Europa egoistishyscher Staaten die ihre Privilegien verteidigen Die Pastoralkonstitushytion des Zweiten Vatikanums Gaudium et spes gibt uns dazu Mut wenn sie in Artikel 3 sagt daszlig die auf die Liebe Jesu Christi aufshygebaute Gemeinschaft des Volkes Gottes durch die Gnade jene Heilsshykraumlfte einbringen kann die auf beshysonders wirksame Weise helfen koumlnnen die menschliche Person zu retten und die Gesellschaft nach dem Maszlig der Menschenwuumlrshyde aufzubauen

Die Forderungen nach der Achshytung der Menschenwuumlrde der Kampf um die Menschenrechte waren die staumlrkste Kraumlfte bei der Umgestaltung im Osten in dem wir heute die Folgen einer kollektishyvistischen Ideologie zu bewaumlltigen haben Menschenwuumlrde ist seit der Antike eine wesentliche Fordeshyrung europaumlischen Denkens Sie ist nur in der Anerkennung des anshyderen in der Gemeinschaft also in Solidaritaumlt durchsetzbar Sie setzt voraus daszlig Menschen fuumlreinander

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einstehen etwa in der sozialen Sishycherung Unser neues Europa wird dafuumlr sorgen muumlssen daszlig die Prinshyzipien der Solidaritaumlt und Subsishydiaritaumlt nicht nur erhalten sondern ausgebaut werden

Europa der Voumllker

Wir bauen ein neues Europa nicht der Staaten sondern seiner Voumllker Die Versuche des 19 und 20 Jahrhunderts Nationalstaaten zu schaffen sind meist gescheishytert Die Anerkennung aller Voumllker und Volksgruppen und der Schutz nationaler Minderheiten ist eine Voraussetzung europaumlischen Zushysammenlebens und schlieszligt jede Diskriminierung aus Wie in allen Missionslaumlndern kommt dabei auch im Missionsland Europa der Kirche eine groszlige Bedeutung zu Der Gott Abrahams Isaaks und Jashykobs ist der Gott aller Voumllker In diesem Jahrhundert haben die Paumlpste immer wieder die Rechte kleiner Voumllker auch in Europa vershyteidigt Johannes Paul 11 hat zum Weltfriedenstag 1989 den Schutz der Minderheiten verlangt wobei sein Ausgangspunkt die Personalishytaumlt des Menschen ist Wenn TeilshyKirchen bisweilen nationalistishyschen Versuchungen erliegen und gegen Ober anderen Gruppen mit anderer sprachlicher oder kulturelshyler Identitaumlt uumlbersehen daszlig sie Glied der Weltkirche sind dann muszlig im Interesse Europas daruumlber informiert und nach einer Loumlsung gesucht werden

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5 Welche Aufgaben liegen vor uns Wie koumlnnen wir mitbauen

Europa ist Missionsland - wie koumlnnen organisiert Laien mittun beim Aufbau dieses neuen Euroshypa

Der heute schon legendaumlre Gruumlnder der Ostpriesterhilfe der Nachkriegszeit P Werenfried van Straaten hat fruumlher bei Aufrufen fuumlr die verfolgte Kirche von einer dreifachen Solidaritaumlt gesproshychen a) der Solidaritaumlt des Gebetes b) der Solidaritaumlt der Information c) der Solidaritaumlt der Hilfe

Er sprach schon vor Jahrzehnshyten davon daszlig nicht nur die vershyfolgte Kirche im Osten eine Kirche in Not sei sondern auch die Kirche des Westens War vor der Wende die Kirche im Osten durch die Vershyfolgung atheistischer Machthaber bedroht so erfolgte die Bedrohung der Kirche im Westen vor allem durch Saumlkularisierung und praktishyschen Materialismus Nachdem heute sogar in Albanien das sich 1967 zum ersten atheistischen Land der Welt erklaumlrt hatte die VerfOlgung beendet ist bleiben alle Kirchen des Missionslandes Europa Kirchen in Not die Gebet Information und Hilfe brauchen

a Gebet Benedikt Cyrill und Method

sind Patrone Europas aber wann haben wir ihre Fuumlrsprache fOr unshyseren Kontinent und seine Probleshy

me angerufen Patronat im alten Sinne war nicht ein einseitiges Verhaumlltnis des Schutzes sondern ein Treueverhaumlltnis wechselseitishyger Verpflichtungen Das heiszligt daszlig wir uns nicht nur auf ihre Fuumlrshysprache verlassen sie betend um Hilfe anrufen sondern auch aktiv fuumlr das eintreten wofuumlr sie Leitshybild des Handeins sind

Gebetesstunden Wallfahrten zu ihren Ehren die Benennung von Gruppen Organisationen ja auch Pfarreien und Kirchen nach den Patronen Europas und anderer eushyropaumlischer Heiliger - das sind Mittel die wir als Glaumlubige atheishystischen Europaumlern voraus haben

Die Gemeinschaft Katholischer Soldaten kann hier vorangehen Zu den groszligen europaumlischen Heiligen gehoumlren auch Soldaten wie der hl Martin Von Pannonien bis Gallien also vom heutigen Ungarn bis nach Frankreich spannt sich der Bogen seines Lebens und Wirshykens Als Patron der alten Dioumlzese Mainz die im Mittelalter zu den groumlszligten Kirchenprovinzen des Reishyches gehoumlrte verbreitete sich seishyne Verehrung Ober ganz MitteIeushyropa

Themen bzw Auftrag fOr eine Arbeitsgruppe oder einen GKSshyKreis koumlnnte die Erstellung von Texten fuumlr eine Gebetsstunde zur Verehrung europaumlischer Heiliger sein Wenn wir an die zahlreichen Friedensgebete waumlhrend des Golfshykrieges 1991 denken dann ist das Fehlen solcher Gebete waumlhrend des Kroatienkrieges beschaumlmend

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b Informationen Nie wurde so viel informiert wie heute aber auch nie so einseitig Betrachten wir die Informationsshybroschuumlre der EG schauen wir an was in Programmen der Erwachseshynenbildung geboten wird so finshyden wir wenig zum Thema der geistigen Grundlage Europas Die kirchliche Bildungsarbeit hat gute Angebote uumlber die Kirche in der Dritten Welt wenig aber uumlber den ehemals kommunistischen Teil unseres Kontinentes Aus der Unshykenntnis uumlber diese Gebiete resulshytiert auch die Hilflosigkeit mit der wir heute der Entwicklung im Osten begegnen Hier ist ein vershystaumlrktes Informationsangebot uumlber die Lage der Kirche im Osten Europas ein Gebot der Stunde In Vortraumlgen und Seminaren durch Besuche und Exkursionen (verbunshyden mit Wallfahrten) kann und muszlig die Geschichte und Kirchenshygeschichte Europas nahegebracht werden damit wir aus der Verganshygenheit lernen und die heutige Lage verstehen koumlnnen Die Oumlffshynung der Grenzen seit 1989 vor alshylem die Abschaffung der Visashypflicht fuumlr eine Reihe oumlstlicher Laumlnder bietet hier neue Chancen Auch wir im Westen werden beshyreichert wenn wir lernen und ershyfahren wie druumlben Kirche lebenshydig war und Christen unter oft exshytremen Bedingungen ihr Christshysein zu leben im Stande waren auch unter Opfern

Auch hier kann die GKS voranshygehen und Vortraumlge und Seminare

Auftrag 201

uumlber den Osten seine Kirchen und Kulturen anbieten In katholischen Laumlndern wie Polen Litauen oder Kroatien gibt es heute wieder kashytholische Militaumlrseelsorge Begegshynungen mit Kameraden aus den Laumlndern sind moumlglich Gemeinsashyme Wallfahrten zu den groszligen Wallfahrtsstaumltten sollen nicht auf Lourdes und Tschenstochau beshyschraumlnkt werden sondern koumlnnen bei guter Vorbereitung und sachshykundiger Fuumlhrung auch ins litaushyische Wilna zum Marienheiligtum im Tor der Morgenroumlte nach Maria Bistrica als dem Nationalheiligshytum der Kroaten oder nach Brezje dem slowenischen Lourdes bei Ljubljana (Laibach)

c Hilfe Schon 1977 stellten die Eurpaumlishy

sehen Bischoumlfe in ihrem gemeinshysamen Hirtenbrief fest Soziale Ungerechtigkeiten muumlssen beseishytigt werden Wir mOssen bereit sein staumlrker als bisher mit andeshyren zu teilen Als Christ handeln heiszligt der Habsucht und dem Machthunger entsagen und uneishygennuumltzig und ohne Erwartung eishynes Lohns fuumlr andere dasein Als Christ leben heiszligt so leben daszlig auch alle anderen leben koumlnnen

Die Sonderversammlung der Bishyschofssynode in Rom spricht von einer Herausforderung nicht nur fuumlr die einzelnen Christen und Geshymeinden sondern auch fuumlr die Staaten die auf humanere Weise aufgebaut werden muumlssen

165 Auftrag 201

Wir wissen daszlig nicht einmal in einer Familie Menschen miteinanshyder leben koumlnnen ohne dem Egoshyismus Zuumlgel anzulegen So wird es auch in Europa sein wo Entwickshylungshilfe kein Almosen sein darf sondern bruumlderliche Hilfe sein muszlig Diese Hilfe darf sich nicht nur auf das Materielle beschraumlnshyken sondern muszlig das Wichtigste sein was Europa zu geben hatte die Vermittlung der im christlishychen Glauben begruumlndeten und verwurzelten Grundwerte ohne die ein dauerhafter Friede nicht moumlgshylich ist

In Westeuropa haben Bischofsshykonferenzen und Pastoralsynoden Strategien der Neu-Evangelisieshyrung entwickelt Im Osten hatten die Kirchen nur die Kult-Freiheit Mission und Apostolat ja sogar karitative Taumltigkeit der Kirche war als religioumlse Propaganda verboten Laienmitarbeit in der Kirche war auszliger in der DDR in kaum einem ehemals kommunistischen Land moumlglich oft ganz untersagt Die Moumlglichkeiten der Kommunikashytion die wir heute haben werden dabei unsere Hilfe ermoumlglichen auch wenn dabei die vom Osten an uns im Westen herangetragenen Bitten unsere Kraumlfte zu uumlbersteishygen scheinen

Wie im wirtschaftlichen Bereich wird auch im missionarischen eine europaumlische Solidaritaumltsanstrenshygung noumltig sein Wie Bundeslaumlnshyder und politische Gemeinden muumlssen auch Pfarrgemeinden und Dioumlzesen Patenschaften uumlbernehshy

men ebenso Kloumlster Orden und katholische Verbaumlnde um den Bruumldern und Schwestern drOben zu helfen und die Evangelisierung zu ermoumlglichen

Diese Hilfe muszlig auch die GKS leisten durch Partnerschaft mit Kameraden im Osten oder Uumlbershynahme von Patenschaften fuumlr Geshymeinschaften katholischer Soldashyten in diesen Laumlndern In manchen Faumlllen wie in Ruszligland oder andeshyren Staaten der GUS koumlnnen GKSshyKreise humanitaumlre und sozial-karishytative Aktionen durchfuumlhren inshydem sie Lebensmittel- Kleidershyoder Medikamententransporte orshyganisieren Die Bundesgeschaumlftsshystelle in Bonn ist dabei bei der Vershymittlung von Kontakten und Adresshysen behilflich

Die Zukunft liegt in der Zusammenarbeit Auf jeden Fall wird das Christenshytum beim Mitbau Europas daran gemessen werden wie Christen miteinander umgehen Die Bishyschofsversammlung in Rom hat klar betont daszlig die Neuevangelishysierung Europas das gemeinsame Werk aller Christen ist und wie sehr davon die Glaubwuumlrdigkeit der Kirchen im neuen Europa abshyhaumlngt Die fuumlnfte oumlkumenische Versammlung in Santiago hoffte daszlig Gott uns faumlhig macht auf unshyserem Kontinent ein gemeinsames ZeugniS zu geben Im Abschluszligshybericht heiszligt es daszlig die derzeitige Entwicklung in Europa neue Ausshydrucksformen unseres christlishy

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chen Zeugnisses verlangt und ofshyfene Fragen stellt

Wie koumlnnen wir in Anbetracht der groszligen intellektuellen Stroumlshymungen im heutigen Europa zur Inkulturation des christlishychen Lebens beitragen und so die Vitalitaumlt des Evangelismus unter Beweis stellen Wie koumlnnen wir in die groszligen ethischen Streitgespraumlche im heutigen Europa eingreifen Wie koumlnnen wir der Gefahr eishynes Eurozentrismus entrinnen der unsere weltweite Solidarishytaumlt untergraumlbt Wie koumlnnen wir die positiven Werte nationaler Identitaumlt unshyterstuumltzen und zugleich den Zerrformen eines uumlberzogenen Nationalismus entgegentreshyten

Nur in einem Rahmen und in eimiddot nem Klima der Liebe hat sich die Evangelisation in Europa zu vollshyziehen Gerade in einer Zeit in der in vielen Teilen der Welt der relishygioumlse Faktor Konflikte zu radikalishysieren droht statt sie zu mildern sind oumlkumenischer Frieden und Zusammenarbeit ein Gebot der Stunde

Rudolf Grulich

Anhang

Weiterfuumlhrende Literatur a) Kirchliche Dokumente - Allgemeines Katechetisches Direktoshy

rium vom 11 April 1971 - Apostolisches Schreiben Evangelii

Nuntiandi Papst Pauls VI an den Epi-

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skopat den Klerus und alle Glaumlubigen der Katholischen Kirche Ober die Evanshygelisierung in der Welt von heute vom 8 Dezember 1975

- Apostolisches Schreiben Catechesi Tradendae Papst Johannes Pauls 11 Ober die Katechese in unserer Zeit vom 16 Oktober 1979

alle in Nachkonziliare Texte zu Katechese und Religionsunterricht - Arbeitshilfen 66 hrsg vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz Kaiserstraszlige 163 5300 Bonn 1 Bonn 1989

- Rundschreiben Slavorum Apostoli von Papst Johannes Paul 11 an die Bimiddot schoumlfe die Priester die Ordensgemeinmiddot schatten und alle Glaumlubigen in Erinneshyrung an das Werk der Evangelisierung der heiligen Cyrill und Method vor 1100 Jahren vom 2 Juni 1985 (= Verlautbamiddot rungen des Apostolischen Stuhls 65 hrsg vom Sekretariat der Deutschen Bimiddot schofskonferenz Kaiserstr 163 5300 Bonn 1 Bonn 1985) Enzyklika Redemptoris Missio Papst Johannes Pauls 11 uumlber die fortdauernmiddot de Guumlltigkeit des missionarischen Aufmiddot trages vom 7 Dezember 1990 (= Vermiddot lautbarungen des Apostolischen Stuhls 100) Was heiszligt Neu-Evangelisierung Euromiddot pas Hirtenwort des Bischofs von Mainz DDr Karl Lehmann zur oumlsterlishychen Buszligzeit 1991 Dialog und VerkOndigung Uumlberlegunmiddot gen und Orientierungen zum Interrelimiddot gioumlsen Dialog und zur Verkundigung des Evangeliums Jesu Christi Hg vom Paumlpstlichen Rat fuumlr den Interreligioumlsen Dialog veroumlffentlicht am 1905 1991 (= Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 102) Auf Dein Wort Austausch Erkundung und gemeinsame Uumlberlegungen im Eushyropa von heute FOnfte Europaumlische oumlkumenische Begegnung Santiago 1991 Damit wir Zeugen Christi sind der uns befreit hat Erklaumlrung der Bischofssynshyode - Sonderversammlung fOr Europa vom 13 Dezember 1991

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b) Ausgewaumlhlte Literatur - Evangelisation in der Welt von heute

Themenhefte der Zeitschrift Concimiddot lium Nr 134 Mainz 1978

- Cyrill und Method - SChutzpatrone Eumiddot ropas Beitraumlge 5 Kleine Reihe des Inmiddot stitutum Bohemicum Muumlnchen 1981 W Hering (Hg) Aspekte der Evangelimiddot sierung Erfahrungen und Aufgaben Umburg 1989

- Evangelisierung Themenheft der Zeitmiddot schrift Lebendige Katechese Beihefmiddot te zur Lebendigen Seelsorge 11 Jahrmiddot gang Dezember 1989

- W Klaiber Ruf und Antwort Biblische Grundlagen einer Theologie der Evangemiddot lisation StuttgartmiddotNeunkirchenmiddotVluyn 1990 Der Verfasser ist Bischof der Evangelischmiddotmethodistischen Kirche

Wehrbereich 11 shyVerabschiedung Wehrbereichsdekan Dr Eduard Quiter

Aufgrund der positiven Erfahmiddot rung sollte an dem bestehenden Konzept der Militaumlrseelsorge um der Menschen willen festgehalten werden hat Weihbischof Heinrich Pachowiak von Hildesheim am 10031992 in Hannover gefordert Seine Ansprache hatte folgenden Wortlaut

Mit Ablauf dieses Monats wershyden Sie in den Ruhestand treten Ich darf Ihnen im Namen des Bishyschofs von Hildesheim Dr Josef Homeyer sowie im Namen des Bishyschofs von Osnabruumlck Dr Ludwig

Averkamp und des Officials in Vechta Dr Max Georg Freiherr von Twickel die z Zt alte bei der Fruumlhjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Freising sind herzliche Gruumlszlige uumlberbringen Zugleich danken Ihmiddot nen die Bischoumlfe fuumlr ihren durch viele Jahre waumlhrenden Einsatz in der Militaumlrseelsorge Der Wehrbeshyreich 11 umfaszligt ja die Laumlnder Nieshydersachsen und Bremen Sie hashyben sich als Wehrdienstdekan imshymer in guter Zusammenarbeit mit den zustaumlndigen Ordinaten beshymuumlht die Militaumlrseelsorge aufzushybauen und durchzutragen

Sehr geehrte Damen und Hershyren es ist ein unumstrittener Grundsatz daszlig der Soldat ein Recht auf Seesorge hat Dieses allgemeine Recht findet seine Beshystaumltigung in den Rechtsgrundlashygen und Organisationsstrukturen der Militaumlrseelsorge Aus der Sicht der katholischen Bischoumlfe haben sich diese bewaumlhrt und beduumlrfen daher auch keiner Veraumlnderung

Dabei kennt die Militaumlrseelsorge den Militaumlrgeistlichen im Hauptshyamt und den Militaumlrgeistlichen im Nebenamt Beide ergaumlnzen einanshyder Aber damit das geschehen kann bedarf es - um es einmal so auszudruumlcken - eines Mindestshymaszliges an hauptamtlicher Orgashynisation der Militaumlrseelsorge Im Lebenskundlichen Unterricht in der Arbeitsgemeinschaft fuumlr Offishyziere und Unteroffiziere in den Beshysuchen unmittelbar am Arbeitsshyplatz des Soldaten in Kaserne

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Uumlbungsplatz und Manoumlver eroumlffnet sich fOr den Seelsorger ein weites Feld ein Feld das ohne den Seelshysorger der unmittelbar der Truppe zugeordnet ist sinnvoll nicht abshygedeckt werden kann Wir braushychen daher den Militaumlrseelsorger im Hauptamt

Ich selbst habe bei meiner mehr als 20jaumlhrigen Taumltigkeit als Beaufshytragter der Deutschen Bischofsshykonferenz fOr die katholische Seeishysorge im Bundesgrenzschutz eine ganz aumlhnliche Erfahrung gemacht Natuumlrlich kenne ich den Untershyschied zwischen Bundeswehr und Bundesgrenzschutz sowohl in der Aufgabensteilung in der Struktur wie auch in der politischen Anbinshydung und vor allem auch in der Groumlszligenordnung Aber es ist nicht zu leugnen daszlig bei Verbaumlnden die truppen maumlszligigen Charakter haben die Seelsorger in moumlglichst enger Verbindung zur Truppe ihren Dienst tun sollten damit sie das Leben der Truppe auch von innen her kennen und nicht nur solche sind die eben doch nur gelegentshylich dazu kommen koumlnnen Dabei verkenne ich den Wert und die Vershydienste der Militaumlrseelsorger im Nebenamt keineswegs und es ist dankenswert daszlig auch Pfarrer die mit der Seelsorge in ihrer Gemeinshyde oft mehr als ausgelastet sind zusaumltzlich den Dienst als nebenshyamtliche Militaumlrseelsorger zu leisten bereit sind

Die Gestaltung des Lebensshykund lichen Unterrichtes die Beshygegnung in Arbeitsgemeinschaf-

Auftrag 201

ten die Bemuumlhung den Soldaten auch in seinem ureigensten Beshyreich wie nicht zuletzt auch durch eigene Militaumlrgottesdienste anzushysprechen mag aumluszligerlich meszligbar sein Aber es gibt einen weiten Beshyreich der sich nicht niederschlashygen kann in Zahlen und Statistishyken Gerade da wo der einzelne als einzelner angenommen wird mit seinen - vielleicht sehr geheishymen - Fragen Noumlten und Sorgen ist Seelsorge nicht mehr aumluszligerlich meszligbar Aber sie ist notwendig

Unsere Militaumlrpfarrer moumlchten ihren Dienst tun fOr das Ganze und fuumlr den einzelnen und sie moumlchten es tun in guter Partnerschaft Dashybei kommt der guten und bewaumlhrshyten Zusammenarbeit der Seelsorshyger beider Konfessionen ein beshysonderes Gewicht zu Die gegenshyseitige Hilfe und Unterstuumltzung ist von einem ganz groszligen Wert Muszlig betont werden daszlig es bei all dem nicht um moralische Aufruumlstung gehen kann damit ein geringfOgishyges Werkzeug staatlicher Gewalt zur Verfuumlgung steht Es geht um das schon eingangs erwaumlhnte Recht des Soldaten auf Seelsorge In der Ausuumlbung ihrer Seelsorge sind die Militaumlrpfarrer an staatlishyche Weisungen nicht gebunden sondern sind ausschlieszliglich ihren kirchlichen Vorgesetzten verantshywortlich

Wenn wir heute einen Militaumlrshyseelsorger verabschieden so tun wir es mit groszliger Dankbarkeit fuumlr seinen Dienst in den vergangenen Jahren ja Jahrzehnten Der Dank

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moumlge aber auch allen Militaumlrseelshysorgern gelten die unverdrossen ihren Dienst tun Der Dank gilt auch all denen die ihnen dabei helfen und nicht zuletzt denen die durch ihr Verstaumlndnis und ihre Akshytivitaumlt an einer fruchtbaren Militaumlrshyseelsorge mitgewirkt haben Die Zukunft mag vielleicht manche Veraumlnderung bringen Die bewaumlhrshyten Rechtsgrundlagen und erprobshyten Organisationsstrukturen der Militaumlrseelsorge sollten alle Vershyaumlnderungen uumlberleben - um der Menschen willen

(aus NIMM Nr 9 vom 19031992)

Ehrung fuumlr Oberst a D Fettweis

Mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande fOr seine Verdienste um das Allgemeinwohl wurde Oberst a D Helmut Fettweis (71) ausgeshyzeichnet Seit mehr als 25 Jahren vertritt der Geehrte die ethischen Grundlagen des Soldatenberufs in den Medien Zudem waren seine ehrenamtlichen Taumltigkeiten mit Grund fuumlr die hohe Auszeichnung So war der am 1 Juni 1920 in Duumlsshyseldorf geborene Offizier 1961 Mitshybegruumlnder des Koumlnigsteiner Offishyzier Kreises (KOK) ab 1962 im Bundesvorstand des KOK der 1970 zur Gemeinschaft Katholishyscher Soldaten (GKS) erweitert wurde Er wirkte bei den Koumlnigshy

steiner Offiziersbriefen mit engashygierte sich in der Katholischen Laishyen- und Pressearbeit betonte die Bonner Buumlrgermeisterin Waltraud Christians bei der Verleihung

Aber auch seine Unterstuumltzung fuumlr die Militaumlrseelsorge und seine Verdienste um den Auftrag sollen nicht vergessen sein Zeichen dashyfuumlr war die 200 Nummer des Aufshytrags im Januar dieses Jahres Wahrlich ein stolzes Jubilaumlum in 32 Jahren Wir gratulieren Oberst a D Helmut Fettweis zur Ausshyzeichnung und wuumlnschen ihm Gotshytes Segen sowie noch eine lange Schaffenskraft

(aus Kompaszlig Nr 4 v 07 02 1992 Red)

Festakademie Weltshyfriedenstag 9 Januar 1992 in Bonn Begruumlszligungsansprache Exzellenz meine sehr verehrten Damen und Herren liebe Kameraden Freunde und Mitglieder der GKS

Am 1 Januar 1992 jaumlhrte sich zum 25 Male der einst von Papst Paul VI eingerichtete und seither jaumlhrlich in der ganzen Weltkirche begangenemiddot Welttag des Friedens Wir katholischen Soldaten nehshymen seit Jahren diesen Tag zum

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Anlaszlig um in vielfaumlltiger Art und Weise uns auf die Aufgabe zu beshysinnen den Frieden in der Welt zu foumlrdern

Wir die Gemeinschaft Katholishyscher Soldaten Bonn begehen den Welttag des Friedens 1992 trotz des bedruumlckenden Krieges im zerbrechenden Jugoslawien trotz der in der Weltoumlffentlichkeit fast vergessenen Kriegen in den andeshyren Regionen dieser Welt trotz der Not und des Elends in den armen Laumlndern dieser Welt in einer Zeit groszliger Hoffnungen Nachdem der militante atheistische Staatssoshyzialismus sowjetischer Praumlgung zusammengebrochen ist und sich im Osten allmaumlhlich neue Demoshykratien herausbilden waumlchst die Zuversicht daszlig der uumlberwundene Ost-West-Konflikt Kraumlfte mobilishysieren koumlnnte die sich verstaumlrkt dem Aufbau einer friedlicheren Welt widmen daszlig die nun eingeleishyteten Abruumlstungsmaszlignahmen Mitshytel freisetzen moumlgen die mehr als bisher zur Linderung von Not und Elend eingesetzt werden daszlig sich bei den Verantwortlichen der Nashytionen die Einsicht in die gemeinshysame Verantwortung fuumlr die Erhalshytung der Schoumlpfung durchsetzt

Wenn uns in diesem Jahr der Heilige Vater dazu aufruft mit den Glaumlubigen aller Religionen vershyeint fOr den Aufbau des Friedens taumltig zu sein stellt sich fuumlr uns die Frage nach den praktischen Konshysequenzen dieses Aufrufs Wo und wie koumlnnen wir Christen und BOrshyger unseres Staates Friedensstifshy

ter in diesem Sinne sein Wo und wie koumlnnen wir daruumlber hinaus als Soldaten der Bundesrepublik Deutschland gemeinsam mit den Glaumlubigen anderer Religionen am Aufbau des Friedens mitwirken Stellt dieser Aufruf nicht letzIich eine Uumlberforderung unserer beshygrenzten Kraumlfte und Mittel dar

Wir wollen heute daruumlber nachshydenken und versuchen Antworten zu finden Es ist uns als Gemeinshyschaft Katholischer Soldaten eine groszlige Ehre daszlig Sie sehr verehrter Herr Erzbischof sich bereit erklaumlrt haben uns Ihre Gedanken zur diesjaumlhrigen Botschaft des Heilishygen Vaters darzulegen und mit uns uumlber die Bedingungen und Moumlgshylichkeiten des Aufbaus einer friedshylichen Welt nachzudenken Ich beshygruumlszlige Sie recht herzlich in unseshyrem Kreis

Unsere Festakademie soll dazu dienen mit allen die guten Wilshylens sind zu Jahresbeginn kurz inshynezuhalten zu reflektieren und dann gestaumlrkt uns den Herausforshyderungen des neuen Jahres zu stellen Wir haben dazu wiederum Gaumlste aus Politik Kirche Verwalmiddot tung Verbaumlnden Organisationen Schulen und natuumlrlich nicht zuletzt der Bundeswehr eingeladen Ich heiszlige Sie alle recht herzlich willshykommen

Gestatten Sie mi r stellvertreshytend fuumlr Sie alle die ich nicht einshyzeln begruumlszligen kann besonders willkommen zu heiszligen - den Abteilungsleiter ROstungsshy

projekte

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Herrn Ministerialdirektor Dr Wolfgang Burr

- den Chef des Fuumlhrungsstabes der Streitkraumlfte Herrn Generalmajor Peter Haarmiddot haus

- den Chef des Fuumlhrungsstabes des Heeres Herrn Generalmajor Winfried Weick

- den Chef des Fuumlhrungsstabes der Luftwaffe Herrn Generalmajor Detlef Wiemiddot bel

- als Vertreter des Inspekteurs der Marine Herrn Kapitaumln zur See Willi Reiss

- den Amtschef des Sanitaumltsamshytes der Bundeswehr Herrn Generalstabsarzt Dr Volmiddot ker Gabarek

- den ehemaligen Oberkommanshydierenden der NATO-Streitkraumlfshyte Europa Mitte Herrn General a D FranzmiddotJomiddot seph Schulz und mit Ihnen alle aktiven und ehemaligen SOldaten der Bunshydeswehr

Aus dem kirchlichen Bereich beshygruumlBe ich - den Leiter des Katholischen Mishy

I itaumlrbischofsamtes Herrn Militaumlrgeneralvikar Dr Ernst Niermann

- als Vertreter des evangelischen Mi I itaumlrgeneraldekans Herrn Militaumlrdekan P Lothar Matz

- den evangelischen Standortshypfarrer Bonn

Herrn Militaumlrpfarrer Horst Ritmiddot ter

und mit Ihnen alle Angehoumlrigen des Katholischen Militaumlrbischofsshyamtes und Generalvikariats des Katholischen Militaumlrbischofs der Bundeswehr des evangelischen Kirchenamts sowie alle evangelishyschen Christen der Bundeswehr

Es ist mir auch eine besondere Freude - den Vorsitzenden der Zentralen

Versammlung der Katholischen Soldaten Herrn Oberstleutnant Heinrich Havermann

- den Praumlsidenten des Apostolat Militaire International Herrn Oberst i G Juumlrgen Bringshymann

- unseren Bundesvorsitzenden Herrn Oberstleutnant i G Paul Schulz

- den Vorsitzenden des Katholishykenrates Bonn Herrn Oberst a D Helmut Fettmiddot weis

- die Stadtvorsitzende der Kath Frauengemei nschaft Deutschshylands Frau Ingrid Golas willkommen zu heiBen

Als Vertreter uns nahe stehenshyder Verbaumlnde und Organisationen begruumlBe ich daruumlber hinaus - als Vertreter des Bundesvorsitshy

zenden des Deutschen Bundesshyweh rverbandes Herrn Leutnant d R Michael Althoff und Frau Barbara Koumlnitz

- Hauptgeschaumlftsfuumlhrerin der

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Deutschen Atlantischen Geshysellschaft

Mit einschlieszligen in die Begruumlshyszligung moumlchte ich - die Teilnehmer aus den beshy

nachbarten GKS-Kreisen - die Angehoumlrigen der Presse und nicht zuletzt - den Hausherrn des Collegium

Josephinum Herrn Pater Dietger Demuth

Ich bitte um Nachsicht sollte ich jetzt den einen oder anderen Vertreter einer Behoumlrde eines Vershybandes oder Organisation in meishyner namentlichen Begruumlszligung vershygessen haben Ihnen allen gilt zum Schluszlig mein ganz besonderer Willshykommensgruszlig

Lassen Sie mich an dieser Stelle noch einmal unseren heutigen Ehshyrengast den ApostolisChen Nunshytius in Deutschland Herrn Erzbishyschof Dr Lajos Kada begruumlszligen und Ihnen Exzellenz nun das Wort erteilen

Paul E Vosseler

Festvortrag von Erzbischof Dr Lajos Kada Apostolischer Nuntius

Liebe MitbrOder sehr geehrte Damen und Herren

Seit 25 Jahren begeht die kathoshylische Kirche Anfang Januar den Weltfriedenstag Seit 25 Jahren wendet sich der Papst mit einer Botschaft die an den Friedensshyauftrag der Kirche und jedes ehri-

Auftrag 201

sten erinnert an Glaubende und an alle Menschen guten Willens

Aus einer Zusammenstellung dieser Botschaften entstaumlnde ein ausfuumlhrlicher Traktat uumlber die vielshyfaumlltigen Aspekte des Friedens und uumlber die Wege die zum Frieden fuumlhren Wie diese paumlpstlichen Frieshydensbotschaften unter verschieshydenartigen Perspektiven ihr Theshyma behandeln zeigen schon die Titel der letzten Jahre Entwickshylung und Solidaritaumlt zwei Schluumlssel zu Frieden (1987) Relishygionsfreiheit - Bedingung fuumlr friedliches Zusammenleben (1988) Um Frieden zu schaffen Minderheiten achten (1989) Frieshyde mit Gott dem Schoumlpfer Friede mit der ganzen Schoumlpfung (1990) Wenn Du den Frieden willst achshyte das Gewissen jedes Menschen (1991)

In einer Situation in der so viele konkrete Friedensaufgaben draumlnshygen nimmt der Papst nicht so unshymittelbar unnd direkt zu den aktuelshylen Problemen Stellung wie man nach seinen Aumluszligerungen zum Golfkrieg oder zum schlimmen Konflikt in Jugoslawien erwarten koumlnnte Vielmehr laumldt er ein die aktuellen Friedensaufgaben beshywuszligt aus einer vertieften Perspekshytive anzugehen Sie werden von eishynem Punkt her beleuchtet den gutshygemeinte Geschaumlftigkeit leicht uumlbersieht der dennoch das Werk des Friedens zutiefst bedingt In einem fuumlr die ganze Botschaft trashygenden Begriff wird diese Perspekshytive deutlich Die Ereignisse die

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sich um uns herum in atemberaushybender Geschwindigkeit entwikshykein werden in eine houmlhere sittshylich-religioumlse Schau gebracht Dies ist gewiszlig nicht zufaumlllig Und bei naumlherem Hinschauen paszligt es sehr wohl in die neue politische Landschaft betrifft sogar die groshyszligen pOlitischen Friedensherausshyforderungen in ihrem Kern

Mit einigen Uumlberlegungen zur gegenwaumlrtigen politischen Lage darf ich beginnen Zwar ist der OstshyWest-Konflikt der nicht nur in Eushyropa sondern in der ganzen Welt die politischen und geistigen Ausshyeinandersetzungen der letzten Jahrzehnte entscheidend praumlgte grundsaumltzlich beendet Aber die Folgen werden noch lange zu spuumlshyren sein Das Ende der Konfronshytation hat alle ehemaligen Kontrashyhenten in die Krisis gebracht das heiszligt vor grundlegende Entshyscheidungen gestellt

Die loumlsung all der praktischen Probleme von der Bewaumlltigung der Arbeitslosigkeit bis zur Uumlberleshybenshilfe fuumlr weite Teile Osteuroshypas wird zutiefst damit zusammenshyhaumlngen ob und in welchem Maszlige sich die neue politische Ordnung Europas und der Welt an der gleishychen Wuumlrde aller Menschen an Recht auf Selbstbestimmung aller Voumllker und an der Verpflichtung zu einem umfassenden Gemeinwohl orientiert Dies aber wird nicht nur von den Politikern abhaumlngen sonshydern auch von den Buumlrgern und dashyvon was ihnen die universale Menshyschenwuumlrde bedeutet wie tief sie

sich mit deren Konsequenzen identifizieren und gereChte Politik nicht als Zumutung und Verarshymung erleben

Wie soll ein auch im Westen vershybreiteter Immanentismus hier Antshyworten bereitstellen Er haumllt comshymon sense fuumlr genuumlgend Entshyscheidend und hinreichend seien praktikable Verfahren auf die man sich einige Im uumlbrigen defishyniere Politik sich als die Faumlhigkeit eigene Interessen effizient durchshyzusetzen Letzte Fragen nach Wahrheit und Gerechtigkeit nach Grund und Umfang sittlicher Vershypflichtung nach Tugend und lashyster nach Haszlig oder Liebe seien beliebige Privatsache fOr effektive Friedenspolitik gar abtraumlglich da sie Interessen- in Wertekonflikte verwandelten wenn nicht gar zu Glaubenskriegen eskalieren lieshyszligen Wer seinen Glauben oumlffentshylich bekennt wer politische oder oumlkonomische Konsequenzen aus ihm oumlffentlich aumluszligert wird in manshychen Kreisen bereits als Fundashymentalismus-gefaumlhrdet betrachshytet

Auch in der ehemals kommunishystischen Welt treffen wir auf die Krisis die Notwendigkeit sich neu zu entscheiden Nach dem Zushysammenbruch der kommunistishyschen Regime in Osteuropa bleibt in den Koumlpfen vieler unserer Mitshybuumlrger ein Zusammenhang zwishyschen Glauben und engagierter Friedensarbeit uneinsichtig In dieser Situation sind Systeme geshyfragt von denen grundlegendes

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menschliches Sinn- und ethisches Orientierungswissen erwartet wershyden kann Und hier steht die Kirshyche stehen die Kirchen und die Weltreligionen vor der Aufgabe die immer schon ihre eigene raishyson detre ausmachte Darum der Aufruf an uns Glaumlubige uns der Eigenart unseres Friedensengageshyments bewuszligt zu werden die unshyserem Glauben entstammt und dafuumlr Zeugnis abzulegen

Auf diesem Hintergrund stellen sich mir drei Fragen 1 In welchem Verhaumlltnis sehen wir unser FrieshydensbemOhen mit unserem Glaushyben 2 Wie deuten wir jene die unseren Glauben nicht teilen mit denen wir aber in einem umfassenshyden Friedensprozeszlig notwendigershyweise kooperieren muumlssen 3 Wie gelingen uns gemeinsame Schritte zum Frieden hin

1 Der Friede Gottes der alle Vershynunft uumlbersteigt (Phi 24) ist Funshydament christlicher Friedensbemiddot muumlhungen

Was motivierte den heiligen Pashyter Maximilian Kolbe sein Leben tor einen Familienvater einzusetshyzen Es war nicht das rein quantishytative Kalkuumll daszlig der Mitgefangeshyne tOr Frau und Kinder zu sorgen hatte Als Pater Kolbe freiwillig in den Hungerbunker des Konzentrashytionslager Auschwitz ging beshystimmte ihn die feste Uumlberzeushygung Jesus Christus hat durch sein Leben seinen Kreuzestod und seine Auferstehung radikal

den Haszlig und das Unrecht unserer Welt uumlberwunden

Christlicher Friedenseinsatz naumlhrt sich aus der Glaubensgewiszligshyheit daszlig wir als Werkzeuge seishynes Friedens nicht nur unsere nashytuumlrliche menschliche Kraft anzbieshyten haben nicht nur unsere moralishysche Faumlhigkeit zu einer gerechten tapferen maszligvollen und klugen Lebensfuumlhrung Die Herrschaft Gottes uumlber Jahrhunderte vom Volk Israel erwartet ist unter uns Wirklichkeit geworden Das Reich Gottes ist Realitaumlt in der Geshyschichte der Menschen Und es kam zu uns aus Gnade als Angeshybot zuvorkommender goumlttlicher Liebe nicht aufgrund unserer moshyralischer Vorleistung

Dies wird deutlich in Lehre und Praxis Jesu Die Armen und Hunshygernden preist er selig denn ihshynen gehoumlrt das Himmelreich Ihshynen wird das Reich angeboten von denen niemand unterstellt daszlig sie es sich verdient haumltten Der Gott den Jesus verkOndigt beschenkt bewuszligt Arme und Unshyterdruumlckte Und zu Zoumlllnern und SOndern gesellt sich Jesus sehr zum Miszliggefalien der Angesehenen und der Groszligen Wiederum wird die Art deutlich wie Gottes Herrshyschaft innerlich ansetzt - als zushyvorkommende Liebe und vorausshysetzungslose Barmherzigkeit geshygenuumlber allen

Das Gleichnis vom unbarmherzishygen Knecht macht deutlich weishyche Handlungskonsequenzen es hat wenn man sich dieser frohen

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Botschaft in Glauben und Hoffshynung anvertraut Der Knecht kann nicht die Barmherzigkeit seines Herrn in Anspruch nehmen und zushygleich gegenuumlber seinem Mitshyknecht unbarmherzig verbleiben

Doch das Reich Gottes uumlberforshydert unsere Kraumlfte nicht Die Liebe Gottes ist eingegossen in unsere Herzen Ein neues Herz ermaumlchshytigt uns zu einer neuen Praxis

Hier knuumlpft die diesjaumlhrige Frieshydensbotschaft des Heiligen Vaters an Dem Frieden sind Glaumlubige in Zeugnis Tat und Gebet verpflichshytet wollen sie nicht die innere Koshyhaumlrenz ihres Glaubens gefaumlhrden und in jenem Widerspruch des unshybarmherzigen Knechtes enden der Barmherzigkeit empfangen wollte ohne selbst barmherzig zu werden

Breiten Raum nimmt in der Botshyschaft gerade das Gebet ein Und das hat seinen guten Grund Im Gebet verbleibt Innerlichkeit nicht Selbstzweck Vielmehr erfahren wir in dieser Vertiefung Motivashytion Orientierung und Kraft fuumlr weiteres Friedenshandeln

Einer Welt in der Gott selbst sich durch die Inkarnation seines Sohnes engagierte schuldete auch der Glaumlubige volles Engageshyment Glaumlubige setzen sich fuumlr den Frieden ein nicht obwohl sondern weil sie an Gott glauben In der beshytenden Begegnung mit Gott erfahshyren sie den tiefsten Grund ihres weltlichen Einsatzes

Die Spannung zwischen grundshylegender sittlicher Pflicht und allshy

taumlglicher Praxis wird gerade im Gebet zum Thema Vor Gott dem Herrn und Vater aller (S 8) werden dem Beter die Distanzen zum Proshyblem in die Menschen sich zueinshyander begeben die Ausgrenzen und Gruppierungen in denen sie sich gefangen halten Es wird der Widerspruch deutlich daszlig Gott dessen Naumlhe sucht von dem ich mich entferne daszlig Gott den in sein Reich ruft den ich uumlbersehe Die Botschaft hat recht im Gebet werden Ungleichheiten Unvershystaumlndnis Groll und Feindseligkeishyten uumlberwunden (S 8)

Schlieszliglich werden Kleinmut oder gar Mutlosigkeit im Gebet als das erkannt und uumlberwunden was sie fuumlr einen Glaumlubigen sind Zweishyfel am goumlttlichen Heilswillen Vershytrauensverlust gegenuumlber der Beshygnadigung durch Glaube Hoffshynung und Liebe Verweltlichung ais ob es Gott nicht gaumlbe Wie den Propheten des Alten Testashymentes wird uns im Gebete beshywuszligt daszlig nicht menschliche Sprachgewalt und Gestaltungsshykraft Garant des Weltfriedens sind sondern daszlig uns goumlttliche Kraft geschenkt und anvertraut ist Diese Erfahrung gibt uns Mut und Halt

Das Gebet fuumlhrt uns nun auch zur zweiten Frage die wir uns oben gestellt haben In der Frieshydensbotschaft 1992 spielt das geshymeinsame Friedensgebet von Asshysisi eine gewichtige Rolle Dort trashyfen sich auf Einladung des Heilishygen Vaters am 27 Oktober 1987

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hohe Repraumlsentanten der groszligen Weltreligionen zum Gebet Daszlig dies auch ein hohes Politikum ausshymachte haben die Medien weltshyweit erkannt Wenn an der Frieshydenspolitik Glaumlubige und Nichtshyglaumlubige beteiligt sind muumlssen wir Christen uns fragen auf weishycher Basis wir mit allen zusamshymenarbeiten koumlnnen ohne daszlig unshyser Glaube Christus ist unser Friede bedeutungslos wuumlrde

2 Alle Menschen sind verpflichtet den Frieden zu erstreben

Die Friedensbotschaft 1992 lenkt den Blick auf zutiefst Verbinshydendes aller Religionen und aller Menschen Die Aussage Frieden zu bezeugen fuumlr ihn taumltig zu sein und zu beten ist einem kohaumlrenshyten religioumlsen Verhalten eigen (5 5) gilt also nicht nur fuumlr christlishychen Glauben Im Hinweis auf den zentralen Stellenwert von shashy10m im Judentum und von sashylam im Islam sehen wir hierfuumlr den ersten Beleg Diese Linie fuumlhrt geradewegs zum gemeinsamen Gebet in Assisi Die Glaumlubigen alshyler Weltreligionen beten um den Frieden und stehen so vor Gott Und die Botschaft geht noch einen Schritt weiter indem sie an die Erklaumlrung uumlber das Verhaumlltnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen des Zweiten Vatikanishyschen Konzils erinnert

Dort hatten die Konzilsvaumlter geshylehrt daszlig auch andere Religionen nicht selten einen Strahl jener

Auftrag 201

Wahrheit erkennen lassen die alle Menschen erleuchtet (5 8) Darshyum fordert christlicher Glaube nicht die Ablehnung all dessen was anderen Religionen wahr und heilig ist Sehr wohl aber - und so faumlhrt die Konzilserklaumlrung fort - massen wir Christus vershykuumlnden und bezeugen in dem die Menschen die Falle des religioumlsen Lebens finden in dem Gott alles mit sich versoumlhnt hat Unser Glaushybe lebt nicht aus der Negation anshyderer Religionen sondern weiszlig sich als Fuumllle dessen was dort ein Stuumlck weit auch vorhanden ist In vollem Wissen um das Trennenshyde wird schon in der Konzilserklaumlshyrung unsere Aufmerksamkeit auf das Gemeinsame gelenkt Diese Richtung verfolgt auch die Frieshydensbotschaft 1992

Sie zeugt so von der begruumlndeshyten Hoffnung in einer eher pessishymistischen Welt Und wie sie uns Christen zu einer houmlheren sittlichshyreligioumlsen Schau der Friedensaufshygabe einlaumldt so auch alle Glaumlubishygen Indem sich die Religionen parteilicher und politischer Instrushymentalisierung entziehen (vgl S 9) sich uumlber ihre religioumlsen Fundashymente austauschen und dort Geshymeinsamkeiten entdecken erbrinshygen sie einen spezifischen Beitrag zum Frieden

Die Botschaft 1992 ist zwar an die Glaumlubigen adressiert doch anshydere Menschen guten Willens bleiben nicht unerwaumlhnt Mehr als eine schoumlne Floskel ist die Aussashyge daszlig der Einsatz tuumlr den Frieshy

177 Auftrag 201

den jeden Menschen guten Wilshylens (betrifft) (S 4) Sie wird theoshylogisch begruumlndet Das Streben nach Frieden ist der menschlichen Natur angeboren (S 4) Entshyscheidende Friedenswerte werden bereits vom Naturgesetz empfohshylen Sie sind nicht Arkanwissen der Religionen werden von diesen vielmehr in Erinnerung gerufen (S 5) Diese tiefste Einheit aller Menschen ist nicht Ergebnis empishyrischer Feldforschung Sie ergibt sich aus dem Glauben an den Schoumlpfergott der den Menschen nach seinem Bild geformt hat Und Bild (imago) Gottes ist auch der gefallene Mensch geblieben wenngleich er in der Suumlnde der Gottaumlhnlichkeit (similitudo) vershylustig ging

So wird die diesjaumlhrige Frieshydensbotschaft gepraumlgt durch ein dreistufiges Modelt in dem nieshymand als friedensuntauglich abgeshyschrieben wird Alte Menschen gushyten Willens - die Glaumlubigen - wir Christen Selbstverstaumlndlich wird ein Atheist oder ein Moslem dieshyses Modell anders schichten Dies sei ihm unbenommen wenn er nur die je anderen nicht zum Feind des Friedens erklaumlrt sondern ihnen auch in seinem Denk- und Glaushybenssystem einen Platz einraumlumt der Respekt und gemeinsames Handeln hin zum Frieden ermoumlgshylicht Darum darf die neuerliche Einschaumlrfung der Religionsfreiheit (vgl S 11 f) in dieser Botschaft nicht fehlen

Das dreistufige Modell jedenshy

falls praumlgt die Botschaft Als Menschen als Glaumlubige und mehr noch als Christen muumlssen wir uns verpflichtet fuumlhlen diese Werte der Gerechtigkeit zu leben die in dem obersten Gebot der Liebe ihre Kroumlnung finden Liebe deinen Naumlchsten wie dich selbst (Mt 2239 Mk 1231 Lk 1027) Alle sind verpflichtet zu einem Leben der Gerechtigkeit und der Liebe Christen am meisten da die Nachshyfolge des liebenden und barmhershyzigen Gottes zum Kern ihrer Botshyschaft gehoumlrt

Daher koumlnnen wir die dritte Frashyge nach unserer Friedenspraxis anschlieszligen

3 Gemeinsam den Frieden in Geshyrechtigkeit bauen

Friedenspraxis muszlig sich mit den Problemen und berechtigten Beshystrebungen der Menschen und der Voumllker (S 11) befassen Dem kann jedermann zustimmen Dasselbe gilt auch wenn es schon konkreter heiszligt Bei der Friedensarbeit gehe es um die Achtung und Fordeshyrung der wesentlichen Werte des Menschen Und dann werden sie genannt - nicht in Anlehnung an einen der gaumlngigen Menschenshyrechtskataloge sondern offenshysichttlieh in bewuszligter Akzentsetshyzung aus der Sicht der Aumlrmsten und der Verfolgten Friede ist vershybunden mit dem Recht auf das Leben in allen Phasen seiner Entshywicklung mit dem Recht auf Anershykennung unabhaumlngig von Rasse

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Geschlecht und religioumlser Uumlbershyzeugung mit dem Recht auf die tor das Leben notwendigen materielshylen Guumlter mit dem Recht auf Arshybeit und die gerechte Verteilung ihrer Fruumlchte fOr ein geordnetes und solidarisches Zusammenleshyben (S 11) Dies sind Sprache und Anliegen der Armen es handelt sich um die dringlichsten Frieshydenswerte um Grundfragen intershynationaler Gerechtigkeit

Diesen Grundfragen haben wir uns als Menschen als Glaumlubige und noch mehr als Christen zu stellen den Problemen elementarshyster Gerechtigkeit An ihnen hat sich zu zeigen was die Verpflichshytung zum obersten Gebot der lieshybe tor einen Christen ausmacht

So richtet sich die Botschaft auch an die Verantwortlichen der Nationen (S 12) Sie sollen den Ursachen die Konflikte zu Kriegen eskalieren lassen zuvorkommen (S 13) Dies erfordert eine Politik der Gerechtigkeit die allen und an erster Stelle denen zum Besten gereicht die von den Ketten des Elends des Hungers und des Leishydens gefesselt sind (ebd) Wieshyderum faumlllt auf wie der Akzent auf den berechtigten AnsprOchen der Aumlrmsten liegt

Staumlrker als solche Forderungen an die Politiker wird in dem Text der Weg des taumlglichen Zusamshymenlebens (S 10) betont Die Botshyschaft waumlhlt dabei bewuszligt einen tugendethischen Ansatz bei dem es um grundlegende und eigentshylich jedermann einsichtige morali-

Auftrag 201

sehe Haltungen und Einstellungen geht Gelassenheit Ausgeglishychenheit Uumlberwindung der Triebe Erfuumlllung von Haltungen wie Vershystehen Verzeihen hochherzige Hingabe Oben einen friedensstifshytenden Einfluszlig unter den Menshyschen der eigenen Umgebung und der eigenen religioumlsen und zivilen Gesellschaft aus (ebd) Es hanshydelt sich folglich um das persoumlnlishyche Vorbild (das) in konseshyquenten Handlungen und Verhalshytensweisen auch noch auszligen projishyziert wird (ebd) Diese PraxisshySprache eines an Gerechtigkeit und Liebe ausgerichteten Lebens ist universal verstaumlndlich An ihr werden Glaubwuumlrdigkeit und Atshytraktivitaumlt unseres Glaubens beshymessen Tragen wir als Christen an unserem Platz zu einer Zivilisashytion der Liebe bei Geben wir dashyvon Zeugnis daszlig gelungenes Leshyben sich nicht im Haben erfOllt daszlig Teilen nicht arm macht daszlig Solidaritaumlt allenfalls vordergruumlnshydig Verzicht bedeutet

Jene tiefe Schau der Friedensshyprobleme zu der uns die Botschaft 1992 einlaumldt verbleibt nicht im uno politischen Raum reiner Innerlichshykeit Sie betrifft die Grundlagen von Friedenspolitik und damit die neuen Chancen die sich uns im Jahr 1992 eroumlffnen Sie haumllt alle Glaumlubigen aller Religionen wie auch Nicht-Glaumlubige an die Funshydamente des Friedens - Geshyrechtigkeit und Liebe - zur Maxishyme ihrer alltaumlglichen PraxiS zu machen

Auftrag 201 179

Frieden verlangt nach Orndung und daher auch nach Autoritaumlten die Recht gegen Aggressoren efshyfektiv durchzusetzen vermoumlgen In diesem Kontext sehen und werten Sie meine sehr verehrten Mitglieshyder der Gemeinschaft Katholishyscher Soldaten Ihren Dienst shyzum Schutz einer umfassenden und stabilen Friedensordnung Wer immer an der Schwertgewalt des Staates teilhat von der schon Paulus im Brief an die Roumlmer spricht muszlig in besonderer Weise dafar Sorge tragen daszlig dieses SChwert nur gegen Rechtsbrecher eingesetzt wird Darum ist der Schrei nach umfassender Solidarishytaumlt und internationaler Gerechtigshykeit fuumlr den Soldaten nichts Beshyrufsfernes oder gar -fremdes Geshyrade wer teilhat an der Schwertgeshystalt des Staates bedarf jener Kraft und jenes Halts den wir Chrishysten im Gebet finden Als betende und nach Gerechtigkeit duumlrstende Christen begeben wir uns auf den Friedensweg zu dem Christus unshyser Friede uns befaumlhigt

Zum Schluszlig moumlchte ich kurz an zwei Beispielen die Aktualitaumlt der diesjaumlhrigen Friedensbotschaft unterstreichen Wenn ich an die blutigen Auseinandersetzungen in Nordirland denke oder an die traushyrigen Streitigkeiten uumlber die KirshychengUter die zwischen Orthodoshyxen und mit Rom unierten Katholishyken des orientalischen Ritus in der Ukraine und in Rumaumlnien ausgeshytragen werden dann wuumlnsche ich mir Wuumlrden doch diese Christen

zunaumlchst miteinander beten und dann Gespraumlche miteinander fahshyren die vom Geist des gemeinsashymen Gebetes getragen sind Dageshygen erlebte ich vor einigen Tagen in Budapest wie die Stadt von Jushygendlichen der verschiedenen Nashytionen Rassen und Religionen geshyradezu wimmelte Etwa sechzigshybis achtzigtausend junge Leute waren der Einladung der Kommushynitaumlt von Taize gefolgt Im Mittelshypunkt des Treffens stand der Geshydanke der Versoumlhnung Als ich eine der Groszligveranstaltungen mitshyerleben konnte war ich von dem Verhalten der jungen Menschen tief beeindruckt von ihrem stillen Meditieren ihrem Beten und Sinshygen Ich bin sicher daszlig sie in ihre Heimat mit versoumlhntem Herzen zushyruumlckkehren ermutigt sich dort fuumlr dieselbe Versoumlhnung einzusetzen die das Wesen des Friedens ist Wer von Ihnen die Sie mir jetzt so geduldig zugehoumlrt haben schon eine der groszligen Friedenswallfahrshyten nach Lourdes miterlebt hat wird meinen Eindruck aus Budashypest bestaumltigen So wird die diesshyjaumlhrige Friedensbotschaft des Helshyligen Vaters verwirklicht Glaumlubige sind vereint im Aufbau des Frieshydens Ermutigen wir einander beshytend redend handelnd Schritte auf diesem Friedensweg zu tun Von Reinhold Schneiders Worten lieszligen sich seit der bedraumlngenden Zeit des Zweiten Weltkrieges imshymer wieder glaubende Menschen zu einem solchen Dienst am Frieshyden auffordern

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Allein den Betern kann es noch gelingen Das Schwert ob unseren Haumlupshytern aufzuhalten Und diese Welt den richtenden Gewalten Durch ein geheiligt Leben abzushyringen

Weltfriedenstag 1992 in MUllster

Auch im Jahr 1992 hatte die Kashytholische Militaumlrseelsorge und die Gemeinschaft Katholischer Soldashyten (GKS) im Standort Munster zur Feier des Weltfriedenstages einshygeladen

Wegen der raumlumlichen und zeitshylichen Gegebenheiten koumlnnen nicht alle katholischen Soldaten im Wehrbereich 11 an dem Soldashytengottesdienst an laumlszliglich des Weltfriedenstages in der Bischofsshystadt Hildesheim teilnehmen Deshalb wird seit 3 Jahren fOr alle katholischen und interessierten Soldaten aus den Standorten Munshyster - Faszligberg sowie dem geshysamten Bereich der 3 Panzerdivishysion ein SOldatengottesdienst in der St Michael-Kirche dem Heishydedom in Munster gefeiert mit einer anschlieszligenden Begegnung aller Teilnehmer im Soldaten heim

Hauptzelebrant des diesjaumlhrishygen SOldatengottesdienstes war Pfarrer Adolf Pohner Dioumlzesanpraumlshyses der Katholischen Maumlnnervershybaumlnde in der Dioumlzese Hildesheim

Auftrag 201

Die Gemeinschaft Katholischer Soldaten (GKS) im Wehrbereich 11 ist seit dem Jahr 1974 Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft katholishyscher Maumlnnerverbaumlnde in der Dioumlshyzese Hildesheim - AGKM - der neun Maumlnnerverbaumlnde angehoumlren und arbeitet aktiv mit

Als weitere Zelebranten wirkten mit Militaumlrpfarrer JOrgen Goumlde shyLuumlneburg - der niederlaumlndische Militaumlrpfarrer P G M L Vermeushylen ofm conv von der 41 (N L) Panshyzerbrigade aus Seedorf und der Standortpfarrer von Munster -Faszligberg Militaumlrpfarrer Heinrich Theisen der seit vielen Jahren auch die Standorte Buxtehude shyHamburg-Fischbeck und RotenshyburglWuuml mit betreut

Das Mottomiddot des diesjaumlhrigen Weltfriedenstag lautet

Glaubende vereint tar den Aufbau des Friedens

So haUe es auch doppelte Symshybolkraft daszlig Father Ghristopher Gook der anglikanische MilitaumlrshygeistliChe der 7 (Brit) Panzerbrishygade in Soltau bei diesem Soldashytengottesdienst mitzelebrierte Die Altardienste wurden von Mitglieshydern des GKS-Kreises Munster geshysteilt

Der Gottesdienst und die anmiddot schlieszligende Begegnung im Soldashytenheim wurde musikalisch durch eine Blaumlserbesetzung des Heeresshymusikkorps 3 aus LOneburg mitgeshystaltet

Auf Anregung von Militaumlrpfarrer Heinrich Theisen der im Obrigen

181 Auftrag 201

auch die katholischen Zivilgemeinshyden Munster und Faszligberg betreut wurde die Kollekte dem Soldatenshyhilfswerk der Bundeswehr uumlbershywiesen

Der Hausherr der St-MichaelshyKirche Militaumlrpfarrer Heinrich Theisen konnte zu Beginn des Gottesdienstes nicht nur seine mitzelebrierende Mitbruumlder begruumlshyszligen sondern neben vielen Soldashyten auch Persoumlnlichkeiten aus dem militaumlrischen kommunalen und oumlffentlichen Bereich

Pfarrer Adolt Pohner stellte seishyne bedenkenswerte Predigt unter den Gedanken daszlig es auf der Welt nur dann Frieden geben kann wenn die Religionen untereinanshyder Frieden halten Am Anfang des religioumlsen Friedens aber ein Schuldbekenntnis und die Botshyschaft zur Umkehr stehen muumlsse Ebenso habe religioumlser Fanatisshymus mit Religion nichts zu tun Er machte aber auch deutlich daszlig die Bibel nicht dator da sei sie dem anderen um die Ohren zu schlagen sondern man muumlsse daraus Kraft und Freude sChoumlpfen tor ein sinnvolles Leben in Solidashyritaumlt und Gemeinschaft Dioumlzesanshypraumlses Adolf Pohner ging in seiner Predigt aber auch auf die vielfashychen Kriege und Unruhen auf der ganzen Welt ein und stellte dabei fest daszlig die weltweite Entspanshynung einen groszligen Daumlmpfer erhalshyten habe Die Gegenwart biete dashyfuumlr genuumlgend traurige Beispiele Auf das Thema des Tages eingeshyhend zitierte er den gemeinsamen

Aufruf der katholischen Verbaumlnde Wir sind aufgerufen insbesondeshyre den Beitrag zu eroumlrtern den die Religionen fuumlr die Verwirklichung des Friedens leisten koumlnnen

Ohne Religion sei den Bemuumlshyhungen um den Frieden jedoch kein groszliger Erfolg beschieden Als religioumlser Mensch wisse er daszlig Frieden von Gott gewollt und geshyliebt sei Daraus schoumlpfe er seinen inneren Frieden und es gebe ihm Kraft und Bereitschaft auch andeshyren ihre Existenzberechtigung zushyzugestehen ihre Eigenart und Anshydersartigkeit zu ertragen und sich uumlber ihr Dasein zu freuen so Pfarshyrer Pohner weiter

Nach dem Gottesdienst in der St-M ichael-Kirche versammelten sich nochmals alle Teilnehmer im Soldatenheim in Munster

Feldjaumlger und Polizeibeamte reshygelten an diesem Tag gemeinsam den Verkehr vor der Kirche auf dem Weg zum und vor dem Soldashytenheim

Zu Beginn der Begegnung im festlich geschmOckten groszligen Saal des SOldaten heimes begruumlszligshyte Militaumlrpfarrer Heinrich Theisen nochmals alle Anwesenden

Ein besonderer Gruszlig galt dem BOrgermeister der Stadt Munster Affred Schroumlder und dem erst vor kurzem gewaumlhlten Stadtdirektor Klaus Westerkowski

In seiner Begruumlszligung sagte Milishytaumlrpfarrer Heinrich Theisen u a Mein erster Gruszlig gilt dem Dioumlshy

zesanmaumlnnerseelsorger Pfarrer Adolf Pohner aus der Bischofsshy

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stadt Hildesheim Vor Ihnen haben schon der Militaumlrgeneralvikar und Apostolische Protonotar Dr Niermiddot mann und vor dem der ehemalige Dechant dieses Dekanates und jetshyzige Dompfarrer Wolfgang Ostshyhaus diesen Gottesdienst mit uns gefeiert Aber welch ein Untershyschied in der politischen Landmiddot schaft und Atmosphaumlre

1990 das fassungslose Staunen uumlber die Entwicklung in Mittel-Ostshyeuropa und besonders im oumlstlimiddot chen Teil unseres Vaterlandes Die Freude und Dankbarkeit daruumlber daszlig Ideologien entlarvt wurden Diktaturen zerbrachen Demokrashytien langsam entstanden und der Friede nicht nur in Europa sonshydern in der ganzen Welt ein Stuumlck sicherer geworden war und dann wenig spaumlter der Golfkrieg dessen oumlkologische Spuren wir weiszlig Gott noch spuumlren obwohl ich manchshymal glaube daszlig dieser Golfkrieg in den Herzen und Koumlpfen vieler nicht mehr vorhanden zu sein scheint

Und wiederum wenige Monate spaumlter die kriegerischen Auseinanshydersetzungen in Jugoslawien und Georgien Und dann der Zusamshymenbruch des Warschauer Pakshytes der Untergang der UdSSR und das Selbstaumlndigwerden der Staashyten der ehemaligen UdSSR

Ich danke Ihnen Herr Pfarrer Pohner daszlig Sie meiner Bitte geshyfolgt sind diesen Gottesdienst mit uns zu feiern Ein besonderer Gruszlig gilt auch den Frauen unserer Soldaten die zu einem nicht uner-

Auftrag 201

heb lichen Teil auch Verantworshytung in der Seelsorge uumlbernomshymen haben wenn das nach auszligen auch nicht immer so erscheint

Die Anregung zu diesen Soldashytengottesdiensten an laumlszliglich des Weltfriedenstages kam im Jahr 1975 von Soldaten und wird nach wie vor auch hier in Munster von der Gemeinschaft Katholischer Soldaten mitgetragen

Mein Gruszlig gilt auch der Presse Ich kann mir vorstellen daszlig es nicht einfach ist manchen Ihrer Leser verstaumlndlich zu machen daszlig SOldaten Ober alle Grenzen der Nashytionen und Konfessionen hinweg um den Frieden in der Welt beten Ich danke Ihnen daszlig Sie heute bei uns sind

Werden wir aber nicht leichtsinshynig der Friede ist wie eine zarte Pflanze die staumlndig der Sicherung und Foumlrderung bedarf Bedenken wir aber auch Gewalt ist die schlechteste Antwort auf die schweren menschlichen Probleme dieser Zeit

FOr die anwesenden Soldaten sprach der stellvertretende Komshymandeur der Kampftruppenschule 2 Oberst Ulrich Rozmyslowski Auf das Thema des von Papst Joshyhannes Paul 11 verkuumlndeten Weltshyfriedenstages 1992 eingehend stellte er ua fest daszlig Weltfrieshydenstage fuumlr die Soldaten auch imshymer Tage der Selbstbesinnung und Standortbestimmung seien Die Bundeswehr geraumlt ohne eigeshynes Zutun oder gar Verschulden oft in das Zentrum innenpolitishy

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scher Kontroversen Ober die Sishycherheitspolitik Die Nachruumlshystungsdebatte der frOhen 80er Jahre oder der Golfkrieg haumltten dashybei besonders herausgeragt Taushysende Friedensbewegter haumltten in jenen Auseinandersetzungen von vornherein die Soldaten aus der Gemeinde der Glaubenden vershyeint fuumlr den Aufbau des Friedens ausgeschlossen Es sei schon inshyteressant der Frage nachzugehen warum der so nahe Krieg in J ugoshyslawien die Friedensbewegung nicht auf die Straszlige gezwungen habe erklaumlrte Oberst Rozmyslowsshyki

Frieden in Wuumlrde und Freiheit beduumlrfe der Sicherheit so stellte der Oberst fest Deshalb so frage er sich manchmal als Soldat wie es denn die Kirche mit uns haumllt Er spielte damit auf die unentshyschlossene Haltung einiger Evanshygelischer Landeskirchen zur Milishytaumlrseelsorge an

Als letzter Redner bei dieser Beshygegnung im Soldatenheim dankte der Vorsitzende des GKS-Kreises Munster Oberstabsfeldwebel Wolfgang Moock allen Anwesenshyden fuumlr ihr Kommen und Mittragen dieser Veranstaltung zum Weltfrieshydenstag sowie im besonderen dem langjaumlhrigen Vorsitzenden und spaumlteren Geschaumlftsfuumlhrer der Geshymeinschaft Katholischer Soldaten (GKS) im Wehrbereich 11 fOr die wiederholte Organisation der Feier des Weltfriedenstagesin einem der groumlszligten Standorte der Bundeswehr

Im weiteren Verlauf seiner AusshyfOhrungen sagte Moock u a Mit dem Wunsch den Weltshyfriedenstag hier und in aller Welt auch in Zukunft mit Soldaten feishyern zu koumlnnen danken wir allen die den Gedanken des Weltfrieshydenstages mittragen Seit 8 Jahshyren fuumlhrt der Bischof von Hildesshyheim Dr Joset Homeyer im Dom oder in der Basilika St Godehard in Hildesheim an laumlszliglich des Weltshyfriedenstages fOr die Soldaten der Bundeswehr einen Friedensgotshytesdienst durch An diesem Gotshytesdienst konnten aufgrund der langen Anmarschwege die Soldashyten der 3 Panzerdivision kaum teilshynehmen Deshalb auch die Idee fuumlr diesen Personenkreis zusamshymen mit den Soldaten der Standshyorte Munster und Faszligberg einen SOldatengottesdienst im HeideshyDom in Munster durchzufuumlhren Im einzelnen dankte Oberstabsshyfeldwebel Wolfgang Moock dem Hauptzelebranten des Soldatenshygottesdienstes Pfarrer Adolf Pohshyner allen Geistlichen die die HI Eucharistie mitgefeiert haben Mishylitaumlrpfarrer Heinrich Theisen fOr sein Engagement und die erfreushyliche Zusammenarbeit den Weltshyfriedenstag auch im Jahr 1992 in diesem Rahmen feiern zu koumlnnen Oberst Ulrich Rozmyslowski fuumlr seine klaren Ausfuumlhrungen allen Kommandeuren und Chefs fuumlr die Unterstuumltzung bei der Vorbereishytung und Durchfuumlhrung der Feier zum Weltfriedenstag der Blaumlsershybesetzung des Heeresmusikkorps

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3 fOr den vorzOg lichen Einsatz in Munster den Vertretern der Presshyse aber auch dem Heimleiter-Eheshypaar des Soldatenheimes fOr die Unterstuumltzung und nicht zuletzt den Feldkoumlchen und Soldaten des Panzergrenadierlehrbataillons 92 fuumlr die gut schmeckende Erbsenshysuppe

Zum Schluszlig gab Wolfgang Moock zu bedenken Wenn Soldashyten Frieden sagen dann meinen sie einen Frieden in Freiheit Geshyrechtigkeit und Wuumlrde Dabei ist ihnen sehr wohl bewuszligt daszlig dieshyser den Menschen anvertraute Friede ein Gottesgeschenk ist

Ein gut schmeckender Erbsenshyeintopf serviert von freundlich und adrett auftretenden Soldaten des Panzergrenadierlehrbataillons 92 vereinten noch laumlngere Zeit die Teilnehmer an dem Soldatengotshytesdienst und der Begegnung zu anregenden Gespraumlchen

Von dem SOldatengottesdienst in der St-Michael-Kirche und der anschlieszligenden Begegnung im SOldatenheim in Munster anlaumlszligshylieh des Weltfriedenstages 1992 wurde ein Video-Film hergestellt der beim BundesgeschaumlftsfOhrer der Gemeinschaft Katholischer Soldaten (GKS) ausgeliehen wershyden kann

Ebenso liegt ein Organisationsshyplan mit Anregungen in schriftshylicher Form vor die Feier des Weltfriedenstages vorzubereiten durchzufuumlhren und nachzubereishyten EmU Kladiwa

Tagung der Geneshyralversammlung der Organisation Intershynational Catholic OIC in Rom vom 07-14 Dezember 1991 Tagebuch eines Vertreters des Apostolat Militaire International AMI

Der Autor dieses Berichtes wollshyte weniger die Einzelheiten der Konferenz darlegen - sie sind im Protokoll nachzulesen - als vielshymehr auch einmal das Drumhershyum einer solchen Veranstaltung einschlieszliglich der Unzulaumlnglichshykeiten schildern Eine solche Dienstreise als Praumlsidiumsmitshyglied des AMI beschert aber auch bleibende Erlebnisse wie die Papst-Audienz Die kameradshyschaftlichen Kontakte mit den AMI-Freunden in diesem Falle der Schweizer Garde des Vatikans und Vertretern der italienischen Arshymee lassen wiederum viele der kleinen Unannehmlichkeiten vershyblassen Eine Grippe vergeht wieshyder die Erinnerung an die geshymeinsamen Stunden mit den AMshyFreunden und OIC-Delegierten bleibt (bt)

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Anreise

Diaspora Priestermangel weite Anfahrtswege in das katholische Deutschland Wir im Norden sind einiges gewohnt wie konnte uns da noch eine im Winter ausgefalleshyne Heizung in der Deutschen Bunshydesbahn von Flensburg bis DOsshyseldorf stoumlren

Die erste Uumlbernachtung Der Abflug am darauffolgenden

Tag - ein Samstag - von Duumlsselshydorf nach Rom verzoumlgerte sich nur unwesentlich um zwei Stunden in Italien streikten die Fluglotsen

Aber dann Der durch AMIshyFreunde in Rom organisierte Transport zur Unterkunft in der Casa Generalizia dei Fratelli delle Scuole Cristiane in der Via Aurelia klappte vorzuumlglich

Sonntag Noch vor dem FrOhstuumlck sind

wir eingeladen zur Teilnahme an einem internationalen Gottesshydienst im Hause im Saal Johanshynes Pauill

Danke - endlich mal wieder im Gottesdienst der - auch wenn ich die Predigt in franzoumlsischer Sprache nicht verstehe - mir das Gefuumlhl vermittelt in einer Gemeinshyschaft um den Altar zu stehen shyunser Mittelpunkt ist Christus

Die Besichtigung von st Peter als Sonntagvormittag-Programm

Wir genieszligen den Sonnenschein und die damit verbundene Waumlrme

Um 1200 Uhr lauschen wir der

kurzen Ansprache des HI Vaters die er vom Fenster seines Arbeitsshyraumes aus haumllt und wenden uns dann nach dem Segen des Papshystes profaneren Dingen zu Reshystaurantsuche davon gibt es eine Vielzahl nur Plaumltze zu finden fuumlr uns wir haben Gluumlck

Coonnell Naldi der Vertreter des AMI in Italien wohnhaft an der Peripherie Roms hatte uns fOr den NaChmittag zu sich nach Hause eingeladen

Bei der Ruumlckfahrt zur Untershykunft die houmlchstens zwanZig Mishynuten dauern sollte verfaumlhrt sich der Fahrer des Dienstwagens Wir fahren uumlber eine Stunde kreuz und quer durch Rom

Ergebnis Abendessen im Haus verpaszligt Also bei kaltem Wind ershyneute Suche nach einem Ristoshyrante gluumlcklicherweise fanden wir noch eines bevor Haumlnde und Gesicht eine tiefblaue Faumlrbung anshynahmen

Nach Ruumlckkehr ist es zwar beshyreits 2300 Uhr aber das Haus wird um 2400 Uhr geschlossen jedoch wir stehen fast eine halbe Stunde vor dem Tor bis uns ein Gast entdeckt und einlaumlszligt Vom Pfoumlrtner keine Spur ob er auf Ronde ist Der Praumlsident des AMI betaumltigte sich dann tor geraushyme Zeit als Tuumlrschlieszliger besser noch Tuumlroumlffner

Montag Beginn des Kolloquiums des

OIC

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Der Praumlsident des OIC der Aumlgypter A Fahim begruumlszligt die Anshywesenden

Diese Vorbereitungskonferenz wird in die Generalversammlung uumlbergehen an der dann 89 Vertreshyter und Vertreterinnen von 41 intershynationalen kath Vereinigungen teilnehmen werden

Die Einstimmung erfolgt durch Gebete und Lieder in vielen Sprashychen

Tom Hili UNO Genf haumllt einen Grundsatzvortrag uumlber die wirtshyschaftliche und religioumlse Entwickshylung in der Welt sowie den derzeitishygen Stand aus der Sicht der Vershyeinten Nationen

Der Nachmittag dient der Erarshybeitung verschiedener Themen in Arbeitsgruppen

Unsere Damen und Herren wermiddot den mit Pkw zum Wohltaumltigkeitsshytee mit Bazar abgeholt der von Vertreterinnen der PASFA organishysiert wurde Damen der obersten militaumlrischen politischen und wirtshyschaftlichen Kreise waren bei dieshysem Tee zugegen

Abendessen wieder gemeinsam mit den Ehefrauen in Trastevere Fierramoseca GemOtlich und urig ist dieses Lokal und es ist warm

Ruumlckkehr zum Haus Der Pfoumlrtshyner ist erneut auf Ronde wir steshyhen wieder vor dem Tor andere Gaumlste gesellen sich zu uns (die Gruppe der Dolmetscher) Und wieshyder sind wir voumlllig durchgefroren

Auftrag 201

Dienstag

Termine mit Radio Vatikan und dem Kommandanten der Schweishyzer Garde werden vereinbart fuumlr eishynen Kurzbesuch u a Vorstellung des Praumlsidiums AMI (zumindest ein Teil davon)

Heute ist der Tag der Luftfahrt in Italien Radio Vatikan berichtet auf UKW in deutscher Sprache Auf dem Flugplatz Fiumicino haumllt der HI Vater fuumlr 6000 geladene Gaumlste einen Gottesdienst

Wir sind abends zu einem Dinshyner in den italienischen Army Offishycers Club geladen

Heute war Gelegenheit einige Einkaumlufe in Rom zu taumltigen Unter sachkundiger Leitung einer Dame der PASFA kreuzten wir die Strashyszligen um Via Condotti bei den Spashynischen Treppen Im Rahmen dieshyser Einkauf tour (Tortur) gelangten wir dann in das Museum des BekleidungskOnstlers Valentino Raumlumlich etwas abgesetzt von seishynen Geschaumlften hat er hier in der Naumlhe der Spanischen Treppe in eishyner ehemaligen Schule eine Ausshystellung all der Bekleidungsstuumlkshyke die er seit Anfang der 60er Jahshyre geschaffen hat und die teilweishyse von ihren Traumlgerinnen spaumlter an ihn zuruumlckgegeben wurden Ausshyerlesene Stocke von Jaqueline Onassis Brook Shields Audrey Hephurn der Beghum viele der kleinen Groumlszligen und auch ganz Groszligen sind hier vertreten Fotoshygrafieren verboten Daszlig es dabei blieb dafuumlr sorgte die Beobachshy

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tung durch elektrische und menschliche Uumlberwachung

Beim Einstieg in den Bus der Ushynie 46 der uns zuruumlckbringen sollshyte machten uns Einheimische gleich darauf aufmerksam unsere Wertsachen eng an uns zu halten diese Buslinie sei beruumlchtigt fuumlr die vielen Diebstaumlhle

Mittwoch

Auf Einladung unserer italienishyschen AMI-Freunde begeben wir uns mit einem Militaumlrbus nach Suumlshyden vorbei an Latina uumlber die Sushyper-Strada zur Abtei Fossanova Im 9 Jahrhundert wurde diese Beshynediktiner-Abtei gegruumlndet 1134 wurde sie von Innozenz 11 an die Zisterzienser uumlbergeben Hier starb Thomas von Aquin

Der geistliche Beirat der italienishyschen Vertreter des AMI ist Don Uonello Torosani Sein militaumlrishyscher Standort ist in Sabaudia am Mar Tirreno etwa 30 km suumldlich von Latina

Nach einer kurzen Begruumlszligung durch den Kommandeur dieser Flugabwehrraketen-Schule (Hawk) zeigte uns Don Uonello voller Stolz - und das zu Recht - seine kleine Kirche und an hand von Schriften eine Vielzahl der Aktivishytaumlten seiner Gemeinde Wenn an Wochenenden von 150 Kirchenbeshysuchern - Soldaten - die Rede ist manchmal sogar zwei Gottesshydienste angeboten werden muumlsshysen aufgrund der Vielzahl der Kirshyehenbesucher so klingt das fuumlr

norddeutsche Ohren traumhaft Allerdings muszlig man hierfuumlr sichershylich auch die Person von Don Lioshynello verantwortlich machen er versteht es zu uumlberzeugen und seinen Soldaten voranzugehen

Was die Arbeit im Apostolat Mishylitaire International angeht wershyden wir von Don Lionello sicher noch houmlren

Don Uonello gab dann noch eine wahre Begebenheit uumlber Joshyhannes XXIII (Roncalli) zum beshysten Als Bischof war Roncalli bei dem damaligen franzoumlsischen Praumlshysidenten de Gaulle zu einem Empshyfang geladen sein Platz beim Esshysen war gegenuumlber der Frau eines russischen Diplomaten Diese Dame mit ihrem weiten Ausschnitt wollte anscheinend Bischof Ronshycalli provozieren Sie bat Roncalshyli - nicht einen der Lakaien - um etwas Obst aus der Schale Ronshycalli nahm einen Apfel und legte ihn vor sie hin Die Frage Warum geben Sie mir gerade einen Apshyfel beantwortete Bischof R folshygendermaszligen Bereits im Parashydies erkannte Eva als sie den Apshyfel nahm daszlig sie nackt war

Donnerstag

Das KOlloquium ist beendet es beginnt die Generalversammlung des oie

Das Apostolat Militaire Internashytional AMI als (beitragszahlendes) Neumitglied des oie hatte seinen Praumlsidenten Oberst i G Juumlrgen Bringmann Bonn und einen der

188

zwei Vizepraumlsidenten Oberstabsshybootsmann Guumlnter Thye Flensshyburg entsandt

Die Vertreterinnen und Vertreter der internationalen kath Verbaumlnde kamen aus allen Erdteilen Suumldshyamerikaner waren ebenso vertreshyten wie Afrikaner von der Elfenshybein kuumlste Nordamerikaner aus Kanada Inder Thais Iren und und und

Nach der Begruumlszligung der annaumlshyhernd 90 internationalen Vertreter und dem Bericht des Praumlsidenten wurde die Abfahrt der Busse beshykanntgegeben zu einem Empfang mit den Kardinaumllen und Bischoumlfen die zur Zeit der Synode in Rom weilten Hier trafen wir u a auch den Vizepraumlsidenten des Weltshylaien rates Bischof Dr Cordes

Freitag

Beginn dieses Vormittags mit intern Gebeten und Gesaumlngen dann wurde die Konferenz verspaumlshytet fortgesetzt

Es folgte die Vorstellung der Kandidaten und einzelnen Grupshypen fuumlr die Wahlen zum - Praumlsidenten des OIC - Comite de Continuite - Geschaumlftsfuumlhrer des oie - Mitgliedschaft im oie

Fuumlr 1230 Uhr war eine Audienz beim HI Vater eingeplant Grund genug die Konferenz zu unterbreshychen

Geleitet durch Schweizer Gardishysten begaben wir uns im Vatikan in den Saal Sala Dei Consistorio

Auftrag 201

Hier in dem mit Wandteppichen stoffverkleideten Waumlnden und mit kunstvollen Schnitzerein an der Holzdecke versehenen Saal warshyten wir gespannt auf das Erscheishynen des Hf Vaters

Das Einschalten der Deckenflutshylichter kuumlndigte sein Kommen an Er wurde begruumlszligt und informiert uumlber die derzeitige Tagung des OIC durch den Praumlsidenten Mr Fahim Die Antwort des Papshystes - gehalten in franzoumlsischer Sprache - bezog sich auf den Inshyhalt der Begruumlszligung er wuumlrdigte die Arbeit des OlC und schloszlig mit dem paumlpstlichen Segen Anschlieshyszligend hatte jeder Teilnehmer Geleshygenheit persoumlnich einige kurze Worte mit dem HI Vater zu wechshyseln bevor wir dann zum Gruppenshyfoto gebeten wurden

Fuumlr die beiden Vertreter des AMI-Praumlsidiums schloszlig sich in der Unterkunft der Schweizer Garde ein Besuch bei dem Kommandanshyten der Schweizer Garde Oberst Buchs an

Nachdem ein Vertreter der Schweizer Garde kurzfristig die Teilnahme an der AMI-Konferenz 91 in Flensburg absagen muszligte stellte Oberst Buchs eine Teilnahshyme 1993 in Rom in Aussicht Eine Teilnahme in Bogota 92 scheint aus KostengrQnden nicht moumlglich

Nach dem Besuch der Waffenshyund Kleiderkammer der Schweizer Garde fahren wir zuruumlck zur Untershykunft und storzen uns erneut bis zum fruumlhen Abend in die Sitzung des OIC

Auftrag 201

Die verschiedenen katholischen Zentren berichteten Ober ihre Ershyfahrungen und Vorstellungen wie auch Forderungen

Zentrum Genf tiefer gehende intensivere Kontakte zu anderen Organisationen - Informationen Ober deren

Strukturen und Arbeitsweise - Denkweise zu bestimmten Theshy

men - Wie stark ist die Vereinigung

was repraumlsentieren sie Zentrum New York 16 internationale Organisatioshy

nen arbeiten zusammen mit dieshysem Zentrum

Einige Aktivitaumlten werden er waumlhnt - monatlich 2 Besprechungen zu

kirchlichen oder allgemein inshyteressierenden Themen zushysaumltzlich auch sogenannte Briefings aus aktuellem Anshylaszlig z B Auslandsreisen des Papstes

- Referenten der United Nationes werden hierzu eingeladen

- Gespraumlche Diskussionen Seshyminare werden mit allen religioumlshysen Richtungen durchgefuumlhrt (Hindus Juden etc) Ober z B Internationales Jahr der Famishylie aus Sicht der unterschiedshylichen Religionen

Das Wissen voneinander Obershyeinander ist zu gering Die Inforshymation uumlber die katholische kirchshyliche Arbeit muszlig breiter gestreut werden Fuumlr diese Arbeit bekommt das Zentrum jaumlhrlich von den Bishyschoumlfen 4000 $ Die Zusammenarshy

189

beit der internationalen katholishyschen Organisationen mit dem Zentrum New York ist nicht optishymal

Vorgestellt wurde ein VideoshyFilm (28 Minuten) uumlber internatioshynale katholische Organisationen

Finanziert wurde dieser in vielen Sprachen existierende Film durch die UNO und durch amerikanische Bischoumlfe

Ein Exemplar wurde dem HI Vashyter uumlberreicht

Sonnabend Nun nicht zu vergessen die

wichtigsten Punkte der Wahlen Jeder internationale (stimmbeshyrechtigte) Verband hatte nur eine Stimme somit waren maximal 28 Stimmen moumlglich

Neuer (und alter) Praumlsident wurshyde A Fahim

Rudy Ruegg (Schweiz) wurde als Generalsekretaumlr von Paul Morand abgeloumlst

Rudy Ruegg schied aus Altersshygruumlnden aus

FOrdas Apostolat Militaire Intershynational AMI war die Stimmenzahl fOr die Wahl in das Comite de Conshytinuite entscheidend zumal geshyrade bei dieser Wahl mit Gegenshywind gerechnet wurde - eben geshygen Vertreter einer internationalen Organisation von Soldaten

Mit 17 Ja-Stimmen 6 Nein 4 Enthaltungen galten wir als geshywaumlhlt und entsenden somit einen Vertreter des Praumlsidiums AMI in das Comite das zwischen den Geshy

190

neralversammlungen des OIC die Arbeit fortfuumlhrt

Zusammen mit allen anwesenshyden Priestern zelebrierte Msgr Bishyschof Dr Cordes - Vizepraumlsident des Weltlaienrates - einen Gotshytesdienst wiederum im Saal Jashyhannes Paull

Kurz vor der offiziellen Beendishygung dieser Tagung hieszlig es hurtig Koffer packen und mit dem shydankenswerterweise - bereitgeshystellten Dienstwagen der italienishyschen Armee brausten wir dann durch quirlige und verkehrsreiche roumlmische Straszligen zum Flughafen Leonardo da Vinci

Ruumlckreise Puumlnktliche Ankunft bedeutet

noch lange nicht rechtzeitiger Abshyflug Die einstuumlndige Verspaumltung lieszlig dann jede Hoffnung schwinden von Duumlsseldorf einen Nachtzug nach Hamburg und Flensburg zu bekommen

Also wieder einmal sehr spaumltes Belegen eines Hotelzimmers dashyfuumlr aber am Sonntag fruumlh aus den Federn denn der Zug nach Flensshyburg wartet nicht auf uns Wir aber auf ihn Mit zweistuumlndiger Verspaumltung fahren wir dann gen Norden Natuumlrlich haben saumlmtlishyche Anschluszligzuumlge HamburgshyAltona bereits verlassen Wir warshyten auf den naumlchsten Zug und beshysichtigen zwischenzeitlich den Bahnhof

Endlich - es ist Abend - wir

Auftrag 201

sind (mit einer Grippe) zu Hause Eine ereignisreiche interessante aber auch sehr anstrengende Woshyche ist vorbei Jetzt gilt es das Ershylebte zu verarbeiten

Guumlnter Thye

GKS - Bereich See Wochenende der Begegnung

Waumlhrend einer Dienstreise zum Marinekommando Rostock im Okshytober des letzten Jahres kam es neben den rein dienstlichen Belanshygen auch zu Gespraumlchen Ober die Millitaumlrseelsorge ihre Strukturen gesetzliche Grundlagen und ihre Laienbewegungen sowie - was auf aufmerksame Zuhoumlrer stieszlig shyuumlber die anhand von Beispielen aufgezeigten vielfachen und vielshyseitigen Aktivitaumlten auf nationashylem sowie internationalem Gebiet

Religion geschweige denn Milishytaumlrseelsorge war und ist fuumlr viele Angehoumlrige der ehemaligen Natioshynalen Volksarmee - NVA - eine Vokabel mit der sie gar nichts oder kaum etwas anzufangen wisshysen Aus dieser Erkenntnis heraus dem Interesse Ober das Thema mehr houmlren und eigene Gedanken einshybringen zu wollen resultierte dann aus dieser Gespraumlchsrunde der Vorschlag ein Wochenende der Begegnung fuumlr Soldaten der eheshymaligen NVA und deren Famifien sowie Mitgliedern der Gemeinshy

191 Auftrag 201

schaft Katholischer Soldaten GKS zu veranstalten

Pilotprojekte haben ihren eigeshynen Werdegang in diesem Falle allerdings dank der Unterstuumltzung des Bundesvorstandes der Geshymeinschaft Katholischer Soldashyten des Katholischen Militaumlrbishyschofsamtes und nicht zu vergesshysen des Kommandeurs Marineshykommando Rostock der unsere Gruppe das Gaumlstehaus der ehemashyligen NVA im Ostseebad Nienhashygen fOr dieses Wochenende zur Verfuumlgung stellte lief die Vorbereishytung und Durchfuumlhrung reibungsshylos

In gespannter Erwartung trafen sich dann am letzten Wochenende im Februar insgesamt zwanzig Soldaten einschlieszliglich ihrer Eheshyfrauen und Kinder den Versuch zu wagen von Mensch zu Mensch eine Bruumlcke zu bauen Nicht unershywaumlhnt bleiben soll daszlig auch der Kommandeur des Marinekommanshydos Flottillenadmiral Otto Ciliax und Frau sowie der Bundesvorsitshyzende der Gemeinschaft Katholishyscher Soldaten Oberstleutnant i G Paul Schulz und Frau an diesem Wochenende teilgenommen hashyben

Nach der BegrOszligung fOlgten zwei Taumlnze Jiffy Mixer und Seven Jumps bei denen der haumlufige Wechsel des Tanzpartners und die gymnastischen Uumlbungen zur Ershyheiterung beitrugen

So geloumlst teilweise noch auszliger Atem stellten wir - jeder fuumlr sich - uns gegenseitig vor einshy

schlieszliglich unseres dienstlichen Werdeganges und soweit gegeshyben auch den als aktiver Laie in der katholischen Militaumlrseelsorge

Der Beitrag einer Teilnehmerin (Krankenschwester in einer Sanishytaumltsstaffel und Ehefrau eines Solshydaten der ehemaligen NVA) Ober dieses Wochenende soll fuumlr sich sprechen nur soviel sei noch ershyWaumlhnt

Die folgenden Stunden bis Sonntag zur Abreise waren angeshyfuumlllt mit Fragen und Antworten Gespraumlchen mit kleineren Grupshypen oder auch z B bei Spaziergaumlnshygen in dem das Haus umgebenden Forst und am Ostseestrand nur unter vier Augen Jede Minute war lehrreich ich behaupte einmal fuumlr beide Seiten

Einige Fragen und Aussagen zur Verdeutlichung - Wie laumlszligt sich Religion und Bunshy

deswehr (Christ und Soldat) miteinander vereinbaren hinshysichtlich Du sollst nicht toumlten

- Ich bin ein Suchender koumlnnen Sie mir - oder wer kann es shyhelfen

- Wir haben uns heimlich kathoshylisch trauen lassen

- Ich bin heimlich getauft wormiddot den mein Vater war Offizier (in der Sowjet-Armee)

- Kommunion Konfirmation gibt es Gemeinsamkeiten mit der Jugendweihe

- Kann ein Glaumlubiger seine Proshybleme leichter beWaumlltigen als ein Unglaumlubiger

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- Ein Glaubender hat etwas zum Festhalten wir

Der Sonnabendnachmittag war fuumlr einen Ausflug nach Bad Dobeshyran zur Besichtigung des Muumlnsters vorgesehen

Die Stadt Doberan verdankt ihre Existenz zwei wichtigen Entscheishydungen des damaligen mecklenshyburgischen Fuumlrstenhauses

der Gruumlndung des Zisterzienser Klosters gegen Ende des 12 Jahrshyhunderts und der Errichtung des ersten deutschen Seebades am Heiligen Damm 1793

Der Chronist Helmold von Boshysau vermerkte noch 1170 Meck-

Das Muumlnster zu Bad Doberan

Auftrag 201

lenburg ist ein Land des Mangels und des Hungers wo der Sitz des Satans und aller boumlsen Geister ist

Pribislav Herr Mecklenburgs lenkte die Geschicke des Landes in bessere Bahnen Das Land entshywickelte sich positiv in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht Das 1171 errichtete Kloster wurde beshyreits 1178 wieder voumlllig dem Erdboshyden gleichgemacht hervorgerufen durch einen Familienstreit um die Teilung der Herrschaft im Lande

Nikolaus von Rostock sorgte dashyfuumlr daszlig im heutigen Bad Doberan 1186 die Zistersienser einen neuen Anfang machen konnten

Der Backsteinbau wurde zOgig aufgebaut und 1232 konnte das MOnster geweiht werden Bis 1522 haben Moumlnche in ihm das Lob Gotshytes gesungen seitdem tut es nun die lutherische Kirchengemeinde

Der allgemeine Niedergang Ende des 15 und Anfang des 16 Jahrhunderts setzte auch dem Kioshyster sehr zu

Ein Ausspruch aus jener Zeit vermittelt den richtigen Eindruck Reiten und rauben ist keine Schande das tun die Besten im Lande

Es wurde gepluumlndert demoliert und abgerissen was zu haben war

Der 30jaumlhrige Krieg fuumlgte der Kirche und dem Klostergebaumlude schwere Schaumlden zu Herzog Adolf-Friedrich verwendete Geldshybuszligen fuumlr den Erhalt der Kirche 1656 wurde dann mit den ersten Baumaszlignahmen begonnen

Auftrag 201 193

Im 1 Weltkrieg muszligte eine von zwei Glocken an die Ruumlstungsinshydustrie abgegeben werden Die aumllshyteste Glocke Mecklenburgs sie stammt aus dem Jahre 1301 bleibt Doberan erhalten

Zum Schutz gegen Bomber und Feuer aber auch gegen Pluumlndeshyrung wird 1942 das gesamte Invenshytar eingebunkert Auf Befehl des sowjetischen Stadtkommandanshyten wird es 1946 wieder aufgestellt und der Oumlffentlichkeit zugaumlngig gemacht

Die letzte groszlige Generalrestaushyrierung der Kirche fand 1964 shy1984 statt und wurde mit staatshylichen Mitteln gefoumlrdert

Beeindruckt von dem Besuch dieses wunderschoumlnen Gottesshyhauses in Backsteingotik und seishyner von dem Kirchenfuumlhrer so anshyschaulich vorgetragenen Geshyschichte fuhren wir zuruumlck nach Nienhagen

Die uumlberaus angeregten Diskusshysionen dieses Wochenendes warshyfen eine Unmenge von Fragen und Problemen auf

Ein Wochenende allein reicht beileibe nicht aus Die Gruppe - darin waren sich alle einig shywuumlnscht dringend eine Fortsetshyzung Sie ist geplant

Die Aufgeschlossenheit dieser Gruppe die Atmosphaumlre des Gaumlshystehauses nebst der guten Kuumlche und die reizvolle Landschaft in dieshysem Teil von Meckenburg-Vorshypommern haben wesentlich dazu beigetragen daszlig diese Veranstalshy

tung der GKS ein voller Erfolg wurshyde

Guumlnter Thye

Bericht uumlber ein Wochenende der Begegnungen in Nienhagen

Ende des Jahres 91 genauer geshysagt im Dezember erhielten wir eine Einladung von der GKS untershyschrieben von Oberstabsbootsshymann Thye

Was ist GKS Wer ist OStBtsm Thye

Auf unser Anfragen sagte man uns GKS das ist die Gemeinshyschaft Katholischer Soldaten

Wir hatten noch nie etwas von so einer Gemeinschaft gehoumlrt

Sollten wir ehemalige DDR-Buumlrshyger und Heiden jetzt bekehrt wershyden

Es gab schon viele Fragen beim Eintreffen der Einladungen und so fuhren wir voller Erwartungen und Neugier aber auch mit einer Porshytion Skepsis nach Nienhagen Bis 1800 Uhr trafen dann alle Teilshynehmer ein

Nach einer zwanglosen Begruumlshyszligung und Abendbrot kam dann das erste Beschnuppern

Einige lustige Scherztanzschritshyte loumlsten die Beklemmung und Vershykrampfung auf beiden Seiten

Es folgte eine kurze Vorstellung jedes einzelnen und dann war da auch schon ein reges Gespraumlch im Gange

194 Auftrag 201

Das Spektrum der Themen war sehr breit gefaumlchert

Was war die Jugendweihe Wie verlief sie Was macht die GKS Wie vertraumlgt sich Christsein mit dem Soldatenberuf Wie lebte es sich hinter der Mauer Wie ist jetzt das Zusammenarbeiten von Ossi und Wessi

Es wurde offen in einer groBen Runde aber auch zu zweit und zu dritt gesprochen diskutiert und phiIosoph iert

Nach dem gemeinsamen FrOhshystuumlck am Samstag wurde bei eishynem Strandspaziergang die Proshyblematik des vorherigen Abends wieder aufgegriffen

Die Gespraumlche wurden diesmal ganz individuell gefuumlhrt

Persoumlnliche Meinungen und Ershyfahrungen wurden ausgetauscht

Dabei zeigte sich aber auch eine unterschiedliche Praumlgung bei der Einschaumltzung und Beurteilung von gesellschaftlichen christlichen und auch nur ganz alltaumlglichen Ershyeignissen

Nach einem vorzuumlglichen Mitshytagessen fuhren wir gemeinsam nach Bad Doberan

Dort besichtigten wir das Dobeshyraner Muumlnster ein in Norddeutschshyland sehr bekanntes Bauwerk Durch eine Fuumlhrung erfuhren wir viel Interessantes uumlber diese eheshymalige Klosteranlage und auch uumlber die geschichtliche Entwickshylung dieser Region

Nach dem Kaffeetrinken trafen wir uns alle wieder in der gemuumltlishychen Ecke

Zur Sprache kamen Probleme wie die Zusammenarbeit zwischen Bundeswehrangehoumlrigen und eheshymaligen NVA-Soldaten Vereinbarshykeit von Berufstaumltigkeit der Frau und Kindererziehung und auch die Frage ob ein glaumlubiger Mensch Probleme des Alltags besser verarshybeiten kann als ein Nichtglaumlubishyger

Wir haben alle versucht geshymeinsam Antwort auf die vielen Fragen zu finden was nicht immer einfach war

Nach dem Abendbrot fanden wir uns alle zu einem kleinen Umtrunk zusammen An diesem Abend der sehr lang wurde haben wir viel erzaumlhlt und reichlich gelacht

Wir vergaszligen alle daszlig wir Osshysis und Wessis sind Wir waren einfach nur eine Runde froumlhlicher Leute die sich gut verstanden

In der Nacht hatte der Wind aufshygefrischt

Trotzdem lieszligen wir uns nach dem Fruumlhstuumlck nicht aufhalten und spazierten am Strand Richshytung Heiligendamm Unser Ziel war der Heilige Damm Ober desshysen Entstehung wir im Doberaner MOnster erfahren hatten

Jedoch hatten wir die Entfershynung den Wind und das Gehen am steinigen Strand unterschaumltzt So schafften wir es nicht ganz bis an den Heiligen Damm

Waumlhrend dieser Zeit wurde wieshyderum in kleinen Gruppen oder auch ganz persoumlnlich gesprochen

Viele Fragen blieben natuumlrlich

Auftrag 201 195

aufgrund der kurzen Zeit die wir miteinander verbringen durften ohne Antwort bzw wurden nicht bis zu Ende diskutiert

Nach dem Mittagstisch und eishyner Tasse Kaffee zog Herr Thye das Resuumlmee des Treffens

Es war fuumlr alfe ein Bereicherung und eine sehr schoumlne Erfahrung

Alle Teilnehmer waren sich einig daszlig dies nicht eine einmalishyge Maszlignahme bleiben sollte sonshydern daszlig wir uns zu einem spaumlteshyren Termin nochmals zusammenshyfinden

Vielleicht koumlnnte man dieses VVochenende der Begegnung zushysammenfassen indem man sagt aus einem Gegeneinander uumlber ein Nebeneinander wurde ein Miteinshyander

Monika Henig (Marinesanitaumltsstaffel Rostock)

Wallfahrt nach Sanshytiago de Compostela Liebe Freunde

Spanische Soldaten haben uns eingeladen auch in diesem Jahr mit ihnen ein Stuumlck des VVeges nach Santiago de Compostela zu gehen VVir haben diese Einladung angenommen und nehmen mit 20 Personen an dieser Pilgerfahrt teil

Das Programm ist wie folgt vorshygesehen 8 Juli Treffen in Bonn

9 Juli Zugfahrt uumlber Paris nach leon anseh Fuszligwallfahrt durch Asturien naeh Sanshytiago de Compostela

21 shy 23 Juli Aufenthalt in Sanshytiago de Compostela

23 Juli Ruumlckfahrt uumlber Paris nach Bonn bzw Karlsruhe

Der Teilnehmerpreis (Anteil an den Kosten) betraumlgt pro Person GVVDL 250 - DM A 1 - 4 300 - DM A5 - 8 350- DM A 9 - 12 375 - DM abA 13 400 - DM

Ich bitte Sie diese VVallfahrt beshykanntzugeben Interessenten ershyhalten von mir weitere Informatioshynen Die Plaumltze werden in der Reishyhenfolge der Anmeldung vergeshyben

Mit freundlichen GrOszligen Walter HOtten

Weihe eines Bischofshykoadjutors fuumlr den Militaumlrbischof von Oumlsterrreich

Am Sonntag dem 2 Februar 1992 wurde in der St-Georgs-Kashythedrale in der Burg zu VViener Neustadt der bisherige Militaumlrpfarshyrer an der Theresianischen Militaumlrshyakademie Militaumlrdekan Mag

196 Auftrag 201

Msgr Christian Werner durch den Militaumlrbischof von Oumlsterreich Dr Alfred Kostlecky zum Titularbishyschof von Eca (in Apulien) und zu seinem Bischofkoadjutor geweiht Mitkonsekratoren waren der fruumlheshyre Militaumlrvikar und Bischof von St POumllten Altbischof Dr Franz Zak zu dessen Dioumlzese MiJitaumlrdekan Msgr Werner gehoumlrte und dessen Nachfolger Bischof Dr Kurt Krenn

Nach dem Kirchenrecht ist mit dem Amt des Bischofkoadjutors das Recht auf Nachfolge verbunshyden

Die Bischofsweihe fand in Anshywesenheit des Bundespraumlsidenten Dr Kurt Watdheim des Erzbishyschofs von Wien Dr Hans Hershymann Kardinal Groer des Nuntius DDr Donato Squicciarini des Bunshydesministers tuumlr Landesverteidishygung Dr Werner Fasslabend eishynes groszligen Teils des Bischofskolshylegiums sowie der militaumlrischen und zivilen Spitze des Bundesminishysteriums fuumlr Landesverteidigung und des Bundesheeres statt

In seiner Predigt verwies Militaumlrshybischof Dr Alfred Kostelecky ausshydruumlcklich auf die Schutzfunktion des oumlsterreichischen Soldaten und auf die Legitimaumlt des Soldashytenseins wie sie in einigen Schriftstellen zum Ausdruck kommt und auch durch Gaudium et spes festgestellt wird Er wies aber auch auf die Moumlglichkeit hin dem Frieden in anderer Weise zu dienen

Der neue Militaumlrbischofkoadjushy

tor ging in seiner Ansprache nach der Bischofsweihe auf den Beitrag der oumlsterreichischen Soldaten im Rahmen der friedenssichernden und friedenserhaltenden Operatioshynen der Vereinten Nationen ein die durch die Verleihung des Frieshydensnobelpreises im Jahr 1988 geshywuumlrdigt worden sind

Er betonte den Auftrag an das Bundesheer zur Friedenserhaltung im Sinne der Bundesverfassung Aufgabe der Militaumlrseelsorge sei es den Friedensgedanken den Soldaten aller Dienstgrade naheshyzubringen Mi I itaumlrbischofkoadjushytor Mag Werner ging dann auch auf das Anliegen der Katholischen Jugend ein den Zivildienst als Beishytrag zum Frieden anzuerkennen Hier soll ein Nebeneinander und Miteinander wenn auch auf untershyschiedlichen Wegen moumlglich sein

Im folgenden soll nun der Leshybensweg unseres Militaumlrbischofshykoadjutors skizziert werden

Bischofkoadjutor Mag Msgr Christian Werner wurde am 27 April 1943 in Gogolin (Oberschleshysien) geboren und verbrachte seishyne Kindheit und Jugendzeit in Wien Nach der Reifepruumlfung im Jahre 1962 arbeitete er ein Jahr bei der oumlsterreichischen Post- und Teshylegraphenverwaltung und entshyschied sich dann fOr die Offiziersshylaufbahn Er absolvierte von 1964 bis 1967 die Theresianische Milishytaumlrakademie und wurde bald nach seiner Ausmusterung als Erziehershyoffizier bei den Zoumlglingen des MiIishy

197 Auftrag 201

taumlrrealgymnasiums eingesetzt Hier begann er mit dem Studium

der Theologie das er im Priestershyseminar der Dioumlzese St Poumllten fortsetzte

Bischof Dr Franz Zak der zu dieser Zeit auch das Amt des Milishytaumlrvikars ausuumlbte weihte ihn am 29 Juni 1977 zum Priester Mag Christian Werner war die ersten drei Jahre dann aber nicht in der Dioumlzese St Poumllten sondern in der Erzdioumlzese Wien als Kurat an der Probsteikirche in Wien er lIeushystadt - dem damaligen Sitz von Weihbischof Florian Kuntner - taumlshytig

Im Jahr 1980 entschied sich Mag Werner dann fuumlr die Militaumlrshyseelsorge und wurde Militaumlrpfarrer beim Militaumlrkommando Niedershyoumlsterreich in St Poumllten

Mit 1 Januar 1986 wurde Militaumlrshysuperior Mag Christian Werner zum Militaumlrpfarrer an der Theresiashynischen Militaumlrakademie in Wiener Neustadt bestellt

Zu dieser Funktion gehoumlren nicht nur die Seelsorge lebensshykundlicher Unterricht und Wehrshyethik im Rahmen der Offiziersausshybildung sondern auch das Amt des Kirchenrektors an der St-Geshyorgs-Kathedrale der Bischofskirshyche des Militaumlrbischofs von Oumlstershyreich

Als kirchengeschichtlich intershyessant sei hier angemerkt daszlig Mishylitaumlrbischof Dr Kostelecky in Wieshyner Neustadt zwei Bischofskirshychen hat die St-Georgs-Kathedrashyle in der Burg - die Bischofskirshy

che des Militaumlrbischofs - und die Propsteikirche den fruumlheren Dom von Wiener Neustadt die seine Bishyschofskirche als Titularbischof von Wiener Neustadt ist Wiener Neustadt war von 1459 bis 1784 Bistum - und hat da der letzte Bishyschof von Wiener Neustadt auch

CHRISTUS PAX NOSTRA

Der Weinstock im roten Feld symbolishysiert den Familiennamen Werner (abshy

geleitet von Weinherr) Rechts oben das rote Tatzenkreuz im goldenen Feld Das Abzeichen des St Georg Ritterordens welches zum Wappen des Beistums Wiener Neushy

stadt wurde Rechts unten Kreuz und Oumllzweig beshyziehen sich auf den Wahlspruch des ershysten Militaumlrbischofs der Republik

Oumlsterreich Pax et Iustitia Der Wahlspruch lautet CHRISTUS PAX NOSTRA (Christus ist unser

Friede)

198

das Amt des Miltaumlrvikars innehatshyte damit eine enge Verbindung zur Mi I itaumlrseelsorge

An der St-Georgs-Kathedrale die traditionell auch der Bevoumllkeshyrung offensteht hat sich unter Militaumlrdekan Mag Msgr Christian Werner ein sehr lebendiges Geshymeindeleben entwickelt Hier war es vor allem die Art wie er die Gotshytesdienste gestaltete die ihm rasch seine Gemeinde gewann Durch sein herzliches und offenes Zugehen auf seine Pfarrangehoumlrishygen fand er vor allem rasch zu den Kindern und Jugendlichen Seine Liebe zur Musik und seine uumlbershyzeugende VerkOndigung des Worshytes Gottes praumlgten die Feier des Gottesdienstes

Die Arbeitsgemeinschaft kathoshylischer Soldaten wuumlnscht Militaumlrshybischofkoadjutor Mag Msgr Wershyner fuumlr sein neues Amt den Segen Gottes (Die Redaktion des Aufshytrags schlieszligt sich diesen Wuumlnshyschen an) Seine Ernennung wurde in der Militaumlrdioumlzese allgemein mit Dankbarkeit und Freude aufgeshynommen

Michael Haubl

Katholisches Militaumlrbischofsamt beim Katholikentag vertreten

Europa bauen in der Einen Welt - zum Thema des diesjaumlhri-

Auftrag 201

gen Katholikentages bietet die Kashytholische Militaumlrseelsorge die Geshymeinschaft Katholischer Soldaten sowie das Apostolat Militaire Inshyternational in Zusammenarbeit mit der franzoumlsischen Militaumlrseelsorge ein vielfaumlltiges Programm an Milishytaumlrgeistliche Mitarbeiter der Kurie des Katholischen Militaumlrbischofs und die Gemeinschaft Katholishyscher Soldaten haben interessanshyte Moumlglichkeiten der Begegnung vorbereitet

Am Freitag dem 19 Juni findet in der Karlsruher St Michaelskirshyche ein Internationaler SoldatenshygotteSdienst mit dem Thema Mit Gott versoumlhnt - FOr den Frieden in der Welt und anschlieszligend eine Stunde der Begegnung statt Der Kathol ische Mi I itaumlrbishyschof Erzbischof Johannes Dyba zelebriert diese Meszligfeier Er hat die katholischen Militaumlrbischoumlfe und Soldaten aus 13 verschiedeshynen west- und osteuropaumlischen Nationen zum Katholikentag einshygeladen Den Soldaten soll dashydurch nicht zuletzt die Moumlglichkeit gegeben werden in Gemeinschaft ihren Glauben auf dem Weg in ein sich einigendes Europa zu bezeushygen

In der Halle der Bistomer laden Mitarbeiter im Jurisdiktionsbeshyreich des KatholiSChen Militaumlrbishyschofs zur Information Ober die Mishylitaumlrseelsorge ein

Auch die Podiumsgespraumlche der Gemeinschaft Katholischer Soldashyten greifen das Thema Europa auf Europas Soldaten als Weltpolizishy

2 Auftrag 201

AUS GKS UND PGR Handreichung zum Jahresthema der GKS 1992 (Paul Brochhagen) 146 Europa bauen in der einen Welt Wir bauen mit (Rudolf Grulich) 147 Wehrbereich 11 - Verabschiedung Wehrbereichsdekan Dr Eduard Quiter 167 Ehrung tOr Oberst a D Fettwels 169 Festakademie Weltfriedenstag 9 Januar 1992 in Bonn 169

BegrOszligungsansprache (Paul E Vosseler) 169 Festvortrag von Erzbischof Dr Lajos Kada Apostolischer Nuntius 172

Weltfriedanstag 1992 in Munster(Emii Kladiwa) 180 Tagung der Generalversammlung der Organisation International Catholic OIC In Rom vom 7 -14 12 1991 (Ganter Thye) 184 GKS-Bereich See 190

Wochenende der Begegnung (Ganter Thye) 190 Bericht uumlber ein Wochenende der Begegnungen in Nienhagen (Monlka Henig) 193

Wallfahrt nach Santiago de Compostela (Walter Hatten) 195 Weihe eines Bischofkoadjutors fQr den Militaumlrbischof von Oumlsterreich (Michael Haubi) 195 Katholisches Militaumlrbischofsamt beim Katholikentag vertreten (Marlene Beyei) 198

Auftrag 201 199

sten - Dienst und Auftrag des Soldaten heute Da der diesjaumlhrishyge Katholikentag erstmals wieder gesamtdeutsch ist soll auch die Eingliederung der ehemaligen NVA-Soldaten in die deutSChe Bundeswehr nicht unerwaumlhnt bleishyben In einem Kleinforum Lust und Frust an der deutschen Einshyheit wird anhand von Erfahrungen aufgezeigt wie die Problematik des deutsch-deutschen Zusamshymenwachsens aufgefangen wershyden koumlnnte

Die Katholische Militaumlrseelsorshyge veranstaltet ein Werkstattgeshyspraumlch mit dem Titel Kinder des kalten Kriegs - wo ist unsere Zushykunft Junge SOldaten aus westshy

und osteuropaumlischen Laumlndern taushyschen ihre Erfahrungen als christshylich orientierte Soldaten angeshySichts des Endes der Ost-Westshykonfrontation aus und suchen nach Modellen fOr eine europaumlishysche Friedensordnung

Im Themenkreis 111 Stadt der ofshyfenen Tore fOhrt das Katholische Militaumlrbischofsamt eine TalkshyShow zum Thema Versoumlhnung und Zusammenarbeit an einer geshymeinsamen Friedensordnung durch

Marlene Beyel (aus REPORT Informationen rund um den Katholikentag 292)

Zeter und Mordio Srhreien hilf1 nicht wenn die Kirche in den Medien wieder einmal durch den

Kokoo gezogen wird Unterstuumllzen Sie lieber die gemeinnuumltzige Arbeit des Kolholiltichen Prembundes Wir sorgen dafuumlr da6 die Stimme des Glaubens in

den Medien nicht unlergehl

Ih erbitte noumlhere Informationen

Katholilcher Pre~bund eV AdellOuerallee 134 5300 Bonn 1

auftrag ist das Organ der GEMEINSCHAFT KATHOLISCHER SOLDATEN (GKS) und erscheint vierteljaumlhrlich

Herausgeber GEMEINSCHAFT KATHOLISCHER SOLDATEN (GKS)

Redaktion Klaus Brandt Oberst leutnant verantwortlicher Redakteur Helmut Fettwejs Obers t a O Redakteur Wilhelm Lehmkaumlmper Oberstleutnant a D Gesellschaft und Kirche

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  • AUFTRAG-201-apr-1992 Titelblatt
  • INHALTSVERZEICHNIS
  • BESINNLICHES
    • Die Glaumlubigen vereint im Aufbau des Friedens - Botschaft von Papst Johannes Paul ll zur Feier des 25 Weltfriedenstages 1992
      • Sittliche und religioumlse Natur des Friedens
      • Den Geist von Assisi wiederbeleben
      • Die Kraft des Gebets
      • Oumlkumenischer Dialog und inter-religioumlse Beziehungen
      • Der Weg der zuruumlckgelegt werden muss
      • Gemeinsam den Frieden in Gerechtigkeit bauen
      • Notwendige Unterstuumltzung von seiten der Verantwortlichen der Nationen
      • Ein besonderes Wort fuumlr die Christen
        • Gottes Wort als Kraftquelle - Erzbischof Dyba ruft zu lebendigem Umgang mit der Bibel auf
        • Das geistliche Wort (Walter Theis)
        • Bibel-Weg im April (Elisabeth Enssle)
        • Die Wuumlrde des Menschenist unantastbar (Art 1 GG) - Initiative fuumlr ein friedliches Zusammenleben mit allen Fremden
          • Koumlnnen Sie sich vorstellen
          • Was halten Sie davon
          • Was halten Sie jetzt davon
          • Und die Wirklichkeit
          • Was muumlssen wir tun
            • Sein Wort - Gottes Wort Unsere Worte - Menschenworte (Helmut Fettweis)
              • Situation vor dem Konzil
              • Nach dem Konzil
              • Was nun
                • Heilige Messe Zauberei oder Humbug - Beobachtungen bei einer Amtseinfuumlhrung in Ostdeutschland (Heribert Lehmberger)
                • Stand der Beratungen zum Schutzdes ungeborenen Kindes (DBK)
                • Woche fuumlr das Leben 1992 (DBK)
                • Kirchentraumlume junger Menschen
                • Der Christ zwischen Angst und Vertrauen (Johannes Cofalka)
                  • 1 Vorbemerkung
                  • 2 Was ist Angst
                  • 3 Tiefen der Angst
                  • 4 Angst im Alten und NeuenTestament
                  • 5 Die Angst des Soldaten
                  • 6 Das Kind in der Angst
                  • 7 Der Christ in der Katastrophe
                  • 8 Schluszliggedanken
                  • Arbeits und OrientierungshIlfen
                    • Gottes ungeduldige Toumlchter - Abschied vom Patriarchat (MidK)
                      • Es war einmal Die junge Kirche war frauenfreundlich
                      • Die Unterdruumlckung der Frauen hat eine lange traurige Geschichte
                      • Die Geduld der Frauen geht zu Ende
                      • Die Zeit schoumlner Worte ist vorbei
                        • Uumlber Bildung und Religion - Einem Suchenden (Hans Bahrs)
                          • EUROPA
                            • Europa hat Geschichte
                              • Europa - sagenhaft
                              • Europaumlische Geschichte in acht Minuten
                              • Die europaumlischen Groszligmaumlchte
                              • Der Beginn der Nationalstaaten
                              • Das Ende europaumlischerVormachtstellung
                              • Deutschland das geographische Zentrum Europas
                                • Europa - Zu seinen geistigen und ethischen Grundlagen (Hans Buchheim)
                                  • Politische Einigung und christliches Erbe Europas
                                  • Die neuzeitliche Idee der Freiheit ist christlichen Ursprungs
                                  • Der sittliche Sinn der weltanschaulichen Neutralitaumlt des Staates
                                  • Die Bedeutung der Aufklaumlrung
                                  • Gerechtigkeit
                                  • Solidaritaumlt
                                  • Subsidiaritaumlt
                                  • Politische Freiheit setzt Offenheit zur Transzendenz voraus
                                  • Menschenwuumlrde
                                  • Die europaumlische politische Zivilisationist Gemeingut aller europaumlischenVoumllker
                                  • Der Beitrag der Christen zur Einigung Europas
                                  • Anmerkungen
                                  • Zur Person des Verfassers
                                    • Ergebnisse und Schlussfolgerungen des Europa-Studientages bei der Herbstvollversammlung der DBK 1991
                                    • Die Volksgruppen in einem vereinten Europa (ZdK)
                                      • Vorbemerkung
                                      • I Einleitung
                                      • II Bestandsaufnahme
                                      • III Die Rolle der Kirche
                                      • IV Unsere Aufgaben
                                        • 1 Information und Kommunikation
                                        • 2 Grenzuumlberschreitende Zusammenarbeit und Regionalismus
                                        • V Auf dem Weg zum vereinten Europa
                                          • Anhang
                                            • Festung Europa Die Vollendung des Binnenmarktes in der EG bringt den 240 Millionen Europaumlern bare Vorteile Doch der wirtschaftliche Profit geht - wiedereinmal - auf Kosten der Armen in der Dritten Welt (Hans Joachim Hofmann)
                                              • Abschottung gegen Waren von auszligen
                                              • Verschuldung als Schlinge um den Hals
                                              • Lukrative Geschaumlfte mit Osteuropa
                                                • Migrationin Europa - vom Auswanderungs- zum Einwanderungskontinent (Peter Koumlppinger)
                                                  • Migrationspolitik von der nationalen zur europaumlischen Ebene
                                                  • Natuumlrliche und kuumlnstliche Grenzen
                                                  • Die Herausforderungen
                                                  • Kulturelle Vielfalt bewahren
                                                  • Fluchtursachen bekaumlmpfen
                                                  • Hilfe bei Katastrophen
                                                  • Aufnahme fuumlr alle die Schutz brauchen
                                                  • Zusammenleben mit Menschen aus verschiedenen Kulturen
                                                  • Irrwege der Auslaumlnderpolitik
                                                  • Kulturelle Erneuerung
                                                    • Zur Festigung des Friedens beitragen
                                                    • Pax europaea (Johannes Dyba)
                                                    • Neuevangelisierung Europas - Gemeinsam schaffen wirs (MidK)
                                                      • Die wichtigsten Erfahrungen
                                                      • Was die Kirche des Westens in das neue Europa einzubringen hat
                                                        • Offenheit Verstaumltndnis Dialog und Kooperation - Familienpolitische Thesen fuumlr Europa
                                                          • Wir tun uns schwer mit der Definition von Familie
                                                          • Das Konzept Familie muss inhaltlich aufgefuumlllt werden
                                                          • Von der impliziten zur expliziten Familienpolitik
                                                          • Organisatorische Prinzipien der Familienpolitik
                                                          • Familien brauchen Freiheit und Frieden
                                                          • Familienpolitik darf nicht zur Sozialpolitik verkuumlrzt werden
                                                          • Keine europaumlische Familienpolitik ohne die Familien
                                                          • Der spezifisch christliche Beitrag
                                                              • KIRCHE UND STAAT
                                                                • Zur Lage der kath Militaumlrseelsorge (DBK)
                                                                • Unabhaumlngigkeit ist garantiert - Keine Aumlnderung des Seelsorgevertrages (Heribert Lemberger)
                                                                • Immer ein offenes Ohr fuumlr die Menschen - Staat und Kirche wuumlrdigen Engagement von Erzbischof Kredel (NIMM)
                                                                • Vom schwierigen Umgang mit der Vergangenheit - Hat sich die kath Kirche im Griff des SED-Staates befunden - Das Dilemma der Historiker (Ulrich Kluge)
                                                                  • Der Staat brach in die Kirche ein
                                                                  • Konflikte der historischen Forschung
                                                                    • Beitrag der Konferenz der OIC zum Auftrag der Kirche in Europa (Juumlrgen Bringmann)
                                                                      • Im Westen
                                                                      • Im Osten
                                                                      • Die Situation heute und ein Ausblick in die Zukunft
                                                                        • Erklaumlrung von Rom zum Internationalen Jahr der Familie 1994 (Juumlrgen Bringmann)
                                                                          • GESELLSCHAFT NAH UND FERN
                                                                            • Diese Truumlmmer haben Zukunft (Roger Gerhardy OSA)
                                                                              • Ein bluumlhendes Gemeinwesen
                                                                              • Wiederbelebung
                                                                              • Ein Haus voller Leben
                                                                                • Christen in Staaten unter islamischer Vorherrschaft (Wilhelm Lehmkaumlmper)
                                                                                  • Hochachtung fuumlr die Muslime
                                                                                  • Der Islam ist eine militante und aggressive Religion
                                                                                  • Die Christen im Iran
                                                                                  • Die Christen in der Tuumlrkei
                                                                                  • Die Welt des Islam
                                                                                    • Bischof Lehmanngruumlszligt Muslime zum Ende des Ramadan (KNA)
                                                                                    • Die Demokratisierung in der CSFR-Armee (Joachim Georg Goumlrlich)
                                                                                    • Polens Armee Wenn der Saulus zum Paulus wird (Joachim Georg Goumlrlich)
                                                                                    • Sicherung des Friedens vordringlich (Marlene Beyel)
                                                                                    • Ein Italiener kontrolliert die Verteilung der Hilfsguumlter - Von den alltaumlglichen Schwierigkeiten der Caritas bei ihrer humanitaumlren Arbeit in Moskau (Anja Iven)
                                                                                    • Der wahre Wert des Geldes - Symbolik in stabiler Waumlhrung am Beispiel der Deutschen Mark (Wollgang Altendorf)
                                                                                      • Eklatantes Unwissen
                                                                                      • Umfassender als Philosophie
                                                                                      • Gespiegelte Wertlosigkeit
                                                                                      • Geld und Ware
                                                                                      • Treibende Kraft Wille des Neubeginns
                                                                                      • Kulturell wissenschaftliche und soziale Wertausweisung
                                                                                      • Ebenso durch Ketten wie durch instabile Waumlhrung
                                                                                        • Seniorenbeauftragter (Willy Trost)
                                                                                        • Ein alter Traum wird Wirklichkeit (Arthur Schopf)
                                                                                          • AUS GKS UND PGR
                                                                                            • Handreichung zum Jahresthema der GKS 1992 (Paul Brochhagen)
                                                                                              • Vorwort
                                                                                              • Europa bauen in der einen Welt Wir bauen mit (Rudolf Grulich)
                                                                                                • Einleitung
                                                                                                • 1 Ist Europa ein Missionsland
                                                                                                  • Entwicklung nach dem11 Weltkrieg
                                                                                                  • Chancen durch den politischen Umbruch im Osten Europas
                                                                                                      • 2 Was steckt hinter dem Begriff des christlichen Abendlandes - oder Wie christlich ist Europa
                                                                                                        • Die Missionierung Osteuropas
                                                                                                        • Geburtsstunde Europas
                                                                                                        • Gemeinsamer Urgrund
                                                                                                        • Entchristlichung und Saumlkularisierung
                                                                                                        • Vormarsch nichtchristlicher Religion
                                                                                                          • 3 Welche Rolle spielt die kath Kirche Deutschlands in diesem Europa
                                                                                                          • 4 Welches Europa wollen wir bauen
                                                                                                            • Europa der Menschen
                                                                                                            • Europa der Voumllker
                                                                                                              • 5 Welche Aufgaben liegen vor uns
                                                                                                                • Wie koumlnnen wir mitbauen
                                                                                                                  • a Gebet
                                                                                                                  • b Informationen
                                                                                                                  • c Hilfe
                                                                                                                    • Die Zukunft liegt in der Zusammenarbeit
                                                                                                                      • Anhang
                                                                                                                        • Weiterfuumlhrende Literatur
                                                                                                                          • a) Kirchliche Dokumente
                                                                                                                          • b) Ausgewaumlhlte Literatur
                                                                                                                            • Wehrbereich II Verabschiedung Wehrbereichsdekan Dr Eduard Quiter (NIMM)
                                                                                                                            • Ehrung fuumlr Oberst aD Fettweis (Kompass)
                                                                                                                            • Bonn Festakademie Weltfriedenstag am 9 Januar1992
                                                                                                                              • Begruumlszligungsansprache (Paul E Vosseler)
                                                                                                                              • Festvortrag von Erzbischof Dr Lajos Kada Apostolischer Nuntius in Deutschland
                                                                                                                                • 1 Der Friede Gottes der alle Vernunftuumlbersteigt (Phil 24) ist Fundament christlicher Friedensbemuumlhungen
                                                                                                                                • 2 Alle Menschen sind verpflichtet den Frieden zu erstreben
                                                                                                                                • 3 Gemeinsam den Frieden in Gerechtigkeit bauen
                                                                                                                                    • Munster Weltfriedenstag 1992 (Emil Kladiwa)
                                                                                                                                    • Tagung der Generalversammlung der Organisation International Catholic OIC in Rom vom 07-14121991 (Guumlnter Thye)
                                                                                                                                    • GKS - Bereich See
                                                                                                                                      • Wochenende der Begegnung (Guumlnter Thye)
                                                                                                                                      • Bericht uumlber ein Wochenende der Begegnungen in Nienhagen (Monika Henig)
                                                                                                                                        • Wallfahrt nach Santiagode Compostela (Walter Huumltten)
                                                                                                                                        • Weihe eines Bischofkoadjutors fuumlr den Militaumlrbischof von Oumlsterrreich (Michael Haubl)
                                                                                                                                        • Katholisches Militaumlrbischofsamt beim Katholikentag vertreten (Marlene Beyel)
                                                                                                                                          • IMPRESSUM
Page 2: Auftrag April 1992 Heft 201...Auftrag 201 3 BESINNLICHES Die Gläubigen vereint im Aufbau des Friedens Botschaft von Papst Johannes Pauill. zur Feier des 25. Weltfriedenstages am 1.

2 199 Auftrag 201

AUS GKS UND PGR Handreichung zum Jahresthema der GKS 1992 (Paul Brochhagen) 146 Europa bauen in der einen Welt Wir bauen mit (Rudolf Grulich) 147 Wehrbereich 11 - Verabschiedung Wehrbereichsdekan Dr Eduard Quiter 167 Ehrung fOr Oberst a D Fettweis 169 Festakademie Weltfriedenstag 9 Januar 1992 in Bonn 169

BegrOBungsansprache (Paul E Vosseler) 169 Festvortrag von Erzbischof Dr Lajos Kada Apostolischer Nuntius 172

Weltfriedoostag 1992 in Munster (Emil Kladiwa) 180 Tagung der Generalversammlung der Organisation International Catholic OJC in Rom vom 7 -14121991 (Ganter Thye) 184 GKSmiddotBereich See 190

Wochenende der Begegnung (Ganter Thye) bull 190 Bericht Ober ein Wochenende der Begegnungen in Nienhagen (Monika Henig) 193

Wallfahrt nach Santiago de Compostela (Walter Hatten) 195 Weihe eines BiSChofkoadjutors fOr den Militaumlrbischof von Oumlsterreich (Michael Haubi) 195 Katholisches Militaumlrbischofsamt beim KathOlikentag vertreten (Marlene BeyeI) 198

Auftrag 201

sten - Dienst und Auftrag des Soldaten heute Da der diesjaumlhrishyge Katholikentag erstmals wieder gesamtdeutsch ist soll auch die Eingliederung der ehemaligen NVAmiddotSoldaten in die deutsche Bundeswehr nicht unerwaumlhnt bleishyben In einem Kleinforum Lust und Frust an der deutschen Einshyheit wird anhand von Erfahrungen aufgezeigt wie die Problematik des deutsch-deutschen Zusammiddot menwachsens aufgefangen wershyden koumlnnte

Die Katholische Militaumlrseelsorshyge veranstaltet ein Werkstattgeshyspraumlch mit dem Titel Kinder des kalten Kriegs - wo ist unsere Zushykunft Junge Soldaten aus westshy

und osteuropaumlischen Laumlndern taushyschen ihre Erfahrungen als christshylich orientierte Soldaten angeshysichts des Endes der Ost-Westshykonfrontation aus und suchen nach Modellen fOr eine europaumlishysche Friedensordnung

Im Themenkreis 111 Stadt der ofshyfenen Tore fuumlhrt das Katholische Militaumlrbischofsamt eine TalkshyShow zum Thema Versoumlhnung und Zusammenarbeit an einer geshymeinsamen Friedensordnung durch

Marlene Beyel (aus REPORT Informationen rund um den Katholikentag 292)

Zeter und Mordio Schreien hilh nicht wenn die Kirche in den Medien wieder einmal durch den Kakao gezogen wird Unletluumllzen Sie lieber die gemeinnuumltzige Arbeil des Katholis(hen Pressebundesi Wir sorgen dafuumlr daszlig die Stimme des Glaubens in den Medien nicht untergeht

I(h erbitte noumlhere Informnliunen

Knlholkiher Pressebund tV Adeoouerallee 134middot5300 Bunn 1

3 Auftrag 201

BESINNLICHES

Die Glaumlubigen vereint im Aufbau des Friedens Botschaft von Papst Johannes Pauill zur Feier des 25 Weltfriedenstages am 1 Januar 1992

1 Am kommenden 1 Januar wird wie jedes Jahr der Weltfrieshydenstag begangen - zum 25 Mal seit seiner Einrichtung Und so ist es nur natuumlrlich daszlig sich anlaumlszligshylich dieses Jubilaumlums meine Geshydanken mit unveraumlnderter Bewunshyderung und Dankbarkeit der lie~

benswuumlrdigen Gestalt meines vershyehrten Vorgaumlngers Paul VI zuwenshyden der mit einer gluumlcklichen pashystoral-paumldagogischen Eingebung alle wahren Freunde des Frieshydens eingeladen hat sich zusamshymenzuschlieszligen um uumlber dieses wichtigste Gut der Menschheit nachzudenken

Aber ebenso natuumlrlich ist es wenn wir im Abstand eines Viertelshyjahrhunderts die Vergangenheit insgesamt wieder betrachten um eSIuseen ob das Po-negen des Fredens in der Welt tatsaumlchlich Fortschritte gemacht h~t oder nicht und ob die schmerzlichen Ershyeignisse der letzten Monate ~ von denen manche leider noch Im~er andauern - im Grunde den Ruckshy

zug dieses Anliegens angezeigt haben indem sie deutlich machshyten wie real die Gefahr ist daszlig sich die menschliche Vernunft von zerstoumlrerischen Egoismen oder eingefleischtem Haszlig beherrschen lasse Gleichzeitig hat die Tatsashyche daszlig sich neue Demokratien schrittweise durchzusetzten vershymochten ganzen Voumllkern wieder Hoffnung gegeben das Vertrauen in einen fruchtbaren internationashylen Dialog neu geweckt und die Aussichten auf eine ersehnte Ausshysoumlhnung und Befriedung eroumlffnet

In solcher Verflechtung von Licht und Schatten will diese Jahshyresbotschaft weder eine Bilanz noch ein Urteil sondern nur eine neuerliche bruumlderliche Auffordeshyrung sein uumlber das gegenwaumlrtige Geschehen der Menschheit nachshyzudenken um es in eine houmlhere sittlich-religioumlse Schau zu erheshyben an welcher sich zuallererst die Glaumlubigen inspirieren sollen Auf Grund ihres Glaubens sind sie ja - als einzelne und alle zusamshymen - dazu berufen Boten und Baumeister des Friedens zu sein wie die anderen und mehr als die anderen sind sie dazu aufgerufen mit Oemut und Ausdauer nach entshysprechenden Antworten zu suchen auf die Erwartungen von Sichershyheit und Freiheit soi~atitaumlt und gerechter Verteilung die 10 dieser gleichsam kleiner werdenden W~lt die Menschen vereinigen GeWIszlig

4

der Einsatz fOr den Frieden betrifft jeden Menschen guten Willens und das ist der Grund warum die verschiedenen Botschaften jeshyweils an alle Mitglieder der Menschheitsfamilie gerichtet wurshyden Doch dringend auferlegt ist die Verpflichtung allen die sich zum Glauben an Gott bekennen und noch mehr den Christen die zu ihrem Fuumlhrer und Meister den Friedensfuumlrsten haben (Jes 95)

Sittliche und religioumlse Natur des Friedens

2 Das Streben nach Frieden ist der menschlichen Natur angeboshyren und findet sich in den verschieshydenen Religionen Es kommt zum Ausdruck in dem Wunsch nach Ordnung und Ruhe in der Haltung der Verfuumlgbarkeit gegenuumlber dem anderen in der auf gegenseitiger Achtung beruhenden Zusammenshyarbeit und Teilnahme Diese vom Naturgesetz empfohlenen und von den Religionen in Erinnerung gerushyfenen Worte erfordern zu ihrer Entshyfaltung die solidarische Mitwirshykung aller der Politiker der Leiter internationaler Organisationen der Unternehmer und der Arbeiter der Vereinigungen und Gruppen und der privaten Barger Es hanshydelt sich um eine ganz klare Pflicht fuumlr alle die sie um so mehr vershypflichtet wenn sie glaumlubig sind Denn den Frieden zu bezeugen tur ihn taumltig zu sein und zu beten ist einem kohaumlrenten religioumlsen Vershyhalten eigen

Auftrag 201

Das erklaumlrt warum auch in den heiligen Buumlchern der verschiedeshynen Religionen der Bezug zum Frieden im Rahmen des Lebens des Menschen und seiner Bezieshyhung zu Gott einen wichtigen Platz einnimmt So zum Beispiel wenn fuumlr uns Christen Jesus Christus Sohn dessen der Plaumlne des Heils - d h des Friedens - und nicht des Unheils hat (Jer 29 11) unser Friede ist (Eph 2 14) fuumlr unsere jOdischen Bruumlder das Wort shalom Gluumlckwunsch und Segen in einem Zustand der Harmonie des Menschen mit sich selbst mit der Natur und mit Gott zum Ausshydruck bringt waumlhrend fOr die musshylimischen Glaumlubigen der Begriff salam so bedeutsam ist daszlig er einen der leuchtenden goumlttlichen Namen darstellt Man kann sagen religioumlses Leben muszlig wenn es authentisch gelebt wird Fruumlchte des Friedens und der Bruumlderlichshykeit hervorbringen denn es gehoumlrt zum Wesen der Religion eine imshymer engere Bindung zur Gottheit zu foumlrdern und eine immer solidarishyschere Beziehung der Menschen untereinander zu unterstuumltzen

Den Geist von Assisi wiederbeleben

3 Von dieser Uumlbereinstimmung hinsichtlich dieses Wertes Obershyzeugt habe ich mich vor fuumlnf Jahshyren an die Verantwortlichen der christlichen Kirchen und der groshyszligen Weltreligionen gewandt und sie zu einem besonderen Gebetsshy

5 Auftrag 201

treffen tor den Frieden eingeladen das in Assisi abgehalten wurde Die Erinnerung an jenes bedeutenshyde Ereignis hat mir nahegelegt die Aufmerksamkeit auf das Thema der Solidaritaumlt der Glaumlubigen fOr eben dieses Anliegen zu lenken

In Assisi kamen aus den vershyschiedenen Kontinenten die geistshylichen Fuumlhrer der wichtigsten Relishygionen zusammen Das war ein konkretes Zeugnis fOr die univershysale Dimension des Friedens die Bestaumltigung daszlig der Friede nicht bloszlig das Ergebnis geschickter poshylitisch-diplomatischer Verhandlunshygen oder eigennuumltziger wirtschaftshylicher Kompromisse ist sondern wesentlich von dem abhaumlngt der das Herz der Menschen kennt und ihre Schritte ausrichtet und lenkt Als Menschen die um das Schickshysal der Menschheit besorgt sind haben wir gemeinsam in der Abshysicht gefastet auf diese Weise unshyser Verstaumlndnis und unsere Solishydaritaumlt mit den Millionen und Abershymillionen von Menschen zum Ausshydruck zu bringen die in der ganzen Welt Opfer des Hungers sind Als Glaumlubige denen die Geschehnisshyse der menschlichen Geschichte am Herzen liegen sind wir gemeinshysam zu Pilgern geworden indem wir schweigend uumlber unseren geshymeinsamen Ursprung und uumlber unshyser gemeinsames Schicksal Ober unsere Grenzen und Verantwortshylichkeiten uumlber die Hilferufe und Erwartungen so vieler Bruumlder und Schwestern nachdachten die unshysere Hilfe in ihrer Not erwarten

Was wir damals getan haben inshydem wir beteten und unser starkes Engagement fuumlr den Frieden auf Erden unter Beweis stellten muumlsshysen wir weiter und immer noch tun Wir muumlssen den unverfaumllschten Geist von Assisi nicht nur aus eishyner Verpflichtung zu Konsequenz und Treue aufrechterhalten sonshydern auch um den kuumlnftigen Geshynerationen einen Grund zur Hoffshynung zu bieten In der Stadt des hl Franziskus haben wir einen geshymeinsamen Weg begonnen der weitergegangen werden muszlig ohne natuumlrlich die Suche nach anshyderen Wegen und neuen Mitteln fOr einen soliden auf geistlichen Fundamenten aufgebauten Frieshyden auszuschlieszligen

Die Kraft des Gebets 4 Bevor ich mich jedoch an die

menschlichen Faumlhigkeiten wende moumlchte ich wieder die Notwendigshykeit eines eindringlichen und deshymuumltigen vertrauensvollen und ausdauernden Gebetes beteuern wenn wir wollen daszlig die Welt endlich zu einem Haus des Frieshydens werde das Gebet ist im wahrshysten Sinne des Wortes die Kraft um das zu erflehen und zu erreishychen Das Gebet floumlszligt Mut ein und gibt Halt jedem der dieses Gut liebt und nach eigenen Moumlglichshykeiten und in den verschiedenen Umgebungen in denen er jeweils lebt foumlrdern will Waumlhrend uns das Gebet die Begegnung mit Gott eroumlffnet bereitet es uns auch auf

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die Begegnung mit dem Naumlchsten vor da es uns hilft zu allen ohne jede Diskriminierung Beziehungen herzustellen die von Achtung Vershystaumlndnis Wertschaumltzung und lieshybe bestimmt sind

Das religioumlse Empfinden und der Geist der Gebetes lassen uns nicht nur in unserer Innerlichkeit wachsen sondern erleuchten uns auch hinsichtlich der wahren Beshydeutung unseres Daseins in der Welt Ja man kann auch sagen die religioumlse Dimension spornt uns an mit groumlszligtem Eifer unseren Beishytrag zum Aufbau einer geordneten Gesellschaft in der Frieden herrscht zu leisten

Das Gebet ist das Band das uns am wirksamsten verbindet weil sich dank ihm die Glaumlubigen dort begegnen wo Ungleichheiten Unshyverstaumlndnis Groll und Feindseligshykeiten uumlberwunden werden naumlmshylich vor Gott dem Herrn und Vater aller Insofern es wahrer Ausdruck der richtigen Beziehung zu Gott und zu den anderen Menschen ist ist es bereits ein positiver Beitrag zum Frieden

Oumlkumenischer Dialog und inter-religioumlse Beziehungen

5 Das Gebet darf nicht das Einshyzige bleiben und muszlig unbedingt mit anderen konkreten Handlunshygen einhergehen Jede Religion hat ihre Anschauung bezuumlglich der Taten die zu vollbringen und der Wege die zu durchlaufen sind um den Frieden zu erreichen Waumlhrend

Auftrag 201

die katholische Kirche mit aller Klarheit ihre Identitaumlt ihre Lehre und ihre Heilssendung fuumlr alle Menschen geltend macht lehnt sie nichts von alledem ab was in den anderen Religionen wahr und heilig ist Mit aufrichtigem Ernst betrachtet sie jene Handlungsshyund Lebensweisen jene Vorschrifshyten und Lehren die zwar in manshychem von dem abweichen was sie selber fuumlr wahr haumllt und lehrt doch nicht selten einen Strahl jener Wahrheit erkennen lassen die alle Menschen erleuchtet (Erklaumlrung uumlber das Verhaumlltnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen Nostra aetate 2)

Ohne die Unterschiede absichtshylich zu uumlbersehen und zu verrinshygern ist die Kirche uumlberzeugt daszlig es in bezug auf die Friedensfoumlrdeshyrung manche Elemente oder Aspekte gibt die gemeinsam mit den Anhaumlngern anderer Religioshynen und Bekenntnisse nutzbrinshygend entwickelt und verwirklicht werden koumlnnen Das streben die inter-religioumlsen Kontakte und ganz besonders der oumlkumenische Diashylog an Dank diesen Formen der GegenObersteilung und des Ausshytausches konnten sich die Religioshynen ihrer gewiszlig nicht leichten Vershyantwortung hinsichtlich des wahshyren Wohles der ganzen Menschshyheit klarer bewuszligt werden Heute scheinen sie fester entschlossen sich nicht von parteilichen Interesshysen oder politischen Zielen instrushymentalisieren zu lassen und sind darauf bedacht eine bewuszligtere

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und ausgepraumlgtere Haltung einzushynehmen und die sozialen und kulshyturellen Wirklichkeiten in der Voumllshykergemeinschaft mit Leben zu ershyfOlien Das gestattet ihnen als akshytive Kraft im Entwicklungsprozeszlig mitzuwirken und somit der Menschheit eine sichere Hoffnung zu bieten Es ist bei nicht wenigen Gelegenheiten offenkundig geworshyden daszlig sich ihr Einsatz als wirshykungsvoller erwiesen haumltte wenn er gemeinsam und aufeinander abshygestimmt durchgefOhrt worden waumlre Ein solches Vorgehen der Glaumlubigen kann entscheidend sein fOr die Befriedung der Voumllker und die Uumlberwindung der immer noch bestehenden Spaltungen zwishyschen Zonen und Welten

Der Weg der zuruumlckgelegt werden muszlig

6 Um dieses Ziel einer aktiven Zusammenarbeit fOr die Sache des Friedens zu erreichen ist noch ein weiter Weg zuruumlckzulegen Es ist der Weg des gegenseitigen Kenshynenlernens das in unserer Zeit von der Entwicklung der sozialen Komshymunikationsmittel begOnstigt und durch die Anbahnung eines aufshyrichtigen und erweiterten Dialoges erleichtert wird es ist der Weg des hochherzigen Verzeihens der bruumlshyderlichen Versoumlhnung der Zusamshymenarbeit auch in begrenzten oder Sekundaumlrbereichen die aber imshymer dasselbe Anliegen betreffen es ist schlieszliglich der Weg des taumlgshylichen Zusammenlebens wo man

Anstrengungen und Opfer miteinshyander teilt um dasselbe Ziel zu ershyreichen Auf diesem Weg ist es wahrscheinlich noch vor ihren Fuumlhrern Sache der einzelnen Glaumlushybigen das heiszligt derjenigen die sich zu einer Religion bekennen die Muumlhe auf sich zu nehmen und gleichzeitig die Genllgtuung zu hashyben gemeinsam den Frieden aufshyzubauen

Die inter-religioumlsen Kontakte scheinen neben dem oumlkumenishyschen Dialog nunmehr die vorgeshyschriebenen Wege zu sein damit so viele schmerzliche Verletzunshygen die im Laufe der Jahrhunderte geschehen sind nicht mehr vorshykommen und die noch vorhandeshynen schnell geheilt werden Wer glaubt muszlig Baumeister des Frieshydens vor allem durch das persoumlnlishyche Vorbild seiner rechten inneren Haltung sein die in konsequenten Handlungen und Verhaltensweishysen auch nach auszligen projiziert wird Gelassenheit Ausgeglichenshyheit Uumlberwindung der Triebe Ershytollung von Haltungen wie Versteshyhen Verzeihen hochherzige Hinshygabe Oben einen frieden stiftenshyden Einfluszlig unter den Menschen der eigenen Umgebung und der eishygenen religioumlsen und zivilen Geshymeinschaft aus

Deshalb fordere ich am komshymenden Weltfriedenstag alle Glaumlushybigen auf eine ernsthafte Gewisshysensprotung vorzunehmen um besser darauf vorbereitet zu sein die Stimme des Gottes des Frieshydens (vgl 1 Kor 14 33) zu houmlren

8 Auftrag 201

und sich mit erneutem Vertrauen dem groszligen Vorhaben zu widmen Denn ich bin uumlberzeugt daszlig sie shyund ich hoffe auch die Menschen guten Willens - diesen meinen neuerlichen Appell aufnehmen werden dessen Eindringlichkeit auf die Dringlichkeit des Augenshyblicks abgestimmt ist

Gemeinsam den Frieden in Gerechtigkeit bauen

7 Das Gebet und der einhellige Einsatz der Glaumlubigen fuumlr den Frieshyden mOssen sich mit den Probleshymen und berechtigten Bestrebunshygen der Menschen und der Voumllker ausei nandersetzen

Der Friede ist ein grundlegenshydes Gut das mit der Achtung und der Foumlrderung der wesentlichen Werte des Menschen verbunden ist mit dem Recht auf das Leben in allen Phasen seiner Entwickshylung mit dem Recht auf Anerkenshynung unabhaumlngig von Rasse Geshyschlecht und religioumlser Uumlberzeushygung mit dem Recht auf die fOr das Leben notwendigen materielshylen Guumlter mit dem Recht auf Arshybeit und die gerechte Verteilung ihrer Fruumlchte fuumlr ein geordnetes und solidarisches Zusammenleshyben Als Menschen als Glaumlubige und mehr noch als Christen muumlsshysen wir uns verpflichtet fuumlhlen diese Werte der Gerechtigkeit zu leben die in dem obersten Gebot der Liebe ihre Kroumlnung finden Liebe deinen Naumlchsten wie dich selbst (Mt 2239 Mk 12 31 Lk 10 27)

Noch einmal erinnere ich daran daszlig die strenge Beachtung der Reshyligionsfreiheit und des entspreshychenden Rechts Grundsatz und Fundament des friedlichen Zushysammenlebens ist Es ist mein Wunsch daszlig die Religionsfreiheit nicht nur eine anerkannte Vershypflichtung sein sondern von den politischen und religioumlsen Fuumlhshyrern und von den Glaumlubigen selbst wirklich in die Tat umgesetzt wershyden moumlge von ihrer tatsaumlchlichen Anerkennung erhaumllt die transzenshydente Dimension der menschlishychen Person Gewicht

Es waumlre eine Verirrung wuumlrden sich die Religionen oder Gruppen ihrer Anhaumlnger bei der Auslegung oder Praktizierung des jeweiligen Glaubensgutes zu Formen von Fundamentalismus oder Fanatisshymus hinreiszligen lassen und die Kaumlmpfe und Konflikte mit den anshyderen durch religioumlse Motivierunshygen rechtfertigen Wenn es einen Kampf gibt der des Menschen wuumlrdig ist dann der gegen die eishygenen unmaumlszligigen Leidenschaften gegen jede Art von Egoismus geshygen die Versuche von Veruntreushyung auf Kosten des anderen geshygen jede Art von Haszlig und Gewalt mit einem Wort gegen all das was also das genaue Gegenteil von Frieden und Versoumlhnung ist

Notwendige Unterstuumltzung von seiten der Verantwortmiddot lichen der Nationen

8 Endlich fordere ich die Vershyantwortlichen der Nationen und

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der internationalen Gemeinschaft auf stets groumlszligte Achtung tor das religioumlse Gewissen jedes Menshyschen und fuumlr den qualifizierten Beitrag der Religion zum Fortshyschritt der Zivilisation und zur Entshywicklung der Voumllker zu beweisen Sie sollen nicht der Versuchung nachgeben sich der Religionen zu bedienen indem sie sie besonders dann als Mittel ihrer Macht benutshyzen wenn es darum geht sich dem Gegner militaumlrisch zu widersetzen

Die zivilen und politischen Autoshyritaumlten selber sollen den Religioshynen Achtung und rechtliche Gashyrantien - auf nationaler und intershynationaler Ebene - gewaumlhrleisten und dadurch vermeiden daszlig der Beitrag der Religionen zum Aufshybau des Friedens an den Rand geshydraumlngt in die Privatsphaumlre vershybannt oder uumlberhaupt ignoriert wird

Nochmals fordere ich die oumlffentshylichen Autoritaumlten jeden Ranges auf sich mit wachsamem Vershyantwortungsbewuszligtsein darum zu bemuumlhen Kriegen und Konflikten zuvorzukommen das Recht und die Gerechtigkeit triumphieren zu lassen und gleichzeitig eine Entshywicklung zu foumlrdern die allen und an erster Stelle denen zum Besten gereicht die von den Ketten des Elends des Hungers und des Leishydens gefesselt sind Die in der Abshyruumlstung bereits erzielten Fortshyschritte verdienen Anerkennung die Wirtschafts- und Finanzmittel die bisher fuumlr die Herstellung und den Handel so vieler Todeswerkshy

zeuge aufgewandt wurden sollen jetzt fuumlr und nicht mehr gegen den Menschen verwendet werden koumlnshynen Ich bin sicher daszlig sich Millioshynen von Maumlnnern und Frauen aus der ganzen Welt die nicht die Moumlglichkeit haben ihre Stimme houmlren zu lassen diesem positiven Urteil anschlieszligen

Ein besonderes Wort fuumlr die Christen

9 An dieser Stelle kann ich es nicht unterlassen eine besondere Aufforderung an alle Christen zu richten Der gemeinsame Glaube an den Herrn Christus verpflichtet uns einhellig Zeugnis zu geben vom Evangelium vom Frieden (Eph 6 15) Es ist an erster Stelle unsere Sache uns den anderen Glaumlubigen zu oumlffnen um gemeinshysam mit ihnen mutig und mit Ausshydauer das groszligartige Werk des Aufbaus jenes Friedens in Angriff zu nehmen nach dem sich die Welt sehnt den sie sich aber nicht endguumlltig zu geben vermag Frieshyden hinterlasse ich euch meinen Frieden gebe ich euch hat Jesus zu uns gesagt (Joh 14 27) Diese goumlttliche Verheiszligung erfuumlllt uns mit Hoffnung ja mit der Gewiszligheit goumlttlicher Hoffnung daszlig der Frieshyde moumlglich ist denn bei Gott ist nichts unmoumlglich (vgl Lk 1 37) Der wahre Friede ist in der Tat imshymer ein Geschenk Gottes fOr uns Christen ist er ein wertvolles Geshyschenk des auferstandenen Herrn (vgl Joh 20 19 26)

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Auf die groszligen Herausforderunshygen der heutigen Welt liebe Schwestern und Bruumlder der kathoshylischen Kirche muumlssen wir dashydurch antworten daszlig wir unsere Kraumlfte milt denen aller jener vereishynen die einige Grundwerte angeshyfangen von den religioumlsen und sittshylichen mit uns teilen Und von dieshysen Herausforderungen muszlig jene des Friedens noch angegangen werden Ihn gemeinsam mit den anderen Glaumlubigen aufzubauen bedeutet jene evangelische Seligshypreisung bereits im Geiste zu leshyben die den anderen gewiszlig nicht als letzte an die Seite gestellt ist Selig die Frieden stiften denn sie werden Soumlhne Gottes genannt werden (Mt 59)

Aus dem Vatikan am 8 Dezember 1991 Johannes Paulus 11

Gottes Wort als Kraftquelle Erzbischof Dyba ruft in seinem Fastenhirtenbrief zu lebendigem Umgang mit der Bibel auf

Zur Neuentdeckung der Bibel und einem lebendigen und frohen Umgang mit dem Wort Gottes als Kraftquelle fOr den Alltag hat Erzshybischof Johannes Dyba in seinem Fastenhirtenbrilef 1992 aufgerushyfen der am ersten Fastensonntag

Auftrag 201

8 Maumlrz in allen Gottesdiensten verlesen wurde

Laut Erzbischof Dyba liege dem Jahr mit der Bibel die Erkenntnis zugrunde daszlig wir in einer Zeit des Umbruchs der weitgehenden Verwirrung und der Suche nach neuer Orientierung die Quelle wieshyder finden muumlssen aus der uns als Christen die Einsicht und die Kraft zu einem Leben in Frieden und Freude zustroumlmen kann Diese gemeinsame Quelle aber sei das Wort Gottes wie es in den heiligen Schriften in der Bibel geschenkt sei

Gerade in einer Zeit wahrer Wortuumlberflutung und Wortinflation gelte es festen Boden unter den FOszligen zu behalten und sich beshywuszligt zu machen daszlig die ganze Wahrheit und Wirklichkeit nur im Wort Gottes zu finden sei betont der Oberhirte Die Annahme des Gotteswortes sei entscheidend fuumlr das menschliche Leben und ein wirkliches Heil-Mittel Dieses gelte es auch auszligerhalb der Gottesdienshyste viel oumlfter anzuwenden und in den Alltag hineinstrahlen zu lasshysen um in ganz neuem Sinne Heishymat und Geborgenheit zu erfahren und frei zu werden aus vielfachen Zwaumlngen und Abhaumlngigkeiten von Leib und Seele

Es gelte den Schatz zu finden der den Menschen im Wort Gottes geschenkt sei schlieszligt der Erzbishyschof Wirkliche Christen sollten nicht zu denen gehoumlren die am Ende ihres Lebens zwar auf 6000 durchblaumltterte Zeitschriften und

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60000 Stunden Fernsehflimmern zuruumlckschauen koumlnnten deren Bishybel aber die Erben unberuumlhrt und neuwertig im Buumlcherschrank faumlnshyden Wichtig sei daszlig wir alle uns ehrlich einmal die Frage stellen Wieviel Zeit unseres Lebens widshymen wir vergaumlnglichem Schall und Rauch und wieviel Zeit geben wir dem der fuumlr unser Leben entscheishydend ist und der unser Schicksal im Haumlnden haumllt

(Bischoumlfliche Pressestelle Fulda 2421992)

Das geistliche Wort Als glaumlubige Christen und als

uumlberzeugte Laien der Kirche leben wir in der oumlsterlichen Zeit Wir wolshylen uns und anderen dieses zentrashyle Glaubensgeheimnis unseres Leshybens und unserer Kirche bezeushygen Und dieses heiszligt - Ihr seid mit Christus aufershy

standen -- Ihr seid mit ihm im neuen Leshy

ben -- Ihr seid in Christus -- Ihr seid eine neue Schoumlpshy

fung shyDeshalb spiegeln wir alle mit

enthuumllltem Angesicht die Herrlichshykeit des Herrn wider und so wershyden wir in sein eigenes Bild vershywandelt (vgl 2 Kor 3 18)

Spiegelfunktion der Osterwirkshylichkeit unseres Herrn Jesus Chrishystus und damit der Wirklichkeit alshyler die seinen Namen tragen der

Christen also das ist unsere Aufshygabe Jeder hat dies auf seine Weishyse jeder an seinem Ort und jeder fuumlr den Kreis an den er und fuumlr den den er gestellt ist zu vollziehen

Ein Spiegel zu sein fuumlr diese Glaubensrealitaumlt das heiszligt Kirche zu sein Aber wem faumlllt diese Funkshytion noch ein wenn einer von Kirshyche spricht

Ist uns diese Rolle wenigstens noch bewuszligt Und zwar als erste und als Hauptrolle immer dann wenn wir von und uumlber die Kirche reden

Houmlrt man allerdings in seine Um- und Mitwelt hinein so ist der Eindruck von Kirche und die Einshyschaumltzung dessen was man von Kirche zu halten hat auch ja gerashyde bei denen die ihr angehoumlren nicht selten ganz anders

Was in dieser Beziehung widershygespiegelt wird ist alles andere als die Herrlichkeit des Herrn der diese Menschen in sein Bild vershywandeln will Gespiegelt wird freishylich auch aber eher wie in einem Zerrspiegel oder gar wie in einem blinden Spiegel Die Vorstellung von Kirche wird eher mit allen moumlglichen Negativbegriffen assoshyziiert

Da wird geredet von der Schatshytenseite der Kirche vor allem der Amtskirche - sie die Kirche sei autoritaumlr - sie naumlhmen mit ihren Moralvorshy

schriften zu wenig auf modershyne Lebensverhaumlltnisse (was immer das auch besagt) ROckshysicht

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sie grenze die Frauen aus

sie sei zu miszligtrauisch und gebe der freien Diskussion und Entfaltung der einzelnen zu weshynig Raum

sie verharre aumlngstlich in alten Denkgewohnheiten

- sie sei stur und starr auch in ihshyrem FOhrungsverhalten

und und und Sie kennen das Repertoire an

Vorstellungen dieser Art Das Endergebnis ist Kirchenvershy

drossenheit und wenn man ihr gut will houmlchstens noch ein Leiden an dieser Kirche

Ein solches Bild wird heute in den Medien und auch von sogeshynannten Glaumlubigen geboten Die Kirche als moralische Institution mit einem sozialen Touch

Wenn dies das Ergebnis unseshyres Widerspiegelns der Wirklichshykeit Kirche ist dann hilft alle sogeshynannte Kirchenkritik keinen Deut weiter Kirche in der Gesellschaft darzustellen geschweige denn sie attraktiv zu machen weder fuumlr die Gegenwart und ganz sicher nicht fOr die Zukunft Und wenn Kirche nur das waumlre als was sie landlaumlufig verkuumlrzt dargestellt wird dann waumlre sie es auch nicht wert ins 3 Jahrtausend hinuumlbershygerettet zu werden

Wenn schon von einem Menshyschen gilt daszlig nicht die Kraft zaumlhlt die er hat sondern die Kraft die er ausstrahlt weil das sein Geshyheimnis ausmacht so gilt dies vor allem auch fuumlr unsere Kirche

Fuumlr ihre Lebendigkeit ist nicht

zuerst ihre organisatorische Geshystalt oder ihre finanzielle Macht wichtig sondern ihr Lebenskern d h das Leben Christi in ihr Das heiszligt konkret das Leben Christi in all ihren Glaumlubigen

Der lebendig auferstandene Herr und die in seinem Kraftfeld leshybenden Laien und Amtstraumlger die Christglaumlubigen sind gefordert

Um es einfach zu sagen Chrishystus der Auferstandene hat uns hinObergebracht in sein neues goumlttliches Leben Wir dagegen tun so als ob wir es nur auf dieser Welt und mit dieser Welt zu tun haumltten Christus ist nicht in den Tod gegangen sondern durch den Tod hindurchgegangen Dieser Hindurchgang dieser Hinuumlbershygang ist das wovon wir leben Die Kirche nennt es das Pascha-Myshysterium (Christen sollten davon wissen weil sie dadurch und dashyvon leben)

Es ist der zentrale Kultausdruck den wir aber so schwer unterbrinshygen obwohl er so wichtig ist fuumlr die Kirche und fuumlr die die zu ihr geshyhoumlren

Was da im Hindurchgang Chrishysti durch den Tod in seine Aufershystehung vor sich ging ja was da an Christus selbst vor sich ging koumlnshynen wir nur mit einem Wort umshyschreiben Wandlung Es ist die groumlszligte und wirkungsvollste Vershywandlung der Weltgeschichte

Man kann ganz einfach sagen Hier wird der Tod ins Leben geshywandelt Der Tod wurde sozusashygen zum Schmelztigel einer neuen

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Daseinsweise d h einer neuen Art und Weise dazusein UrsprOnglishyches Leben wird in neuartiges Leshyben verwandelt Diese Verwandshylung spielt sich nicht im luftleeren Raum ab sondern sie geht an dem Gottmenschen Jesus Christus vor sich der nun als neuer Mensch das Leben Gottes an sich traumlgt

Damit wird er Haupt der neuen Schoumlfpung Und fuumlr diese Schoumlpshyfung traumlgt er diese Verwandlung immer an sich Wer also nun dieshysem Christus in seinem PaschashyGeheimnis dem Geheimnis des HinObergehens vom Tod ins Leben begegnet der begegnet der Wandshylung Er begegnet dem nie mehr aufhoumlrenden Prozeszlig der Verwandshylung des alten in den neuen Menshyschen Letztlich begegnet er dem Prozeszlig der Verwandlung einer Welt die trotz aller Ruumlckschlaumlge der endguumlltigen Vollendung mit und in Christus entgegengeht Das macht Christsein aus das macht Kirche aus Denn das ist das Geshyheimnis der Kirche selbst VershywandlungsprozeB zu sein und dieshysen Verwandlungsprozeszlig zu vershymitteln

Deshalb feiert Kirche sich selbst und vollzieht sich zugleich selbst wenn sie tut was wir tun Eucharistie Wandlung und Hinshydurchgang zu feiern weil hier Geshygenwart von Tod und Aufersteshyhung Christi geschieht

Wer hat das im Kopf wenn er von Kirche redet Aber nur wer das mitsieht redet richtig von Kirche und kann sich dankbar freuen Und

auch nur so ist einer in der Lage sich in dieser Kirche ganz vom Herrn ergreifen zu lassen um durch diesen Herrn der Kirche neu und verwandelt zu werden Weil und insofern es heute Menschen gibt die dieses Geheimnis der Kirshyche die Quelle ihrer Lebendigkeit nicht aus dem Auge verlieren weil sie auf Christus schauen wird es Kirche geben und nur diese Menshyschen spiegeln mit enthuumllltem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn wider und so werden sie in sein eigenes Bild verwandelt

Es liegt eben an uns welche Art Spiegel wir sein wollen wir braushychen uns als Spiegel nur stets kraumlftig zu reinigen und klar zu halshyten dann erfuumlllen wir diese Aufgashybe die die Welt von uns erwartet Amen

Walter Theis

Bibel-Weg im April Phil 38 -14 (5 April 2 lemiddot sung am 5 Fastensonntag) Wer wird diesen Text des Apostels Paulus aus dem Kontext geloumlst nicht als Aumlrgernis empfinden Da verachtet einer die Welt alle ihre Moumlglichkeiten und Schoumlnheiten um in Christus zu sein Ist das nicht eine Ohrfeige fuumlr Gottes eishygene Schoumlpfung Und wenn man noch weiter liest dann kommt es noch dicker Paulus setzt seine exshyklusive Christus-Beziehung ins Licht und fordert die anderen unshy

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verbluumlmt auf seinem Vorbild zu folgen Nimmt da einer nicht den Mund zu voll auch wenn er noch so heilig ist

Als Mann und Frau als Vater und Mutter aumlrgert uns das wenn wir uns im Alltag abstrampeln dashymit wir in dieser Welt - und nicht erst in der jenseitigen - einigershymaszligen menschenwuumlrdig und froh leben koumlnnen Und da sagt uns eishyner Das ist alles nichts Seinetweshygen um Christus willen soll man alles restlos hinter sich lassen

Wenn wir diese Schriftstelle auf ihren Hintergrund und Zusammenshyhang unbefragt lassen kommen wir auf einen Irrweg Wenn wir in den Text hineinschluumlpfen wollen sollten wir bedenken

Paulus schreibt dies aus einer existentiellen Grenzsituation - in zweifacher Hinsicht Einmal befinshydet er sich in Untersuchungshaft wahrscheinlich in Ephesus zum anderen hat er vor kurzem eine bis ins Mark erschuumltternde ChristusshyBegegnung und Bekehrung durchshygemacht Was hat er nicht alles aufgeben muumlssen um seinem Leshyben in Christus einen neuen Sinn zu geben Insbesondere die Gesetshyzestreue die doch fuumlr einen Pharishysaumler seiner Couleur das Alleinseshyligmachende sein muszligte Nicht daszlig Jesus ein Gegner des Gesetshyzes gewesen waumlre Vielmehr ging es Jesus um die Uumlberwindung des Legalismus jener nerv- und geistshytoumltenden Vorstellung daszlig die Vorshyschrift wichtiger sei als der Mensch in seiner Beduumlrftigkeit

Auftrag 201

und Sehnsucht nach Liebe So wie Jesus ging es auch Paushy

lus um Lebendigkeit des Alltags Leben verbindet er mit dem Erfuumllshylen des Gesetzes Christi das einshyzig und allein in der Liebe besteht Nur der Glaube an die Liebe die in Christus ist macht gerecht nicht Gesetzes-Riten oder DogmenshyTreue Darin besteht sogar der Geshygensatz zwischen Tod und Leben Was ist so gesehen Auferstehung anderes als das neue Leben unter dem Gesetz Christi Wie satt muszligshyte Paulus die Verkrustung einer leblos gewordenen auf Gesetz und Ritus geschrumpften religioumlshysen Praxis gehabt haben um das neue Leben aus der Christus-Ershyfahrung als ein Leben nach dem Tode vom Himmel her zu empfinshyden freilich noch im Entwurf noch nicht voumlllig real

Geht es uns manchmal nicht recht aumlhnlich wie Paulus Wie seeshylen-los fernab von jeder Lebendigshykeit ganz und gar unchristlich empfinden wir manchmal den Umshygang und den Papierkrieg mit Beshyhoumlrden das Abspulen aumluszligerer Forshymen einer Familienfeier oder eines Gottesdienstes Sind nicht auch wir oft genug eingesperrt in den Gefaumlngnissen des Alltags in Winshydeln Waschen Kochen Kaufen im Schreiben Rechnen Diktieren Korrigieren im Einrichten und Ausmisten Wird unser Blick von alledem gefangen Oder oumlffnen wir uns fuumlr das Wesentliche das ja nur fuumlr das Herz fOr die Liebe sichtbar wird Winken wir muumlde

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ab wenn uns etwas aus der Tiefendimension des Lebens ershygreifen will Oder lassen wir uns ergreifen

Fuumlr mich ist der zunaumlchst aumlrgershyliche Text wieder ein wenig zum An-griff geworden zum Angriff geshygen die Muumldigkeit und Resignashytion des Alltags jetzt - im Houmlren und Bedenken des Wortes

Elisabeth Ensse (aus Licht MaumlrzIApri1992)

Die Wuumlrde des Menschen ist unantastbar (Art 1 GG) Initiative fuumlr ein friedliches Zusammenleben mit allen Fremden Koumlnnen Sie sich vorstellen tage- ja wochenlang in einem Bunker zu leben beim explodieren der Granaten auf eine Feuerpause zu warten um Wasser zu holen Ihr Essen auf einem Propangaskoshycher im flackernden Licht einer Kerze zuzubereiten aumlngstliche und weinende Kinder in Ihren Arshymen zu bergen

In Beirut Libanon und heute auch in Kroatien koumlnnen Sie diese Erfahrungen sammeln rastlos umherzuziehen weil eine pluumlndernde und marodierenshyde Soldateska durchs Land zieht

toumltet und Doumlrfer und Felder vershynichtet Oder ein Kind in den Arshymen zu halten das von Hungershyoumldemen gezeichnet stirbt

In Aumlthiopien im Sudan und in Somalia koumlnnen Sie diese Erfahshyrungen machen in einem Land zu leben in dem sie einer nationalen Minderheit anshygehoumlren die unterdruumlckt und vershyfolgt wird In einem Land wo Sie um das Leben Ihrer Soumlhne bangen muumlssen die zur Teilnahme am Buumlrgerkrieg gezwungen werden wo Sie keine beruflichen Chancen keine religioumlse kulturelle soziale und politische Freiheit haben

In Sri Lanka koumlnnen Sie als Tashymile diese Erfahrung machen daszlig Sie vierzig Jahre und mehr als Deutsche auf all das verzichten muszligten was Sie im taumlglichen Leshyben hier bei uns schaumltzen oder auch nur tuumlr selbstverstaumlndlich halten z B Grundnahrungsmittel Medikamente gerechte Behandshylung und weil sie als deutsche Minderheit in staumlndiger Angst vor erneuter Verfolgung und Benachshyteiligung leben muumlssen

Was halten Sie davon Deutsche sind Militaristen Deutsche sind Arbeitstiere und

Perfektionisten Deutsche sind humorlos immer

nur grundsaumltzlich Deutsche koumlnnen nicht feiern Vorurteile die es gab und gibt

Aber es sind Vorurteile Vorurteile kommen aus Unkenntnis nicht zushylaumlssiger Verallgemeinerung fehshy

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lenden sozialen Kontakten aus ideologischer Verbohrtheit oft auch nur aus Gedankenlosigkeit

Was halten Sie jetzt davon Auslaumlnder werden haumlufiger krishy

minell als Deutsche Fluumlchtlinge nehmen uns die Arshy

beitsplaumltze weg Wir werden uumlberfremdet Asylbewerber leben in Wohnunshy

gen die wir dringend benoumltigen Fremde bedrohen unseren

Wohlstand Aussiedler werden bei der Arshy

beitsplatz- und Wohnungsvermittshylung bevorzugt

Auch das sind Vor-urteile Vorshyverurteilungen

Und die Wirklichkeit Auslaumlnder sind nicht haumlufiger

kriminell als Deutsche - im Geshygenteil

Bis zum 1 Juni 1991 durften Fluumlchtlinge 5 Jahre lang nicht arshybeiten und waren deswegen auf Sozialhilfe angewiesen Heute sorshygen die weitaus meisten der 119 Asylbewerber und gedulteten Ausshylaumlnder in Ennigerloh durch regelshymaumlszligige Arbeit fuumlr ihren Lebensunshyterhalt Wir werden nicht Obershyfremdet sondern DeutSChland liegt im Vergleich zu anderen euroshypaumlischen Staaten an 3 Stelle nach der Schweiz und Belgien Dashybei sind auch alle die noch Auslaumlnshyder die seit mehr als 30 Jahren voll integriert sind Sie nehmen uns auch nicht unsere Arbeit weg sondern tragen mit bei zu unserem

Auftrag 201

WOhlstand durch ihre Arbeit Steushyern und Sozialabgaben

Aussiedler sind Deutsche und haben auf dem Arbeitsmarkt keine besseren Chancen als Hiesige Durch unsere niedrige Geburtenrashyte sind wir in Deutschland auf Einshywanderer angewiesen Es gibt heushyte schon wieder Branchen die auf auslaumlndische Arbeitskraumlfte warshyten Asylbewerber leben in Notunshyterkuumlnften in Abriszlighaumlusern und in Wohncontainern

Aussiedler muumlssen lange auf eine angemessene Wohnung warshyten In Ennigerloh wohnen viele schon seit uumlber einem Jahr in Notshyunterkuumlnften z B wohnen am Kirschweg 12 Personen auf 95 Quadratmetern

Dieser Text ist einem Faltblatt des Betreuungskreises fuumlr Ausmiddot siedler und Asylbewerber der Pfarrgemeinde St Ludgerus Ennimiddot gerloh entnommen Mit demmiddot Faltshyblatt startete die Gemeinde eine Initiative und Unterschriftenmiddot sammlung Wir unterstuumltzen die Aktion Fluumlchtlinge und Aussiedler bei uns Gleichsam als Selbstvermiddot pflichtung heiszligt es in dem Aufruf

Was muumlssen wir tun Uns informieren uumlber die Beshy

weggruumlnde die Menschen veranshylassen aus ihrer Heimat zu fluumlchmiddot ten und auszuwandern

Uns informieren uumlber die tatshysaumlchlichen rechtlichen sozialen und wirtschafltichen Bedingunshygen unter denen Fluumlchtlinge Asylshy

17 Auftrag 201

bewerber und Aussiedler bei uns leben Nie pauschal sondern difshyferenziert urteilen

Hetze Vorurteilen und gedanshykenlosem Daherreden entgegenshytreten Mit fremden Menschen die zu uns kommen Begegnung sushychen sie einladen sich einladen lassen helfen in den alltaumlglichen Dingen Fuumlr die Wuumlrde und Rechte von Fluumlchtlingen Asylbewerbern und Aussiedlern eintreten

Fremde in unsere Gemeinschafshyten Vereine und Verbaumlnde einlashyden aufnehmen

Wir Christen duumlrfen trotz aller Schwierigkeiten die Worte Jesu nicht vergessen Ich war fremd und obdachlos und ihr habt mich aufgenommen

(aus Mitteilungen tOr die Ptarrgemeinderaumlte im Bistum MOnster Januar 1992)

Sein Wort shyGottes Wort Unsere Worte shyMenschenworte Gedanken zur Gestaltung der Gottesdienste Situation vor dem Konzil

Lange vor dem Konzil gab es Gottesdienste fuumlr FrOhaufsteher Wanderer Sportler und alle jene die eine Arbeit an den Mitmenshyschen in die Pflicht rief Hausfraushy

en Bauern Straszligenbahner und anshydere mehr

In der schwach erleuchteten Kirshyche trat der Priester mit einem Meszligdiener - zuweilen auch mit dem Kuumlster - an den Altar Sie verweilten an den Stufen des Alshytars und begannen mit dem Stushyfengebet Zum Altare Gottes will ich treten Der Priester und mit ihm die Glaumlubigen versuchten Abshystand vom Getriebe der Welt zu geshywinnen und sich auf die Gemeinshyschaft mit Gott vorzubereiten

Gott Du bist meine Staumlrke Send mir Dein Licht Dort darf ich zum Altare Gottes treten Vertrau auf Gott ich darf Ihn wieshyder preisen

Und nach dieser Vorbereitung das gute Wort Introibo ad altare Dei - Zum Altare Gottes will ich treten in der Hoffnung auf die Gnade Gottes

Dann folgte das Schuldbekenntshynis die Bitte um Nachlaszlig der Suumlnshyden und das erloumlsende Misereashytur - Der allmaumlchtige Gott ershybarme sich Im Introitus und dem anschlieszligenden Kyrie wurde dann noch einmal Gottes Erbarshymen erbetet

Gloria Kirchengebet Lesung folgten um Im Evangelium den ershysten Houmlhepunkt zu finden Anshyschlieszligend an das Credo begann die Opfermesse Hier war der myshystische Houmlhepunkt die Wandlung Das Friedensgebet beendete dieshysen Teil und fuumlhrte zur Kommushynion Nach dem Segen schloszlig sich

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vielfach das Schluszligevangelium an ein Lobpreis auf die Groumlszlige des ewigen Gottessohnes und unserer Gotteskindschaft

Die Predigt im Anschluszlig an des Evangelium war eine Auslegung des heiligen Gotteswortes fuumlr unshysere Zeit Damit standen im Mittelshypunkt jeder Messe Sein Wort shyund Sein Opfer

Man muszlig aber auch festhalten daszlig das Evangelium auf Latein verlesen nur von verschwindend wenigen aufgenommen wurde Es blieb aber das andachtsvolle Hinshyhoumlren auf das Wort Gottes - auch wenn es nicht verstanden wurde Dem einfachen Menschen wurde jedoch deutlich hier geschieht etshywas das auszligerhab unseres alltaumlgshylichen Redens liegt hier geschieht etwas Heiliges Wenn dann der Priester noch einmal zwei oder drei Gedanken des goumlttlichen Worshytes in Bezug zum Alltag setzte war Nachdenklichkeit gegeben

Das Mysterium des heiligen Opshyfers verstaumlrkte das Bewuszligtsein Der Herr ist da - auch wenn man selbst nicht zur Kommunion ging Aber man bildete die geistige Einshyheit zum Opfer Christi

Miszligbrauch dieser Zeit war daszlig die Texte oftmals in lateinischer Spracne abgeleiert wurde und den inneren Gehalt nicht mehr spuumlren lieszligen So wurde bei sehr vielen Christen der Besuch des Gottesshydienstes zu einer Selbstdarstelshylung im geweihten Raum Man muszligte dabei gewesen sein

Nach dem Konzil Nun zieht der Priester ein beshy

gruumlszligt den Altar und dann die Geshymeinde Nach den Worten Im Namiddot men des Vaters kann er eine knappe Einfuumlhrung in die Feier geshyben Und diese Einfuumlhrung geraumlt dann - leider - sehr oft in eine fast vordergruumlndige weltliche Beshygruumlszligung

Natuumlrlich freut sich der Pfarrer daszlig er die Glaumlubigen um sich scharen kann Aber muszlig dann die Begruumlszligung im Stile Frank Eistshyners - nichts gegen ihn - sein So ein Unterhaltungstalent kann man nicht nachahmen Es fehlt der Eroumlffnung daszlig die Glaumlubigen ershykennen daszlig sich der Priester shywie im Stufengebet - auf die Heishylige Handlung vorbereitet Der Dienst vor der Majestaumlt Gottes ist das herausragende Ereignis Nur durch Gottes Gnade lebt der Mensch Das muszlig erfahrbar wershyden im Dienst vor Gott Es ist nur zu natuumlrlich daszlig man dann uumlber das Wort Gottes sehr viel sagen kann

Aber einmal kann man nicht soshyviel sagen wie die Menschen denshyken koumlnnen und zum anderen das Wort Gottes ist ja zu diesem Zeitmiddot punkt noch nicht gesprochen Und zum dritten warum die Glaumlubigen versammelt sind sollten sie wisshysen

Sehr abrupt folgt dann das allshygemeine Schuldbekenntnis Die Glaumlubigen sind eigentlich noch nicht darauf eingestimmt daszlig sie nun vor der Majestaumlt Gottes steshy

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hen Es ist ein alter weltlicher Brauch daszlig man zu den groszligen Herrschern - und auch zu Demoshykratien - durch eine Flucht von Vorzimmern marschieren muszlig um empfangen zu werden Andere Braumluche a la Hallo Kumpel oder ich bin da werden der Situation nicht gerecht Gott ist Anfang und Ende des Alls Wenn wir seine Werke auch - z B im Wetter shytaumlglich sehen und erfahren so ist doch diemiddot Hinwendung zum Houmlren nicht ohne innere Vorbereitung moumlglich Die Einstimmung auf das Geheimnis eines Wortes und seishynes Opfers ist nicht ausreichend vollziehbar

Statt dessen vernimmt man zushynaumlchst - wohlgemeint und sicher mit Liebe und Muumlhe vorbereitet shyMenschenwort Wenn auch der Hauptteil der Messe erhalten geshyblieben ist aber die Predigt wird oftmals umfangreich ausgedehnt Und der Kern das Wort Gottes wird nicht erkennbar Natuumlrlich dringen auf den Priester die Tagesshyerlebnisse ein Er ist ja in seinem ganzen Sein ein Kind der Zeit wie wir Nun aber muszlig er sich vom Allshytag loumlsen muszlig hineinhorchen in die Schrift - in das lebendige Wort Gottes So muumlszligte also die Predigt von Seinem Wort ausgeshyhen um dann vielleicht nur immer in einer Frage zu enden - Sein Wort in meiner Situation

Und jeder einzelne muszlig versushychen den Zugang zum heiligen Wort zu finden Die Fuumlrbitten arten zuweilen zu einer Schelte an allem

moumlglichen Miszligliebigen aus Du moumlgest den Unternehmern mehr Einsicht in unsere Freizeitfordeshyrungen geben usw

Nach mancherlei Versuchen ist es heute - Gott sei gedankt shywieder uumlblich die Wandlung im strengen Kanon zu vollziehen Dashydurch wird dieses heilige Gescheshyhen wieder das was es ist ein Myshysterium von Jesus Christus der Kirche aufgetragen es zu hOten und immer wieder neu zu feiern

In der Feier des Mysteriums der Wandlung des Brotes und Weines in Fleisch und Blut des Herrn ist Christus anwesend Aus dieser Realpraumlsenz erfolgt dann der Frieshydensgruszlig Christi Der Priester gibt diesen Gruszlig an die Gemeinde weishyter In der Gemeinde jedoch macht man ein froumlhliches Shakehands aus einem Friedwollen () Der Friedensgruszlig Christi bleibt am Alshytar Aber nur Gott gibt ja die Gnade des Friedens VergiBt man das

Nun gibt es noch etliche Fragen die man behandeln mOszligte Gottlob ist die Zeit vorbei da der Tisch des Herrn einem unaufgeraumlumten Warenlager aumlhnlich sah weil der geistliche Herr glaubte auf viele BUcher und Tableaus nicht vershyzichten zu koumlnnen Und auch einshygespielte Lichtbilder - so sinnvoll sie bei Meditationen sein koumlnshynen - sollten keinen Platz haben in der Messe

Es ist etwas anderes wenn Froumlmmigkeitsstrukturen anderer Voumllker eingebracht werden Sie hashyben aber keinen Raum wenn das

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Verstaumlndnis fehlen muszlig Dann beshysteht sogar die Gefahr daszlig der Dienst vor Gott zu einer FolkloreshyVeranstaltung werden kann Und leider besteht diese Gefahr auch bei manchen Gottesdiensten die Jugendliche gestalten Man bringt eigene Texte die zwar aus der Simiddot tuation des Dichters (oder der Dichter) irgendwann einen reashylen Grund hatten aber von den Glaumlubigen die an der Vorbereishytung keinen Anteil nehmen konnshyten nicht verstanden werden koumlnshynen Ebenso sind Kartons und Kisten als Steine des Miszligverstaumlndshynisses selten verstaumlndlich Auch sollte man selbst die eigenen lieshyder kennen und nicht den Inhalt durch KlangfOlIe der Technik ershysetzen

Was nun Wir muumlssen uns neu besinnen

auf die Gestaltung der Gottesdienshyste seit der Zeit da Christus den Juumlngern einen Rahmen vorgab Wir sollten dann untersuchen weishyche Traditionswerte in den vielen Jahrhunderten eingebracht wurshyden und welche Anregungen das Konzil einst gab

Und so heiszligt es in der Konstitushytion uumlber die Heilige Liturgie 1114 Die Mutter Kirche wuumlnscht sehr alle Glaumlubigen moumlchten zu der volshylen bewuszligten und taumltigen Teilnahshyme an den liturgischen Feiern geshyfuumlhrt werden und unter 11121 Bei dieser Erneuerung sollen Texshyte und Riten so geordnet werden daszlig sie das Heilige dem sie als

Auftrag 201

Zeichen dienen deutlicher zum Ausdruck bringen und so daszlig das christliche Volk sie moumlglichst leicht erfassen und in voller taumltishyger und gemeinschaftlicher Teilshynahme mitfeiern kann

Denken wir an den Mittelpunkt aller liturgischen Handlungen dann ist das die heilige Messe Sie ist der Lobpreis des Volkes an den allmaumlchtigen Gott Sie ist aber auch das Sakrament der Einheit Das heilige Volk steht geeint mit Priestern und Bischoumlfen vor Gott Und zu diesem in seiner Gnade vershysammelten Volk spricht Gott durch Jesus Christus seine frohe Botschaft

Durch das Houmlren der Botschaft das Beten und Singen wird der Glaube genaumlhrt und das Herz zu Gott hingewendet Der Priester kuumlndet kraft seiner Berufung das Wort und deutet es in der Homilie aus So sind bereits die Grundeleshymente erkennbar Gesang Gebet Lesung aus den Heiligen BOchern BetraChtung des Lebens des Herrn und das helfende Wort des Prieshysters

Das innerste Geheimnis jeder Eucharistiefeier ist das heilige Mahl Diese Feier des Geheimnisshyses hat Christus seinen Juumlngern anvertraut Es ist das Opfer seines Leibes und Blutes Es ist das Opshyfer am Kreuz die Gedaumlchtnisfeier seines TOdes und die Feier seiner triumphalen Auferstehung Chrimiddot stus ist im Wort anwesend wenn zwei oder drei in seinem Namen versammelt sind Christus ist real

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anwesend in Brot und Wein wenn sie vom Priester als makellose Opshyfergabe in den Leib und das Blut Christi verwandelt sind Und der Leib Christi wird den Glaumlubigen gereicht als Staumlrkung auf dem Weg durch die Zeit zur immer innishygeren Vereinigung mit Gott und untereinander

Betrachtet man diese Bereiche des Dienstes vor Gott als eine Einshyheit dann wird deutlich daszlig sich auch die Teilnehmer an einer solshychen Feier auf die Heiligkeit der Handlung einlassen muumlssen

Worte Gesten und Gebaumlrden muumlssen mit dem Inhalt der Feier uumlbereinstimmen So sollte also die Arbeit an der Liturgie fOlgende Beshyreiche umfassen - Das Stufengebet als Vorbereishy

tung des Priesters und der Glaumlubigen ist neu zu beleben

- Die Begruumlszligung im Namen Gotshytes sollte ausreichen eine eishygene Begruumlszligung durch den Priester muumlszligte entfallen

- Eine Einfuumlhrung - oft eine vorshyweggenommene Predigt sollte entfallen oder zumindest sehr verkOrzt werden

- Die Predigt sollte sich auf eine Auslegung der Schrift und nicht auf Tagesereignisse konshyzentrieren (Ausnahmen sind moumlglich)

- Der Friedensgruszlig der Glaumlubishygen in der heute uumlblichen Geshyschaumlftigkeit sollte entfallen der Friede kommt vom Altar

- Die Glaumlubigen sollten den Wert der Fuumlrbitten erkennen und unshy

ter fertigen wohlgestalteten Texten auswaumlhlen koumlnnen

- Den Glaumlubigen sollte die Beshydeutung der Gebaumlrden und Geshysten wieder nahegebracht wershyden

- Die Glaumlubigen sollten sich so in den Ablauf der Messe vertieshyfen daszlig sie die ihnen zukomshymenden Teile des Meszlig-Ordinashyriums auch lateinisch spreshychen singen und innerlich vershystehen koumlnnen

Insgesamt sollte wieder mehr Ruhe und gespannte Aufmerksamshykeit auf Gottes Wort und Sein Heilshandeln entstehen Gott ist die Mitte - Anfang und Ende shyOben und Unten - und nicht die zufaumlllige Versammlung einiger die glauben daszlig sie als Gemeinde von unten zu Gott vorstoszligen mOszligten Wenn Gott nicht seine Gnade schenkt dann ist alles Tun vergebshylich

Helmut Fettweis

Heilige Messe Zauberei oder Humbug Beobachtungen bei einer Amtseinfuumlhrung in Ostshydeutschland

Zu DDR-Zeiten fanden hier im Clubraum der Kaserne in Bad Frankenhausen noumlrdlich von Ershy

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furt in Thuumlringen stramme linienshytreue Jubelfeste der Nationalen Volksarmee statt Heute am 26 Februar 1992 sind etwa 300 von dem Unrechtsregime produzierte Heiden und Neuheiden geshyspannt was da mit dem katholishyschen Pfarrer Ober die BOhne geshyhen soll Unter den Bundeswehrshysoldaten Ost befinden sich auch ein paar Zivilangestellte und Angeshyhoumlrige Kaum eine Handvoll der Anwesenden ist getauft noch weshyniger sind katholisch

Der 40jaumlhrige katholische MiIishytaumlrpfarer Hartrnut Gremler hat heushyte seinen groszligen Tag Er ist etwas nervoumls aber trotzdem freundlich und hilfsbereit Militaumlrdekan Heinshyrich Hecker aus Potsdam soll ihn in sein Amt einfuumlhren Gremler ist nach Paul-Michael Graefe (42) aus Eggesin und Arnold Heinz Pyka (51) aus Leipzig der dritte hauptshyamtliche katholische Militaumlrpfarshyrer in den neuen Bundeslaumlndern Zudem haben sich noch 20 Ostshypfarrer bereit erklaumlrt im Nebenamt die Bundeswehrsoldaten in den neuen Bundeslaumlndern seelsorgeshyrisch zu begleiten

Pfarrer Gremler weiszlig noch gar nicht wieviel Katholiken es eigentshylich in den sechs Kasernen in fOnf Standorten gibt die zu seinem Beshytreuungsbereich gehoumlren Doch das ist ihm auch nicht so wichtig Denn alle Soldaten haben Anshyspruch auf Seelsorge sagt er alle die sie haben wollen

Nun steht er vor den Soldaten Wie soll das gutgehen Wieso sitshy

zen die Heiden und Neuheiden (Originalton Gremler fOr Nichtgeshytaufte und Getaufte die bisher mit Christentum und Kirche absolut nichts am Hut hatten) hier in der improvisierten Kirche Wurden die Bundeswehrsoldaten Ost von ihshyren Kommandeuren West gar hershybefohlen Nun so direkt wohl nicht Mehrheitlich war schon Inshyteresse da Ein Gefreiter spricht aus was die meisten seiner Kameshyraden denken Wir wollen mal seshyhen wie das denn mit einer Messe so ablaumluft was der Pfarrer wohl fOr einer sein mag

Aber daszlig es der evangelische Oberstleutnant Ernst-Wilhelm Harshyder (46) der Kommandeur des Panshyzerbataillons 383 zumindest ganz gerne sehen wOrde wenn seine Soldaten zur Einfuumlhrung des kashytholischen Militaumlrpfarrers gehen wOrden ist den Anwesenden auch klar

Ein paar wenige unter den junshygen Maumlnnern halten die ganze Zeshyremonie im besonderen die Wandshylung von Brot und Wein zu Christi Leib und Blut fOr Zauberei und Humbug Sie albern denn auch anfangs ungeniert herum zur Ordshynung gerufen von ihren Kamerashyden die zumindest Toleranz forshydern Die groszlige Masse aber ist sichtlich beeindruckt von diesem Gottesdienst der fOr sie so ungeshywohnt ist Beeindruckt sind sie von der feierlichen Handlung den melodioumlsen Liedern und den beshywuszligt einfach gehaltenen und trotzshydem eindringlichen erklaumlrenden

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Worten der Predigenden Obwohl waumlhrend der Gebete ofshy

fensichtlich so etwas wie ein lnshysich-gekehrt-Sein zu spOren ist zeigt sich naumlmlich nach 40 Jahren Atheismus auch deutlich Unkenntshynis uumlber Form und Inhalte kirchlishycher Handlungen und des christlishychen Glaubens allgemein

Militaumlrdekan Heinrich Hecker der mit viel Engagement und Einshyfuumlhlungsvermoumlgen seit Januar des vergangenen Jahres die katholishysche Militaumlrseelsorge in einem zu 90 Prozent atheistischen Land aufshygebaut hat erklaumlrt den Zuhoumlrern die Unabhaumlngigkeit der Pfarrer Er will damit die Sorge vieler besonshyders evangelischer Christen entshykraumlften die eine zu starke Staatsshynaumlhe befuumlrchten Die Pfarrer sagt er seien nur Gott ihrem Gewissen und dem Militaumlrbischof verpflichshytet

Sowohl der lebenskundliche Unshyterricht als auch die Gottesdienshyste betont Hecker seien Angeboshyte Die Teilnahme freiwillig keine Pflicht Die Katholische Kirche stehe fuumlr alle offen auch fuumlr Nichtshychristen Und Pfarrer Hartmut Gremler der so gemuumltlich und fOrshysorglich zugleich wirkt aber einen festen Willen offenbart hofft daB trotz aller Unterschiede hier so etshywas wie eine Gemeinde entsteht in der man Freude und Freunde findet Anteil nimmt an den Sorgen und Noumlten und wo der Glaube Einshyzug haumllt

DaB dann anschlieBend an den Gottesdienst auch die einfachen

Soldaten am Empfang mit Bundesshyund Kommunalpolitikern mit Pershysoumlnlichkeiten des oumlffentlichen Leshybens der beiden christliChen Kirshychen und Offizieren teilnehmen durften ihr Bierchen bekamen und sich am kalten Buffet guumltlich tun konnten sorgte schon jetzt fuumlr etshywas Gemeinde

Sie haben trotzdem kein leichshytes Amt die drei hauptamtlichen Militaumlrpfarrer in den neuen Bunshydeslaumlndern Oft stoBen sie auf Gleichguumlltigkeit oder Ablehnung Aber mit der Praumlsenz waumlchst auch die Akezptanz Der Gefreite Heiko Trzeba (23) von der 4 Kompanie des Panzergrenadierbataillons 381 in Bad Frankenhausen muB da fuumlr Pfarrer Gremler ein Hoffnungsshyschimmer sein Trzeba ist wohl kashytholisch getauft hat aber noch nie eine Kirche von innen gesehen Er war beeindruckt und will am naumlchshysten Lebenskundlichen Unterricht teilnehmen Auch mit nach Lourshydes moumlchte er fahren Denn irshygendwie ist mir das doch alles ein biszligehen abgegangen

Heribert Lehmberger (aus Kompaszlig Nr 7 v 20392)

WOCHE FUumlR DAS LEBEN - -shy17-245 92

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Stand der Beratunshygen zum Schutz des ungeborenen Kindes

Die Vollversammlung der Deutshyschen Bischofskonferenz hat in eishyner Aussprache uumlber die Diskusshysion zum Schutz des ungeborenen Kindes nochmals ihre wiederholt dargelegte Position bekraumlftigt 1 Bei dem ungeborenen Kind hanshydelt es sich nach den Erkenntnisshysen der Wissenschaft um einen unverwechselbaren Menschen der mit allen menschlichen Eigenshyschaften ausgestattet ist und hershyanwaumlchst aumlhnlich wie auch das geborene Kind weiter waumlchst 2 Niemand hat das Recht diesem heranwachsenden Menschen das Recht auf Leben zu nehmen Das Recht auf Leben wird dem ungeboshyrenen Kind weder durch die Eltern noch durch die Gesellschaft noch durch den Staat verliehen Das Recht auf Leben ist ein elementashyres Menschenrecht 3 Der Staat hat die Pflicht mit den ihm zur Verfuumlgung stehenden Mitteln Leben zu schuumltzen Er muszlig deutlich zum Ausdruck bringen daszlig es sich bei einem Verstoszlig geshygen das Lebensrecht eines andeshyren Menschen um ein schweres Unrecht handelt Strafrecht das vor allem diesen Unrechtscharakshyter zum Ausdruck bringt und soshyziale Maszlignahmen muumlssen sich da-

Auftrag 201

bei ergaumlnzen 4 Die Position der Kirche orienshytiert sich nicht an der Verurteilung derjenigen die gegenuumlber dem Leshybensrecht eines anderen schuldig geworden sind Sie orientiert sich am unbedingten Einsatz fuumlr das Leben 5 Die Kirche weiszlig um die Verstrikshykung in Schuld erfahrene Auswegshylosigkeit und Suumlnde Die Kirche steht zugeich zu ihrem Auftrag bei begangenem und bereutem Unshyrecht Vergebung und Versoumlhnung zu vermitteln 6 Die Kirche wird ihren Einsatz fuumlr das Lebensrecht aller Menshyschen - geborenen und ungeboshyrenen - nicht aufgeben Sie ist sich bewuszligt daszlig sie selbst die Gesellschaft und die Politik noch mehr dazu beitragen muumlssen ein kinderfreundliches Klima zu schafshyfen und Hilfen anzubieten damit Konflikte im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft vermieden oder geloumlst werden koumlnnen

(aus Pressedienst der DBK shyDokumentation vom 12392)

Woche fuumlr das Leben 1992

Die Vollversammlung hat beshyschlossen die im vergangenen Jahr erstmals veranstaltete Woshyche fuumlr das Leben auch in den Jahren 1993 und 1994 durchzufuumlhshyren In diesem Jahr steht die Woshy

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ehe fuumlr das Leben (17 bis 24 Mai) die am 16 Mai mit einer zenshytralen Veranstaltung in Dresden eroumlffnet wird unter dem Thema Fuumlr eine kinderfreundliehe Geshysellschaft

Wir wollen mit dieser Woche fuumlr das Leben immer wieder das Bewuszligtsein fOr den notwendigen Schutz des Lebens in allen seinen Phasen wachruumltteln Im letzten Jahr stand das Lebensrecht des ungeborenen Kindes im Mittelshypunkt In diesem Jahr geht es um eine kinderfreundliche Gesellshyschaft In den naumlchsten Jahren werden wir den Umgang mit dem behinderten und alten Leben beshysonders betonen

Die Europa-Sondersynode hat empfohlen in jedem Land jaumlhrlich einen Tag oder eine Woche fuumlr das Leben in allen Verbaumlnden und Pfarrgemeinden durchzufuumlhshyren und im Lauf der Zeit diesen Tag oder diese Woche auch geshymeinsam festzulegen

(aus Pressedienst der DBK shyDokumentation vom 12392)

Kirchentraumlume junger Menschen

Wir traumlumen von einem Gottesshydienst - in dem gesungen gelacht und

getanzt aber auch geweint werden darf

- in dem sich jeder alte und junshyge Menschen aktiv beteiligen

- in dem Gebete nicht runtergeshyleiert sondern auch neue selbstgestaltete Texte und Geshybete vorgetragen werden

- in dem z B durch die Fuumlrbitshyten die konkreten Anliegen der Gemeindemitgliede zur Sprashyche kommen

- in dem sich die Banknachbarn begruumlszligen und vorstellen

- in dem die Mitarbeiter und Mitshygestalter des Gottesdienstes namentlich erwaumlhnt werden

Wir traumlumen von einer Kirche - die sich der Politik und der buumlrshy

gerlichen Moral nicht anpaszligt sondern gemaumlszlig der Botschaft Jesu Christi Stellung nimmt in der Frauen die gleichen Chancen wie Maumlnner haben die durch demokratische Strukturen aufgebaut ist in der nicht nur Priester Bishyschoumlfe und der Papst das Sashygen haben in der Christen nicht durch Christen ausgegrenzt werden wie z B die wiederverheirateshyten Geschiedenen die ihre Menschlichkeit und dashymit auch ihre Fehlerhaftigkeit eingesteht die deutlich auf der Seite aller Unterdruumlckten und Benachtci ligten steht

Wir traumlumen von Priestern - denen man die froh machende

Botschaft auch ansieht die Herzlichkeit und Waumlrme in dieshyse Welt tragen

- die oumlfters ihren Kopf aus der

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Bibel heben und schauen ob die Gemeinde Oberhaupt noch da ist

- die mit und nicht fOr die Geshymeinde das Evangelium deushyten

- die bei ihren Predigten und bei ihrer Verkuumlndigung Zwischenshyfragen erlauben

Wir traumlumen von einer Gemeinde - in der Konflikte offen und fair

miteinander ausgetragen wershyden

- in der Jugendliche und Ershywachsene miteinander und nicht uumlbereinander sprechen

(unbekannter Verfasser)

Der Christ zwischen Angst und Vertrauen 1 Vorbemerkung

In Psalm 21 finden wir eine Forshymulierung die recht modern anshymutet und die wir in anderer Sinnshygebung in der Existenzphilosophie Martin Heideggers als Geworfenshyheit (Sein und Zeit) wiederentdekshyken In diesem Psalm klagt der Beshyter Vom Schoszlig meiner Mutter an bin ich auf dich mein Gott geworshyfen ein Rachen tut sich auf wishyder mich hingegossen bin ich in den Staub wie Wasser Du hast mich hinabgefuumlhrt zum Staub des Todes

WeQQ die HerausforderuQgeQ groumlszliger werdeQ

sagt die HoffQuQg die aus der Bibel kOIlIlt

werdet ilr ebeQfal1s waclseQ (Berthold Lutz)

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Gleich der naumlchste Vers laumlszligt ershykennen wer gemeint ist und wer die Tiefen der Angst im Gehorsam bis auf den Grund wird durchleishyden muumlssen nachdem er aus dem goumlttlichen Sein hinausgetreten ist in die Aumlngste dieser Welt Sie hashyben mir Haumlnde und Fuumlszlige durchshybohrt

Die Todesangst Jesu und seine Auferstehung sind unausloumlschlishyche Zeichen an denen sich diejeshynigen orientieren die im Dunkel ihshyrer Not dennoch Hoffende in der Geborgenheit Gottes sind und wisshysen daszlig Dunkelheit letztlich nur jenen zukommt die vom Licht der Liebe Gottes abgewandt leben wollen Der tiefste Grund der Angst wird in der letzten Vater-Unshyser-Bitte deutlich und fuumlhre uns nicht in Versuchung sondern reishyszlige uns hinweg von dem Boumlsen weil houmlchste Angst walten sollte wo Bodenlosigkeit des Glaubensshyabfalls droht

Das Christliche des einzelnen und der Gemeinschaft ist in der Angst unloumlslich verbunden mit der von Jesus Christus geforderten lieshybenden Sorge um den Naumlchsten auch den Feind (Joh 15 13 Rouml 5 10 Mt 5 41 Rouml 9 3) Es geht um die Mitverantwortung in dieser Welt und Ober den Tod hinaus

Es gibt heute eine Bosheit mit gutem Gewissen eine Finsternis die meint alles tun zu koumlnnen was mit Macht und Geld und ruumlckshysichtslosem Eigeninteresse moumlgshylich ist (auch das Toumlten der Ungeshyborenen im Mutterleib) Es handelt

sich um eine Bosheit die sich selbst abzuloumlsen gewillt ist von dem Erloumlsungswillen Gottes mit dieser Welt und dafOr eigene Maszligshystaumlbe der LOge und Menschenshyfeindlichkeit setzt Es ist jener schreckliche SchaUen von dem der Heilige Petrus spricht wenn er sagt der euch aus der Finsternis berufen hat in seine wunderbares Licht (2 Petr 2 9)

Aus Glaube Hoffnung und lieshybe und der seiner Kirche verheiszligeshynen Gnade will die in Kreuz und Auferstehung eingeborgene Angst mitsuumlhnend uumlberwunden und wo sie greifbar wird mitgetragen wershyden

Zwischen Angst und Vertrauen erwaumlchst dem Christen jener unshyuumlberbietbare OpUmismus der eben nur aus Glaubenswirklichkeit hervorgehen kann der die Geworshyfenheit ins Nichts entgegengeshysetzt ist

2 Was ist Angst Angst bezeichnet im Gegensatz

zur Furcht jenen Zustand der in einer Konfliktlage keinen Ausweg erkennbar macht

Furcht ist mehr an einen Gegenshystand gebunden der wenn seine Bedeutung entfaumlllt auch keine Furcht mehr ausloumlst

Angst entsteht zwischen mehreshyren Spannungspolen die jeder auf seine Weise Ausweglosigkeit und Ratlosigkeit suggeriert

Die Angst vor der Angst ist dashybei eine zusaumltzliche Komponente

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die die Ausweglosigkeit bis zum Zusammenbruch immer maumlchtiger erscheinen laumlszligt

Angst in ihren Tiefen Breiten und ihren schleichenden Dimenshysionen zeigt sich in verschiedenen Verkleidungen - als Instrument der Macht Herrshy

schaft Autoritaumlt und des Tershyrors

- als Begleiter von Krankheit und der Probleme im menschlishychen Miteinander

- als Schatten der Erziehung - als religioumlses Phaumlnomen - als Angst der Minderheit - als Antwort auf das Gescheshy

hen der Gegenwart z B menshyschenfeindliche Technik usw

- als Angst vor dem Tod - als Vorwissen um das Komshy

mende aber schon in der Angst Wirkende

- als Attribut unseres gesellshyschaftlichen Lebens (Ratlosigshykeit in der Rastlosigkeit Nuklemiddot arwaffen Kriege in der Welt Anonymitaumlt Konsumzwang und Isolierung Zerstoumlrung der Natur und der Umwelt)

Ist Angst ein Unwert oder beinshyhaltet sie vielleicht doch - wenigshystens als Warnzeichen als Ausloumlshyser houmlchster Aktivitaumlt oder als Beshyweggrund eigenes Schuldverhalshyten zu aumlndern - einen Sinn

Die Vielfalt mit der uns Angst begegnet laumlszligt vermuten daszlig es eine schlOssige Antwort gar nicht gibt oder vielleicht waumlre gerade darum die Antwort ganz einfach Aber wie lieBe sie sich finden

Auftrag 201

Gibt es vielleicht jenseits aller Kulturen jenseits aller Rationalishytaumlt einen Raum der in aller Angst frei von Angst ist der Flucht und Ruhepunkt zugleich ist

Wir mOssen einen Weg suchen der auch dem Christen gangbar ershyscheint und weder durch Fatalisshymus noch durch Ignoranz verstellt wird

3 Tiefen der Angst 1) Zunaumlchst Wie und wo wirkt

die Angst Angst weckt unaufhoumlrshyliches Wachsein das aus dem Vershyborgenen aufsteigt und dem weder Schlaf noch gesuchte Entspanshynung gewachsen sind Sie ist ein unausweichliches Wissen das sich brutal immer wieder in den Vordergrund schiebt alles wie ein feindlicher Nebel uumlberlagernd Leib Seele und Geist gleicherweishyse in Mitleidenschaft zieht tief in die Schichten der Person einshydringt

Das was dauernd belastet was scheinbar nicht ausgeraumlumt werden kann was die Selbstvorshywuumlrfe anheizt was als Spannung in einem Konfliktfeld existiert bleibend erscheint was schlieszligshylich als die Angst vor der Angst zushysaumltzlich bedrOckt den Atem nimmt Alles das ist Angst

2) Eigenwirksame Kraumlfte Geshygenstaumlnde Institutionen Gegeshybenheiten koumlnnen in der Vorstelshylungsweit so stark werden daszlig der ruhende Pol menschlicher Geistigshykeit keinen inneren Frieden zu schenken vermag

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Wo immer ein Mensch lebt gibt es fuumlr ihn mehrere Bezugsgroumlszligen - Der Lebensraum (als soziales

Feld) die innere Verfassung seines Lebensraumes die in diesem Lebensraum wirshykenden Kraumlfte die aumluszligeren Einfluszliggroumlszligen Grenzen Durchlaumlssigkeit Vershyschlossenheit des Lebensraushymes

- das Wissen um die Wirkkraft des Religioumlsen in sich selbst und die Art wie Welt Zeit und Raum gesehen werden (Weltshyanschauung)

- Wehrlosigkeit gegenuumlber der Angst

3) Abgesehen von den psychoshypatologischen Eigengesetzlichkeishyten wirken sich in einem sozialen Feld Ordnungen oder Unordnunshygen zu einem bestimmten Zeitshypunkt und mit der Gesamtheit der Fakten der Personen der Umwelt und des Verhalten zu- oder gegenshyeinander aus Die Gesamtheit der Fakten schlieszligt alle psychophysishyschen und psychobiologlischen Bedingungen sowie die Gegebenshyheiten soziologlischer oumlkonomishyscher und oumlkologlischer Art ein (Ausgehend von K Lewin Feldshytheorie S 31)

Ordnung wieder herzustellen das ist das was als ebenso starker Wunsch gegenwaumlrtig ist wie die Angst selbst

Angst entwickelt dabei eine Hemmschwelle durch die dieser Weg unmoumlglich erscheint Das

gibt dem Konflikt seine zerstoumlrenshyde Dimension

4) Die Wiederherstellung einer Ordnung und des Ruhens in sich selbst kann nur selten aus eigener Kraft gefunden werden

Es bedarf der Hilfe von auszligen es bedarf der Sprache des Ausshysprechens und Ansprechens es bedarf der Zuversicht daszlig die Last der Angst weichen kann daszlig jeshymand da ist der diese Angst vershysteht verstehen will mit tragen will Wege der Loumlsung finden hilft Der Christ weiszlig daszlig er mit den unshyverzichtbaren mitverantwortungsshyvollen Diensten der anderen rechshynen kann die noch festen Boden unter den Fuumlszligen haben Aber weiszlig er das im Einzelschicksal wirkshylich

5) Es gibt aber auch eine Angst wie sie uns im Alten und Neuen Teshystament entgegentritt die Angst derer fOr die Gott nicht existent und auch keine persoumlnlichkeitsshypraumlgende Wirklichkeit ist

Fuumlr diejenigen die das Antlitz Gottes aus lauterem Herzen sushychen duumlrfte es eigentlich keinen anderen Grund zur Angst geben als den Gott und den Glauben an ihn damit aber die Heilszuversicht zu verlieren Daruumlber aber wird spaumlter zu reden sein Indessen sind die Daseinsschwierigkeiten die soziale Not und Enge oft so groszlig und erscheinen objektiv manchmal so aussichtslos daszlig die Existenzangst das Leben selbst ins Unertraumlgliche draumlngt Die caritative Arbeit in den Geshy

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meinden zeigt wie unverziehtbar und aus den Forderungen Christi heraus notwendig die persoumlnliche und institutionelle Zuwendung in der Verantwortung fuumlreinander ist wie notwendig der Mut zur persoumlnshylichen Hilfe ist Es gibt aber auch eine Daseinsnot die aus zwishyschenmenschlichen Beziehungen entsteht und im Verborgenen zu ausweglosen Situationen anshywaumlchst Dann geht es nicht mehr um das Wollen sondern um das nicht mehr Bewaumlltigen koumlnnen

S) Die aus philosophischen Ershywaumlgungen gefaszligten Urteile Ober die Angst kommen in mannigfaltishygen Aussagen zum Ausdruck

Martin Heidegger spricht von der Geworfenheit (Sein und Zeit) Jean Paul Sartre vom Ekel (La Naushysee) Albert Camus von Absurdishytaumlt aber auch von ihrer Sinnlosigshykeit um Sinn zu finden (Der Myshythos des Sisyphos) Karl Jaspers erkennt die Zerrissenheit des Wertseins zwischen Existenz und Transzendenz (Der philosophische Glaube und Ursprung und Ziel der Geschichte) Ludwig Feuerbach lehrt die Selbstentfremdung durch Gott (Das Wesen des Chrishystentums und Kritik der HegeIshyschen Philosophie)

Friedrich Nietzsehe laumlszligt in der Froumlhlichen Wissenschaft den tollen Menschen sagen Wohin ist Gott Ich will es euch sashygen Wir haben ihn getoumltet Wir alle sind seine Moumlrder Der tolle Mensch sagt aber auch - man darf das nicht unterschlagen

Auftrag 201

Dies ungeheure Ereignis ist noch unterwegs und wandert - Ist es schon bei uns angekommen wershyden wir wohl fragen muumlssen

Fuumlr Kiriloff (Dostojewski Die Daumlmonen) entsteht Gott aus der Angst und Simone de Beauvoir reshysigniert Gott stahl mir die Erde (Die Mandarine von Paris)

7) Die Toumldlichkeit nicht wahr - genommener Angst naht sich dort wo der Mensch die Wahrheit von Kreuz und Aufersteshyhung leugnet und die SelbstlOge zum Teil seiner Existenz macht Die hieraus entstehende Dunkelshyheit und Verhaumlrtung des Herzens (Eph 4 18 und Hebr 3 8) geht so weit daszlig die bewuszligte Gottesleugshynung keinen Trost der Ober die Rastlosigkeit der Welt hinausshyweist annehmen will und kann Den Bekenntnissen fOr Ersatzziele mit negativem Glaubensinhalt stellt das Christentum das GlaushybenSbekenntnis an die Menschshywerdung Gottes entgegen Diese unteilbare Wahrheit ist in Gefahr zerredet zu werden und wird dashydurch dem Hinterfragen ausgelieshyfert

Die Frage nach der Wahrheit hat sich wieder neu auch der Theoloshygen aber leider nicht immer in klaumlshyrender Weise bemaumlchtigt E Husshyserl kommt in seinen Logischen Untersuchungen I TObingen zu der Uumlberzeugung daszlig der Kampf der Philosophie gegen die Wahrshyheit ein existentes Phaumlnomen ist (Vgl B Schwarz Wahrheit und Wissenschaft in Oumlsterr Klerusshy

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blatt 78 1968) Wort Gottes und Glaube der Kirche kann und darf nicht ohne Beruumlcksichtigung des Glaubensganzen hinterfragt wershyden (H KOng Christ sein und Existiert Gott sowie die sog Koumllner Erklaumlrung) Es ist ua merkwuumlrdig daszlig die Koumllner Erklaumlshyrung von Entmuumlndigung spricht aber katholische Muumlndigkeit nicht definiert und von ihren Verfechtern auch nicht angesprochen wird Man spricht gern von der Hiershyarchie der Wahrheiten aber man vergiszligt daszlig diese im Rahmen des Glaubensganzen gesehen werden muumlssen

4 Angst im Alten und Neuen Testament

1) Das Alte Testament beshyschreibt treffend die zweifache Wirkung der Angst Sie nimmt einshymal die Sicht auf die durch die Vernunft dargebotenen Hilfen Inshydem aber die Hoffnung verblaszligt entschwindet durch die Moumlglichshykeit die Ursache welche die Qual der Angst veranlaszligt zu erkennen (Weish 17 11)

Der Boumlse flieht auch wenn ihn niemand verfolgt (Spr 28 1) Wer Gott verachtet und das Boumlse sucht verliert das Gespuumlr fuumlr den Grund der Angst er irrt umher geshytrieben vom Traumgesicht der Seeshyle und wundert sich im Erwachen vor seiner Furcht vor nichts (Sir 401 - 7)

Die Unbelehrbaren verfallen imshymer tiefer in den Irrtum erkranshy

ken an laumlcherlicher Angst und werden gefesselt von der Finstershynis sich selbst zur Last (Weish 171-18)

2) Das ganze Alte Testament durchzieht aber auch der Gedanke an den troumlstenden Gott der von alshyler Angst heilt Fuumlrchte dich nicht denn ich erloumlse dich (Is 43 1) Gedenkt nicht mehr des Fruumlheshyren seht ich schaffe immer wieshyder neu Jetzt sprieszligt es merkt ihr es nicht (Is 43 18f) Und Wer in den Geboten Gottes treu verharrt fOrchtet sich zu keiner Zeit (Sir 22 23)

3) Auch das Neue Testament fahrt die Linie troumlstender Worte weiter um sie im Wissen uumlber das Heilswerk Jesu einmuumlnden zu lasshysen in eine neue Dimension des Geistes Gott gab uns nicht den Geist der Furcht und Verzagtheit sondern der Kraft und Liebe und der Besonnenheit (2 Tim 1 7) Furcht ist nicht in der Liebe sonshydern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus (1 Joh 4 18) Nur wer nicht liebt bleibt im Tode (1 Joh 314)

Wie oft macht Jesus bei den vier Evangelisten den Seinen Mut mit dem Wort Fuumlrchtet euch nicht In immer wieder neuen Aspekten schaumlrft er den Blick fuumlr die Wirkshylichkeit des Heils in der Wirklichshykeit der Welt tuumlr die Angst die aus der Gottlosigkeit und Suumlnde ershywaumlchst und tor die Liebe die im Tod zur Auferstehung und Vollenshydung reift

Der Tod Christi ist ein Tod des

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suumlndenlosen menschgewordenen Gottes in den der Mensch sich hineinfallen lassen kann und muszlig aber mit dem es keine Identitaumlt gibt Jesus schreitet einer Angst entgegen die nie ein Mensch wird ermessen koumlnnen Aber in dem Uumlberwinden dieser tiefsten und unergruumlndlichen Angst gebietet er Habt keine Furcht (H U v Balthasar)

4) Wer sich die Muumlhe macht die Aussagen des Alten und Neuen Testaments uumlber die Angst nachshyzulesen wird eine uumlberraschende Feststellung machen Angst ist eine Daseinsgroumlszlige und Gott macht in seinem Wort weder das Leid noch die Angst kleiner Es scheint dagegen Gott macht die Angst zu einem schoumlpferischen Wert wie eben Leid und Tod schoumlpferische Durchgaumlnge sind

Andererseits steht der sinnloshysen Angst das Vertrauen entgeshygen das Gott als Lebensvorausshysetzung schenkt und erwartet Wenn ihr in meinen Geboten lebt verleihe ich dem Land Frieden Ihr koumlnnt euch niederlegen ohne daszlig ihr euch aumlngstigen muumlszligt Ich schlage meine Wohnstaumltte in eurer Mitte auf (Mos 26 1 -13 und Ps 30)

Angefangen von dem Auftrag an Abraham gegen alle Hoffnung auf Gott zu vertrauen bis zum Auszug aus Aumlgypten und weiter bis zur Todesangst Jesu und seinem vershyzweifelten Schrei Mein Gott warshyum hast du mich verlassen fuumlhrt der groszlige Bogen der Heilsmitteishy

lung zur Auferstehung Hier wird auch der Sieg Jesu uumlber die Angst endguumlltig Die Vernichtung des letzten Feindes (1 Kor 15 26) ist das letzte Werk dieses Sieges

Die Zuversicht ist seitdem unendlich geworden Wenn unser Herz uns anklagt so ist Gott groumlshyBer als unser Herz (1 Joh 3 20) Dagegen sollte uns das Wort Wer nicht liebt bleibt im Tode (1 Joh 3 14) wirklich aumlngstigen weil wir hier taumlglich Schuldige werden

5) Die erste Liebe von der die Apokalypse in den sog Gemeindeshybriefen (Offbg 2 4) spricht meint einen immer wieder neuen schoumlpshyferischen Aufbruch zu Gott

Das einzige Gegengewicht geshygen die Angst ist die Liebe weil sie in ihrer vertikalen Dimension den Glauben und in der Breite die Hoffnung maszliglosen Vertrauens umfaBt Paulus definiert sie im ershysten Korintherbrief 13 1 - 8 Jesus fordert So sollt ihr einander lieshyben wie ich euch geliebt habe Der Apostel Judas Thaddaumlus fuumlgt genial einfach die Gnadenerweise Gottes zu einer Dreiheit zusamshymen Erbarmen Friede Liebe (Judasbrief) Es gibt eine Angst Gottes um diese Welt eine Sorge dessen der alles schoumlpferisch geshyordnet hat in seinen Haumlnden haumllt und neu verwandeln wird eine Sorshyge aus der die Macht der Kinder Gottes hervorgeht (Joh 1 12) die denen gegeben wird die Ihn aufshynehmen in einer Welt die das Licht von sich weist (H U v Balshythasar)

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6) Der legitime Ort mit Anshyspruch auf Verbindlichkeit vom Tod zu reden ist die Kirche und in ihr das Wort Jesu der Tod und Auferstehung als Heilsauftrag auf sich nahm Erst von hier kann Trost in der Antwortlosigkeit des Leids erwartet werden

Wer stirbt weiszlig daszlig es nach dem Hinscheiden keinen Ersatz fuumlr ihn geben wird daszlig die eigene Einmaligkeit verlischt um aus christlicher Sicht einen neuen Nashymen zu empfangen den nur der Empfaumlnger kennt (Offbg 17 5)

Die Endguumlltigkeit und das schweigende Versinken sind es die jene Angst hervorrufen die durch nichts aufgehoben werden kann als eben durch die glaumlubige Annahme der Unausweichlichkeit besser als durch das Hineinlegen des Lebens und Sterbens in die Hand Gottes um neues Leben zu empfangen Das Schweigen Gotshytes wird im Tod zum Beginn der verborgenen Begegnung mit der Ewigkeit in die uns die Erloumlsungsshytat Jesu hineinnehmen will Noch heut wirst Du mit mir im Paradiese sein (Lk 2343)

5 Die Angst des Soldaten Der Soldat der mit der Angst

kaumlmpft ist weder aumlngstlich noch feige Seine Angst entsteht exishystenziell aus der Notwendigkeit die unausweichlich ist das Leben einzusetzen

Er setzt dagegen den Mut des Geistes der die Pflicht beseelt

Eine Definition der Pflicht aber muumlszligte um diesem Zusammenshyhang gerecht zu werden die Beshygriffe Bereitschaft soldatisches Koumlnnen und das Vermoumlgen dieses Koumlnnen zu verwirklichen Tapfershykeit Umsicht und Entscheidungsshykraft Gewissen und Gehorsam Verantwortung und Wissen um die Gefahr enthalten Aus diesen die Persoumlnlichkeit praumlgenden Kraumlften faumlllt Licht auf jenes Wort aus eishynem Soldaten gesetz Furcht vor persoumlnlicher Gefahr entschuldigt eine Tat nicht wenn die soldatishysche Pflicht verlangt die Gefahr zu bestehen Die Krankenschweshyster der Polizeibeamte und der Feuerwehrmann z B setzen taumlgshylich auch ohne ein solches Wort im Hintergrund ihre Gesundheit ein um fuumlr andere da zu sein

Die Angst ist kein Gespenst Sie ist im militaumlrischen Bereich das Attribut moderner Kampfmittel Man darf es nicht zu gering veranshyschlagen daszlig die Bereitschaft sich fuumlr die Freiheit und das Gute einzusetzen diese konkreten Aumlngshyste aufzuwiegen vermag und sich staumlrker erweist als das bereitgeshystellte Verderben

6 Das Kind in der Angst 1 Eine kleine Geste fuumlhrt uns

an das Gemuumlt des Kindes heran wenn es eine Stoffpuppe oder ein Pluumlschtier liebevoll an sich druumlckt und dabei (neben der innigen Zushywendung) in kritischen Phasen seishy

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ner Entwicklung Trost in der Angst findet

Eltern sollten wissen daB die Entwicklung des Kindes nicht automatisch und reibungslos von einer Stufe zur anderen ablaumluft sondern daB das Kind mit jeder Entwicklungsphase neue Erfahshyrungen macht aber auch neue Aumlngste kennen lernt Je nach den gegebenen Umweltbedingungen und den Kraumlften des sozialen Felshydes in dem es lebt und in der Zushyoder Abwendung der Eltern lernt es diese Aumlngste zu Oberwinden oder bleibt ihnen unterschwellig manchmal zeitlebens ausgelieshyfert

2) Der Hilflosigkeit des Kindes steht die FOrsorge der Schutz und das Heilende elterlicher Freundshylichkeit gegenOber die das Kind in das Unbekannte des Lebens hinshyein begleitet Was wir Tapferkeit nennen ist fOr das Kind ein schrittshyweises Kennenlernen von Angst und Furcht und deren Uumlberwinshydung Nur Das muB man wissen Kinder koumlnnen aber das was sie als Unnennbares erleben nicht reshyflektieren

3) Die Neugiertreibt das Kind in das Abenteuer des Lebens Wie oft erfahren Eltern von ihren laumlngst ershywachsenen Kindern was sie alles an Erlebnissen durchgestanden haben aber im erernten Erkennen der Grenzen vor der verletztenden Gefahr bewahrt blieben

Der zusaumltzliche Druck auf das Kind durch die Angst vor Schuld und Strafe vor Alleinsein und Dunshy

kelheit belastet um so mehr als die Eltern keine Zeit mehr fOr die Kinder haben Modernes Spielzeug macht heute die Eltern entbehrshylich weil Kinder bei Video Fernshysehen und Computerspielen so gut aufgehoben sind Die Folgen geistiger und seelischer Art wershyden nicht ausbleiben

4) Wer in diese Welt hineingeshyboren wird und in immer neuen Leshybensringen Existenz erleben und verarbeiten muB bedarf der Fuumlhshyrung deren Ziel die angstfreie Beshygegnung mit Dingen und Menshyschen bei Urteilsfaumlhigkeit und Wissen um Grenzen sein sollte Ohne Geborgenheit in der kleinen Welt der Familie in der das Kind Liebe und Schutz erfaumlhrt Urteil Grenzen und Normen kennen lernt gibt es kein Erwachsenwerden das der Welt gewachsen ist Ohne wirkliches Kindsein wird niemand wirklich erwachsen sondern bleibt ewig pubertierend unershywachsen mit allen Aumlngsten und Hemmungen die hierin eingeshyschlossen sind Ohne Wissen um Grenzen kein Gewissen

5 Mit der Entwicklung reift das Denken durch Sprache Ein Kind muB lernen sich auszusprechen um seinen Aumlngsten seinem Erleshyben und seinen GefOhlen und Agshygressionen Ausdruck verleihen zu koumlnnen Das Kind sollte bei aller Fuumlhrung lernen positive aber auch negative Gegebenheiten seishyner kleinen Welt durchzustehen Das kann es nur wenn die Dinge vorher nOchtern beim Namen geshy

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nannt werden Aumlngste duumlrfen weshyder verniedlicht noch groumlszliger geshymacht werden als sie natuumlrlichershyweise sind Das Maumlrchen des Kaishysers neue Kleider entkleidet die Dinge die ihm angehaumlngt worshyden sind von der Illusion um sie schlieszliglich zu sehen wie sie sind Merkwuumlrdigerweise konnte das nur ein Kind weil es unverbildet das Wirkliche der Dinge sah

6) Als Jesus die Kinder zu sich rief verband er an die Erwachseshynen gewandt kindliches Denken mit dem nuumlchternen Hinweis auf das Himmelreich um ihnen und den Erwachsenen ein letztes Ziel zu zeigen von dem her erst alles andere sinnvoll erscheint

Die Groszligen und so Klugen vershylieren leicht die Wirklichkeit aller Wirklichkeiten aus dem Blick weil sie vor lauter vorletzten Interessen fuumlr das Letztguumlltige blind geworshyden sind So bleiben sie mit ihren Aumlngsten in der Welt des Vorletzten allein und finden fuumlr sich und anshydere keinen Ausweg aus den Krishysen der Angst und der ihr vorangeshyhenden Konflikte

7 Der Christ in der Katastrophe

1) Der Christ in der Katastroshyphe dieser Gedanke soll uns nun in der Uumlberlegungen uumlber die Angst beschaumlftigen

Was sind Katastrophen Katashystrophen sind ploumltzliche lebensshybedrohende Ereignisse natuumlrlicher oder durch den Menschen geshy

schaffener Ursachen deren Wirshykungen Zerstoumlrung physischer seelischer politischer oumlkonomishyscher kultureller wirtschaftlicher oder anderer Art zur Folge haben Was bei Katastrophen sofort in den Mittelpunkt der Betroffenen und betroffen Auszligenstehenden geraumlt ist die Todesangst ist die Angst vor und in der Wucht zerstoumlshyrender Kraumlfte denen der Mensch wehrlos ausgeliefert ist

Kriege Erdbeben Lawinen Grushyben- und Flugzeugkatastrophen Epidemien usw bilden ein mehr oder weniger begrenztes Ereignisshyfeld in denen sich menschliches Verhalten der noch Lebenden von der laumlhmenden Lethargie uumlber houmlchste Erregung bis zur kopfloshysen Panik zeigen kann

Andererseits bricht dann eine Welle von Hilfsbereitschaft aus die sich mit Abklingen der ersten Schreckreaktionen oft als wenig organisationsgerecht erweist und im unbesonnenen Uumlbereifer an falshyscher Stelle erfolgt weil es an Uumlbersicht fehlt Wo sich aber Hilfsshybereitschaft und Sachverstand mit schnellen aber treffsicheren Entshyscheidungen verbindet ist Hilfe auch lebensrettend

Jeder kann in Katastrophen geshyraten der Christ wie der N ichtshychrist Alle haben Angst alle durchleiden die Gefahr entspreshychend physiologischer und geishystig-seelscher Ablaumlufe und alle zittern

Vielleicht ist es das Zusammenshytreffen von Demut und Vertrauen

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von Ergebenheit in das Unabaumlnshyderliche und Gebet von Selbstvershygessenheitmiddot und Umsicht was Pershysonen - selbst in Todesgefahr shyherausragend kennzeichnet wenn sie in houmlchster Gefahr an das Leshyben und den Schutz anderer denshyken Aber das muumlssen nicht unbeshydingt Christen sein Den aus dem Glauben eingeuumlbten Christen praumlgt vielleicht gerade in Todesnaumlshyhe noch etwas anderes das Wisshysen um eine letzte Eingeborgenshyheit in Gott Das Wort - vielshyleicht - mag hier angebracht sein weil niemand weiszlig wie er sich auch als Christ in auswegshylosen Grenzsituationen verhalten wird

Wer aber im Ganzen des Lebens stets das Ganze des Glaubens vershywirklicht hat wird in haumlrtestem Ausgeliefertsein Ober Seelenkraumlfshyte verfuumlgen die dann allen im Umshyfeld Betroffenen zugute kommen Berichte uumlber Katastrophenfaumllle jedenfalls lassen solch starkes Verhalten durchscheinen

2) Es fragt sich ob nicht das Toumlten der Kinder im Mutterschoszlig mit gutem Gewissen eine der groumlszligshyten Katastrophen unserer Zeit ist In den letzten zwanzig Jahren sind mindestens zehn Millionen Kinder allein in der Bundesrepublik hingeshymordet worden

Es ist aber auch zu fragen ob nicht die Geschichtslosigkeit mit der unsere Jugend aus der Schule entlassen wird ob nicht der Manshygel an religioumlsem Wissen und relishygioumlse Interessenlosigkeit von EIshy

tern und Schule eine Katastrophe groumlszligten Ausmaszliges mit unabsehshybaren Folgen ist Ist zu fragen ob nicht die emanzipatorische Paumldshyagogik einen katastrophalen Kahlshyschalg an Gemot Charakter und Ethik bedeutet und ihre Wirkung heute in immer offeneren Formen zeigt ob nicht das destruktive Gruppenverhalten der fruumlhen 60er Jahre ein Vakuum an innerer Chashyrakterstaumlrke hinterlassen hat in das immer wieder neue wirre Ideoshylogien Eingang finden Solange Frauen im Namen ihrer Freiheit und ihres Berufes die in ihnen wachsenden Kinder der Zerreiszligshymaschinerie (woumlrtlich gemeint) der Abtreibung preisgeben muumlssen sie sich nach den Beweggruumlnden des Toumltens fragen lassen Die Antshyworten enthuumlllen dann das ganze katastrophale Ausmaszlig des Verlushystes an Ehrfurcht vor dem Menshyschen und seiner Wuumlrde Einershyseits verweigern junge Menschen den Dienst mit der Waffe um nicht toumlten zu massen andererseits ist das Toumlten unschuldiger Kinder zur Gewohnheit geworden Die Hinshyrichtung der Kinder im Mutterleib ist eines der beschaumlmendsten Zeichen unserer Zeit

Das Toumlten mit guten Gewissen ist nicht weniger erschreckend als der Krieg mit seinen Folgeerscheishynungen

3) Schlieszliglich waumlre im kirchshylichen Raum daruumlber nachzudenshyken welch innere Selbstzerstoumlshyrung die Kirche durch theologishysches Hinterfragen der Glaubensshy

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und Lebensgrundlagen erleidet Die katastrophale Auswandeshy

rung aus der Kirche bis auf einen verbliebenen Rest derer die wirkshylich noch aus dem Glauben leben wollen zeigt daszlig Katastrophen nicht nur augenscheinlich und ploumltzlich lebensbedrohend wershyden sondern daszlig sie selbstgeshymacht mit der Zeit zur Entfaltung und zur erschreckenden Ausshysichtslosigkeit kommen zuminshydest im Bereich des sogenannten christlichen Abendlandes das ein atemberaubendes Vakuum bereitgestellt hat Letztlich muszlig unsere Uumlberlegung unserer Welt gelten Was haben wir eigentlich aus unserer Erde gemacht Waumllshyder Fluumlsse und Meere sterben Die Atmosphaumlre wird zunehmend geshyschaumldigt Die egoistische Selbstshybestaumltigung mit der die Gesundshyheit und das Leben von Hundertaushysenden ruumlcksichtslos geopfert wird deuten auf einen Verfall an Moral und Verantwortung so daszlig sich der Gedanke aufdraumlngt weishyche Katastrophe eigentlich groumlszliger ist die des zerstoumlrten Lebens oder die vorausgegangene Ursashyche seelenlosen Handeins

4) In unserer durchtechn isiershyten Welt ist ein Problem entstanshyden das scheinbar unloumlsbar ist das Problem der seelenlosen Orshyganisation das dem religioumlsen und der christlichen Weltanschaushyung entgegensteht ja verschlosshysen ist Der Christ weiszlig aber daszlig in der Rationalisierung des Dashyseins der Mensch ein Wesen von

Leib Seele und Geist bleibt und vor Gott fuumlreinander Verantworshytung fOr die Gesamtheit der Schoumlpfung traumlgt

Der Rausch des immer wieder Neuen und Machbaren und der Geshyschwindigkeit ist vernuumlnftigen Uumlberlegungen durch glaubensbeshywuszligte Motivation unzugaumlnglich Wo aber die Verantwortung vor Gott geschwunden ist dort kann sich nur noch ein Egoismus gegen den Menschen ausbreiten Alle sind durch die Seelenlosigkeit geshyfaumlhrdet und alle haben Angst vor den Rasern vor den Umweltkatashystrophen vor der Anonymitaumlt vor dem Alleinsein vor der Interesseshylosigkeit am Schicksal des andeshyren

Welches sind die Schritte die uns hier herausfuumlhren Wird diese Frage unbeantwortet bleiben und damit die Katastrophe ihren Lauf nehmen Denn eines ist sicher aus innerweltlichen Normen und Vorstellungen kommen wir aus der selbstgeschaffenen Situation der Welt nicht heraus So sind alle dieshyjenigen gefordert fuumlr die das Wort Frieden ohne ideologischen Inhalt wirklich noch Frieden bedeutet fuumlr die das Leben von Anfang an noch Wuumlrde und Freiheit und Sinn aus unumstoumlszliglichen Normen und jener letzten Wirklichkeit empshyfaumlngt die von Anfang an war (1 Joh)

Wer wird denen welchen Vershyantwortung Befugnisse und Macht uumlbertragen wurde diese Leshybenswirklichkeit abverlangen

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wenn sie selbst nicht von jener Geistigkeit gepraumlgt sind und die Waumlhler der so gern zitierte Souveshyraumln sich nicht mehr auf seine polishytisch-weltanschauliche Urteilsshykraft verlassen kann

Der Friede der immer wieder so eifrig besprochen und ersehnt wird kann nur ein Frieden sein dem sich alle unterwerfen und seishyne uumlbergeordneten Normen anershykennen Dazu aber muumlszligte ein uumlbershygeordnetes Wollen Gottes anershykannt werden Es waumlre nuumltzlich daruumlber nachzudenken was Paushylus inmitten der Aumlngste jener Tage bewogen hat das Wort zu spreshychen Der Friede Christi herrsche in euren Herzen (KoI3 15)

Wenn nichts mehr geht wird auch dieses Wort in Ursache und Wirkung wieder ernst genommen werden

8 Schluszliggedanken Angst ist ein Phaumlnomen das

Leib Geist und Seele gleicherweishyse in seine Wirkung einbezieht

Ihr gegenuumlber ist Heilung notshywendig die ebenfalls den ganzen lVIenschen erreichen muszlig

Alle beduumlrfen einander Aber in einem letzten Sinn ist unser Heil nur in dem erloumlsenden Gott beshygrOndet

maior est Deus corde nostro et cognoscit omnia (1 Joh 3 20) (Gott ist groumlszliger als unser Herz)

Das Alte Testament spricht in Sir 120 von der Furcht des Herrn als der Wurzel der Weisheit Tho-

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mas von Aquin setzt ihr als der inshynersten Freude in Gott die Aceshydia die Unlust an Gott die er als schwere Suumlnde bezeichnet gegenshyuumlber (Thomas v Aquin Qu 632 Bd 4 D Thomasausgabe)

Gottesfurcht wird auch immer an erster Stelle dort genannt wo von den sieben Gaben des Geistes die Rede ist

Der Begriff lieszlige sich auch in anshydere Begriffe aufloumlsen z B wie sie in den Paulusbriefen im 1 Petrusshybrief im 1 Johannesbrief und im Judasbrief vorkommen Friede Liebe Wuumlrde Besonnenheit Urshyteilskraft Reinheit des Herzens Anbetung und Dienst Sie werfen ihr Licht auf jeden zuruumlck der sein Leben aus dem Wort Gottes aus Sakrament Eucharistie und Vershyantwortung fuumlreinander gestaltet weil es einen Freiraum von aller Angst auch in der Angst gibt naumlmshylich dort wo der Heilige Geist wirkt wo Glaube in Existenz als Entscheidung der Liebe uumlbergeht

Johannes Cofalka

Quellen

Arbeits und OrientierungshIlfen

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K Rahner Grundkurs des Glaubens Freishyburg 1979 J Ratzinger Theologische Prinzipienlehre MOnchen 1982 L v Holzschuher Psychologie Seebruck 1955 K Jaspers Psychopathologie Frankfurt 1961 H U v Balthasar Der Christ und die Angst Einsiedeln 1976 H Meyer Geschichte der abendlaumlnd Weltshyanschauung Paderborn 1960 Thomas von Aquin Summa Theol I q 78 a 4 die Innern Sinne Deutsch-Lat Thoshymasausgabe Bd 35 Heidelberg-Koumlln 1961 J Auer J Ratzinger Kleine Katholische Dogmatik Bd IX Regensburg 1984 H U v Balthasar Der Geist der Wahrheit (Theologik Bd 111) Johannes 1987 H SchOrmann Das Lukasevangelium Bd I Freiburg 1965 (Exegetische Ausfuumlhrungen auch Ober den Heiligen Geist als Dynamis und Geheimnis der Dreifaltigkeit) K Lewin Feldtheorie in den Sozialwissenshyschaften Stuttgart 1963

Gottes ungeduldige Toumlchter Abschied vom Patriarchat

Das Zentralkomitee der Deutshyschen Katholiken hat Uumlberlegunshygen vorgelegt wie es zu einer besshyseren Kommunikation in der Kirshyche kommen koumlnne Dialog statt Dialogverweigerung - wie in der Kirche miteinander umgehen lautet der Titel des Papiers

Einer der SChwerpunkte dieser Uumlberlegungen ist der Abschnitt uumlber die Stellung der Frau Er beshyginnt mit einer ungeschminkten Situationsanalyse die nachfolshy

gend abgedruckt und zur Diskusshysion gestellt wird

Frauen heute lieben ihre Kirche und leiden an ihr Das verbindet sie untereinander das verbindet sie mit ihren Schwestern und MOtshytern durch die Jahrhunderte das verbindet sie mit allen die in dieshyser Kirche kein Zuhause finden weil sie hier ihr unverwechselbashyres Leben nicht einbringen koumlnshynen keine Stimme haben offen oder versteckt unterdruumlckt und abshygewertet werden und ausgeshyschlossen sind von der Macht

Es war einmal die junge Kirche war frauenfreundlich

Ein Blick in die Geschichte shyohne Glorifizierung - zeigt daszlig seit den ersten Tagen des oumlffentlishychen Auftretens Jesu Frauen mit seinen befreienden Worten und Taten leben mit seiner Botschaft des nahen Gottesreiches Frauen nahmen in der Nachfolgegemeinshyschaft der Glaubenden als die ershysten Verkuumlnderinnen der Aufersteshyhung Jesu einen einmaligen Platz ein Ihnen kam unOberholbare Beshydeutung zu als Prophetinnen und Mystikerinnen als Gemeindeleiteshyrinnen als Heilende und Heilige als Menschen mit reichen Begashybungen und vielfaumlltigen Berufunshygen Frauen gruumlndeten Orden und Lebensgemeinschaften trugen zur Bildung der Unwissenden bei zur Linderung von Not zur Troumlshystung der Trauernden und zur Weishytergabe des Glaubens Sie entwikshy

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kelten vielfache Identifikationsmushyster und Lebensformen - auch fOr Frauen ohne Familie - die ihnen Selbstbestimmung ermoumlglichten Anerkennung und Sicherheit gashyben und sie mit Kraft und Mut ausshyruumlsteten Durch die individuelle Ausgestaltung ihrer Froumlmmigkeit wurden diese zu Meisterinnen der Seelenfuumlhrung und eroumlffneten so sich und anderen in der Kirche eishynen Raum in dem sie ihre Faumlhigshykeiten zur vollen Entfaltung brinshygen konnten und ihre Erwartungen an ein gelingendes Leben erfuumlllt sahen Die Schoumlnheit der Liturgie die Verlaumlszliglichkeit des Kirchenjahshyres die Strukturierung der Lebensshyzeit durch den Wechsel von Alltag und Festtag gaben Frauen hohe Befriedigung Die Verpflichtung zum Meszligbesuch war ihnen nicht nur Last sondern schuf ihnen auch Freiraum im ununterbrocheshynen Beschaumlftigtsein mit den Noumlshyten und Sorgen fOr Familie und Haus Die Uumlbernahme Gestaltung und Weitergabe von Brauchtum sprach ihre Kreativitaumlt und leshybensfreude an Die ihnen vorgegeshybenen Ordnungen in der Kirche hielten und stuumltzten sie sicher in Sinn- und Identitaumltskrisen Die Hochschaumltzung ihres Rates und ihrer Hilfe vermittelten ihnen das Gefuumlhl sinnerfuumlllten Daseins Und so ist es fuumlr manche Frauen auch heute noch

Die Unterdruumlckung der Frauen hat eine lange traurige Geschichte

Doch nicht nur dieses harmonishysche Bild gilt es vom Leben der Frauen in und mit der Kirche zu zeichnen Frauen wurden mit kirchlicher Billigung und sogar auf ihre Weisung hin grausam vershyfolgt nur weil sie Frauen waren Sie brannten als Ketzerinnen und Hexen Frauen wurden durch ein frOh ausgepraumlgtes und theoloshygisch legitimiertes dualistisches Menschenbild an Klischees geshybunden die ihren individuellen Beshygabungen und Berufungen nicht nur nicht entsprachen sondern ihshynen zuwiderliefen sie beschnitten und sie sogar zerstoumlrten Die Leshybenszyklen von Frauen ihre Erfahshyrungen Traumlume Traumlnen und lieshyder fanden kaum Eingang in liturshygie und Verkuumlndigung Frauen wurden zur Herrschaftssicherung von Maumlnnern miszligbraucht und auf ein asymmetrisches Geschlechtershyverhaumlltnis verpflichtet das dem eishynen das Amt und die Wuumlrden der anderen die Arbeit und den Gottesshylohn zusprach Die Lebensangst und Leibfeindlichkeit von Moumlnshychen und Theologen praumlgte die Verbindung von Frau - leib - Suumlnshyde und brachte ein ideOlogisch vershyengtes Marienbild hervor das Frauen entmuumlndigte und als Indishykator der Unterdruumlckungsgeshyschichte von Frauen gelten kann Frauen wurden nicht gehoumlrt und nicht verstanden wenn sie kirchlishyche Vorschriften und Riten als

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lieblos empfanden wenn sie sich wehrten gegen quaumllende und hershyabsetzende Beichterfahrungen wenn sie ausgeschlossen wurden und werden von kirchlichen Dienshysten Frauen wurden und werden zu Bruumldern Durch die Jahrhunshyderte - und auch heute noch shyerlebten Frauen sich in der Kirche als Objekte maumlnnlichen AIIshymachtsstrebens und maumlnnlicher Aggression aber auch maumlnnlicher Angst Trotzdem haben Frauen die befreiende Rede Jesu und seine revolutionaumlren Taten nicht vergesshysen Oft erst im Nach-Denken entdecken sie ihre Wunden entshydecken sie sich fast immer als Opshyfer und nur selten als Taumlterin Ihr Leiden hat tiefe Wurzeln

Die Geduld der Frauen geht zu Ende

Frauen warten nicht laumlnger weshyder in Gesellschaft noch in Kirche Sie holen Indiskretion und Verletshyzung Miszligachtung und Enttaumlushyschung ZurOcksetzung und Unshyfreiheit die ihnen als Frauen zugeshymutet worden sind aus dunklen und gut geMteten Verstecken In Frauenbewegungen Frauenvershybaumlnden Frauenorden gemeinsam mit anderen und allein Oberwinden sie Isolation Sprach- und Mutshylosigkeit und wehren sich Sie wershyden sich ihrer Zahl und ihrer Kraft bewuszligt Sie erkennen ihre Bedeushytung fOr das Leben in den Gemeinshyden und Ortskirchen und entdekshyken voller Staunen und Anerkenshynung die Leistungen ihrer Schweshy

stern und Muumltter Sie werden sich deren Mutes und Engagements beshywuszligt Sie lernen die eigene religioumlshyse Biographie kennen und gewinshynen Einsicht in die Lebenswege anderer Frauen Frauengeschichte und Frauengeschichten sind ihnen kein verborgener Schatz mehr weil sie sie befreien vom Staub und von der Erblindung durch die Jahrhunderte Kraft waumlchst ihnen zu zur generationen- und kulturshyuumlbergreifenden Solidaritaumlt Frauen gewinnen - auch in der Kirche shyan Selbst- und Verantwortungsbeshywuszligtsein an Autonomie und Solishydaritaumlt Sie weigern sich um einer ungestoumlrten Tradition willen einer geteilten Wirklichkeit fOr Maumlnner und Frauen zuzustimmen Sie wolshylen ihre reichen Lebensformen und Lebenserfahrungen in das Leben von Kirche und Gesellschaft einshybringen Sie finden und benennen ihre Wuumlnsche und Probleme ihre Forderungen und Plagen Frauen beginnen zu erzaumlhlen und rufen nach Gerechtigkeit nach Aussprashyche uumlber die Schuld des Sexismus die ihre Bruumlder und Vaumlter auf sich geladen haben Frauen geben sich nicht mehr mit beschwichtigenden oder drohenden Theorien und Theologien zufrieden Sie fordern den gleichen Anteil an Macht und Entscheidung Sie lassen sich nicht mehr BrOder nennen und nehmen Verwundungen in Kauf wenn sie im Bewuszligtsein ihrer Gotshytesebenbildlichkeit zu fragen und zu kaumlmpfen beginnen Frauen wolshylen auch und gerade in der Kirche

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eine auf Freiheit und Gerechtigshykeit gegruumlndete Pluralitaumlt die sie nicht mehr ausgrenzend als den groumlszligten Teil der Glaubenden beshynachteiligt Frauen rufen nach Geshygenseitigkeit und Symmetrie in Beziehungen von Maumlnnern und Frauen in der Kirche nach Beseitishygung diskriminierender Bibelausshylegung nach Abschaffung ungeshyrechter Rechtssaumltze und patriarshychater Strukturen

Die Zeit schoumlner Worte ist vorbei

Frauen heute waumlgen ihre Kraumlfte ab Sie sind in vielen Bereichen mehr und anders gefordert als ihre Muumltter Sie wollen und mOssen ihr Leben gestalten Oft suchen sie um ihrer Kinder willen den Bezug zum Religioumlsen aufrechtzuerhalshyten und zu pflegen Auch wollen Frauen in dieser Kirche ihr Berufsshyfeid finden und weiterentwickeln Doch wenn sie erleben daszlig die Kirche ihnen nicht den Lebensshyraum oumlffnen kann oder will den sie brauchen und einforden zieshyhen Frauen entschieden aus der Kirche aus Sie sind des Houmlrens auf zu kleine und zu enge Menshyschenworte mOde denn sie haben Gottes befreiendes Wort in ihrem Leben vernommen und seinen Aufshyruf zum Aufbruch

Der strukturellen Suumlnde der Unshyterdruumlckung von Frauen in der Kirshyche kann nicht mit EinzeImaszlignahshymen begegnet werden so richtig unerlaumlszliglich und angezeigt diese auch sind Ein neues Sehen Houmlren und Denken ist notwendig Solshy

ches Denken kann nur erworben werden durch die Anstrengungen von Frauen und Maumlnnern Nur sie zusammen koumlnnen aufarbeiten was beide beteiligten Gruppen an Wut Angst und Resignation belashystet Nur sie zusammen koumlnnen zu einem Dialog finden der beide beshyfreit und heilt und beide zu einem Leben im Sinne des Evangeliums fahrt Doch wie soll dieser Dialog gehen wie sind die Schritte die dorthin fuumlhren Sicher sind es fuumlr viele zunaumlchst getrennte Schritte Viele Frauen wollen und koumlnnen zunaumlchst nur alleine in der Geshymeinschaft gleich Betroffener ihre Geschichten erzaumlhlen ihre Verletshyzungen beklagen und betrauernmiddot Nur hier finden sie jenes Zuhoumlren das im Verstehen und Nachvollzieshyhen Solidaritaumlt wachsen laumlszligt Erst nach einer solchen Aussprache sehen sie auch jene neu die mit ihshynen in der Kirche leben - andere Frauen und Maumlnner Solche Anfaumlnshyge brauchen Unterstuumltzung und Zuspruch Frauen haben gelernt daszlig Taten und nicht Absichtsershyklaumlrungen notwendig sind eine neue Auslegung der Bibel insbeshysondere der SChoumlpfungsgeschichshyte das Ernstnehmen feministishyscher Theologie die Uumlberwindung sexistischer Sprache und patriarshychaler Sicht in liturgischen Buumlshychern Leseordnungen und kirchlishychen Verlautbarungen die Abshyschaffung der Diskriminierung von Frauen durch Recht und Verwalshytung die Schaffung von frauenshyund familienfreundlichen Arbeitsshy

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plaumltzen die Gleichbehandlung von Frauen bezuumlglich ihrer Aufstiegsshymoumlglichkeiten in kirchlichen Instishytutionen die Beteiligung von Fraushyen an allen Arbeiten und Diensten in den Gemeinden verstaumlrkte Solishydaritaumlt mit Frauen in belasteten Lebensverhaumlltnissen die Arbeit an einem neuen Frauenbild das endshylich zeigt daszlig es die Frau nicht gibt sondern nur Frauen jede auf ihre unverwechselbare und einmashylige Weise Gottes Bild Frauen wollen daszlig die Anstrengungen der Kirche auch auf fundamentale Aussagen zielen Sie wollen die Beendigung der Daumlmonisierung von Sexualitaumlt Eros und Fruchtshybarkeit die freie Entscheidungsshymoumlglichkeit uumlber die Gestaltung ihrer Familienform die Beendishygung der Glorifizierung sowohl der Jungfraumlulichkeit als auch der Mutshyterschaft die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Maumlnnern am Amt der Kirche nicht mehr Subordination sondern Ordinashytion

Frauen wissen mit untruumlglicher Sicherheit daszlig diese Fragen an ihre Kirche nicht laumlnger verdraumlngt werden und unbeantwortet bleishyben duumlrfen Sie spuumlren das Leben

AKTION GEGEN HUNGER UND KRANKHEIT IN DER WELT

5pendenkonto 556-505 Postgiro Koumlln

das hinter ihren kraftvollen und draumlngenden Anfragen steht Sie wissen um die Gefaumlhrdung der Universalitaumlt der Kirche wenn der Dialog zwischen Frauen und Maumlnshynern nicht gelingt wenn das alte Verhaumlltnis zwischen Herrschenshyden und Beherrschten nicht aufgeshybrochen wird Sie wissen aber auch daszlig genau an dieser Bruchshystelle der Samen des Evangeliums Platz finden wird der aufgehen wird als Geschenk des Frauen und Maumlnner befluumlgelnden Heiligen Geistes

Der gesamte Text Dialog statt Dialogverweigerung - wie in der Kirche miteinander umgehen Ist zu erhalten bei Zentralkomitee der Deutschen Katholiken Hochkreushyzallee 246 5300 Bonn 2

(aus Mann in der Kirche Febr1992)

Uumlber Bildung und Religion Einem Suchenden

Der Herrgott hat dir reiche Gashyben des Verstandes des Gemuumltes und einen gesunden unverbildeshyten Leib geschenkt Diese Gnade ist nur durch ein erfuumllltes Leben zu rechtfertigen Gesund an Leib und Seele zu sein und die ganze Vielshyfalt des menschlichen Geistes in sich aufnehmen zu dOrfen und doch - je laumlnger je mehr - die

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Weisheit jenes griechischen Philoshysophen zu erfahren der da beshykannte Ich weiszlig daszlig ich nichts weiszlig das ist wahrhaftig eine Gnade der man nur durch die Tat wuumlrdig werden kann

Es gibt so viele Menschen die tun sich etwas auf ihre sogenannshyte Bildung zugute Wie arm sind sie doch dran Sie haben nie beshymerkt daszlig der Grund aller echten Bildung die Bescheidenheit ist das Wissen darum wie sehr unser Weg von dem bestimmt wird was in uns angelegt ist Denn wahre Bildung ist ja nicht nach Examen meszligbar und seien sie alle sumshyma cum laude bestanden Der Eingebildete weiszlig nichts von der Kraft des Herzens die dem Geist verschwistert ist Geistesbildung solchermaszligen gekraumlftigt aber lobe ich mir und ich wuumlnsche dir einen rechten Hunger danach

Wenn ich mich nicht in dir taumlushysche beseelt dich der Drang den Dingen auf den Grund zu gehen dich nicht mit oberflaumlchlichen Ershyklaumlrungen zufrieden zu geben Recht so Laszlig dich nicht vertroumlshysten Forsche selbst suche nach der Wahrheit Es ist ein eigen Ding um dieses Suchen Du wirst es noch erfahren daszlig der Mensch der nicht vorzeitig abstumpft und in Selbstgenuumlgsamkeit versinkt sein Leben lang auf der Suche nach dieser Wahrheit bleiben muszlig Immer wieder werden sich ihm neue Raumltsel auftun immer wunshyderbarer wird ihm die Welt erscheishynen immer geringer das was er

wirklich von ihr weiszlig Immer beshyscheidener wird er werden vor Gott Denn am Ende wird der Raum fuumlr ihn weiter und leuchtenshyder werden der Raum der mit dem Willen nicht zu zwingen mit dem Verstande nicht zu fassen ist - Er ist die Welt des Glaubens die Relishygion

Hans Bahrs

KINDERshyFREUNDLICHE

GESELLSCHAFT

Auftrag 201 45

EUROPA

Europa hat Geschichte

Europa - gemessen am geshyographischen Umfang ist es mit 1001 Millionen Quadratkilometern der zweitkleinste Erdteil Gemesshysen an der Zahl seiner Bewohner ist Europa - nach Asien - der zweitgroumlszligte aller Erdteile 645 Milshylionen Menschen bewohnen diese reich gegliederte westliche Halbshyinsel der riesigen Festlandmasse Asiens Und weil Europa eigentlich nur ein Anhaumlngsel Asiens ist spricht man gelegentlich von Eushyroasien Gemeint ist damit das gesamte Festland von der fernoumlstshylichen Pazifik-KOste bis zum Atlanshytik in Portugal

Aus geographischer Sicht mag das auch stimmen Aber die Menshyschen die in diesem westlichen Teil des Riesenerdteils Eurasien leben haben ihre eigene ja ihre urshyeigene Geschichte

Europa - sagenhaft

Was den Namen Europa beshytrifft so spielt dabei die griechishysche Insel Kreta eine wesentliche Rolle In der griechische Sagenshywelt war Zeus der Vater aller Goumltshyter und Menschen In der Gestalt eines Stieres raubte er Europe die Tochter des Koumlnigs Agenor und trug sie auf seinem Ruumlcken nach

Kreta Dort stand er ploumltzlich als schoumlner JOngling vor ihr Einer ihshyrer Soumlhne heiszlig Minos Er war Koumlshy

nig von Kreta und seiner Mutter Europe wurden auf der MitteImeershyinsel goumlttliche Ehren zuteil Nach ihr wurde schlieszliglich der Erdteil Europa genannt

Europaumlische Geschichte in acht Minuten

In der Tat wurzelt die europaumlishysche Kultur weitgehend im griechishyschen und spaumlter roumlmischen Leshybensbereich Die Urspruumlnge gehen also bis in das 2 Jahrtausend vor Christi Geburt zuruumlck

Bis in das 5 Jahrhundert nach Christi Geburt war das Roumlmische Reich Traumlger dieser griechisch-roumlshymischen Kultur und in der Zeit der Voumllkerwanderung uumlbernahmen germanische Staumlmmme im Weshysten Europas die Vorherrschaft waumlhrend im Osten das Byzantinishysche Reich entstand

Mit der Gruumlndung des Fraumlnkishyschen Reiches verlagerte sich der politische Schwerpunkt aus dem Mittelmeerraum in den Norden Hier verschmolzen die Reste der antiken Kultur mit den germashynisch-christlichen Vorstellungen zur abendlaumlndischen Kulturr Im Fraumlnkischen Reich kam es zu eishynem Ausgleich der romanischen und germanischen Bevoumllkerungsshyteile und seine politischen Einshyrichtungen wurden zur gemeinsashy

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men Grundlage fast aller abendshylaumlndischen Staaten

Diese kulturelle Einheit Europas kam im 14115 Jahrhundert mit der Ausbreitung des tuumlrkischen Osmashynen-Reiches ins Wanken Der Abshywehrkampf gegen die Tuumlrken wurshyde zur Angelegenheit der gesamtshyen Christenheit der sich auch das Russische Reich in Moskau anshyschloszlig so daszlig auch Ruszligland seit Peter dem Groszligen Anschluszlig an das europaumlische Staatensystem gewann

Die europaumlischen Groszligmaumlchte

Die spanischen Eroberungskrieshyge in der Neuen Welt im 16 Jahrshyhundert und die Einbuszlige der habsshyburg ischen Vormachtstellung im 18 Jahrhundert lieszligen Frankreich schlieszliglich zur Groszligmacht wershyden Ludwig XIV der Sonnenkoumlshynig ist wohl der bekannteste Reshygent dieser Zeit Sein Prachtshyschloszlig in Versailles zeugt noch heute von der damaligen Macht des franzoumlsischen Koumlnigreichs

Die Beschraumlnkung der Habsburshyger auf ihre Hausmacht in Wien lieszlig Oumlsterreich neben Frankreich zu einer weiteren Groszligmacht in Europa werden Und das Interesshysengeflecht in Europa wurde noch dichter als im 18 Jahrhundert Preuszligen den Kreis der wie wir heute sagen worden Supermaumlchshyte erweiterte Vor allem Friedrich der Groszlige hat Preuszligen maumlchtig werden lassen

Inzwischen hatte Groszligbritanshynien die spanische Kolonialmacht

abgeloumlst und in London war man darauf bedacht auf dem Kontishynent das politische Gleichgewicht zu halten Das heiszligt die britische Krone foumlrderte Preuszligen um das Uumlbergewicht Frankreichs zu bremshysen

Gegen Ende des 18 Jahrhunshyderts schuf die Franzoumlsische Reshyvolution die ersten Voraussetzunshygen fuumlr die demokratischen Strukshyturen unserer modernen Staaten der Gegenwart So hat die Verfasshysung der Vereinigten Staaten von Amerika wesentliche Ideen der Franzoumlsischen Revolution (Freishyheit Gleichheit Bruumlderlichkeit) uumlbernommen

Aber der Kampf um die Vorshymachtstellung in Europa ging weishyter Mit der Absicht das kontinenshytale Europa nach dem Vorbild Karls des GroBen unter franzoumlsishyscher Vorherrschaft zu einigen ershyoberte Napoleon I fast ganz Zenshytraleuropa und machte es bis auf die Randgebiete zu denen vor alshylem Groszligbritannien als Hauptwishydersacher Napoleons gehoumlrte von sich abhaumlngig

Nach der Niederlage Napoleons gewann das russische Zarenreich vor allem im suumldoumlstlichen Europa starken Einfluszlig der im sogenannshyten Krimkrieg (1853-1856) durch Frankreich und Groszligbritannien zushyrOckgedraumlngt wurde

Der Beginn der Nationalstaaten

Gegen Ende des 19 Jahrhunshyderts gewann die Idee des Natioshy

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nalstaates immer breiteren Raum Im Suumldosten wurde sie vom Vorshydringen des russischen Panslawisshymus gefoumlrdert und in Mitteleuropa bekam sie 1871 ihr Gewicht durch die Gruumlndung des Deutschen Reishyches durch Otto von Bismarck

Zwar konnte der Friede nach dem deutsch-franzoumlsischen Krieg 1870 -1871 Ober gut 40 Jahre ershyhalten bleiben aber es war nicht zuletzt chauvinistischer Nationashylismus der 1914 zum Ersten Weltshykrieg fOhrte Dieser erste Weltkrieg hatte fuumlr Europa weitreichende hishystorische Konsequenzen Er beenshydete nach uumlber 3000 Jahren die Vormachtstellung Europas in der Welt

Das Ende europaumlischer Vormachtstellung

Welcher bedeutende Einschnitt in der Geschichte Europas sich zu Beginn unseres Jahrhunderts ershyeignete das kann man erst richtig und voll erfassen wenn man daran denkt daszlig dieser Erdteil Ober drei Jahrtausende die Weltgeschichte entscheidend bestimmt hat Und nun gibt es ploumltzlich andere Regioshynen dieser Erde die in der Lage sind die Geschicke unserer Welt maszliggebend zu gestalten

Als am 6 April 1917 die Vereinigshyten Staaten von Amerika dem Deutschen Reich den Krieg erklaumlrshyten trat damit erstmals eine auszligereuropaumlische Macht in Euroshypa auf Den USA schlossen sich die meisten mittel- und suumldamerishy

kanischen Staaten an und im Aushygust 1917 folgte schlieszliglich auch noch China Der Krieg hatte weltshyweiten Umfang angenommen Im gleichen Jahr traten nach der Nieshyderlage des russischen Zarenreishyches die Bolschewiki hervor und damit erschienen die beiden Maumlchte naumlmlich die USA und die Sowjetunion fast gleichzeitig auf dem europaumlischen Feld Ihnen sollte aus der Schwaumlchung Euroshypas dreiszligig Jahre spaumlter eine entshyscheidende Rolle auf diesem Konshytinent zufallen

Der Zweite Weltkrieg der durch Hitlers ungehemmte Gewaltpolitik ausgeloumlst wurde verschaumlrfte dieshyse Sitution noch Die Sowjetunion nach dem Ersten Weltkrieg noch zuruumlckgedraumlngt stieszlig nun bis Mitshyteleuropa vor und steigerte zushygleich ihren Einfluszlig in Asien Die Vereinigten Staaten von Amerika wurden nach dem offen ausgebroshychenen Gegensatz zwischen Ost und West zur Schutzmacht Westshyeuropas Seide Maumlchte die USA und die Sowjetunion traten als die beherrschenden Weltmaumlchte hershyvor und die europaumlischen Staaten durch die Opfer und Verluste des Krieges schwer getroffen waren zu selbstaumlndiger Politik kaum imshystande Hatte schon der Krieg von 191418 einen Machtverlust fuumlr Eushyropa gebracht so wurden die Staashyten Europas nun nach dem Zweishyten Weltkrieg zum politischen Feld der Weltmaumlchte deren Einfluszligbeshyreiche diesen Kontinent in seiner Mitte durchschneiden In seiner

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Mitte Das heiszligt mitten durch Deutschland

Aus der Sicht der kommunistishyschen Fuumlhrung der Sowjetunion nutzte Moskau die Chance die mittel- und sOdosteuropaumlischen Gebiete die der Sowjetunion durch die Ereignisse des Krieges zugefallen waren seinem Einfluszlig zu erhalten Mehr und mehr loumlste sich die Sowjetunion von ihren Kriegsverbuumlndeten und schloszlig dashymit auch ihre Besatzungszone von dem uumlbrigen Deutschland ab Es kam zur staatlichen Teilung Deutschlands und die Unmoumlglichshykeit der Verstaumlndigung zwischen Kommunismus und freiheitlicher Demokratie fuumlhrte zum Ost-Westshykonflikt Mit dem Beginn des Abshybaus des Eisernen Vorhangs des Symbols der Teilung Europas im Jahr 1989 zeichnet sich nun auch das Ende des Ost-West-Konshyflikts ab

Deutschland das geographische Zentrum Europas

3000 Jahre europaumlischer Geshyseichte das sind 3000 Jahre kulshytureller Bluumlte und Perioden voller Lebensqualitaumlt Das sind aber auch Jahrhunderte voller Unruhe gekennezeichnet durch immer wieshyderkehrende Kaumlmpfe um Vorshymachtstellungen Seien es die Unshyterwerfungskriege der Roumlmer geshygen die Gallier und Germanen oder seien es die Glaubenskriege des 17 Jahrhunderts oder die Beshyfreiungskriege des beginnenden

19 Jahrhunderts gegen Napoleon ganz zu schweigen von den bei den verheerenden Weltkriegen unseres Jahrhunderts

Deutschland das Zentrum Euroshypas war fast immer betroffen wenn es um gewaltsame Auseinshyandersetzungen ging Doch ist das so verwunderlich wenn man beshydenkt daszlig dieses Deutschland im Zentrum Europas liegt In der Tat ist es der geographische Mittelshypunkt eines Erdteils der von so vielen Voumllkerstaumlmmen bewohnt wird Eines Erdteils in dem allein an die 70 Sprachen gesprochen werden Schon immer gingen durch dieses Land alle wichtigen Handelswege Aber - und auch das muszlig erwaumlhnt werden - alle wichtigen Heerstraszligen fOhrten ebenfalls durch dieses zentraleushyropaumlische Gebiet

Wo liegen die Gruumlnde dafuumlr daszlig aus diesem Europa eine Oase des Friedens geworden ist Liegt es daran daszlig sich die Zentren der Weltpolitik verschoben haben Daszlig Europa heute nicht mehr die Rolle spielt wie in den Jahrhunshyderten zuvor Oder liegt es vielshyleicht daran daszlig die Politiker aus dem grauenhaften Zweiten Weltshykrieg endlich gelernt haben die richtigen Konsequenzen zu zieshyhen

Es gibt viele Gruumlnde dafuumlr daszlig in diesem Europa obwohl es noch manche Probleme gibt shyheute Frieden herrscht Nicht zushyletzt ist dies der Tatsache zu vershydanken daszlig es internationale lnshy

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stitutionen gibt in die die europaumlishyschen Staaten eingebunden sind Da ist z B das westliche Verteidishygungsbuumlndnis die NATO und da ist z B auch die Europaumlische Geshymeinschaft - kurz die EG

(aus Europa wird eins des Presshyse- und Informationsamtes der Bundesregierung)

Europa shyZu seinen geistigen und ethischen Grundlagen

Wenn wir uns mit den geistigen und ethischen Grundlagen Euroshypas befassen so wird unsere Aufshymerksamkeit zunaumlchst auf die Vershygangenheit gelenkt Woher stamshymen diese Grundlagen Europas Welches sind besonders wichtige Elemente europaumlischer Kultur und politischer Zivilisation Wenn dann am Schluszlig auch Ober die Rolshyle der Christen beim Aufbau Euroshypas zu sprechen sein wird lenken wir den Blick auf die Gegenwart und in die Zukunft verbunden mit einem Appell Denn nach wie vor ist die Substanz der europaumlischen Kultur und der europaumlischen pOlitishyschen Zivilisation christlich und deshalb sind die Christen berufen dies im politischen Alltag zur Gelshytung zu bringen es der Oumlffentlichshykeit neu verstaumlndlich zu machen und es zur Bewaumlltigung der noch bevorstehenden Aufgaben zu aktishyvieren

Zwischen europaumlischer Kultur und europaumlischer politischer Zivilishysation - wie eben geschehen shyzu unterscheiden das weicht von der verbreiteten Gewohnheit ab auch in bezug auf Staat und Politik von Kultur also von politischer Kultur zu sprechen Es ist jedoch geboten 10r den Begriff Zivilisashytion zu werben Er ist erstens dem Bereich von Staat und Politik geshymaumlszliger was schon die Herkunft des Wortes von civis und civishytas zeigt Zweitens hat Zivilisashytion bei uns Deutschen uumlber Geshynerationen als etwas Minderwertishyges gegolten Die Westeuropaumler hatten in unseren Augen nur Zishyvilisation wir Deutsche dagegen hatten etwas viel Houmlherwertiges naumlmlich Kultur Das war eine Verirshyrung die - um es ironisch auszushydruumlcken - nicht gerade fuumlr unsere politische Kultur sprach So vershydient der Begriff politische Zivilishysation eine ausdruumlckliche Rehashybilitierung Es lohnt sich seinen guten Sinn zu bedenken

Politische Einigung und christlishyches Erbe Europas

Warum eigentlich betreiben die Europaumler die pOlitische Einigung Europas Sachlich zutreffend und durchaus einleuchtend ist die Beshygruumlndung die gegenwaumlrtig im Vorshydergrund steht Vieles was in den letzten Jahrzehnten technisch moumlglich und wirtschaftlich noumltig geworden ist laumlszligt sich nicht mehr mit den Kraumlften des einzelnen Nashy

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tionalstaates und innerhalb seiner Grenzen verwirklichen Die Erforshydernisse der Luftfahrt und Raumshyfahrt z B die Versorgung der Beshyvoumllkerung auf dem nun einmal ershyreichten Anspruchsniveau eine ershyfolgversprechende Unterstuumltzung der Dritten Welt die Pflege der Umwelt das alles ist nur noch im Zusammenwirken der Staaten also im uumlbernationalen Rahmen zu bewaumlltigen

Blicken wir aber auch zuruumlck um zu sehen warum nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges die politische Einigung als notwendig erkannt und in begeisterter Aufshybruchsstimmung in Angriff geshynommen wurde Auch damals spielten die Erfordernisse der inshydustriellen Produktion und der Wirtschaft eine groszlige Rolle Die ershysten Schritte des Einigungswerkes wurden getan weil wir zur Uumlbershywindung der Not zur Beseitigung der Kriegsschaumlden zum Wiedershyaufbau der Staaten und Voumllker geshymeinsam ans Werk gehen muszligten Aber der fuumlr die Menschen uumlbershyzeugendste Grund war die Sorge vor einer erneuten Bedrohung der geistigen und politischen Freiheit Es war ihr Wille dieses gemeinsashyme nach dem Zusammenbruch der nationalsozialistischen Desposhytie wiedererlangte Gut gemeinsam zu sichern und zu verteidigen

Das gemeinsame und Gemeinshysamkeit stiftende kostbare Erbe der europaumlischen Voumllker die geistige Kultur und die politische Zivilisation Europas ist aber christshy

lichen Ursprungs und bis zum heushytigen Tag von christlicher Subshystanz Wir vergessen nicht das Erbe der Antike Doch hat das Chrishystentum dem so entscheidend Neues hinzugefuumlgt daszlig der Antishyke - historisch gesehen - eine hinfuumlhrende gewissermaszligen adshyventliche Bedeutung zugeschrieshyben werden muszlig Auszligerdem war ihre vielfaumlltige spaumltere Wirkung stets christlich vermittelt

Ganz in diesem Sinne schrieb der Erzbischof von Luxemburg und Praumlsident der Kommission der Bishyschofskonferenzen der Europaumlishyschen Gemeinschaft Jean Henshygen Die Kirche hat morgen wie gestern und heute die Aufgabe an die menschlichen und christlichen Werte die Fruumlchte griechischen Denkens roumlmischen Rechts und juumldischer Froumlmmigkeit zu erinshynern Diese drei Stroumlmungen hat die Kirche im Lichte des Evangeshyliums zu einem einzigen vereinishygen koumlnnen 1)

Die neuzeitliche Idee der Freiheit Ist christlichen Ursprungs

Christlichen Ursprungs ist vor allem die Freiheit wie wir sie heushyte verstehen Freiheit bedeutete in der Antike die Freiheit des Buumlrgers unter bzw gegenuumlber seinesgleishychen Der griechische Stadtstaat war das Gemeinwesen der Freien und Gleichen So war der Buumlrger frei gegenuumlber den einzelnen anshyderen Nicht frei war er dagegen gegenuumlber dem Herkommen der

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Sitte der Gewohnheit der Gesellshyschaft Das griechische Wort fuumlr Sitte Gewohnheit ist Ethos (woshyvon unser Wort Ethik sich ableishytet) Das Tun und Lassen des einshyzelnen war ethisch richtig wenn es dem Ethos der Gesellschaft entsprach Umgekehrt galt Was dem Ethos der Gesellschaft nicht entsprach war ethisch nicht richshytig Gewiszlig auch die Antike kannte schon die Person-Qualitaumlt des Menschen und das Gewissen als moralische Instanz man denke nur an Sokrates Aber dominierenshyder Maszligstab des rechten Verhalshytens des einzelnen waren Herkomshymen und Sitte der Gesellschaft Hans-Georg Gadamer hat das einshymal treffend formuliert Ethos habe bedeutet fraglos in der Einshydeutigkeit von Kult und Sitte aufshygehoben sein2)

Eine neue Art von Freiheit ist durch das Christentum in die Welt gekommen es ist Freiheit wie wir sie verstehen Nach christlichem Glauben naumlmlich muszlig sich jeder einzelne Mensch fOr sein Tun und Lassen im Juumlngsten Gericht vershyantworten als Person vor dem pershysoumlnlichen Gott Damit ist dieser einzelne prinzipiell vom Ethos der Gesellschaft freigestellt denn letztlich maszliggebliche Instanz ist jetzt der persoumlnliche Gott Die im Hinblick auf ihn gebotene Entshyscheidung kann fordern dem Hershykommen der Sitte der Gesellshyschaft gerade nicht zu folgen sich gegen deren Ethos zu entscheishyden Das ist der Ursprung der inshy

nerweltlichen Autonomie der indishyviduellen Person Es ist wichtig sich bewuszligt zu machen daszlig es die neue theonome Orientierung der Ethik war also ihre Orientierung an Gott die die innerweltliche Autonomie hervorgebracht hat shyund sie legitimiertl Weil der Mensch sich unmittelbar an Willen und Gebot Gottes orientiert ist er prinzipiell frei gegenuumlber der Geshysellschaft Ihr aber meine Bruumlder seid zur Freiheit berufen (Ga 513) Hegel bezeichnet das Christentum als Religion der Freishyheit3) Die Griechen und Roumlmer Platon und Aristoteles auch die Stoiker haben sie (die Idee der Freiheit) nicht gehabt Diese Idee ist durch das Christentum in die Welt gekommen4) Die Weltgeshyschichte sei seitdem Fortschritt im Bewuszligtsein der Freiheit5)

Aus der Herkunft dieser neuen Freiheit folgt daszlig der Mensch seishynem Wesen nach frei ist weil er Person ist Insofern ist er letztlich frei auch wenn er in unfreien Vershyhaumlltnissen leben muszlig Zwar ist es geboten die Freiheit auch in Geshysellschaft und Staat durchzusetshyzen also ein freies Leben zu ershymoumlglichen Nicht aber muszlig der Mensch erst befreit werden durch eine revolutionaumlre Veraumlndeshyrung der gesellschaftlichen Vershyhaumlltnisse

Freiheit als innerweltliche Autoshynomie der individuellen Person beshydeutet auch Faumlhigkeit und Berushyfung zur Selbstbestimmung Sie ist zunaumlchst Moralitaumlt im Sinne

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des Rechts als ethisch guumlltig nur anzuerkennen was man durch eishygene Anstrengung des Geistes und Gewissens als gut einsieht Sie ist sodann auch die Kompeshytenz sich auf eigene Faust uumlber den Sinn des Lebens und der Welt zu orientieren und daruumlber zu eigeshynen Uumlberzeugungen zu gelangen Das fuumlhrte unvermeidlicherweise dazu daszlig sich die Vielfalt untershyschiedlicher Auffassungen des Glaubensinhaltes ausbildete mitshyhin der gemeinsame Glaube sich in verschiedene Konfessionen zershyteilte

Ein anderer charakteristischer Tatbestand der Geschichte des christlichen Europas war die Saumlkushylarisierung auch sie war unvershymeidlich Man koumlnnte die Ursache als Paradoxon formulieren Die Saumlkularisierung des Christentums war Folge seiner Saumlkularisierung Damit soll gesagt sein In dem Maszlige in dem der christliche Glaushybe in die Gestaltung der Dinge der Welt einging geriet das christlishyche Denken seinerseits unter den Einfluszlig des Weltlichen Wir kenshynen eine derartige Wechselwirshykung schon aus der urchristlichen Zeit Die christliche Verkuumlndigung nahm im Zuge der Missionierung der griechischen Welt Elemente griechischen Denkens in sich auf Dabei war die Assimilierung so vollkommen daszlig wir Heutigen uns gar nicht mehr bewuszligt sind wieshyviel Griechisches sich im Wortlaut des Neuen Testaments findet Im Bereich von Staat und Politik war

mit der Freiheit der individuellen Selbstbestimmung die Raumltseltrashyge der europaumlischen Staatstheorie und Staatspraxis gestellt Wie kann die wesentliche Aufgabe des Staates die Stiftung und Gewaumlhrshyleistung des innergesellschaftlishychen Friedens geloumlst werden wenn einerseits der Buumlrger als Pershyson die Faumlhigkeit und den Anshyspruch hat sich uumlber den Sinn des Lebens und der Welt seine eigene Uumlberzeugung zu schaffen anderershyseits aber der innergesellschaftlishyche Friede eine fuumlr alle Buumlrger vershybindliche gemeinsame Sinnorienshytierung zur Voraussetzung hat Des Raumltsels Loumlsung ist daszlig der neuzeitliche Verfassungsstaat nur den einen Wert fuumlr absolut vershybindlich erklaumlrt der seinerseits den Anspruch auf Freiheit der indishyviduellen Selbstbestimmung Obershyhaupt erst begruumlndet das PersonshySein in unserem Grundgesetz als Achtung der Menschenwuumlrde und als Recht auf freie Entfaltung der Persoumlnlichkeit niedergelegt Dieshyser unbedingten VerpfliChtung auf das Prinzip Person als Dreh- und Angelpunkt der staatlichen Ordshynung und des oumlffentlichen Lebens kann sich kein Buumlrger unter Berushyfung auf seine Freiheit zur Selbstshybestimmung verweigern weil dieshyse ja in seiner eigenen personalen Natur wurzelt

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Der sittliche Sinn der weltanshyschaulichen Neutralitaumlt des Staashytes

Wenn ein Staat seiner Ordnung das Prinzip Person zugrunde geshylegt hat ist er nicht wertneutral Vielmehr verpflichtet er sich selbst und seine BOrger auf alle Werte und Wertungen die sich mit Notshywendigkeit und unmittelbar aus der personalen Natur des Menshyschen begrOnden Aber eben desshyhalb muszlig er weltanschaulich neushytral sein weil es zu der der Person geschuldeten Achtung gehoumlrt ihr auch die Freiheit zur selbstbestimshymenden Sinnorientierung zuzuershykennen So ist die weltanschaulishyche Neutralitaumlt des neuzeitlichen Verfassungsstaates sowohl Folge als auch Voraussetzung seiner spezifischen Wertorientierung

Historisch war die weltanschaushyliche Neutralitaumlt des Staates Vorshyaussetzung fOr die Uumlberwindung der konfessionellen BOrgerkriege Sie ermoumlglichte trotz der Feindshyschaft zwischen den Konfessioshynen den innergesellschaftlichen Frieden indem sie die GOltigkeit der staatlichen Ordnung und die Loyalitaumlt der Buumlrger unabhaumlngig von Fragen machte uumlber die es geshygensaumltzl iche Wahrheitsoberzeushygungen gab Allerdings war auch damit ein wichtiger Schritt auf dem Wege der Saumlkularisierung geshytan Doch aus heutiger Sicht steishylen wir fest daszlig gerade der weltanshyschaulich neutrale (aber nicht wertneutrale) Staat dem christlishy

ehen Glauben in besonderer Weishyse entspricht weil er die Freiheit des Buumlrgers unmittelbar zu Gott gewaumlhrleistet Dagegen ist der inshytegral-christliche Staat dem christshylichen Glauben nicht gemaumlszlig Denn erstens kann er die freie Entscheishydung gegen den Glauben (welche Voraussetzung der freien Entshyscheidung dafOr ist) aus GrOnden der Staatsraison nicht dulden und zweitens lehrt die Erfahrung daszlig das Christentum wenn man es zur Zivilreligion macht zur Ideologie verkommt Uumlbrigens Wenn heute weitgehend Frieden zwischen den Konfessionen herrscht so hat das sicher seinen Grund auch darin daszlig wir gelernt haben den andeshyren in seiner Uumlberzeugung ernst zu nehmen

Die Bedeutung der Aufklaumlrung

Es ist eine historische Auszeichshynung unserer Zeit daszlig begriffen ist daszlig der weltanschaulich neushytrale Staat und der christliche Glaube einander nicht ausschlieshyszligen sondern foumlrdern Wie ist es dann aber zu erklaumlren daszlig sie einshyander lange Zeit als Gegner vershystanden Weit verbreitet ist die Vorstellung der neuzeitliche Staat sei ein Werk der Aufklaumlrung und dies sei der Grund der Gegnershyschaft gewesen Dies ist jedoch zu bezweifeln weil erstens der neushyzeitliche Staat nicht erst in der Zeit der Aufklaumlrung entwickelt wurde und weil zweitens Aufklaumlrung shyrecht verstanden - nichts Unshy

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christliches ist Das Prinzip des freiheitlichen Staates ist von christlicher Herkunft und Subshystanz sein Konzept wurde laumlngst vor der Aufklaumlrung gefunden und seine klassische Theorie betrachshytete es noch als selbstverstaumlndshylich daszlig der Souveraumln den Geboshyten Gottes unterworfen sei Bei Bodin war der Souveraumln zwar nicht an die eigenen Gesetze wohl aber an das von Gott stammende Recht gebunden und Hobbes verpflichshytete noch jeden Buumlrger auf das Beshykenntnis Jesus is the Christ Aufklaumlrung aber ist die klare Einshysicht uumlber die Wirklichkeit der von Gott geschaffenen Welt und sie ist Muumlndigkeit in dem Sinn daszlig der Mensch von seiner Faumlhigkeit zur Selbstbestimmung Gebrauch macht und seiner Pflicht zur Selbstveranwortung genuumlgt

So kann man in der Aufklaumlrung den Grund der Religions- und Kirshychenfeindlichkeit nicht sehen wohl aber im Rationalismus also jener reduzierten und entstellten Auffassung von Vernunft die meinte Glauben und Transzenshydenzerfahrung als vernunftwidrig verwerfen zu muumlssen Dieser Rashytionalismus ging zwar mit der Aufshyklaumlrung einher ist aber keinesshywegs notwendig mit ihr verbunshyden Heute ist dieser beschraumlnkte Rationalismus zumindest aus der ernst zu nehmenden Diskussion verschwunden

Der Durchgang durch die Aufshyklaumlrung hat den christlichen Glaushyben nicht widerlegt sondern reifer

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werden lassen Auszligerdem hat sich die christliche Freiheit gewissershymaszligen im Modus der Aufklaumlrung als Prinzip der Gestaltung der Welt durchgesetzt wenn auch auf vershyworrenen Wegen Wer das Vershydienst der Aufklaumlrung nicht wahrshyhaben wollte muumlszligte dem erreichshyten Stand geistiger Kultur und poshylitischer Zivilisation eine Absage erteilen Das Gegenteil ist aber geshyboten Wir muumlssen die christliche Substanz dieser Kultur und Zivilishysation neu beleben um uns deren Errungenschaft zu erhalten ohne ihren Gefahren zu erliegen - Eleshymente dieser aus christlicher Subshystanz entfalteten europaumlischen Kultur und Zivilisation sind vor alshylem Gerechtigkeit Solidaritaumlt und Subsidiaritaumlt

Gerechtigkeit

Zur Gerechtigkeit bekennen sich unsere beiden groszligen Volksshyparteien in ihren Grundsatzproshygrammen gleichermaszligen Doch was dann Ober die Gerechtigkeit zu lesen ist laumluft auf ein Lob der Gleichheit hinaus Jedenfalls fehlt eine einigermaszligen zureichende Aussage was unter Gerechtigshykeit zu verstehen ist Das mag daran liegen daszlig es nicht leicht ist zu bestimmen was Gerechtigshykeit ist vielleicht aber mangelt es unserer Zeit auch an Verstaumlndnis tuumlr Gerechtigkeit

Gleich sind alle Menschen vor Gott gleich sind sie in ihrem Pershyson-Sein und - davon abgeleishy

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tet - auch vor dem Gesetz Im uumlbshyrigen jedoch will keiner mit den anshyderen gleich sein sondern jedershymann legt Wert darauf anders zu sein als die anderen Gleich wolshylen die Menschen immer nur in bezug auf etwas sein und zwar auf etwas Gutes gleich wohlhashybend gleich gesund gleich geshyschaumltzt von anderen etc Wo das aber der Fall ist wollen sie keinesshyfalls gleich bleiben sondern sie streben danach die anderen zu uumlbertreffen Also begruumlndet das Person-Sein einerseits den Anshyspruch auf Gleichbehandlung vershybittet sich andererseits aber (und verbietet) Gleichmacherei Alle Personen erheben und haben gleishychen Anspruch daszlig man jeder in ihrer Besonderheit gerecht wird

Das zu leisten ist Sache der Geshyrechtigkeit Zugang zu ihrem Vershystaumlndnis eroumlffnet das Symbol der Justitia die Waage Auch bei ihr ist Gleichheit im Spiel naumlmlich der Gleichstand der beiden Waagshyschalen Jedoch geht es hier nicht um ein Vergleichen zweier Persoshynen in bezug auf eine Groumlszlige (gleich wohlhabend gleich angeshysehen) sondern um den Ausgleich zwischen zwei Groumlszligen in bezug auf eine Person Die Waagschalen sollen im Gleichstand sein z B zwischen Leistung und Lohn (geshyrechter Lohn) oder Schuld und Strafe (gerechte Strafe) oder Vershydienste und Fehler (gerechte Beurshyteilung) oder Lasten und Unterstuumltshyzung (gerechte Behandlung) Der Sinn von Gerechtigkeit besteht

also darin jedermann und jedem Fall in seiner Besonderheit geshyrecht zu werden Mithin setzt Geshyrechtigkeit Verschiedenheit vorshyaus Knuumlpfen wir daran die Frage an warum unsere Zeit sich mit der Gerechtigkeit schwer tut und desshyhalb dazu neigt sie auf Gleichheit zu verkuumlrzen so koumlnnte vielleicht folgendes der Grund sein Bei der Gleichheit ist das in bezug worauf sie gegeben ist identisch mit dem Maszligstab nach dem sie beurteilt wird Vergleicht man also z B zwei Tuumlrme in bezug auf ihre Houmlhe so ist Houmlhe auch der Maszligstab nach dem wir gegebenenfalls festshystellen daszlig sie gleich hoch sind

Das kann jedermann fuumlr sich alshylein feststellen Bei der Gerechtigshykeit dagegen bedarf es eines allgeshymein anerkannten und allgemeinshyverbindlichen Maszligstabes nach dem zwei unterschiedliche Groumlszligen wie z B Leistung und Lohn in ein richtiges Verhaumlltnis zueinander gesetzt werden damit die beiden Waagschalen in den Gleichstand kommen Gerechtigkeit hat also etwas mit Richtigkeit zu tun Gleichheit dagegen nicht Aber wir tun uns heutzutage schwer darshyuumlber was das Richtige sei Konshysens zu finden Es kommt hinzu daszlig es fuumlr die Entscheidung was gerecht ist einer bevollmaumlchtigshyten Instanz bedarf Denn jedershymann kann zwar selbst entscheishyden ob er mit anderen in bezug auf etwas gleich ist doch kann nieshymand in bezug auf sich selbst Geshyrechtigkeit uumlben Geschwaumlcht ist

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aber auch unser Vertrauen zu Inshystanzen die uumlber das was richtig ist zu entscheiden haben

Solidaritaumlt

Bei der Solidaritaumlt ist in unseshyrem Zusammenhang vor allem darshyan zu erinnern daszlig wir verpflichtet sind von unserer Freiheit nur solishydarisch Gebrauch zu machen Anshylaszlig zu Solidaritaumlt ist immer eine gewisse Gemeinsamkeit man denke etwa an nationale Solidarishytaumlt Klassen-Solidaritaumlt die Solidashyritaumlt der Angehoumlrigen einer Famishylie Solidarisch denken und hanshydeln heiszligt dann so handeln wie es solche Gemeinsamkeit fordert und foumlrdert Im Falle der Freiheit bestimmt sich die Gemeinsamkeit wie fOlgt Erstens sind alle frei inshysofern das Frei-Sein ein Moment des Person-Seins ist Zweitens wurzelt darin der Anspruch eines jeden seine Freiheit auch zu betaumlshytigen und darin von anderen nicht beeintraumlchtigt zu werden Der Anshyspruch der Freiheit ist seiner Quashylitaumlt nach aumluszligerst individuell seishyner Quantitaumlt nach jedoch aumluszligerst allgemein Jedermann beanshysprucht individuelle Freiheit und hat ein Recht darauf Drittens ist die Freiheit des anderen nicht bloszlig die Grenze die der Betaumltigung der eigenen Freiheit gesetzt ist sonshydern sie ist daruumlber hinaus Vorausshysetzung der Aktualisierung der eishygenen Freiheit Es sind diese Geshymeinsamkeiten die den solidarishyschen Gebrauch der Freiheit for-

Auftrag 201

dem Was besagt das praktisch Erstens gilt das was in Artikel 14 des Grundgesetzes uumlber das Eishygentum (ein klassisches Freiheitsshyrecht) ausdruumlcklich gesagt ist Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen fuumlr alle Freiheitsrechte Jeder Freishyheitsgebrauch ist sozialpflichtig Was ergibt sich daraus z B fuumlr den Gebrauch der Freiheit der Meishynungsaumluszligerung Darf man andeshyren ihre Sinnorientierung zerstoumlshyren die fuumlr sie Voraussetzung ihrer Persoumlnlichkeitsbildung ist Im Beshyreich der Intellektualitaumlt scheint man nichts dabei zu finden wenn einzelne ihre Uumlberlegenheit hemshymungslos gegen ihre Mitmenshyschen ausspielen Zweitens ist zu beachten daszlig sich das Maszlig an Freiheit das in einem Staat vershywirklicht ist nicht nach dem Maxishymum bestimmt das einzelne erreishychen sondern nach dem allgemeishynen Niveau das fuumlr alle erreicht ist Es kann daher ein Gebot der Solidaritaumlt sein die Freiheit einzelshyner etwas zu beschneiden wenn dadurch das allgemeine Niveau der Freiheit gehoben werden kann

Subsidiaritaumlt

Nach dem Grundsatz der Subsishydiaritaumlt sollen gesellschaftliche und politische Aufgaben nur dann einer groumlszligeren Gemeinschaft zushygewiesen werden wenn sie die Kraumlfte und Moumlglichkeiten einer kleineren Gemeinschaft uumlberforshydern Demnach sollte z B ein Bunshy

Auftrag 201 57

desland nur das Obernehmen was in kommunaler Selbstverwaltung nicht geleistet werden kann und die Zentralgewalt eines Bundesshystaates sollte nur fOr diejenigen Angelegenheiten zustaumlndig sein die mit den den Laumlndern verfuumlgbashyren Mitteln nicht erledigt werden koumlnnen Dieses Beispiel fOhrt uns auf das Feld auf dem die Subsishydiaritaumlt sowohl allgemein politisch als auch im Hinblick auf Europa besondere Bedeutung hat das Feld des Foumlderalismus Foumlderalisshymus heiszligt Bundesgenossenshyschaft und bezieht sich insbesonshydere auf die Bundesgenossenshyschaft von Staaten Sie bilden eishynen Bund wenn sie sich aus freier autonomer EntSCheidung einer geshymeinsamen Ordnung unterstellen und eine Handlungseinheit bilden Wenn die Autonomie bei den einshyzelnen beteiligten Staaten bleibt spricht man von einem Staatenshybund wenn sie zwischen diesen Staaten und dem Gesamtstaat aufgeteilt ist von einem Bundesshystaat An der Europaumlischen Geshymeinschaft koumlnnen wir beobachshyten wie die Tendenz der Entwickshylung von staatenbOndischen Anshyfaumlngen auf ein bundesstaatliches Ziel zulaumluft

Am Foumlderalismus zeigt sich wie der Grundsdatz der Solidaritaumlt seishyne notwendige Ergaumlnzung im Grundsatz der Genossenschaft findet Von ihm ist heute weniger die Rede als von der Subsidiaritaumltj aber auch er hat eine politisch beshydeutende weit in die Geschichte

zurOckreichende Tradition Bei dem Wort Genossenschaft denshyken wir heute wohl nur an Berufsshygenossenschaften oder Einshykaufsgenossenschaften uauml Eishygentlich aber handelt es sich um eine Grundform nicht nur gesellshyschaftlicher sondern vor allem auch politischer ZusammenshyschlOsse naumlmlich um die Rechtsshygemeinschaft unter Gleichen In der Genossenschaft gibt es keine Uumlber- und Unterordnung sondern sie beruht auf dem Prinzip der Geshygenseitigkeit Das historische Mushysterbeispiel ist die alte Eidgenosshysenschaft der Schweizer Genosshysenschaftliches Recht ist das moshyderne Voumllkerrecht weil seine Beshyachtung nicht von einer Obergeshyordneten Gewalt erzwungen wershyden kann sondern darauf angeshywiesen ist von den Staaten freiwillig beachtet und eingehalshyten zu werden

Die Wirkkraft des Gedankens der Subsidiaritaumlt erweist sich geshygenwaumlrtig in einer erstaunlichen Wiederbelebung der europaumlischen Regionen Regionen sind Leshybenskreise die entweder uumlber die Grenzen von zwei oder drei Natioshynalstaaten hinweg oder aber innershyhalb eines Nationalstaates ein geshywisses Eigenleben entfalten In der Regel sind sie landschaftlich oder sprachlich zuweilen auch hishystorisch eine Einheit wie z B die Bretagne Katalonien das Timler Alpengebiet oder der badischshynordschweizerische Raum Solanshyge der Nationalstaat auf der Houmlhe

58 Auftrag 201

seiner Macht stand lieszlig er die Vershywirklichung regionaler Eigenstaumlnshydigkeit nicht zu er war auch in der Lage die speziell regionalen Angeshylegenheiten im Rahmen seiner zentralen Ordnung und Verwalshytung mit zu erledigen In dem Maszlige aber in dem mehr und mehr Zustaumlndigkeiten von den Nationalshystaaten auf die Europaumlische Geshymeinschaft uumlbergehen ist die Reshygion auf den Nationalstaat wenishyger angewiesen und gewinnt ihm gegenuumlber an Spielraum fuumlr eigeshyne Gestaltung

Foumlderalismus Genossenshyschaftsprinzip und Regionalismus sind Formen der Verwirklichung der Subsidiaritaumlt Ein politisch endguumlltig vereinigtes Europa ist nur moumlglich bzw kann nur dann von Dauer sein wenn es die je beshysonderen Eigenheiten der Natioshynen Staumlmme und regionalen Geshymeinschaften nicht auszuloumlschen versucht sondern zu erhalten und zu pflegen hilft

Politische Freiheit setzt Offenheit zur Transzendenz voraus

Es gehoumlrt zur Natur des freiheitshylichen Staates daszlig er uumlber die letzten Voraussetzungen seines Bestehens nicht verfuumlgen kann und Verfuumlgung auch nicht anstremiddot ben darf Diese letzten Voraussetshyzungen sind die Grundwerte des menschlichen Lebens und die pershysonale Natur des einzelnen Menshyschen Die Grundwerte insbesonshydere Freiheit Gerechtigkeit und

Gleichheit werden nicht vom Staat gestiftet sondern sind ihm vorgegeben Er muszlig sich an ihnen orientieren und auf seine Weise zu ihrer Verwirklichung beitragen Doch ist er dafuumlr nicht allein zushystaumlndig sondern es ist dies jedem Menschen als Aufgabe der indivishyduellen Lebensfuumlhrung gestellt Zwar fassen wir Freiheit Geshyrechtigkeit und Gleichheit vorshyzugsweise als politische Forderunshygen auf aber wir muumlssen uns beshywuszligt halten daszlig sie ihren Urshysprung vor aller Politik haben und daszlig ihre menschenmoumlgliche Vershywirklichung niemals allein mit den Mitteln des Staates zu leisten ist sondern die Freiheit selbstbeshystimmten Wollens der einzelnen BOrger voraussetzt

So weisen also die Prinzipien des neuzeitlichen Verfassungsshystaates uumlber diesen hinaus Das bedeutet daszlig der Staat mit der GeshyWaumlhrleistung der Grundrechte nicht nur einen Bereich der Privatshyautonomie aus seiner Zustaumlndigshykeit ausgrenzt sondern einen Beshyreich anerkennt der innerweltshylicher Verfuumlgbarkeit uumlberhaupt entzogen ist Es ist dies gewissershymaszligen das Quellgebiet menschenshywuumlrdigen Lebens

Schlechthin unverfuumlgbar ist auch die personale Natur des einshyzelnen Menschen Der neuzeitliche Verfassungsstaat versteht sich als Produkt des Selbstverstaumlndnisses und des Wollens seiner Buumlrger Jeshydem einzelnen dieser Buumlrger ershykennt er einen Status innerweltlishy

59 AuHrag201

cher Autonomie zu in den einzushygreifen oumlffentlicher Gewalt untershysagt ist Der Buumlrger seinerseits leishytet aus seiner Autonomie eine orishyginaumlre Kompetenz der Mitgestalshytung des Staatslebens und der Krishytik an der politischen Ordnung ab auszligerdem einen Vorbehalt des Geshywissens gegenuumlber allen Anspruumlshychen welche Gesellschaft und Staat an ihn stellen Das alles waumlre nicht denkbar und nicht zu rechtfertigen wenn der einzelne nicht mehr repraumlsentierte als bloszlig sein privates Ich Das heiszligt politishysche Freiheit setzt voraus daszlig der Mensch sein Wollen und Handeln letztlich auf eine der Gesellschaft und dem Staat uumlbergeordnete Leshygitimation zuruumlckfOhrt Wir hatten das eingangs unter dem Aspekt festgestellt daszlig es die theonome Orientierung der Ethik ist welche die innerweltliche Autonomie der Person begrOndet und legitimiert

Aus alledem ergibt sich daszlig der Staat wenn er freiheitlich sein soll sich offen halten muszlig zur Transzendenz Da er weltanschaushylich neutral sein muszlig muszlig es bei dieser sehr allgemeinen Feststelshylung offen zur Transzendenz bleiben So wenig er dieser gegenshyuumlber indifferent sein darf so wenig darf er daruumlber bestimmte Aussashygen machen Wohl aber muszlig er den Kirchen - oder wie es konseshyquent weltanschaulich neutral in unserer Verfassung heiszligt den Reshyligionsgesellschaften - diejenishyge oumlffentliche Stellung zuerkenshynen auf die sie Anspruch haben

um Transzendenz institutionell zu repraumlsentieren Sache der Kirchen ist es dann die transzendente Wirklichkeit inhaltlich bestimmt und verbindlich zu verkuumlnden und zu vermitteln

Das gilt was um des Heiles wilshylen selbstverstaumlndlich sein sollte auch im Interesse der pOlitischen Freiheit Die Kirche dient ihr nicht durch sozial praktische Umtriebigshykeit sondern durch die Pflege der transzendenzbezogenen Elemente der Religion der Lehre der Glaushybenswahrheiten der Gottesverehshyrung und des sakramentalen Leshybens Nur so kann sie den Menshyschen helfen in ihrem Transzenshydenzbezug bewuszligter sicherer und lebendiger zu werden

Menschenwuumlrde

Die Freiheit wie wir sie versteshyhen und wie sie durch das Chrishystentum in die Welt gekommen ist war jahrhundertelang dasjenige Element der personalen Natur des Menschen das im Mittelpunkt des politischen Denkens und der polishytischen Auseinandersetzungen stand Vor diesem Hintergrund ist es bemerkenswert und nachdenshykenswert daszlig in unserem Jahrshyhundert insbesondere seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges ein anderes Element naumlmlich die Wuumlrshyde der Person als SchlOsseIbeshygriff hervorgehoben wird So gruumlnshydet die allgemeine Erklaumlrung der Menschenrechte der Vereinten Nashytionen auf der Anerkennung der

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allen Mitgliedern der menschlishychen Familie innewohnenden Wuumlrshyde und unser Grundgesetz beshyginnt mit dem Bekenntnis zur Menshyschenwuumlrde Auch dieses Erkenshynen und Begreifen der dem Menshyschen eingeborenen Wuumlrde vershydankt die Welt der Tradition des Christentums in diesem Fall seishynem Ausgang von der Heilsgeshyschichte des Volkes Israel Denn eingeboren ist die Wuumlrde dem Menschen weil Gott ihn nach seishynem Ebenbild geschaffen hat Wer sich auf eine innerweltliche Beshystimmung der Menschenwuumlrde beshyschraumlnken will stellt fest daszlig sie die Substanz und der Wert ist die der Mensch einfach dadurch beshysitzt daszlig er Mensch ist Er muszlig sich seine Wuumlrde nicht erst verdieshynen indem er sich in irgendeiner Weise bewaumlhrt Im Gegenteil Er kann seine Wuumlrde nicht verlieren auch wenn er versagt boumlse ist sich schuldig macht sich verweishygert usw Die menschliche Exishystenz behaumllt ihre von Gott eingeshystiftete Wuumlrde auch in ihren Abshygruumlnden und in ihrer Entstellung

Was folgt daraus wenn anstelle der Freiheit die Menschenwuumlrde in den Dreh- und Angelpunkt unseres Lebens ruumlckt Zunaumlchst ist festzushystellen daszlig die Idee der Freiheit dadurch in keiner Weise an Bedeushytung verliert Denn die Menschenshywuumlrde schlieszligt die Tatsache daszlig der Mensch frei ist weil er Person ist in vollem Umfang mit ein Doch stellt sie dieses eine Element Freishyheit in den Gesamtzusammen-

Auftrag 201

hang aller Elemente personaler Existenz Das zeigt sich z B an der Moumlglichkeit daszlig man aus menshyschenwuumlrdigen Gruumlnden auf Freishyheit verzichten kann etwa einem anderen Menschen zuliebe Auch gibt es eine Wuumlrde des Dienens und des Gehorsams vorausgeshysetzt beides wird aus freiem eigeshynem Entschluszlig geleistet - Wichshytig ist ferner daszlig bei der Freiheit der Anspruch des Ich dominiert wenngleich bei rechtem Bedenken zu erkennen ist daszlig - wie schon gesagt - die Freiheit des anderen nicht nur Grenze sondern sogar Voraussetzung der eigenen Freishyheit ist Dagegen dominiert im Beshygriff der Menschenwuumlrde von vornshyherein der Anspruch des anderen gegen mich Dem Recht der freien Entfaltung der eigenen Persoumlnlichshykeit steht die Pflicht gegenuumlber die Wuumlrde des anderen zu achten und nicht anzutasten - Dritshytens hat der Freiheitsanspruch seine spezifischen Moumlglichkeiten der Verirrung Egozentrik moralishyscher Subjektivismus Beliebigkeit des Meinens und Verhaltens waumlhshyrend die Orientierung an der Menshyschenwuumlrde gewissermaszligen per definitionem die Moumlglichkeit der Verirrung ausschlieszligt - Schlieszligshylich ist die Verantwortung fuumlr den Mitmenschen die dem Freiheitsshyanspruch ausdruumlcklich entgegenshygesetzt werden muszlig im Verstaumlndshynis der Menschenwuumlrde von vornshyherein mitenthalten Das beherrshyschende Beispiel dafuumlr ist unsere Mitverantwortung fuumlr die Menshy

61 Auftrag 201

sehen der Dritten Welt sie ergibt sich nicht unmittelbar aus dem Prinzip Freiheit wohl aber aus der Anerkennung der Menschenshywuumlrde

Die europaumlische politische Zivilishysation ist Gemeingut aller europaumlishyschen Voumllker

Wie die aus dem Christentum hervorgegangene Denk- und Leshybensweise uumlberhaupt so ist auch die aus christlichem Ursprung entshywickelte politische Zivilisation dem Bewuszligtsein aller europaumlishyschen Voumllker eingepraumlgt Gerade bei der Aufloumlsung der sowjetkomshymunistischen Oberherrschaft in Ostmitteleuropa erleben wir wie selbstverstaumlndlich den Menschen dort die Vorstellungen und eine Gesittung geblieben sind die man als westlich zu bezeichnen pflegt Insbesondere bei den Poshylen Tschechen Slowaken und Unshygarn reicht die Tradition der Freishyheitsliebe und des verfassungsshystaatlichen Wollens bis weit ins 19 Jahrhundert zuruumlck Sie hat sich nach dem Zweiten Weltkrieg als so stark und bestimmend ershywiesen daszlig sie der totalitaumlren Dikshytatur nicht nur nicht erlag sondern es sogar vermochte deren volle Durchsetzung zu verhindern ja ihr gewisse moderate Zuumlge zu verleishyhen In keinem dieser Laumlnder war die kommunistische Herrschaft so ideologisch verbissen wie in der DDR Mit dem Ende der sowjetshykommunistischen Oberherrschaft

aber war von heute auf morgen reshypublikanische Staatlichkeit voll gegenwaumlrtig Wir machen uns wohl noch gar keine rechte Vorshystellung welche Staumlrkung Euroshypas die Ruumlckkehr dieser Staaten in die Gemeinschaft der freien Voumllker bedeutet wieviel sie beitragen werden zur Erfuumlllung der Aufgaben Europas in der Welt

Die Grundgedanken der europaumlishyschen politischen Zivilisation hashyben sich uumlber die ganze Welt vershybreitet haben sich jedoch noch laumlngst nicht durchgesetzt Zwar darf man einen Fortschritt darin sehen daszlig kaum mehr ein Regime es wagt das Bekenntnis zu Menshyschenwuumlrde Freiheit Rechtsshystaatlichkeit Demokratie und Geshywaltlosigkeit zu unterlassen doch Praxis und Wirklichkeit sind nach wie vor erfuumlllt von Unterdruumlckung menschenunwuumlrdigen Lebensbeshydingungen Folter Krieg und Buumlrshygerkrieg Die Gebote der menschlishychen Solidaritaumlt und der Naumlchshystenliebe machen die Europaumler mitverantwortlich dafuumlr gegen all diese Not Armut Unwissenheit und dieses Elend anzugehen Und es fehlt Europa nicht an den Mitshyteln der Bildung Politik und Wirtshyschaft um trotz tausendfacher Schwierigkeiten Hemmnisse und Widerstaumlnde das Leben derer die doch ihre Bruumlder und Schwestern sind menschlicher zu machen Das ist uumlberdies auch eine Vorausshysetzung fuumlr die Foumlrderung des Friedens in der Welt denn Frieden kann es ohne verwirklichte Freishy

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heit Willen zur Gerechtigkeit und ein Mindestmaszlig an Lebensqualishytaumlt nicht geben Freiheit des Glaushybens und Freiheit der Rede Freishyheit von Not und Freiheit von Furcht so hat es Praumlsident Rooseshyvelt 1941 in einer Botschaft an den Kongreszlig der Vereinigten Staaten von Amerika am Beginn des Kampshyfes gegen die nationalsozialistishysche Bedrohung der Welt formushyliert Das entspricht christlich-eushyropaumlischer Tradition und hat bleishybende Guumlltigkeit

Der Beitrag der Christen zur Einishygung Europas

Was bedeutet das alles fuumlr die Rolle der Christen bei der politishyschen Einigung Europas Papst Pius XII hat einmal gesagt das Christentum habe die Seele der europaumlischen Voumllker am tiefsten geformt5l und Papst Paul VI beshymerkte In der Tat gehoumlrt die christliche Tradition ganz wesentshylich zu Europa Selbst in jenen Menschen die nicht unseren Glaushyben teilen selbst dort wo der Glaube verschuumlttet oder ausgeshyloumlscht ist sind die menschlichen Spuren des Evangeliums weiterhin anzutreffen und stellen nunmehr ein gemeinsames Erbe dar das wir im Interesse der Entfaltung des einzelnen Menschen fruchtbar machen sollen 7) Der Bevollmaumlchshytigte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland Bischof Binder schreibt in einem Aufsatz Es laumlszligt sich nicht leugnen daszlig

Auftrag 201

die Voumllker Europas eine vom Chrishystentum gepraumlgte gemeinsame Geschichte haben Von der Ent- wicklung der Bildungseinrichtunshygen bis hin zum Sozialwesen von der Entwicklung der individuellen Freiheitsrechte bis hin zu den Vorshystellungen vom Gemeinwohl shyuumlberall laumlszligt sich das Urgestein christlichen Wirkens und Lebens nachweisen 8)

Auf unsere Frage bezogen heiszligt das Die fuumlr die politische Einishygung Europas erforderliche geshymeinsame ideelle Grundlage muumlsshysen wir nicht erst schaffen sonshydern die Voumllker Europas haben sie mit ihrer christlich gepraumlgten geistigen Kultur und politisch-sittshylichen Zivilisation schon seit je als gemeinsamen Besitz als ein Gutshyhaben auf das sie heute zuruumlckshygreifen koumlnnen Es ist nicht so daszlig wir erst Europa denken koumlnnten um dann in einem zweishyten Schritt festzustellen daszlig dazu gewisse Gemeinsamkeiten hinzushykommen Sondern die Individualishytaumlt Europas in der Geschichte der Menschheit ist uumlberhaupt nichts anderes als das Resultat der Wirshykung der christlichen Botschaft in der Welt sowie der christlich vershymittelten Antike Wohl aber muumlsshysen wir wachsam sein damit wir das gemeinsame Erbe der europaumlishyschen Voumllker nicht verlieren Das scheint in einer zwar negativ geshywendeten jedoch treffenden Beshymerkung des deutschen Sozialshytheoretikers JOrgen Habermas ausgedruumlckt zu sein Er sprach mit

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Bezug auf den modernen demokrashytischen Verfassungsstaat einmal von der Gefahr einer Erosion der nicht reflektierten Randbedingunshygen dieses Systems

Um diese nicht-reflektierten Randbedingungen geht es wenn wir uumlber die Rolle des Christenshytums bei der Einigung Europas sprechen Freiheit und Menschenshywuumlrde als Prinzipien unserer politishyschen Ordnung sind naumlmlich nicht so rein innerweltlich zu begruumlnden und zu gewaumlhrleisten wie die proshyfane Staatstheorie es erscheinen laumlszligt Sie setzen vielmehr wie wir sahen die theonome Orientierung voraus die das Christentum in die Welt gebracht hat Die profane Staatstheorie wie auch die Praxis der europaumlischen Staaten sind jeshydoch so angelegt daszlig diese fOr sie im Grunde unentbehrliche theonoshyme Orientierung zur nicht-reflekshytierten Randbedingung verkuumlmshymern koumlnnte und von Erosion beshydroht ist Diesen Erosionsprozeszlig aufzuhalten die wahren Vorausshysetzungen von Freiheit und Menshyschenwuumlrde zu bedenken und neu zur Geltung zu bringen das ist der spezifische politische Beitrag der Christen zur politischen Einigung Europas

Hans Buchheim

(aus Kirche und Gesellschaft Nr 175 hermiddot ausgegeben von der Kath Sozialwismiddot senseh Zentralstelle Moumlnchengladbach)

Anmerkungen

Bei diesem Heft handelt es sich um die ermiddot weiterte Fassung eines vom Verfasser bei

der Europaumlischen Begegnung 1990 in Otmiddot tobeuren gehaltenen Vortrags

1) Projekt Europa Dezember 1988 S 4 2) Hans-Georg Gadamer Platons dialektimiddot

sehe Ethik - Hamburg 1968 S 211shy3) GWF Hegel Rechtsphilosophie sect 18

Zusatz 4) GWF Hegel Enzyklopaumldie sect 482 5) GWF Hegel Philosophie der Weltgemiddot

schichte Einleitung I 1 c 6) Europaumlische Einheit und europaumlischer

Geist Ansprache vom 15 Maumlrz 1953 in AF Utz u J F Groner (Hrsg) Aufbau und Entfaltung des gesellschaft Leshybens Soziale Summe Pius XII 11 Bd 2 Auf FreiburgSchweiz 1962 Nr 3895

7) BotSChaft an den Europarat in Straszligmiddot burg vom 26 Januar 1977 in Papst Paul VI Wort und Weisung im Jahr 1977 Kevelaer 1978 S 157

8) In epdmiddotDokumentation 878 v 132 1978 S 41

Zur Person des Verfassers

Dr Hans Buchheim Professor der Politikmiddot wissenSChaft an der Universitaumlt Mainz Vormiddot sitzender der Kommission Politik Verfasshysung Recht des Zentralkomitees der deutmiddot sehen Katholiken

Ergebnisse Ulld

Schluszligfolgerungen des Europa-Studienshytages (Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofsshykonferenz 1991)

Ein Studientag hat nicht die Aufshygabe unmittelbar zu konkreten Ershygebnissen und Schluszligfolgerungen zu fuumlhren Es geht vielmehr darum

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einen Problembereich ausfOhrlich zu besprechen Aus diesem Grunde wurden die bei der Herbstshyvollversammlung im September vergangenen Jahres angesprocheshynen Handlungsziele systematisch zusammengefaszligt und der jetzigen Vollversammlung vorgelegt Mit dem Rat der Europaumlischen Bishyschofs konferenzen (CCEE) und der Kommission der Bischofskonfeshyrenzen der Europaumlischen Gemeinshyschaft (ComECE) haben wir wichtishyge Instrumente fuumlr ein gemeinsashymes kirchliches Handeln auf euroshypaumlischer Ebene 1 Auf der Grundlage des Erfahshy

rungsaustausches bei der aushyszligerordentlichen Bischofssynshyode (1991) und bei den europaumlishyschen Bischofssymposien soll auf ein gemeinsames europaumlishysches Handeln hingewirkt wershyden

2 Im Bereich der Menschenshyrechtsfragen und der Friedensshyethik sowie der Umweltprobleshymatik sollen angesichts der neuen Situation in Europa die bestehenden Bemuumlhungen der Deutschen Bischofskonferenz gemeinsam mit dem Heiligen Stuhl und den anderen europaumlishyschen Bischofskonferenzen gezielt fortgefuumlhrt werden Hierbei ist eine enge Zusamshymenarbeit mit dem Rat der Eushyropaumlischen Bischofskonferenshyzen (CCEE) vorgesehen

3 Oie Zusammenarbeit der fuumlr soziale Fragen zustaumlndigen Kommissionen der Bischofs-

Auftrag 201

konferenzen der Europaumlischen Gemeinschaft soll vertieft wershyden Dabei sollen vor allem die Bischofskonferenzen Ost- und Mitteleuropas einbezogen wershyden

4 Im Bildungs- und Erziehungsshywesen soll die kirchliche Zushysammenarbeit mit dem Ziel eishyner besseren Koordination ausgebaut und vertieft werden

5 Oie bereits bestehenden Forshymen der Koordination der kirchlichen Hilfswerke sollen auf europaumlischer Ebene harshymonisiert werden Oie Kirchen in den Laumlndern Ost- und Mittelshyeuropas muumlssen dabei in die Bewuszligtseinsbildung einbezoshygen werden

6 Oie Hilfe fOr die Kirche in Mitshytel- und Osteuropa wird als eine gemeinsame europaumlische Aufgabe gesehen Zur Umsetshyzung dieser Hilfe sollen konshykrete Koordinationsstrukturen angestrebt werden

7 Oie Kirche in Deutschland wird ihre oumlkumenischen Erfahrunshygen in die Entwicklung oumlkumeshynischer Perspektiven in Europa einbringen

(aus Pressedienst der DBK-Dokushymentation vom 123 92)

AKTION GEGEN HUNGER UND KRANKHEIT IN DER WELT

Spendenkonto 556-505 Postgiro Koumlln

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Die Volksgruppell m einem vereinten Europa Vorbemerkung

Soweit im folgenden von Volksshygruppen in Europa die Rede ist sind solche sprachlichen oder ethshynischen Minderheiten gemeint die eine eigene kulturelle Identitaumlt beshysitzen und ihren angestammten Sitz in dem jeweiligen Staat hashyben in dem sie eine Minderheit bilshyden Nicht eroumlrtert werden Fragen von auslaumlndischen Arbeitern Fluumlchtlingen Aussiedlern oder Asylanten die in juumlngerer Zeit in europaumlischen Laumlndern Aufnahme gefunden haben

I Einleitung

1 Die friedliche Uumlberwindung des Ost-West-Gegensatzes hat eishynen wichtigen Gefahrenherd fuumlr den Weltfrieden uumlberwunden und den Europaumlern die saumlkulare Chanshyce eroumlffnet in Zukunft frei und in Frieden miteinander zu leben Zushygleich wurden durch den Umbruch von der kommunistischen Diktatur in die Freiheit zahlreiche tiefgreishyfende Probleme und Konflikte ofshyfengelegt die bis dahin untershydruumlckt waren

2 Dazu gehoumlrt die Situation vieshyler Volksgruppen die ihre kulturelshyle und politische Selbstbestimshymung nicht wahrnehmen konnten und sich als Minderheit erheblich

benachteiligt gefOhlt haben Fuumlr sie wie fuumlr alle anderen Minderheishyten gilt daszlig Freiheit Frieden und Demokratie in Europa ohne einen rechtlich und faktisch geregelten und garantierten Minderheitenshyschutz nicht gedeihen koumlnnen

3 Demokratie wie Minderheishytenschutz gruumlnden in der Fordeshyrung nach rechtlicher und politishyscher Sicherung der gleichen Wuumlrshyde aller Menschen ihrer persoumlnlishychen und sozialen Integritaumlt Fuumlr Katholiken wie fuumlr Christen allgeshymein fOlgt diese Forderung aus dem Glauben an ihre gemeinsame Gotteski ndschaft

4 Zur Wahrung der persoumlnlishychen Integritaumlt gehoumlrt die freie Herausbildung der individuellen und sozialen Identitaumlt In bezug auf Volksgruppen d h auf Mindershyheiten die sich in der Regel von der im Staat lebenden Mehrheit oder von anderen Minderheiten vor allem durch eine eigene Sprache und eine sich in ihr bezeugende hishystorisch-kulturelle Gemeinsamkeit unterscheiden und haumlufig eine tershyritoriale Verbundenheit teilen gilt es vor allem diese Elemente ihrer Identitaumlt rechtlich und politisch abzusichern und diesbezuumlglich poshylitische soziale oder oumlkonomische Diskriminierungen auszuschlieshyszligen Angesichts der Wanderungsshybewegungen in Europa wird diese Aufgabe sich nicht nur fuumlr traditioshynelle historisch in Europa geshywachsene Volksgruppen sondern auch fuumlr neue ethnisch-kulturelle Gruppierungen stellen

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5 Die Versuche des 19 und 20 Jahrhunderts das Zusammenleshyben der Voumllker durch ihre - ethshynisch moumlglichst homogene - nashytionalstaatliche Organisation zu regeln sind teilweise gescheitert und koumlnnen nicht mehr zur Loumlsung gegenwaumlrtiger und kuumlnftiger Proshybleme beitragen Die Vision des zukOnftigen gemeinsamen Europa kann sich daran nicht mehr orienshytieren

6 Vielversprechend ist statt dessen eine zunehmende Koopeshyration und Integration zwischen den Staaten und zwischen den geshysellschaftlichen Gruppen innershyhalb der Staaten Sie sieht von geshywachsenen historisch-kulturellen Identitaumlten nicht einfach ab und Obersieht nicht das damit haumlufig verbundene Konfliktpotential geshygenseitiger Vorurteile Sie arbeitet beharrlich an ihrer Uumlberwindung und macht den Reichtum der aus der Vielfalt erwachsen kann fruchtbar

7 Angst beguumlnstigt Gewalt und zerstoumlrt Die rechtliche und soziale Sicherung und gegenseitige Anershykennung der kulturellen Identitaumlt von Individuen und Gruppen ist der beste Weg solche Angst zu Obershywinden Wir leben in vielen Voumllkern und reden in vielen Zungen und wir sind zugleich ein Volk Gottes

11 Bestandsaufnahme

1 In den derzeit 33 Staaten Euroshypas werden noch Ober 70 verschieshydene Sprachen gesprochen wobei

Auftrag 201

die Zahl derer die diese Sprachen als Muttersprache gebrauchen von einigen Dutzend Menschen (Ushyvisch Manx) bis zu Dutzenden von Millionen reicht (russisch deutsch englisch) Deutsch wird z B heute von seit Jahrhunderten bestehenshyden Volksgruppen auch auszligerhalb der deutschsprachigen Laumlnder (Deutschland Oumlsterreich Schweiz Luxemburg Liechtenstein) in weishyteren 10 Staaten gesprochen (Daumlshynemark Belgien Frankreich Itashylien Tschechoslowakei Polen Rushymaumlnien Sowjetunion Ungarn Jushygoslawien) Waumlhrend das wiedershyvereinigte Deutschland bei knapp 80 Millionen Einwohnern nur drei kleine bodenstaumlndige Minderheishyten mit je einigen Zehntausenden Angehoumlrigen hat (Daumlnen Sorben Friesen) betraumlgt die Zahl der Anshygehoumlrigen nationaler Minderheiten in Frankreich (Okzitanier die deutschsprachige Bevoumllkerung in Elsaszlig und Lothringen Bretonen Korsen Katalanen Basken Flashymen) oder in Spanien (Katalanen Galizier Basken) mehrere M illioshynen

2 Der bisherige Ost-West-Geshygensatz in Europa hat lange eine realistische Beurteilung der Lage der Volksgruppen erschwert Unshyterdruumlckung von Minderheiten schien es fuumlr viele Westeuropaumler nur im kommunistischen Osten zu geben wobei man Minderheitenshyfragen in Frankreich ebenso nicht wahrhaben wollte wie in Italien wo zwar im Norden manche Minshyderheiten anerkannt sind (Franzoshy

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sen im Aostatal SOdtiroler Sloweshynen in Triest) im SOden die Frage nach den Rechten der Minderheishyten aber nicht gestellt wird (Albashyner Griechen) Andererseits hat ein ehemals sozialistisches Land wie Ungarn schon vor der politishyschen Wende viel fOr seine Volksshygruppen getan (Deutsche Slowashyken SOdslawen Rumaumlnen)

3 Die Allgemeine Erklaumlrung der Menschenrechte der Vereinten Nashytionen vom 10 Dezember 1948 (Arshytikel 2) und die Konvention des Eushyroparates zum Schutze der Menshyschenrechte und Grundfreiheiten vom 4 Februar 1950 (Artikel 14) sashygen sehr wenig Ober Rechte von Volksgruppen Auch der Internashytionale Pakt uumlber buumlrgerliche und politische Rechte vom 19 Dezemshyber 1966 beschraumlnkt sich in Artikel 27 darauf zu erklaumlren In Staaten mit ethnischen religioumlsen und sprachlichen Minderheiten darf Angehoumlrigen solcher Minderheiten nicht das Recht vorenthalten wershyden gemeinsam mit anderen Anshygehoumlrigen ihrer Gruppe ihr eigenes kulturelles Leben zu pflegen Ihre eigene Religion zu bekennen und auszuOben oder sich ihrer eigenen Sprache zu bedienen

Die Dachorganisation der euroshypaumlischen Minderheiten die Foumlshyderalistische Union der Europaumlishyschen Volksgruppen (FUEV) vershyabschiedete 1967 zwoumllf Hauptshygrundsaumltze fuumlr ein Volksgruppenshyrecht die 1985 auf dem Nationalishytaumltenkongreszlig in Genf in Zusamshymenarbeit mit dem Internationalen

Institut fuumlr Nationalitaumlten und Reshygionalismus (INTEREG) neugefaszligt wurden Im Europaumlischen Parlashyment haben am 317198442 Abgeshyordnete einen Antrag auf die Kodishyfizierung eines europaumlischen Volksgruppenrechts eingebracht Im Zuge des Helsinki-Prozesses haben die Signatur-Staaten der KSZE-Schluszligakte vom 1 August 1975 in ihrem Dokument vom 29 Juni 1990 in Kopenhagen Rechte fOr alle nationalen Minderheiten garantiert In ihrer Charta von Pashyris fuumlr ein neues Europa vom 24 November 1990 bekraumlftigten die Staats- und Regierungschefs dieshyse Erklaumlrung (siehe Anhang) Sie ist die bisher am weitestgehende Erklaumlrung zu den Minderheitenshyrechten ohne daszlig der Begriff der Minderheit naumlher definiert wird Im deutsch-polnischen NachbarshysChaftsvertrag vom 1761991 wird auf diese Formulierung zuruumlckgeshygriffen Sie werden damit erstmals in einem voumllkerrechtlich verbindlishychen Vertrag verankert Das Exshypertentreffen der KSZE uumlber natioshynale Minderheiten vom 1920 Juli 1991 in Genf hat diese Aussagen noch erweitert und praumlzisiert

111 Die Rolle der Kirche

1 Beim Schutz von Minderheishyten und fuumlr das friedliche Zusamshymenleben von Volksgruppen kommt der Kirche eine groszlige Beshydeutung zu da Grundsaumltze christshylicher Soziallehre wie Solidaritaumlt und Subsidiaritaumlt gefordert sind

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Der Gott Abrahams Isaaks und Jakobs ist der Gott aller Voumllker denn schon die Religion des Alten Testamentes ist universal angeshylegt Die Erloumlsungstat Christi geshyschah fuumlr alle Voumllker denen er seishyne Apostel aussandte um sie zu lehren Gehet hin und lehret alle Voumllker Seit den Anfaumlngen respekshytiert die Kirche die verschiedene kulturelle Identitaumlt von Voumllkern und Volksgruppen was in den fruumlshyhen Bibeluumlbersetzungen und Liturshygiesprachen (Griechisch Syrisch Koptisch Latein Gotisch usw) zum Ausdruck kommt Alle Voumllker sind gemeinsam Kinder Gottes

2 In diesem Jahrhundert haben die Paumlpste immer wieder die Rechshyte von Minderheiten verteidigt die aus dem Recht der Person abgeleishytet werden Der Friedenspapst Beshynedikt XV betonte daszlig die Kirche katholisch nicht lateinisch grieshychisch oder slawisch sei und unshyterstuumltzte dabei auch die vom Volkstum gepraumlgten Teilkirchen der oumlstlichen Riten Johannes XXIII verteidigt in seiner Enzyklika Pacem in terris klar die Rechte von Volksgruppen

Aumlhnlich aumluBerte sich Papst Paul VI Die katholische Kirche nimmt die Rechte der Menschen und Voumllker sehr ernst gleichzeitig auch die Bedingungen der Freishyheit der Menschenwuumlrde der ethshynischen Gleichberechtigung der Gerechtigkeit und der Verantwortshylichkeit die zu ihrer vollen Entshywicklung erforderlich sind In seishyner Enzyklika Populorum progres-

Auftrag 201

sio erklaumlrte er 1967 Reich und arm jedes Volk hat seine Kultur die sie von den Verfahren uumlbershynommen hat Institutionen fOr das materielle Leben Werke geistigen Lebens kuumlnstlerischer denkerishyscher religioumlser Art Sofern sie wahre menschliche Werte darstelshylen waumlre es ein groszliger Fehler sie aufzugeben Ein Volk das dies tut gibt den Grund seines Lebens hin Das Wort Christi Was nOtzt es dem Menschen wenn er die ganze Welt gewinnt aber seine Seele vershyliert gilt auch fuuml r die Voumllker

Johannes Paul 11 hat zum Weltshyfriedenstag 1989 den Schutz der Minderheiten verlangt wobei sein Ausgangspunkt die Personalitaumlt des Menschen ist Bei vielen Minshyderheiten hat die Kirche Entscheishydendes fuumlr die Erhaltung der Kulshytur und der Sprache von Volksshygruppen geleistet Oft war die Kirshyche der letzte Hort des Volkstums und wurden Minderheitensprashychen im Gottesdienst in der Preshydigt und in der Katechese noch geshybraucht wenn Schulen und Vershywaltung bereits zur Staatsprache uumlbergegangen waren Es darf aber auch nicht verschwiegen werden daszlig manche Teil-Kirchen bisweishylen nationalistischer Versuchunshygen erlegen sind und gegenuumlber Minderheiten mit anderer sprachlishycher und kultureller Identitaumlt uumlbershysahen und noch immer uumlbersehen daszlig sie Glied der Weltkirche sind die allumfassend katholisch ist

69 Auftrag 201

IV Unsere Aufgaben

1 Information und Kommunikashytion

a) Den meisten Europaumlern ist die Tatsache daszlig es in Europa zahlreiche nationale Mindershyheiten gibt bisher kaum ins Bewuszligtsein geruumlckt Daszlig in den Haupttouristengebieten Spaniens das Spanische nicht die Muttersprache der Einheishymischen ist und daszlig das Katashylanische unter der Herrschaft Francos offiziell nicht erlaubt war kam vielen Europaumlern ebensowenig zum Bewuszligtsein wie die Tatsache daszlig Wales zwar eine eigene Fuszligballmannshyschaft stellt das Walisische aber als Muttersprache ausshystirbt Deutsche erfuhren erst von Gastarbeitern aus Jugoslashywien daszlig diese nicht Jugoslashywisch sprachen sondern z B Kroatisch Serbisch oder Sloshywenisch In den Schulen und in der Erwachsenenbildung mOszligshyten daher die Minderheiten geshybOhrende Beachtung finden Dies sollte geschehen um dashybei aufzuzeigen daszlig auch durch die kleinen Voumllker Euroshypas mit ihren Sprachen und Kulturen zum kulturellen Reichtum Europas beigetragen wird und dieser Kontinent seishyne Groumlszlige und Staumlrke durch Vielfalt in der Einheit hat

b) Allein objektive Information ist in der Lage Vorurteile abzushybauen die auf seiten der Angeshy

houmlrigen groszliger Voumllker besteshyhen Sind nationale Minderheishyten wirklich eine Gefahr fOr den Staat in dem sie leben Sind sie illoyal usw Zahlreishyche positive Beispiele belegen das Gegenteil wie z B Finnshylandschweden oder die Deutshyschen in Belgien Objektive Inshyformationen zeigen auch am Beispiel geloumlster Volksgrupshypenprobleme wie in den meisten Minderheitengebieten echtes europaumlisches Bewuszligtshysein herrscht und daszlig Mindershyheiten nicht trennen muumlssen sondern BrOckenfunktionen zwischen den Staaten haben koumlnnen und zur Entfaltung Eushyropas beitragen Gerade die politische Wende in Ostmitteleuropa bietet uns neue Moumlglichkeiten zur Inforshymation und Kommunikation Der Wegfall der diktatorischen Regime hat auch den nationashylen Minderheiten neue Freiheishyten geschenkt Die Aufhebung der Visum-Pflicht fuumlr einige Staaten ermoumlglicht uns neue Formen der Begegnung und vertieftes Kennenlernen

c) Objektive Information hilft aber auch den nationalen Minshyderheiten keine politischen Irrshywege einzuschlagen Auch kleine Volksgruppen haumlngen gelegentlich einem uumlbersteishygerten Nationalismus an Sie erliegen manchmal der Gefahr ihre kulturellen oder nationashylen AnsprOche zu verabsolutieshy

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ren Solche Absolutsetzung wurzelt oft in einer starken Vershyunsicherung die durch Inforshymationen und Kontakte mit anshyderen Volksgruppen abgebaut werden kann Solchen Grupshypen kann sachliche Informashytion Ober Volksgruppenprobleshyme im europaumlischen Rahmen zeigen daszlig Autonomie und Selbstbestimmung nicht autoshymatisch mit Separationsrecht gleichgesetzt werden muumlssen

d) In ihrer Erklaumlrung vom 8 Maumlrz 1987 haben die Praumlsidenten der Bischofskonferenzen Euroshypas an die katholischen Glaumlushybigen an alle Christen und an die Menschen guten Willens in ganz Europa appelliert den Frieden durch Vertrauen und Wahrheit zu foumlrdern Sie wieshysen darauf hin daszlig der Mangel an Informationen einer der Gruumlnde fuumlr mangelndes Vershytrauen der Voumllker untereinanshyder ist Es kommt deshalb darshyauf an Kontakte und Gespraumlshyche auf allen Ebenen zu foumlrshydern Der Verkehr der Menshyschen uumlber die Grenzen hinshyweg der Austausch von Inforshymationen und Meinungen sind unverzichtbare Beitraumlge um wechselseitiges Vertrauen zu begruumlnden und auf eine sicheshyre Grundlage zu stellen Die Bishyschoumlfe riefen die Kirche in den Laumlndern Europas auf dazu ihshyren Beitrag zu leisten und sie plaumldierten fuumlr mehr Kontakte unter den Glaumlubigen Priestern

Auftrag 201

und Bischoumlfen der Ortskirchen des Ostens und des Westens Auch Information uumlber Geshyschichte Tradition und Rechte von Minderheiten gehoumlrt zu der Aufgabe die geleistet werden muszlig Kontakte und Gespraumlche dienen der Information Noch nie war die Chance so groszlig wie heute Grenzen durch Informashytion und Kommunikation zu uumlberwinden Die Medien der oumlfshyfentlichen Meinungsbildung uumlberwinden Grenzen sie koumlnshynen einen neuen Sinn fuumlr die Sprache des anderen schaffen und kulturelle Informationen vermitteln die Vorurteile abshybauen Sie koumlnnen aber auch bestehende Vorurteile verstaumlrshyken Demokratie und Informashytionsfreiheit gehoumlren untrennshybar zusammen Aber die Freishyheit der Information muszlig geshylernt werden Wir rufen alle die in den Medien gestaltend mitshywirken auf sich ihrer Verantshywortung bewuszligt zu sein Die Inshyformationen uumlber die mit uns lebenden Minderheiten muumlsshysen bessere Kenntnis und ein vertieftes Verstaumlndnis voneinshyander erreichen Sich neu entshyfaltende Informationsnetze (europaumlische Nachrichtensenshydungen grenzuumlberschreitende Sendungen) sollten hier einen konstruktiven Beitrag leisten Die Kirche muszlig mit ihren Moumlgshylichkeiten im publizistischen Bereich dabei mithelfen Miszligshytrauen zwischen Angehoumlrigen

71 Auftrag 201

des gleichen Glaubens aber unterschiedlicher Nationalitaumlt und Kultur zu uumlberwinden

2 Grenzaberschreitende Zusamshymenarbeit und Regionalismus

Die meisten nationalen Mindershyheiten in Europa wohnen an Grenshyzen (Daumlnen in Suumldschleswig shyDeutsche in Nordschleswig Italieshyner in Istrien - Slowenen in Triest Franzosen im Aostatal Elshysaumlsser usw) Auch kleine Voumllker ohne Staat sind oft auf verschieshydene Staatswesen verteilt Katalashynen und Basken leben in Spanien und Frankreich beiderseits der Grenzen Provenzalen in Frankshyreich und Italien Slowenen in Jushygoslawien Italien Oumlsterreich und Ungarn Viele dieser Minderheitenshyprobleme sind erst nach den beishyden Weltkriegen entstanden Gerashyde wir Deutsche sind auf Grund der historischen Entwicklungen und Ereignisse der letzten 50 Jahshyre verpflichtet uns fuumlr positive Loumlshysungen der Minderheitenfragen einzusetzen Als ein Volk das seit der Reformation kirchlich geteilt ist spuumlren wir auch wie konfesshysionelle Vielfalt die Minderheitenshyprobleme Europas noch mehr difshyferenziert Da sich die KSZE-Signashyturstaaten zur gegenseitigen Anershykennung der Grenzen in Europa verpflichten ist grenzuumlberschreishytende Zusammenarbeit heute ein Gebot der Stunde Positive Ansaumltshyze dazu gibt es innerhalb der EG in der Euregio wo im Dreilaumlndereck

Niederlande-Belg ien-Deutsch land bei Aachen die Zusammenarbeit auf verschiedenen Gebieten uumlber die noch bestehenden Grenzen ershyfolgt In der Regio Basilensis und der Arge Alp (Arbeitsgemeinschaft Alpenlaumlnder) geschieht dies durch Einbeziehung Schweizer Kantone und Oumlsterreichischer Bundeslaumlnshyder auch uumlber die Grenzen der Eushyropaumlischen Gemeinschaft hinaus In der Arge Alp Ost sind bereits vor der Wende im Osten damals noch sozialistische Laumlnder in diese Koshyoperation einbezogen worden Poshysitive Ansaumltze sind auch bei der in Angriff genommenen Zusammenshyarbeit zwischen Bayern Sachsen und BOumlhmen festzustellen Hier ist auch die Kirche gefordert Die Dioumlshyzesen Klagenfurt Ljubljana Goumlrz und Udine haben seit Jahren fuumlr katholische Oumlsterreicher Sloweshynen Italiener und Furlaner eine Basis der Zusammenarbeit gefunshyden Gerade die Kirchen sind heushyte aufgerufen die Zusammenarshybeit Ober die Grenzen hinweg zu foumlrdern und den Menschen zu zeishygen daszlig Christen dieses Europa in einer Solidaranstrellgung mitgeshystalten koumlnnen und muumlssen

Diese grenzuumlberschreitende Zushysammenarbeit ist untrennbar vershybunden mit der Chance des Regioshynalismus Dort wo Minderheiten seit langer Zeit ansaumlssig sind hashyben sich in Europa starke regionashyle Besonderheiten entwickelt Oft kam es zu einem gesunden Nebenshyund Miteinander von verschiedeshynen Volksgruppen und Sprachen

72 Auftrag 201

manchmal wurde fuumlr die Bewohner das regionale Bewuszligtsein (durch eigene Verwaltung u auml) staumlrker als die nationale oder sprachliche Zushygehoumlrigkeit In einem Europa der Regionen muszlig darauf aufgebaut werden Beispiele sind (oder waren bis zu der nach 1945 erfolgten Vershytreibung und Auswanderung) Boumlhmiddot men Maumlhren Oberschlesien Sieshybenbuumlrgern die Vojvodina die Bushykowina und andere Regionen In ihnen herrschte Zwei- und Mehrshysprachlichkeit der Einwohner in Schule Verwaltung und Kirche Auch heute sind die Bewohner solshycher Regionen und von Grenzgeshybieten gefordert die Sprachen der Nachbarn zu lernen und sie zu beshyherrschen

V Auf dem Weg zum vereinten Europa

Die gleichzeitigen Entwicklunshygen in Mittel- und Osteuropa desshysen Staaten sich fuumlr Demokratie und Menschenrechte oumlffnen somiddot wie in der Europaumlischen Gemeinshyschaft die sich fester zusammenshyschlieszligt bergen Chancen und Rimiddot siken zugleich Die Frage der Minshyderheiten und Volksgruppen stellt sich in neuem Licht Nicht zuletzt hat die KSZE mit ihren Erklaumlrunshygen uumlber die Menschliche Dimenshysion der KSZE von Kopenhagen im Juli 1990 und der Charta von Paris fuumlr ein neues Europa des gleishychen Jahres sowie mit ihrem Exmiddot pertentreffen Ober nationale Minshyderheiten vom Juli 1991 dazu beishy

getragen In der EG oumlffnen sich uumlber das sogenannte Schengener Abkommen die Grenzen immer mehr Menschen kommen leichter zueinander als je zuvor Nachbarshyschaftsvertraumlge sollen fruumlher feshyste oft umstrittene Grenzen obershywinden Je offener die Grenzen je besser gelebte Nachbarschaft Gemiddot gensaumltze mindert um so eher sind Gemeinsamkeit und Vielfaft als Boden der europoaumlischen Kultur zu sichern

Gewiszlig gibt es keine Einheitsmoshydelle die uumlberall zutreffen Zu vermiddot schieden sind die jeweiligen histoshyrischen Urspruumlnge die Groumlszligenordshynungen sowie die pOlitischen und kulturellen Lebensbedingungen in den einzelnen Laumlndern

Ein internationales Rahmenshywerk koumlnnte jedoch Grundsaumltze niederlegen die schon jetzt in alshylen funktionierenden Minderheishytenregelungen enthalten sind In den sich entwickelnden alten und neuen Regionen Europas koumlnnen geoumlffnete Grenzen Vorurteile und kulturelle Barrieren abbauen Zushynaumlchst allerdings koumlnnen sie auch neue Probleme schaffen wie die Fluumlchtlingsstroumlme zeigen Kern almiddot ler Aussagen muszlig aber die Reshyspektierung der individuellen wie der Gruppenrechte sein ebenso die Forderung daszlig nur der Wille zur friedlichen Loumlsung die Spanshynungen uumlberwinden kann Die Entshyscheidung uumlber die Zugehoumlrigkeit zu einer Volksgruppe oder Mindershyheit muszlig dem einzelnen Oberlasshysen bleiben Das Recht auf indivishy

73 Auftrag 201

duelle Selbstbestimmung darf nicht durch sogenannte objektive Kriterien wie Herkunft Sprache Wohnort und andere eingeshyschraumlnkt werden Die Praxis hat zur Genuumlge gezeigt daszlig solche soshygenannten objektiven Kriterien von der Mehrheit oder dem Staatsshyvolk nur zu oft zum Nachteil des einzelnen und der Minderheit insshygesamt angewendet werden Plushyralismus hat Europa gepraumlgt und nur Demokratie kann wie keine anshydere Staatsform diesen auf Dauer garantieren und damit unsere groshyszligen Traditionen absichern Die Toleranz darf keine leere Huumllse bleiben

Wir katholische Christen sind aufgerufen unseren eigenen speshyzifischen Beitrag zu leisten Rasshysismus und uumlberspitzter Nationashylismus haben unseren Kontinent in die groumlszligten Kriege des Jahrhunshyderts gefuumlhrt Dabei sind auch Voumllshyker gleichen Glaubens in eine totashyle Konfrontation geraten und uumlber Millionen Menschen ist unendlishyches Leid gebracht worden In eishynem neuen sich in Frieden und Freiheit einigenden Europa sollten Katholiken dazu beitragen auch gegenuumlber Minderheiten jene ethishysche kulturelle und geschichtlishyche Solidaritaumlt zu entfalten die Grenzen und Schranken Europas zu uumlberwinden und die heute unshyerhoumlrte Friedenschance der groszligen europaumlischen Solidaritaumlt voumlllig zu nutzen (Konferenz der Praumlsidenshyten der Europaumlischen Bischofskonshyferenzen in Dieburg 1987)

Anhang

Die bisher am weitestgehende internationale Erklaumlrung duumlrften die Aussagen der KSZE vom Juni 1990 in Kopenhagen sein Auch wenn es sich hierbei nicht um eishynen voumllkerrechtlichen Vertrag hanshydelt aus dem Minderheiten Anshyspruumlche ableiten koumlnnen kann man daraus immerhin auf die Aufshyfassung der Unterzeichnerstaaten zu dieser Frage schlieszligen und Ruumlckschluumlsse tor die kuumlnftige Entshywicklung ziehen Es heiszligt dort

(33) Die Teilnehmerstaaten wershyden die ethnische kulturelle sprachliche und religioumlse Identitaumlt nationaler Minderheiten auf ihrem Territorium schOtzen und Bedinshygungen fuumlr die Foumlrderung dieser Identitaumlt schaffen Sie werden diesbezuumlglich die notwendigen Maszlignahmen ergreifen und zwar nach entsprechenden Konsultatioshynen in Einklang mit den Entscheishydungsverfahren des jeweiligen Staates wobei diese Konsultatioshynen Kontakte mit Organisationen oder Vereinigungen solcher Minshyderheiten einschlieszligen

Jede dieser Maszlignahmen wird mit den Prinzipien der Gleichheit und Nicht-Diskriminierung in beshyzug auf die anderen Buumlrger des beshytreffenden Teilnehmerstaates in Einklang stehen

(34) Die Teilnehmerstaaten wermiddot den sich darum bemuumlhen Angehoumlshyrigen nationaler Minderheiten unshygeachtet der Notwendigkeit die offizielle Sprache oder des betrefshy

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fenden Staates zu erlernen in Einshyklang mit den anwendbaren natioshynalen Rechtsvorschriften entspreshychende Moumlglichkeiten fuumlr den Unshyterricht ihrer Muttersprache oder in ihrer Muttersprache sowie wo immer dies moumlglich und notwenshydig ist fuumlr deren Gebrauch bei Beshyhoumlrden zu gewaumlhrleisten

Im Zusammenhang mit dem Unshyterricht von Geschichte und Kultur in Bildungseinrichtungen werden sie auch die Geschichte und Kulshytur der nationalen Minderheiten beruumlcksichtigen

Sie wurde noch bekraumlftigt durch die Charta von Paris fuumlr ein neues Europa vom 24111990 der KSZEshyKonferenz in Paris In dem Kapitel Leitsaumltze fuumlr die Zukunft heiszligt es unter der Uumlberschrift Menschlishyche Dimension Wir sind entshyschlossen den wertvollen Beitrag nationaler Minderheiten zum Leshyben unserer Gesellschaften zu foumlrshydern und verpflichten uns deren Lage weiter zu verbessern Wir beshykraumlftigen unsere tiefe Uumlberzeushygung daszlig freundschaftliche Beshyziehungen zwischen unseren Voumllshykern sowie Friede Gerechtigkeit Stabilitaumlt und Demokratie den Schutz der ethnischen kulturellen sprachlichen und religioumlsen Identishytaumlt nationaler Minderheiten und die SChaffung von Bedingungen fuumlr die Foumlrderung dieser Identitaumlt erfordern Wir erklaumlren daszlig Frashygen in bezug auf nationale Mindershyheiten nur unter demokratischen Bedingungen befriedigend geloumlst werden koumlnnen Ferner erkennen

Auftrag 201

wir an daszlig die Rechte von Angeshyhoumlrigen nationaler Minderheiten als Teil der allgemein anerkannten Menschenrechte uneingeschraumlnkt geachtet werden muumlssen Im Beshywuszligtsein der dringenden Notwenshydigkeit im Hinblick auf nationale Minderheiten die Zusammenarbeit zu verstaumlrken und deren Schutz zu verbessern beschlieszligen wir ein Expertentreffen Ober nationale Minderheiten vom 1 bis 19 Juli 1991 in Genf einzuberufen

Wir sind entschlossen alle Forshymen von Haszlig zwischen Rassen und Volksgruppen Antisemitisshymus Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung irgendeines Menshyschen sowie von Verfolgung aus religioumlsen und ideologischen Gruumlnden zu bekaumlmpfen

Von der Kommission 10 Europa des ZdK einstimmig beschlossen (aus ZdK Dokumentation vom 25991)

Festung Europa Die Vollendung des Binnenmiddot marktes in der EG bringt den 240 Millionen Europaumlern bare Vorteile Doch der wirtschaftmiddot liche Profit geht - wieder einmal - auf Kosten der Armen in der Dritten Welt

Am 1 Januar 1993 wird der Euroshypaumlische Binnenmarkt Wirklichkeit Europa ist dann - zumindest wirtshyschaftlich - grenzenlos

75 Auftrag 201

Leon Brittan EG-Kommissar aus Groszligbritannien Das ehrgeishyzigste Vorhaben das die Europaumlishysche Gemeinschaft seit ihrer Gruumlndung in Angriff genommen hat

Groszlige Worte vor realem Hintershygrund Der Europaumlische Binnenshymarkt wird nahezu dreimal so groszlig sein wie der japanische und immer noch knapp doppelt so groszlig wie der amerikanische Binnenmarkt Die 342 Millionen Verbraucher die dann miteinander schrankenlos konsumieren und handeln koumlnnen werden zusammen eine Kaufkraft von rund fuumlnf Billionen (eine Fuumlnf mit zwoumllf Nullen) Mark repraumlsenshytieren

Alleine die Vollendung des Binshynenmarktes wird so prognostishyziert der im Auftrag der EG-Komshymission erstellte Cecchini-Bericht zu einer einmaligen zusaumltzlichen Zunahme des Bruttoinlandsproshyduktes in der EG von 45 bis sieben Prozent fuumlhren erstreckt uumlber fuumlnf bis sechs Jahre Der Binnenmarkt als gigantisches Konjunkturproshygramm

Europa mit nur 646 Prozent der Weltbevoumllkerung auf 154 Prozent der Welt-Landflaumlche ist damit der absolute Wirtschaftsgigant schlechthin Nie hat es auf dem Globus eine auch nur aumlhnlich groshyszlige wirtschaftliche Potenz gegeshyben kommentiert das Deutsche Institut fuumlr Wirtschaftsforschung (DIW) - Truumlbe Aussichten fuumlr die Bewohner der Entwicklungslaumlnshyder

Die koumlnnen ab 1993 endguumlltig einpacken scherzt ein hoher BrOsseler EG-BOrokrat uumlberhebshylich und beweist damit nur daszlig er wie so viele andere - zumindest aus moralischem Blickwinkel shynoch gar nicht begriffen hat was dieser EG-Monolith im Weltgefuumlge anriChten wird Die Verlierer in dieshysem Machtpoker der Groszligen steshyhen schon heute fest Es sind und bleiben die Entwicklungslaumlnder Der gemeinsame Markt wird fuumlr sie zur Tragoumldie Nicht weil er etwas ganz Neues Gefaumlhrliches waumlre sondern weil Europa - geeint shynoch perfekter weitermachen wird als bisher Die Entwicklungslaumlnder haben schon in den vergangenen Jahren einen bitteren Vorgeshyschmack bekommen Vor allem weil die EG-Staaten wirtschaftlich ja schon laumlnger zusammenruumlcken sank der Anteil der aumlrmsten Laumlnshyder am Weltexport alleine zwishyschen 1981 und 1991 von 14 auf heute 03 Prozent

Der einheitliche Europaumlische Binnenmarkt wird diesen Abwaumlrtsshytrend noch beschleunigen erwarshytet auch das DIW Diese Erkenntshynis ist logisch und zudem nicht neu Wir Europaumler haben nur die zweifelhafte Faumlhigkeit solche Ershykenntnis wider allen Verstand zu verdraumlngen sagt Frans Andriesshysen niederlaumlndischer EG-Auszligenshykommissar

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Abschottung gegen Waren von auszligen

So hatte die EG-Wirtschaftspolishytik schon immer fatale Auswirkunshygen auf den Welthandel und die Beziehungen zu den Entwicklungsshylaumlndern Schlieszliglich ist die EG von ihrem Ansatz her ja auch eine nach auszligen durch Zoumllle und Vershyordnungen abgeschottete Feshystung Ein nahezu unuumlberwindlishyches Hindernis fuumlr Guumlter die man in die Festung nicht hineinlassen will Handelsabkommen mit den Entwicklungslaumlndern wie etwa die Lome-Abkommen dienen da nur als Feigenblaumltter

Und je groumlszliger die EG seit ihrer Gruumlndung 1955 wird um so wenishyger braucht sie Waren und Dienstshyleistungen von auszligerhalb Italiens EG-Kommissar Carlo Ripa di Meshyana Es gibt so gut wie nichts was es nicht innerhalb Europas zu ernten zu produzieren oder zu foumlrshydern gaumlbe Dabei spielt die Rentashybilitaumlt keine Rolle

Innerhalb der Festung Europa werden Landwirte beispielsweise kraumlftig subventioniert So koumlnnen sie garantierte Abnahmemengen zu festgeschriebenen Preisen proshyduzieren Wettbewerbsfaumlhige Konshykurrenz von auszligerhalb der EG die zu deutlich niedrigeren Weltmarktshypreisen anbieten koumlnnte wird gleichzeitig von den Maumlrkten der EG ferngehalten

Fast um die Haumllfte (42 Prozent) so hat die US-Agrarbehoumlrde juumlngst errechnet koumlnnten die europaumli-

Auftrag 201

sehen Verbraucher billiger einkaushyfen wenn sie uumlber kuumlnstlich hochshygehaltene Preise nicht die staatlishychen Zuwendungen an die Landshywirte finanzieren muumlszligten - Ein Mechanismus uumlbrigens der auch unserer Landwirtschaft nur scheinbar dient Er zwingt naumlmlich Europas Bauern immer mehr zu produzieren um uumlberleben zu koumlnshynen

Aber nicht nur die Abschottung gegen Agrarimporte macht die EG zum Henker der Dritten Welt Durch die hohen garantierten Preishyse in der Europaumlischen Gemeinshyschaft produzieren Europas Landshywirte Unmengen an Uumlberschuumlsshysen die regelmaumlszligig auf die Weltshymaumlrkte geworfen werden Durch Dumpingpreise verdraumlngen sie auch auszligerhalb der EG noch die Erzeugnisse der Entwicklungslaumlnshyder

Dem Wettbewerb mit Europa shyegal ob in Europa oder auszligershyhalb - ist eben niemand gewachshysen resuumlmiert denn auch Carlo Ripa di Meana - er meint es stolz kaum nachdenklich

Verschuldung als Schlinge um den Hals

Alle Entwicklungslaumlnder zusamshymen sind heute mit niemals zushyruumlckzahlbaren 245 Billionen Mark bei den Industrienationen vershyschuldet Auszligerdem zahlen sie an Tilgung und Zinsen 43 Milliarden Dollar mehr als die Reichen als sie aus ZuschOssen oder Krediten

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erhalten Das heiszligt nichts anderes als Die Lage der Entwicklungslaumlnshyder wird auch nach 1993 immer hoffnungsloser weil sie immer abshyhaumlngiger werden Doch das ist nicht die einzige Hiobsbotschaft fuumlr die Laumlnder der Dritten Welt Auch die Oumlffnung Osteuropas wird sich negativ fuumlr sie auswirken

Wir haben doch nur noch Aushygen fuumlr den Osten der Suumlden intershyessiert uns doch gar nicht mehr gesteht Willy Brandt Vorsitzender der Nord-Suumld-Kommission selbstshykritisch ein Die Europaumlische Geshymeinschaft arbeitet ausschlieszligshylich daran noch maumlchtiger zu wershyden Der neueste Plan Eine giganshytische Freihandelszone zwischen der EG und Osteuropa soll binnen zehn Jahren realisiert werden

Und den EG-Verantwortlichen laumluft das Wasser im Mund zusamshymen wenn sie an all die ungeahnshyten Moumlglichkeiten denken die sich durch den Zusammenbruch des Ostblocks und des Comecon jetzt fuumlr sie eroumlffnen Millionen billigshyster Arbeitskraumlfte und riesige Abshysatzchancen fuumlr EG-Waren - und das unmittelbar vor der eigenen Haustuumlr

Lukrative Geschaumlfte mit Osteuropa

Wen interessiert da noch daszlig marokkanische Bauern alljaumlhrliCh auf Millionen Tonnen natuumlrlich unter der Sonne gereiften preisshyguumlnstigen Gemuumlsen und Fruumlchten sitzenbleiben weil die Europaumlishy

sehe Gemeinschaft ihren Verbraushychern lieber Lebensmittel aus kuumlnstlich beheizten zigfach teureshyren hollaumlndischen Treibhaumlusern aufdraumlngt

Der Grund Nach wie vor macht der die dicksten Gewinne der seishyne eigenen Maumlrkte gegen Konkurshyrenzprodukte abschottet die fremshyden Maumlrkte aber als Absatzbasen nutzt

Dieses Problem verschaumlrft sich fuumlr die Entwicklungslaumlnder dashydurch daszlig sie Industrieguumlter bei uns meist gegen Devisen kaufen muumlssen Devisen aber koumlnnen sie kaum erwirtschaften wenn wir sie bei uns nichts verkaufen lassen Wir haben dafuumlr eine verbluumlffend einfache Hilfestellung gefunden Wir nehmen statt Devisen goumlnnershyhaft unveredelte Rohstoffe zu Preishysen die wir mehr oder weniger selbst festlegen So erhalten wir sie viel billiger als wenn wir der Dritten Welt erlauben wuumlrden sie zu veredeln und uns dann Halbshyfertig- oder Fertigprodukte teurer zu verkaufen Ein Teufelskreis aus dem aus eigener Kraft die Laumlnder der Dritten Welt nicht mehr entshykommen koumlnnen

Hans Joachim Hofmann

(aus missio aktueI292)

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Migration in Europa Europa - vom Auswanderungsshyzum Einwanderungskontinent

Sehr lange ist es noch nicht her da war Europa der Kontinent der Auswanderung Mehr als 200 Jahshyre lang wanderten Polen und Iren Englaumlnder und Franzosen Italieshyner und Deutsche in groszliger Zahl aus in das Land der unbegrenzten Moumlglichkeiten nach Nordamerishyka Doch auch Suumldamerika Aushystralien afrikanische und asiatishysche Kolonialgebiete waren Ziele europaumlischer Zuwanderung und dies nicht nur aus den genannten Laumlndern sondern auch aus Spashynien Portugal Holland Be~gien ja eigentlich aus allen europaumlischen Laumlndern Im heutigen - gedanshykenlosen oder boumlsartigen Sprachgebrauch wuumlrde man diese Auswanderer uumlberwiegend als Wirtschaftsfluumlchtlinge bezeichshynen

Das Blatt hat sich gewendet Deshymokratisierung Befriedung und ein unerhoumlrter wirtschaftlicher Aufschwung haben West- und Mitshyteleuropa seit den 50er Jahren grundlegend veraumlndert und erfaszligshyten nach und nach auch Suumldeuroshypa Selbst aus den Randgebieten aus Irland Portugal Sizilien wanshydern immer weniger Menschen aus Spanien und Italien sind zu neuen Zielen der massiven Einshywanderung von Suumlden und Osten

Auftrag 201

geworden Hunderttausende ethnishysche Griechen wandern - wie die deutschen Aussiedler - aus Ruszligshyland und anderen Laumlndern in die Heimat ihrer Vorfahren zuruumlck In den alten und neuen Laumlndern Suumldshyamerikas Afrikas und des asiatishyschen Kontinents insbesondere aber auch in Osteuropa und den auseinanderstrebenden Staaten der ehemaligen Sowjetunion beshystimmen politische Instabilitaumlt ethnische religioumlse soziale Konshyflikte und Kriege gewaltige gesellshyschaftliche Umbruumlche sowie katashystrophale wirtschaftliche Bedinshygungen vielfach die Lebenssituashytion der Menschen Europa und Nordamerika heiszligen ihre Traumlume die sie anders als noch vor wenishygen Jahrzehnten taumlglich im Fernshysehen vor Augen haben nur wenishyge Flugstunden oder Reisetage mit Bahn oder Schiff entfernt Wo Not oder Verfolgung druumlckend und die Zukunft in der Heimat ohne Hoffnung ist bleibt die Hoffnung auf Hilfe und Schutz durch die rechtsstaatlichen geordneten wohlhabenden westlichen Demoshykratien Hunderttausende versushychen jedes Jahr nach Europa zu fliehen Ihre Zahl wird steigen soshylange Bedraumlngnis und Not bleiben denn unsere Welt waumlchst weiter zusammen Sie sind keine Verbreshycher ebensowenig wie die Europaumlshyer Verbrecher waren die aus ihrem Elend ins Gelobte Land Amerika ausgewandert oder vor Verfolgung und Krieg nach Schweden Groszligshybritannien oder Amerika geflohen

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sind Das Recht dahin zu wanshydern wo man ertraumlgliche Lebensshybedingungen findet ist vom Zweishyten Vatikanischen Konzil und der Katholischen Soziallehre mehrshyfach ausdruumlcklich betont worden Und in der Eigentumsfrage lautet der allererste Grundsatz - noch vor dem Recht auf Privateigenshytum - daszlig die Guumlter der Welt eine allgemeine Bestimmung fuumlr das Leben aller Menschen haben daszlig in der Not alle Guumlter gemein sind

Migrationspolitik von der nationashylen zur europaumlischen Ebene

Die Frage der Migration der Auslaumlnder- und Fluumlchtlingspolitik sind heute keine nationalen Frashygen mehr in Europa Mit der Vollshyendung des Europaumlischen Binnenshymarktes und dem Wegfall der inshynergemeinschaftlichen Grenzen stellt sich unwiderruflich der Zeitshypunkt ein wo Asylbewerber Fluumlchtlinge und Zuwanderer in jeshydem Land der EG gleichzeitig auch potentielle Zuwanderer in den anshyderen Laumlndern sind wo die Harmoshynisierung der europaumlischen Politik in diesem Feld nicht weiter aufshyschiebbar bleibt

Doch viele Menschen in Europa sind tief beunruhigt Sie haben Angst vor den vielen Fremden sorshygen sich um die Finanzierbarkeit des Sozialstaates fuumlrchten aus Wohnungen und Arbeitsplaumltzen verdraumlngt zu werden

Zwischen der Verantwortung fOr unsere Zukunft und fuumlr die Glaubshy

wuumlrdigkeit unserer Werte in der zushysammenwachsenden Welt und den Aumlngsten oft auch dem beshyrechtigten Aumlrger der Bevoumllkerung darf die Politik nicht Kopf und Herz verlieren Sie muszlig Angst und Aumlrger der Menschen ernst nehshymen Aber sie muszlig ihnen auch die Wahrheit zumuten und darf sie nicht aus der Verantwortung fuumlr die Zukunft entlassen Vor allem muszlig sie uumlberzeugende Loumlsungen fuumlr die Probleme an den Wurzeln von Flucht und Zuwanderungsbeshywegungen aufzeigen

An den Anfang einer verantwortshylichen und realistischen Gesamtshykonzeption zur Migration in Euroshypa gehoumlrt die Antwort auf grundshysaumltzliche Fragen - Ist es richtig daszlig wir alle Menshy

schen hier aufnehmen und ihshynen helfen

- Koumlnnen wir das Oberhaupt vershykraften Soll Europa ein offener Kontishynent sein - oder muumlssen wir uns abschotten gegen eine arme und von Unruhen geshyschOttelte Welt

- Und weiter Was geschieht heute mit den Menschen die als Auslaumlnder zu uns kommen und unter uns leben Finden sie hier eine Heimat werden sie integriert was muumlszligte geaumlnshydert werden

- Schlieszliglich - wie koumlnnen wir die Zustimmung der Bevoumllkeshyrung tor eine vernuumlnftige und verantwortliche Migrationsshyund Fluumlchtlingspolitik in den

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europaumlischen Laumlndern gewinshynen die auf mittlere und lange Sicht unabdingbar tur die Handlungsfaumlhigkeit der Politik in diesem Bereich ist

Die Verwirrung ist groszlig nicht nur bei der Bevoumllkerung auch in der Politik Was fehlt ist ein Geshysamtkonzept das einsichtig und praktikabel erscheint das Vertraushyen schafft Und dazu muumlssen wir uns zunaumlchst diesen Grundfragen zuwenden Also zuallererst Ist Mishygration etwas Gutes oder etwas Schlechtes Brauchen wir Grenshyzen oder muumlssen wir die Grenzen uumlberwinden

Natuumlrliche und kuumlnstliche Grenzen

Ich moumlchte hier einige ganz pershysoumlnliche Erfahrungen an den Anshyfang stellen Ich kann mich erinmiddot nern daszlig ich als Kind immer ein prickelndes Gefuumlhl in der Magenshygegend hatte wenn ich mich der Grenze naumlherte Wenn mein Groszligshyvater mit uns sonntags einen Ausshyflug nach Belgien oder Holland machen wollte dann waren wir aufgeregt und neugierig Erst muszligshyte man ja uumlber die Grenze hinuumlbershykommen Das war gar nicht so selbstverstaumlndlich Man muszligte ja Ausweise vorzeigen der Zoumlllner lief ums Auto herum guckte hershyein und fragte etwas und wenn man dann druumlben war war alles anders Die Farben der Daumlcher wamiddot ren anders die Doumlrfer die Schilder waren anders die Leute sprachen eine andere Sprache und zogen

andere Kleider an Als ich noch kleiner war da verlief fuumlr mich die Grenze rund um unser Dorf Im Nachbardorf in Altstaumltten waren die Menschen ein biszligehen anders fremd fuumlr uns Die Kinder aus dieshysem Nachbardorf kannten ein paar andere Worte andere Lieder anshydere Spiele Man muszligte irgendwie vorsichtig sein wenn man ihnen begegnete denn manchmal reamiddot gierten sie anders als man das geshywohnt war Es war immer ein kleishynes Abenteuer

Was fangen wir aber nun an mit einer Welt in der all diese Grenzen verschwinden Grenzen die unsemiddot re Heimat bewahren Grenzen deshyren Uumlberwindung uns den Zugang zum Fremden zum Anderen und manchmal auch zum Geheimnisshyvollen erst eroumlffnen Was fangen wir also an mit einer Welt der Einshyheitskultur in der das Eigene also die Heimat bald genausowenig mehr existiert wie das Fremde von dem man fasziniert ist und lernen kann wenn man den Zugang dazu gefunden hat

Ich glaube es ist klar daszlig unser Leitbild nicht die totale Vermimiddot schung aller Kulturen der totale Wegfall aller Grenzen sein kann Was aber wenn diese Grenzen als Grenzen von Kulturen als Grenzen von Lebensraumlumen nicht mehr beshystehen Sollen wir kuumlnstliche Grenzen errichten Sollen wir um auf Europa zuruumlckzukommen eine Wagenburg Europa errichten nicht nur als Hort von Freiheit von Rechtsstaatlichkeit und Wohlshy

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stand sondern auch zur Wahrung unserer Identitaumlt als Waffe zum Schutz unserer Heimat

Die Herausforderungen

Jeder der heute sehen und denshyken kann weiszlig daszlig dies keine Loumlshysung ist Wir muumlssen uns heute eishyner fOnffachen Herausforderung im Hinblick auf die Wanderung und Flucht von Menschen aus eishynem zum anderen Land aus einem zum anderen Kontinent stellen

Kulturelle Vielfalt bewahren

Wir muumlssen so leben lernen daszlig die Welt die sich an unserem Leshybensstil orientiert ihn uumlbernehshymen kann ohne unterzugehen Ich will versuchen darzustellen was sich hinter dieser Herausfordeshyrung verbirgt Glauben wir eigentshylich allen Ernstes daszlig wir uumlber laumlngere Zeit verhindern koumlnnen daszlig sich die Menschen in heute noch aumlrmeren Laumlndern mit den taumlglichen Bildern und Fernsehbilshydern unseres Wohlstandes vor Aushygen mit aller Macht daraum bemuumlshyhen unser Lebensniveau zu erreishychen Ist es uns eigentlich wirkshylich klar daszlig das eine Katastrophe waumlre wenn die Menschen in der ganzen Welt unser Lebensniveau unser Wohlstandsniveau erreishychen wOrden unseren Lebensstil haben wuumlrden den wir heute hashyben Unser westlicher Rohstoffshyund Energieverbrauch uumlbertragen auf die gesamte Weltbevoumllkerung wuumlrde die Erde innerhalb einer Geshy

neration zu einer oumlkologischen Kashytastrophe fuumlhren Wo sind denn unsere Bemuumlhungen einen Wohlshystands- und Fortschrittsbegriff auch mit dem klugen Einsatz aller wissenschaftlichen und technishyschen Moumlglichkeiten zu entwikshykein und darauf aufbauend konshykrete Lebensformen zu entwickeln und bei uns vorzuleben die auch tor die ganze Welt Bestand haben koumlnnten Die also auch nachgeshymacht werden koumlnnten die irgendshywann einmal in der ganzen Welt praktiziert werden koumlnnten ohne daszlig es eine Katastrophe gibt Denn wir werden auf Dauer nicht verhindern koumlnnen daszlig die andeshyren Laumlnder die Menschen in den anderen Laumlndern nachziehen Die naumlchste grundsaumltzliche Frage Hashyben wir eigentlich erfaszligt was es bedeutet daszlig wir mit rasenden Schritten auf eine gesellschaftlishyche Monokultur zusteuern in der sich von Alaska bis nach Feuershyland von Portugal bis nach Korea vom Nordkap bis nach Kapstadt die gleichen Denkmuster die gleishychen Formen des Wirtschaftens und des Verbrauchens des Zushysammenlebens und der Kommunishykation zwischen den Menschen durchsetzen In der Landwirtshyschaft und in der Oumlkologie kennen wir heute die verheerenden Folgen von MonOkulturen einseitige Beshyanspruchung und damit Erschoumlpshyfung der natuumlrlichen Ressourcen VerSChwinden der Artenvielfalt Anfaumllligkeit fuumlr Schaumldlingsbefall und vieles mehr Hat eigentlich

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niemand Angst vor einer weltweishyten gesellschaftlichen Monokulshytur

Und wenn uns die kulturelle Vielfalt fuumlr das Uumlberleben der Menschheit wie auch fuumlr die Entshyfaltungsmoumlglichkeiten des einzelshynen Menschen unverzichtbar zu sein scheint wenn wir aber gleichshyzeitig die Naturgewalt des Streshybens der Menschen nach einem Leben ohne materielle Not erkenshynen in dieser einsgewordenen Welt wie sehen dann unsere Loumlshysungsvorschlaumlge aus fuumlr den polishytischen und wirtschaftlichen Rahshymen einer Weitentwicklung zur Uumlberwindung von Not bei Uumlberleshyben kultureller Vielfalt Ich kenne solche Vorschlaumlge bis jetzt nicht Aber was vielleicht schlimmer ist ich kenne auch im politischen Beshyreich keine relevanten und wirklich aktuellen Diskussionen uumlber diese Fragen

Wann wollen wir eigentlich dashymit beginnen solche Fragen in unshyseren politischen Dringlichkeitsshykatalogen mit der houmlchsten Priorimiddot taumltsstufe zu versehen Vielleicht in 30 Jahren wenn kulturelle Vielshyfalt nur noch ein Thema der Museshyen und Religionshistoriker ist

Fluchtursachen bekaumlmpfen

Wir muumlssen mit groszliger Konseshyquenz die Ursachen von erzwungeshyner Flucht und Migration in aller Welt bekaumlmpfen Hunger Not Unshyfreiheit Menschenrechtsverletshyzungen Krieg Umweltzerstoumlrung

Auftrag 201

Dies ist eine langfristige Aufgabe Aber sie muszlig jetzt angegangen werden Und nicht mit Worten sondern mit Taten mit klaren Strashytegien houmlchster Prioritaumlt und auch mit zusaumltzlichen Mitteln Das ershyfordert viele einzelne Maszlignahmen - Menschenrecht geht vor natioshy

nale Souveraumlnitaumlt Das Recht auf Intervention im Falle schwerwiegender anhaltender MenschenreChtsverletzungen ist in den Statuten der UNO und regionaler Gremien der Zushysammenarbeit von Staaten zu verankern Fuumlr solche Intervenshytionen sind geeignete Instrushymente zu schaffen

- Hunger ist eine der schwersten Beeintraumlchtigungen von Menshyschenwuumlrde In einem Stufenshyplan muumlssen bis Ende des Jahrzehnts alle Handeisbeshyschraumlnkungen und -erschwershynisse fuumlr Guumlter aus Entwickshylungslaumlndern abgebaut wershyden Die Foumlrderung produktivishytaumltsorientierter Armutsbeshykaumlmpfung und Selbsthilfe aus den EntwiCklungShilfeetats ist zu vervielfachen Durch groszligzuumlshygige und differenzierte Entshyschuldungshilfen muumlssen in weiten Teilen der Dritten Welt die Fundamente fuumlr eigenstaumlnshydige gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung wieder neu gelegt werden Die Zielparameter in den Sanieshyrungskonzepten des internatioshynalen Waumlhrungsfonds muumlssen ergaumlnzt werden damit in Zushy

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kunft gesellschaftliche Zusamshymenbruumlche und Sanierungskrishysen im Zusammenhang mit Hilshyfen des Waumlhrungsfonds vershymieden werden

Die Vergabe von Entwicklungsshyhilfe an die Regierungen in Entshywicklungslaumlndern muszlig davon abshyhaumlngig gemacht werden daB dieshyse ihren Buumlrgern ein Mindestmaszlig an politischer und wirtschaftlicher Freiheit einraumlumen und nicht die Uumlberwindung von Armut durch zentrale Kommandowirtschaft blockieren Denn ohne Freiheit gibt es keine Entwicklung

Durch konsequente internatioshynal abgestimmte Kontrolle des Waffenexportes muszlig die Ansammshylung und Wiederbeschaffung von Waffen fuumlr Kriege verhindert wershyden Entwicklungshilfe auf staatlishycher Ebene muszlig solchen Regierunshygen verweigert werden die zum Schaden ihres Landes uumlberdurchshyschnittlich hohe Anteile des Volksshyeinkommens fuumlr die Militaumlrhausshyhalte verwenden

Durch die Zusage einer raschen Assoziierung und einer spaumlteren Vollmitgliedschaft in der E~rop~ishysehen Gemeinschaft sowie em konkretes und groszligzuumlgiges Hilfsshykonzept fuumlr den gesellschaftlichen Umbau und wirtschaftlichen Aufshybau Osteuropas muszlig den Menshyschen in den ehemals kommunistishyschen Laumlndern einschlieszliglich d~r Laumlnder der ehemaligen Sowjetumshyon die Perspektive fuumlr eine lebensshyw~rte Zukunft in ihrer Heimat eroumlffnet werden

Hilfe bei Katastrophen

Wir muumlssen denjenigen die kurzfristig Hilfe brauchen in ihrer Heimat helfen - oder in ihren Nachbarregionen wenn sie schon geflohen sind Dies gilt sowohl fuumlr Natur- oder technische Katastroshyphen wie fuumlr Hungersnoumlte und Kriege Sonst werden wir sie nicht davon abhalten koumlnnen in zu groshyBer Zahl zu uns zu kommen Auch dies erfordert konkrete Maszlignahshymen - Auf internationaler Ebene muszlig

eine humanitaumlre Eingreifeinshyheit gebildet werden die bei Naturkatastrophen technimiddot sehen Groszligunfaumlllen und bOrshygerkriegs- oder hungerbedingshyten Fluchtwellen innerhalb von Stunden mit dem Aufbau wirkshysamer Hilfsstrukturen am Kashytastrophenort oder in unmittelshybarer Nachbarschaft beginnen kann

- Neben den Voraussetzungen fuumlr unverzOgliche Uumlberlebensshyhilfe in solchen Katastrophenshyfaumlllen muumlssen auch die rechtlishychen und operationellen Vorshyaussetzungen fuumlr den militaumlrishyschen Schutz solcher Hilfsakshytionen gegen Uumlbergriffe und Angriffe geschaffen werden

Aufnahme fuumlr alle die Schutz brauchen

Wir muumlssen denen Schutz geshyben die SChutz brauchen Damit dies auch in der Praxis unserer Laumlnder moumlglich ist muumlssen die

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Verfahren zur Unterscheidung von Schutz- und Hilfsbeduumlrftigen kurz fair und zwischen den westlichen Demokratien abgesprochen sein Daruumlber hinaus muszlig die Definition der SchutzbedOrftigkeit realishystisch der Rechtsstatus der Schutzbeduumlrftigen im Interesse ihshyrer gesellschaftlichen Integrierbarshykeit klar sein Im einzelnen heiszligt dies - Die Definition eines politishy

schen Fluumlchtlings muszlig in allen Laumlndern (insbesondere auch in Deutschland wo der Art 16 des Grundgesetzes sehr reshystriktiv interpretiert wird) wieshyder nach den Kriterien der Genshyfer Fluumlchtlingskonvention ershyfolgen Der Ausschluszlig von Folshyteropfern oder von verfolgten schutzsuchenden Menschen aus Buumlrgerkriegslaumlndern ist zyshynisch und fuumlhrt bei der Bevoumllshykerung die dies ja im einzelnen nicht erfaumlhrt und die abgelehnshyten Fluumlchtlinge als Wirtshyschaftsfluumlchtlinge ansieht zur weiteren Fluumlchtlingsfeindshylichkeit denn diese Menschen duumlrfen dann ja trotz der Ablehshynung als politische Fluumlchtlinge nicht abgeschoben werden

- Auch Verfolgungsfluumlchtlinge aus von Krieg und Buumlrgerkrieg betroffenen Laumlndern muszlig vorshyuumlbergehend Schutz und Aufshynahme gewaumlhrt werden wenn sie nicht in kriegsfreien Zonen ihrer Heimat oder in direkter Nachbarschaft SChutz finden Fuumlr die Aufnahme solcher

Auftrag 201

Fluumlchtlinge sind zwischen den EG-Staaten prozentuale Quoshyten und finanzielle Ausgleichsshyleistungen abzusprechen

- Wer als anerkannter politishyscher Fluumlchtling oder als Fluumlchtling mit voruumlbergehenshydem Bleiberecht laumlnger als 3 Jahre in Europa weilt muszlig das Recht auf einen unbefristeten Aufenthalt hier haben auch wenn sich die Verhaumlltnisse in seinem Heimatland danach veraumlndern Wer keine Lebensshyperspektiven hier hat kann sich kaum integrieren Die Folshygen davon aber sind Belastunshygen des Zusammenlebens und die Foumlrderung von Fremdenshyfeindlichkeit

Zusammenleben mit Menschen aus verschiedenen Kulturen

Wir muumlssen lernen mit Menshyschen verschiedener Kulturen in unseren Heimatlaumlndern gut zushysammenzuleben seien es Fluumlchtshylinge oder Auslaumlnder die wir als Arbeitskraumlfte hereingeholt oder hereingelassen haben Dieses Zushysammenleben von Menschen aus unterschiedlichen Kulturen ist in fast allen europaumlischen Laumlndern insbesondere auch in DeutSChshyland eine schlichte Tatsache der wir uns nicht verschlieSen koumlnnen Trotzdem verursachen Begriffe wie Multikulturelle Gesellschaft oder auch der Hinweis darauf daszlig unsere europaumlischen Gesellschafshyten seit Jahren de facto Einshy

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wanderungslaumlnder gewesen sind und es wohl auch in Zukunft bleishyben werden groszlige Aggressioshynen - bei Politikern wie in der Beshyvoumllkerung Wer den Widerstand und die Aggressivitaumlt die in dieshysen Diskussionen aufbricht vershystehen will der muszlig sich vor allem die Frage auch nach unserer eigeshynen kulturellen Situation stellen In seinem Werk Die Stadt in der Wuumlste laumlszligt der franzoumlsische Dichshyter Antoine de Saint-Exupery einen arabischen Nomadenfuumlrsten der seinen Sohn uumlber die Erziehung und verantwortliche FOhrung des Volkes belehrt sagen Wenn ich dich also in deiner Kindheit so wie die anderen geformt habe wirst Du die gleichen Gesichter wie die Leute des Volkes entdecken die gleichen Regungen der Liebe ershyfahren und so werdet ihr verbunshyden sein Denn ich weiszlig jetzt daszlig die Liebe wiedererkennen heiszligt und daszlig dies die Erkenntnis der Gesichter bedeutet die sich durch die Dinge hindurch ablesen lassen

Die Gemeinsamkeit erster praumlshygender Lebenserfahrungen durch die Woumlrter und Begriffe der gleishychen Sprache durch gleiche Geshybete und Feste die gefeiert wershyden durch die gleichen Jahreszeishyten die gleichen FrOchte die gleishychen Tagesablaumlufe schafft eine inshynere Verbundenheit ein Sichvershystehen ein Grundempfinden von Sicherheit zwischen den Menshyschen einer Region eines Landes das den roten Faden das Ruumlckshy

grat einer lebendigen Kultur bildet Und wo die Heranwachsenden ih- rerseits wiederum ein Heim schafshyfen in dem dieses Leben von der naumlchsten Generation erfahren ershylebt wird - bei allen Veraumlnderunshygen in Einzelheiten die sich in den Jahren ergeben - da gewinnt dieshyse Kultur Stabilitaumlt vermittelt den Menschen Geborgenheit gibt ihshynen eine innere Heimat

Wer glaubt hier handele es sich um konservative Romantik um poshylitikferne Gefuumlhlsduselei der hat uumlberhaupt nicht verstanden von welch zentraler Bedeutung diese auf Heimat gruumlndende lebendige Kultur fOr die Offenheit einer Geshysellschaft gegenuumlber Fremden fuumlr Toleranz und Demokratiefaumlhigkeit ist Wir wissen heute daszlig ein Kind um so eher und um so staumlrker in der Lage ist selbstbewuszligt und neugierig auf die Welt rundherum auf die Dinge Pflanzen Tiere und Menschen zuzugehen je mehr es in seinen ersten praumlgenden Leshybensjahren Geborgenheit bedinshygungslose Liebe Sicherheit erfahshyren hat Groszligzuumlgigkeit Angstfreishyheit die Faumlhigkeit sich hinzugeshyben im Engagement zu lieben hashyben hier ihre Wurzeln Koumlnnte es nicht sein daszlig die Krise unserer eigenen Kultur die Unsicherheit und Fremdheit der Menschen in den europaumlischen Gesellschaften untereinander angesichts des Vershyfalls gemeinsamer Lebenserfahshyrungen gemeinsamer Werte anshygesichts des Fehlens von Geborshygenheit und wirklicher Heimat weshy

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sentliche Ursachen fOr die Angst und Aggressivitaumlt vieler Menschen gegenOber den Fremden den Ausshylaumlndern sind Vor allem wenn man bei diesen Auslaumlndern gerashydezu riechen kann daszlig sie sicher sind geborgen in einer lebendishygen uns fremden Kultur daszlig sie - im Gegensatz zu unserer inshyneren Heimatlosigkeit - ihre Heishymat in sich tragen (und sofort um sich herum verbreiten in ihren Wohnungen bei ihren Festen in ihren Wohnvierteln)

Da wo Heimat nicht mehr als Geborgenheit im Alltag erlebbar ist wo die Selbstverstaumlndlichkeit der Teilnahme an einer lebendishygen oft nicht zuletzt auch durch einen einheitlichen Sprachraum definierten Kultur fehlt erhalten die abstrakten Begriffe Nation und Volk losgeloumlst von der Realitaumlt des Lebens eine fast magische Bedeutung und stroumlmen in dieses Vakuum ein ohne doch die Sehnshysucht der Menschen nach Heimat und Sicherheit stillen zu koumlnnen Und das vermehrt auf tragische Weise die Gefahren die sich aus unserer kulturellen Krise ergeben

Irrwege der Auslaumlnderpolitik

Doch was ergibt sich aus alldem fuumlr unsere Realitaumlt einer Gesellshyschaft mit Menschen aus vielen Kulturen Was ist zu tun Wie solshylen wir mit dieser Realitaumlt umgeshyhen wie sie gestalten

Sehen wir uns zunaumlchst einmal an wie es nicht geht Als wenn

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die Zerstoumlrung des Oumllbaumes gleichbedeutend mit der Liebe zur Zeder waumlre schreibt Saint-Exushypery in seiner Stadt in der WOshyste Die Unterdruumlckung die geshysellschaftliche oder politischshyrechtliche Diskriminierung des eishygenstaumlndigen kulturellen Lebens der Auslaumlnder die unter uns leben ist kein Mittel um die Lebendigshykeit und Orientierunskraft unserer eigenen Kultur fuumlr die Menschen in unserem Land zu foumlrdern oder zu schuumltzen Im Gegenteil Bei geshy

nauerem Hinsehen erkennen wir daszlig das Bild des Baumes das den Oumllbaum mit der Zeder verbindet auch in der Zeder schweren Schashyden erleidet wenn wir - um sie zu schOtzen - den Oumllbaum zerstoumlren wollten Die Unterdruumlckung des kulturellen Lebens von Menschen ist Unterdruumlckung ihrer Person denn ihre Kultur ist unverzichtbashyrer Bestandteil ihres Seins und wie koumlnnten wir noch an die Guumllshytigkeit der grundlegenden Werte unserer eigenen Kultur glauben shydie Wuumlrde der menschlichen Pershyson seine Freiheit sein Recht auf Entfaltung - wenn wir im Zusamshymentreffen mit Menschen anderer Kultur dagegen verstieszligen Folge waumlre eine immer heillosere Zerstoumlshyrung unserer auf dem christlichshyhumanistischen Verstaumlndnis vom Menschen gruumlndenden Kultur uno serer Sinn- und Weltorientierung die wir zu schuumltzen vorgeben durch offensichtliche Unglaubwuumlrshydigkeit Als weitere Alternative wird die Abgrenzung gehandelt

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vor allem in der Asyl- und Fluumlchtshylingspolitik Lassen wir noch einshymal Saint-Exupery zu Wort komshymen Ich entsinne mich was mit den 3000 Fluumlchtlingen aus der Bershyberei geschah als sie mein Vater in einem Lager noumlrdlich der Stadt unterbrachte Er wollte nicht daszlig sie sich mit den Unseren vermischshyten Da er guumltig war speiste er sie und versah sie mit Stoffen mit Zucker und Tee Als Entgelt fuumlr seishyne groszligmuumltige Gabe verlangte er jedoch keine Arbeit von ihnen Wer haumltte sie aber fuumlr gluumlcklich halten koumlnnen Sieh nur sagte mein Vater sie werden zu Vieh und beginnen sachte zu faulen Nicht in ihrem Fleisch aber in ihshyren Herzen Denn alles verlor fuumlr sie seinen Sinn

Treffender als in diesem vor eishynem halben Jahrhundert skizziershyten Bild laumlszligt sich die Art und Weishyse wie wir in vielen Laumlndern Euroshypas mit Asylbewerbern und den sogenannten De-facto-Fluumlchtlinshygen umgehen kaum beschreiben Die Sache hat ja ihre eigene Logik Ein unverbundenes Nebeneinanshyder verschiedener Kulturen ist in unserer dichtbesiedelten kompleshyxen hochgradig arbeitsteiligen Gesellschaft ja gar nicht mehr moumlglich wenn ich den Auslaumlndern einen klaren rechtlichen Status volle Bewegungsfreieit innerhalb unseres Staatsgebietes und Arshybeitserlaubnis zugestehe Die rasche Vermischung ist dann unshyvermeidbar - was nicht heiszligt daszlig nicht Unterschiede - Religion

Traditionen Lebensweise - bei Kerngruppen der Zuwanderer uumlber Generationen hinweg bestehen bleiben koumlnnen aber zwischen ihshynen und der eingesessenen Bevoumllshykerung bilden sich immer breitere Bruumlcken

Abgrenzung erfordert Diskrimishynierung deren Folge aber - gerashyde wo es um Arbeit geht - ist kulshyturelle Zerstoumlrung eine Erfahrung von der bei uns nicht mit Arbeitsshyverboten belegte Fluumlchtlinge sonshydern auch die bei der Arbeitsaufshynahme diskriminierten Auslaumlnder aus N icht-EG-Staaten betroffen sind Abgrenzung heiszligt in unserer Gesellschaft notwendige Zerstoumlshyrung der fremden Kulturen friedlishyches Zusammenleben aber erforshydert vor allem die nicht diskrimishynierte Integration der Auslaumlnder in das Arbeitsleben Wer auf das Fakshytum des Zusammenlebens von Menschen verschiedener Kulturen in unserer Gesellschaft mit Abshygrenzung und Diskriminierung reashygiert der legt einen Sprengsatz an unsere gesamte Gesellschaft Auslaumlnder die erlebt werden als nicht integrierte auf Kosten der Steuerzahler herumlungernde Schmarotzer als verzweifelte Unshyderdogs gefangen im Dreieck von psychischem Verfall Kriminalitaumlt und Aggression werden zu Recht von der Bevoumllkerung als Bedroshyhung empfunden und stellen den idealen Naumlhrboden fuumlr rechtsexshytreme Wahlerfolge dar

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Kulturelle Erneuerung

Aber heiszligt nicht Integration und daraus folgend Vermischung tatshysaumlchliche Bedrohung des gewachshysenen Bestandes unserer Kultur So fragen manche Tatsaumlchlich ist die Frage einer Behauptung von Werten Traditionen und Lebensshyweisen aber nicht nur eine Frage von Quantitaumlten Auch die Diskusshysion uumlber Mehrheitskultur und Minderheiten-Kulturen ist - im Hinblick auf das politische Hanshydeln - unergiebig In dem Maszlige wie sich Elemente unserer Kultur als lebendig erweisen - Sprache Wertvorstellung Lebensweishysen - werden sie Ober die Geshynerationen hinweg auch die Zugeshywanderten praumlgen Wo aber nichts mehr ist da gibt es auch nichts zu schuumltzen und hier koumlnnen wir gluumlcklich sein wenn kulturelle Einshyfluumlsse der Auslaumlnder bei uns wirkshysam werden das Vakuum fOlien denn der einzelne Mensch der nach Orientierung nach Lebensshyformen nach Lebenssinn sucht wird kaum danach fragen ob das worin er dies findet einen deutshyschen franzoumlsischen italienishyschen oder asiatischen Stammshybaum hat

Doch machen wir uns keine illushysionen Gerade weil unsere Kultur in der Krise steckt ihre Bindungsshykraft stark abgeschwaumlcht ist weil ausufernder abstrakter Nationalisshymus im Vakuum innerer Heimatshylosigkeit gedeiht ist die Gefahr der intoleranten der aus Angst ge-

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borenen aggressiven und irratioshynalen Reaktion auf das Faktum unshyserer Gesellschaft mit Menschen aus verschiedenen Kulturen nicht gering Wenn dies aber bestimshymend wuumlrde kaumlmen wir in ein ausshysichtsloses Dilemma an dessen Ende Nihilismus und Unfreiheit stuumlnden

Doch machen wir uns keine illushysionen Gerade weil unsere KUltur in der Krise steckt ihre Bindungsshykraft stark abgeschwaumlcht ist weil ausufernder abstrakter Nationalisshymus im Vakuum innerer Heimatshylosigkeit gedeiht ist die Gefahr der intoleranten der aus Angst geshyborenen aggressiven und irratioshynalen Reaktion auf das Faktum uno serer Gesellschaft mit Menschen aus verschiedenen Kulturen nicht gering Wenn dies aber bestimshymend wuumlrde kaumlmen wir in ein ausshysichtsloses Dilemma an dessen Ende Nihilismus und Unfreiheit stuumlnden

Groszlig sind deshalb die Aufgashyben die vor uns stehen und groszlig ist unsere Verantwortung - Wir muumlssen den weiteren Zushy

zug von Menschen aus fremshyden Kulturen in unser Land beshyhutsam steuern um in der preshykaumlren Stimmungslage in der sich ein groszliger Teil unserer desorientierten Bevoumllkerung befindet die Menschen nicht zu uumlberfordern Eine groszligzuumlgishyge Aufnahme verfolgter Fluumlchtshylinge und die Aufnahme enger Familienangehoumlriger von hier lebenden Auslaumlndern sind zur

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Zeit neben der Offenheit innershyhalb der Europaumlischen Geshymeinschaft und der Zuwandeshyrung der Aussiedler das einzishyge was moumlglich ist auch wenn wir bald wieder Zuwanderung brauchen werden

- Wir muumlssen alle Anstrengunshygen darauf richten durch eine auf die Entfaltung und lnshypflichtnahme der einzelnen Person geriChtete Politik (Fashymilie und Wohnen Bildung und soziales Handen humane Arshybeit und verantwortliches Wirtshyschaften) allmaumlhlich die Chanshycen der Menschen wieder zu verbessern zu Geborgenheit Heimat und damit Selbstsishycherheit und Offenheit zu finshyden Denn nur wenn wir uns selbst in unseren Gesellschafshyten wieder zu Hause fuumlhlen und unsere Heimat mit kritishyscher engagierter Liebe sehen und gestalten werden wir faumlshyhig die Chancen der Begegshynung mit Menschen aus andeshyren Kulturen in unseren eigeshynen Laumlndern zu nutzen

Ohne ein Mindestmaszlig an soziashylem Konsens werden wir in unseshyrer Gesellschaft der kulturellen Vielfalt in naher Zukunft unfaumlhig zum Zusammenleben wird unser Staat unregierbar Doch dieses Mishynimum an Uumlbereinstimmung zwishyschen den Menschen unterschiedshylicher kultureller Herkunft und unshyterschied I icher Wertvorstell u ngen ist nur erreichbar wenn es gelingt alle Minderheiten ohne Diskrimishy

nierung in die gesellschaftliche Diskussion und die politische Meishynungsbildung einzubeziehen Ich erkenne nur eine einzige Ordnung an sagt Saint-Exupery Meine Ordnung besteht in der allgemeishynen Zusammenarbeit die sich mit Hilfe eines jeden einzelnen vollshyzieht und er faumlhrt fort Zwinge sie zusammen einen Turm zu baushyen so wirst Du sie in Bruumlder vershywandeln Willst Du jedoch daszlig sie sich hassen so wirf ihnen Korn vor Denn eine Kultur besteht aus dem was von den Menschen gefordert wird und nicht aus dem was sie geliefert erhalten

Zusammenfassend ist zu sagen Eine Welt der Heimatlosigkeit der Massenwanderung und Entwurzeshylung von Menschen ist politisch voumlllig unsteuerbar und wird untershygehen Sie ist auch unmenschlich denn der Mensch traumlgt in seinem Herzen die Sehnsucht nach Heishymat nach Vertrautheit und Kontishynuitaumlt Aber wenn Menschen ihre Heimat verlassen weil das Leben dort nicht mehr moumlglich ist dann helfen in unserer einsgewordenen Welt auch politische Grenzen nicht mehr dann helfen Polizei Gesetz und Militaumlr nicht mehr weishyter Wer vor dem Nichts flieht hat auch vor der Drohung mit Gefaumlngshynis mit Abschiebung oder Tod keishyne Angst Nur wenn wir erreichen daszlig die Menschen in ihren Laumlnshydern und in ihren angestammten Kulturen wieder uumlberleben und Heimat finden dann koumlnnen wir hoffen daszlig die Wanderungsbeweshy

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gungen auf Groumlszligenordnungen beshyschraumlnkt bleiben die verkraftbar sind und die den wohlhabenden Gesellschaften auch helfen nicht zu erstarren

Peter Koumlppinger

(aus Caritas Heft 21992)

Zur Festigung des Friedens beitragen

Vor Teilnehmern interkonfessioshyneller Militaumlrseelsorger Europas hielt Papst Johannes Paul 11 am 6 Februar in Nordamerika eine Rede Hier ein Auszug

Liebe Militaumlrseelsorger Ihr vershytretet viele Religionsgemeinschafshy

ten und ich begruumlszlige euch mit den Worten des Apostels Paulus Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater (KoI12)

Unsere Begegnung gibt mir Zushyversicht und Hoffnung weil ich die Pastoral arbeit unter den Soldaten immer als einen wichtigen Aufgashybenbereich angesehen habe

Eure Konferenz die sich zum dritten Mal trifft gibt mir nach dem vielversprechenden Beginn in Stuttgart und der zweiten Zusamshymenkunft in Luumlbeck die Gelegenshyheit nochmals meine lebendige Wertschaumltzung fuumlr die wichtige seelsorgliche Arbeit auszudrOkshyken die ihr unter dem Militaumlr und deren Familien leistet

Mit einem Blick auf die Liste der dreiundzwanzig Nationen die in

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dieser Konferenz vertreten sind stelle ich mit Freude fest daszlig die Anwesenheit der Militaumlrseelsorger sich in den Laumlndern Mittel- und Osteuropas aUSbreitet

In der christlichen Welt gab es immer eine beachtliche Tradition der Militaumlrseelsorge fuumlr das Mitishytaumlrpersonal Der Respekt und die Achtung der katholischen Kirche fuumlr die Militaumlrdienstleistenden ist klar in den Worten des zweiten Vashytikanischen Konzils in der Pastoshyralkonstitution Gaudium et spes ausgedruumlckt Dort lesen wir Wer aber als Soldat im Dienst des Vashyterlandes steht soll sich als Dieshyner der Sicherheit und Freiheit der Voumllker betrachten Er traumlgt durch die rechte Ausuumlbung seines Dienshystes wahrhaft zur Festigung des Friedens bei (GS 79)

Die Apostolische Konstitution Spirituali militum curae vom 21 April 1986 die Taumltigkeiten der Kirshyche in diesem Bereich regelt stellt Militaumlrordinariate den Teilkirchen oder Dioumlzesen gleich und vershygleicht den geistlichen Beistand den die Seelsorger in den Kasershynen Lagern Militaumlrschulen und -akademien geben mit der in Pfarshyreien geleisteten Arbeit

Eurer pastoralen Sorge ist eine groszlige Zahl junger Menschen anshyvertraut und auch eine groszlige Zahl dienstleistender Maumlnner und Fraushyen die in ihren Laumlndern als Huumlter der Souveraumlnitaumlt und wo es notshywendig ist der internationalen Ordnung und des Friedens selbst dienen

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Als Seelsorger seid ihr euch der Bedeutung des Wortes Gottes in der Formung der menschlichen Gewissen und Herzen bewuszligt und in der Anleitung zu Gedanken des Friedens und zum richtigen Geshybrauch der Freiheit

Auf dem fruchtbaren Boden der Freiheit des Gewissens muumlszligt ihr uumlberreich saumlen so daszlig in dem milishytaumlrischen Bereich die Personen auf eine Weise handeln die tiefe Ehrfurcht vor Gott widerspiegelt und folglich unverbruumlchlichen Reshyspekt fuumlr die Wuumlrde und die Rechshyte anderer Personen

Der gegenwaumlrtige Moment der Geschichte stellt eine besondere Herausforderung fuumlr die Militaumlrshyseelsorger dar

Vor euch liegt die Aufgabe anmiddot dere in menschlichen und geistshylichen Werten zu erziehen und ihmiddot nen zu helfen Ethik uumlber Technoshylogie zu stellen Maumlszligigung uumlber Leidenschaft den Sinn fuumlr Geshyrechtigkeit und Bruumlderlichkeit uumlber Haszlig und Unterdruumlckung

Frieden ist ein wertvolles und zerbrechliches Gut das Gott dem Menschen seinem Gewissen und seinem Verstand anvertraut

Fuumlr euch ergeben sich daraus zwei notwendige Pflichten Die ershyste ist die Pflicht durch die Gewismiddot sensbildung eine authentische Sehnsucht nach Frieden zu naumlhshyren Die zweite Pflicht ist unablaumlsshysig fuumlr den Frieden zu beten daszlig Gott dieses Geschenk den Menshyschen unserer Zeit gewaumlhren moumlge

Bei unzaumlhligen Gelegenheiten habe ich oumlffentlich fOr den Frieden gebetet und zum Friedensgebet aufgerufen in juumlngster Zeit waumlhshyrend des Golfkrieges und des Konshyflikts in Jugoslawien Fuumlr Gott ist nichts unmoumlglich (Lk 1 37) Wenn menschliche Anstrengungen zu scheitern scheinen kann die Kraft des Geistes Gottes tief in den Hershyzen der Menschen wirken Haszlig ausloumlschen und Liebe entflamshymen

Frieden kann manchmal unermiddot reichbar erscheinen aber wir sind aufgerufen ihn allzeit zu ersehnen im Vertrauen auf Gottes Verheishyszligung Betet deshalb denn damit werdet ihr den groumlszligten Dienst an den Menschen leisten die eurer seelsorglichen Aufgabe anvertraut sind die Menschen die an der Front stehen wenn das friedliche Zusammenleben zerstoumlrt wird und Krieg ausbricht

Liebe Seelsorger sowohl im Krieg als auch im Frieden seid imshymer und nur Hirten der Seelen Seid denen nahe die euch anvermiddot traut sind Helft ihnen mit eurem Gebet und ermahnt sie mit Groszligshyherzigkeit die ihnen anvertraute Aufgabe zu erfuumlllen und gegebeshynenfalls mit dem Opfer ihres Leshybens zu gewaumlhrleisten daszlig die anmiddot deren in Sicherheit und Frieden lemiddot ben

(aus LOsservatore Romano vom 14292 nach Kompaszlig Nr6 v 6392)

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Pax europaea Uumlber vier Jahrzehnte lang hat

der amerikanische Atomschirm shydie pax americana - uns Euroshypaumler vor jedem Krieg geschuumltzt Da schon jeder Uumlbergriff etwa in BershyUn den Dritten Weltkrieg haumltte ausloumlsen koumlnnen durfte es auch solche Konflikte nicht geben Nun aber hat sich durch den Wegfall der Ost-West-Konfrontation die politische Welt radikal veraumlndert und das heiszligt wie Peter Glotz richshytig bemerkt Kleine Kriege sind wieder moumlglich Sie sind nicht nur moumlglich sie sind in Suumldslawien bereits ausgebrochen Man kann die heutige Situation kaum besser beschreiben als dies atto von Habsburg kuumlrzlich getan hat Wer haumltte schon in den herrlichen Tashygen des Jahres 1989 als eine Zwingburg nach der anderen fiel gedacht daszlig wir nur zwei Jahre spaumlter auf europaumlischem Boden Verbrechen und ein Genozid erleshyben muumlssen das uns an Hitler Stalin und Pol Pot erinnert noch dazu begleitet vom mitschuldigen Schweigen jener die nicht genug hervorheben koumlnnten daszlig die Greuel der Vergangenheit nie wieshyderkehren duumlrften (siehe deutmiddot sehe Tagespost vom 8101991)

Die Tatsache der wir jetzt ins Auge schauen muumlssen ist daszlig wir auf den Sturz der Mauern auf die Freiheit nicht vorbereitet washyren - nicht in Europa und schon gar nicht in DeutSChland das noch 1987 einen Honecker in Bonn mit

Auftrag 201

Ehren und Fanfaren empfangen hat

Nun stehen wir im wahrsten Sinne hilflos vor dem groszligsershybisch-kommunistischen Aggresshysionskrieg gegen das tapfere aber wehrlose kroatische Volk Alle Sitshyzungen Erklaumlrungen und Hoffshynungen christlicher Gremien helshyfen da ja gar nichts verschleiern nicht einmal die Verhoumlhnung Eushyropas (Erich Laumlufer)

In dieser Situation sollten wir uns auf das zweite Vatikanische Konzil besinnen das schon vor eishynem Vierteljahrhundert zur absolushyten Aumlchtung des Krieges die Einshysetzung einer Autoritaumlt gefordert hat die uumlber wirksame Macht vershyfuumlgt um fuumlr alle Sicherheit Wahshyrung der Gerechtigkeit und Achshytung der Rechte zu gewaumlhrleisten (Gaudium et spes 82)

Wie diese wirksame Macht nun aufgebaut werden soll ob

Frisch amp Fromm Oie Katholische Presse gibt erfrischend

andere Antworten auf aktuelle Zei1frageo Ihr Fundoment ist und bleibt der christliche Glaube

Und der ist uumlberraschend vielseitig Uumlberzeugen Sie sich selbst doyon

Eine Informations-Broschuumlre liegt fuumlr Sie bereit

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93 Auftrag 201

deutsch-franzoumlsisch oder als EGshyoder Nato-Variante ist Sache der Politiker zu entscheiden Daszlig sie so schnell wie moumlglich kommen sollte ist ein eminent christliches Anliegen sollen wir in unserer beshyquemen Fernsehsesselposition nicht mitschuldig werden an Mord und Vertreibung Fuumlr die Gewaumlhrshyleistung dieser pax europaea sind wir aber nun selbst verantshywortlich - und werden wir Deutshysche uns da aus welchen Gruumlnden auch immer aus der Gemeinshyschaft der dafuumlr verantwortlichen VOumllker heraushalten koumlnnen

Ihr Bischof + Johannes (aus NIMM Nr 36 vom 71191 geshykuumlrzt durch Red)

Neuevangelisierung Europas Gemeinsam schaffen wirs

Die Aufgabe ist groszlig Wir alle sind gefordert - Priester wie Laishyen Christen jeder Konfession Bishyschof Dr Josef Homeyer schildert seine Eindruumlcke von der Bischofsshysynode Hier Auszage aus seinem Schreiben an die in der Seelsorge Taumltigen in seinem Bistum Hildesshyheim

Die wichtigsten Erfahrungen

Der Osten hat mehr und tiefer gelitten als wir erahnen

Persoumlnlich habe ich bis zu dieshyser Synode meine Meinung uumlber das Leben der Kirche in den Laumlnshydern Mittel- und Osteuropas waumlhshyrend der letzten 40 Jahre vor allem von den Erfahrungen in Polen geshybildet Es mag mit meiner fruumlheren Taumltigkeit als Sekretaumlr unserer Bishyschofskonferenz zusammenhaumlnshygen in dieser Zeit habe ich zwar jeshydes Jahr fast alle erreichbaren Laumlnder in Mittel- und Osteuropa besucht vor allem aber um vieles haumlufiger Polen nicht zuletzt weshygen unserer Versoumlhnungsbemuumlshyhungen Auf dieser Synode erst ist mir ploumltzlich deutlich geworden daszlig die Geschichte der Kirche in Polen waumlhrend der letzten 40 Jahshyre voumlllig exzeptionell ist im Geshysamt der Laumlnder Mittel- und Osteushyropas Wer Polen kennt versteht noch laumlngst nicht was sich in den uumlbrigen Laumlndern Mittel- und Osteushyropas ereignet hat

Die Berichte der Bischoumlfe aus der Tschechoslowakei aus Unshygarn Rumaumlnien vor allem aber aus den baltischen Laumlndern bis zur Ukraine und den uumlbrigen Laumlndern der Sowjetunion waren erschuumltshyternd und ich vermag sie nicht annaumlhernd wiederzugeben Es ist darum gebeten worden diese Beshyrichte in einer eigenen Publikation herauszugeben Manchen Bischoumlshyfe waren nicht imstande ihre Ershylebnisse zu berichten Es vershyschlaumlgt einem den Atem wenn etwa ein Bischof aus der Ukraine von den drei Phasen der Verfolshygung der Kirche in der Ukraine beshy

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richtet und von der zweiten Phase sagt er koumlnne daruumlber wenig sashygen da er in dieser Zeit 10 Jahre im Gefaumlngnis verbracht habe Was hinter diesem einen Satz stand konnte man aufgrund der anderen Berichte erahnen

Immer wieder wurde in diesen Berichten deutlich Ich habe schreckliche Angst gehabt bis ich dann eines Tages vor Gericht stand Eine Sicherung nach der anshyderen wurde mir genommen Schlieszliglich war ich nach vielen Folterungen Qualen und inneren Noumlten allein und verzweifelt Aber immer deutlicher erahnte ich was mit Jesus Christus wirklich war und wer Gott ist Ihn habe ich erst dann verstanden Gluumlck kam in mir auf und eine ungeahnte Sichershyheit keineswegs allein zu sein Unshyfaszligbare Kraft erfOllte mich die Welt wurde fuumlr mich anders licht Ich konnte den konkreten leidenshyden Mensch ernst nehmen mittrashygen Es ist schlimm erst in diesem Laumluterungsprozeszlig habe ich Gott erfahren und begriffen welche Freiheit er schenkt und was Freishyheit ist

Einer schloszlig seinen schockieshyrenden Bericht Aber Bruumlder vershysteht mich nur nicht falsch ich bin wahrhaft kein Heiliger Aber ich wollte nur sagen Die Verfolgung ist eine Gabe Gottes man lernt dann beten

Immer wieder verwahrten sich Bischoumlfe aus dem Osten sie als Helden und Heilige zu bezeichnen Es habe gewiszlig solche gegeben

Auftrag 201

aber viel mehr Schwaumlche Einer beshyrichtete Wenn ich an meine Geshyspraumlche denke mit den zwei Polizishysten Ich war allein und hatte furchtbare Angst Was ich dort geshysagt habe und was ich nicht geshysagt habe - ich muszlig jeden Tag daran denken und schaumlme mich zutiefst

Wie ein Grundakkord durchzog viele Berichte Der Kommunismus ist vorerst gefallen aber seine schrecklichen Wunden sind noch da werden noch lange da sein Nicht nur daszlig wir keine Kirchen haben und sehr haumlufig im Freien bei Wind und Wetter den Gottesshydienst feiern muumlssen nicht nur daszlig wir einfach keine Raumlume und Mittel haben Menschen zu vershysammeln viele Menschen selbst sind einfach kaputt in ihrem Menschsein verwundet es gibt keine GrundOberzeugungen mehr alle Substrukturen in unserer Geshysellschaft sind zerstoumlrt viele sind desorientiert nicht wenige haben wirklich auf den Kommunismus gesetzt und von ihm gelebt nun stehen sie vor einer schrecklichen Leere unsere ganze Situation ist aumluszligerst zerbrechlich eine Uumlbershywindung dieser Lage ist kaum in Sicht das kann zu autoritaumlren und freiheitsfeindlichen Entwicklunmiddot gen fuumlhren hoffentlich nicht wieshyder zum Kommunismus die Geshyfahr ist jedenfalls noch laumlngst nicht gebannt

Andererseits gibt es in vielen der genannten Laumlnder schon eine staumlrkere Hinwendung zur Kirche

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Nicht nur in Ruszligland und in der Ukraine wo von 100 bis 200 Ershywachsenentaufen in jeder Kirche an jedem Sonntag berichtet wird sondern etwa auch in Ungarn wo die Zahl der Gottesdienstbesucher wie auch die Zahl der Anmeldunshygen der Priesteramtskandidaten sich verdoppelt hat

Uumlbrigens hat es mich persoumlnlich in den ersten Berichten aus dem Osten ein wenig irritiert mit weishychem Nachdruck diese dem Papst und seinen Vorgaumlngern fuumlr ihren Dienst und ihr Zeugnis waumlhrend der letzten Jahrzehnte dankten Bald wurde folgendes deutlich Das Wissen um die Weltkriche fOr die der Papst als erster Zeuge Jesu Christi steht hat vielen Chrishysten in den Laumlndern Mittel- und Osteuropas offensichtlich ungeshyheure Kraft zum Widerstand und zum Ertragen und Durchhalten vershymittelt Dies sei ihnen gerade in der Begegnung mit den Christen anderer Kirchen deutlich geworshyden

Insgesamt waren die Berichte der Bruumlder aus dem Osten tiefe Zeugnisse elementarer authentishyscher religioumlser Erfahrungen Solshyche Zeugnisse die wir dort erfahshyren durften uumlberzeugen machen einen still verbinden und schaffen eine neue Realitaumlt

Was die Kirche des Westens in das neue Europa einzubringen hat

Gewiszlig waren wir aus dem Weshysten ob solcher Berichte zunehshy

mend kleinlaut und nicht wenig beshyschaumlmt Es waren dann die Bruumlder aus dem Osten die uns nach entshysprechenden Aumluszligerungen dieser Art unsererseits fast erregt sagshyten Houmlrt auf euren Wohlstand und auch eure religioumlse Situation madig zu machen Was ihr in den letzten 100 Jahren und in den letzshyten 40 Jahren heruumlbergebracht habt ist fuumlr uns ermutigend und gibt uns Hoffnung Euer Wohshystand birgt sicher auch Gefahren aber er ist doch zunaumlchst ein Geshyschenk und nicht zuletzt die Frucht der geistigen Entwicklung der letzten 100 Jahre Die Freiheitsbewegung seit der Aufklaumlrung hat sich aber weitshyhin - aufgrund vieler Miszligvershystaumlndnisse auf allen Seiten - geshygen das Christentum durchsetzen muumlssen aber war doch zutiefst vom Evangelium inspiriert und hat hoffnungsvolle Entwicklungen einshygeleitet das Wachwerden der Subjektivitaumlt und Freiheit des Menschen des einzelnen hat die Menschenrechte klarer erkennen lassen und ihnen zum Durchbruch verholfen zur Entwicklung von Wissenschaft und Technik und schlieszliglich zur Wirtschaft gefOhrt zur Demokratie usw usw

Das 11 Vatikanische Konzil hat diese Subjektivitaumlt der geistigen Entwicklung der letzten 100 Jahre zum Ausgangspunkt genommen das Evangelium und die Tradition neu zu lesen und zur Wiederentshydeckung der urchristlichen Comshymunio-Eccesia gefuumlhrt in der jeshy

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der einzelne Getaufte und Gefirmshyte auch als Gesandter verstanden und ernst genommen wird Ihr habt im Westen von daher die Bibelbeshywegung die liturgische Bewegung usw aufgegriffen von einem neushyen Verstaumlndnis von Kirche und Geshymeinde her der neue Zugang so vieler einzelner zum Wort Gottes die Entfaltung der verschiedenen Dienste in der Liturgie die Mitarshybeit so vieler Laien in der Gemeinshyde und in der Gesellschaft die Beshyreitschaft so vieler mit der Kirche in der Dritten Welt zu teilen

Gewiszlig gibt es bei euch auch Schattenseiten Irritationen unshyschwer verstaumlndliche Verluste (Anshybetung Buszligsakrament) auch Trennung der Spreu vom Weizen usw aber es gibt doch die Sehnmiddot sucht nach religioumlser Vertiefung nach einer neuen Art KircheGeshymeinde zu sein Das alles ist fOr uns im Osten ermutigend wir moumlchten von euch lernen mit euch teilen

So ging nach meinem Empfinshyden ein immer tieferes Ahnen durch die ganze Synode Wir hashyben tatsaumlchlich einander viel zu sagen und mitzuteilen unsere sehr unterschiedlichen Erfahrunshygen sollten wir austauschen und wirklich dabei voneinander lernen Wir muumlssen auf neue Art Kirche sein Immer haumlufiger fiel die Forshymel daszlig diese neue Art Kirche zu sein heiszligen muumlsse Freiheit in Gemeinschaft Freiheit zu der Christus uns befreit hat die uns befaumlhigt zur Gemeinschaft befaumlshy

higt anders naumlmlich solidashyrisch miteinander umzugehen in der Gemeinde im Bistum im Land in Europa und vor allem auch daruumlber hinaus Aber das alshyles muszlig mit einer Umkehr von uns selbst beginnen

(aus Mann in der Kirche Febr 1992)

Offenheit VershyStaumltldtlis Dialog und Kooperation Familienpolitische Thesen fuumlr Europa

Vom 10 bis 14 Dezember 1991 veranstaltete die Arbeitsgemeinshyschaft der katholischen Familienshyorganisationen in Europa unter Feshyderfuumlhrung des Familienbundes der Deutschen Katholiken eine Fachkonferenz zum Thema Euroshypa - Aufgabe und Verantwortung fOr Familienorganisationen Die Vertreter von katholischen Famishylienorganisationen aus 14 Staaten Europas beschaumlftigten sich zum einen mit Ansaumltzen einer europaumlishyschen Familienpolitik zum andeshyren mit dem Engagement der kashytholisChen Verbaumlnde beim Internashytionalen Jahr der Familie

Zur Einfuumlhrung in die Thematik stellte Mill Majerus vom Ministere de la Familie et de la SOlidarite Luxembourg nachfolgende famimiddot

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lienpolitische Thesen fuumlr Europa vor die von den Praumlsidenten und anderen Repraumlsentanten der kashytholischen Familienorganisatioshynen als Leitlinien fuumlr ein kuumlnftiges Engagement in Europa begruumlszligt wurden

Wir tun uns schwer mit der Definishytion von Familie

Wir erleben heute eine veraumlndershyte Familie in einem gewandelten Umfeld Vielfach tun wir uns schwer dabei den Begriff Famillie in einer fuumlr unsere Zeit gOltigen und konsensfaumllhigen Art abzugrenshyzen

Der diesbezuumlgliche Versuch eishyner Arbeitsgruppe des Katholishyschen Akademikervereins in Lushyxemburg schlug fehl Es gelang nicht in einer fOr alle annehmbashyren Formel gleichzeitig Ideal und Wirklichkeit zu erfassen der Vielmiddot falt der gelebten Modelle gerecht zu werden die Unterschiedlichkeit der sukzessiven Phasen im Eheshyund Familienzyklus auszudruumlcken Aus Angst davor der Beliebigkeit das Wort zu reden warenmiddot manche Vorschlaumlge sehr restriktiv der Wunsch real gelebte Familien nicht auszusondern fuumlhrte zu Forshymulierungen die Familie zum letztlich aussagelosen Allershyweltskonzept werden lieszligen

Das Verstaumlndnis von Familie ist nach den Worten von Max Wingen Voraussetzung und Ergebnis zushygleich der Familienpolitik Insoshyfern bleibt die Frage nach den konshy

stitutiven Elementen der Familie relevant In dem gesellschaftlishychen Kontext einer unleugbaren Entkoppelung von Ehe und Familie scheinen mir folgende fuumlnf Komshyponenten wichtig - Gruppe von Menschen mit enshy

gen affektiven Banden die moumlglicherweise miteinander verwandt verheiratet oder vershyschwaumlgert sind

- Anwesenheit von wengistens zwei Generationen (Eltern und Kinder)

- Wohn- Lebens- und Solidargeshymeinschaft gemeinsames Wirtschaften und gegenseitige personale Verantwortung (mit den Worten von Max Wingen)

- gemeinsame Rituale (Gestalshytung des Alltags Kommunikashytion Spiele Feste feiern Glaushybe)

- gemeinschaftliche Ausrichshytung der Kontakte mit der Aushyszligenwelt

Das Konzept Familie muszlig inhaltshylich aufgefuumlllt werden

Oft steht der Begriff Familie fOr ein verschwommenes Zerrbild von Waumlrme und Gluumlck - die Familie als Zufluchtsideal vor der rauhen Alltagsrealitaumlt In wissenschaftlishychen Diskursen steht vor allem die auseinandergebrochene Familie als Ursache menschlichen Leids und Versagens hoch im Kurs Im uumlbrigen aber ist Familie - besonshyders im Bereich der Politik - vieshylen eher suspekt Das Engagement

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fuumlr Familie gilt oft als ideologishysche Restaurationstendenz konshyservativer Elemente die den geshysellschaftlichen Wandel beharrshylich zu ignorieren versuchen Auszligerdem ist die Frage berechtigt inwiefern angesichts unleugbarer Fakten Familie denn uumlberhaupt noch Perspektive habe

Mit dem Sozialethiker Professhysor Rauscher kann man bedauern daszlig auch Katholiken zu wenig uumlber die Bedeutung der Familie reshyflektiert haben Zu oft wurde die Frage nach dem Sinn der Familie buumlndig mit wohltoumlnenden Formeln beantwortet die nun viele als hohlklingende Floskeln abtun

Wer das Plaumldoyer um Schutz und Foumlrderung der Familie durch die Allgemeinheit mitfuumlhrt kommt an der Auseinandersetzung um den Wert der Familie nicht vorbei In der pluralen Gesellschaft sind konsensfaumlhige Antworten dabei gleichermaszligen unverzichtbar und schwierig

Als diskussionsanregende Arshybeitsthesen seien einige Aspekte genannt - Die Familie ist die elemenshy

tarste Versorgungszelle Nach wie vor uumlbernehmen die meishysten Familien personal und soshyzial wichtige Leistungen Sishycherung der Generationenfolshyge hauswirtschaftliche Funkshytionen Erzlehungs- und Bilshydungsauftrag Sorge um das koumlrperliche seelische und soshyziale Wohl ihrer Mitglieder

- Familie ist eine gesellschaftli-

Auftrag 201

ehe Grundzelle die sich bisshylang ihr Recht auf autonome Entwicklung und Eigendynashymik erhalten konnte In einer Gesellschaft in der immer haumlushyfiger Prozesse zentral gesteushyert werden leistet die Institushytion Familie einen wesentlishychen Beitrag zum Erhalt freishyheitlicher Grundrechte Ihr geshywissermaszligen sakral verankershytes Privileg auf Unantastbarshykeit und Narrenfreiheit macht sie zum unverzichtbaren Gegenspieler rational konzishypierter und quasi allmaumlchtiger Zentralgewalten

- Familie ist die Grundzelle des emotionalen Erlebens und praumlgt so wesentlich den Aufshybau und die Entwicklung der menschlichen Persoumlnlichkeit Dieser Aspekt bekommt um so mehr Gewicht durch den rezenshyten Wandel um Ehe und Famishylie Das Gleiten von den eher sozialen und wirtschaftliChen Funktionen hin zu emotionalen und affektiven Momenten Ehe und Familie werden zum bevorshyzugten Ort menschlicher Erfuumllshylung und GIUumlcksfindung In ihshyrer Familie erfahren Menschen Liebe Zuwendung Anerkenshynung aber auch Enttaumlushyschung Frust Leid und Einshysamkeit In der Familie lernen Menschen miteinander umzushygehen werden Partnerschaft und Kommunikation erprobt werden Rivalitaumlt und Solidarishytaumlt erlebt

Auftrag 201 99

- Familie ist die primaumlre Vermittshylerin der tradierten Kulturguumlter Dies gilt fuumlr Sitten und Braumlushyche Menschen- und Gesellshyschaftsbilder politische und philosophische Meinungen aumlsthetische und ethische Maszligshystaumlbe religioumlse Vorstellungen uvam In der pluralen Gesellshyschaft gilt nicht nur die Vershymittlungsmission der Familie in diesem Bereich Familie wird mehr und mehr auch zum Ort der Auseinandersetzung und Konfrontation der Meishynungsbildung sowie des frei eingegangenen Engagements fuumlr bestimmte Werte und Ideashyle

Der ideelle und materielle Wert des geleisteten Beitrags der Famishylien laumlszligt sich nur schwer ermesshysen In etwa greifbar wird er oft nur dort wo Familie grob versagt hat

Von der impliziten zur expliziten Familienpolitik

Max Wingen beschreibt Famishylienpolitik als das bewuszligte und planvoll ordnende zielgerichtete oumlffentliche Einwirken auf Struktur und Funktionen der Familie Bisshylang gibt es auf europaumlischer Ebeshyne bescheidende Ansaumltze zu einer strukturierten Famifienpolitik Alshylerdings haben Gemeinschaftsposhylitiken in anderen Bereichen sehr bemerkenswerte Einfluumlsse auf das Ehe- und Familienleben Dies gilt fuumlr wirtschaftliChe Fragen Geshysundheitspolitik soziale Sichershy

heit Umweltprobleme Erziehung und Arbeitsrecht Kritische Beobshyachter stellen fest keine europaumlishysche Familienpolitik sei eben auch eine Form der Familienpolishytik und fordern zu Recht eine reflektierte und systematische Handlungsweise

Wer eine Familienpolitik fuumlr Eushyropa verlangt traumlgt auch der zushynehmenden internationalen Vershynetzung der Probleme Rechnung Ein beredtes Beispiel hierfuumlr ist die FIOchtiingsfrage Das politishysche militaumlrische wirtschaftliche oder oumlkologische Geschehen in den fuumlnf Kontinenten SChafft den Kontext in dem Familien sich entshyfalten - in Europa und in jedem einzelnen Mitgliedsland Die Ershykenntnis daszlig alles in allem liege und auch umgekehrt (zynische Anmerkung eines Freundes) rechtfertigt keineswegs eine zenshytralistisch ausgerichtete Familienshypolitik Die diesbezuumlglichen Erfahshyrungen in anderen Bereichen stimshymen eher nachdenklich Auszligerdem gilt es den regional sehr untershyschiedlichen soziokultureen Trashyditionen Rechnung zu tragen Beshysonders Familienpolitik braucht unterschiedliche Entscheidungsshyund Handlungsebenen

Persoumlnliche plaumldiere ich auf EGshyEbene fuumlr ein sehr behutsames Vorgehen das eher passiv ausgeshyrichtet bleibt und sich minimale Ziele gibt - Bedeutung und Wert von Ehe

und Familie erkennen - Daten und Fakten um Ehe und

100 Auftrag 201

Familie zusammentragen und auswerten

- Gemeinschaftspolitiken auf ihre familienrelevanten Dimenshysionen hin analysieren negatishyve Auswirkungen verhindern oder kompensieren

- ehe- und familienfoumlrdernde Maszlignahmen auf nationaler reshygionaler und lokaler Ebene ohne dazu selbst Aktionsinitiashytiven zu ergreifen

- den internationalen Austausch im familien politischen Bereich foumlrdern und die Laumlnder ermutishygen den dabei gewonnenen Ershykenntnissen Rechnung zu trashygen

Organisatorische Prinzipien der Familienpolitik

Familienpolitik braucht Konzepshyte die sich an einigen grundlegenshyd~n organisatorischen Prinzipien ausrichten Die hier folgenden Ausfuumlhrungen gelten als Diskusshysionsbeitrag und erheben keinesshywegs den Anspruch auf Ausfuumlhrshylichkeit

Globale Ausrichtung

Familienpolitik darf nicht vershykuumlmmern zum Alibi Ich habe beshyreits darauf hingewiesen daszlig Entshyscheidungen Maszlignahmen oder Handlungen in sehr unterschiedlishychen Bereichen familienrelevante Aspekte beinhalten Familienpolishytik ist dementsprechend ein breitshygefaumlChertes Anliegen mit konkreshy

ten Auswirkungen in fast allen poshylitischen Entscheidungen

Systematische Vorgehensweise

Auch wenn es um spezifische Anliegen und Sorgen geht sollten die angestrebten Maszlignahmen die Gesamtheit der familialen Grundshyfunktionen im Blick haben Einseishytigkeit traumlgt zur VerkOmmerung beshystimmter Familienfunktionen bei und verkuumlrzt die Wahlmoumlglichkeishyten bei der Gestaltung des Famishylienlebens Viele sprechen hier auch vom Prinzip der Flexibilitaumlt das es zu sichern gilt

Wohl der Gemeinschaft und Freishyheit des einzelnen

Das Wohl der familialen Einheit sowie die Rechte des einzelnen auf Selbstverwirklichung sind komplementaumlre Anliegen Verantshywortung und Freiheit sind nur dort unvereinbar wo sie in extremer Einseitigkeit gefordert werden

Mehrgliedrige Traumlgerschaft

Eine dynamische und phantashysievolle Familienpolitik fuszligt auf dem Engagement sehr untershyschiedlicher Traumlger Regierungen regionale und kommunale Instanshyzen Kirchen Gewerkschaften Arshybeitgeber Medien und Verbaumlnde

Subsidiaritaumlt

Familienpolitik steht im Dienst der familialen Autonomie stuumltzt das Eigenvermoumlgen der Familien

101 Auftrag 201

und ermutigt ihre Selbstinitiativen Ein wichtiges Anliegen hierbei ist die Foumlrderung der inner- und zwishyschenfamilialen Solidaritaumlt Ohne der Willkuumlr das Wort zu reden sollshyte Familienpolitik von einem moumlgshylichst breitgefaszligten Familienkonshyzept ausgehen eine Vielfalt von fashymilialen Gestaltungsmoumlglichkeishyten gewaumlhrleisten Dies gilt beishyspielsweise bei der Frage nach der Vereinbarkeit von Familie Erzieshyhung und Beruf

Familien brauchen Freiheit und Frieden

Familienpolitik hat nur Chanshycen wenn sie eingebunden bleibt in das Bemuumlhen um Freiheit Frieshyden und Solidaritaumlt

Manche Zeichen der Zeit stimshymen sehr nachdenklich Soziale Unsicherheit wirtschaftliche Reshyzession und weitgehende Orientieshyrungslosigkeit sind mitverantwortshylich fuumlr das Zunehmen von Fremshydenhaszlig Nationalismus und Rechtsextremismus Wir muumlssen annehmen daszlig zu einem Zeitshypunkt da die kommunistischen Diktaturen definitiv zusammenbreshychen Freiheit und Demokratie leishyder keine selbstverstaumlndlichen Werte sind

Obschon unsere europaumlischen Laumlnder zu den wohlhabensten Nashytionen der Welt zaumlhlen leben in unserer Mitte Millionen armer Fashymilien (14 der Gesamtbevoumllkeshyrung) die in vielen Bereichen ausshygesondert sind Unsere komplex

gestaltete Gesellschaft stellt Anshyforderungen denen Menschen vershymehrt nicht mehr entsprechen koumlnnen

Viele Anzeichen sprachen dafuumlr daszlig die jetzigen Migrationswellen nur die Spitze eines gewaltigen Eisberges darstellen Experten geshyhen davon aus daszlig in den komshymenden Jahrzehnten riesige Fluumlchtlingsstroumlme auf unsere Laumlnshyder zukommen Bedingt sind diese durch politische militaumlrische wirtshyschaftliche und oumlkologische Gegeshybenheiten

Erkenntnisse und Prognosen die uns selbstverstaumlndlich in unseshyren politischen Entscheidungen und Aktionen fordern Dabei geishyten u a folgende Erwaumlgungen - Unsere Solidaritaumltspolitik

braucht neue Horizonte Nach den Jahrzehnten des ungeshybremsten Aufschwungs steht moumlglicherweise das Jahrhunshydert des Teilens an Das Teilen nimmt sehr unterschiedliche Formen an so unsere Bereitshyschaft houmlhere Preise fuumlr Imshyportguumlter aus armen Laumlndern zu zahlen Individuelle und nashytionale Egoismen sind dabei immer weniger vertretbar Die Probleme der Vierten und der Dritten Welt werden heute spaumltestens aber morgen geshywollt und ungewollt auch zu unseren Problemen

- Der Einsatz finanzieller und materieller Mittel ist keinesshyweg ausreichend Es geht nicht zuletzt auch um die Beshy

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reitschaft Aumlrmere und Schwaumlshychere in die gesellschaftlichen Prozesse aktiv und verantwortshylich mit einzubeziehen Wer Arme zu sozialen Almosenshyempfaumlngern macht sondert sie aus und entmOndigt sie wird mitschuldig am sozialen Unshyfrieden

- Es stellt sich auch die Frage nach der Gestaltung unserer Lebensbedingungen Orientieshyren wir uns dabei auch kOnftig am hektischen Rhythmus des technisCh Machbaren und wirtshyschaftlich Erstrebenswerten Oder sind wir endlich bereit Maszligstaumlbe anzuwenden die fashymilienfreundlich sind kindgeshymaumlszlig altengerecht umweltvershytraumlglich und menschlich zushymutbar

- Die Befuumlrchtung gilt daszlig wir insgesamt die uns gegebenen Moumlglichkeiten und Mittel ethisch nicht aufzuarbeiten vermoumlgen Als Beispiel sei hier die rasante Entwicklung im Beshyreich der Biogenetik angefuumlhrt Hierbei geht es gewiszlig um sehr viel die Wahrung fundamentashyler Rechte und Werte die in eishyner freien Gesellschaft unvershyaumluszligerlich sein sollten Es ist dringend notwendig individushyelle und kollektive Prozesse zu foumlrdern die Menschen zu beshywuszligten und verantwortlichen Entscheidungen befaumlhigen

Die Politik der Solidaritaumlt hat alshylerdings ganz eigennuumltzige Aspekshyte die in der gaumlngigen Auseinan-

Auftrag 201

dersetzung nicht selten untershyschlagen werden Das System unshyserer sozialen Sicherheit basiert auf dem sogenannten Generatioshynenvertrag Die Uumlberalterung unshyserer Bevoumllkerung hat schon laumlngst einen komplementaumlren Auslaumlndervertrag unumgaumlnglich gemacht ansonsten waumlre das jetshyzige Niveau der Sozialleistungen nicht mehr zu halten Das Statistishysche Landesamt in Luxemburg hat z B kOrzlich errechnet daszlig bei den augenblicklichen Geburtenshyquoten ein weiterer betraumlchtlicher Anstieg auslaumlndischer Arbeitnehshymer noumltig ist

Familienpolitik darf nicht zur Soshyzialpolitik verkuumlrzt werden

Familienpolitik gibt sich spezifishysche Ziele - Paare ermutigen Kinder zu hashy

ben - soziale Gerechtigkeit fuumlr die

Familien anstreben - Familien entlasten die Kinder

erziehen oder Alte Kranke Beshyhinderte und Sterbende pfleshygen

- autonome und verantworshytungsbewuszligte Entscheidungsshyprozesse bei Paaren und Eltern foumlrdern

- inner- und zwischenfamiliaumlre Sol idaritaumltsnetze staumlrken

- ein kindgerechtes und famishylienfreundliches Umfeld schafshyfen

- die Rechte der einzelnen Famishylienmitglieder schuumltzen

- Familien in besonderen Notlashy

103 Auftrag 201

gen spezifische Hilfe gewaumlhshyren

- Kinderzulagen u Familienbeishyhilfen

- Steuererleichterungen - Wohnungshilfen - familienfreundliche Staumldteplashy

nung - Erziehungsgeld fOr nicht beshy

rufstaumltige Eltern - Ausbau und M itfinanzierung

soziofamilialer Einrichtungen hervorgehoben seien Kindershytagesstaumltten Heime Ferienshydienste Familienbildungsanshygebote Beratungsstellen Konshysumentenschutz

- Foumlrderung unterschiedlicher familienfreundlicher Maszlignahshymen Freizeit Sport Spiel Kulshytur Medien Verkehr

Eines der spezifischen familienshypolitischen Anliegen soll hier beshysonders herausgestrichen werden die Anerkennung und Wuumlrdigung der Familien- Erziehungs- und Pflegearbeit Viele Humanwissenshyschaftler bestaumltigen daszlig Familie der prioritaumlre Ort der Erziehung ist Auch betonen sie immer wieder Muumltter und Vaumlter seien dabei gleishychermaszligen unverzichtbar Geronshytologen unterstreichen ihrerseits den Wunsch alter kranker oder sterbender Menschen moumlglichst lange in der vertrauten Umgebung ihrer Familie bleiben zu dOrfen Es geht mir keineswegs darum das Recht beider Eltern auf eine gesishycherte Erwerbstaumltigkeit zu hintershyfragen Doch sollte das Prinzip der freien und flexiblen Entscheidung

gewahrt bleiben Dies ist in vielen europaumlischen Laumlndern nicht gegeshyben Wer sich vorrangig in seiner Familie der Erziehungs- oder Pfleshygearbeit widmet verzichtet auf ein zusaumltzliches Einkommen hat keishyne direkten RentenansprOche finshydet gesellschaftlich kaum Anershykennung kann nur selten auf entshylastende Dienstangebote zu ruumlckshygreifen Inner- und zwischenfamishyIiale Solidaritaumlt wird so fast systeshymatisch hintertrieben Eine konseshyquente ehrliche Familienpolitik sollte auch folgende Maszlignahmen beinhalten - hauswirtschaftliche Bildungsshy

angebote fuumlr alle Familienmitshyglieder

- Ausweitung des Erziehungsshygeldes

- volle Anerkennung der Erzieshyhungs- und Pflegejahre bei der Berechnung der Rente (Beishytragsleistung durch die oumlffentshyliche Hand)

- Foumlrderung der Initiativen im Bereich der Nachbarschaftsshyhilfe

- Ausbau der Heimhilfedienste und anderer familienentlastenshyder Angebote (z B Ferienbetshyten fuumlr Pflegebeduumlrftige Spielshynachmittage)

Keine europaumlische Familienpolitik ohne die Familien

Die Verwirklichung familienpolishytischer Konzepte auf EG-Ebene braucht die Kooperation engagiershyter Politiker und kompetenter Fashy

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milienwissenschaftler sowie vor allem den Beitrag der Familien und ihrer Verbaumlnde

Familienpolitik auf europaumlishyscher Ebene darf sich keinesfalls verselbstaumlndigen oder zu einer weiteren potentiellen Machtposishytion fuumlr Beamte oder Experten deshygenerieren Es ist unablaumlssig hier nochmals die subsidiarische Rolle der unterschiedlichen Zentralgeshywalten zu betonen

Die Schaffung aufwendiger Strukturen auf EG-Ebene scheint mir wenig ergiebig Notwendig alshylerdings ist es den Familien in Eushyropa eine effiziente Lobby zu geshyben Und sei es nur um den gewalshytigen Druck maumlchtiger Wirtshyschaftskonzerne wenigstens teilshyweise zu bremsen

Ganz ohne Handlungsinstrushymente kommt man gewiszlig nicht aus es sei denn man beschraumlnke sich auf gutgemeinte Absichtsershyklaumlrungen

Persoumlnlich stelle ich mir folgenshyde Einrichtungen vor (EG-Ebene) - eine dem EG-Kommissionspraumlshy

sidenten zugeordnete Famishylienabteilung die das familienshypolitische Handeln der Komshymission koordiniert ein nach dem Muster des Wirtshyschafts- und Sozial rats funktioshynierender Familienrat der EG in ihm vertreten waumlren vor alshylem die Familienverbaumlnde dann auch Familienwissenshyschaftler Politiker und Beamshyte er sollte die Politik der EG auf ihre familienrelevanten

Auftrag 201

Aspekte hin analysieren gegeshybenenfalls familienpolitische Aktionsprogramme vorschlashygen

- der Ausbau der Europaumlischen BeobachtersteIle fOr Familienshypolitiken zum Familienwisshysenschaftlichen EG-Institut es sollte nicht nur Fakten samshymeln und wissenschaftlich abshygesicherte Ergebnisse zusamshymentragen auf wissenschaftlishycher Basis sollte es an der Ausshywertung bestehender Maszlignahshymen sowie an der Erarbeitung potentieller Handlungskonzepshyte beteiligt sein es haumltte ebenshyfalls den Auftrag familienwisshysenschaftliche Kolloquien mit unterschiedlichen Themen anshyzubieten

- der regelmaumlszligige Austausch und die enge Zusammenarbeit der in den EG-Laumlndern zustaumlnshydigen Ressortminister

Es ist jedenfalls unabdingbar die Anerkennung den Schutz und die Foumlrderung von Ehe und Familie auch in den Roumlmischen Vertraumlgen zu verankern

Eine in unserem Rahmen vielshyleicht noch wichtigere Ebene ist der Europa-Rat Ich moumlchte hier nur kurz nochmals zwei Ideen aufshygreifen die unserem Kreis auch von Herrn Jans und Dr Greib ins Gespraumlch gebracht wurden - die Charta der Rechte der Fashy

milie - die Direktive Ober Minimalleishy

stungen im Bereich der Famishylienzulagen

Auftrag 201 105

Das Internationale Jahr der Fashymilie werte ich als einen unschaumltzshybaren Anlaszlig unsere Anliegen zu bedenken zu formulieren und dashyfuumlr einzutreten Wenn wir die Geleshygenheit nicht nutzen sind wir seishyber schuld

Der spezifisch christliche Beitrag

Beim Aufbauwerk des europaumlishyschen Hauses haben Christen sishycherlich einen wesentlichen Beishytrag zu leisten Dies gilt nicht zushyletzt im Bereich des Engagements um Ehe und Familie

Die Kirchen sehen in Ehe und Familie ein besonders wertvolles Gut wuumlrdigen sie nicht nur als Ort menschlicher Erfuumlllung sondern auch als Zeichen der goumlttlichen Guumlte und Barmherzigkeit

Das Gelingen von Ehe und Famishylie allerdings ist gekoppelt an tiefere menschliche Werte aus deshynen sich bestimmte Handlungsshynormen ableiten Christen werden von daher auch familienpolitische Konzepte kritisch an der Wert- und Normenfrage uumlberpruumlfen (vgl Ponmiddot tificium Consilium pro Familia Stellungnahme zum Internationashylen Jahr der Familie Mai 1990)

Ich bin uumlberzeugt daszlig Christen in verschiedenen Fragen um Ehe und Familie besonders sensibel reagieren - Der Schutz des ungeborenen

des kranken oder des schwashychen Lebens

- der Wunsch ungezaumlhlter lieshybender sich einander vorbeshyhaltlos zu schenken

- die Bindungsangst vieler Menshyschen

- die Not der in ihrer Liebe geshyscheiterten Menschen der Anspruch auf Vollkommenshyheit sowie auch das Wissen um die menschliche Begrenztshyheit

- die Sorge und Verantwortung um sozial Ausgesonderte

Christen stehen vorerst in der Verpflichtung sich auch untereinshyander mit den Fragen um Ehe und Familie offen auseinanderzusetshyzen Die akuten Probleme Ihrer Zeit stellen sie dabei vor keine leichte Aufgabe Auf dem Hintergrund der kirchlichen Tradition heiszligt es die Frohbotschaft von Jesus Christus immer neu zu aktualisieren In der pluralen Welt sind Christen soshydann gefordert ihren Beitrag zu gesellschaftlich konsensfaumlhigen Loumlsungen zu leisten Dies kann nur glOcken in einer Atmosphaumlre von Offenheit Verstaumlndnis Dialog und Kooperation

In diesem Zusammenhang moumlchte ich abschlieszligend die Arshybeitsgemeinschaft der katholishyschen Familienorganisation in Eushyropa zu ihren wertvollen Initiatishyven begluumlckwuumlnschen

(aus Stimme der Familie Nr2 92)

106 Auftrag 201

KIRCHE UND STAAT

Zur Lage der katholischen Militaumlrseelsorge

Zur Lage der katholischen Milishytaumlrseelsorge haben wir einen Beshyricht des Militaumlrbischofs Erzbishyschof Dr Johannes Dyba entgeshygengenommen

Am 1 Januar 1990 ist fOr die kashytholische Militaumlrseelsorge ein neushyes Statut in Kraft getreten das im Einvernehmen vom Heiligen Stuhl Bundesregierung und Deutscher Bischofskonferenz die bewaumlhrte Struktur der Militaumlrseelsorge beshystaumltigt und Ergaumlnzungen in Detailshyfragen enthaumllt

Die Seelsorge fuumlr Soldaten wird weiterhin von hauptamtlichen Milishytaumlrpfarrern auf Zeit wahrgenomshymen die mit dem jeweiligen Ortsshypfarrer zusammenarbeiten Besonshyderes Gewicht kommt dabei der Zusammenarbeit mit dem evangeshylischen Militaumlrseelsorger zu die haumlufig sehr intensiv ist

Die Golfkrise und der Golfkrieg haben die Militaumlrseelsorge im vershygangenen Jahr vor unerwartete Aufgaben gestellt und erhebliche Spannungen moralischer und psychischer Art bei den Soldaten ihren Familien und in der deutshyschen Oumlffentlichkeit hervorgerushyfen Die Militaumlrgeistlichen waren damals in besonderer Weise zur

geistig-ethischen Orientierung und spirituellen Begleitung der Soldaten und ihrer Angehoumlrigen gefordert in besonderem Maszlig von den Soldaten die am Einsatz im Rahmen der Buumlndnisverpflichtunshygen teilgenommen haben Die seelsorgliche Hilfe wurde stark in Anspruch genommen auch von kirchenferneren Soldaten

Von seiten des Bundesministeshyriums der Verteidigung werden von den Militaumlrseelsorgern theoloshygisch und ethisch qualifizierte Beishytraumlge zu sittlichen Grundfragen zur Friedens- und Sicherheitspolimiddot tik erwartet Besonders in den neushyen Bundeslaumlndern bedarf die Milimiddot taumlrseelsorge der Unterstuumltzung durch den Orts- und Ordensklerus als Standortpfarrer im Nebenamt Aufgrund der extremen Diasporashysituation sind hier neuartige Moshydelle der Zusammenarbeit hauptshyund nebenamtlicher Standortpfarshyrer erforderlich

Trotz der Verringerung der Streitkraumlfte ist weiterhin eine groshyszlige Anzahl von Standorten durch Militaumlrgeistliche zu besetzen Die Deutsche Bischofskonferenz wird daher die Ordensoberen bitten sich weiterhin und verstaumlrkt an der Seelsorge fuumlr die Soldaten zu beshyteiligen

In den neuen Bundeslaumlndern beshyteiligt sich die evangelische Kirshyche nicht an der Militaumlrseelsorge Dies ist nach Ansicht der Vollvershy

107 Auftrag 201

sammlung besorgniserregend weil die Seelsorge an Soldaten von beiden Kirchen bisher wahrgeshynommen wurde Es ist bedauershylich daszlig diese Gemeinschaft dershyzeit nicht gegeben ist Die Vollvershysammlung brachte die Hoffnung zum Ausdruck daszlig sich die evanshygelische Kirche in den neuen Bunshydeslaumlndern nicht der Seelsorge an Soldaten entzieht

(aus Pressedienst der DBK-Dokushymentation v 12392)

Unabhaumlngigkeit ist garantiert Keine Aumlnderung des Seelsorgevertrages

Das Fehlen der bewaumlhrten Zushysammenarbeit mit den evangelishyschen Militaumlrpfarrern im Osten Deutschlands beklagt der Generalshyvikar der Katholischen Militaumlrseelshysorge Dr Ernst Niermann Dageshygen seien der katholische und der evangelische Militaumlrpfarrer in den Kasernen der alten Bundeslaumlnder fuumlr Soldaten in gleicher Weise praumlshysent und erreichbar Diese Koopeshyration geschehe im Interesse der SOldaten und habe sich hervorrashygend bewaumlhrt

Beide Pfarrer boumlten fuumlr Soldaten ihrer Konfession Sprechstunden Gottesdienste und Lebenskundlishychen Unterricht an Und gerade an

letzterem scheiden sich offenshysichtlich die Geister Denn vor alshylem die evangelischen Kirchen in den neuen Bundeslaumlndern beshyfuumlrchten eine zu groszlige Staatsnaumlhe der Militaumlrseelsorge die sich beshysonders beim Lebenskundlichen Unterricht zeige

Dies allerdings laumlszligt Dr Niershymann nicht gelten Er fuumlhrt als Beishyspiel die Themen des letzten Jahshyres auf die sich ausschlieszliglich als Lebenshilfe bei zwischenmenschshylichen Problemen der Solaten und deren Familien und mit der Weltshyverantwortung der Kirche befaszligshyten Es sei ein Gewinn fuumlr die Seelshysorge betonte Niermann daszlig dieshyse Themen von dem Evangelishyschen Kirchenamt fuumlr die Bundesshywehr und dem Katholischen Milishytaumlrbischofsamt in Zusammenarshybeit mit dem Bundesministerium der Verteidigung festgelegt wershyden und im Dienstplan in den Kashysernen erscheinen Die Beratunshygen mit den leitenden Soldaten aus dem Ministerium haumltten durch entsprechende Anregungen zu eishyner praxisnaumlheren Formulierung der Themen gefuumlhrt Die Themenshyfindung betonte Dr Niermann ist Sache der Kirche

Der Militaumlrpfarrer als Durchfuumlhshyrender koumlnne dabei Hilfen zur Beshywuszligtseins- und Gewissensbildung der Soldaten leisten die trotz Dienstplan keinesfals gezwungen werden am Lebenskundlichen Unshyterricht teilzunehmen Zudem bieshyte der Lebenskundliche Unterricht auch kirchenfernen SOldaten die

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Moumlglichkeit zu einer ersten Begegshynung mit dem Pfarrer

Dr Ernst Niermann lobt den Seelsorgevertrag Die derzeit gelshytende rechtliche Vereinbarung zwishyschen katholischer Kirche und dem Staat garantiere den Militaumlrshypfarrern die notwendige Unabhaumlnshygigkeit in der Bundeswehr die sie als Seelsorger brauchen Die Beshywegungsfreiheit des Militaumlrpfarshyrers in den Kasernen und Sichershyheitsbereichen der Bundeswehr werden durch seine Stellung als Beamter auf Zeit gewaumlhrleistet Er finde alle erforderlichen Arbeitsshymoumlglichkeiten und Kommunikashytionsmittel vor Und darauf wolle man nicht verzichten

Dr Niermann erinnerte an die Aktion Kurdenhilfe waumlhrend der Golfkrise im vergangenen Jahr Nur auf Grund der geltenden rechtshylichen Vereinbarungen sei es moumlgshylich gewesen daszlig Militaumlrbischof DDr Johannes Dyba kurzfristig und flexibel Militaumlrpfarrer zur Beshytreuung der Soldaten mitschicken konnte Sie seien auch die Vorausshysetzung dafOr daszlig die Entscheishydung uumlber die seelsorgerische Beshygleitung im konkreten Fall wirklich in der Hand des Bischofs bleibt und nicht an Sach- oder Organisashytionszwaumlngen scheitert

Heribert Lemberger (aus Kompaszlig Nr 6 v 6392)

Auftrag 201

Immer ein offenes Ohr fuumlr die Menschen Staat und Kirche wuumlrdigen Engagement von Erzbischof Kredel

Bonn 25292 (KNA) Zahlreiche Vertreter aus Staat und Kirche hashyben dem Bamberger Erzbischof EIshymar Kredel zu seinem 70 Geburtsshytag gratuliert und vor allem sein seelsorgerisches Wirken hervorgeshyhoben Immer haben Sie fuumlr die Fragen und Sorgen der Menschen ein offenes Ohr und verstehen es ihnen mit Rat und Orientierungsshyhilfe zur Seite zu stehen schreibt Bundeskanzler Helmut Kohl in einem am Montag in Bonn veroumlfshyfentlichten GI uumlckwunschschreishyben Besonders dankte er Kredel fuumlr seine langjaumlhrige Arbeit als Mishylitaumlrbischof fuumlr die Bundeswehr

Der Erzbischof habe dazu beigeshytragen daszlig die Seelsorge fOr die Soldaten einen festen Platz in der Gesellschaft habe und daszlig sich unsere jungen Staatsbuumlrger in Uniform mit Fragen von geistiger Dimension und von ethischer Beshydeutung auseinandersetzen unshyterstreicht der Bundeskanzler Dies sei ein Friedensdienst im wahren Sinne des Wortes auf den wir nicht verzichten koumlnnen Bunshydesinnenminister Rudolf Seiters (CDU) wuumlrdigte in seinem GIOckshywunschschreiben den Bamberger

Auftrag 201 109

Erzbischof als einen Seelsorger der wie kein anderer in seiner Pershyson hohe wissenschaftliche Bilshydung soziales Engagement mit reiner seelsorgerischer Erfahrung vereint Seiters unterstreicht durch Ihr segensreiches Wirken zum Wohle ihres Bistums und darshyuumlber hinaus haben Sie sich die Zushyneigung und Anerkennung vieler Menschen in unserem Lande ershyworben

Bei einem Festakt in Bamberg nannte der Muumlnchener Kardinal Friedrich Wetter seinen Amtsbrushyder einen prophetischen Mahshyner der sein Bistum nicht als Aufshyseher verwalte sondern wie ein guter Hausvater fuumlr die Dioumlzese Sorge trage Der Nachfolger Kreshydels als Militaumlrbischof Erzbischof Johannes Dyba uumlberbrachte GrOshyszlige und Gluumlckwunsche der Soldashyten (denen sich die Redaktion des Auftrag anschlieszligt) Kredel habe den Militaumlrseelsorgevertrag fuumlr die Bundeswehr in beispielhafter Weishyse mit Leben gefuumlllt Die bayerishysche Justizministerin Mathilde Berghofer-Weichner (CSU) lobte das untruumlgliche Gespuumlr Kredels fOr das Daseinsrecht von Staat und Kirche

Der gebuumlrtige Nuumlrnberger 1950 zum Priester geweiht hat sowohl auf wissenschaftlichem als auch auf seelsorgerischem Gebiet Ershyfahrungen gesammelt Seine Stushydien in Rom schloszlig er als Lizentiat der biblischen Wissenschaften ab als wissenschaftlicher Assistent war er am Exegetischen Seminar

der Universitaumlt Muumlnchen taumltig Die Pfarreien Freienfels und Hollfeld waren dann die Stationen seines Wirkens als Pfarrer 1967 in das Bamberger Metropolitankapitel gewaumlhlt waren seine Taumltigkeitsshyfelder die Erwachsenenbildung die Jugendseelsorge und die Carishytas 1977 ernannte Papst Paul VI Elmar Maria Kredel zum Erzbishyschof von Bamberg 1978 erfolgte die Ernennung zum katholischen Militaumlrbischof fuumlr die Deutsche Bundeswehr ein Amt das Kredel bis Ende 1990 innehatte In dieser Zeit errichtete er das Institut fuumlr Theologie und Frieden das einen wichtigen Beitrag zum besseren Verstaumlndnis der heutigen kirchlishychen Friedenslehre leistet Als Mishylitaumlrbischof hat sich Kredel immer wieder vor die Soldaten gestellt und den ethisch begruumlndeten Dienst des Soldaten fuumlr die Geshymeinschaft verteidgt Stets suchte der Erzbischof das persoumlnliche Gespraumlch mit den Soldaten und nahm sich ihrer Sorgen an (aus NIMM Nr 67 vom 262 5392)

1Iamparl~ (JfJl IN DIRI IININWILT

Postgiro Koumlln 556-505

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Vom schwierigen Umgal1g mit der Vergangenheit Hat sich die katholische Kirshyche im Griff des SED-Staates befunden - Das Dilemma der Historiker

In unserer Ausgabe vom 11 Jashynuar 1991 hat Helmut Matthies sich mit den Beziehungen der Evangelischen Kirche zum DDRshyStaatssicherheitsdienst befaszligt Heute setzt der Freiburger Historishyker Ulrich Kluge die Diskussion um die Aufarbeitung der kirchenshypolitischen Vergangenheit der DDR fort Kluge ist Professor fuumlr NeuereNeueste Geschichte und fOr Wirtschafts- und Sozialgeshyschichte an der Albert-LudwigsshyUniversitaumlt Freiburg i Br und Gastprofessor an der Technischen Universitaumlt Dresden Seine Ausshyfuumlhrungen basieren auf dem weitshygehend unveroumlffentlichten Mateshyrial aus den Akten des DDRshyStaatssekretariats fOr Kirchenfrashygen und Zeitzeugen-Interviews Kluge bemuumlht sich in erster Linie um Aufbau und politische Methoshydik der DDR-Kirchenpolitik Hiershybei geht es hauptsaumlchlich um Strukturen und Wirkungszusamshymenhaumlnge erst dann um Personen und ihre Verantwortung

Kein Tag vergeht ohne daszlig spektakulaumlre Einzelheiten uumlber das Verhaumlltnis von SED-Staat und

Auftrag 201

Kirchen insbesondere von Staatsshysicherheitsdienst und evangelishyscher Kirche in der Oumlffentlichkeit bekannt werden Wann und weishyche Einzelheiten aus der katholishyschen Kirche die Schlagzeilen zieshyren scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein Die Behauptung die DDR sei im Herbst 1989 einer protestantischen Revolution zum Opfer gefallen will heute nicht mehr so uumlberzeugen wie noch vor einem Jahr Leiser als fruumlshyher klingt der Vorwurf gegenuumlber der katholischen Kirche als schweigende Kirche Daszlig sie jeshydoch in Kontakten mit staatlichen Kirchen- und Sicherheitsbehoumlrden schweigend gewesen sei daran wird inzwischen gezweifelt In den oumlffentlichen Verlautbarungen einshyzelner Jurisdiktionsbezirke schwingt Besorgnis um die Glaubshywuumlrdigkeit der eigenen Verganshygenheit und Integritaumlt von Mitarshybeitern deutlich mit

Der Staat brach in die Kirche ein

Warum ist die wissenschaftlishyche Aufarbeitung des Verhaumlltnisshyses zwischen Staat und Kirche so schwer An der Aufarbeitung des Verhaumlltnisses von SED-Staat und Kirche sind zur Zeit die verschieshydensten Interessenten mit untershyschiedlichsten Motiven beteiligt vor allem Journalisten Hobby-Hishystoriker Mitarbeiter des Beaufshytragten der Bundesregierung fuumlr die Unterlagen des Staatssichershyheitsdienstes Gauck Nur vereinshy

111 Auftrag 201

zelt wagen sich professionelle Hishystoriker an die komplizierte Mateshyrie obwohl der Weg in die Archive der ehemaligen DDR und an einst unerreichbare Aktenbestaumlnde entshyscheidend kuumlrzer geworden ist Aber selbst dem hartgesottenen Berufshistoriker der viel Zeit seishynes Berufslebens zwischen archishyvierten Aktenbergen zugebracht hat wird die Arbeit an den staatlishychen Kirchenakten zu einer Qual Warum Es ist nicht die Fuumllle der zu bewaumlltigenden Papiere es sind auch nicht die zuweilen unzulaumlngshylichen Zustaumlnde in den Archiven Es ist der Blick in ein politisches Beziehungsgeflecht zwischen Staat und Kirchen der selbst boumlse Ahnungen von Hoffnungen ganz zu schweigen verwirft Wie bringt man die uumlberquellenden Informashytionen uumlber Kircheninterna in eishynen Zusammenhang Selbst wo Zweifel am Wahrheitsgehalt der behoumlrdlichen Zuschreibungen zu Lasten einzelner Kirchenvertreter unmittelbar beim Lesen entsteshyhen bleibt ein Rest von Betroffenshyheit und Trauer Ober den Einbruch des Staates in die kirchliche Geshymeinschaft

Die eigentliche Aufgabe des Hishystorikers erschoumlpft sich jedoch nicht in der Sammlung und Aufarshybeitung der selektierten Informashytionen Sie darf sich auch nicht darin erschoumlpfen sonst geriete der Historiker zwangslaumlufig zum nachtraumlglichen Moderator der SED-Kirchenpol itik bestenfalls zum Subunternehmer Gaucks Zushy

gegeben Nie war die Versuchung so groszlig in aktuelle Geschehnisse gestaltend einzugreifen nie war die Gelegenheit so verfaumlnglich sich in der Medienoumlffentlichkeit mit Namen belasteter Kirchenpershysoumlnlichkeiten zu bruumlsten Die Ausbeute eines mehrwoumlchigen Aktenstudiums ist in der Tat beshytraumlchtlich Sie reicht von Namensshylisten aus den Kirchen von der Fuumlhrungsspitze bis zur Basis (Bishyschoumlfe beider Kirchen Praumllaten Ordensmitglieder Weltgeistliche Pastoren Synoden- und Konsistoshyrialmitglieder) uumlber befremdende Details aus der Theologie-Professhysorenschaft Berlins und Erfurts bis zu Vorgaumlngen in der katholishyschen Laienbewegung In allen Faumlllen aber geht es um ausnutzbashyre Schwaumlchen der Kirche ihres Personen- und Institutionsgefuumlshyges weniger um ihre Staumlrken

Der Historiker unserer Tage beshyfindet sich in einem tiefen Dilemshyma das keine Parallele kennt Durch die Beschaumlftigung mit der DDR-Kirchenpolitik insbesondere mit der Kirche im Sozialismus drohen dem Wissenschaftler inneshyre und aumluszligere Freiheit als Grundshyvoraussetzung fuumlr einen diskusshysionsfoumlrdernden Forschungsershyfolg abhanden zu kommen Dafuumlr gibt es mehrere Gruumlnde Ein beshysonderer Grund liegt darin daszlig die traditionelle Grenze zwischen Journalismus und Zeitgeschichtsshyschreibung nicht mehr in aller Einshydeutigkeit besteht Ein anderer Grund liegt in dem Maszligstab mit

112 Auftrag 201

dem der Historiker an die Beurteishylung der kirchenpolitischen Vershygangenheit geht In diesem Punkt verzahnen sich wissenschaftliche Interessen und Tagespolitik beshysonders eng Bundespraumlsident von Weizsaumlcker hat kuumlrzlich erklaumlrt daszlig lIder Umgang mit der DDRshyStaatsmacht immer eine schmale Gratwanderung (bedeushyte) Er warnte in diesem Zusamshymenhang vor dem moralischen Rigorismus bei der Suche nach vermeintlichem oder tatsaumlchshylichem Fehltritt auf diesem Weg

Der Blick in die SED-Staats- und Parteiakten offenbart eine Vielzahl dieser Fehltritte Akten koumlnnen sehr leicht zur Waffe gegen die Kirche im allgemeinen geschmieshydet werden Aber besonders die staatlichen Kirchenakten muumlssen den Charakter behalten den ihnen die staatlichen Kirchenbehoumlrden gaben Erfolg oder Miszligerfolg des atheistischen SED-Regimes zu doshykumentieren Kirche und Glauben aus dem Lebenshorizont der Menshyschen in der DDR systematisch herauszudraumlngen Dazu wird noumltig sein die freiwilligen und ahnungsshylosen Helfer auf kirchlicher Seite ebenso in den Zeugenstand zu bitshyten wie die bewuszligten Taumlter und die unschuldigen Opfer der zerstoumlrerishyschen Kirchenpolitik Keineswegs aber gebOhrt den Christen aus der ehemaligen DDR der Vorzug allein und ohne westdeutsche Beteilishygung an die Aufarbeitung ihrer kirshychenpolitischen Vergangenheit zu gehen Schlieszliglich geht es ungeshy

achtet der kirchenpolitischen Geshyographie darum daszlig Christen in beiden Teilen Deutschlands von der verlorenen Einheit der Kirche betroffen waren Zudem gerieten auch die Christen aus der Bundesshyrepublik Deutschland in das Blickshyfeld und sogar unter den Druck der Uumlberwachungsbehoumlrden Auch als DDR-Besucher blieb man nicht von Schikanen verschont die man sich durch das offene Bekennen des Glaubens zuzog

Konflikte der historischen Forschung

Aes das zusammengenommen macht die gemeinsame Aufarbeishytung an der DDR-Vergangenheit beider Kirchen so schwierig Mehr noch Versuche mit namentlich in den Akten aufgefuumlhrten Persoumlnshylichkeiten Ins klaumlrende Gespraumlch zu kommen gerieten zuweilen mit dem Vorwurf der Schnuumlffelei schnell in die Sackgasse In einem besonders eklatanten Fa wurde durch Androhung eines Riesenshyrechtsstreits versucht Quellenshymaterial von der Veroumlffentlichung auszusparen Unwillkuumlrlich fragt man sich ob der allein um das strukturierende Verstehen bemuumlhshyte Historiker nicht aktuelle oumlkumeshynische Belange tangiert und nicht Kritik an der einen Kirche den inshyterkonfessioneen Frieden mit der anderen Kirche stoumlren koumlnnte Es bleiben zuruumlck Resignation und Betroffenheit Ober die enge Vershyflechtung von Geschichte und Geshy

113 Auftrag 201

genwart sie macht jedes Bemuumlshyhen um klaumlrende Distanz zum Unshytersuchungsgegenstand zunichte Distanz ist noumltig denn sie erlaubt es nicht die DDR-Kirchenakten als nachtraumlgliche Legitimation fOr akshytuelles Unbehagen an der Institushytion Kirche und einzelnen Persoumlnshylichkeiten zu benutzen Uumlberall dort wo sie nicht erreicht wird feishyern Kirchenpolitiker wie Klaus Gysi wie Loumlffler Flint Goumltting Weise Kalb und Dohle spaumlte Sieshyge So bleibt zu hoffen daszlig die kirshychenhistorische Forschung bald aus der Zone der Sensationsbilshydung herauskommt Danach erst beginnt die von serioumlsem Erkenntshynisinteresse getragene Arbeit der Fachleute Und wenn es dann zum Konflikt kommt dOrfte er sich um den Forschungsansatz drehen Beshyreits jetzt zeichnen sich die zentrashylen Fragen ab die gleichermaszligen fuumlr beide Kirchen in der DDR bis 1989 und im DeutSChland der Geshygenwart gOltig sind Wieviel glaushybenszerstoumlrenden Sozial ismus vermochte die SED-Kirchenpolitik in die Kirchen zu bringen Welcher Mittel bedienten sich dabei Staat und Partei Auf welche Erfahrunshygen mit der jeweils anderen Glaushybensgemeinschaft in der DDR und den Kirchen im Ostblock griffen Staat und Partei zuruumlck Wie konnte aus der propagierten Kirshyche im Sozialismus mehr und mehr Sozialismus in der Kirche werden Erst unzweifelhafte Antshyworten auf diese Fragen werden uumlber die Glaubwuumlrdigkeit beider

Kirchen im allgemeinen einzelner Repraumlsentanten im besonderen in der Kirchenoumlffentlichkeit entshyscheiden

In welchem staatlichen Bezieshyhungsgeflecht befand sich die kashytholische Kirche Der Organisashytionsaufbau zur kirchenpolitishyschen Lockung und Lenkung wurshyde systematisch seit 1957 mit der Gruumlndung des Staatssekretariats fuumlr Kirchenfragen entwickelt Mehr und mehr verlagerten sich bis zum Ende der DDR 1989 die kirchenposhylitischen Entscheidungen vom staatlichen Sektor (Ministerrat) in die Zustaumlndigkeit der Partei (Zenshytral komitee und Politbuuml ro) waumlhshyrend das Ministerium fuumlr Staatssishycherheit systematisch in die Rolle einer kirchenpolitischen Exekutive hineinwuchs Hinter den Verbinshydungsstraumlngen und Zahlenkuumlrzeln stehen Namen und Funktionen Abhaumlngigkeiten und Zugestaumlndshynisse taktische Winkelzuumlge und kirchenpolitischer Opportunisshymus Es stehen dahinter aber auch - und das betrifft in erster Linie die Pfarrgemeinden kirchlishyche Hilfsorganisationen und Orshydensgemeinschaften - Angst und Einsamkeit unerschuumltterlicher Glaube und praktizierte Naumlchstenshyliebe

Viele Geistliche und viele glaumlushybige Katholiken kamen mit diesem Apparat direkt oder indirekt merkshylich und unmerklich in Beruumlhrung Nicht in jedem Fall insbesondere in Teilen der katholischen Laienshybewegung die bis zum Dezember

114 Auftrag 201

1990 ihre DDR-Identitaumlt zu wahren beabsichtigten wurde darin die zerstoumlrerische Widerspruumlchlichshykeit einer Kirche im Sozialismus erkannt oder konnte erkannt wershyden Die Analyse der kirchenpolitishyschen Quellen gestattet folgenden Forschungsansatz Langfristig rangen in der SED-Kirchenpolitik Ideologen und Pragmatiker um den bestimmenden Einfluszlig Die Abhaumlngigkeit des Regimes von aushyszligenpolitischer Anerkennung und wirtschaftlicher Unterstuumltzung vershytrug sich nicht mit einem Kirchenshykampf nach nationalsozialistishyschem Muster Die sozial- und wirtshyschaftspolitisch immer schwaumlcher werdende DDR verwies die kirshychen- und religionsfeindlichen Ideologen vorlaumlufig auf die Resershyvebank Taktische Zugestaumlndnisse an die Kirchenfuumlhrung dienten nicht dem echten Ausgleich Spaumlshytestens seit der Geheimkonferenz der Staatlichen Aumlmter fuumlr Kirshychenangelegenheiten in den soziashylistischen Laumlndern in Budapest (2627 Juni 1967) wies das Signal in eine kirchenpolitische Zukunft an deren Ende der kirchenfreie Ostblock stehen sollte Thesenarshytig lassen sich folgende Schwershypunkte der kommunistischen Kirshychenpolitik fOr die kommenden Jahrzehnte herausstellen - Die katholische Kirche befinshy

det sich seit dem 11 Vatikanum in einem Zustand ausnutzbarer WidersprOchlichkeit

- In den RGW-Staaten haumllt ein permanenter Konflikt zwishy

sehen der politischen Stellungshynahme der glaumlubigen Staatsshybuumlrger und den Nichtglaumlubishygen an

- Die Wirkung des staumlndigen fortschrittlichen Einflusses auf die glaumlubigen Seelen wird imshymer groumlszliger

- Der Vatikan geraumlt immer mehr unter den Druck radikalisierter katholischer Massen in den fortschrittlichen linksgerichteshyten Laumlndern

Die neue Taktik hieszlig innerer Kirchenkampf nicht Wandel durch Annaumlherung sondern Zershystoumlrung der Kirche durch sich selbst Die Ideologen der Deutshyschen Bundesrepublik faszligte der Direktor des polnischen Amtes fuumlr Kirchenfragen Alexander Szkarshyzynszki zusammen treten an die Stelle derjenigen franzoumlsischen Ideologen die das Episkopat des Radikalismus angeklagt hat Im Dialog treten diese westdeutshyschen Ideologen als Quelle der Freiheit auf

Vrich Kluge (aus Deutsche Tagespost v29292)

Kannst du kein Stern am Himmel sein

sei eine Lampe im Haus

(Arabisches Sprichwort)

115 Auftrag 201

Beitrag der Konfeshyrenz der OIC zur Synode der europaumlishyschen Bischoumlfe in Flo~l)eze~ber 1991 Der Beitrag der OlC zum Auftrag der Kirche in Europa

Die Organisation International Catholic - OIC - sind Vereinishygungen von Glaumlubigen die vom Heiligen Stuhl anerkannt und unshyterstuumltzt werden Sinn und Zweck dieser Vereinigungen ist es auf alshylen Gebieten des weltlichen Leshybens auf denen sie taumltig sind soshywohl auf oumlrtlicher als auch auf inshyternationaler Ebene gemeinsam Zeugnis von der Botschaft des Evangeliums abzulegen

Die meisten OIC haben regioshynale mehr oder weniger formelle Strukturen die es ihnen erlauben spezielle europaumlische Projekte im Geiste ihres Gruumlnders und im Rahshymen internationaler Programme zu verwirklichen

Seit Ende des 2 Weltkrieges konnten sich die OIC in den westeuropaumlischen Laumlndern frei entfalten und ihre Ziele erreichen In den osteuropaumlischen Laumlndern war dies nicht der Fall Wie die Voumllker wie die Kirche hatten sie unter Trennung und Zwang zu leishyden

Im Westen

Die OIC haben in juristischer Hinsicht einen doppelten Status zum einen den kirchlichen Status einer Vereinigung von Glaumlubigen innerhalb der Kirche und zum anmiddot deren den zivilrechtlichen Status einer internationalen legal gebilshydeten Vereinigung Auf dieser Grundlage bringen die OIC geshymeinsame christliche Wertvorstelshylungen in die Gesellschaft ein und zwar auf allen Ebenen und in allen Aufgabenbereichen Erziehung und Jugendarbeit gesellschaftlishyche Kommunikation soziale und humanitaumlre Aufgaben Gesundshyheitswesen Berufswelt Sozialshyund Wirtschaftswissenschaften Kultur Friedenssicherung

Die OIC haben fast alle eine beratende Funktion im Europarat sind in den verschiedenen Arbeitsshygruppen nicht-staatlicher Organishysationen vertreten und werden bei Bedarf zu Konsultationen heranshygezogen

Mehrere OIC unterhalten Vershybindungen zur Kommission der Europaumlischen Gemeinschaft Sie sind direkt an bestimmten Projekshyten der EG beteiligt wie zum Beishyspiel Kampf gegen die Armut Proshyjekte in Entwicklungslaumlndern Beshyrufsausbildung wirtschaftliche und soziale Studien

Bei diesen zwischenstaatlichen europaumlischen Organisationen wie auch bei den Organisationen der Vereinten Nationen in Paris Wien Genf Rom und New York koumlnnen

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die OIC Wertvorstellungen des Evangeliums die die Grundlage ihshyrer Arbeit sind einbringen Da sie am weltlichen Leben teilnehmen sozusagen vor Ort sind wissen sie uumlber Beduumlrfnisse und Wuumlnsche an der Basis Bescheid und koumlnshynen sie weitergeben

Auf der anderen Seite unterrichshyten die Vertreter der OIC bei zwishyschenstaatlichen und n icht-staatshylichen Organisationen die Mitglieshyder der OIC uumlber die Taumltigkeit dieser Organisationen und staumlrken somit das Bewuszligtsein fuumlr die Notshywendigkeit einer Solidaritaumlt zwishyschen den europaumlischen Laumlndern und zwischen Europa und der uumlbrishygen Welt

Das fOhrt zu diversen Initiativen die je nach Art der OIC untermiddot schiedliche Gebiete betreffen Hier seien nur einige Themen von allgemeinem Interesse erwaumlhnt Hunger Emigranten Kampf gegen die Armut Umwelt Bevoumllkerungsmiddot probleme Arbeitslosigkeit Uumlberleshygungen zu Wissenschaft und Ethik Erziehungs- und Bildungsshywesen Drogenproblem NordmiddotSuumldmiddot Gefaumllle und natuumlrlich OstmiddotWest-Bemiddot ziehungen

Im Osten

Eine freie Gemeinschaft im Osten gab es in der Vergangenheit nicht schon gar nicht eine freie katholische Gemeinschaft Die namiddot tionalen Zweige der OIC wurden abgeschafft

Die Bischoumlfe im Osten haben uns gesagt wie die Katholiken

Auftrag 201

trotz aller Leiden Zerstoumlrungen und Massaker diese Finsternis uumlberstanden haben Ihr Glaube hat dazu beigetragen daszlig die Hoffmiddot nung nicht ganz aufgegeben wurshyde und die Barmherzigkeit in Jeshysus Christus weiterlebte Wir wisshysen jetzt daszlig einige OIC im Untergrund weiterwirkten wenn auch unter sehr schweren Bedinshygungen

Obwohl in ihrer Substanz sehr geschwaumlcht haben die OIC vermiddot sucht und machmal sogar mit Ershyfolg gewisse Kontakte zu halten Korrespondenzen weiter zu fuumlhren Informationen ja sogar Arbeitsshyprogramme zu uumlbermitteln

Solche Demarchen die sehr vormiddot sichtig eingeleitet werden muszligten waren immer schwierig in manmiddot ehen Laumlndern voumlllig unmoumlglich Dazu kommt daszlig vier Jahrzehnte lang sind und die Partner von 1950 oft nicht mehr lebten Trotzdem hat man sich jetzt in bruumlderlicher Verbundenheit und voller Hoffshynung wieder gefunden Obwohl das OIC-Netz im Osten voumlllig neu aufgebaut werden muszlig sind erste Faumlden fOr einen Austausch geshysponnen und konkrete Projekte eingeleitet worden

Die Situation heute und ein Ausshyblick in die Zukunft

Eine der ersten Maszlignahmen die - zumindest in den meisten Laumlndern - seit letztem Jahr moumlgshylich sind ist die Organisation pershysoumlnlicher Begegnungen

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- Einladungen zu Konferenzen und Seminaren die in westeushyropaumlischen Laumlndern abgehalshyten werden

- persoumlnliche Besuche im Osten und umgekehrt

- Freizeiten und Treffen von Jushygendlichen

Austauschprojekte erfordern wenn sie erfolgreich sein wollen mehr Vorbereitung Die OIG muumlsshysen sicherlich auch technisches Know-how weitergeben sie muumlsshysen aber vor allem gemeinsam Uumlberlegungen uumlber ihr Engageshyment in der Kirche anstellen

Schon jetzt sind einige Projekte angelaufen Austausch von Lehshyrern Begegnungen von Firmenshychefs usw

Im Rahmen der Drogenbekaumlmpshyfung sind Lehrgaumlnge fuumlr katholishysche Aumlrzte und medizinisches Pershysonal sowie fuumlr Erzieher geplant die obdachlose Jugendliche beshytreuen

Schlieszliglich haben die meisten OIG Vertretungen in den Laumlnshydern die ihre Freiheit wiedergeshywonnen haben eingerichtet bzw_ wieder eingerichtet Der Wiedershyaufbau nationaler Vereinigungen braucht dagegen Zeit Sie muumlssen dem tatsaumlchlichen Evangelisieshyrungsbedarf sowie der Entwickshylung im nationalen Bereich entshysprechen Die internationale Vershyeinigung muszlig aber auch Mittel und Wege finden die neuen Zweige zu unterstuumltzen damit sich ihre Taumltigkeit in die pastoralen Zielvorshystellungen die auf dieser Synode

festgelegt werden nahtlos einshyfuumlgt

JOrgen Bringmann

Erklaumlrung von Rom zum Internationashylenjahr der Familie 1994

Die 29 Generalversammlung der OIG-Konferenz - beschlieszligt den Auftrag der Arshy

beitsgruppe Familie zu erneushyern und zu staumlrken indem sie dieser Arbeitsgruppe Vorrang einraumlumt und sie mit den Mitshyteln ausstattet die sie braucht um den kollektiven und spezieshylen Beitrag der Internationalen Katholischen Organisationen zur Vorbereitung und Durchshyfuumlhrung des Internationalen Jahres der Familie 1994 durch geistige Orientierung und aktishyve Unterstuumltzung zu vervollmiddot staumlndigen ersucht alle OIG ihren spezielshylen Beitrag zum Internationashylen Jahr der Familie im Rahshymen ihrer Mitgliedschaft festmiddot zulegen und der Arbeitsgruppe die Ergebnisse mitzuteilen ersucht alle OIG im Rahmen der Glaubensverkuumlndigung den Belangen und Moumlglichkeishyten der Familien besondere Aufmerksamkeit zu schenken und Aktivitaumlten fOr das Internashy

118 Auftrag 201

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tionale Jahr der Familie anzushyregen unterstuumltzt nachdruumlcklich die Arbeit der zwei bestehenden Unterarbeitsgruppen in Wien und Paris sowie die Bildung weiterer Unterarbeitsgruppen in New York Genf und Straszligshyburg fordert die OIC-Generalsekreshytaumlre auf die Koordinierung und Praumlsenz ihrer Vertretungen bei den UN der UNESCO und dem Europarat im Hinblick auf die Vorbereitungen fuumlr das Intershynationale Jahr der Familie in diesen internationalen Greshymien zu verstaumlrken fordert die Arbeitsgruppe auf ihre Zusammenarbeit mit andeshyren nichtstaatlichen Organisashytionen und den jeweiligen Famiddot milienausschOssen nichtstaatmiddot ficher Organisationen weiter zu intensivieren und den Inforshymationsaustausch und die Zushysammenarbeit mit dem Paumlpstshy

~ 1492[A1992

lichen Rat fuumlr die Familie der federfuumlhrenden Stelle des Heishyligen Stuhls tur die Vorbereishytung des Internationalen Jahshyres der Familie weiterzuentshywickeln

- unterstotzt die Erarbeitung und Veroumlffentlichung einer OICshyBroschuumlre uumlber die Familie fOr das Internationale Jahr der Famiddot milie mit dem Ziel die Aufshymerksamkeit verstaumlrkt auf die Probleme und Staumlrken der Fashymilie zu lenken und die immashyteriellen Werte zu foumlrdern durch die Familien im Rahmen der Programme und Aktivitaumlten fOr das Internationale Jahr der Familie unterstuumltzt werden

- fordert die Moumlglichkeit zu pruumlshyfen die Familie und die Ziele des Internationalen Jahres der Familie 1994 in Thematik und Programm der naumlchsten Geneshyralversammlung 1993 aufzushynehmen

JOrgen Bringmann

I ll

Ich bin betroffen von Ungerechtigkeit und Tod damals aber ich bin floch mehr betroJJim von Ungerechtigkeit und Tod heute - weil ich heute etwas

GulClTIZdagegen tun kann

Auftrag 201 119

GESELLSCHAFT NAH UND FERN

Diese Truumlmmer haben Zukunft

Im Jahr 1992 erinnern wir uns an die Kolumbusfahrt in die Neue Welt Dabei wird auch von der Rolshyle der Kirche und ihrer Missionare die Rede sein Licht und Schatten kennzeichneten ihren Weg durch die Geschichte dieses Erdteils Zu den hellen Seiten gehoumlrt zweifelshylos die Arbeit der Jesuiten in den Indianerreduktionen Ihre Ruinen stehen in Paraguay Argentinien Bolivien und Suumldbrasilien Eine dieser alten Missionssiedlungen liegt am Rio Parana wo alte Geshybaumlude aus der Jesuitenzeit noch immer benutzt werden

Rein statistisch gesehen sind die Indios am Ufer des Rio Parana eine unbedeutende Groumlszlige Was ist schon eine Huumltte von knapp 1 Meshyter 80 Houmlhe gegen die 70 Meter hohe Zentrale des in der Naumlhe entshystehenden Staudammes von Yacyshyreta Doch fast nichts Was ist schon die Umsiedlung von 14 Inshydiofamilien aus dem Volk der Mbya gegen den neuen Staushydamm der Zehntausenden Arbeit und Hunderttausenden Strom brinshygen will Doch fast nichts Und deshalb sind die Indios am Ufer des Rio Parana rein statistisch geshysehen so unbedeutend daszlig man bereit ist sie ohne Gewissensbisshyse auszuloumlschen

Und genau deshalb kuumlmmert sich Padre Franz Xaver Mader zushysammen mit den SChwestern seishynes P1arrteams um die Interessen dieser Menschen Ihm wuchs dashymit eine Aufgabe zu die seine Pfarrei bereits vor gut 200 Jahren beSChaumlftigte der Einsatz fuumlr die Ureinwohner dieses Landes deshynen der Wildwuchs des Fortshyschritts die Lebensgrundlagen zershystoumlrt Es geht uns dabei nicht darshyum sagt er diese Leute moumlgshylichst schnell zu taufen Sie wollen sich ihre angestammte Lebensshyform und ihre Braumluche bewahren ihre Mythen und ihr Weltbild Doch das ist schwer denn der Stausee uumlberschwemmt die Inseln wo sie bisher lebten

Ein bluumlhendes Gemeinwesen

Seit Weihnachten 1987 arbeitet der aus St Engelmar im Bayerishyschen Wald stammende Priester der Dioumlzese Regensburg in Parashyguay in dem 2500 Einwohner zaumlhshylenden Pfarrort St Cosme und Dashymian Den Namen bekam die Pfarshyrei im Jahre 1760 als sich einige Jesuiten zusammen mit weit Ober tausend Eingeborenen dort seszligshyhaft machten In uumlber dreiszligig Reshyduktionen so nannte man diese Doumlrfer betreuten sie damals rund 200000 Indios Sie wollten die Urshyeinwohner vor den Sklavenjaumlgern und Ausbeutern schuumltzen ihnen

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gOnstige Lebensbedingungen vershyschaffen sowie sie zu selbstbeshywuszligten und uumlberzeugten Christen erziehen Zwischen 1761 und 1768 stieg die Zahl der in San Cosme leshybenden Indios von 1593 auf 3346 Doch 1767 wurden die 2600 taumltigen Jesuiten vertrieben Wie sehr San Cosme bluumlhte zeigt die Abschluszligshyinventur 25044 Rinder 2945 Wildshypferde 638 Reitpferde 1792 Ochshysen 8050 Schafe Mit dem Zwangsauszug der Missionare beshygann der unaufhaltsame Niedershygang auch dieser Reduktion

Wiederbelebung San Cosme ist einzigartig denn

sie ist die einzige Jesuitensiedshylung in ganz Paraguay von der einshyzelne Gebaumlude bis in unsere Tage noch genutzt werden Und weitere Gebaumlude die heute Ruinen sind versucht P Mader wieder aufzushybauen Da war doch einmal Leben in den Mauern sagt er sich also muumlszligte da auch wieder Leben hinshyeinzubringen sein Die pastoralen und baulichen Wiederbelebungsshyversuche laufen inzwischen auf Hochtouren Die Gebaumlude sollen wieder ein geistliches Zentrum beshyherbergen in dem die Noumlte der Zeit genauso effektiv angepackt werden wie vor 200 Jahren Und der Anfang ist schon gemacht Jeshyden Freitag nach der Abendmesse treffen sich beispielsweise einige Frauen um eine Unterschriftenakshytion gegen das vor kurzem im Dorf eroumlffnete Bordell fOr die Staushydammarbeiter zu besprechen

Auftrag 201

Einige Politiker verdienen sich damit eine goldene Nase erlaumlushytert P Mader die Situation Doch die Christen von San Cosme sind nicht bereit sich das von denen da oben widerstandslos gefallen zu lassen

Ein anderes Problem steckt tief in den Herzen der Menschen selbst der Aberglaube Wir haben hier im Dorf drei Zauberer weiB P Mader die regelmaumlszligig dienstags und freitags ihre Zaubertage hashyben Dieser Kult sitzt ganz tief in den Menschen

Nicht nur deshalb steht die Vershytiefung des Glaubens im Zentrum der Arbeit von Xaver Mader Er will in den restaurierten Gebaumluden Kashytecheten heranbilden die die Kinshyder nicht nur auf die Erstkommushynion vorbereiten Wir brauchen Geshymeindeleiter die sonntags WortshygotteSdienste halten und das Geshymeindebewuszligtsein foumlrdern

Ein Haus voller Leben Beim Rundgang durch das alte

Jesuitenkolleg treffen wir Schweshyster Benilde Sie spricht 224 Jahre nach dem Auszug der ersten Misshysionare mit einigen Jugendlichen uumlber die Kirche als Leib Christi der durch seine Glieder Heil und Erloumlsung in die Welt bringen will Glaube ist eben nicht Brauchtumsshypflege sondern Anleitung zum Handeln Ihre Mitschwester Julia versuchte vormittags 23 Kindern die Gestalt Jesu nahezubringen der ein Freund der Armen und Schwachen war

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Waumlhrenddessen singen auf dem Vorplatz 40 Kinder ein Lied uumlber Abraham den Vater des Glaubens Die alten Jesuiten sie empfaumlnden gewiszlig groszlige Freude koumlnnten sie das alles miterleben Hatten doch paraguayische Experten das endshygUumlltige Aus fuumlr die alten Gemaumluer bereits beschlossen Und zwar mit dem Argument daszlig etwas das schon lange eine Ruine gewesen sei nicht restauriert werden duumlrfe ohne die Geschichte zu verfaumllshyschen

Doch da waren Pfarrer und Arshychitekt entschieden anderer Meishynung Eine lebendige Kirche keishyne toten Ruinen schrieben sie groszlig auf ein Transparent auf der Frontseite der Kirche San Cosme soll leben diese Truumlmmer haben Zukunft

P Roger Gerhardy OSA

Adveniat unterstuumltzt die Arbeit von P Xaver Mader in Paraguay Falls Sie ebenso einen Beitrag dazu leisten wollen spenden Sie bitte an folgende Kontonummer Bishyschoumlfliche Aktion ADVENIAT Sparkasse Essen (BLZ 36050105) Kto-Nr213900

(aus Licht Nr 192)

Christen in Staaten unter islamischer Vorherrschaft Hochachtung fuumlr die Muslime

bezeigt das Zweite Vatikanische Konzil in seiner Erklaumlrung uumlber das Verhaumlltnis der Kirche zu den nichtshychristlichen Kirchen vom 28 Oktoshyber 1965 In Nr 3 Die Religion des Islam heiszligt es im Kontext dazu woumlrtlich Mit Hochachtung beshytrachtet die Kirche auch die Mosshylems die den alleinigen Gott anbeshyten den lebendigen und in sich seienden den barmherzigen und allmaumlchtigen den Schoumlpfer des Himmels und der Erde der zu den Menschen gesprochen hat Sie muumlhen sich selbst seinen verborshygenen Ratschluumlssen sich mit ganshyzer Seele zu unterwerfen so wie Abraham sich Gott unterworfen hat auf den der islamische Glaube sich so gern beruft Jesus den sie allerdings nicht als Gott anerkenmiddot nen verehren sie doch als Propheshyten denn sie ehren seine jungfraumlushyliche Mutter Maria die sie bisweishylen auch in Froumlmmigkeit anrufen uumlberdies erwarten sie den Tag des Gerichtes an dem Gott alle Menshyschen auferweckt und ihr Vergelmiddot ter ist

Daher haben sie eine hohe Achshytung vor dem sittlichen Leben und verehren Gott besonders durch Gebet Almosen und Fasten Da Jeshydoch im Laufe der Jahrhunderte

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nicht wenige Zwistigkeiten und Feindschaften zwischen Christen und Moslems entstanden sind ershymahnt die heilige Synode alle daszlig sie das Vergangene beiseite lasshysen sich aufrichtig um gegenseitishyges Verstehen bemuumlhen und geshymeinschaftlich die soziale Geshyrechtigkeit die sittlichen Guumlter soshywie Frieden und Freiheit fuumlr alle Menschen schuumltzen und foumlrdern

Das Vergangene beiseite zu lassen ist leider bis heute nicht gelungen Im Gegenteil Neue Spannungen sind aufgetreten hashyben Schwierigkeiten im Gefolge die das Zusammenleben mit Musshylimen immer kritischer werden Jasshysen

Spaumltestens mit der schiitischen Revolution 1979 im Iran die Schah Reza Pahlewi seines Throshynes beraubte und Ayatollah Khoshymeini aus dem franzoumlsischen Exil an die Spitze eines theokratischen Staates fuumlhrte dOrfte den Abendshylaumlndern wieder beWUszligt geworden sein welche Massen mobilisierenshyde Macht in Religion im allgemeishynen und im Islam im besonderen liegt

Die Dialogbereitschaft des Vatishykans hat auf seiten der Mohammeshydaner nie ein entsprechendes Echo gefunden Sofern sich Konshytakte ergeben hatten waren diese meist schwach und Belastungen keineswegs gewachsen

Die islamische Renaissance und der Einfluszlig des Ayatollah Khoshymein machten dann die Kontakte noch schwieriger erschwerten

aber auch den wenigen dialogwillishygen Muslimen sich mit den Kathoshyliken einzulassen

Bei seinen Pastoralreisen nach Afrika hat Papst Johannes Pauill stets die Begegnung auch mit muslimischen Fuumlhrern gesucht Doch der Erfolg dieser Begegnunshygen war kaum nennenswert In dieshysem Zusammenhang berichtete Erich B Kusch Zwar untershystreicht der Papst immer wieder die echten religioumlsen Werte des Islam der Respekt und Anerkenshynung von seiten der Christen vershydient muszlig aber gleichzeitig zugeshyben daszlig der Dialog in diesem Aushygenblick nicht einfach sei und nicht von allen gewuumlnscht werde Es sei Oberhaupt schwierig so der Papst Gespraumlchspartner und eine gemeinsame Sprache zu finden Und mancherorts wuumlrden Rechtsshygleichheit und Kulturfreiheit vershyweigert 1)

Nichtsdestotrotz sagte Johanshynes Paul 11 Anfang Januar 1992 bei seiner Ansprache vor Diplomashyten raumlume die katholische Kirche dem Dialog mit dem Islam Vorrang ein Aber es besteht im Vatikan kein Zweifel daran daszlig die Probleshyme des Dialogs mit dem Islam insshybesondere auch durch den Golfshykrieg bedingt heute groumlszliger sind als je zuvor

1) Erich B Kusch Gewandeltes Verhaumlltmiddot nis - die katholische Kirche und der Isshylam - in Die Neue Ordnung Nr 5 1990 Kusch ist Zeitungs- und Rundfunkshykorrespondent in Rom

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Der Islam ist eine militante und agshygressive Religion

ist kaumlmpferisch ausgelegt Wo die Muslime die Macht besitzen und die Sharia herrscht sind alle Nichtmuslime Unglaumlubige sind Christen Buumlrger 2 Klasse

Hier aber schreibt Hubertus Janas liegt der Hauptproblemshypunkt im Verhaumlltnis zwischen Chrishysten und islamischem Staat Gilt die Sharia so sind nur Muslime volle Rechtspersonen Christen und Juden erhalten den Status von Schutzbefohlenen (dhimmi) weil sie aus der Religion Abrahams hershyvorgegangen und somit Leute des Buches sind alle anderen Menshyschen kommen gar nicht vor Fuumlr Christen also bedeutet Leben unshyter der Sharia zuerst unter einem fremden religioumlsen Gesetz leben zu muumlssen weil dieses zugleich auch Gesetz des Staates geworshyden ist der auch der ihre ist Die Sharia schlieszligt sie dann natuumlrlich ~uch vom Zugang zu oumlffentlichen Amtern sowie von politischen Entshyscheidungsprozessen aus und entshyzieht ihnen weitgehend den Schutz des Gesetzes schraumlnkt die Ausshyuumlbung des Kultes und der Religion bis zur voumllligen Aufhebung ein hebt auch die Freiheit der Berufsshywahl fuumlr Christen auf bestimmt das Verhaumlltnis innerhalb der Ehe unterstuumltzt jede Art missionashyrischer Taumltigkeit von Muslimen waumlhrend sie sie fuumlr andere gerade~ zu apriori ausschlieszligt und erlegt dem dhimmi zu allem noch schweshy

re Lasten auf Auf diese Weise werden Christen in konsequent isshylamischen Staaten zu sozial polishytisch und auch wirtschaftlich marshyginalisierten Buumlrgern zweiter Klasshyse zu bestenfalls geduldeten Randexistenzen die dann im schlimmsten Fall auch massashykriert vergewaltigt oder in die Sklaverei verkauft werden 2)

Die Christen im Iran

waren und sind immer noch eine verschwindende Minderheit Seit der Machtergreifung Khomeinis hat ihre Zahl staumlndig abgenomshymen Unter der Herrschaft Schah Reza Pahlewis lebten annaumlhernd 300000 Christen im Iran heute sind es weit weniger als 200000

1988 veroumlffentlichte Otmar Oehshyring in Mission aktuell nachsteshyhende Angaben Die groumlszligte Grupshype der Christen ist die der etwa 120000 orthodoxen Armenier Dann folgen 30000 Nestorianer 5000 Protestanten und 4000 Anglishykaner Die Zahl der Katholiken ist seit dem Sturz des Schahregimes von 40000 auf 18000 zuruumlckgeganshygen 12000 Chaldaumler 3000 katholishysche Armenier und rund 300 roumlshymisch-katholische Christen 3)

Alles in alem sind die Christen des Iran eine Minderheit von vielshyleicht noch 05 der Gesamtbeshyvoumllkerung Die herrschenden Mulshy

2) Hubertus Janas Die Situation der Chrishysten in islamischeen Staaten in Der Dom Nr 18 vom 5591 paderborn

3) MISSIO aktuell 388 Aachen

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lahs forcieren die Islamisierung des Landes mit dem Ziel die nichtshymuslimischen Religionsgemeinshyschaften aus dem oumlffentlichen Leshyben zu verdraumlngen sie setzen alles daran die Christen kulturell zu isoshylieren

Soweit roumlmisch-katholische Geistliche im Iran arbeiten sind dies durchweg Auslaumlnder die vorshynehmlich die zumeist aus Auslaumlnshydern zusammengesetzten Angehoumlshyrigen ihrer Kirche betreuen Vielshyfach betreuen diese Priester aber auch chaldaumlische Christen da die chaldaumlische Kirche uumlber keinen eishygenen Priesternachwuchs mehr verfUgen kann

Die Arbeit der roumlmisch-katholishyschen Geistlichen kann nur aufgeshynommen werden wenn diese eine Aufenthalts- und Arbeitsgenehmishygung besitzen die sie alle sechs Monate erneuern lassen muumlssen Die Aufenthalts- und Arbeitsgeshynehmigung wird nur erteilt wenn die Antragsteller die schikanoumlse Befragungsprozedur des Ershad Islami der staatlichen Behoumlrde fuumlr islamische Orientierung uumlberstehen

Der Islamisierung sind auch die christlichen Kinder in ihren Schushylen unterworfen Die Lehr- und Lernmittel werden zensiert und sind islamisch durchwoben Die im Religionsunterricht zu verwenshydenden BOcher schrecken vor eishyner Diffamierung des Christenshytums nicht zuruumlck Sofern man Oberhaupt noch christliche Schushylen unterhaumllt fungieren Muslime

Auftrag 201

mit als Leiter In den oumlffentlichen Schulen muumlssen Kinder am islamishyschen Religionsunterricht teilnehshymen In der Welt der Arbeit tun sich Christen immer schwerer Kaum daszlig sie noch in Fabriken oder Buumlros Beschaumlftigung finden gibt es auch im Handel immer weshyniger Verdienstmoumlglichkeiten Von Aumlmtern im Staatsdienst werden Christen generell ferngehalten Christliche Mission findet nicht mehr statt Wer zum Christentum uumlbertreten will wird strafrechtlich verfolgt hat gegebenenfalls sogar die Todesstrafe zu fuumlrchten Wer dagegen zum Islam konvertiert wird belohnt

Im Iran herrscht das klassische islamische Rechtssystem das die Gesellschaft in zwei Klassen teilt Vollbuumlrger sind nur Muslime Nichtmuslime werden mehr oder weniger nur geduldet Das aber haumlngt zumeist vom Willen derer ab die die politischen Verhaumlltnisshyse bestimmen und die staatlichen Institutionen beherrschen Im Iran herrschen die Mullahs fuumlr sie sind die Christen Unglaumlubige die aus dem oumlffentlichen Leben verdraumlngt werden muumlssen Verfolgungen sind dabei nicht auszuschlieszligen

Die Christen in der Tuumlrkei

bilden - wie im Iran - eine vershyschwindend kleine Minderheit Geshygenwaumlrtig leben 100000 Christen unter insgesamt 50 Millionen Musshylimen

Auftrag 201 125

Die aggressive Renaissance des Islam hat auch in der TOrkei Veraumlnshyderungen in Staat und Gesellshyschaft zum Nachteil der Christen bewirkt

Offiziell schreibt Ludwig Hashygemann bekennt sich ja der Staat zum Laizismus und will kein islamischer Staat sein Zwar geIshyten nach der tuumlrkischen Verfasshysung islamischer und christlicher Glaube als gleichberechtigt doch die Wirklichkeit sieht anders aus Durch Eintrag in ihren Personalshyausweis werden Christen als Nicht-Muslime registriert Christ sein und Tuumlrke sein schlieszligen sich folglich aus Dashydurch sind sie doppelt mindershywertig als Nicht-Muslime und als Nicht-Tuumlrken Angesichts der Rechtspraxis ist die Durchsetzung ihrer verfassungsmaumlszligigen Rechte erheblich verschlechtert ja aufshygrund des nationalistischen Fanashytismus oft grundsaumltzlich ershyschwert bis unmoumlglich Es besteht ihnen gegenuumlber weder gesellshyschaftlich noch in der Verwalshytungspraxis Akzeptanz Als Anshyschlag auf den islamischen Glaushyben wird die Arbeit der Kirchen geshybrandmarkt und als versteckter Versuch deklariert die Tuumlrkei zu einem christlichen Land zu machen

Strafverfolgung wegen angebshylich antituumlrkischer Propaganda sind nicht selten Zu Beginn des Jahres 1989 warnten uumlber Wochen hinweg Zeitungen mit Massenaufshylage in ihren Schlagzeilen vor den

angeblichen Zielen christlicher Kirchen Solche Propagandafeldshyzuumlge vergiften natuumlrlich die Atmoshysphaumlre zwischen Christen und Muslimen und es mehren sich die Nachrichten uumlber Angriffe und Uumlberfaumllle auf Christen zumal in laumlndlichen Gebieten besonders im Suumldosten der Tuumlrkei wo der Isshylam noch staumlrker verwurzelt ist als in den Groszligstaumldten zwar bieten die Anonymitaumlt der Groszligstaumldte und die starke Praumlsenz der Polizei den nichtmuslimischen Minderheishyten dort einen gewissen persoumlnlishychen Schutz in der Provinz hingeshygen sind sie den Schikanen des wiedererstarkenden Islamismus ausgesetzt der zunehmend Einshyfluszlig auf die Politik gewinnt Obshywohl die Tuumlrkei ihrer Verfassung nach ein laizistischer Staat mit strikter Trennung von Religion und Politik ist - sie steht damit im Geshygensatz zum islamischen Erbe - wird in Ruumlckbesinnung auf dieses Erbe die Einheit der Religion heute mehr und mehr als Garant fuumlr den inneren Zusammenhalt des Staashytes betrachtet 4)

Wie schwierig sich das Zusamshymenleben zwischen Christen und Muslimen im Suumldosten der TOrkei gestaltet hat Dr Otmar Oehring MISSIO-Projektreferent fuumlr die Kirshyche im Orient und muslim ische

4 Ludwig Hagemann Zum Aufbruch des Islam - eine Stellungnahme christlimiddot cherseits Hintergruumlnde Bedenken und Anfragen - Aussichten in Der Ismiddot lam in Bewegung Paulusverlag Freishyburg Schweiz 1991

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Laumlnder in einem Interview veroumlfshyfentlicht in MISSION aktuell 190 anschaulich dargestellt Die musshylimischen Staatsangehoumlrigen in dieser Region versuchen schon seit langem die Christen zum Weggang zu bewegen ja sie sogar durch Mord auszurotten Es ist beishyspielsweise vorgekommen - wie wir gerade auf dieser Reise wieder gehoumlrt haben - daszlig bereits Mitte

der sechziger Jahre in vielen Doumlrshyfern von der kurdisch-muslimshysehen Bevoumllkerung die Weinstoumlkshyke christlicher Familien abgeshyschnitten wurden Getreidefelder wurden kurz vor der Ernte angeshyzuumlndet Tiere auf der Weide vergifshytet Kinder vor allem Maumldchen wurden vergewaltigt 5) Wie beshynachteiligt die Christen in der TUumlfshykei ganz allgemein sind erklaumlrt Otshymar Oehring wie folgt Christen haben zum Beispiel nicht die Moumlgshylichkeit alle Berufe zu ergreifen die ihre muslimischen Mitbuumlrger ausuumlben koumlnnen Sie sind fast gaumlnzlich ausgeschlossen vom Staatsdienst Sie koumlnnn keine Lehshyrer und in der Regel auch nicht Rechtsanwaumllte werden

Kinder von Christen muumlssen am islamischen Rel igionsunterricht teilnehmen und werden dort nicht selten wegen ihres Glaubens vershyhoumlhnt Sie werden als unreine Unshyglaumlubige bezeichnet mit denen man keinen Umgang pflegen sollshyte Die Christen werden vielerorts regelrecht wie Aussaumltzige behanshydelt u6)

Der religioumlse Pfichtunterrricht

Auftrag 201

auch fuumlr christliche Kinder 1982 in die tuumlrkische Verfassung aufgeshynommen verstieszlig gegen die Richtshylinien in Absatz 167 des abschlieshyszligenden KSZE Dokuments vom 1511989 wonach die Freiheit der Eltern zu achten ist die religioumlse und sittliche Erziehung ihrer Kinshyder in Uumlbereinstimmung mit ihren eigenen Uumlberzeugungen sicherzushystellen Da die Tuumlrkei dieses Doshykument mitunterzeichnet hat soshywie aufgrund etlicher auslaumlndishyscher Proteste gedraumlngt wurden die christlichen Kinder vom islashymischen Religionsunterricht 1990 wieder befreit Im Sommer desselshyben Jahres wurde der Pflichtuntershyricht naumlmlich abgeschafft (L Hashygemann)

Festzuhalten ist Vor mehr als dreiszligig Jahren begann in der Tuumlrshykei der Exodus der Christen Anshyfaumlnglich kamen sie als Gastarbeishyter spaumlter zumeist als Asylanten Nirgends ist ihre Zahl so verringert worden wie hier

Die Welt des Islam erstreckt sich einmal in einem

breiten Guumlrtel der von Marokko

5) MISSIO aktuell 1190 Aachen Dr Otmar Oehring hat 1989 eine Informations-Reishysegruppe besetzt aus Politik und Kirshychein die TOrkei geleitet

6) Ebd 7) Vgl Anm 4 8) Arbeitshilfe Nr 63 vom 30489 Sekretashy

riat der Deutschen Bischofskonferenz Bonn

9) Aus Gemeinsamer Hirtenbrief der kashytholischen Bischoumlfe des Sudan vom 27 Juni 1984 in Stimme der Weltkirche Nr_ 22 Bonn 1984

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am Atlantischen bis nach Pakishystan am Indischen Ozean reicht zum anderen erstreckt sie sich uumlber weite Teile Asiens und Suumldshyostasiens Auch die zentralasiatishyschen Republiken der ehemaligen UdSSR gehoumlren heute zu den Kernshygebieten des Islam Die Muslime die heute in Europa leben sind zushymeist Gastarbeiter oder Asylanshyten

Die Zahl der Muslime betraumlgt insgesamt rund 1 Miliarde davon Sunniten 700 bis 800 Millionen Schiiten uumlber 100 Millionen Der Isshylam ist eine der groszligen Weltrelishygionen die ihren Glauben dynashymisch wenn es nicht anders geht auch militant verbreitet In den Laumlndern in denen der Islam Staatsreligion ist und die Institushytionen beherrscht sieht er keine Veranlassung sich mit den christshylichen Kirchen zu arrangieren Eine ruumlhmliche Ausnahme bildet allerdings Gambia das kleine Land an der Westkuumlste Afrikas Von den 800000 Einwohnern Gamshybias bekennen sich 90 zum Isshylam 25 umfaszligt die katholische Kirche Nirgendwo auf der Welt ist das Verhaumlltnis zwischen Christen und Muslimen so spannungsfrei Gambia schreibt Toni Goumlrtz in MISSIO aktuell ist nicht ergriffen von dem Sog der rund 20 islamishysche gepraumlgten Staaten in Afrika die sich die Ausrottung des Chrishystentums auf ihre Fahnen geshyschrieben haben Im Gegenteil Ohne die katholische Kirche gaumlbe es heute kaum ein Schulsystem in

Gambia Und die Schuumllerinnen und SchOler in den katholischen Lehrshyanstalten sind fast alle Muslime Bischof Michael J Cleary der seishynen Sitz in der Hauptstadt Banjul hat Sechs unserer Stammesminishyster sind ehemalige Schuumller von mir 10) Leider macht das Beishyspiel Gambia nicht Schule Wie es anderwaumlrts bestellt ist dafOr einishyge Beispiele - Seit Mitte 1987 wird in Sierra

Leone der erste islamische Rundfunksender betrieben der taumlglich vier Stunden lang die Lehren des Islam in Englisch Franzoumlsisch und Tulani verkuumlnmiddot det

Hauptziel des Senders Die muslimische Bevoumllkerung in den westafrikanischen Staaten reshyligioumls zu unterweisen und christlishyche Missionierungsversuche zu stoppen (MISSIO aktuell 288) - Seit 1979 streiten die Mudjaheshy

din in Afghanistan im Namen Allahs tor ihr Land Ein Land (nahezu 100 muslimisch) in dem auch Kinder kaumlmpfen und sterben tor einen Heiligen Krieg

- In Pakistan ist der Islam Staatsreligion 972 der BeshyVOumllkerung sind Muslime Die Christen machen 14 der Geshysamtbevoumllkerung von 10541 Milionen aus Politik und GeshyseIschaft sind islamisch vershyflochten Seit 1990 ist vordringshyliche Aufgabe der Regierung

10) MISSIO aktuell 691 Aachen

128 Auftrag 201

die Islamisierung aller Leshybensbereiche Im Januar 1991 wurde die Sharia (wieder) als geltendes Recht eingefuumlhrt Fuumlr die Christen gibt es kaum noch eine Moumlglichkeit gesellshyschaftlich und wirtschaftlich aufzusteigen

- Im Irak sind die Christen eine miszligachtete Minderheit sie bilshyden das untere Ende der soziashylen Rangordnung Bezeichshynend ist was der christliche Lehrer Hirmiz feststellt Wir Christen koumlnnen weder mit Arabern noch mit Kurden leshyben Wir sind fuumlr sie Unglaumlubishyge und deshalb betrachten sie und als minderwertig Seit Maumlrz 1991 sind mehr als 190000 irakische Christen auf der Flucht Offensichtlich wolshylen die Machthaber im Irak alle Christen des Landes verweishysen sie leben zwischen Flucht und Tod Genaue Zahlenangashyben feh len (vg I M ISSIO aktuell 591) In Saudi-Arabien fuumlhren die Christen ein Katakombendashysein Hier ist der christliche Glaube strikt verboten auch bei Auslaumlndern Gottesdienste koumlnnen und duumlrfen nicht abgeshyhalten werden Kein katholishyscher Priester darf offiziell das Land betreten Religioumlse christliche Embleme duumlrfen nirgendwo auch im privaten Bereich nicht gezeigt werden Uumlber die Situation der Christen in Saudi-Arabien urteilt Bishy

schof Bernardo Gremoli der fuumlr das apostol ische Vikariat Arabien zustaumlndig ist drashystisch und treffend Die dortishyge Einschraumlnkung der Relishygionsfreiheit stehe im Widershyspruch zu den von der UNO anshyerkannten Menschenrechten und zu den Abmachungen von Helsinki ja sogar zu den Erklaumlshyrungen des islamischeen Rashytes Und angesichts der Toleshyranz vor allem in westlichen Laumlndern fuumlgt der Bischof hinzu Es scheint uns nicht richtig daszlig der Islam fortfaumlhrt Moscheen und Bekenntnisshyzentren in der ganzen christlishychen Welt einschlieszliglich Roms zu bauen und sich noch groumlszligerer Rechte zu ershyfreuen waumlhrend er den Chrishysten diese grundlegenden Menschenrechte nicht zubilshyligt 11)

11) MISSIO aktue 391 Aachen 1984 wurde in Rom in Anwesenheit des

damaligen italienischen Staatspraumlsimiddot denten Sandor Pertini und Vertretern des Vatikans der Grundstein fuumlr die neue Moschee gelegt Der Bau der Momiddot schee soll nicht allein religioumlsen Zwekmiddot ken dienen sondern wie die islamische Gesellschaft hofft auch ihren politishyschen Einfluszlig in Italien staumlrken (Erich B Kusch vgl Anm 1) Die Moschee hat ein 42 Meter hohes Minarett Der Bau sollte Ende 1991 fertiggestellt sein Die Zahlenangaben sind weitgehend dem Informationsheft Die Situation der Christen in islamischen Staaten entshynommen Kirche in NotlOstpriesterhilfe in Deutschland e V Muumlnchen

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Abschlieszligend bleibt festzuhalshyten Der Islam ist und bleibt eine der groumlszligten Herausforderungen Er gewinnt zunehmend an Kraft auch in Europa Es ist nicht zu uumlbersehen daszlig die Christen in isshylamisch gepraumlgten Staaten aller Achtung zum Trotz die die christlishychen Kirchen dem Islam zollen weithin und mehr denn je ausgeshygrenzt oder verfolgt werden

Der Islam glaubt und vertritt daszlig er Juden- und Christentum (die beiden anderen Buchreligioshynen) uumlberboten und abgroumlst habe Diese Auffassung es ist vor allem die der muslim ischen Fundamenshytalisten stoumlrt oder verweigert jeshydes Gespraumlch zwischen den Relishygionen Ich kann nicht die beunrushyhigende Lage von Christen in beshystimmten Laumlndern verschweigen wo der Islam die Religion der Mehrheit ist sagt Papst Johanshynes Paul 11 in seiner Neujahrshysansprche 1990 im Vatikan vor dem diplomatischen Corps Denshynoch raumlume die katholische Kirche dem Dialog mit dem Islam Vorrang ein wie der Papst bei seiner Anshysprache vor Diplomaten Anfang Januar 1992 unterstrich Wie ernst und wichtig dies Papst Johannes Paul 11 ist hat er wiederum bei seishynem achten Pastoralbesuch in Afrika vom 19 bis 26 Februar beshywiesen So traf er sich zweimal mit muslimischen Fuumlhrern und Wuumlrshydentraumlgern im Senegal und einmal in Guinea

Papst und Vatikan verkennen darOber sicherlich nicht daszlig der

Islam sich als Weltreligion in seishynen fOnf groszligen Kulturgebieten in den arabischen Staaten in der TOrkei in der iranisch-indischen und in der malaysisch-indonesishysehen Region sowie in Afrika nicht nur behauptet sondern auch ausshydehnt

Wilhelm Lehmkaumlmper

Bischof Lehmann gruumlszligt Muslime zum Ende des Ramadan

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Bischof Karl Lehmann hat in einer Gruszligbotshyschaft zum Ende des muslimishyschen Fastenmonats Ramadan daran erinnert daszlig noch immer Menschen unter den Folgen des Golfkrieges litten In der am Mittshywoch in Bonn veroumlffentlichten Ershyklaumlrung weist Lehmann zugleich darauf hin daszlig neue Konfliktherde entstanden seien wo christliche oder muslimische Minderheiten ihre Rechte einklagten Dazu zaumlhlshyten Aserbeidschan Sudan oder Malaysia Daneben gebe es aber auch Grund zu Zuversicht und Hoffnung So wuumlrden zwischen Isshyrael und Palaumlstina Friedensvershyhandlungen gefuumlhrt und in Malta haumltten sich Christen und Muslime getroffen um gemeinsame Loumlsunshygen fuumlr das Fluumlchtlingsproblem zu finden In Europa suchten Vertreshy

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ter der christlichen Kirchen erstshymals konkret nach Moumlglichkeiten die Mitarbeiter in der pastoralen Arbeit fOr die interreligioumlse Begegshynung mit Muslimen auszubilden Lehmann macht darauf aufmerkshysam daszlig der Fastenmonat in dieshysem Jahr zeitgleich mit der oumlsterlishychen Buszligzeit begangen werde Die Muslime haumltten waumlhrend ihrer Fashystenzeit die Abhaumlngigkeit des GeshysChoumlpfes vom Schoumlpfergott neu meditiert die Christen haumltten sich durch Fasten Gebet und Hilfen fuumlr die Armen auf die Heils- und Erloumlshystungstat Jesu Christi geistig vorshybereitet (KNA vom 25392)

Die Demokrashytisierung in der CSFR-Armee

Seit dem kommunistischen Putsch hat es mit der Zeit eine stramm moskauhoumlrige Armee in der CSSR gegeben die - im Vershygleich mit der pOlnischen oder unshygarischen ja auch rumaumlnischen Armee - kaum aus der Reihe tanzte Es gab nur wenige Offizieshyre die im Jahre 1968 den Kurs des Prager FrOhlings mitmachten Und es dominierten unter den Berufsshysoldaten die Tschechen zumal das Gros der Tschechen stets proshyrussisch und antideutsch war

Im Januar 1990 wurden 5000 von Unverbesserlichen aus dem houmlshyheren Offizierskorps entlassen 20

Auftrag 201

Prozent der Offiziere blieben den spaumlter eingesetzten Uumlberpruumlfungsshykommissionen fern Resultat dieshyser Kommissionen 9460 Offizieshyre - das sind 15 Prozent - wurshyden aus der Armee entfernt

Von den 157 Generalen wurden 87 entlassen oder gingen von alshylein Entfernt wurden alle jene Offishyziere die irgendwie aktiv an der Niederwerfung des Prager Fruumlhshylings beteiligt waren Es kam ein neues Militaumlrgesetz daszlig auch den Ersatzdienst zulieszlig Infolgedessen wechselten 14000 Rekruten zum Ersatzdienst uumlber

Ende 1991 wurden zwei der vier Militaumlrgymnasien aufgeloumlst Die neue Militaumlrdoktrin verpflichtete sich zur Entmilitarisierung beizushytragen keine terriorialen Anspruumlshyche an die Nachbarn der CFSR zu stellen Sie verzichtete auf atomashyre Bewaffung der CSFR und vershykuumlndete die Bereitschaft an Frieshydensmissionen der UN teilzunehshymen

Die Sicherheitsorgane der Arshymee wurden reformiert und wurshyden in drei Sektionen aufgeteilt Militaumlrische Sicherheitspolizei Mishylitaumlrische Ordnungspolizei und Mishylitaumlrische Verkehrspolizei

Allerdings Die Ruumlstungsindushystrie bleibt aus Devisen- und Exshyportgruumlnden - und natuumlrlich die Arbeitslosigkeit im Visier - vielshyfach unberuumlhrt Bislang wurden naumlmlich 683 Prozent der produshyzierten Waffen Panzer ete Munishytion militaumlrische Geraumlte exporshytiert

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Waumlhrend der ethnische Konflikt zwischen Tschechen und Slowashyken in der Armee sozusagen bisshyher nur unter der Decke schwelte ist er jetzt ausgebrochen Die Sloshywaken waren unter den Berufssolshydaten nur mit 347 Prozent unter der Generalitaumlt nur mit 32 Prozent unter den Militaumlrattaches mit 30 und in der leitenden Militaumlrverwalshytung nur mit 22 Prozent vertreten 58 Prozent der Slowaken vertreten heute den Standpunkt daszlig eine vereinigte tschechoslowakische Armee nicht notwendig ist Und seit Januar 1991 gibt es eine sepashyrate Assoziierung Slowakischer Soldaten Die slowakische Teilreshygierung fordert zumindestens eine Slowakische Heimwehr und daszlig slowakische Rekruten mehrheitshylich auf dem Territorium der Sloshywakei ihren Wehrdienst ableisten sollten

Von einer organisierten Militaumlrshyseelsorge houmlrt man in der CSFR vorerst nichts Die Tschechei ist ja uumlberwiegend ein atheistisches Missionsland Anders sieht es bei den Slowaken aus die uumlbershywiegend stark in der katholischen Kirche verwurzelt sind Man houmlrt daszlig bei es bei ihnen solche Bestreshybungen gibt Die Slowaken werden in dieser Hinsicht stark von den Polen inspiriert Das Verhaumlltnis zwischen Polen und Slowaken soshywie der polnischen und slowakishyschen Kirche kann als traditionell herzlich bezeichnet werden

Joachim Georg Goumlrich

Polens Armee Wenn der Saulus zum Paulus wird

Preis I des Laienautorenwettbeshywerbs Vom Kommunismus zur Kommunion der polnischen Reshygionalzeitung Kurier Podlaski ershyhielt der Ex-Politoffizier der Resershyve Maciej Siembieda dessen Aufshysatz so manchen Landsmann ershyheiterte Jedenfalls schlug dieser so ein daszlig sich einige andere Pushyblikationen um die Nachdrucksshyerlaubnis bemuumlhten

In seinem Aufsatz Integration schilderte Siembieda wie er unshylaumlngst einer Reserveuumlbung ins einshystige Schulungszentrum fuumlr Politshyoffiziere in Warschau Folge leishystete das inzwischen seine Beshyzeichnung gestrichen hat und fuumlr die neuen Erziehungsoffiziere da ist auch der Reserve Die Maumlnner die hier einst das Referenten-Noshytizbuch des ZKs der KP buumlffelten buumlffeln jetzt den Katechismus Dort wo einst das Konterfei des KP-Chefs hing gruumlszligt jetzt das des neuen Feldbischofs

In den Vorlesungen sei die Theshymatik Errungenschaft der ruhmshyreichen Sowjetarmee und der mit ihr verbuumlndeten polnischen Volksshyarmee verschwunden Hingegen erfahre man jetzt viel vom polshynisch-bolschewistischen Krieg 191920 sowie dem Wunder an der Weichsel wo 1920 die Polen die Rote Armee Tuchatschewskis von

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dannen jagte Ferner vom Schickshysal der polnischen Offiziere in somiddot wjetischer Gefangenschaft den Siegen der Heimatarmee AK und der polnischen General-AndersmiddotArmiddot mee im Westen

Und Derselbe Chorleiter der noch vor nicht allzu langer Zeit ein Lied einbleute wonach den fashyschistischen deutschen Hunden Rache geschworen wurde uumlbt jetzt normale und fromme Solmiddot datenlieder ein die einst verboten waren Derselbe Chorleiter erklaumlrt auf Anfrage daszlig es keine Rache mehr geben wird Ein Hauptmann wird deutlicher Die Bundeswehr sei eine gute nette und moderne Armee die dieselben Grundsaumltze hat wie wir folglich ist die Kameshyradschaft mit ihr voumlllig angeshybracht Das Hauptreferat uumlber die Bundeswehr hielt uumlbrigens ein junshyger Leutnant in Bundeswehrgeshyfangenschaft mokiert sich der Autor will heiszligen der Mann bildet sich bei der Bundeswehr heran wofuumlr er noch monatlich 65 DM Tashyschengeld bekommt

Hinzugefuumlgt sei nur noch daszlig jedoch die meisten einstigen Politmiddot offiziere gehen muszligten Jetzt kuumlnshydigte Polens neuer und erster zivishyler Verteidigungsminister Dr Jan Parys nach dem Hinauswurf seimiddot nes Vorgaumlngers aus der Armee Vishyzeadmiral Piotr KOlodziejczyk an daszlig alle Generale und Admirale gehen muumlssen die sowjetische Militaumlrakademien absolviert und russische Frauen (zumeist Geneshyralstoumlchter) haben Sie seien damiddot

durch befangen und haumltten auszligershydem ein gestoumlrtes Verhaumlltnis zur polnischen Kirche

Joachim Georg Goumlrlich

Sicherung des Frieshydens vordringlich Dem Zentrum Innere FOhrung und dem Bundeswehrzentralkrankenshyhaus in Koblenz stattete Militaumlrbishyschot Johannes Dyba am 5 Deshyzember einen ersten Besuch ab

Der Kommandeur des Zentrums Flottillenadmiral Ulrich Hundt und seine Bereichsfeiter informiershyten den Gast uumlber Aufgaben und Auftrag des Zentrums uumlber Erfahmiddot rungen mit der Integration ehemashyliger NVAmiddotSoldaten und uumlber gemiddot genwaumlrtige Bewegungen und Promiddot bleme innerhalb der Truppe Die Lehrgangserfahrungen zejgten eine Veraumlnderung der Werteordshynung in Kernpunkten der Inneren Fuumlhrung so Oberst Udo Meyermiddot Sommer Die geringe oumlffentliche Anerkennung die Schwierigkeiten in der Sinnvermittlung und eine unshygewisse Zukunftsperspektive lieshyszligen Probleme in der Bundeswehr sichtbar werden Mehr Selbstbeshystimmung und weniger Disziplin mehr Mitwirkung und weniger Reshygelungen seien gefordert Militaumlrshybischof DDr Johannes Dyba zog eine Parallele zum innerkirchlimiddot chen Bereich Auch da sei die Sinnvermittiung schwieriger gemiddot

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worden und die Christen weitaus kritischer als fruumlher Doch gelte es eine Antwort auf die SInnfrage unshyserer Zeit zu finden und fuumlr Frieden und Gerechtigkeit einzustehen

In einer Gespraumlchsrunde mit inshyteressierten Soldaten darunter Lehrstabsoffiziere Unteroffiziere wie auch Wehrpflichtige die unter Moderation des nebenamtlichen Militaumlrgeistlichen Professor Dr Karl-Heinz Ditzer Fragen an den Militaumlrbischof richten konnten sprach sich Erzbischof Dyba fuumlr die Notwendigkeit einer internatioshynalen Weltfriedensordnung aus Die Deutschen duumlrften sich nicht aus der Gemeinschaft der fuumlr den Frieden verantwortlichen Voumllker heraushalten sondern muumlszligten fuumlr die Gewaumlhrleistung einer pax eushyropaea einstehen so Militaumlrbishyschof Dyba Schon das Zweite Vashytikanische Konzil habe in dem Konzildokument Gaudium et spes eine mit entsprechenden Mitteln ausgestattete internatioshynale Autoritaumlt zur Sicherung des Friedens gewuumlnscht

Flottillenadmiral U A Hundt vershyabschiedete seinen hohen Gast mit den Worten er habe einen Prieshyster und Mitmenschen kennengeshylernt der in der Gelassenheit des christlichen Glaubens handele

Ein Anliegen von Erzbischof Dyshyba war es auch das Bundeswehrshyzentralkrankenhaus in Koblenz kennenzulernen wozu er sich am Nachmittag Zeit nahm Generalshyarzt Dr Hans-Dieter Schmidt stellshyvertretender Amtschef und Chef

des Stabes des Sanitaumltsamtes der Bundeswehr in Bonn-Beuel sowie leitende Aumlrzte des Krankenhauses besuchten mit Militaumlrbischof Dyba Patienten der Abteilung fOr Unfallshychirurgie Das Bundeswehrzentralshykrankenhaus ist bekannt fuumlr seine qualifizierte medizinische Versorshygung Bei Katastrophenfaumlllen (wie damals in Ramstein) wird im Pershysonalaustausch mit anderen Kranshykenhaumlusern fOr genuumlgend Platz geshysorgt Sieben Patienten aus Tschernobyl hatten 1990 die Moumlgshylichkeit sich in Koblenz behanshydeln zu lassen berichtete Professhysor Dr Juumlrgen Lenz Leiter der Abshyteilung Chirurgie und stellvertreshytender Chefarzt

Erzbischof Dyba hatte schon bei der letzten Soldatenwallfahrt nach Lourdes Begegnungen mit kranshyken Soldaten aus Koblenz Im Bunshydeswehrkrankenhaus hat diese Wallfahrt einen festen Platz Soshywohl Militaumlrpfarrer Josef Matheis wie auch Aumlrzte und Krankenshyschwestern begleiten jedes Jahr ihre Patienten in einer Krankenshymaschine nach Lourdes Bei seishyner Verabschiedung bedankte sich Militaumlrbischof Dyba herzlich fuumlr die freundliche entgegenkomshymende Aufnahme bei den Patienshyten Aumlrzten und beim Pflegepersoshynal

Marlene BeyeJ

(aus Kompaszlig Nr 2 v 10192)

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Ein Italiener konshytrolliert die Verteishylung der Hilfsguumlter Von den alltaumlglichen Schwieshyrigkeiten der Caritas bei ihrer humanitaumlren Arbeit in Mosshykau

Moskau in diesen Tagen Vor den Geschaumlften stehen die Menshyschen in langen Schlangen Mehl Milch und Fleisch sind knapp und vor allem teuer Von Tag zu Tag verliert der Rubel an Wert Und die Preise klettern nach oben Es gebe zwar keine Hungerkatastrophe meint JOrgen Weyandt der Chef des Roten Kreuzes in Moskau aber die Zahl der Armen nehme unshyaufhoumlrlich zu Auch im zweiten Jahr der Ruszliglandhilfe sind Flugshyzeug- und Lastwagentransporte mit HilfsgOtern aus vielen Laumlndern Europas unerlaumlszliglich

Die Europaumlische Gemeinschaft engagiert sich bei der humanitaumlshyren Hilfe ebenso wie die Wohlshyfahrtsverbaumlnde Angefangen vom Zehn-Kilogramm-Paket mit Mehl Hefe Reis Milchpulver Schmalzshyfleisch Kaumlse und Tee bis hin zu medizinischem Geraumlt belief sich allein die Unterstuumltzung des Deutshyschen Caritasverbandes im vershygangenen Jahr auf dreizehn Millioshynen Mark In diesen Wochen wershyden wieder fuumlr mehrere Millionen

Mark lebensmittel bereitgestellt Die Standardfrage ob die Waren tatsaumlchlich ihre Adressaten erreishychen beunruhigt Spender wie Helshyfer Denn im vergangenen Winter waren immer wieder Pakete spurshylos verschwunden Hilfsguumlter tauchten dann ploumltzlich in staatlishychen oder privaten Geschaumlften auf - fOr teures Geld angeboten Der russischen Mafia wie im Land die Spekulanten der alten und neushyen Kader genannt werden waren Tuumlr und Tor geoumlffnet Und mancher Apparatschik so wurde gemutshymaszligt hielt dabei bereitwillig die Klinke

Einer der verhindern will daszlig sich aumlhnliches wiederholt ist Anshytonio Santi Der achtundvierzigjaumlhshyrige Diakon aus Mailand gruumlndete vor vier Monaten die Moskauer Cashyritas Der Italiener kennt die Menshytalitaumlt der Menschen und spricht ihre Sprache Er lebt schon seit langem in der russischen Hauptshystadt Als der Eiserne Vorhang das Land noch isolierte gelangte der sich zur Bewegung der Arbeitershypriester zaumlhlende Diakon bereits als Ingenieur nach Moskau Er arshybeitete in einer Maschinenfabrik lebte mit den Arbeitern zusammen und gab sich auch als Christ zu ershykennen Die Folge Santi wurde vom da mal igen sowjetischen Geshyheimdienst KGB entdeckt und ausshygewiesen Seit einigen Monaten ist er jedoch wieder da Von seishynem Orden erhielt er den Auftrag sich um die Gruumlndung der Caritas zu kuumlmmern

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Offiziell besteht die russische Caritas seit November vorigen Jahres Doch schon vorher war der quirlige Santi hinter den Kulissen aktiv Kurzerhand uumlberredete er eishynen italienischen Geschaumlftsmann ihm die Cafeteria seines Firmenshysitzes in der Innenstadt von Mosshykau zu uumlberlassen Seither befinshydet sich dort das Caritas-Buumlro Nashymenslisten Papiere und Akten lieshygen hier verstreut auf dem Tisch Staumlndig klingelt das Telefon Zwei Sekretaumlrinnen vervollstaumlndigen Listen vergleichen organisieren Mittendrin sitzt Antonio Santi Der hagere Mann in Jeans und Pullshyover hat alles im Griff Im Moment laufen hier die Vorbereitungen fuumlr die Paketaktion der deutschen Cashyritas Bis April sollen 70000 Pakete im Wert von fast zwei Millionen Mark verteilt werden Das organishysieren wir

Die Behoumlrden der Stadt bereiten den Hiltsorganisationen die meisten Schwierigkeiten Es sei ein einziger Papierkrieg stoumlhnt Santi Alles was man mache muumlsshyse angemeldet und bezahlt wershyden Um jede Auskunft muumlsse er kaumlmpfen und immer wieder warshyten - dazu habe er keine Geduld schlieszliglich sei er Italiener Die Beshyhoumlrden hier seien nur entgegenshykommend wenn sie direkt bei der Verteilung mitmachen koumlnnten shydoch das will Santi nicht Sein Grund Mehr als 21000 Pakete verschwanden im letzten Winter allein dadurch daszlig offizielle Steishylen fuumlr die Verteilung Stadtbezirke

genannt haben die nicht existiershyten - 21000 von mehreren hunshyderttausend aus Westeuropa Die deutsche Caritas bezweifelt dieshysen Verlust Sie garantiere dafuumlr daszlig alle von ihr aus Deutschland versandten Pakete im vorigen Winshyter ihre Adressaten erreicht haumltshyten heiszligt es in der Freiburger Zenshytrale Dies sei auch mit einem Rieshysen-Aufwand kontrolliert worden Santi verweist auf Schwierigkeiten mit falschen Namenslisten und gefaumllschten Unterschriften Was Maifa ist weiszlig ich als Italiener beshystens redet er sich in Rage Er zeigt auf einen groszligen Stadtplan an der Wand Mit einem Leuchtshystift hat er die Stadt in zehn Dishystrikte eingeteilt Wir koumlnnen nur sicher sein daszlig die humanitaumlre Hilfe ankommt wenn wir sie selbst verteilen

Santi arbeitet mit acht festen und zwanzig ehrenamtlichen Mitshyarbeitern In dieses Team setzt er sein Vertrauen Zu ihm zaumlhlen Nashytascha lagiel und Juri Anatolishywitsch Pawlowski Die acht undshyzwanzigjaumlhrige Mathematikerin ist erst seit kurzem bei der Moskauer Caritas Zusammen mit dem zweishyundvierzigjaumlhrigen Juri der als Pfleger in einem Zentrum fOr beshyhinderte Kinder arbeitet betreut sie einen der groumlszligten Distrikte im SOden der Metropole Der Vorteil der beiden sie sind in diesem Beshyzirk zu Hause Sie wissen wer hier wohnt und wer Hilfe braucht Durch Mundpropaganda erfahren sie wem es schlecht geht Natashy

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scha und Juri erstellen daraufhin Listen gehen zu den Leuten und lassen sich Unterschriften geben Gleichzeitig uumlberpruumlfen sie die ofshyfiziellen Listen die die Stadtparlashymente der Caritas geben und konshytrollieren wem Hilfe zusteht Der Vergleich macht es moumlglich

In unserem Distrikt gibt es viele kinderreiche Familien die in groshyszliger Not sind berichtet Natascha Sie selbst hat es gelegentlich auch schwer ihren kleinen Sohn zu versorgen Ich weiszlig was es in Moskau heiszligt Kinder groszligzuzieshyhen in der Freizeit immer wieder Schlange zu stehen und dann doch nur mit Graupen oder Reis nach Hause zu kommen weil das Geld mal wieder nicht reichte Die taumlgliche Enttaumluschung war Grund fOr sie bei der Caritas mitzuarbeishyten - ehrenamtlich wie Juri auch Der ist eigentlich aus Wut zur Carishytas gekommen Er habe sich geshyschaumlmt sagt er als er sah wie imshymer wieder Sachen aus den Pakeshyten die fuumlr arme Menschen beshystimmt gewesen seien in den Geshyschaumlften auftauchten Fuumlr Natashyscha und Juri ist solche Arbeit neu Freiwillige Selbsthilfe auf kirchlicher Basis hat es in der fruumlshyheren Sowjetunion nie gegeben Jetzt sind sie mit Feuereifer dabei

Antonio Santi bemerkt das Es ist so wichtig die Menschen hier zur Mithilfe zu ermutigen Wer helshyfen will muszlig direkt zu den Leuten gehen Sonst funktioniert nichts Santis Ziel die eigene Verteilershystruktur der Caritas soll rasch grei-

Auftrag 201

fen und beispielhaft sein Langfrishystig denkt der Diakon sogar an den Aufbau von Lebensmittellagem in denen Beduumlrftige Hilfe erhalten Noch eines ist Santi wichtig Hilfe zur Selbsthilfe Das Problem ist daszlig die Gesellschaft und die Menshyschen systematisch zerstoumlrt worshyden sind Es ist schwierig jemanshyden fuumlr etwas zu begeistern Zu oft schon sind alle Hoffnungen der Menschen enttaumluscht worden Vieshyle haben keine mehr Was sie hashyben Angst vor der Zukunft DerC ritas-Chef hat festgestellt daszlig sich die Menschen aus Unsichershyheit passiv verhalten und sich wehren Verantwortung zu uumlbershynehmen

Darin sehen die alten Kader ihre Chance Sie gewinnen wieder Oberwasser und geben Anweisunshygen So gesehen habe sich im Land nicht viel geaumlndert auch wenn es jetzt wieder Ruszligland heiszligt meint Santi nachdenklich In dieser Mentalitaumlt laumlge die eigentlishyche Schwierigkeit aller Hilfsorgashynisationen Die Menschen seien dazu erzogen worden auf Autoritaumlshyten zu houmlren Die aber gebe es im bisherigen Sinne nicht mehr Santi will deshalb immer mehr Menshyschen zur Mitarbeit auffordern dashymit sie eine Perspektive haben shyNach Moskau gereist ist Hermann Herwig Referatsleiter beim Deutshyschen Caritasverband in Freiburg Mit Santi uumlberlegt er wie die Infrashystruktur der Caritas auch in andeshyren Gebieten des Landes aufgeshybaut werden kann Dort warten die

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Menschen mindestens ebenso auf Hilfe

Anja Iven

(aus Deutsche Tagespost vom 3392)

Der wahre Wert des Geldes Symbolik in stabiler Waumlhrung am Beispiel der Deutschen Mark Erstaunlich genug ist jene Unwisshysenheit wie sie bei (in anderen Beshyreichen) selbst hochintelligenten Persoumlnlichkeiten uumlber das Geld vorherrscht hier speziell uumlber die Deutsche Mark Da reduziert man fuumlr gewoumlhnlich ihre Realitaumlt auf den bedruckten Schein und vershysieht ihn der in der Tat nichts anshyderes darstellt als ein von der Quashylitaumlt her vorzuumlgliches und grafisch kuumlnstlerisch gestaltetes Stuumlck Pashypier dennoch und haumlufig genug mit den negativsten Attributen An dieses Papier werden alle nur denkbaren gedanklich wie geistig von der Geschichte doch laumlngst absorbierten lIegativa geknuumlpft die dem Puritanisch-Abstrakten dem man sich offenbar verpflichshytet glaubt so angenehm entgegenshykommen Ausbeutung und Geld ershyscheinen da ebenso synonym wie Geld und schnoumlde Gewinnsucht shygleichbedeutend mit houmlchst anruumlshychiger pekunaumlrer Unmoral

Eklatantes Unwissen

Das kam mit der Vereinigung beider deutscher Teilstaaten beshysonders deutlich - und nicht nur von enttaumluschter oumlstlicher auch von verbluumlffter westlicher Seite shyzum Ausdruck dazu nicht selten verletzend und von daher bereits entlarvend genug Sittlich verworshyfen ist im Maszligstab falschverstanshydener puritanischer Strenge wie er gerade in der Verbindung mit dem Geld gerne angelegt wird jeshyner (so die Faustregel) von dem vermuten werden konnte daszlig er ausschlieszliglich von der fragwuumlrdishygen Lockung der Deutschen Mark motiviert die Mauer quer durch Deutschland gezogen in ihrer unshyertraumlglichen Stupiditaumlt endlich niederriszlig Doch gerade in dieser eishygentuumlmlich-plastischen Einschaumltshyzung fand die eklantante Unwisshysenheit uumlber die fraglos veraumlndershyte Stellung einer Waumlhrung in heutishygen GesellSChaftssystemen ihren nur zu deutlichen Ausdruck

Umfassender als Philosophie

Eine stabile Waumlhrung sagt ebenso umfassend etwas uumlber den Gesamtzustand nicht nur uumlber den materiellen einer Gesellshyschaft aus wie ein unstabile oder gar eine real wertlose Geld spieshygelt - wie sonst kein anderes Symbol es je derart eindeutig vershymoumlchte - den Zustand von Polishytik Kultur und Humanitaumlt einer Reshygion in der es gilt und zwar in hushyman-moralisch zu wertender Quashy

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litaumlt Es druumlckt umfassender als das jede Philosophie vermoumlchte exakter und einleuchtender zushydem den geistigen Standort dieshyser Gesellschaft aus ihre sozialshypolitische Reife oder aber ihre utoshypisch-ideologische Unreife

Gespiegelte Wertlosigkeit

Nie zuvor wurde das derart klar deutlich als in der houmlchst desolashyten Waumlhrung DDR-Mark Sie gab in ihrer Wertlosigkeit ein Abbild jeshynes desolaten Zustandes der Reshygion hinter der Mauer auf allen nur denkbaren Gebieten menschlicher Daseinsaumluszligerung wieder wie er sich nach Verschwinden dieser Miszligwaumlhrung dann selbst aufdeckshyte und noch weiter deprimierend aufdeckt

Geld und Ware

Eine geordnete Waumlhrung wie die Deutsche Mark zeugt in ihrem real begrifflichen Wert fuumlr jene dashyhinterstehenden Produkte die der Buumlrger damit tatsaumlchlich erstehen also kaufen kann Sie ist von dieshyser Produktenzu- und Anweisung nicht zu trennen Jeder Geldschein steht fuumlr Ware die sich damit kaushyfen laumlszligt und die adaumlquat der Qualishytaumlt der Waumlhrung entspricht Das ist die zwar am ehesten begreifbashyre aber beileibe nicht die einzige und schon gar nicht die ausshyreichende Wertzuweisung die eishynem stabilen Geldschein zushykommt Der Aufschwung der deutshyschen Wirtschaft seit Einfuumlhrung

der Deutschen Mark bestand nicht allein und ausschlieszliglich in der Produktion bis dahin schmerzlich vermiszligter materieller Notwendigshykeiten

Treibende Kraft Wille des Neubeginns

Das damals und alsbald so vom Ausland her gedeutete und mit Ludwig Erhard verknuumlpfte Deutshysche Wirtschaftswunder wurde nicht in erster Linie vom Wunsch nach Wohlstand ausgeloumlst den niemand voraussagen konnte treishybende Kraft war der Wille des Neushybeginns das Verlangen eine neue humanitaumlre Gesellschaft aufzubauen die in der Lage sein muumlsse das wiedergutzumachen was eine alte moralisch tief abgeshysunkene in den gerade vergangeshynen zwoumllf Jahren an Ungluumlck und Zerstoumlrung verursachte Der giganshytische Wiederaufbau aus deprishymierenden Anfaumlngen heraus war in erster Linie ein moralisch motishyvierter durch Ethik gestatzter und von glaumlubigem Optimismus dynashymisch getragener Versuch einer menschenwuumlrdigen Zukunft die im Wohlstand nur eine TeiierfOIshylung und nicht einmal die primaumlre sah

Kulturell wissenschaftliche und soziale Wertausweisung

Dieser Versuch gelang nur desshyhalb - und dies kann nicht genug betont werden - weil sich eine unstreitig aus Erfahrung dynashy

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misch-sittlich motivierte Gesellshyschaft freiwillig in die monetaumlre Disziplinierung begab Gerade di~shyse Selbstbeschraumlnkung steht In

krassem Gegensatz zum Attribut gedankenloser Verschwendung wie sie historisch falsch nicht seIshyten behauptet und der Gesellshyschaft unbesehen zugeschrieben wird Wer im stabilen Geld nichts als die Moumlglichkeit materieller Beshyreicherung sieht begreift einmal nichts vom exakt gleichberechtigshyten Anteil der kulturellen wissenshyschaftlichen und sozialen Wertshyausweisung die sich in ihm manimiddot festiert und gefaumlhrdet zum andeshyren damit eklatant diese Stabilitaumlt Humane Wertungen wie Freiheit Menschenrechte Gleichberechtishygung die ohne Einschraumlnkung auf freiheitlich-demokratische Gesellshyschaften anzuwenden sind finden im stabilen Geld ebenso ihre Symshybolik wie die soziale Hilfsbereitshyschaft die untrennbar mit diesen Wertungen verknuumlpft ist Denn nur mit Hilfe des stabilen Geldes kann - nicht nur im Katastroshyphenfall - wirksam und ebens nicht nur materiell auch humanIshytaumlr wirksam geholfen werden Die unzaumlhligen international uumlbershygreifgenden kulturellen und frieshydensfoumlrdernden Initiativen Begegshynungen und Gespraumlche - auch sie werden durch die Stabilitaumlt eishyner Waumlhrung erst wirksam ermoumlgshylicht und spiegeln in dieser Moumlgshylichkeit zuruumlck Instabilitaumlt Wertshylosigkeit des Geldes wuumlrgt solche Initiativen ab

Ebenso durch Ketten wie durch instabile Waumlhrung

Die Philosophie nennt Freiheit und Menschenwuumlrde als houmlchste gesellschaftspolitisch-relevante Ziele Sie zu erreichen und durchshyzusetzen bedarf es ebenso stabishyler humanitaumlrer wie materieller BeshyzOge So kann der Unfreie oder Sklave durch Ketten wie durch eine instabile eine wertlose Waumlhshyrung gefesselt also versklavt wershyden Wer Arbeit mit wertlosem Geld verguumltet betreibt Sklaverei Die Deutsche Mark ist durch ihre innere Stabilitaumlt kein Papier von anrOchigem Charakter sie ist Ausshyweis freiheitlicher humaner soshyzialer und kultureller Repraumlsenshytation einer Gesellschaft die durch das Feuer ihrer selbstvershyschuldeten Geschichte gegangen ist und daraus die noumltigen Konseshyquenzen zog Wer Geld ausshyschlieszliglich materiell versteht und daraus die zwangslaumlufig schieflieshygenden Schluumlsse zieht wird die Grundursache der Aufloumlsung inhushymaner unterdrQckender und egoshy istischer Machtstrukturen wie wir sie gerade erlebten und erlebe~ in ihrem tatsaumlchlichen Wesen nicht begreifen koumlnnen

Wollgang Altendorf

Man sieht nur mit dem Herzen~~

dau~esentliche ist fUr die Augen unsichtbari

(Sain t-Exupery)

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Seniorenshybeauftragter

Aller Anfang ist nicht immer schwer Schwierig ist aber oft der Beginn Die Idee kam und wurde langsam zu einem noch unbenannshyten aber schon fest bestimmbashyren Gedanken Behinderte Kinder und aumlltere Menschen haben geshymeinsame Probleme Kinder und Behinderte haben eine Lobby Seshynioren sind reif geworden das macht sie bescheiden und vershystaumlndnisvoll gegen Benachteilishygungen Sie schweigen meist auch dann noch wenn ihnen Unrecht getan ihr Menschsein verletzt wird Dabei ist es uumlberwiegend nicht boumlser Wille sondern nur Unshykenntnis der die im reifen Alter stehenden politischen Verantwortshylichen zu Entscheidungen veranshylaszligt die aumllteren Mitmenschen Proshybleme bereiten

Was also war zu tun Ein etwas mOhseliger und vor allem langwieshyriger Prozeszlig muszligte begonnen wershyden um die politischen Verantshywortlichen zu veranlassen die Idee aufzugreifen die nun auch eishynen Namen hatte einen Seniorenshybeauftragten zu ernennen Der gute Wille war sofort spOrbar das Verstaumlndnis fuumlr die Aufgabe aber muszligte geweckt werden Den Durchbruch gab sicher auch das Argument der Kostenlosigkeit Der Versuch der nichts kostet ist polishytischen Menschen gut eingehend Also geschah das Wunder Alle

Auftrag 201

Parteien der Stadt waren einstimshymig der Meinung wir versuchen es mit einem Seniorenbeauftragten

Nach nur ganz kurzer Zeit hatte der Gedanke Fuszlig gefaszligt Schon nach einem halben Jahr ist jedershymann Oberzeugt Es war eine shymeine - gute Idee Die ersten Gedanken erweisen sich als richshytig Ein Seniorenbeauftragter muszlig unabhaumlngig sein und bleiben vom Rat und seinem politischen Tagesshygeschaumlft und auch von der Verwalshytung der Kommune Wichtig ist die Unabhaumlngigkeit einerseits die nur bei ehrenamtlicher Taumltigkeit erhalshyten werden kann und andererseits das Verstaumlndnis der Seniorenproshybleme das nur ein Senior haben kann Viele Moumlglichkeiten den aumllshyteren Mitbuumlrgern das Leben zu ershyleichtern erschlieszligen sich dem Seniorenbeauftragten der dem gleichen Bevoumllkerungskreis angeshyhoumlrt besser und einfacher als auch gutmeinenden Politikern und Wisshysenschaftlern

Nicht zu unterschaumltzen ist dabei auch die Unsicherheit aumllterer Mitmiddot buumlrger gegenuumlber Aumlmtern und deshyren Beauftragten deshalb sollte ein Senior gewaumlhlt werden dem leichter Probleme erlaumlutert und Wuumlnsche vorgetragen werden koumlnshynen Eine der Hauptaufgaben des Seniorenbeauftragten ist es Mittshyler zwischen Senioren und Rat und Verwaltung zu sein Bei ihm koumlnshynen die Wuumlnsche und Anregungen der Senioren gesammelt werden und dann den politisch Verantshywortlichen und den mit der Ausshy

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fuumlhrung und Verwaltung Beaufshytragten vorgestellt werden Auch die Vermittlung von Entscheidunshygen in den Kommunen und des Geshysetzgebers ist Aufgabe des Senioshyrenbeauftragten Groszlig ist zur Zeit das Interesse an der geplanten Reshygelung der Pflegekosten und viele Informationen dazu werden vom Seniorenbeauftragten erwartet

Die praktische Arbeit eines Seshyniorenbeauftragten ist anderershyseits fuumlr den Senior eine natuumlrshyliche und recht befriedigende Taumlshytigkeit Ohne Kostenaufwand nenshynenswerter Art lassen sich viele Dinge regeln die Aumllteren Kindern und Behinderten das Leben leichshyter und lebenswerter machen Loshybenswerte und stolz vorgefuumlhrte Maszlignahmen der Verkehrsberuhishygung sind vor allem im Winter nicht nur fuumlr Autofahrer eine Bremshyse Wer Kinder mit ihren Raumldern auf dem Schulweg auf vereisten Katzenbucheln stuumlrzen sieht der versteht sehr schnell daszlig Senioshyren im Winter das Haus lieben Sehen macht klug Kinderwagen Kleinkinder auf Raumldern und Senioshyren leiden unter Kopfsteinpflaster Rundbuckeln und auch den so unshysinnig hohen Bordsteinkanten Hashyben wir denn alle vergessen daszlig Bordsteine nur deshalb so hoch notwendig waren damit Pferdeshyfuhrwerke nicht schleudernd die Fuszliggaumlnger gefaumlhrdeten Heute genuumlgen doch zweieinhalb Zentishymeter zur Abgrenzung der Fahrweshyge von den FUszligwegen Damit ershyreicht man auch daszlig alle Behinshy

derten mit Rollstuumlhlen die Straszligen uumlberqueren koumlnnen auch fuumlr Kinshyderwagen ist das viel leichter geshyworden und selbst die Autofahrer werden es begruumlszligen es schont die Reifen Damit soll aber nicht die Aufforderung verbunden werden den parkenden Wagen Vorrang zu geben vor Fuszliggaumlngern Rollstuhlshyfahrern und den Kindern die eishygentlich auf den Buumlrgersteigen radfahren sollten Eine einfache Erklaumlrung gibt es auch fuumlr das Nicht annehmen von manchen Baumlnken Sie haben keine Seitenshylehnen Schon aus Vorsicht wershyden kranke und aumlltere Menschen eine solche Bank meiden Sie koumlnnten sie ohne Hilfe nicht mehr verlassen Eine Zughilfe durch eine zumindest einseitige Seitenshylehne ist ein Muszlig Baumlnke sollten auch so aufgestellt werden daszlig nicht alle in der prallen Mittagsshysonne stehen und vor allem an den Plaumltzen wo aumlltere Mitmenschen eine Pause benoumltigen auch natuumlrshylich auf groszligen und vor den Friedshyhoumlfen Warum werden Briefkaumlsten nicht an Altersheimen angeshybracht Den Senioren werden lang Wege zugemutet die fuumlr juumlngere Mitmenschen einfacher zu bewaumllshytigen sind Auch bei der Aufstelshylung von Laternen und Leuchten sollte an die Aumllteren gedacht wershyden deren Augen nicht mehr so gut sind und die dazu auch haumlutishyger an der Nachtblindheit leiden

Ein ganz wichtiges und auch leishydiges Problem sind die Wohnvershyhaumlltnisse Wer baut sollte daran

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denken daszlig er sehr gerne sehr alt werden moumlchte und deshalb schon in den besten Jahren an die vielen Kleinigkeiten denken die beim Rohbau praktisch kostenshylos zu bedenken sind um jede Wohnung altersgerecht zu mashychen Das sind z B breitere Tuumlren gute Ausleuchtung Handlaumlufe an beiden Seiten der Treppen Aufshystellung der Muumllltonnen an ebenen Plaumltzen damit sie auch von schwaumlcheren Mitmenschen beshywegt werden koumlnnen vergroumlszligerte Badezimmer und die Moumlglichkeishyten im Alter benoumltigte Hilfsmittel aufzustellen vor allem auch elekshytrisch anzuschlieszligen gehoumlren ebenso dazu wie eine Kuumlche die auch im Alter noch funktionsgeshyrecht ist Ein weites Feld fuumlr den Seniorenbeauftragten tut sich hier auf die Wohnungsberatung in der Form von Hinweisen und Rat auf die nun meist nachtraumlgliche Umshygestaltung der Wohnung in eine alshytersgerechte Meist ist der dafuumlr notwendige Aufwand viel geringer als angenommen wird Er steht vor allem in keinem Verhaumlltnis zu den Kosten die sonst eine fruumlhere Unshyterbringung in einem Alten- oder Pflegeheim mit sich bringen wOrshyden Schon Kleinigkeiten brinshygen viel Ein KrOckennutzer ist dankbar fuumlr Halter an den Einshygangstuumlren Wer einmal gesehen hat wie problematisch es ist mit zwei Kruumlcken eine Tuumlr aufzuschlieshyszligen wenn eine Hand benoumltigt wird und die Kruumlcke dann zwischen die Beine geklemmt werden muszlig der

weiszlig um das Problem das mit Pfennigbetraumlgen zu loumlsen ist Alte Menschen begruumlszligen es wenn Beshyleuchtung auf Annaumlherungsautoshymatik umgestellt wird und die Klinshygelanlage lauter oder auf Lichtzeishychen umzustellen ist Auf diesem Gebiet gibt es stets mehr und Neushyes deshalb wirkt es geradezu unshyerschoumlpflich

Haben meine Leser schon einshymal die Beobachtung gemacht wie sich Aumlltere und Schwache umshysehen wenn sie in ihre Wohnung kommen und beim Platzanbieten dann so gerne einen Stuhl waumlhlen weil die modernen Sitzgelegenheishyten nur fOr junge und sportliche Menschen eine leichte Aufstehshymoumlglichkeit bieten Auch ein Gaumlshystebett kann vorObergehend auf eine vernuumlnftige Seniorenhoumlhe geshybracht werden Man schiebt einshyfach zeitweilig Kanthoumllzer unter und erreicht dann schnell und einshyfach eine bequeme Ein- und Aufshysteig houmlhe von z B 48 cm

Wer Menschen achtet und helshyfen will wo Hilfe ohne groumlszligere Muumlhe moumlglich ist der wird unshyschwer erkennen ein Seniorenbeshyauftragter ist eigentlich in jeder Kommune ein Muszlig und ohne Koshystenaufwand realisierbar wenn ein geeigneter Senior - ob Mann oder Frau gefunden wird Und wo gibt es die nicht Der Anteil der Senioren an der Bevoumllkerung hat eine Groumlszlige erreicht die bald die der 25jaumlhrigen uumlbertrifft Ob man es beklagt oder nicht es bleibt die Tatsache bestehen daszlig sich die

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Schwergewichte in Richtung auf das Seniorenalter verlagern Dies kann sich auch rasch in der Politik zeigen denn obwohl die Aumllteren durch Lebenserfahrung klug geshyworden den Juumlngeren Arbeit und Politik gerne uumlberlassen und zushymeist auch nicht zu Radikalitaumlt neigen wollen sie doch nicht nur verwahrt und betreut werden sonshydern in ihren spezifischen Probleshymen und Noumlten ernst genommen werden

Wie einfach war es einstmals Ehret das Alter Wenn heute shyganz modern - der aumlltere Mensch nicht mehr um Rat gefragt wird und jung sein in ist sollte sich zumindest die Einstellung verbreishyten die in unserer Stadt Niedershykassel verspuumlrbar ist Alle Parteien und auch die in der Verwaltung Taumlshytigen sind guten Willens und beshyreit Anregungen und Wuumlnsche der Senioren ernst zu nehmen und ihshynen Rechnung zu tragen wo imshymer es moumlglich ist

Willy Trost

Ein alter Traum wird Wirklichkeit

Missionsschwester Eusebia die Schwester des Poinger Pfarrers AIshyfons Langwieder die im Sommer vergangenen Jahres hier auf Heishymatbesuch war feierte am 6 Janushyar dJ zusammen mit acht weiteshyren Missionsschwestern in Alivalshy

NorthSuumldafrika ihr diamantenes Profeszligjubilaumlum (60 Jahre)

Sie wurde am 9 Juli 1911 in Teishysendorf geboren 1928 trat sie in das Kloster der Schwestern vom Heiligen Kreuz in Metzingen im Schweizer Kanton Zug ein Schon ein Jahr spaumlter wurde sie in die Mission entsandt Sie kam in das Provinzhaus des Ordens nach Alishyval in Suumldafrika wo sie als Lehreshyrin ausgebildet wurde Danach wurde sie in das Herschelgebiet berufen das 1976 in die Unabhaumlnshygigkeit entlassen wurde Hier half sie mit am Aufbau einer Mittelshyschule tor Farbige 54 Jahre lang wirkte sie hier erfolgreich als Schulleiterin und Oberlehrerin ehe sie eine Krankheit zwang dieshyse Taumltigkeit aufzugeben Heute lebt Schwester Eusebia im Altersshyheim Fatima in Alival-North Pfarshyrer Langwieder nahm das Profeszligmiddot jubilaumlum zum Anlaszlig um seine Schwester zu besuchen Damit hatte er auch Gelegenheit seinen alten Traum Afrika kennenzulershynen zu verwirklichen

Nach dieser Feier reiste Pfarrer Langwieder zusammen mit seinem Reisegefaumlhrten dem Pfarrer Matshythias Bartl aus Bruckmuumlhl etwa 4000 km kreuz und quer durch Suumldafrika

Zu seinen herausragenden Ershylebnissen zaumlhlte ein Besuch bei Lawrence Erzbischof Henry einem Farbigen in Kapstadt Zusammen mit dem Erzbischof und begleitet von vielen Gespraumlchen fuhren die beiden Pfarrer aus Oberbayern

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durch dessen Dioumlzese Natuumlrlich stand die Frage der Apartheid im Vordergrund des Interesses Von Rassentrennung konnte Pfarrer Langwieder allerdings in der Prashyxis nichts erkennen Die Katholishysche Kirche steht in Suumldafrika fest auf eigenen Beinen erzaumlhlt der Poinger Seelsorger Er stellte auch fest daszlig es um den Priestern achshywuchs nicht schlecht bestellt sei

Als besonders erfreulich empshyfand Pfarrer Langwieder daszlig alle christlichen Kirchen am Kap der guten Hoffnung eng zusammenarshybeiten Die Kirchenleitungen trefshyfen sich regelmaumlszligig am Runden Tisch um anstehende Fragen geshymeinsam zu klaumlren Kein engstirshyniges konfessionelles Denken Schwerpunkte der kirchlichen Arshybeit sind das Schulwesen und die Sozialarbeit Jedem Buumlrger in Suumldshyafrika stehe jeder Beruf offen Auch Farbigen ist der Besuch eishyner Universitaumlt freigestellt

Ein besonderes Interesse beshystand fuumlr Pfarrer Langwieder darshyin ob er Projekten begegnet die von Miserior gefoumlrdert und ausgeshybaut wurden oder werden Er wurshyde mehr als fuumlndig Miserior hat als es hier vor 30 Jahren begann vornehmlich Mittel in den Ausbau des Gesundheitswesens auf dem Land und in die Volksbildung geshysteckt

Ein weiterer Schwerpunkt kirchshylicher Arbeit ist es ferner die Schwarzen aus den sogenannten Locations zu holen und ihnen ein bOrgerliches Leben zu ermoumlglishy

ehen Wenn ein Schwarzer eine beshystaumlndige Arbeit nachweise erhalshyte er uumlber einen kloumlsterlichen Konshyvent ein Haumluschen mit Wohn- Schlafraum Kuumlche und NaszligzeIle zugewiesen Mit Garten bezahlt er hierfuumlr 40 bis 60 Rand (30 - 50 Mark) im Monat an Miete Ist die Anschaffungssumme des Haumlushyschens abbezahlt dann geht es in das Eigentum der Familie uumlber Eine ideale Art um Wohneigenshytum zu schaffen

Als reines Vergnuumlgen bezeichshynete Pfarrer Langwieder die Fahrshyten durch die schier unendlichen Weiten des wunderschoumlnen Lanshydes Gut ausgebaute Straszligen weshynig Verkehr saubere Ortschaften gesundes Klima

Eine landschaftliche Perle ist die Kap-Provinz In Kapstadt seishyber kann man sich verlieben

Die Lebenshaltungskosten lieshygen ein gut Stuumlck tiefer als bei uns Die Kuumlche orientiert sich an der englischen Speisenkarte

Zwei Tage hielt sich Pfarrer Langwieder im Koumlnigreich Lesoshytho auf Dieses Land ist landshyschaftlich wunderschoumln Durchshyschnittliche Seehoumlhe etwa 1700 m Lesotho ist ein einziger Luftkurort und waumlre das gegebene Urlaubsland wenn es nicht so weit weg liegen wuumlrde Die Menschen sind dort etwas scheu aber freundlich Der Service in den Loshykalen entspricht etwa dem eines mittleren Gaststaumlttenbetriebes unshyserer Breiten

Das alte Stammesdenken ist

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nach wie vor fest im Volk verwurshyzelt Auch der Witchdoctor (Zaushyberdoktor) hat seinen festen Platz

Pfarrers Langwieders groszliger Wunsch ist noch einmal in seinem Leben Suumldafrika zu sehen

Arthur Schopf

EINE NEUE STADT ERSTEHT

91 Deutscher KatholikentagKarlsruhe 17-21 Juni 1992

~ ZdK

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AUS GKS UND PGR

Handreichung zum Jahresthema der GKS 1992 Vorwort

Die GKS will in der Kontinuitaumlt der thematischen Zwei-Jahresshyschritte im naumlchsten Jahr die beshygonnene Europaarbeit fortsetzen Mit diesen Worten wies der Bunshydesvorsitzende der GKS Oberstshyleutnant i G Paul Schulz bei der Zentralen Versammlung 1991 in Heiligenkreuztal auf das Jahresshythema 1992 hin

Zwischenzeitlich wurde das Thema in den Gremien ausformushyliert und Professor Dr Grulich Professor fuumlr Kirchengeschichte an der Johannes-Gutenberg-Unishyversitaumlt Mainz fuumlr die Erarbeitung der vorliegenden Handreichung gewonnen

Neben der offenkundigen politishyschen Aktualitaumlt draumlngt die Theshymatik des 91 Deutschen Katholishykentages - insbesondere der 5 Themenkreis Unterwegs zur eishynen Welt - zur Auseinandersetshyzung mit diesen Fragen

Mit dem kompromiszliglosen Wir bauen mit haben wir uns als kashytholische Soldaten ganz bewuszligt in die Pflicht nehmen lassen Dabei ist tor einen engen west-orientiershyten Europabegriff kein Platz er

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muszlig im Geist der internationalen Friedensgottesdienste der Soldashytenwallfahrt nach Lourdes und der Begegnung von Soldaten aus Ost und West am Bild der Schwarzen Madonna im Kloster Jasna Gora in Tschenstochau anlaumlszliglich des Beshysuches von Papst Johannes Paul 11 in seiner Heimat Polen im vershygangenen Jahr sowie durch die Laumlnder- Kultur- Sprach- und Konshyfessionsgrenzen uumlberwindende Kraft des christlichen Bekenntnisshyses erweitert werden Europa als Teil der einen Welt so ist kathoshylisch = alles umschlieszligend geshymeint

Die Handreichung will Hilfe fuumlr die Bau-Taumltigkeit in den GKSshyKreisen sein sie soll InitialzOnshydung geben und Basiswissen vershymitteln auf dem die weitere Arbeit aufbauen kann Fuumlr die Art und Weise der Vertiefung Abrundung und Erweiterung des Themas gibt das Handbuch der GKS vielfaumlltige Hinweise Eines muszlig uns allen aber klar sein

Mitarbeit in der Mission ist als ApostOlat von uns Laien zuallershyerst und zugleich am wirkungsvollshysten mutiges und engagiertes Leshyben und Bekenntnis unseres Glaushybens So lassen sich Grenzen in den Herzen uumlberwinden so wird Gotteserfahrung moumlglich Dazu sollten wir auf die Kraft des geshymeinsamen Gebetes bauen und

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versuchen Neuevangelisation zu mehr als einem Schlagwort zu machen In diesem Sinne endet auch der eingangs zitierte Hinweis auf das Jahresthema 1992 Geshygenwaumlrtig haben Soldaten die Chance Avantgarde Vorhut der Kirche zu sein Nutzen wir diese Chance und setzen wir ein Zeichen der Treue in unserer Kirche

Paul Brochhagen

Europa bauen in der einen Welt Wir bauet1 mit Einleitung

Zwiespaumlltig ist unsere Haltung zum Begriff Mission Im Zeitalter der Annaumlherung ja Zusammenarshybeit der Religionen war der Misshysionsbegriff eine Zeit lang fast vershypoumlnt Galt es nicht aus einem gushyten Hindu einen besseren aus eishynem Muslim einen guten Muslim zu machen Die christlichen Misshysionare wurden als Maumlnner im Geshyfolge der kolonialen Eroberer als Fremde gesehen die uumlberseeishyschen Kulturen ihren europaumlishyschen Stempel aufdruumlcken oder gar ein europaumlisches Gewand uumlberziehen wollten

Nun spricht man vom Missionsshyland Europa und von einer NeushyEvangelisierung unseres Kontishynents Dabei wird der Begriff der Neu-Evangelisierung inzwischen

mit ebenso inflationaumlrer Haumlufigshykeit und wenig hinterfragter Selbstverstaumlndlichkeit gebraucht wie der Name Europa Dieses war bis zur KSZE (Konferenz fuumlr Sichershyheit und Zusammenarbeit in Euroshypa) 1975 und bis vor dem Fall der Mauer sowie der Abschaffung des Eisernen Vorhangs gleiChgesetzt mit dem westlichen nicht kommushynistischen Teil unseres Kontinenshytes Namen wie Europa-Rat Euroshypaparlament oder Europaumlische Gemeinschaft bezeichneten imshymer nur den westlichen kleinen Teil Europas

Wir wollen im Folgenden fragen 1 Ist Europa ein Missionsland 2 Was steckt hinter dem Begriff des Christlichen Abendlands bzw wie christlich ist Europa 3 Welche Rolle spielt die Katholishysche Kirche Deutschlands in dieshysem Europa 4 Welches Europa wollen wir baushyen 5 Welche Aufgaben liegen vor uns Wie bauen wir Europa mit

In einem Anhang drucken wir Auszuumlge aus einigen Dokumenten mit kirchlichen Aussagen zum Thema und geben weiterfuumlhrende Literatur an

1 Ist Europa ein Missionsland

Viele Christen in Europa waren sich auch fruumlher immer der Spanshynung bewuszligt die zwischen der Tatsache bestand daszlig bis vor kurshyzem die meisten Europaumler getaufshy

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te Christen waren die Praxis ihres Handels und das Leben des Glaushybens dem aber oft nicht entsprach In Frankreich wo seit dem antishykirchlichen Kampf der Franzoumlsishyschen Revolution betraumlchtliche Bevoumllkerungsschichten und ganze Landstriche fortschreitend entshychristlicht waren erhob sich schon im Zweiten Weltkrieg die Frage ob dieses Land das einst stolz darauf war die aumllteste Tochshyter der Kirche genannt zu werden nicht schon laumlngst ein Missionsshyland sei In Deutschland hat als ershyster der Jesuit Ivo Zeiger 1948 festshygestellt daszlig Deutschland als rushyfendes Missionsland vor uns liegt Er wurde damals wegen dieses harten Wortes angegrifshyfen man warf ihm vor er beleidishyge damit die Katholische Kirche in seiner Heimat und er zerstoumlre das Interesse an der Weltmission Auf dem 72 Deutschen Katholikentag 1948 in Mainz hielt Zeiger einen viel beachteten Vortrag Ober Die religioumls-sittliche Lage und die Aufshygabe der deutschen Katholiken

Vieles von dem was Zeiger dashymals nach dem Zusammenbruch der nationalsozialistischen Ideoloshygie feststellte gilt auch fOr die heutige Zeit nach dem Zusammenshybruch des Marxismus-Leninismus in Ost- und Ostmitteleuropa Misshysionssituationen erfordern Misshysionsmethoden stellte Zeiger dashymals fest Das heiszligt erstens arshybeiten in Armut arbeiten mit beshyscheidenen Mitteln Wir mOssen arm und bescheiden wieder vorne

anfangen wie eine Missionskirshyche Als zweite Forderung nennt Zeiger Mehr soziale Aufgeshyschlossenheit und Liebe in unseshyren eigenen Reihen Die dritte Forderung aus der Missionssituashytion heraus war fuumlr ihn Der Kashytholizismus muszlig von unten her wieder neu gebaut werden Als letztes forderte er eine neue Halshytung voll Stolz und Mut fOr die Zushykunft

Entwicklung nach dem 11 Weltkrieg

Im Zusammenbruch des Krieges und der Not der Nachkriegszeit war nicht abzusehen daszlig sich durch das seit langem bereits sprichwoumlrtliche Wirtschaftswunshyder in Deutschland die Frage nach der Armut und eines bescheidenen Neuanfangs fuumlr die Kirche bald nicht mehr stellte Wie nie zuvor entwickelte die Kirche gerade seit den 50er Jahren eine rege Taumltigshykeit baute Kirchen Pfarrhaumluser Heime Kindergaumlrten Schulen und andere Bi Idungseinrichtungen Das war noumltig weil sich durch die Millionen von Heimatvertriebenen aus dem Osten die konfessionelle Struktur Deutschlands voumlllig geshywandelt hatte Wo seit der Reforshymation oft kein katholischer Prieshyster mehr gesehen wurde entstanshyden nun neue katholische Pfarreishyen Dioumlzesen wie Hildesheim vermiddot vielfachten ihre Katholikenzahl Gleichzeitig aber muszligten die Vershyantwortlichen in der Kirche mit

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dem immer wachsenden Wohlshystand auch einen staumlndig fortshyschreitenden Ruumlckgang von Relishygioumlsitaumlt und Bindung an die Kirche feststellen Die religioumlse Sinngeshybung hat fuumlr immer weitere Leshybensbereiche an Bedeutung eingeshybuumlszligt Wir sprechen von Saumlkularishysierung Unser Bewuszligtsein und unshyser Denken ist immer mehr vershyweltlicht worden Man scheint Gott nicht zu brauchen Houmlchstens ist er noch notwendig in den Grenzsituationen schwerer Krankshyheit und im Angesicht des Todes Im Alltag brauchen die meisten Menschen wie sie meinen keinen Gott und keine Kirche Im alten Eushyropa ist der Prozeszlig der Entchristlishychung so weit fortgeschritten daszlig man ernsthaft an eine zweite Vershykuumlndigung denken muszlig

So schreibt der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz der Bischof von Mainz DDr Karl Lehshymann zu dieser Entwicklung in seishynem Hirtenwort Was heiszligt NeushyEvangelisierung Europas in der oumlsterlichen Buszligzeit 1991

Zahlreiche soziologische Untershysuchungen haben das seit Jahrshyzehnten bestaumltigt Den Ruumlckgang der Gottesdienstbesucher der Taufen der geistlichen Berufe konnten auch die einzelnen Pfarshyreien selbst feststellen Groszlig anshygelegte Befragungen verschiedeshyner Institute haben zusaumltzlich ershygeben daszlig auch die persoumlnliche Glaubensuumlberzeugung der Glaushybe an einen persoumlnliChen Gott an das Leben nach dem Tode an die

Gottheit Jesu Christi und andere Glaubenswahrheiten drastisch zushyruumlckging Noch mehr galt und gilt das fuumlr die Morallehre der Kirche die anzunehmen und zu bejahen immer weniger katholische Chrishysten bereit sind

Die Kirche war sich dieser Saumlkushylarisierung schmerzhaft bewuszligt Papst Johannes XXIII versuchte deshalb das aggiornamento und berief das 2 Vatikanische Konzil das in verschiedenen Dekreten die Rolle der Kirche in der heutigen Welt als pilgerndes Gottesvolk oder Licht der Voumllker behandelshyte Dieses Konzil verstand sich als Reformkonzil das im Geist des Evangelismus mit dem Blick auf das Heute die Kirche erneuern wollte Papst Paul VI richtete 1975 sein Apostolisches Schreiben Evangelii nuntiandi an den Epishyskopat den Klerus und alle Glaumlushybigen der Katholischen Kirche uumlber die Evangelisierung in der Welt von heute

In dieser Zeit fielen die Bemuumlshyhungen der Politiker um die Einshyheit Europas wobei allerdings wie bereits erwaumlhnt nur die westlishyche nichtkommunistische Haumllfte des Kontinentes gesehen wurde Am 29 Juni 1977 haben die Bishyschofskonferenzen Europas ein Wort zu Europa herausgegeben in dem sie die geschichtliche Rolle Europas betonten den Willen zur Einigung hervorhoben und auf Grundrechte und Grundpflichten hinwiesen Sie stellten fest daszlig die Abkehr von Gott als dem

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Herrn und Schoumlpfer zu menschlichem Niedergang Krieg und Gewalt gefuumlhrt hat Viele Menshyschen auch in unserem Land sind dem Materialismus verfallen In der Folge religioumlser Entwurzelung greifen trotz wachsenden Wohlshystandes Resignation Depression und Angst um sich

Chancen durch den politischen Umbruch im Osten Europas

Es bedurfte aber bei uns einiger entscheidender Ereignisse um die Missionsnotwendigkeit in Europa in ihrer ganzen Weite zu erfassen Dies geschah vor allem durch die Folgen der politischen Wende des Jahres 1989 als die unnatuumlrliche Teilung Deutschlands und Euroshypas unerwartet beendet und fuumlr viele Oberraschend augenscheinshylich wurde wie weit in vier bzw fOnf Jahrzehnten die Entchristlishychung Ost- und Ostmitteleuropas und in uumlber sieben Jahrzehnten in der ehemaligen Sowjetunion fortshygeschritten war Die bedeutende Rolle die dabei der erste slawishysche Papst fuumlr diese Wende spielshyte kann nicht hoch genug angeshysetzt werden Der Pole Johannes Paul 11 hatte sich im Gegensatz zu den Politikern nie mit der Teilung Europas als Folge der Absprachen waumlhrend der Konferenz von Jata abgefunden Er hatte schon bei seiner Reise als Papst nach Gneshysen am Grab des hl Adalbert die Einheit des Kontinents betont und mit der Proklamierung der Slawen-

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apostel Cyrill und Method zu Kronshypatronen Europas diese groszligen Missionare dem hl Benedikt dem Vater des Abendlandes zur Seishyte gestellt

Der Papst hatte auch klar den Marxismus-Leninismus als Uumlbel genannt ja als Schande unseres Jahrhunderts Wie tief diese Ideoshylogie die Seelen der Menschen zershystoumlrt hatte wird heute immer mehr sichtbar

1985 erinnerte Johannes Paul 11 in seinem Rundschreiben Slavoshyrum Apostoli zum 1100 Todestag des hl Method an das Werk der Evangelisierung der beiden Bruumlder aus Saloniki von deren Charisma er hoffte es werde sich in unserer EpOChe in neuer Fuumllle zeigen und neue Fruumlchte tragen Der Papst wuumlrdigte dabei Cyrill und Method wegen ihrer klaren Stellung in all jenen Konflikten die damals die slawischen Gemeinschaften auf ihrem Weg zu staatlicher Organishysation erschuumltterten sie machten sich dabei die Schwierigkeiten und Probleme zu eigen die nicht zu vermeiden waren fOr Voumllker die ihre eigene Identitaumlt unter dem mishylitaumlrischen und kulturellen Druck des neuen roumlmisch-germanischen Reiches verteidigten und versuchshyten jene Lebensformen zuruumlckzushyweisen die ihnen fremd schieshynen Cyrill und Method sind fuumlr den Papst zwei Verbindungsringe eine geistige BrOcke zwischen Ost und West die einen entscheidenshyden Beitrag zur Bildung Europas leisteten und zwar nicht nur in

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der religioumlsen christlichen Geshymeinschaft sondern auch fuumlr seishyne gesellschaftliche und kulturelle Einheit An Grundhaltungen in Ost und West als von den zwei Fluumlshygeln einer Lunge durch die Europa atmet Bei seinem ersten Besuch in der Tschechoslowakei hat im April 1990 der Papst in Velehrad in Maumlhren das der Tradition nach der Bischofssitz des hl Method gewesen sein soll als Reaktion auf den Umbruch in Osteuropa eine Sonderversammlung der Bishyschofssynode fuumlr Europa angeshykuumlndigt die ab 28 November bis zum 13 Dezember 1991 nach Weshygen der Neuevangelisierung Euroshypas fragte das sich nun den Bishyschoumlfen vom Atlantik bis zum Ural als neues Missionsland darstellt Die Grundlagen einer Neuevangeshylisierung hat der Heilige Vater in seiner Enzyklika Redemptoris Missio uumlber die fortdauernde Guumllshytigkeit des missionarischen Aufshytrages vom 7 Dezember 1990 deutshylich aufgezeigt Der Paumlpstliche Rat fOr den Interreligioumlsen Dialog und die Kongregation fuumlr die Evangelishysierung der VOumllker haben am 19 Mai 1991 unter dem Titel Dialog und Verkuumlndigung Uumlberlegungen und Orientierungen zum Interrelishygioumlsen Dialog und zur Verkuumlndishygung des Evangeliums Jesu Chrishysti geboten Wie sich 1979 die 3 Vollversammlung des lateinamerishykanischen Episkopates mit der Evangelisierung ihres auf dem Pashypier katholischen Kontinentes in Gegenwart und Zukunft beschaumlfshy

tigte so haben Ende 1991 die euroshypaumlischen Bischoumlfe ihre Konzeptioshynen vorgelegt Die Tatsache daszlig unter ihnen Maumlnner waren die in Gefaumlngnis und Arbeitslager litten und als Geheimbischoumlfe wirkten ist dabei ebenso von Bedeutung wie das Faktum daszlig es 1991 in Teilen Europas wieder auch vom Staat anerkannte Bischoumlfe gab wo seit den zwanziger und dreiszligishyger Jahren dieses Jahrhunderts keinerlei kirchliche Struktur mehr auszliger einzelnen Gemeinden vorshyhanden war Unter dem Titel Dashymit wir Zeugen Christi sind der uns befreit hat betonte die Sonshyderversammlung im Schluszligdokushyment die gegenwaumlrtige historische Stunde fuumlr den christlichen Glaushyben Europas und wies auf Wege der Neuevangelisierung hin Fast im Schatten der Bischofssynode hatte vom 12 bis 18 November 1991 in Santiago de Compostela (Spanien) die tonfte Europaumlische oumlkumenische Begegnung zwishyschen der Konferenz Europaumlischer Kirchen (KEK) und dem Rat der Eushyropaumlischen Bischofskonferenzen (CCEE) stattgefunden Im Bericht der Praumlsidenten dieser Versammshylung Dean John Arnold und Carlo Maria Kardinal Martini wird das Ausmaszlig der christlichen Verantshywortung angesichts des Evangeshyliums hervorgehoben und die Uumlbershyzeugung ausgesprochen daszlig das Evangelium in Europa Zukunft habe Schon erheben sich auch neshygative ja feindliche Stimmen die von einer Rekonfessionalisierung

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einer Ruumlckkehr der Katholen oder von Proselytenmacherei spreshychen Es gibt aber auch falschen Triumphalismus in katholischen Kreisen der nur den scheinbaren Sieg Ober den atheistischen Marshyxismus sieht dabei aber nicht wahrhaben will daszlig es noch nicht der Glaube oder die Religion ist die das Vakuum in den Seelen aufshygetollt und erfuumlllt haben

2 Was steckt hinter dem Begriff des christlichen Abendlandes shyoder Wie christlich ist Europa

Ohne Zweifel ist das Christenshytum eine der wesentlichsten Kraumlfshyte die Europa und seine Kultur entscheidend mitgestaltet ja nach einem Wort von Papst Pius XII die Seele seiner Voumllker am tiefsten geformt haben Zur Geshyschichte dieses Kontinents und seiner Entfaltung gehoumlrt das misshysionarische Wirken groszliger Heiliger wie Benedikt KOlumban Bonifashytius Cyrill und Method Ansgar und Adalbert Diese Missionare haben auf Dauer das Antlitz Euroshypas entscheidender gepraumlgt als dies groszlige Herrscher Eroberer oder Heerfuumlhrer taten

Der erste Bundespraumlsident des jungen Nachkriegsdeutschland Theodor Heuss sagte Ober Euroshypa es stehe gleich Saumlulen auf drei Huumlgeln auf der Akropolis dem Kashypitol und Golgotha Es habe also eine hellenistische eine roumlmische und eine auf Jesus Christus zushyruumlckzufuumlhrende christliche Grundshy

lage wobei letztere die bei den anshyderen integrierte

Leider ist es durch die Entfremshydung zwischen Ost und West nach der groszligen Kirchenspaltung des Jahres 1054 zur Fehlleistung eishyner ganzen Kulturepoche Euroshypas gekommen als jenes zaumlhleshybige oft wiederholte Kulturbeshywuszligtsein und Geschichtsbild etlishycher Generationen ja sogar das Selbstverstaumlndnis der roumlmischen Kirche praumlgende Diktum (Ernst Nittner) von den drei anderen Saumlushylen entstand von Antike Christenshytum und Germanentum die den Bau Europas tragen bzw von den drei Wurzeln aus denen das Abendland gewachsen sei Der Osten Europas kommt in beiden Bildern von den drei Huumlgeln und von den drei Saumlulen zu kurz sei es der slawische Osten sei es die beshysondere Geistigkeit oumlstlichen Chrishystentums das in Osteuropa mehr vom Slawenturn gepraumlgt ist als vom Griechentum

Als Papst Pau VI 1964 den hl Benedikt zum Patron Europas und zum Vater des Abendlandes erhob ging er davon aus daszlig nach dem Ende des alten Westroumlmishyschen Reiches und nach dem Ende der Voumllkerwanderung die Geshyburt Europas anzusetzen ist Karl der Groszlige ist bereits von Zeitgeshynossen als verehrungswordige Zierde Europas als Pater Euroshypae bezeichnet worden

Doch sein Reich dieses junge Europa war noch ein Kleineuropa kleiner als die EWG das Europa

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der sechs GrOndungsmitglieder der heutigen EG da damals unter Karl dem Groszligen ganz Suumld italien noch unter byzantinischer Herrshyschaft war allerdings die Gebiete der heutigen Schweiz und die Grenz-Marken in Oumlsterreich und Nordspanien dazugehoumlrten Dazu kam daszlig in Konstantinopel der alte roumlmische Reichsgedanke weiterlebte und dieses Faktum zum Dualismus Rom-Byzanz fuumlhrshyte Der polnische Historiker Oskar Halecki kommt sogar zum Schluszlig daszlig die Errichtung des Reiches Karl des Groszligen kein Schritt Inteshygration eines groumlszligeren christlishychen Europas war sondern zushynaumlchst den damals bereits vorhanshydenen Ost-West-Dualismus noch erneuerte und verstaumlrkte

Dazu kam daszlig die unstreitbar groszligartige Leistung Karls des Groshyszligen ohne Kontinuitaumlt war ja nach dem Tod des Kaisers Niedergang und Zerfall kamen ehe Otto I mit seiner Kaiserkroumlnung im Jahre 962 an Karl den GroBen anknuumlpfte Dashybei konnte er allerdings das Reich Karls nicht erneuern sondern nur im Ostfrankenreich dem spaumlteren Deutschland das Ende des karoshylingischen Staates machtpolitisch weiterfuumlhren

Die Missionierung Osteuropas Doch gerade in dieser Zeit des

Zerfalls des Reiches Karls des Groszligen im 9 Jahrhundert faumlllt die Mission der Slawenapostel Cyrill und Method Ihr Hauptwirkungsgeshybiet ist Maumlhren und Pannonien die

alten Hauptdurchzugsgebiete der Voumllkerwanderung Mit seinem Wahlspruch ora et labora (bete und arbeite) mit der Gruumlndung von Kloumlstern und der Pflicht der Seszligshyhaftigkeit der Moumlnche hatte SI beshynedikt die Unruhe der Voumllkerwanshyderung gebaumlndigt und uumlberwunshyden Seit dem Jahre 863 missioshynierten Cyrill und Method die Mitshypatrone Europas in Gebieten die nicht zum Roumlmischen Reich und nicht zum Reich Karls des Groszligen gehoumlrt hatten Die eigentliche Inteshygration Europas ist nicht nur von Reichsgedanken her erfolgt nicht von der Zugehoumlrigkeit zum Impeshyrium (sei es byzantinisch sei es fraumlnkisch-roumlmisch) sondern durch Mission und Christianisierung durch welche griechisch-roumlmische Kultur zunaumlchst in das Groszligrnaumlhrishysche Reich dann in andere slawishysche Staatswesen aber auch bald in das nichtslawische Reich der Ungarn eindrang Mit dem Chrishystentum wurde das Erbe der Antishyke von jungen Voumllkern uumlbernomshymen die sich auBerhalb des Impeshyriums entwickelten so wie ein Jahrhundert zuvor unter Bonifashytius das gleiche in unserer Heimat geschah und spaumlter im Norden durch Missionare wie Ansgar ershyfolgte Durch die Christianisieshyrung durch die Uumlbernahme des kulturellen Reichtums der roumlmishyschen und griechischen Antike entstand in einem langen Entwickshylungszeitraum Europa

In seinem geistvollen Vortrag Ober Cyrill und Method - Schutzshy

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heilige Europas schreibt Ernst Nittner uumlber die Zeit des 10 Jahrshyhunderts als nach der Vertreibung der Schuumller des heiligen Method nach dessen Tode diese eine neue Wirkungsstaumltte in Bulgarien fanshyden und nach dem Ende des GroBshymaumlhrischen Reiches auf Teilen seines Bodens ein christlicher unshygarischer Staat entstand

Die Geburt Europas war abgeshyschlossen West und Ost waren inshytegriert in die europaumlische Geshymeinschaft des Denkens und Glaubens

Griechische Philosophie und die roumlmischen Kriterien von Recht und Ordnung waren uumlberhoumlht durch die christliche Heilsbotschaft durch das neue Bild von Gott und Mensch

Im Westen - aber keineswegs nur fuumlr den Westen - hatte St Beshynedikt den kultursoziologischen Imperativ des Ora et labora mit der Absage an ausschlieszligliche Kontemplation ebenso wie an leishystungsbesessenes Robotertum eingebracht

Cyrill und Method hatten bei den slawischen Voumllkern - aber keineswegs nur fuumlr sie - die Freishysetzung volkhafter Kraumlfte fOr das Wirken der Kirche den Gedanken des Glaubens und Verkuumlndens aus der ethnischen Voraussetzung des Betens und Eucharistiefeierns in der Muttersprache hinzugefOgt Man sagt daszlig hier eigentlich antishyzipiert wurde was tausend Jahre spaumlter durch das Zweite Vatikanshyum verwirklicht wurde

Geburtsstunde Europas

Wir koumlnnen also von einer Geshyburtsstunde Europas sprechen muumlssen uns dabei aber immer wieshyder vor Augen halten daszlig auch dashymals Europa nie wirklich eine Einshyheit war weder regional noch imshyter den Bedingungen des Heiligen Roumlmischen Reiches Deutscher Nation (David Seeber) Es lebte immer in Spannungen und Gegenshysaumltzen in Konflikten und Auseinshyandersetzungen Selbst wenn es (nach den Worten des Papstes) durch das Christentum mit beiden Lungen atmete war dies doch zeitshyund perspektivenverschoben Eushyropa ist eben ein anders beschatshyfener Kontinent als wir ihn in den uumlblichen Europa-Sonntagsreden praumlsentiert bekommen schreibt David Seeber in einem Leitartikel der Herder-Korrespondenz im Sepshytember 1991 als dieses Europa sich lange als nicht handelndes Subjekt im Jugoslawienkrieg ershywies als zu schwach um als geshysamteuropaumlisches Ordnungseleshyment oder auch nur als friedensshystiftender Moderator auftreten zu koumlnnen Zwar hat Europa immer existiert aber nur in seiner Vielshyfalt wobei die Vielfalt politisch kulturell geistig und regional war Seine Geschichte nach der Geshyburtsstunde ist gekennzeichnet von MachtansprOchen und Geshywalt von Kaumlmpfen mit Siegen und Niederlagen die bereits im Mittelshyalter und in der frOhen Neuzeit nicht erst 187071 oder in den beishy

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den Weltkriegen dieses Jahrhunshyderts Feindschaft zwischen den Voumllkern als den Traumlgern Europas schufen

Wie die Trennung von Ost- und Westkirche im Jahre 1054 haben weitere Kirchenspaltungen wie die der Reformation zu erneuter Trenshynung gefOhrt Auch wenn sie nicht die europaumlischen Dimensionen hatten wie nach 1517 durch Lushyther so haben auch andere religioumlshyse Konflikte (denken wir an die Hussitenkriege) zu Feindschaft und Auseinanderleben gefahrt Ein trauriger Houmlhepunkt dieses Geshygeneinander war sicher der Dreishyszligigjaumlhrige Krieg als Mitteleuropa Aufmarschplatz von Armeen aus weiten Teilen Europas von Spashynien bis Schweden war

Gemeinsamer Urgrund Dennoch blieb diesem Europa

ein gemeinsamer Urgrund das Christentum Nicht zufaumlllig haben groszlige Geister vor 200 Jahren in eishyner der unseren vergleichbaren Zeit nach den Wirren und Fehlentshywicklungen der Franzoumlsischen Reshyvolution ihre Blicke von Aufklaumlshyrung Rationalismus und Materiashylismus abgewandt und versucht sich an Grundwerten des mittelalshyterlichen Europa zu orientieren Der Dichter Novalis der eigentlich Friedrich Karl von Hardenburg hieszlig und als Leiter der Bergwerke in Sachsen von Haus aus ein Nashyturwissenschaftler war hat dashymals eine Schrift verfaszligt Die

Christenheit oder Europa Er meinte damit keinen Gegensatz sondern voumlllige Identitaumlt Fuumlr Noshyvalis ist Europa nach seiner Hershykunft christlich es wird christlich sein oder gar nicht mehr existieshyren Nicht umsonst nennen wir Noshyvalis einen Vertreter der Romantik aber dennoch mOssen wir uns heushyte auf die christlichen Grundwerte zurOckbesinnen auf denen Europa aufbaut Das Christentum hat jeshynen gewaltigen Integrationsproshyzeszlig vollbracht der Europa seine christlich-humanistische Praumlgung gab Der Integrationsprozeszlig zeigt sich in Begriffen wie Menschenshywuumlrde Unantastbarkeit der Pershyson Freiheit Gerechtigkeit Solishydaritaumlt Gemeinschaft und persoshynelle Verantwortung auf die aber kein christlicher Monopolanshyspruch besteht und die auch von Nichtchristen geachtet und gelebt werden Diese Werte stammen aus dem Schatz der Antike aus vorshychristlicher Zeit als ethnische Forshyderungen eines Sokrates Plato oder Aristoles an die Menschen Diesen Werten hat das Christenshytum die transzendente Hinwenshydung auf den Erloumlsergott den SChoumlpfer allen Lebens hinzugeshyfuumlgt was wir an Grundwerten menschlicher Existenz wie Freishyheit - Menschlichkeit - Geshyrechtigkeit besonders sporen Sie gehoumlren seit der griechischen Philosopie zum Wesen Europas wurden aber durch das Christenshytum besonders ausgeformt und zaumlhlen gerade heute zu den W9shy

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sentlichen Grundlagen eines neushyen Europas

Wenn dieses Europa Missionsshyland ist so ist eine Bestandsaufshynahme seiner noch vorhandenen christlichen Substanz notwendig In Prozenten ausgedruumlckt ist der Anteil der auf Christus Getauften in den letzten Jahrzehnten gewalshytig zuruumlckgegangen Zwar gab es in Europa mit den Juden und seit der Neuzeit auch durch die Muslishyme auf dem Balkan starke nichtshychristliche Bevoumllkerungsgruppen In Osteuropa zaumlhlten bis zum Hoshylocaust die Juden noch Millionen Die Sonderversammlung der Bishyschofssynode spricht im Schluszligshydokument von der besonderen Beshydeutung des Judentums dessen Glauben und Kultur ein konstitushytiver Teil der Entwicklung der euroshypaumlischen Humanitaumlt sind Die Versammlung stellt auch die Wichtigkeit der Beziehungen zu den Muslimen fest nicht nur weshygen vergangener Ereignisse sonshydern auch im Blick auf unsere Zushykunft zumal eine starke Wandeshyrungsbewegung aus den Islamishyschen Nationen stattfindet M iIshylionen von Muslimen gibt es seit langem im europaumlischen Teil Ruszligshylands auf dem Balkan in Bulgashyrien Albanien und Jugoslawien doch war mit Ausnahme des erst nach den Balkankriegen 191213 entstandenen jungen Staates Alshybanien die uumlberwaumlltigende Mehrshyheit der europaumlischen Bevoumllkeshyrung christlich Gewiszlig war es oft nur ein Kulturprotesfantismus

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oder Kulturkatholizismus im Osten auch eine Kulturorthodoxie Man wurde getauft gefirmt oder konfirmiert kirchlich getraut und begraben~ Aber man wuszligte um das geistige Erbe des Christentums von dem man auch als Atheist noch zehrte

Entchristlichung und Saumlkularisierung

Heute ist das anders Wenn von der Wiedervereinigung Deutschshylands im Jahre 1989 fuumlr die alte Bundesrepubulik noch 44 Proteshystanten und 471 Katholiken anshygegeben wurden so war das beshyachtlich 64 waren sonstige Konfessionen darunter 25 Millioshynen Muslime (meist Tuumlrken) aber auch Hunderttausende von Orthoshydoxen als griechische oder jugoshyslawische (serbische mazedonishysche) Gastarbeiter Die eigentliche Zahl von Atheisten war also relativ gering Nach der Wiedervereinishygung bekennen sich nur 73 der Deutschen zu einer christlichen Konfession weil der neue Mensch des Marxismus-Leninismus der von jeder Entfremdung frei sein sollte auch frei wurde von der Abshyhaumlngigkeit von Gott Was die Zahl von 73 Christen in Deutschland nicht ausdruumlckt ist das Ausmaszlig der Entchristlichung der mittleren und juumlngeren Generation Wenn die waumlhrend der ersten Nachshykriegszeit Geborenen auch in der ehemaligen DDR noch zu uumlber 90 getauft wurden so muumlssen

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die Prozentsaumltze der in der letzten Jahren und heute Getauften ershyschreckend niedrig sein um auf nur 73 Christen zu kommen Und es ist so In den neuen Bundeslaumlnshydern sind noch 21 der Buumlrger evangelisch und 36 katholisch D h daszlig nicht einmal ein Viertel der Bevoumllkerung christlich ist In Staumldten wie Erfurt mit reicher christlicher Tradition einem Bishyschof einem Priesterseminar vershyschiedenen Kloumlstern und anderen kirchlichen Einrichtungen werden von 100 Neugeborenen nur fuumlnf geshytauft davon drei protestantisch und zwei katholisch Als die DDR 1949 gegruumlndet wurde bekannten sich uumlber 90 der Erfurter Buumlrger als Christen

Halten wir dagegen Zahlen aus der Mission in Uumlbersee Im afrikashynischen Ruanda gibt es 50 Kashytholiken und 12 Protestanten in Swasiland sind uumlber 60 Chrishysten in Uganda die Haumllfte der Beshyvoumllkerung

Aumlhnliche Zahlen wie aus der ehemaligen DDR wenn auch nicht so kraszlig gibt es auch aus dem uumlbshyrigen Ostblock In der CSFR beshykennen sich nur noch 40 der Beshyvoumllkerung als Christen Doch ist zu entscheiden ob ein Bekenntnis zur Kirche nur aumluszligerlich ist weil sich das Volk mit der Nationalkirshyche identifiziert die in schwerer Zeit die Rechte des Volkes vertrat oder ob das Bekenntnis bereits als echter Ausdruck lebendigen christlichen Glaubens gewertet werden kann der auch in der Zeit

der Atheisierung und des Kirchenshykampfes lebendig blieb

Verluste hat das Christentum aber auch im Westen Europas ershylitten Bei den Lutheranern Skandishynaviens und den Anglikanern in Groszligbritannien ist christliche Subshystanz ebenso von der Erosion durch den praktischen Materialisshymus bedroht wie die katholischen Laumlnder Suumldeuropas von der Saumlkushylarisierung betroffen sind In Frashygen der Abtreibung oder Ehescheishydung hat weder in Italien noch in Spanien die Kirche eine Mehrheit der Bevoumllkerung hinter sich

Vormarsch nichtchristlicher Religion

Mit dem Ruumlckgang des Chrishystentums waumlchst gleichzeitig durch Wanderbewegungen der Anshyteil nichtchristlicher Religionen (Islam) ja konvertieren ehemalige Christen zu neuen Religionen (Hara-Krishna Vereinigungskirche ua) Vor allem der Islam entwikshykelt in Europa eine Missionsstrateshygie die nach dem Ende des Ostshyblocks noch offensiver wird Bisshyher lebten die alteingesessenen Muslime Europas bis auf Grieshychenland Zypern und der Tuumlrkei unter kommunisterischer Herrshyschaft Es gibt in diesen Laumlndern folgende Zahlen von Muslimen 1 GUS-Staaten (Europaumlischer Teil) Ober 12 Millionen Muslime 2 Jugoslawien uumlber 4 Millionen Muslime 3 Albanien uumlber zwei Millionen (Sunniten und Bektaschi)

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4 Bulgarien Ober eine Million 5 Rumaumlnien etwa 50000 6 Polen einige Tausend

Von diesen Laumlndern war in Albashynien den Muslimen wie auch den anderen Konfessionen jede RelishygionsausObung verboten In der Sowjetunion in Bulgarien und Rushymaumlnien wurde der ISlam diskrimishyniert und unterdruumlckt In Jugoslashywien konnte dagegen schon 1977 in Sarajevo mit massiver arashybischer Hilfe eine Islamische Theologische Fakultaumlt gegruumlndet werden Auszligerdem bestehen dort die Koranschulen (Medresen) in Sarajevo (mit serbokratischer Unshyterrichtssprache) in Pristina (fuumlr Albaner) und Skopje (fuumlr Tuumlrken und Mazedonier) Die Muslime im ehemaligen Jugoslawien haben heute eine eigene Presse und geshyben Dutzende von religioumlsen Buumlshychern heraus Im zerfallenen Jugoshyslawien wird vor allem in der Repushyblik Bosnien-Herzegowina den Muslimen mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden muumlssen Eine aumlhnliche Entwicklung vOllzieht sich heute in der ehemaligen Soshywjetunion Bulgarien und Albashynien Manche Staaten der GUS hashyben islamische Mehrheiten Sollshyten alle Staaten der GUS Mitglied der KSZE werden bedeutet dies eishynen entscheidenden Schritt des Isshylams nach Europa

Auszliger in Griechenland (140000) und Zypern (152000 Muslime) sind die muslimischen Gruppierungen in Europa Folgen juumlngst erfolgter Auswanderungen 1991 kann man

fOr Europa folgende Zahlen angeshyben Deutschland 25 Millionen

Muslime Frankreich 21 Millionen Groszligbritannien 1 Million Niederlande 300000 Belgien 250000 Italien 200000 Spanien 80000 Schweiz 70000

Der Streit um den Bau eine riesishygen Moschee in Rom hat der Weltshyoumlffentlichkeit gezeigt daszlig selbst in der Stadt des Papstes die Lehre Mohammeds vertreten ist Das Centro Islamico Culturale dltalia in Rom verfuumlgt uumlber eine Sonnshytagsschule und gibt monatlich ein Bulletin (in italienischer und englishyscher Sprache) heraus

In Spanien gibt es seit 1980 wieshyder aktive Moscheen Damals uumlbergab der kommunistische Buumlrshygermeister von Cordoba den Musshylimen eine alte Moschee die aber Jahrhundete hindurch als Kirche gedient hatte 1982 wurde in Pedro Abad bei Cordoba eine zweite Moshyschee eroumlffnet Eine weitere entshystand in Madrid In der Schweiz beshystehen Moscheen ua in Zuumlrich und Genf In Genf hat das Islamishysche Zentrum zahlreiche Schriften in Franzoumlsisch publiziert was die Islamische Gemeinschaft in der deutschsprachigen Schweiz von Zuumlrich aus in deutscher Sprache tut

Dieser europaumlische Islam wird heute in weltweite Missionsplashynungen einbezogen das zeigen

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uumlberregionale islamische Organishysationen wie der Islamic Council of Europe in London und der Moshyscheenrat fuumlr Europa in BrUumlsse

Ein Vergleich der Erfolge des Isshylams mit der christlichen Mission dieses Jahrhunderts faumlllt eindeushytig zu ungunsten des Christenshytums aus Waumlhrend das Christenshytum z B in rein islamischen Laumlnshydern wie Saudi-Arabien den arashybischen Emiraten oder dem Jemen (auch in Afghanistan) nie Fuszlig faszligshyte gibt es heute Millionen von Muslimen in Westeuropa In vielen muslimischen Laumlndern ist die Zahl der Christen erschreckend zuruumlckshygegangen z B in der Tuumlrkei aber auch in Algerien In einem muslishymischen Land wie Somalia das Jahrhunderte hindurch italienisch war gibt es heute weniger Katholishyken (2500) als Muslime in Luxemshyburg (3000) Gerade solche Vershygleiche zeigen den Vormarsch des Islam Die Zahl der Muslime in Oumlsterreich und der Schweiz ist groumlshyszliger als die Zahl der Katholiken in Kuwait oder Lybien es gibt in Belshygien mehr Muslime als Christen in Bangladesh ganz zu schweigen von den Millionenzahlen der Muslishyme in Deutschland Frankreich und Groszligbritannien

3 Welche Rolle spielt die katholishysche Kirche Deutschlands in diemiddot sem Europa

Die Lage Deutschlands in der Mitte unseres Kontinentes vershypflichtet uns deutsche Katholiken

besonders beim Aufbau eines neushyen Europas und bei seiner Neushyevangelisierung Die Teilung Euroshypas in Ost und West war auch 40 Jahre lang eine Teilung unseres Vaterlandes das erst seit dem 3 Oktober 1990 wieder geeint ist So wie wir in Deutschland nun zusamshymenwachsen und eine gemeinsashyme Zukunft gestalten soll auch die Zukunft eines gemeinsamen Europas erstehen Dabei ist das vereinte Deutschland in einer unshygleich besseren Lage als Europa Es spricht eine gemeinsame Sprashyche und blickt auf eine gemeinsashyme Geschichte zuruumlck waumlhrend die Voumllker Osteuropas gegenuumlber Westeuropa sprachlich isoliert sind und keine Hilfe vom Westen erwarten koumlnnen die der Hilfe der alten fuumlr die neuen deutschen Bunshydeslaumlnder entspricht

Zwei Tatsachen sind es auszliger seiner Lage in Mitteleuropa die Deutschland bei der Neuevangelishysierung des Missionslandes Euroshypa zu besonderer Aufgabe berushyfen a seine Erfahrungen mit dem Zushysammenbruch einer menschenvershyachtenden Ideologie 1945 und b seine Verflechtungen mit ganz Europa durch deutsche Volksgrupshypen im Osten

a Der bereits zitierte P Ivo Zeishyger stellte auf dem Mainzer Kathoshylikentag 1948 fest daszlig die katholishysche Kirche Deutschlands damals in ihrem aumluszligeren Gefuumlge und mashyteriellen Bestand von der gleichen Not betroffenmiddot war wie das Volk

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selbst Dagegen sei sie von einem inneren Zusammenbruch vershyschont geblieben da weder der Kirche als solcher noch dem einshyzelnen glaumlubigen Katholiken eine Weltanschauung zerbrach die er begeistert angenommen haumltte Im Gegenteil der christliche Glaube hat sich als richtig erwieshysen und kann sich erneut in Freishyheit erweisen In dieser Hinsicht steht die Kirche heute fester da als noch vor Jahren Die harte Pruumlfung war eine Laumluterung und wie alles Kreuz Christi ein heiliger Segen

Das gilt auch fOr die katholische Kirche nach dem Zusammenbruch der marxistisch-leninistischen Ideologie in Osteuropa In Laumlndern wie der Tschechoslowakei wuchs die Autoritaumlt der Kirche durch ihre Haltung in der Verfolgung und ihr Einstehen fuumlr die Rechte der Menshyschen Trotz der Schwaumlche einzelshyner Kirchenglieder die den Verlokshykungen des Regimes oder seinen Drohungen erlagen war die kathoshylische Kirche in den meisten Ostshyblockstaaten die einzige Institushytion die sich nicht mit dem Reshygime liierte Wie 1945 hat auch das Jahr 1990 eine neue Lage fuumlr kirchshyliches Leben und Wirken gebracht Die Voraussetzungen waren grundlegend veraumlndert der mateshyrielle Bestand auch die inneren Grundgegebenheiten der Menshyschen Dazu P Zeiger 1948 Kein Bedauern kein Klagen nach dem guten Alten bringt uns jene Vorshyaussetzungen wieder zuruumlck Wenn wir glauben wollten die wie-

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dergekehrte Freiheit erlaube ein einfaches Wiederaufnehmen der Arbeit an der Stelle wo sie uns aus der Hand geschlagen wurde wuumlrshyden wir uns einer tiefen Taumlushyschung hingeben und mOszligten uumlber kurz oder lang eine noch tiefere Enttaumluschung erleben

Es ist daher von Nutzen daszlig wir eine moumlglichst klare und ehrliche Bestandsaufnahme vornehmen

Das sind mutige Worte geweshysen die auch heute die Kirchenshymaumlnner im Osten beherzigen muumlsshysen Die Lage 1992 ist eine andere als in den Jahren da in Ruszligland nach 1917 und in den Satellitenshystaaten die Verfolgung begann Die territoriale Kircheneinheit war zerstoumlrt und die Geschlossenheit der Gemeinden durchbrochen Auch nach 1945 waren die Glaumlubishygen dafOr nicht vorbereitet ebenso wenig wie 1989 auf den Fall der Mauer Aber die Kirche stellte sich die Aufgabe nicht nur im zerschlagenen Deutschland Sie erhelt materielle und geistge Hilfe aus dem Ausland zum Beishyspiel aus den USA und von den Kashytholiken Flanderns die mit den Kashypellenwagen des Speckpaters P Werenfried van Straaten auch pershysonelle Hilfe in die Diaspora sandshyten Die Offenheit mit der P Zeishyger 1948 vor der OumlffentliChkeit eishynes KathOlikentages Beispiele zur Vertiefung der Forderungen zog verdient auch heute Beachtung

b Nach dem Zweiten Weltkrieg hat das zerstoumlrte Deutschland 15 Millionen Deutsche aus dem

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Osten aufgenommen die seit Jahrhunderten vom Finnischen Meerbusen im Norden bis zum Schwarzen Meer mit Europaumlern anshyderer Nationalitaumlt und Muttersprashyche meist in Eintracht und guter Nachbarschaft lebten Millionen von Deutschen sprachen die Sprashychen ihrer Nachbarn Estnisch Lettisch Litauisch Russisch Polshynisch Ukrainisch Tschechisch Slowakisch Ungarisch Rumaumlshynisch Slowenisch Serbisch und Kroatisch In vielen dieser alten Siedlungsgebiete war Europa als multikulturelle Einheit in der Vielshyfalt vorweggenommen auch in den Kirchen wo in gemischtsprashychigen Pfarreien und Dioumlzesen der Multinationalitaumlt und ethnischen Vielfalt Rechnung getragen wurde Der Eiserne Vorhang hat nach Flucht Vertreibung und Umsiedshylung der meisten dieser Deutschen aus dem Osten diese Gebiete zu einer terra incognita gemacht Ihre Sprachen und ihre Kultur wurde vernachlaumlssigt ihre Geschichte und Literatur kaum beachtet Auch in der Kirche und in der kirchlichen Erwachsenenbildung herrschte bis zur Wende von 1989 mehr Intershyesse fuumlr Suumldafrika und Chile als fuumlr die Kirchenverfolgung in litaushyen oder in der Tschechoslowakei Unsere Jugend beschaumlftigt sich mit der Theologie der Befreiung und mit Basisgruppen in Lateinshyamerika nicht aber mit der Theoloshygie des Uumlberlebens im Ostblock oder mit Basisgruppen in Ungarn

Die Kirche in der ehemaligen

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DDR hatte in der Vergangenheit viele Kontakte zu den einzelnen katholischen Kirchen Osteuropas bis hin zu den verschleppten Deutshyschen in Zentralasien und Sibirien Diese Erfahrungen gilt es heute zu nutzen und zu vertiefen vor allem weil die Kirche der DDR von Anshyfang an als kleine Herde die Diashysporasituation erlebte als christlishyche Gemeinschaft in atheistischer Umwelt zu leben Deutsche Kathoshyliken aus dem Osten wurden in der Bundesrepublik Wegbereiter der Versoumlhnung mit den Nachbarvoumllshykern z B die sudetendeutsche Akshykermanngemeinde mit den Tscheshychen Deutsche und polnische Bishyschoumlfe sprachen bereits vor 25 Jahren am Ende des 2 Vatikashynums die wichtigsten Aufgaben an Vergebung und Bitte um Vergeshybung In einem Europa das mit dem Zerfall von Vielvoumllkerstaaten wie der ehemaligen Sowjetunion oder Jugoslawien neuen Nationashylismus aufgebrochene alte Feindshyschaft ja sogar Krieg wiederershylebt werden wir die Aufgabe zu versoumlhnen und Frieden zu stiften sehr ernst nehmen muumlssen

4 Welches Europa wollen wir baushyen

In ihrem Brief zur Versoumlhnung mit dem tschechischen Volk schreiben die deutschen Bischoumlfe In unseren Tagen hat eine demoshykratische Revolution in Mittel- und Osteuropa die kuumlnstlich zwischen den Voumllkern aufgeriChteten Barrieshy

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ren niedergerissen Europa als geistige Einheit wird fuumlr uns uumlbershyall dort erlebbar wo Grenzsperren fallen und die Menschen die jahrshyhundertelang gewachsene Zusamshymengehoumlrigkeit benachbarter Staaten und Landschaften mit neuem Leben erfOllen

Europa der Menschen Als Christen bauen wir ein Euroshy

pa der Menschen nicht der Techshynokraten oder ein Europa egoistishyscher Staaten die ihre Privilegien verteidigen Die Pastoralkonstitushytion des Zweiten Vatikanums Gaudium et spes gibt uns dazu Mut wenn sie in Artikel 3 sagt daszlig die auf die Liebe Jesu Christi aufshygebaute Gemeinschaft des Volkes Gottes durch die Gnade jene Heilsshykraumlfte einbringen kann die auf beshysonders wirksame Weise helfen koumlnnen die menschliche Person zu retten und die Gesellschaft nach dem Maszlig der Menschenwuumlrshyde aufzubauen

Die Forderungen nach der Achshytung der Menschenwuumlrde der Kampf um die Menschenrechte waren die staumlrkste Kraumlfte bei der Umgestaltung im Osten in dem wir heute die Folgen einer kollektishyvistischen Ideologie zu bewaumlltigen haben Menschenwuumlrde ist seit der Antike eine wesentliche Fordeshyrung europaumlischen Denkens Sie ist nur in der Anerkennung des anshyderen in der Gemeinschaft also in Solidaritaumlt durchsetzbar Sie setzt voraus daszlig Menschen fuumlreinander

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einstehen etwa in der sozialen Sishycherung Unser neues Europa wird dafuumlr sorgen muumlssen daszlig die Prinshyzipien der Solidaritaumlt und Subsishydiaritaumlt nicht nur erhalten sondern ausgebaut werden

Europa der Voumllker

Wir bauen ein neues Europa nicht der Staaten sondern seiner Voumllker Die Versuche des 19 und 20 Jahrhunderts Nationalstaaten zu schaffen sind meist gescheishytert Die Anerkennung aller Voumllker und Volksgruppen und der Schutz nationaler Minderheiten ist eine Voraussetzung europaumlischen Zushysammenlebens und schlieszligt jede Diskriminierung aus Wie in allen Missionslaumlndern kommt dabei auch im Missionsland Europa der Kirche eine groszlige Bedeutung zu Der Gott Abrahams Isaaks und Jashykobs ist der Gott aller Voumllker In diesem Jahrhundert haben die Paumlpste immer wieder die Rechte kleiner Voumllker auch in Europa vershyteidigt Johannes Paul 11 hat zum Weltfriedenstag 1989 den Schutz der Minderheiten verlangt wobei sein Ausgangspunkt die Personalishytaumlt des Menschen ist Wenn TeilshyKirchen bisweilen nationalistishyschen Versuchungen erliegen und gegen Ober anderen Gruppen mit anderer sprachlicher oder kulturelshyler Identitaumlt uumlbersehen daszlig sie Glied der Weltkirche sind dann muszlig im Interesse Europas daruumlber informiert und nach einer Loumlsung gesucht werden

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5 Welche Aufgaben liegen vor uns Wie koumlnnen wir mitbauen

Europa ist Missionsland - wie koumlnnen organisiert Laien mittun beim Aufbau dieses neuen Euroshypa

Der heute schon legendaumlre Gruumlnder der Ostpriesterhilfe der Nachkriegszeit P Werenfried van Straaten hat fruumlher bei Aufrufen fuumlr die verfolgte Kirche von einer dreifachen Solidaritaumlt gesproshychen a) der Solidaritaumlt des Gebetes b) der Solidaritaumlt der Information c) der Solidaritaumlt der Hilfe

Er sprach schon vor Jahrzehnshyten davon daszlig nicht nur die vershyfolgte Kirche im Osten eine Kirche in Not sei sondern auch die Kirche des Westens War vor der Wende die Kirche im Osten durch die Vershyfolgung atheistischer Machthaber bedroht so erfolgte die Bedrohung der Kirche im Westen vor allem durch Saumlkularisierung und praktishyschen Materialismus Nachdem heute sogar in Albanien das sich 1967 zum ersten atheistischen Land der Welt erklaumlrt hatte die VerfOlgung beendet ist bleiben alle Kirchen des Missionslandes Europa Kirchen in Not die Gebet Information und Hilfe brauchen

a Gebet Benedikt Cyrill und Method

sind Patrone Europas aber wann haben wir ihre Fuumlrsprache fOr unshyseren Kontinent und seine Probleshy

me angerufen Patronat im alten Sinne war nicht ein einseitiges Verhaumlltnis des Schutzes sondern ein Treueverhaumlltnis wechselseitishyger Verpflichtungen Das heiszligt daszlig wir uns nicht nur auf ihre Fuumlrshysprache verlassen sie betend um Hilfe anrufen sondern auch aktiv fuumlr das eintreten wofuumlr sie Leitshybild des Handeins sind

Gebetesstunden Wallfahrten zu ihren Ehren die Benennung von Gruppen Organisationen ja auch Pfarreien und Kirchen nach den Patronen Europas und anderer eushyropaumlischer Heiliger - das sind Mittel die wir als Glaumlubige atheishystischen Europaumlern voraus haben

Die Gemeinschaft Katholischer Soldaten kann hier vorangehen Zu den groszligen europaumlischen Heiligen gehoumlren auch Soldaten wie der hl Martin Von Pannonien bis Gallien also vom heutigen Ungarn bis nach Frankreich spannt sich der Bogen seines Lebens und Wirshykens Als Patron der alten Dioumlzese Mainz die im Mittelalter zu den groumlszligten Kirchenprovinzen des Reishyches gehoumlrte verbreitete sich seishyne Verehrung Ober ganz MitteIeushyropa

Themen bzw Auftrag fOr eine Arbeitsgruppe oder einen GKSshyKreis koumlnnte die Erstellung von Texten fuumlr eine Gebetsstunde zur Verehrung europaumlischer Heiliger sein Wenn wir an die zahlreichen Friedensgebete waumlhrend des Golfshykrieges 1991 denken dann ist das Fehlen solcher Gebete waumlhrend des Kroatienkrieges beschaumlmend

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b Informationen Nie wurde so viel informiert wie heute aber auch nie so einseitig Betrachten wir die Informationsshybroschuumlre der EG schauen wir an was in Programmen der Erwachseshynenbildung geboten wird so finshyden wir wenig zum Thema der geistigen Grundlage Europas Die kirchliche Bildungsarbeit hat gute Angebote uumlber die Kirche in der Dritten Welt wenig aber uumlber den ehemals kommunistischen Teil unseres Kontinentes Aus der Unshykenntnis uumlber diese Gebiete resulshytiert auch die Hilflosigkeit mit der wir heute der Entwicklung im Osten begegnen Hier ist ein vershystaumlrktes Informationsangebot uumlber die Lage der Kirche im Osten Europas ein Gebot der Stunde In Vortraumlgen und Seminaren durch Besuche und Exkursionen (verbunshyden mit Wallfahrten) kann und muszlig die Geschichte und Kirchenshygeschichte Europas nahegebracht werden damit wir aus der Verganshygenheit lernen und die heutige Lage verstehen koumlnnen Die Oumlffshynung der Grenzen seit 1989 vor alshylem die Abschaffung der Visashypflicht fuumlr eine Reihe oumlstlicher Laumlnder bietet hier neue Chancen Auch wir im Westen werden beshyreichert wenn wir lernen und ershyfahren wie druumlben Kirche lebenshydig war und Christen unter oft exshytremen Bedingungen ihr Christshysein zu leben im Stande waren auch unter Opfern

Auch hier kann die GKS voranshygehen und Vortraumlge und Seminare

Auftrag 201

uumlber den Osten seine Kirchen und Kulturen anbieten In katholischen Laumlndern wie Polen Litauen oder Kroatien gibt es heute wieder kashytholische Militaumlrseelsorge Begegshynungen mit Kameraden aus den Laumlndern sind moumlglich Gemeinsashyme Wallfahrten zu den groszligen Wallfahrtsstaumltten sollen nicht auf Lourdes und Tschenstochau beshyschraumlnkt werden sondern koumlnnen bei guter Vorbereitung und sachshykundiger Fuumlhrung auch ins litaushyische Wilna zum Marienheiligtum im Tor der Morgenroumlte nach Maria Bistrica als dem Nationalheiligshytum der Kroaten oder nach Brezje dem slowenischen Lourdes bei Ljubljana (Laibach)

c Hilfe Schon 1977 stellten die Eurpaumlishy

sehen Bischoumlfe in ihrem gemeinshysamen Hirtenbrief fest Soziale Ungerechtigkeiten muumlssen beseishytigt werden Wir mOssen bereit sein staumlrker als bisher mit andeshyren zu teilen Als Christ handeln heiszligt der Habsucht und dem Machthunger entsagen und uneishygennuumltzig und ohne Erwartung eishynes Lohns fuumlr andere dasein Als Christ leben heiszligt so leben daszlig auch alle anderen leben koumlnnen

Die Sonderversammlung der Bishyschofssynode in Rom spricht von einer Herausforderung nicht nur fuumlr die einzelnen Christen und Geshymeinden sondern auch fuumlr die Staaten die auf humanere Weise aufgebaut werden muumlssen

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Wir wissen daszlig nicht einmal in einer Familie Menschen miteinanshyder leben koumlnnen ohne dem Egoshyismus Zuumlgel anzulegen So wird es auch in Europa sein wo Entwickshylungshilfe kein Almosen sein darf sondern bruumlderliche Hilfe sein muszlig Diese Hilfe darf sich nicht nur auf das Materielle beschraumlnshyken sondern muszlig das Wichtigste sein was Europa zu geben hatte die Vermittlung der im christlishychen Glauben begruumlndeten und verwurzelten Grundwerte ohne die ein dauerhafter Friede nicht moumlgshylich ist

In Westeuropa haben Bischofsshykonferenzen und Pastoralsynoden Strategien der Neu-Evangelisieshyrung entwickelt Im Osten hatten die Kirchen nur die Kult-Freiheit Mission und Apostolat ja sogar karitative Taumltigkeit der Kirche war als religioumlse Propaganda verboten Laienmitarbeit in der Kirche war auszliger in der DDR in kaum einem ehemals kommunistischen Land moumlglich oft ganz untersagt Die Moumlglichkeiten der Kommunikashytion die wir heute haben werden dabei unsere Hilfe ermoumlglichen auch wenn dabei die vom Osten an uns im Westen herangetragenen Bitten unsere Kraumlfte zu uumlbersteishygen scheinen

Wie im wirtschaftlichen Bereich wird auch im missionarischen eine europaumlische Solidaritaumltsanstrenshygung noumltig sein Wie Bundeslaumlnshyder und politische Gemeinden muumlssen auch Pfarrgemeinden und Dioumlzesen Patenschaften uumlbernehshy

men ebenso Kloumlster Orden und katholische Verbaumlnde um den Bruumldern und Schwestern drOben zu helfen und die Evangelisierung zu ermoumlglichen

Diese Hilfe muszlig auch die GKS leisten durch Partnerschaft mit Kameraden im Osten oder Uumlbershynahme von Patenschaften fuumlr Geshymeinschaften katholischer Soldashyten in diesen Laumlndern In manchen Faumlllen wie in Ruszligland oder andeshyren Staaten der GUS koumlnnen GKSshyKreise humanitaumlre und sozial-karishytative Aktionen durchfuumlhren inshydem sie Lebensmittel- Kleidershyoder Medikamententransporte orshyganisieren Die Bundesgeschaumlftsshystelle in Bonn ist dabei bei der Vershymittlung von Kontakten und Adresshysen behilflich

Die Zukunft liegt in der Zusammenarbeit Auf jeden Fall wird das Christenshytum beim Mitbau Europas daran gemessen werden wie Christen miteinander umgehen Die Bishyschofsversammlung in Rom hat klar betont daszlig die Neuevangelishysierung Europas das gemeinsame Werk aller Christen ist und wie sehr davon die Glaubwuumlrdigkeit der Kirchen im neuen Europa abshyhaumlngt Die fuumlnfte oumlkumenische Versammlung in Santiago hoffte daszlig Gott uns faumlhig macht auf unshyserem Kontinent ein gemeinsames ZeugniS zu geben Im Abschluszligshybericht heiszligt es daszlig die derzeitige Entwicklung in Europa neue Ausshydrucksformen unseres christlishy

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chen Zeugnisses verlangt und ofshyfene Fragen stellt

Wie koumlnnen wir in Anbetracht der groszligen intellektuellen Stroumlshymungen im heutigen Europa zur Inkulturation des christlishychen Lebens beitragen und so die Vitalitaumlt des Evangelismus unter Beweis stellen Wie koumlnnen wir in die groszligen ethischen Streitgespraumlche im heutigen Europa eingreifen Wie koumlnnen wir der Gefahr eishynes Eurozentrismus entrinnen der unsere weltweite Solidarishytaumlt untergraumlbt Wie koumlnnen wir die positiven Werte nationaler Identitaumlt unshyterstuumltzen und zugleich den Zerrformen eines uumlberzogenen Nationalismus entgegentreshyten

Nur in einem Rahmen und in eimiddot nem Klima der Liebe hat sich die Evangelisation in Europa zu vollshyziehen Gerade in einer Zeit in der in vielen Teilen der Welt der relishygioumlse Faktor Konflikte zu radikalishysieren droht statt sie zu mildern sind oumlkumenischer Frieden und Zusammenarbeit ein Gebot der Stunde

Rudolf Grulich

Anhang

Weiterfuumlhrende Literatur a) Kirchliche Dokumente - Allgemeines Katechetisches Direktoshy

rium vom 11 April 1971 - Apostolisches Schreiben Evangelii

Nuntiandi Papst Pauls VI an den Epi-

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skopat den Klerus und alle Glaumlubigen der Katholischen Kirche Ober die Evanshygelisierung in der Welt von heute vom 8 Dezember 1975

- Apostolisches Schreiben Catechesi Tradendae Papst Johannes Pauls 11 Ober die Katechese in unserer Zeit vom 16 Oktober 1979

alle in Nachkonziliare Texte zu Katechese und Religionsunterricht - Arbeitshilfen 66 hrsg vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz Kaiserstraszlige 163 5300 Bonn 1 Bonn 1989

- Rundschreiben Slavorum Apostoli von Papst Johannes Paul 11 an die Bimiddot schoumlfe die Priester die Ordensgemeinmiddot schatten und alle Glaumlubigen in Erinneshyrung an das Werk der Evangelisierung der heiligen Cyrill und Method vor 1100 Jahren vom 2 Juni 1985 (= Verlautbamiddot rungen des Apostolischen Stuhls 65 hrsg vom Sekretariat der Deutschen Bimiddot schofskonferenz Kaiserstr 163 5300 Bonn 1 Bonn 1985) Enzyklika Redemptoris Missio Papst Johannes Pauls 11 uumlber die fortdauernmiddot de Guumlltigkeit des missionarischen Aufmiddot trages vom 7 Dezember 1990 (= Vermiddot lautbarungen des Apostolischen Stuhls 100) Was heiszligt Neu-Evangelisierung Euromiddot pas Hirtenwort des Bischofs von Mainz DDr Karl Lehmann zur oumlsterlishychen Buszligzeit 1991 Dialog und VerkOndigung Uumlberlegunmiddot gen und Orientierungen zum Interrelimiddot gioumlsen Dialog und zur Verkundigung des Evangeliums Jesu Christi Hg vom Paumlpstlichen Rat fuumlr den Interreligioumlsen Dialog veroumlffentlicht am 1905 1991 (= Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 102) Auf Dein Wort Austausch Erkundung und gemeinsame Uumlberlegungen im Eushyropa von heute FOnfte Europaumlische oumlkumenische Begegnung Santiago 1991 Damit wir Zeugen Christi sind der uns befreit hat Erklaumlrung der Bischofssynshyode - Sonderversammlung fOr Europa vom 13 Dezember 1991

167 Auftrag 201

b) Ausgewaumlhlte Literatur - Evangelisation in der Welt von heute

Themenhefte der Zeitschrift Concimiddot lium Nr 134 Mainz 1978

- Cyrill und Method - SChutzpatrone Eumiddot ropas Beitraumlge 5 Kleine Reihe des Inmiddot stitutum Bohemicum Muumlnchen 1981 W Hering (Hg) Aspekte der Evangelimiddot sierung Erfahrungen und Aufgaben Umburg 1989

- Evangelisierung Themenheft der Zeitmiddot schrift Lebendige Katechese Beihefmiddot te zur Lebendigen Seelsorge 11 Jahrmiddot gang Dezember 1989

- W Klaiber Ruf und Antwort Biblische Grundlagen einer Theologie der Evangemiddot lisation StuttgartmiddotNeunkirchenmiddotVluyn 1990 Der Verfasser ist Bischof der Evangelischmiddotmethodistischen Kirche

Wehrbereich 11 shyVerabschiedung Wehrbereichsdekan Dr Eduard Quiter

Aufgrund der positiven Erfahmiddot rung sollte an dem bestehenden Konzept der Militaumlrseelsorge um der Menschen willen festgehalten werden hat Weihbischof Heinrich Pachowiak von Hildesheim am 10031992 in Hannover gefordert Seine Ansprache hatte folgenden Wortlaut

Mit Ablauf dieses Monats wershyden Sie in den Ruhestand treten Ich darf Ihnen im Namen des Bishyschofs von Hildesheim Dr Josef Homeyer sowie im Namen des Bishyschofs von Osnabruumlck Dr Ludwig

Averkamp und des Officials in Vechta Dr Max Georg Freiherr von Twickel die z Zt alte bei der Fruumlhjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Freising sind herzliche Gruumlszlige uumlberbringen Zugleich danken Ihmiddot nen die Bischoumlfe fuumlr ihren durch viele Jahre waumlhrenden Einsatz in der Militaumlrseelsorge Der Wehrbeshyreich 11 umfaszligt ja die Laumlnder Nieshydersachsen und Bremen Sie hashyben sich als Wehrdienstdekan imshymer in guter Zusammenarbeit mit den zustaumlndigen Ordinaten beshymuumlht die Militaumlrseelsorge aufzushybauen und durchzutragen

Sehr geehrte Damen und Hershyren es ist ein unumstrittener Grundsatz daszlig der Soldat ein Recht auf Seesorge hat Dieses allgemeine Recht findet seine Beshystaumltigung in den Rechtsgrundlashygen und Organisationsstrukturen der Militaumlrseelsorge Aus der Sicht der katholischen Bischoumlfe haben sich diese bewaumlhrt und beduumlrfen daher auch keiner Veraumlnderung

Dabei kennt die Militaumlrseelsorge den Militaumlrgeistlichen im Hauptshyamt und den Militaumlrgeistlichen im Nebenamt Beide ergaumlnzen einanshyder Aber damit das geschehen kann bedarf es - um es einmal so auszudruumlcken - eines Mindestshymaszliges an hauptamtlicher Orgashynisation der Militaumlrseelsorge Im Lebenskundlichen Unterricht in der Arbeitsgemeinschaft fuumlr Offishyziere und Unteroffiziere in den Beshysuchen unmittelbar am Arbeitsshyplatz des Soldaten in Kaserne

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Uumlbungsplatz und Manoumlver eroumlffnet sich fOr den Seelsorger ein weites Feld ein Feld das ohne den Seelshysorger der unmittelbar der Truppe zugeordnet ist sinnvoll nicht abshygedeckt werden kann Wir braushychen daher den Militaumlrseelsorger im Hauptamt

Ich selbst habe bei meiner mehr als 20jaumlhrigen Taumltigkeit als Beaufshytragter der Deutschen Bischofsshykonferenz fOr die katholische Seeishysorge im Bundesgrenzschutz eine ganz aumlhnliche Erfahrung gemacht Natuumlrlich kenne ich den Untershyschied zwischen Bundeswehr und Bundesgrenzschutz sowohl in der Aufgabensteilung in der Struktur wie auch in der politischen Anbinshydung und vor allem auch in der Groumlszligenordnung Aber es ist nicht zu leugnen daszlig bei Verbaumlnden die truppen maumlszligigen Charakter haben die Seelsorger in moumlglichst enger Verbindung zur Truppe ihren Dienst tun sollten damit sie das Leben der Truppe auch von innen her kennen und nicht nur solche sind die eben doch nur gelegentshylich dazu kommen koumlnnen Dabei verkenne ich den Wert und die Vershydienste der Militaumlrseelsorger im Nebenamt keineswegs und es ist dankenswert daszlig auch Pfarrer die mit der Seelsorge in ihrer Gemeinshyde oft mehr als ausgelastet sind zusaumltzlich den Dienst als nebenshyamtliche Militaumlrseelsorger zu leisten bereit sind

Die Gestaltung des Lebensshykund lichen Unterrichtes die Beshygegnung in Arbeitsgemeinschaf-

Auftrag 201

ten die Bemuumlhung den Soldaten auch in seinem ureigensten Beshyreich wie nicht zuletzt auch durch eigene Militaumlrgottesdienste anzushysprechen mag aumluszligerlich meszligbar sein Aber es gibt einen weiten Beshyreich der sich nicht niederschlashygen kann in Zahlen und Statistishyken Gerade da wo der einzelne als einzelner angenommen wird mit seinen - vielleicht sehr geheishymen - Fragen Noumlten und Sorgen ist Seelsorge nicht mehr aumluszligerlich meszligbar Aber sie ist notwendig

Unsere Militaumlrpfarrer moumlchten ihren Dienst tun fOr das Ganze und fuumlr den einzelnen und sie moumlchten es tun in guter Partnerschaft Dashybei kommt der guten und bewaumlhrshyten Zusammenarbeit der Seelsorshyger beider Konfessionen ein beshysonderes Gewicht zu Die gegenshyseitige Hilfe und Unterstuumltzung ist von einem ganz groszligen Wert Muszlig betont werden daszlig es bei all dem nicht um moralische Aufruumlstung gehen kann damit ein geringfOgishyges Werkzeug staatlicher Gewalt zur Verfuumlgung steht Es geht um das schon eingangs erwaumlhnte Recht des Soldaten auf Seelsorge In der Ausuumlbung ihrer Seelsorge sind die Militaumlrpfarrer an staatlishyche Weisungen nicht gebunden sondern sind ausschlieszliglich ihren kirchlichen Vorgesetzten verantshywortlich

Wenn wir heute einen Militaumlrshyseelsorger verabschieden so tun wir es mit groszliger Dankbarkeit fuumlr seinen Dienst in den vergangenen Jahren ja Jahrzehnten Der Dank

169 Auftrag 201

moumlge aber auch allen Militaumlrseelshysorgern gelten die unverdrossen ihren Dienst tun Der Dank gilt auch all denen die ihnen dabei helfen und nicht zuletzt denen die durch ihr Verstaumlndnis und ihre Akshytivitaumlt an einer fruchtbaren Militaumlrshyseelsorge mitgewirkt haben Die Zukunft mag vielleicht manche Veraumlnderung bringen Die bewaumlhrshyten Rechtsgrundlagen und erprobshyten Organisationsstrukturen der Militaumlrseelsorge sollten alle Vershyaumlnderungen uumlberleben - um der Menschen willen

(aus NIMM Nr 9 vom 19031992)

Ehrung fuumlr Oberst a D Fettweis

Mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande fOr seine Verdienste um das Allgemeinwohl wurde Oberst a D Helmut Fettweis (71) ausgeshyzeichnet Seit mehr als 25 Jahren vertritt der Geehrte die ethischen Grundlagen des Soldatenberufs in den Medien Zudem waren seine ehrenamtlichen Taumltigkeiten mit Grund fuumlr die hohe Auszeichnung So war der am 1 Juni 1920 in Duumlsshyseldorf geborene Offizier 1961 Mitshybegruumlnder des Koumlnigsteiner Offishyzier Kreises (KOK) ab 1962 im Bundesvorstand des KOK der 1970 zur Gemeinschaft Katholishyscher Soldaten (GKS) erweitert wurde Er wirkte bei den Koumlnigshy

steiner Offiziersbriefen mit engashygierte sich in der Katholischen Laishyen- und Pressearbeit betonte die Bonner Buumlrgermeisterin Waltraud Christians bei der Verleihung

Aber auch seine Unterstuumltzung fuumlr die Militaumlrseelsorge und seine Verdienste um den Auftrag sollen nicht vergessen sein Zeichen dashyfuumlr war die 200 Nummer des Aufshytrags im Januar dieses Jahres Wahrlich ein stolzes Jubilaumlum in 32 Jahren Wir gratulieren Oberst a D Helmut Fettweis zur Ausshyzeichnung und wuumlnschen ihm Gotshytes Segen sowie noch eine lange Schaffenskraft

(aus Kompaszlig Nr 4 v 07 02 1992 Red)

Festakademie Weltshyfriedenstag 9 Januar 1992 in Bonn Begruumlszligungsansprache Exzellenz meine sehr verehrten Damen und Herren liebe Kameraden Freunde und Mitglieder der GKS

Am 1 Januar 1992 jaumlhrte sich zum 25 Male der einst von Papst Paul VI eingerichtete und seither jaumlhrlich in der ganzen Weltkirche begangenemiddot Welttag des Friedens Wir katholischen Soldaten nehshymen seit Jahren diesen Tag zum

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Anlaszlig um in vielfaumlltiger Art und Weise uns auf die Aufgabe zu beshysinnen den Frieden in der Welt zu foumlrdern

Wir die Gemeinschaft Katholishyscher Soldaten Bonn begehen den Welttag des Friedens 1992 trotz des bedruumlckenden Krieges im zerbrechenden Jugoslawien trotz der in der Weltoumlffentlichkeit fast vergessenen Kriegen in den andeshyren Regionen dieser Welt trotz der Not und des Elends in den armen Laumlndern dieser Welt in einer Zeit groszliger Hoffnungen Nachdem der militante atheistische Staatssoshyzialismus sowjetischer Praumlgung zusammengebrochen ist und sich im Osten allmaumlhlich neue Demoshykratien herausbilden waumlchst die Zuversicht daszlig der uumlberwundene Ost-West-Konflikt Kraumlfte mobilishysieren koumlnnte die sich verstaumlrkt dem Aufbau einer friedlicheren Welt widmen daszlig die nun eingeleishyteten Abruumlstungsmaszlignahmen Mitshytel freisetzen moumlgen die mehr als bisher zur Linderung von Not und Elend eingesetzt werden daszlig sich bei den Verantwortlichen der Nashytionen die Einsicht in die gemeinshysame Verantwortung fuumlr die Erhalshytung der Schoumlpfung durchsetzt

Wenn uns in diesem Jahr der Heilige Vater dazu aufruft mit den Glaumlubigen aller Religionen vershyeint fOr den Aufbau des Friedens taumltig zu sein stellt sich fuumlr uns die Frage nach den praktischen Konshysequenzen dieses Aufrufs Wo und wie koumlnnen wir Christen und BOrshyger unseres Staates Friedensstifshy

ter in diesem Sinne sein Wo und wie koumlnnen wir daruumlber hinaus als Soldaten der Bundesrepublik Deutschland gemeinsam mit den Glaumlubigen anderer Religionen am Aufbau des Friedens mitwirken Stellt dieser Aufruf nicht letzIich eine Uumlberforderung unserer beshygrenzten Kraumlfte und Mittel dar

Wir wollen heute daruumlber nachshydenken und versuchen Antworten zu finden Es ist uns als Gemeinshyschaft Katholischer Soldaten eine groszlige Ehre daszlig Sie sehr verehrter Herr Erzbischof sich bereit erklaumlrt haben uns Ihre Gedanken zur diesjaumlhrigen Botschaft des Heilishygen Vaters darzulegen und mit uns uumlber die Bedingungen und Moumlgshylichkeiten des Aufbaus einer friedshylichen Welt nachzudenken Ich beshygruumlszlige Sie recht herzlich in unseshyrem Kreis

Unsere Festakademie soll dazu dienen mit allen die guten Wilshylens sind zu Jahresbeginn kurz inshynezuhalten zu reflektieren und dann gestaumlrkt uns den Herausforshyderungen des neuen Jahres zu stellen Wir haben dazu wiederum Gaumlste aus Politik Kirche Verwalmiddot tung Verbaumlnden Organisationen Schulen und natuumlrlich nicht zuletzt der Bundeswehr eingeladen Ich heiszlige Sie alle recht herzlich willshykommen

Gestatten Sie mi r stellvertreshytend fuumlr Sie alle die ich nicht einshyzeln begruumlszligen kann besonders willkommen zu heiszligen - den Abteilungsleiter ROstungsshy

projekte

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Herrn Ministerialdirektor Dr Wolfgang Burr

- den Chef des Fuumlhrungsstabes der Streitkraumlfte Herrn Generalmajor Peter Haarmiddot haus

- den Chef des Fuumlhrungsstabes des Heeres Herrn Generalmajor Winfried Weick

- den Chef des Fuumlhrungsstabes der Luftwaffe Herrn Generalmajor Detlef Wiemiddot bel

- als Vertreter des Inspekteurs der Marine Herrn Kapitaumln zur See Willi Reiss

- den Amtschef des Sanitaumltsamshytes der Bundeswehr Herrn Generalstabsarzt Dr Volmiddot ker Gabarek

- den ehemaligen Oberkommanshydierenden der NATO-Streitkraumlfshyte Europa Mitte Herrn General a D FranzmiddotJomiddot seph Schulz und mit Ihnen alle aktiven und ehemaligen SOldaten der Bunshydeswehr

Aus dem kirchlichen Bereich beshygruumlBe ich - den Leiter des Katholischen Mishy

I itaumlrbischofsamtes Herrn Militaumlrgeneralvikar Dr Ernst Niermann

- als Vertreter des evangelischen Mi I itaumlrgeneraldekans Herrn Militaumlrdekan P Lothar Matz

- den evangelischen Standortshypfarrer Bonn

Herrn Militaumlrpfarrer Horst Ritmiddot ter

und mit Ihnen alle Angehoumlrigen des Katholischen Militaumlrbischofsshyamtes und Generalvikariats des Katholischen Militaumlrbischofs der Bundeswehr des evangelischen Kirchenamts sowie alle evangelishyschen Christen der Bundeswehr

Es ist mir auch eine besondere Freude - den Vorsitzenden der Zentralen

Versammlung der Katholischen Soldaten Herrn Oberstleutnant Heinrich Havermann

- den Praumlsidenten des Apostolat Militaire International Herrn Oberst i G Juumlrgen Bringshymann

- unseren Bundesvorsitzenden Herrn Oberstleutnant i G Paul Schulz

- den Vorsitzenden des Katholishykenrates Bonn Herrn Oberst a D Helmut Fettmiddot weis

- die Stadtvorsitzende der Kath Frauengemei nschaft Deutschshylands Frau Ingrid Golas willkommen zu heiBen

Als Vertreter uns nahe stehenshyder Verbaumlnde und Organisationen begruumlBe ich daruumlber hinaus - als Vertreter des Bundesvorsitshy

zenden des Deutschen Bundesshyweh rverbandes Herrn Leutnant d R Michael Althoff und Frau Barbara Koumlnitz

- Hauptgeschaumlftsfuumlhrerin der

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Deutschen Atlantischen Geshysellschaft

Mit einschlieszligen in die Begruumlshyszligung moumlchte ich - die Teilnehmer aus den beshy

nachbarten GKS-Kreisen - die Angehoumlrigen der Presse und nicht zuletzt - den Hausherrn des Collegium

Josephinum Herrn Pater Dietger Demuth

Ich bitte um Nachsicht sollte ich jetzt den einen oder anderen Vertreter einer Behoumlrde eines Vershybandes oder Organisation in meishyner namentlichen Begruumlszligung vershygessen haben Ihnen allen gilt zum Schluszlig mein ganz besonderer Willshykommensgruszlig

Lassen Sie mich an dieser Stelle noch einmal unseren heutigen Ehshyrengast den ApostolisChen Nunshytius in Deutschland Herrn Erzbishyschof Dr Lajos Kada begruumlszligen und Ihnen Exzellenz nun das Wort erteilen

Paul E Vosseler

Festvortrag von Erzbischof Dr Lajos Kada Apostolischer Nuntius

Liebe MitbrOder sehr geehrte Damen und Herren

Seit 25 Jahren begeht die kathoshylische Kirche Anfang Januar den Weltfriedenstag Seit 25 Jahren wendet sich der Papst mit einer Botschaft die an den Friedensshyauftrag der Kirche und jedes ehri-

Auftrag 201

sten erinnert an Glaubende und an alle Menschen guten Willens

Aus einer Zusammenstellung dieser Botschaften entstaumlnde ein ausfuumlhrlicher Traktat uumlber die vielshyfaumlltigen Aspekte des Friedens und uumlber die Wege die zum Frieden fuumlhren Wie diese paumlpstlichen Frieshydensbotschaften unter verschieshydenartigen Perspektiven ihr Theshyma behandeln zeigen schon die Titel der letzten Jahre Entwickshylung und Solidaritaumlt zwei Schluumlssel zu Frieden (1987) Relishygionsfreiheit - Bedingung fuumlr friedliches Zusammenleben (1988) Um Frieden zu schaffen Minderheiten achten (1989) Frieshyde mit Gott dem Schoumlpfer Friede mit der ganzen Schoumlpfung (1990) Wenn Du den Frieden willst achshyte das Gewissen jedes Menschen (1991)

In einer Situation in der so viele konkrete Friedensaufgaben draumlnshygen nimmt der Papst nicht so unshymittelbar unnd direkt zu den aktuelshylen Problemen Stellung wie man nach seinen Aumluszligerungen zum Golfkrieg oder zum schlimmen Konflikt in Jugoslawien erwarten koumlnnte Vielmehr laumldt er ein die aktuellen Friedensaufgaben beshywuszligt aus einer vertieften Perspekshytive anzugehen Sie werden von eishynem Punkt her beleuchtet den gutshygemeinte Geschaumlftigkeit leicht uumlbersieht der dennoch das Werk des Friedens zutiefst bedingt In einem fuumlr die ganze Botschaft trashygenden Begriff wird diese Perspekshytive deutlich Die Ereignisse die

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sich um uns herum in atemberaushybender Geschwindigkeit entwikshykein werden in eine houmlhere sittshylich-religioumlse Schau gebracht Dies ist gewiszlig nicht zufaumlllig Und bei naumlherem Hinschauen paszligt es sehr wohl in die neue politische Landschaft betrifft sogar die groshyszligen pOlitischen Friedensherausshyforderungen in ihrem Kern

Mit einigen Uumlberlegungen zur gegenwaumlrtigen politischen Lage darf ich beginnen Zwar ist der OstshyWest-Konflikt der nicht nur in Eushyropa sondern in der ganzen Welt die politischen und geistigen Ausshyeinandersetzungen der letzten Jahrzehnte entscheidend praumlgte grundsaumltzlich beendet Aber die Folgen werden noch lange zu spuumlshyren sein Das Ende der Konfronshytation hat alle ehemaligen Kontrashyhenten in die Krisis gebracht das heiszligt vor grundlegende Entshyscheidungen gestellt

Die loumlsung all der praktischen Probleme von der Bewaumlltigung der Arbeitslosigkeit bis zur Uumlberleshybenshilfe fuumlr weite Teile Osteuroshypas wird zutiefst damit zusammenshyhaumlngen ob und in welchem Maszlige sich die neue politische Ordnung Europas und der Welt an der gleishychen Wuumlrde aller Menschen an Recht auf Selbstbestimmung aller Voumllker und an der Verpflichtung zu einem umfassenden Gemeinwohl orientiert Dies aber wird nicht nur von den Politikern abhaumlngen sonshydern auch von den Buumlrgern und dashyvon was ihnen die universale Menshyschenwuumlrde bedeutet wie tief sie

sich mit deren Konsequenzen identifizieren und gereChte Politik nicht als Zumutung und Verarshymung erleben

Wie soll ein auch im Westen vershybreiteter Immanentismus hier Antshyworten bereitstellen Er haumllt comshymon sense fuumlr genuumlgend Entshyscheidend und hinreichend seien praktikable Verfahren auf die man sich einige Im uumlbrigen defishyniere Politik sich als die Faumlhigkeit eigene Interessen effizient durchshyzusetzen Letzte Fragen nach Wahrheit und Gerechtigkeit nach Grund und Umfang sittlicher Vershypflichtung nach Tugend und lashyster nach Haszlig oder Liebe seien beliebige Privatsache fOr effektive Friedenspolitik gar abtraumlglich da sie Interessen- in Wertekonflikte verwandelten wenn nicht gar zu Glaubenskriegen eskalieren lieshyszligen Wer seinen Glauben oumlffentshylich bekennt wer politische oder oumlkonomische Konsequenzen aus ihm oumlffentlich aumluszligert wird in manshychen Kreisen bereits als Fundashymentalismus-gefaumlhrdet betrachshytet

Auch in der ehemals kommunishystischen Welt treffen wir auf die Krisis die Notwendigkeit sich neu zu entscheiden Nach dem Zushysammenbruch der kommunistishyschen Regime in Osteuropa bleibt in den Koumlpfen vieler unserer Mitshybuumlrger ein Zusammenhang zwishyschen Glauben und engagierter Friedensarbeit uneinsichtig In dieser Situation sind Systeme geshyfragt von denen grundlegendes

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menschliches Sinn- und ethisches Orientierungswissen erwartet wershyden kann Und hier steht die Kirshyche stehen die Kirchen und die Weltreligionen vor der Aufgabe die immer schon ihre eigene raishyson detre ausmachte Darum der Aufruf an uns Glaumlubige uns der Eigenart unseres Friedensengageshyments bewuszligt zu werden die unshyserem Glauben entstammt und dafuumlr Zeugnis abzulegen

Auf diesem Hintergrund stellen sich mir drei Fragen 1 In welchem Verhaumlltnis sehen wir unser FrieshydensbemOhen mit unserem Glaushyben 2 Wie deuten wir jene die unseren Glauben nicht teilen mit denen wir aber in einem umfassenshyden Friedensprozeszlig notwendigershyweise kooperieren muumlssen 3 Wie gelingen uns gemeinsame Schritte zum Frieden hin

1 Der Friede Gottes der alle Vershynunft uumlbersteigt (Phi 24) ist Funshydament christlicher Friedensbemiddot muumlhungen

Was motivierte den heiligen Pashyter Maximilian Kolbe sein Leben tor einen Familienvater einzusetshyzen Es war nicht das rein quantishytative Kalkuumll daszlig der Mitgefangeshyne tOr Frau und Kinder zu sorgen hatte Als Pater Kolbe freiwillig in den Hungerbunker des Konzentrashytionslager Auschwitz ging beshystimmte ihn die feste Uumlberzeushygung Jesus Christus hat durch sein Leben seinen Kreuzestod und seine Auferstehung radikal

den Haszlig und das Unrecht unserer Welt uumlberwunden

Christlicher Friedenseinsatz naumlhrt sich aus der Glaubensgewiszligshyheit daszlig wir als Werkzeuge seishynes Friedens nicht nur unsere nashytuumlrliche menschliche Kraft anzbieshyten haben nicht nur unsere moralishysche Faumlhigkeit zu einer gerechten tapferen maszligvollen und klugen Lebensfuumlhrung Die Herrschaft Gottes uumlber Jahrhunderte vom Volk Israel erwartet ist unter uns Wirklichkeit geworden Das Reich Gottes ist Realitaumlt in der Geshyschichte der Menschen Und es kam zu uns aus Gnade als Angeshybot zuvorkommender goumlttlicher Liebe nicht aufgrund unserer moshyralischer Vorleistung

Dies wird deutlich in Lehre und Praxis Jesu Die Armen und Hunshygernden preist er selig denn ihshynen gehoumlrt das Himmelreich Ihshynen wird das Reich angeboten von denen niemand unterstellt daszlig sie es sich verdient haumltten Der Gott den Jesus verkOndigt beschenkt bewuszligt Arme und Unshyterdruumlckte Und zu Zoumlllnern und SOndern gesellt sich Jesus sehr zum Miszliggefalien der Angesehenen und der Groszligen Wiederum wird die Art deutlich wie Gottes Herrshyschaft innerlich ansetzt - als zushyvorkommende Liebe und vorausshysetzungslose Barmherzigkeit geshygenuumlber allen

Das Gleichnis vom unbarmherzishygen Knecht macht deutlich weishyche Handlungskonsequenzen es hat wenn man sich dieser frohen

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Botschaft in Glauben und Hoffshynung anvertraut Der Knecht kann nicht die Barmherzigkeit seines Herrn in Anspruch nehmen und zushygleich gegenuumlber seinem Mitshyknecht unbarmherzig verbleiben

Doch das Reich Gottes uumlberforshydert unsere Kraumlfte nicht Die Liebe Gottes ist eingegossen in unsere Herzen Ein neues Herz ermaumlchshytigt uns zu einer neuen Praxis

Hier knuumlpft die diesjaumlhrige Frieshydensbotschaft des Heiligen Vaters an Dem Frieden sind Glaumlubige in Zeugnis Tat und Gebet verpflichshytet wollen sie nicht die innere Koshyhaumlrenz ihres Glaubens gefaumlhrden und in jenem Widerspruch des unshybarmherzigen Knechtes enden der Barmherzigkeit empfangen wollte ohne selbst barmherzig zu werden

Breiten Raum nimmt in der Botshyschaft gerade das Gebet ein Und das hat seinen guten Grund Im Gebet verbleibt Innerlichkeit nicht Selbstzweck Vielmehr erfahren wir in dieser Vertiefung Motivashytion Orientierung und Kraft fuumlr weiteres Friedenshandeln

Einer Welt in der Gott selbst sich durch die Inkarnation seines Sohnes engagierte schuldete auch der Glaumlubige volles Engageshyment Glaumlubige setzen sich fuumlr den Frieden ein nicht obwohl sondern weil sie an Gott glauben In der beshytenden Begegnung mit Gott erfahshyren sie den tiefsten Grund ihres weltlichen Einsatzes

Die Spannung zwischen grundshylegender sittlicher Pflicht und allshy

taumlglicher Praxis wird gerade im Gebet zum Thema Vor Gott dem Herrn und Vater aller (S 8) werden dem Beter die Distanzen zum Proshyblem in die Menschen sich zueinshyander begeben die Ausgrenzen und Gruppierungen in denen sie sich gefangen halten Es wird der Widerspruch deutlich daszlig Gott dessen Naumlhe sucht von dem ich mich entferne daszlig Gott den in sein Reich ruft den ich uumlbersehe Die Botschaft hat recht im Gebet werden Ungleichheiten Unvershystaumlndnis Groll und Feindseligkeishyten uumlberwunden (S 8)

Schlieszliglich werden Kleinmut oder gar Mutlosigkeit im Gebet als das erkannt und uumlberwunden was sie fuumlr einen Glaumlubigen sind Zweishyfel am goumlttlichen Heilswillen Vershytrauensverlust gegenuumlber der Beshygnadigung durch Glaube Hoffshynung und Liebe Verweltlichung ais ob es Gott nicht gaumlbe Wie den Propheten des Alten Testashymentes wird uns im Gebete beshywuszligt daszlig nicht menschliche Sprachgewalt und Gestaltungsshykraft Garant des Weltfriedens sind sondern daszlig uns goumlttliche Kraft geschenkt und anvertraut ist Diese Erfahrung gibt uns Mut und Halt

Das Gebet fuumlhrt uns nun auch zur zweiten Frage die wir uns oben gestellt haben In der Frieshydensbotschaft 1992 spielt das geshymeinsame Friedensgebet von Asshysisi eine gewichtige Rolle Dort trashyfen sich auf Einladung des Heilishygen Vaters am 27 Oktober 1987

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hohe Repraumlsentanten der groszligen Weltreligionen zum Gebet Daszlig dies auch ein hohes Politikum ausshymachte haben die Medien weltshyweit erkannt Wenn an der Frieshydenspolitik Glaumlubige und Nichtshyglaumlubige beteiligt sind muumlssen wir Christen uns fragen auf weishycher Basis wir mit allen zusamshymenarbeiten koumlnnen ohne daszlig unshyser Glaube Christus ist unser Friede bedeutungslos wuumlrde

2 Alle Menschen sind verpflichtet den Frieden zu erstreben

Die Friedensbotschaft 1992 lenkt den Blick auf zutiefst Verbinshydendes aller Religionen und aller Menschen Die Aussage Frieden zu bezeugen fuumlr ihn taumltig zu sein und zu beten ist einem kohaumlrenshyten religioumlsen Verhalten eigen (5 5) gilt also nicht nur fuumlr christlishychen Glauben Im Hinweis auf den zentralen Stellenwert von shashy10m im Judentum und von sashylam im Islam sehen wir hierfuumlr den ersten Beleg Diese Linie fuumlhrt geradewegs zum gemeinsamen Gebet in Assisi Die Glaumlubigen alshyler Weltreligionen beten um den Frieden und stehen so vor Gott Und die Botschaft geht noch einen Schritt weiter indem sie an die Erklaumlrung uumlber das Verhaumlltnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen des Zweiten Vatikanishyschen Konzils erinnert

Dort hatten die Konzilsvaumlter geshylehrt daszlig auch andere Religionen nicht selten einen Strahl jener

Auftrag 201

Wahrheit erkennen lassen die alle Menschen erleuchtet (5 8) Darshyum fordert christlicher Glaube nicht die Ablehnung all dessen was anderen Religionen wahr und heilig ist Sehr wohl aber - und so faumlhrt die Konzilserklaumlrung fort - massen wir Christus vershykuumlnden und bezeugen in dem die Menschen die Falle des religioumlsen Lebens finden in dem Gott alles mit sich versoumlhnt hat Unser Glaushybe lebt nicht aus der Negation anshyderer Religionen sondern weiszlig sich als Fuumllle dessen was dort ein Stuumlck weit auch vorhanden ist In vollem Wissen um das Trennenshyde wird schon in der Konzilserklaumlshyrung unsere Aufmerksamkeit auf das Gemeinsame gelenkt Diese Richtung verfolgt auch die Frieshydensbotschaft 1992

Sie zeugt so von der begruumlndeshyten Hoffnung in einer eher pessishymistischen Welt Und wie sie uns Christen zu einer houmlheren sittlichshyreligioumlsen Schau der Friedensaufshygabe einlaumldt so auch alle Glaumlubishygen Indem sich die Religionen parteilicher und politischer Instrushymentalisierung entziehen (vgl S 9) sich uumlber ihre religioumlsen Fundashymente austauschen und dort Geshymeinsamkeiten entdecken erbrinshygen sie einen spezifischen Beitrag zum Frieden

Die Botschaft 1992 ist zwar an die Glaumlubigen adressiert doch anshydere Menschen guten Willens bleiben nicht unerwaumlhnt Mehr als eine schoumlne Floskel ist die Aussashyge daszlig der Einsatz tuumlr den Frieshy

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den jeden Menschen guten Wilshylens (betrifft) (S 4) Sie wird theoshylogisch begruumlndet Das Streben nach Frieden ist der menschlichen Natur angeboren (S 4) Entshyscheidende Friedenswerte werden bereits vom Naturgesetz empfohshylen Sie sind nicht Arkanwissen der Religionen werden von diesen vielmehr in Erinnerung gerufen (S 5) Diese tiefste Einheit aller Menschen ist nicht Ergebnis empishyrischer Feldforschung Sie ergibt sich aus dem Glauben an den Schoumlpfergott der den Menschen nach seinem Bild geformt hat Und Bild (imago) Gottes ist auch der gefallene Mensch geblieben wenngleich er in der Suumlnde der Gottaumlhnlichkeit (similitudo) vershylustig ging

So wird die diesjaumlhrige Frieshydensbotschaft gepraumlgt durch ein dreistufiges Modelt in dem nieshymand als friedensuntauglich abgeshyschrieben wird Alte Menschen gushyten Willens - die Glaumlubigen - wir Christen Selbstverstaumlndlich wird ein Atheist oder ein Moslem dieshyses Modell anders schichten Dies sei ihm unbenommen wenn er nur die je anderen nicht zum Feind des Friedens erklaumlrt sondern ihnen auch in seinem Denk- und Glaushybenssystem einen Platz einraumlumt der Respekt und gemeinsames Handeln hin zum Frieden ermoumlgshylicht Darum darf die neuerliche Einschaumlrfung der Religionsfreiheit (vgl S 11 f) in dieser Botschaft nicht fehlen

Das dreistufige Modell jedenshy

falls praumlgt die Botschaft Als Menschen als Glaumlubige und mehr noch als Christen muumlssen wir uns verpflichtet fuumlhlen diese Werte der Gerechtigkeit zu leben die in dem obersten Gebot der Liebe ihre Kroumlnung finden Liebe deinen Naumlchsten wie dich selbst (Mt 2239 Mk 1231 Lk 1027) Alle sind verpflichtet zu einem Leben der Gerechtigkeit und der Liebe Christen am meisten da die Nachshyfolge des liebenden und barmhershyzigen Gottes zum Kern ihrer Botshyschaft gehoumlrt

Daher koumlnnen wir die dritte Frashyge nach unserer Friedenspraxis anschlieszligen

3 Gemeinsam den Frieden in Geshyrechtigkeit bauen

Friedenspraxis muszlig sich mit den Problemen und berechtigten Beshystrebungen der Menschen und der Voumllker (S 11) befassen Dem kann jedermann zustimmen Dasselbe gilt auch wenn es schon konkreter heiszligt Bei der Friedensarbeit gehe es um die Achtung und Fordeshyrung der wesentlichen Werte des Menschen Und dann werden sie genannt - nicht in Anlehnung an einen der gaumlngigen Menschenshyrechtskataloge sondern offenshysichttlieh in bewuszligter Akzentsetshyzung aus der Sicht der Aumlrmsten und der Verfolgten Friede ist vershybunden mit dem Recht auf das Leben in allen Phasen seiner Entshywicklung mit dem Recht auf Anershykennung unabhaumlngig von Rasse

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Geschlecht und religioumlser Uumlbershyzeugung mit dem Recht auf die tor das Leben notwendigen materielshylen Guumlter mit dem Recht auf Arshybeit und die gerechte Verteilung ihrer Fruumlchte fOr ein geordnetes und solidarisches Zusammenleshyben (S 11) Dies sind Sprache und Anliegen der Armen es handelt sich um die dringlichsten Frieshydenswerte um Grundfragen intershynationaler Gerechtigkeit

Diesen Grundfragen haben wir uns als Menschen als Glaumlubige und noch mehr als Christen zu stellen den Problemen elementarshyster Gerechtigkeit An ihnen hat sich zu zeigen was die Verpflichshytung zum obersten Gebot der lieshybe tor einen Christen ausmacht

So richtet sich die Botschaft auch an die Verantwortlichen der Nationen (S 12) Sie sollen den Ursachen die Konflikte zu Kriegen eskalieren lassen zuvorkommen (S 13) Dies erfordert eine Politik der Gerechtigkeit die allen und an erster Stelle denen zum Besten gereicht die von den Ketten des Elends des Hungers und des Leishydens gefesselt sind (ebd) Wieshyderum faumlllt auf wie der Akzent auf den berechtigten AnsprOchen der Aumlrmsten liegt

Staumlrker als solche Forderungen an die Politiker wird in dem Text der Weg des taumlglichen Zusamshymenlebens (S 10) betont Die Botshyschaft waumlhlt dabei bewuszligt einen tugendethischen Ansatz bei dem es um grundlegende und eigentshylich jedermann einsichtige morali-

Auftrag 201

sehe Haltungen und Einstellungen geht Gelassenheit Ausgeglishychenheit Uumlberwindung der Triebe Erfuumlllung von Haltungen wie Vershystehen Verzeihen hochherzige Hingabe Oben einen friedensstifshytenden Einfluszlig unter den Menshyschen der eigenen Umgebung und der eigenen religioumlsen und zivilen Gesellschaft aus (ebd) Es hanshydelt sich folglich um das persoumlnlishyche Vorbild (das) in konseshyquenten Handlungen und Verhalshytensweisen auch noch auszligen projishyziert wird (ebd) Diese PraxisshySprache eines an Gerechtigkeit und Liebe ausgerichteten Lebens ist universal verstaumlndlich An ihr werden Glaubwuumlrdigkeit und Atshytraktivitaumlt unseres Glaubens beshymessen Tragen wir als Christen an unserem Platz zu einer Zivilisashytion der Liebe bei Geben wir dashyvon Zeugnis daszlig gelungenes Leshyben sich nicht im Haben erfOllt daszlig Teilen nicht arm macht daszlig Solidaritaumlt allenfalls vordergruumlnshydig Verzicht bedeutet

Jene tiefe Schau der Friedensshyprobleme zu der uns die Botschaft 1992 einlaumldt verbleibt nicht im uno politischen Raum reiner Innerlichshykeit Sie betrifft die Grundlagen von Friedenspolitik und damit die neuen Chancen die sich uns im Jahr 1992 eroumlffnen Sie haumllt alle Glaumlubigen aller Religionen wie auch Nicht-Glaumlubige an die Funshydamente des Friedens - Geshyrechtigkeit und Liebe - zur Maxishyme ihrer alltaumlglichen PraxiS zu machen

Auftrag 201 179

Frieden verlangt nach Orndung und daher auch nach Autoritaumlten die Recht gegen Aggressoren efshyfektiv durchzusetzen vermoumlgen In diesem Kontext sehen und werten Sie meine sehr verehrten Mitglieshyder der Gemeinschaft Katholishyscher Soldaten Ihren Dienst shyzum Schutz einer umfassenden und stabilen Friedensordnung Wer immer an der Schwertgewalt des Staates teilhat von der schon Paulus im Brief an die Roumlmer spricht muszlig in besonderer Weise dafar Sorge tragen daszlig dieses SChwert nur gegen Rechtsbrecher eingesetzt wird Darum ist der Schrei nach umfassender Solidarishytaumlt und internationaler Gerechtigshykeit fuumlr den Soldaten nichts Beshyrufsfernes oder gar -fremdes Geshyrade wer teilhat an der Schwertgeshystalt des Staates bedarf jener Kraft und jenes Halts den wir Chrishysten im Gebet finden Als betende und nach Gerechtigkeit duumlrstende Christen begeben wir uns auf den Friedensweg zu dem Christus unshyser Friede uns befaumlhigt

Zum Schluszlig moumlchte ich kurz an zwei Beispielen die Aktualitaumlt der diesjaumlhrigen Friedensbotschaft unterstreichen Wenn ich an die blutigen Auseinandersetzungen in Nordirland denke oder an die traushyrigen Streitigkeiten uumlber die KirshychengUter die zwischen Orthodoshyxen und mit Rom unierten Katholishyken des orientalischen Ritus in der Ukraine und in Rumaumlnien ausgeshytragen werden dann wuumlnsche ich mir Wuumlrden doch diese Christen

zunaumlchst miteinander beten und dann Gespraumlche miteinander fahshyren die vom Geist des gemeinsashymen Gebetes getragen sind Dageshygen erlebte ich vor einigen Tagen in Budapest wie die Stadt von Jushygendlichen der verschiedenen Nashytionen Rassen und Religionen geshyradezu wimmelte Etwa sechzigshybis achtzigtausend junge Leute waren der Einladung der Kommushynitaumlt von Taize gefolgt Im Mittelshypunkt des Treffens stand der Geshydanke der Versoumlhnung Als ich eine der Groszligveranstaltungen mitshyerleben konnte war ich von dem Verhalten der jungen Menschen tief beeindruckt von ihrem stillen Meditieren ihrem Beten und Sinshygen Ich bin sicher daszlig sie in ihre Heimat mit versoumlhntem Herzen zushyruumlckkehren ermutigt sich dort fuumlr dieselbe Versoumlhnung einzusetzen die das Wesen des Friedens ist Wer von Ihnen die Sie mir jetzt so geduldig zugehoumlrt haben schon eine der groszligen Friedenswallfahrshyten nach Lourdes miterlebt hat wird meinen Eindruck aus Budashypest bestaumltigen So wird die diesshyjaumlhrige Friedensbotschaft des Helshyligen Vaters verwirklicht Glaumlubige sind vereint im Aufbau des Frieshydens Ermutigen wir einander beshytend redend handelnd Schritte auf diesem Friedensweg zu tun Von Reinhold Schneiders Worten lieszligen sich seit der bedraumlngenden Zeit des Zweiten Weltkrieges imshymer wieder glaubende Menschen zu einem solchen Dienst am Frieshyden auffordern

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Allein den Betern kann es noch gelingen Das Schwert ob unseren Haumlupshytern aufzuhalten Und diese Welt den richtenden Gewalten Durch ein geheiligt Leben abzushyringen

Weltfriedenstag 1992 in MUllster

Auch im Jahr 1992 hatte die Kashytholische Militaumlrseelsorge und die Gemeinschaft Katholischer Soldashyten (GKS) im Standort Munster zur Feier des Weltfriedenstages einshygeladen

Wegen der raumlumlichen und zeitshylichen Gegebenheiten koumlnnen nicht alle katholischen Soldaten im Wehrbereich 11 an dem Soldashytengottesdienst an laumlszliglich des Weltfriedenstages in der Bischofsshystadt Hildesheim teilnehmen Deshalb wird seit 3 Jahren fOr alle katholischen und interessierten Soldaten aus den Standorten Munshyster - Faszligberg sowie dem geshysamten Bereich der 3 Panzerdivishysion ein SOldatengottesdienst in der St Michael-Kirche dem Heishydedom in Munster gefeiert mit einer anschlieszligenden Begegnung aller Teilnehmer im Soldaten heim

Hauptzelebrant des diesjaumlhrishygen SOldatengottesdienstes war Pfarrer Adolf Pohner Dioumlzesanpraumlshyses der Katholischen Maumlnnervershybaumlnde in der Dioumlzese Hildesheim

Auftrag 201

Die Gemeinschaft Katholischer Soldaten (GKS) im Wehrbereich 11 ist seit dem Jahr 1974 Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft katholishyscher Maumlnnerverbaumlnde in der Dioumlshyzese Hildesheim - AGKM - der neun Maumlnnerverbaumlnde angehoumlren und arbeitet aktiv mit

Als weitere Zelebranten wirkten mit Militaumlrpfarrer JOrgen Goumlde shyLuumlneburg - der niederlaumlndische Militaumlrpfarrer P G M L Vermeushylen ofm conv von der 41 (N L) Panshyzerbrigade aus Seedorf und der Standortpfarrer von Munster -Faszligberg Militaumlrpfarrer Heinrich Theisen der seit vielen Jahren auch die Standorte Buxtehude shyHamburg-Fischbeck und RotenshyburglWuuml mit betreut

Das Mottomiddot des diesjaumlhrigen Weltfriedenstag lautet

Glaubende vereint tar den Aufbau des Friedens

So haUe es auch doppelte Symshybolkraft daszlig Father Ghristopher Gook der anglikanische MilitaumlrshygeistliChe der 7 (Brit) Panzerbrishygade in Soltau bei diesem Soldashytengottesdienst mitzelebrierte Die Altardienste wurden von Mitglieshydern des GKS-Kreises Munster geshysteilt

Der Gottesdienst und die anmiddot schlieszligende Begegnung im Soldashytenheim wurde musikalisch durch eine Blaumlserbesetzung des Heeresshymusikkorps 3 aus LOneburg mitgeshystaltet

Auf Anregung von Militaumlrpfarrer Heinrich Theisen der im Obrigen

181 Auftrag 201

auch die katholischen Zivilgemeinshyden Munster und Faszligberg betreut wurde die Kollekte dem Soldatenshyhilfswerk der Bundeswehr uumlbershywiesen

Der Hausherr der St-MichaelshyKirche Militaumlrpfarrer Heinrich Theisen konnte zu Beginn des Gottesdienstes nicht nur seine mitzelebrierende Mitbruumlder begruumlshyszligen sondern neben vielen Soldashyten auch Persoumlnlichkeiten aus dem militaumlrischen kommunalen und oumlffentlichen Bereich

Pfarrer Adolt Pohner stellte seishyne bedenkenswerte Predigt unter den Gedanken daszlig es auf der Welt nur dann Frieden geben kann wenn die Religionen untereinanshyder Frieden halten Am Anfang des religioumlsen Friedens aber ein Schuldbekenntnis und die Botshyschaft zur Umkehr stehen muumlsse Ebenso habe religioumlser Fanatisshymus mit Religion nichts zu tun Er machte aber auch deutlich daszlig die Bibel nicht dator da sei sie dem anderen um die Ohren zu schlagen sondern man muumlsse daraus Kraft und Freude sChoumlpfen tor ein sinnvolles Leben in Solidashyritaumlt und Gemeinschaft Dioumlzesanshypraumlses Adolf Pohner ging in seiner Predigt aber auch auf die vielfashychen Kriege und Unruhen auf der ganzen Welt ein und stellte dabei fest daszlig die weltweite Entspanshynung einen groszligen Daumlmpfer erhalshyten habe Die Gegenwart biete dashyfuumlr genuumlgend traurige Beispiele Auf das Thema des Tages eingeshyhend zitierte er den gemeinsamen

Aufruf der katholischen Verbaumlnde Wir sind aufgerufen insbesondeshyre den Beitrag zu eroumlrtern den die Religionen fuumlr die Verwirklichung des Friedens leisten koumlnnen

Ohne Religion sei den Bemuumlshyhungen um den Frieden jedoch kein groszliger Erfolg beschieden Als religioumlser Mensch wisse er daszlig Frieden von Gott gewollt und geshyliebt sei Daraus schoumlpfe er seinen inneren Frieden und es gebe ihm Kraft und Bereitschaft auch andeshyren ihre Existenzberechtigung zushyzugestehen ihre Eigenart und Anshydersartigkeit zu ertragen und sich uumlber ihr Dasein zu freuen so Pfarshyrer Pohner weiter

Nach dem Gottesdienst in der St-M ichael-Kirche versammelten sich nochmals alle Teilnehmer im Soldatenheim in Munster

Feldjaumlger und Polizeibeamte reshygelten an diesem Tag gemeinsam den Verkehr vor der Kirche auf dem Weg zum und vor dem Soldashytenheim

Zu Beginn der Begegnung im festlich geschmOckten groszligen Saal des SOldaten heimes begruumlszligshyte Militaumlrpfarrer Heinrich Theisen nochmals alle Anwesenden

Ein besonderer Gruszlig galt dem BOrgermeister der Stadt Munster Affred Schroumlder und dem erst vor kurzem gewaumlhlten Stadtdirektor Klaus Westerkowski

In seiner Begruumlszligung sagte Milishytaumlrpfarrer Heinrich Theisen u a Mein erster Gruszlig gilt dem Dioumlshy

zesanmaumlnnerseelsorger Pfarrer Adolf Pohner aus der Bischofsshy

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stadt Hildesheim Vor Ihnen haben schon der Militaumlrgeneralvikar und Apostolische Protonotar Dr Niermiddot mann und vor dem der ehemalige Dechant dieses Dekanates und jetshyzige Dompfarrer Wolfgang Ostshyhaus diesen Gottesdienst mit uns gefeiert Aber welch ein Untershyschied in der politischen Landmiddot schaft und Atmosphaumlre

1990 das fassungslose Staunen uumlber die Entwicklung in Mittel-Ostshyeuropa und besonders im oumlstlimiddot chen Teil unseres Vaterlandes Die Freude und Dankbarkeit daruumlber daszlig Ideologien entlarvt wurden Diktaturen zerbrachen Demokrashytien langsam entstanden und der Friede nicht nur in Europa sonshydern in der ganzen Welt ein Stuumlck sicherer geworden war und dann wenig spaumlter der Golfkrieg dessen oumlkologische Spuren wir weiszlig Gott noch spuumlren obwohl ich manchshymal glaube daszlig dieser Golfkrieg in den Herzen und Koumlpfen vieler nicht mehr vorhanden zu sein scheint

Und wiederum wenige Monate spaumlter die kriegerischen Auseinanshydersetzungen in Jugoslawien und Georgien Und dann der Zusamshymenbruch des Warschauer Pakshytes der Untergang der UdSSR und das Selbstaumlndigwerden der Staashyten der ehemaligen UdSSR

Ich danke Ihnen Herr Pfarrer Pohner daszlig Sie meiner Bitte geshyfolgt sind diesen Gottesdienst mit uns zu feiern Ein besonderer Gruszlig gilt auch den Frauen unserer Soldaten die zu einem nicht uner-

Auftrag 201

heb lichen Teil auch Verantworshytung in der Seelsorge uumlbernomshymen haben wenn das nach auszligen auch nicht immer so erscheint

Die Anregung zu diesen Soldashytengottesdiensten an laumlszliglich des Weltfriedenstages kam im Jahr 1975 von Soldaten und wird nach wie vor auch hier in Munster von der Gemeinschaft Katholischer Soldaten mitgetragen

Mein Gruszlig gilt auch der Presse Ich kann mir vorstellen daszlig es nicht einfach ist manchen Ihrer Leser verstaumlndlich zu machen daszlig SOldaten Ober alle Grenzen der Nashytionen und Konfessionen hinweg um den Frieden in der Welt beten Ich danke Ihnen daszlig Sie heute bei uns sind

Werden wir aber nicht leichtsinshynig der Friede ist wie eine zarte Pflanze die staumlndig der Sicherung und Foumlrderung bedarf Bedenken wir aber auch Gewalt ist die schlechteste Antwort auf die schweren menschlichen Probleme dieser Zeit

FOr die anwesenden Soldaten sprach der stellvertretende Komshymandeur der Kampftruppenschule 2 Oberst Ulrich Rozmyslowski Auf das Thema des von Papst Joshyhannes Paul 11 verkuumlndeten Weltshyfriedenstages 1992 eingehend stellte er ua fest daszlig Weltfrieshydenstage fuumlr die Soldaten auch imshymer Tage der Selbstbesinnung und Standortbestimmung seien Die Bundeswehr geraumlt ohne eigeshynes Zutun oder gar Verschulden oft in das Zentrum innenpolitishy

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scher Kontroversen Ober die Sishycherheitspolitik Die Nachruumlshystungsdebatte der frOhen 80er Jahre oder der Golfkrieg haumltten dashybei besonders herausgeragt Taushysende Friedensbewegter haumltten in jenen Auseinandersetzungen von vornherein die Soldaten aus der Gemeinde der Glaubenden vershyeint fuumlr den Aufbau des Friedens ausgeschlossen Es sei schon inshyteressant der Frage nachzugehen warum der so nahe Krieg in J ugoshyslawien die Friedensbewegung nicht auf die Straszlige gezwungen habe erklaumlrte Oberst Rozmyslowsshyki

Frieden in Wuumlrde und Freiheit beduumlrfe der Sicherheit so stellte der Oberst fest Deshalb so frage er sich manchmal als Soldat wie es denn die Kirche mit uns haumllt Er spielte damit auf die unentshyschlossene Haltung einiger Evanshygelischer Landeskirchen zur Milishytaumlrseelsorge an

Als letzter Redner bei dieser Beshygegnung im Soldatenheim dankte der Vorsitzende des GKS-Kreises Munster Oberstabsfeldwebel Wolfgang Moock allen Anwesenshyden fuumlr ihr Kommen und Mittragen dieser Veranstaltung zum Weltfrieshydenstag sowie im besonderen dem langjaumlhrigen Vorsitzenden und spaumlteren Geschaumlftsfuumlhrer der Geshymeinschaft Katholischer Soldaten (GKS) im Wehrbereich 11 fOr die wiederholte Organisation der Feier des Weltfriedenstagesin einem der groumlszligten Standorte der Bundeswehr

Im weiteren Verlauf seiner AusshyfOhrungen sagte Moock u a Mit dem Wunsch den Weltshyfriedenstag hier und in aller Welt auch in Zukunft mit Soldaten feishyern zu koumlnnen danken wir allen die den Gedanken des Weltfrieshydenstages mittragen Seit 8 Jahshyren fuumlhrt der Bischof von Hildesshyheim Dr Joset Homeyer im Dom oder in der Basilika St Godehard in Hildesheim an laumlszliglich des Weltshyfriedenstages fOr die Soldaten der Bundeswehr einen Friedensgotshytesdienst durch An diesem Gotshytesdienst konnten aufgrund der langen Anmarschwege die Soldashyten der 3 Panzerdivision kaum teilshynehmen Deshalb auch die Idee fuumlr diesen Personenkreis zusamshymen mit den Soldaten der Standshyorte Munster und Faszligberg einen SOldatengottesdienst im HeideshyDom in Munster durchzufuumlhren Im einzelnen dankte Oberstabsshyfeldwebel Wolfgang Moock dem Hauptzelebranten des Soldatenshygottesdienstes Pfarrer Adolf Pohshyner allen Geistlichen die die HI Eucharistie mitgefeiert haben Mishylitaumlrpfarrer Heinrich Theisen fOr sein Engagement und die erfreushyliche Zusammenarbeit den Weltshyfriedenstag auch im Jahr 1992 in diesem Rahmen feiern zu koumlnnen Oberst Ulrich Rozmyslowski fuumlr seine klaren Ausfuumlhrungen allen Kommandeuren und Chefs fuumlr die Unterstuumltzung bei der Vorbereishytung und Durchfuumlhrung der Feier zum Weltfriedenstag der Blaumlsershybesetzung des Heeresmusikkorps

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3 fOr den vorzOg lichen Einsatz in Munster den Vertretern der Presshyse aber auch dem Heimleiter-Eheshypaar des Soldatenheimes fOr die Unterstuumltzung und nicht zuletzt den Feldkoumlchen und Soldaten des Panzergrenadierlehrbataillons 92 fuumlr die gut schmeckende Erbsenshysuppe

Zum Schluszlig gab Wolfgang Moock zu bedenken Wenn Soldashyten Frieden sagen dann meinen sie einen Frieden in Freiheit Geshyrechtigkeit und Wuumlrde Dabei ist ihnen sehr wohl bewuszligt daszlig dieshyser den Menschen anvertraute Friede ein Gottesgeschenk ist

Ein gut schmeckender Erbsenshyeintopf serviert von freundlich und adrett auftretenden Soldaten des Panzergrenadierlehrbataillons 92 vereinten noch laumlngere Zeit die Teilnehmer an dem Soldatengotshytesdienst und der Begegnung zu anregenden Gespraumlchen

Von dem SOldatengottesdienst in der St-Michael-Kirche und der anschlieszligenden Begegnung im SOldatenheim in Munster anlaumlszligshylieh des Weltfriedenstages 1992 wurde ein Video-Film hergestellt der beim BundesgeschaumlftsfOhrer der Gemeinschaft Katholischer Soldaten (GKS) ausgeliehen wershyden kann

Ebenso liegt ein Organisationsshyplan mit Anregungen in schriftshylicher Form vor die Feier des Weltfriedenstages vorzubereiten durchzufuumlhren und nachzubereishyten EmU Kladiwa

Tagung der Geneshyralversammlung der Organisation Intershynational Catholic OIC in Rom vom 07-14 Dezember 1991 Tagebuch eines Vertreters des Apostolat Militaire International AMI

Der Autor dieses Berichtes wollshyte weniger die Einzelheiten der Konferenz darlegen - sie sind im Protokoll nachzulesen - als vielshymehr auch einmal das Drumhershyum einer solchen Veranstaltung einschlieszliglich der Unzulaumlnglichshykeiten schildern Eine solche Dienstreise als Praumlsidiumsmitshyglied des AMI beschert aber auch bleibende Erlebnisse wie die Papst-Audienz Die kameradshyschaftlichen Kontakte mit den AMI-Freunden in diesem Falle der Schweizer Garde des Vatikans und Vertretern der italienischen Arshymee lassen wiederum viele der kleinen Unannehmlichkeiten vershyblassen Eine Grippe vergeht wieshyder die Erinnerung an die geshymeinsamen Stunden mit den AMshyFreunden und OIC-Delegierten bleibt (bt)

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Anreise

Diaspora Priestermangel weite Anfahrtswege in das katholische Deutschland Wir im Norden sind einiges gewohnt wie konnte uns da noch eine im Winter ausgefalleshyne Heizung in der Deutschen Bunshydesbahn von Flensburg bis DOsshyseldorf stoumlren

Die erste Uumlbernachtung Der Abflug am darauffolgenden

Tag - ein Samstag - von Duumlsselshydorf nach Rom verzoumlgerte sich nur unwesentlich um zwei Stunden in Italien streikten die Fluglotsen

Aber dann Der durch AMIshyFreunde in Rom organisierte Transport zur Unterkunft in der Casa Generalizia dei Fratelli delle Scuole Cristiane in der Via Aurelia klappte vorzuumlglich

Sonntag Noch vor dem FrOhstuumlck sind

wir eingeladen zur Teilnahme an einem internationalen Gottesshydienst im Hause im Saal Johanshynes Pauill

Danke - endlich mal wieder im Gottesdienst der - auch wenn ich die Predigt in franzoumlsischer Sprache nicht verstehe - mir das Gefuumlhl vermittelt in einer Gemeinshyschaft um den Altar zu stehen shyunser Mittelpunkt ist Christus

Die Besichtigung von st Peter als Sonntagvormittag-Programm

Wir genieszligen den Sonnenschein und die damit verbundene Waumlrme

Um 1200 Uhr lauschen wir der

kurzen Ansprache des HI Vaters die er vom Fenster seines Arbeitsshyraumes aus haumllt und wenden uns dann nach dem Segen des Papshystes profaneren Dingen zu Reshystaurantsuche davon gibt es eine Vielzahl nur Plaumltze zu finden fuumlr uns wir haben Gluumlck

Coonnell Naldi der Vertreter des AMI in Italien wohnhaft an der Peripherie Roms hatte uns fOr den NaChmittag zu sich nach Hause eingeladen

Bei der Ruumlckfahrt zur Untershykunft die houmlchstens zwanZig Mishynuten dauern sollte verfaumlhrt sich der Fahrer des Dienstwagens Wir fahren uumlber eine Stunde kreuz und quer durch Rom

Ergebnis Abendessen im Haus verpaszligt Also bei kaltem Wind ershyneute Suche nach einem Ristoshyrante gluumlcklicherweise fanden wir noch eines bevor Haumlnde und Gesicht eine tiefblaue Faumlrbung anshynahmen

Nach Ruumlckkehr ist es zwar beshyreits 2300 Uhr aber das Haus wird um 2400 Uhr geschlossen jedoch wir stehen fast eine halbe Stunde vor dem Tor bis uns ein Gast entdeckt und einlaumlszligt Vom Pfoumlrtner keine Spur ob er auf Ronde ist Der Praumlsident des AMI betaumltigte sich dann tor geraushyme Zeit als Tuumlrschlieszliger besser noch Tuumlroumlffner

Montag Beginn des Kolloquiums des

OIC

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Der Praumlsident des OIC der Aumlgypter A Fahim begruumlszligt die Anshywesenden

Diese Vorbereitungskonferenz wird in die Generalversammlung uumlbergehen an der dann 89 Vertreshyter und Vertreterinnen von 41 intershynationalen kath Vereinigungen teilnehmen werden

Die Einstimmung erfolgt durch Gebete und Lieder in vielen Sprashychen

Tom Hili UNO Genf haumllt einen Grundsatzvortrag uumlber die wirtshyschaftliche und religioumlse Entwickshylung in der Welt sowie den derzeitishygen Stand aus der Sicht der Vershyeinten Nationen

Der Nachmittag dient der Erarshybeitung verschiedener Themen in Arbeitsgruppen

Unsere Damen und Herren wermiddot den mit Pkw zum Wohltaumltigkeitsshytee mit Bazar abgeholt der von Vertreterinnen der PASFA organishysiert wurde Damen der obersten militaumlrischen politischen und wirtshyschaftlichen Kreise waren bei dieshysem Tee zugegen

Abendessen wieder gemeinsam mit den Ehefrauen in Trastevere Fierramoseca GemOtlich und urig ist dieses Lokal und es ist warm

Ruumlckkehr zum Haus Der Pfoumlrtshyner ist erneut auf Ronde wir steshyhen wieder vor dem Tor andere Gaumlste gesellen sich zu uns (die Gruppe der Dolmetscher) Und wieshyder sind wir voumlllig durchgefroren

Auftrag 201

Dienstag

Termine mit Radio Vatikan und dem Kommandanten der Schweishyzer Garde werden vereinbart fuumlr eishynen Kurzbesuch u a Vorstellung des Praumlsidiums AMI (zumindest ein Teil davon)

Heute ist der Tag der Luftfahrt in Italien Radio Vatikan berichtet auf UKW in deutscher Sprache Auf dem Flugplatz Fiumicino haumllt der HI Vater fuumlr 6000 geladene Gaumlste einen Gottesdienst

Wir sind abends zu einem Dinshyner in den italienischen Army Offishycers Club geladen

Heute war Gelegenheit einige Einkaumlufe in Rom zu taumltigen Unter sachkundiger Leitung einer Dame der PASFA kreuzten wir die Strashyszligen um Via Condotti bei den Spashynischen Treppen Im Rahmen dieshyser Einkauf tour (Tortur) gelangten wir dann in das Museum des BekleidungskOnstlers Valentino Raumlumlich etwas abgesetzt von seishynen Geschaumlften hat er hier in der Naumlhe der Spanischen Treppe in eishyner ehemaligen Schule eine Ausshystellung all der Bekleidungsstuumlkshyke die er seit Anfang der 60er Jahshyre geschaffen hat und die teilweishyse von ihren Traumlgerinnen spaumlter an ihn zuruumlckgegeben wurden Ausshyerlesene Stocke von Jaqueline Onassis Brook Shields Audrey Hephurn der Beghum viele der kleinen Groumlszligen und auch ganz Groszligen sind hier vertreten Fotoshygrafieren verboten Daszlig es dabei blieb dafuumlr sorgte die Beobachshy

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tung durch elektrische und menschliche Uumlberwachung

Beim Einstieg in den Bus der Ushynie 46 der uns zuruumlckbringen sollshyte machten uns Einheimische gleich darauf aufmerksam unsere Wertsachen eng an uns zu halten diese Buslinie sei beruumlchtigt fuumlr die vielen Diebstaumlhle

Mittwoch

Auf Einladung unserer italienishyschen AMI-Freunde begeben wir uns mit einem Militaumlrbus nach Suumlshyden vorbei an Latina uumlber die Sushyper-Strada zur Abtei Fossanova Im 9 Jahrhundert wurde diese Beshynediktiner-Abtei gegruumlndet 1134 wurde sie von Innozenz 11 an die Zisterzienser uumlbergeben Hier starb Thomas von Aquin

Der geistliche Beirat der italienishyschen Vertreter des AMI ist Don Uonello Torosani Sein militaumlrishyscher Standort ist in Sabaudia am Mar Tirreno etwa 30 km suumldlich von Latina

Nach einer kurzen Begruumlszligung durch den Kommandeur dieser Flugabwehrraketen-Schule (Hawk) zeigte uns Don Uonello voller Stolz - und das zu Recht - seine kleine Kirche und an hand von Schriften eine Vielzahl der Aktivishytaumlten seiner Gemeinde Wenn an Wochenenden von 150 Kirchenbeshysuchern - Soldaten - die Rede ist manchmal sogar zwei Gottesshydienste angeboten werden muumlsshysen aufgrund der Vielzahl der Kirshyehenbesucher so klingt das fuumlr

norddeutsche Ohren traumhaft Allerdings muszlig man hierfuumlr sichershylich auch die Person von Don Lioshynello verantwortlich machen er versteht es zu uumlberzeugen und seinen Soldaten voranzugehen

Was die Arbeit im Apostolat Mishylitaire International angeht wershyden wir von Don Lionello sicher noch houmlren

Don Uonello gab dann noch eine wahre Begebenheit uumlber Joshyhannes XXIII (Roncalli) zum beshysten Als Bischof war Roncalli bei dem damaligen franzoumlsischen Praumlshysidenten de Gaulle zu einem Empshyfang geladen sein Platz beim Esshysen war gegenuumlber der Frau eines russischen Diplomaten Diese Dame mit ihrem weiten Ausschnitt wollte anscheinend Bischof Ronshycalli provozieren Sie bat Roncalshyli - nicht einen der Lakaien - um etwas Obst aus der Schale Ronshycalli nahm einen Apfel und legte ihn vor sie hin Die Frage Warum geben Sie mir gerade einen Apshyfel beantwortete Bischof R folshygendermaszligen Bereits im Parashydies erkannte Eva als sie den Apshyfel nahm daszlig sie nackt war

Donnerstag

Das KOlloquium ist beendet es beginnt die Generalversammlung des oie

Das Apostolat Militaire Internashytional AMI als (beitragszahlendes) Neumitglied des oie hatte seinen Praumlsidenten Oberst i G Juumlrgen Bringmann Bonn und einen der

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zwei Vizepraumlsidenten Oberstabsshybootsmann Guumlnter Thye Flensshyburg entsandt

Die Vertreterinnen und Vertreter der internationalen kath Verbaumlnde kamen aus allen Erdteilen Suumldshyamerikaner waren ebenso vertreshyten wie Afrikaner von der Elfenshybein kuumlste Nordamerikaner aus Kanada Inder Thais Iren und und und

Nach der Begruumlszligung der annaumlshyhernd 90 internationalen Vertreter und dem Bericht des Praumlsidenten wurde die Abfahrt der Busse beshykanntgegeben zu einem Empfang mit den Kardinaumllen und Bischoumlfen die zur Zeit der Synode in Rom weilten Hier trafen wir u a auch den Vizepraumlsidenten des Weltshylaien rates Bischof Dr Cordes

Freitag

Beginn dieses Vormittags mit intern Gebeten und Gesaumlngen dann wurde die Konferenz verspaumlshytet fortgesetzt

Es folgte die Vorstellung der Kandidaten und einzelnen Grupshypen fuumlr die Wahlen zum - Praumlsidenten des OIC - Comite de Continuite - Geschaumlftsfuumlhrer des oie - Mitgliedschaft im oie

Fuumlr 1230 Uhr war eine Audienz beim HI Vater eingeplant Grund genug die Konferenz zu unterbreshychen

Geleitet durch Schweizer Gardishysten begaben wir uns im Vatikan in den Saal Sala Dei Consistorio

Auftrag 201

Hier in dem mit Wandteppichen stoffverkleideten Waumlnden und mit kunstvollen Schnitzerein an der Holzdecke versehenen Saal warshyten wir gespannt auf das Erscheishynen des Hf Vaters

Das Einschalten der Deckenflutshylichter kuumlndigte sein Kommen an Er wurde begruumlszligt und informiert uumlber die derzeitige Tagung des OIC durch den Praumlsidenten Mr Fahim Die Antwort des Papshystes - gehalten in franzoumlsischer Sprache - bezog sich auf den Inshyhalt der Begruumlszligung er wuumlrdigte die Arbeit des OlC und schloszlig mit dem paumlpstlichen Segen Anschlieshyszligend hatte jeder Teilnehmer Geleshygenheit persoumlnich einige kurze Worte mit dem HI Vater zu wechshyseln bevor wir dann zum Gruppenshyfoto gebeten wurden

Fuumlr die beiden Vertreter des AMI-Praumlsidiums schloszlig sich in der Unterkunft der Schweizer Garde ein Besuch bei dem Kommandanshyten der Schweizer Garde Oberst Buchs an

Nachdem ein Vertreter der Schweizer Garde kurzfristig die Teilnahme an der AMI-Konferenz 91 in Flensburg absagen muszligte stellte Oberst Buchs eine Teilnahshyme 1993 in Rom in Aussicht Eine Teilnahme in Bogota 92 scheint aus KostengrQnden nicht moumlglich

Nach dem Besuch der Waffenshyund Kleiderkammer der Schweizer Garde fahren wir zuruumlck zur Untershykunft und storzen uns erneut bis zum fruumlhen Abend in die Sitzung des OIC

Auftrag 201

Die verschiedenen katholischen Zentren berichteten Ober ihre Ershyfahrungen und Vorstellungen wie auch Forderungen

Zentrum Genf tiefer gehende intensivere Kontakte zu anderen Organisationen - Informationen Ober deren

Strukturen und Arbeitsweise - Denkweise zu bestimmten Theshy

men - Wie stark ist die Vereinigung

was repraumlsentieren sie Zentrum New York 16 internationale Organisatioshy

nen arbeiten zusammen mit dieshysem Zentrum

Einige Aktivitaumlten werden er waumlhnt - monatlich 2 Besprechungen zu

kirchlichen oder allgemein inshyteressierenden Themen zushysaumltzlich auch sogenannte Briefings aus aktuellem Anshylaszlig z B Auslandsreisen des Papstes

- Referenten der United Nationes werden hierzu eingeladen

- Gespraumlche Diskussionen Seshyminare werden mit allen religioumlshysen Richtungen durchgefuumlhrt (Hindus Juden etc) Ober z B Internationales Jahr der Famishylie aus Sicht der unterschiedshylichen Religionen

Das Wissen voneinander Obershyeinander ist zu gering Die Inforshymation uumlber die katholische kirchshyliche Arbeit muszlig breiter gestreut werden Fuumlr diese Arbeit bekommt das Zentrum jaumlhrlich von den Bishyschoumlfen 4000 $ Die Zusammenarshy

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beit der internationalen katholishyschen Organisationen mit dem Zentrum New York ist nicht optishymal

Vorgestellt wurde ein VideoshyFilm (28 Minuten) uumlber internatioshynale katholische Organisationen

Finanziert wurde dieser in vielen Sprachen existierende Film durch die UNO und durch amerikanische Bischoumlfe

Ein Exemplar wurde dem HI Vashyter uumlberreicht

Sonnabend Nun nicht zu vergessen die

wichtigsten Punkte der Wahlen Jeder internationale (stimmbeshyrechtigte) Verband hatte nur eine Stimme somit waren maximal 28 Stimmen moumlglich

Neuer (und alter) Praumlsident wurshyde A Fahim

Rudy Ruegg (Schweiz) wurde als Generalsekretaumlr von Paul Morand abgeloumlst

Rudy Ruegg schied aus Altersshygruumlnden aus

FOrdas Apostolat Militaire Intershynational AMI war die Stimmenzahl fOr die Wahl in das Comite de Conshytinuite entscheidend zumal geshyrade bei dieser Wahl mit Gegenshywind gerechnet wurde - eben geshygen Vertreter einer internationalen Organisation von Soldaten

Mit 17 Ja-Stimmen 6 Nein 4 Enthaltungen galten wir als geshywaumlhlt und entsenden somit einen Vertreter des Praumlsidiums AMI in das Comite das zwischen den Geshy

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neralversammlungen des OIC die Arbeit fortfuumlhrt

Zusammen mit allen anwesenshyden Priestern zelebrierte Msgr Bishyschof Dr Cordes - Vizepraumlsident des Weltlaienrates - einen Gotshytesdienst wiederum im Saal Jashyhannes Paull

Kurz vor der offiziellen Beendishygung dieser Tagung hieszlig es hurtig Koffer packen und mit dem shydankenswerterweise - bereitgeshystellten Dienstwagen der italienishyschen Armee brausten wir dann durch quirlige und verkehrsreiche roumlmische Straszligen zum Flughafen Leonardo da Vinci

Ruumlckreise Puumlnktliche Ankunft bedeutet

noch lange nicht rechtzeitiger Abshyflug Die einstuumlndige Verspaumltung lieszlig dann jede Hoffnung schwinden von Duumlsseldorf einen Nachtzug nach Hamburg und Flensburg zu bekommen

Also wieder einmal sehr spaumltes Belegen eines Hotelzimmers dashyfuumlr aber am Sonntag fruumlh aus den Federn denn der Zug nach Flensshyburg wartet nicht auf uns Wir aber auf ihn Mit zweistuumlndiger Verspaumltung fahren wir dann gen Norden Natuumlrlich haben saumlmtlishyche Anschluszligzuumlge HamburgshyAltona bereits verlassen Wir warshyten auf den naumlchsten Zug und beshysichtigen zwischenzeitlich den Bahnhof

Endlich - es ist Abend - wir

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sind (mit einer Grippe) zu Hause Eine ereignisreiche interessante aber auch sehr anstrengende Woshyche ist vorbei Jetzt gilt es das Ershylebte zu verarbeiten

Guumlnter Thye

GKS - Bereich See Wochenende der Begegnung

Waumlhrend einer Dienstreise zum Marinekommando Rostock im Okshytober des letzten Jahres kam es neben den rein dienstlichen Belanshygen auch zu Gespraumlchen Ober die Millitaumlrseelsorge ihre Strukturen gesetzliche Grundlagen und ihre Laienbewegungen sowie - was auf aufmerksame Zuhoumlrer stieszlig shyuumlber die anhand von Beispielen aufgezeigten vielfachen und vielshyseitigen Aktivitaumlten auf nationashylem sowie internationalem Gebiet

Religion geschweige denn Milishytaumlrseelsorge war und ist fuumlr viele Angehoumlrige der ehemaligen Natioshynalen Volksarmee - NVA - eine Vokabel mit der sie gar nichts oder kaum etwas anzufangen wisshysen Aus dieser Erkenntnis heraus dem Interesse Ober das Thema mehr houmlren und eigene Gedanken einshybringen zu wollen resultierte dann aus dieser Gespraumlchsrunde der Vorschlag ein Wochenende der Begegnung fuumlr Soldaten der eheshymaligen NVA und deren Famifien sowie Mitgliedern der Gemeinshy

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schaft Katholischer Soldaten GKS zu veranstalten

Pilotprojekte haben ihren eigeshynen Werdegang in diesem Falle allerdings dank der Unterstuumltzung des Bundesvorstandes der Geshymeinschaft Katholischer Soldashyten des Katholischen Militaumlrbishyschofsamtes und nicht zu vergesshysen des Kommandeurs Marineshykommando Rostock der unsere Gruppe das Gaumlstehaus der ehemashyligen NVA im Ostseebad Nienhashygen fOr dieses Wochenende zur Verfuumlgung stellte lief die Vorbereishytung und Durchfuumlhrung reibungsshylos

In gespannter Erwartung trafen sich dann am letzten Wochenende im Februar insgesamt zwanzig Soldaten einschlieszliglich ihrer Eheshyfrauen und Kinder den Versuch zu wagen von Mensch zu Mensch eine Bruumlcke zu bauen Nicht unershywaumlhnt bleiben soll daszlig auch der Kommandeur des Marinekommanshydos Flottillenadmiral Otto Ciliax und Frau sowie der Bundesvorsitshyzende der Gemeinschaft Katholishyscher Soldaten Oberstleutnant i G Paul Schulz und Frau an diesem Wochenende teilgenommen hashyben

Nach der BegrOszligung fOlgten zwei Taumlnze Jiffy Mixer und Seven Jumps bei denen der haumlufige Wechsel des Tanzpartners und die gymnastischen Uumlbungen zur Ershyheiterung beitrugen

So geloumlst teilweise noch auszliger Atem stellten wir - jeder fuumlr sich - uns gegenseitig vor einshy

schlieszliglich unseres dienstlichen Werdeganges und soweit gegeshyben auch den als aktiver Laie in der katholischen Militaumlrseelsorge

Der Beitrag einer Teilnehmerin (Krankenschwester in einer Sanishytaumltsstaffel und Ehefrau eines Solshydaten der ehemaligen NVA) Ober dieses Wochenende soll fuumlr sich sprechen nur soviel sei noch ershyWaumlhnt

Die folgenden Stunden bis Sonntag zur Abreise waren angeshyfuumlllt mit Fragen und Antworten Gespraumlchen mit kleineren Grupshypen oder auch z B bei Spaziergaumlnshygen in dem das Haus umgebenden Forst und am Ostseestrand nur unter vier Augen Jede Minute war lehrreich ich behaupte einmal fuumlr beide Seiten

Einige Fragen und Aussagen zur Verdeutlichung - Wie laumlszligt sich Religion und Bunshy

deswehr (Christ und Soldat) miteinander vereinbaren hinshysichtlich Du sollst nicht toumlten

- Ich bin ein Suchender koumlnnen Sie mir - oder wer kann es shyhelfen

- Wir haben uns heimlich kathoshylisch trauen lassen

- Ich bin heimlich getauft wormiddot den mein Vater war Offizier (in der Sowjet-Armee)

- Kommunion Konfirmation gibt es Gemeinsamkeiten mit der Jugendweihe

- Kann ein Glaumlubiger seine Proshybleme leichter beWaumlltigen als ein Unglaumlubiger

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- Ein Glaubender hat etwas zum Festhalten wir

Der Sonnabendnachmittag war fuumlr einen Ausflug nach Bad Dobeshyran zur Besichtigung des Muumlnsters vorgesehen

Die Stadt Doberan verdankt ihre Existenz zwei wichtigen Entscheishydungen des damaligen mecklenshyburgischen Fuumlrstenhauses

der Gruumlndung des Zisterzienser Klosters gegen Ende des 12 Jahrshyhunderts und der Errichtung des ersten deutschen Seebades am Heiligen Damm 1793

Der Chronist Helmold von Boshysau vermerkte noch 1170 Meck-

Das Muumlnster zu Bad Doberan

Auftrag 201

lenburg ist ein Land des Mangels und des Hungers wo der Sitz des Satans und aller boumlsen Geister ist

Pribislav Herr Mecklenburgs lenkte die Geschicke des Landes in bessere Bahnen Das Land entshywickelte sich positiv in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht Das 1171 errichtete Kloster wurde beshyreits 1178 wieder voumlllig dem Erdboshyden gleichgemacht hervorgerufen durch einen Familienstreit um die Teilung der Herrschaft im Lande

Nikolaus von Rostock sorgte dashyfuumlr daszlig im heutigen Bad Doberan 1186 die Zistersienser einen neuen Anfang machen konnten

Der Backsteinbau wurde zOgig aufgebaut und 1232 konnte das MOnster geweiht werden Bis 1522 haben Moumlnche in ihm das Lob Gotshytes gesungen seitdem tut es nun die lutherische Kirchengemeinde

Der allgemeine Niedergang Ende des 15 und Anfang des 16 Jahrhunderts setzte auch dem Kioshyster sehr zu

Ein Ausspruch aus jener Zeit vermittelt den richtigen Eindruck Reiten und rauben ist keine Schande das tun die Besten im Lande

Es wurde gepluumlndert demoliert und abgerissen was zu haben war

Der 30jaumlhrige Krieg fuumlgte der Kirche und dem Klostergebaumlude schwere Schaumlden zu Herzog Adolf-Friedrich verwendete Geldshybuszligen fuumlr den Erhalt der Kirche 1656 wurde dann mit den ersten Baumaszlignahmen begonnen

Auftrag 201 193

Im 1 Weltkrieg muszligte eine von zwei Glocken an die Ruumlstungsinshydustrie abgegeben werden Die aumllshyteste Glocke Mecklenburgs sie stammt aus dem Jahre 1301 bleibt Doberan erhalten

Zum Schutz gegen Bomber und Feuer aber auch gegen Pluumlndeshyrung wird 1942 das gesamte Invenshytar eingebunkert Auf Befehl des sowjetischen Stadtkommandanshyten wird es 1946 wieder aufgestellt und der Oumlffentlichkeit zugaumlngig gemacht

Die letzte groszlige Generalrestaushyrierung der Kirche fand 1964 shy1984 statt und wurde mit staatshylichen Mitteln gefoumlrdert

Beeindruckt von dem Besuch dieses wunderschoumlnen Gottesshyhauses in Backsteingotik und seishyner von dem Kirchenfuumlhrer so anshyschaulich vorgetragenen Geshyschichte fuhren wir zuruumlck nach Nienhagen

Die uumlberaus angeregten Diskusshysionen dieses Wochenendes warshyfen eine Unmenge von Fragen und Problemen auf

Ein Wochenende allein reicht beileibe nicht aus Die Gruppe - darin waren sich alle einig shywuumlnscht dringend eine Fortsetshyzung Sie ist geplant

Die Aufgeschlossenheit dieser Gruppe die Atmosphaumlre des Gaumlshystehauses nebst der guten Kuumlche und die reizvolle Landschaft in dieshysem Teil von Meckenburg-Vorshypommern haben wesentlich dazu beigetragen daszlig diese Veranstalshy

tung der GKS ein voller Erfolg wurshyde

Guumlnter Thye

Bericht uumlber ein Wochenende der Begegnungen in Nienhagen

Ende des Jahres 91 genauer geshysagt im Dezember erhielten wir eine Einladung von der GKS untershyschrieben von Oberstabsbootsshymann Thye

Was ist GKS Wer ist OStBtsm Thye

Auf unser Anfragen sagte man uns GKS das ist die Gemeinshyschaft Katholischer Soldaten

Wir hatten noch nie etwas von so einer Gemeinschaft gehoumlrt

Sollten wir ehemalige DDR-Buumlrshyger und Heiden jetzt bekehrt wershyden

Es gab schon viele Fragen beim Eintreffen der Einladungen und so fuhren wir voller Erwartungen und Neugier aber auch mit einer Porshytion Skepsis nach Nienhagen Bis 1800 Uhr trafen dann alle Teilshynehmer ein

Nach einer zwanglosen Begruumlshyszligung und Abendbrot kam dann das erste Beschnuppern

Einige lustige Scherztanzschritshyte loumlsten die Beklemmung und Vershykrampfung auf beiden Seiten

Es folgte eine kurze Vorstellung jedes einzelnen und dann war da auch schon ein reges Gespraumlch im Gange

194 Auftrag 201

Das Spektrum der Themen war sehr breit gefaumlchert

Was war die Jugendweihe Wie verlief sie Was macht die GKS Wie vertraumlgt sich Christsein mit dem Soldatenberuf Wie lebte es sich hinter der Mauer Wie ist jetzt das Zusammenarbeiten von Ossi und Wessi

Es wurde offen in einer groBen Runde aber auch zu zweit und zu dritt gesprochen diskutiert und phiIosoph iert

Nach dem gemeinsamen FrOhshystuumlck am Samstag wurde bei eishynem Strandspaziergang die Proshyblematik des vorherigen Abends wieder aufgegriffen

Die Gespraumlche wurden diesmal ganz individuell gefuumlhrt

Persoumlnliche Meinungen und Ershyfahrungen wurden ausgetauscht

Dabei zeigte sich aber auch eine unterschiedliche Praumlgung bei der Einschaumltzung und Beurteilung von gesellschaftlichen christlichen und auch nur ganz alltaumlglichen Ershyeignissen

Nach einem vorzuumlglichen Mitshytagessen fuhren wir gemeinsam nach Bad Doberan

Dort besichtigten wir das Dobeshyraner Muumlnster ein in Norddeutschshyland sehr bekanntes Bauwerk Durch eine Fuumlhrung erfuhren wir viel Interessantes uumlber diese eheshymalige Klosteranlage und auch uumlber die geschichtliche Entwickshylung dieser Region

Nach dem Kaffeetrinken trafen wir uns alle wieder in der gemuumltlishychen Ecke

Zur Sprache kamen Probleme wie die Zusammenarbeit zwischen Bundeswehrangehoumlrigen und eheshymaligen NVA-Soldaten Vereinbarshykeit von Berufstaumltigkeit der Frau und Kindererziehung und auch die Frage ob ein glaumlubiger Mensch Probleme des Alltags besser verarshybeiten kann als ein Nichtglaumlubishyger

Wir haben alle versucht geshymeinsam Antwort auf die vielen Fragen zu finden was nicht immer einfach war

Nach dem Abendbrot fanden wir uns alle zu einem kleinen Umtrunk zusammen An diesem Abend der sehr lang wurde haben wir viel erzaumlhlt und reichlich gelacht

Wir vergaszligen alle daszlig wir Osshysis und Wessis sind Wir waren einfach nur eine Runde froumlhlicher Leute die sich gut verstanden

In der Nacht hatte der Wind aufshygefrischt

Trotzdem lieszligen wir uns nach dem Fruumlhstuumlck nicht aufhalten und spazierten am Strand Richshytung Heiligendamm Unser Ziel war der Heilige Damm Ober desshysen Entstehung wir im Doberaner MOnster erfahren hatten

Jedoch hatten wir die Entfershynung den Wind und das Gehen am steinigen Strand unterschaumltzt So schafften wir es nicht ganz bis an den Heiligen Damm

Waumlhrend dieser Zeit wurde wieshyderum in kleinen Gruppen oder auch ganz persoumlnlich gesprochen

Viele Fragen blieben natuumlrlich

Auftrag 201 195

aufgrund der kurzen Zeit die wir miteinander verbringen durften ohne Antwort bzw wurden nicht bis zu Ende diskutiert

Nach dem Mittagstisch und eishyner Tasse Kaffee zog Herr Thye das Resuumlmee des Treffens

Es war fuumlr alfe ein Bereicherung und eine sehr schoumlne Erfahrung

Alle Teilnehmer waren sich einig daszlig dies nicht eine einmalishyge Maszlignahme bleiben sollte sonshydern daszlig wir uns zu einem spaumlteshyren Termin nochmals zusammenshyfinden

Vielleicht koumlnnte man dieses VVochenende der Begegnung zushysammenfassen indem man sagt aus einem Gegeneinander uumlber ein Nebeneinander wurde ein Miteinshyander

Monika Henig (Marinesanitaumltsstaffel Rostock)

Wallfahrt nach Sanshytiago de Compostela Liebe Freunde

Spanische Soldaten haben uns eingeladen auch in diesem Jahr mit ihnen ein Stuumlck des VVeges nach Santiago de Compostela zu gehen VVir haben diese Einladung angenommen und nehmen mit 20 Personen an dieser Pilgerfahrt teil

Das Programm ist wie folgt vorshygesehen 8 Juli Treffen in Bonn

9 Juli Zugfahrt uumlber Paris nach leon anseh Fuszligwallfahrt durch Asturien naeh Sanshytiago de Compostela

21 shy 23 Juli Aufenthalt in Sanshytiago de Compostela

23 Juli Ruumlckfahrt uumlber Paris nach Bonn bzw Karlsruhe

Der Teilnehmerpreis (Anteil an den Kosten) betraumlgt pro Person GVVDL 250 - DM A 1 - 4 300 - DM A5 - 8 350- DM A 9 - 12 375 - DM abA 13 400 - DM

Ich bitte Sie diese VVallfahrt beshykanntzugeben Interessenten ershyhalten von mir weitere Informatioshynen Die Plaumltze werden in der Reishyhenfolge der Anmeldung vergeshyben

Mit freundlichen GrOszligen Walter HOtten

Weihe eines Bischofshykoadjutors fuumlr den Militaumlrbischof von Oumlsterrreich

Am Sonntag dem 2 Februar 1992 wurde in der St-Georgs-Kashythedrale in der Burg zu VViener Neustadt der bisherige Militaumlrpfarshyrer an der Theresianischen Militaumlrshyakademie Militaumlrdekan Mag

196 Auftrag 201

Msgr Christian Werner durch den Militaumlrbischof von Oumlsterreich Dr Alfred Kostlecky zum Titularbishyschof von Eca (in Apulien) und zu seinem Bischofkoadjutor geweiht Mitkonsekratoren waren der fruumlheshyre Militaumlrvikar und Bischof von St POumllten Altbischof Dr Franz Zak zu dessen Dioumlzese MiJitaumlrdekan Msgr Werner gehoumlrte und dessen Nachfolger Bischof Dr Kurt Krenn

Nach dem Kirchenrecht ist mit dem Amt des Bischofkoadjutors das Recht auf Nachfolge verbunshyden

Die Bischofsweihe fand in Anshywesenheit des Bundespraumlsidenten Dr Kurt Watdheim des Erzbishyschofs von Wien Dr Hans Hershymann Kardinal Groer des Nuntius DDr Donato Squicciarini des Bunshydesministers tuumlr Landesverteidishygung Dr Werner Fasslabend eishynes groszligen Teils des Bischofskolshylegiums sowie der militaumlrischen und zivilen Spitze des Bundesminishysteriums fuumlr Landesverteidigung und des Bundesheeres statt

In seiner Predigt verwies Militaumlrshybischof Dr Alfred Kostelecky ausshydruumlcklich auf die Schutzfunktion des oumlsterreichischen Soldaten und auf die Legitimaumlt des Soldashytenseins wie sie in einigen Schriftstellen zum Ausdruck kommt und auch durch Gaudium et spes festgestellt wird Er wies aber auch auf die Moumlglichkeit hin dem Frieden in anderer Weise zu dienen

Der neue Militaumlrbischofkoadjushy

tor ging in seiner Ansprache nach der Bischofsweihe auf den Beitrag der oumlsterreichischen Soldaten im Rahmen der friedenssichernden und friedenserhaltenden Operatioshynen der Vereinten Nationen ein die durch die Verleihung des Frieshydensnobelpreises im Jahr 1988 geshywuumlrdigt worden sind

Er betonte den Auftrag an das Bundesheer zur Friedenserhaltung im Sinne der Bundesverfassung Aufgabe der Militaumlrseelsorge sei es den Friedensgedanken den Soldaten aller Dienstgrade naheshyzubringen Mi I itaumlrbischofkoadjushytor Mag Werner ging dann auch auf das Anliegen der Katholischen Jugend ein den Zivildienst als Beishytrag zum Frieden anzuerkennen Hier soll ein Nebeneinander und Miteinander wenn auch auf untershyschiedlichen Wegen moumlglich sein

Im folgenden soll nun der Leshybensweg unseres Militaumlrbischofshykoadjutors skizziert werden

Bischofkoadjutor Mag Msgr Christian Werner wurde am 27 April 1943 in Gogolin (Oberschleshysien) geboren und verbrachte seishyne Kindheit und Jugendzeit in Wien Nach der Reifepruumlfung im Jahre 1962 arbeitete er ein Jahr bei der oumlsterreichischen Post- und Teshylegraphenverwaltung und entshyschied sich dann fOr die Offiziersshylaufbahn Er absolvierte von 1964 bis 1967 die Theresianische Milishytaumlrakademie und wurde bald nach seiner Ausmusterung als Erziehershyoffizier bei den Zoumlglingen des MiIishy

197 Auftrag 201

taumlrrealgymnasiums eingesetzt Hier begann er mit dem Studium

der Theologie das er im Priestershyseminar der Dioumlzese St Poumllten fortsetzte

Bischof Dr Franz Zak der zu dieser Zeit auch das Amt des Milishytaumlrvikars ausuumlbte weihte ihn am 29 Juni 1977 zum Priester Mag Christian Werner war die ersten drei Jahre dann aber nicht in der Dioumlzese St Poumllten sondern in der Erzdioumlzese Wien als Kurat an der Probsteikirche in Wien er lIeushystadt - dem damaligen Sitz von Weihbischof Florian Kuntner - taumlshytig

Im Jahr 1980 entschied sich Mag Werner dann fuumlr die Militaumlrshyseelsorge und wurde Militaumlrpfarrer beim Militaumlrkommando Niedershyoumlsterreich in St Poumllten

Mit 1 Januar 1986 wurde Militaumlrshysuperior Mag Christian Werner zum Militaumlrpfarrer an der Theresiashynischen Militaumlrakademie in Wiener Neustadt bestellt

Zu dieser Funktion gehoumlren nicht nur die Seelsorge lebensshykundlicher Unterricht und Wehrshyethik im Rahmen der Offiziersausshybildung sondern auch das Amt des Kirchenrektors an der St-Geshyorgs-Kathedrale der Bischofskirshyche des Militaumlrbischofs von Oumlstershyreich

Als kirchengeschichtlich intershyessant sei hier angemerkt daszlig Mishylitaumlrbischof Dr Kostelecky in Wieshyner Neustadt zwei Bischofskirshychen hat die St-Georgs-Kathedrashyle in der Burg - die Bischofskirshy

che des Militaumlrbischofs - und die Propsteikirche den fruumlheren Dom von Wiener Neustadt die seine Bishyschofskirche als Titularbischof von Wiener Neustadt ist Wiener Neustadt war von 1459 bis 1784 Bistum - und hat da der letzte Bishyschof von Wiener Neustadt auch

CHRISTUS PAX NOSTRA

Der Weinstock im roten Feld symbolishysiert den Familiennamen Werner (abshy

geleitet von Weinherr) Rechts oben das rote Tatzenkreuz im goldenen Feld Das Abzeichen des St Georg Ritterordens welches zum Wappen des Beistums Wiener Neushy

stadt wurde Rechts unten Kreuz und Oumllzweig beshyziehen sich auf den Wahlspruch des ershysten Militaumlrbischofs der Republik

Oumlsterreich Pax et Iustitia Der Wahlspruch lautet CHRISTUS PAX NOSTRA (Christus ist unser

Friede)

198

das Amt des Miltaumlrvikars innehatshyte damit eine enge Verbindung zur Mi I itaumlrseelsorge

An der St-Georgs-Kathedrale die traditionell auch der Bevoumllkeshyrung offensteht hat sich unter Militaumlrdekan Mag Msgr Christian Werner ein sehr lebendiges Geshymeindeleben entwickelt Hier war es vor allem die Art wie er die Gotshytesdienste gestaltete die ihm rasch seine Gemeinde gewann Durch sein herzliches und offenes Zugehen auf seine Pfarrangehoumlrishygen fand er vor allem rasch zu den Kindern und Jugendlichen Seine Liebe zur Musik und seine uumlbershyzeugende VerkOndigung des Worshytes Gottes praumlgten die Feier des Gottesdienstes

Die Arbeitsgemeinschaft kathoshylischer Soldaten wuumlnscht Militaumlrshybischofkoadjutor Mag Msgr Wershyner fuumlr sein neues Amt den Segen Gottes (Die Redaktion des Aufshytrags schlieszligt sich diesen Wuumlnshyschen an) Seine Ernennung wurde in der Militaumlrdioumlzese allgemein mit Dankbarkeit und Freude aufgeshynommen

Michael Haubl

Katholisches Militaumlrbischofsamt beim Katholikentag vertreten

Europa bauen in der Einen Welt - zum Thema des diesjaumlhri-

Auftrag 201

gen Katholikentages bietet die Kashytholische Militaumlrseelsorge die Geshymeinschaft Katholischer Soldaten sowie das Apostolat Militaire Inshyternational in Zusammenarbeit mit der franzoumlsischen Militaumlrseelsorge ein vielfaumlltiges Programm an Milishytaumlrgeistliche Mitarbeiter der Kurie des Katholischen Militaumlrbischofs und die Gemeinschaft Katholishyscher Soldaten haben interessanshyte Moumlglichkeiten der Begegnung vorbereitet

Am Freitag dem 19 Juni findet in der Karlsruher St Michaelskirshyche ein Internationaler SoldatenshygotteSdienst mit dem Thema Mit Gott versoumlhnt - FOr den Frieden in der Welt und anschlieszligend eine Stunde der Begegnung statt Der Kathol ische Mi I itaumlrbishyschof Erzbischof Johannes Dyba zelebriert diese Meszligfeier Er hat die katholischen Militaumlrbischoumlfe und Soldaten aus 13 verschiedeshynen west- und osteuropaumlischen Nationen zum Katholikentag einshygeladen Den Soldaten soll dashydurch nicht zuletzt die Moumlglichkeit gegeben werden in Gemeinschaft ihren Glauben auf dem Weg in ein sich einigendes Europa zu bezeushygen

In der Halle der Bistomer laden Mitarbeiter im Jurisdiktionsbeshyreich des KatholiSChen Militaumlrbishyschofs zur Information Ober die Mishylitaumlrseelsorge ein

Auch die Podiumsgespraumlche der Gemeinschaft Katholischer Soldashyten greifen das Thema Europa auf Europas Soldaten als Weltpolizishy

2 Auftrag 201

AUS GKS UND PGR Handreichung zum Jahresthema der GKS 1992 (Paul Brochhagen) 146 Europa bauen in der einen Welt Wir bauen mit (Rudolf Grulich) 147 Wehrbereich 11 - Verabschiedung Wehrbereichsdekan Dr Eduard Quiter 167 Ehrung tOr Oberst a D Fettwels 169 Festakademie Weltfriedenstag 9 Januar 1992 in Bonn 169

BegrOszligungsansprache (Paul E Vosseler) 169 Festvortrag von Erzbischof Dr Lajos Kada Apostolischer Nuntius 172

Weltfriedanstag 1992 in Munster(Emii Kladiwa) 180 Tagung der Generalversammlung der Organisation International Catholic OIC In Rom vom 7 -14 12 1991 (Ganter Thye) 184 GKS-Bereich See 190

Wochenende der Begegnung (Ganter Thye) 190 Bericht uumlber ein Wochenende der Begegnungen in Nienhagen (Monlka Henig) 193

Wallfahrt nach Santiago de Compostela (Walter Hatten) 195 Weihe eines Bischofkoadjutors fQr den Militaumlrbischof von Oumlsterreich (Michael Haubi) 195 Katholisches Militaumlrbischofsamt beim Katholikentag vertreten (Marlene Beyei) 198

Auftrag 201 199

sten - Dienst und Auftrag des Soldaten heute Da der diesjaumlhrishyge Katholikentag erstmals wieder gesamtdeutsch ist soll auch die Eingliederung der ehemaligen NVA-Soldaten in die deutSChe Bundeswehr nicht unerwaumlhnt bleishyben In einem Kleinforum Lust und Frust an der deutschen Einshyheit wird anhand von Erfahrungen aufgezeigt wie die Problematik des deutsch-deutschen Zusamshymenwachsens aufgefangen wershyden koumlnnte

Die Katholische Militaumlrseelsorshyge veranstaltet ein Werkstattgeshyspraumlch mit dem Titel Kinder des kalten Kriegs - wo ist unsere Zushykunft Junge SOldaten aus westshy

und osteuropaumlischen Laumlndern taushyschen ihre Erfahrungen als christshylich orientierte Soldaten angeshySichts des Endes der Ost-Westshykonfrontation aus und suchen nach Modellen fOr eine europaumlishysche Friedensordnung

Im Themenkreis 111 Stadt der ofshyfenen Tore fOhrt das Katholische Militaumlrbischofsamt eine TalkshyShow zum Thema Versoumlhnung und Zusammenarbeit an einer geshymeinsamen Friedensordnung durch

Marlene Beyel (aus REPORT Informationen rund um den Katholikentag 292)

Zeter und Mordio Srhreien hilf1 nicht wenn die Kirche in den Medien wieder einmal durch den

Kokoo gezogen wird Unterstuumllzen Sie lieber die gemeinnuumltzige Arbeit des Kolholiltichen Prembundes Wir sorgen dafuumlr da6 die Stimme des Glaubens in

den Medien nicht unlergehl

Ih erbitte noumlhere Informationen

Katholilcher Pre~bund eV AdellOuerallee 134 5300 Bonn 1

auftrag ist das Organ der GEMEINSCHAFT KATHOLISCHER SOLDATEN (GKS) und erscheint vierteljaumlhrlich

Herausgeber GEMEINSCHAFT KATHOLISCHER SOLDATEN (GKS)

Redaktion Klaus Brandt Oberst leutnant verantwortlicher Redakteur Helmut Fettwejs Obers t a O Redakteur Wilhelm Lehmkaumlmper Oberstleutnant a D Gesellschaft und Kirche

Brief-Zuschriften Klaus Brandt Redakteur Post fach3003035060 Berg Gladbach 1

Uumlberweisungen auf Konto Nr 2532786 BLZ 38040007 Commerzbank Bonn Zweigs telle Adenauerallee oder 165035-506 Pos tscheckamt Kouml ln - Generalshyvikariat des Katholischen Mi litaumlrbi schofs - Vermerk Spendenkonto der GKS

Nachdruck auch austugsweise nur mit Quellenangabe und mit Genehmigung der Redaktion

Druck Koumll len Druck amp Verlag GmbH SChoumlntalweg 5 5305 BonnmiddotOedekoven

Nachbestell~ngen gegen eine Schutzgebuumlhr on 5- DM an den ausliefernden Verlag

  • AUFTRAG-201-apr-1992 Titelblatt
  • INHALTSVERZEICHNIS
  • BESINNLICHES
    • Die Glaumlubigen vereint im Aufbau des Friedens - Botschaft von Papst Johannes Paul ll zur Feier des 25 Weltfriedenstages 1992
      • Sittliche und religioumlse Natur des Friedens
      • Den Geist von Assisi wiederbeleben
      • Die Kraft des Gebets
      • Oumlkumenischer Dialog und inter-religioumlse Beziehungen
      • Der Weg der zuruumlckgelegt werden muss
      • Gemeinsam den Frieden in Gerechtigkeit bauen
      • Notwendige Unterstuumltzung von seiten der Verantwortlichen der Nationen
      • Ein besonderes Wort fuumlr die Christen
        • Gottes Wort als Kraftquelle - Erzbischof Dyba ruft zu lebendigem Umgang mit der Bibel auf
        • Das geistliche Wort (Walter Theis)
        • Bibel-Weg im April (Elisabeth Enssle)
        • Die Wuumlrde des Menschenist unantastbar (Art 1 GG) - Initiative fuumlr ein friedliches Zusammenleben mit allen Fremden
          • Koumlnnen Sie sich vorstellen
          • Was halten Sie davon
          • Was halten Sie jetzt davon
          • Und die Wirklichkeit
          • Was muumlssen wir tun
            • Sein Wort - Gottes Wort Unsere Worte - Menschenworte (Helmut Fettweis)
              • Situation vor dem Konzil
              • Nach dem Konzil
              • Was nun
                • Heilige Messe Zauberei oder Humbug - Beobachtungen bei einer Amtseinfuumlhrung in Ostdeutschland (Heribert Lehmberger)
                • Stand der Beratungen zum Schutzdes ungeborenen Kindes (DBK)
                • Woche fuumlr das Leben 1992 (DBK)
                • Kirchentraumlume junger Menschen
                • Der Christ zwischen Angst und Vertrauen (Johannes Cofalka)
                  • 1 Vorbemerkung
                  • 2 Was ist Angst
                  • 3 Tiefen der Angst
                  • 4 Angst im Alten und NeuenTestament
                  • 5 Die Angst des Soldaten
                  • 6 Das Kind in der Angst
                  • 7 Der Christ in der Katastrophe
                  • 8 Schluszliggedanken
                  • Arbeits und OrientierungshIlfen
                    • Gottes ungeduldige Toumlchter - Abschied vom Patriarchat (MidK)
                      • Es war einmal Die junge Kirche war frauenfreundlich
                      • Die Unterdruumlckung der Frauen hat eine lange traurige Geschichte
                      • Die Geduld der Frauen geht zu Ende
                      • Die Zeit schoumlner Worte ist vorbei
                        • Uumlber Bildung und Religion - Einem Suchenden (Hans Bahrs)
                          • EUROPA
                            • Europa hat Geschichte
                              • Europa - sagenhaft
                              • Europaumlische Geschichte in acht Minuten
                              • Die europaumlischen Groszligmaumlchte
                              • Der Beginn der Nationalstaaten
                              • Das Ende europaumlischerVormachtstellung
                              • Deutschland das geographische Zentrum Europas
                                • Europa - Zu seinen geistigen und ethischen Grundlagen (Hans Buchheim)
                                  • Politische Einigung und christliches Erbe Europas
                                  • Die neuzeitliche Idee der Freiheit ist christlichen Ursprungs
                                  • Der sittliche Sinn der weltanschaulichen Neutralitaumlt des Staates
                                  • Die Bedeutung der Aufklaumlrung
                                  • Gerechtigkeit
                                  • Solidaritaumlt
                                  • Subsidiaritaumlt
                                  • Politische Freiheit setzt Offenheit zur Transzendenz voraus
                                  • Menschenwuumlrde
                                  • Die europaumlische politische Zivilisationist Gemeingut aller europaumlischenVoumllker
                                  • Der Beitrag der Christen zur Einigung Europas
                                  • Anmerkungen
                                  • Zur Person des Verfassers
                                    • Ergebnisse und Schlussfolgerungen des Europa-Studientages bei der Herbstvollversammlung der DBK 1991
                                    • Die Volksgruppen in einem vereinten Europa (ZdK)
                                      • Vorbemerkung
                                      • I Einleitung
                                      • II Bestandsaufnahme
                                      • III Die Rolle der Kirche
                                      • IV Unsere Aufgaben
                                        • 1 Information und Kommunikation
                                        • 2 Grenzuumlberschreitende Zusammenarbeit und Regionalismus
                                        • V Auf dem Weg zum vereinten Europa
                                          • Anhang
                                            • Festung Europa Die Vollendung des Binnenmarktes in der EG bringt den 240 Millionen Europaumlern bare Vorteile Doch der wirtschaftliche Profit geht - wiedereinmal - auf Kosten der Armen in der Dritten Welt (Hans Joachim Hofmann)
                                              • Abschottung gegen Waren von auszligen
                                              • Verschuldung als Schlinge um den Hals
                                              • Lukrative Geschaumlfte mit Osteuropa
                                                • Migrationin Europa - vom Auswanderungs- zum Einwanderungskontinent (Peter Koumlppinger)
                                                  • Migrationspolitik von der nationalen zur europaumlischen Ebene
                                                  • Natuumlrliche und kuumlnstliche Grenzen
                                                  • Die Herausforderungen
                                                  • Kulturelle Vielfalt bewahren
                                                  • Fluchtursachen bekaumlmpfen
                                                  • Hilfe bei Katastrophen
                                                  • Aufnahme fuumlr alle die Schutz brauchen
                                                  • Zusammenleben mit Menschen aus verschiedenen Kulturen
                                                  • Irrwege der Auslaumlnderpolitik
                                                  • Kulturelle Erneuerung
                                                    • Zur Festigung des Friedens beitragen
                                                    • Pax europaea (Johannes Dyba)
                                                    • Neuevangelisierung Europas - Gemeinsam schaffen wirs (MidK)
                                                      • Die wichtigsten Erfahrungen
                                                      • Was die Kirche des Westens in das neue Europa einzubringen hat
                                                        • Offenheit Verstaumltndnis Dialog und Kooperation - Familienpolitische Thesen fuumlr Europa
                                                          • Wir tun uns schwer mit der Definition von Familie
                                                          • Das Konzept Familie muss inhaltlich aufgefuumlllt werden
                                                          • Von der impliziten zur expliziten Familienpolitik
                                                          • Organisatorische Prinzipien der Familienpolitik
                                                          • Familien brauchen Freiheit und Frieden
                                                          • Familienpolitik darf nicht zur Sozialpolitik verkuumlrzt werden
                                                          • Keine europaumlische Familienpolitik ohne die Familien
                                                          • Der spezifisch christliche Beitrag
                                                              • KIRCHE UND STAAT
                                                                • Zur Lage der kath Militaumlrseelsorge (DBK)
                                                                • Unabhaumlngigkeit ist garantiert - Keine Aumlnderung des Seelsorgevertrages (Heribert Lemberger)
                                                                • Immer ein offenes Ohr fuumlr die Menschen - Staat und Kirche wuumlrdigen Engagement von Erzbischof Kredel (NIMM)
                                                                • Vom schwierigen Umgang mit der Vergangenheit - Hat sich die kath Kirche im Griff des SED-Staates befunden - Das Dilemma der Historiker (Ulrich Kluge)
                                                                  • Der Staat brach in die Kirche ein
                                                                  • Konflikte der historischen Forschung
                                                                    • Beitrag der Konferenz der OIC zum Auftrag der Kirche in Europa (Juumlrgen Bringmann)
                                                                      • Im Westen
                                                                      • Im Osten
                                                                      • Die Situation heute und ein Ausblick in die Zukunft
                                                                        • Erklaumlrung von Rom zum Internationalen Jahr der Familie 1994 (Juumlrgen Bringmann)
                                                                          • GESELLSCHAFT NAH UND FERN
                                                                            • Diese Truumlmmer haben Zukunft (Roger Gerhardy OSA)
                                                                              • Ein bluumlhendes Gemeinwesen
                                                                              • Wiederbelebung
                                                                              • Ein Haus voller Leben
                                                                                • Christen in Staaten unter islamischer Vorherrschaft (Wilhelm Lehmkaumlmper)
                                                                                  • Hochachtung fuumlr die Muslime
                                                                                  • Der Islam ist eine militante und aggressive Religion
                                                                                  • Die Christen im Iran
                                                                                  • Die Christen in der Tuumlrkei
                                                                                  • Die Welt des Islam
                                                                                    • Bischof Lehmanngruumlszligt Muslime zum Ende des Ramadan (KNA)
                                                                                    • Die Demokratisierung in der CSFR-Armee (Joachim Georg Goumlrlich)
                                                                                    • Polens Armee Wenn der Saulus zum Paulus wird (Joachim Georg Goumlrlich)
                                                                                    • Sicherung des Friedens vordringlich (Marlene Beyel)
                                                                                    • Ein Italiener kontrolliert die Verteilung der Hilfsguumlter - Von den alltaumlglichen Schwierigkeiten der Caritas bei ihrer humanitaumlren Arbeit in Moskau (Anja Iven)
                                                                                    • Der wahre Wert des Geldes - Symbolik in stabiler Waumlhrung am Beispiel der Deutschen Mark (Wollgang Altendorf)
                                                                                      • Eklatantes Unwissen
                                                                                      • Umfassender als Philosophie
                                                                                      • Gespiegelte Wertlosigkeit
                                                                                      • Geld und Ware
                                                                                      • Treibende Kraft Wille des Neubeginns
                                                                                      • Kulturell wissenschaftliche und soziale Wertausweisung
                                                                                      • Ebenso durch Ketten wie durch instabile Waumlhrung
                                                                                        • Seniorenbeauftragter (Willy Trost)
                                                                                        • Ein alter Traum wird Wirklichkeit (Arthur Schopf)
                                                                                          • AUS GKS UND PGR
                                                                                            • Handreichung zum Jahresthema der GKS 1992 (Paul Brochhagen)
                                                                                              • Vorwort
                                                                                              • Europa bauen in der einen Welt Wir bauen mit (Rudolf Grulich)
                                                                                                • Einleitung
                                                                                                • 1 Ist Europa ein Missionsland
                                                                                                  • Entwicklung nach dem11 Weltkrieg
                                                                                                  • Chancen durch den politischen Umbruch im Osten Europas
                                                                                                      • 2 Was steckt hinter dem Begriff des christlichen Abendlandes - oder Wie christlich ist Europa
                                                                                                        • Die Missionierung Osteuropas
                                                                                                        • Geburtsstunde Europas
                                                                                                        • Gemeinsamer Urgrund
                                                                                                        • Entchristlichung und Saumlkularisierung
                                                                                                        • Vormarsch nichtchristlicher Religion
                                                                                                          • 3 Welche Rolle spielt die kath Kirche Deutschlands in diesem Europa
                                                                                                          • 4 Welches Europa wollen wir bauen
                                                                                                            • Europa der Menschen
                                                                                                            • Europa der Voumllker
                                                                                                              • 5 Welche Aufgaben liegen vor uns
                                                                                                                • Wie koumlnnen wir mitbauen
                                                                                                                  • a Gebet
                                                                                                                  • b Informationen
                                                                                                                  • c Hilfe
                                                                                                                    • Die Zukunft liegt in der Zusammenarbeit
                                                                                                                      • Anhang
                                                                                                                        • Weiterfuumlhrende Literatur
                                                                                                                          • a) Kirchliche Dokumente
                                                                                                                          • b) Ausgewaumlhlte Literatur
                                                                                                                            • Wehrbereich II Verabschiedung Wehrbereichsdekan Dr Eduard Quiter (NIMM)
                                                                                                                            • Ehrung fuumlr Oberst aD Fettweis (Kompass)
                                                                                                                            • Bonn Festakademie Weltfriedenstag am 9 Januar1992
                                                                                                                              • Begruumlszligungsansprache (Paul E Vosseler)
                                                                                                                              • Festvortrag von Erzbischof Dr Lajos Kada Apostolischer Nuntius in Deutschland
                                                                                                                                • 1 Der Friede Gottes der alle Vernunftuumlbersteigt (Phil 24) ist Fundament christlicher Friedensbemuumlhungen
                                                                                                                                • 2 Alle Menschen sind verpflichtet den Frieden zu erstreben
                                                                                                                                • 3 Gemeinsam den Frieden in Gerechtigkeit bauen
                                                                                                                                    • Munster Weltfriedenstag 1992 (Emil Kladiwa)
                                                                                                                                    • Tagung der Generalversammlung der Organisation International Catholic OIC in Rom vom 07-14121991 (Guumlnter Thye)
                                                                                                                                    • GKS - Bereich See
                                                                                                                                      • Wochenende der Begegnung (Guumlnter Thye)
                                                                                                                                      • Bericht uumlber ein Wochenende der Begegnungen in Nienhagen (Monika Henig)
                                                                                                                                        • Wallfahrt nach Santiagode Compostela (Walter Huumltten)
                                                                                                                                        • Weihe eines Bischofkoadjutors fuumlr den Militaumlrbischof von Oumlsterrreich (Michael Haubl)
                                                                                                                                        • Katholisches Militaumlrbischofsamt beim Katholikentag vertreten (Marlene Beyel)
                                                                                                                                          • IMPRESSUM
Page 3: Auftrag April 1992 Heft 201...Auftrag 201 3 BESINNLICHES Die Gläubigen vereint im Aufbau des Friedens Botschaft von Papst Johannes Pauill. zur Feier des 25. Weltfriedenstages am 1.

3 Auftrag 201

BESINNLICHES

Die Glaumlubigen vereint im Aufbau des Friedens Botschaft von Papst Johannes Pauill zur Feier des 25 Weltfriedenstages am 1 Januar 1992

1 Am kommenden 1 Januar wird wie jedes Jahr der Weltfrieshydenstag begangen - zum 25 Mal seit seiner Einrichtung Und so ist es nur natuumlrlich daszlig sich anlaumlszligshylich dieses Jubilaumlums meine Geshydanken mit unveraumlnderter Bewunshyderung und Dankbarkeit der lie~

benswuumlrdigen Gestalt meines vershyehrten Vorgaumlngers Paul VI zuwenshyden der mit einer gluumlcklichen pashystoral-paumldagogischen Eingebung alle wahren Freunde des Frieshydens eingeladen hat sich zusamshymenzuschlieszligen um uumlber dieses wichtigste Gut der Menschheit nachzudenken

Aber ebenso natuumlrlich ist es wenn wir im Abstand eines Viertelshyjahrhunderts die Vergangenheit insgesamt wieder betrachten um eSIuseen ob das Po-negen des Fredens in der Welt tatsaumlchlich Fortschritte gemacht h~t oder nicht und ob die schmerzlichen Ershyeignisse der letzten Monate ~ von denen manche leider noch Im~er andauern - im Grunde den Ruckshy

zug dieses Anliegens angezeigt haben indem sie deutlich machshyten wie real die Gefahr ist daszlig sich die menschliche Vernunft von zerstoumlrerischen Egoismen oder eingefleischtem Haszlig beherrschen lasse Gleichzeitig hat die Tatsashyche daszlig sich neue Demokratien schrittweise durchzusetzten vershymochten ganzen Voumllkern wieder Hoffnung gegeben das Vertrauen in einen fruchtbaren internationashylen Dialog neu geweckt und die Aussichten auf eine ersehnte Ausshysoumlhnung und Befriedung eroumlffnet

In solcher Verflechtung von Licht und Schatten will diese Jahshyresbotschaft weder eine Bilanz noch ein Urteil sondern nur eine neuerliche bruumlderliche Auffordeshyrung sein uumlber das gegenwaumlrtige Geschehen der Menschheit nachshyzudenken um es in eine houmlhere sittlich-religioumlse Schau zu erheshyben an welcher sich zuallererst die Glaumlubigen inspirieren sollen Auf Grund ihres Glaubens sind sie ja - als einzelne und alle zusamshymen - dazu berufen Boten und Baumeister des Friedens zu sein wie die anderen und mehr als die anderen sind sie dazu aufgerufen mit Oemut und Ausdauer nach entshysprechenden Antworten zu suchen auf die Erwartungen von Sichershyheit und Freiheit soi~atitaumlt und gerechter Verteilung die 10 dieser gleichsam kleiner werdenden W~lt die Menschen vereinigen GeWIszlig

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der Einsatz fOr den Frieden betrifft jeden Menschen guten Willens und das ist der Grund warum die verschiedenen Botschaften jeshyweils an alle Mitglieder der Menschheitsfamilie gerichtet wurshyden Doch dringend auferlegt ist die Verpflichtung allen die sich zum Glauben an Gott bekennen und noch mehr den Christen die zu ihrem Fuumlhrer und Meister den Friedensfuumlrsten haben (Jes 95)

Sittliche und religioumlse Natur des Friedens

2 Das Streben nach Frieden ist der menschlichen Natur angeboshyren und findet sich in den verschieshydenen Religionen Es kommt zum Ausdruck in dem Wunsch nach Ordnung und Ruhe in der Haltung der Verfuumlgbarkeit gegenuumlber dem anderen in der auf gegenseitiger Achtung beruhenden Zusammenshyarbeit und Teilnahme Diese vom Naturgesetz empfohlenen und von den Religionen in Erinnerung gerushyfenen Worte erfordern zu ihrer Entshyfaltung die solidarische Mitwirshykung aller der Politiker der Leiter internationaler Organisationen der Unternehmer und der Arbeiter der Vereinigungen und Gruppen und der privaten Barger Es hanshydelt sich um eine ganz klare Pflicht fuumlr alle die sie um so mehr vershypflichtet wenn sie glaumlubig sind Denn den Frieden zu bezeugen tur ihn taumltig zu sein und zu beten ist einem kohaumlrenten religioumlsen Vershyhalten eigen

Auftrag 201

Das erklaumlrt warum auch in den heiligen Buumlchern der verschiedeshynen Religionen der Bezug zum Frieden im Rahmen des Lebens des Menschen und seiner Bezieshyhung zu Gott einen wichtigen Platz einnimmt So zum Beispiel wenn fuumlr uns Christen Jesus Christus Sohn dessen der Plaumlne des Heils - d h des Friedens - und nicht des Unheils hat (Jer 29 11) unser Friede ist (Eph 2 14) fuumlr unsere jOdischen Bruumlder das Wort shalom Gluumlckwunsch und Segen in einem Zustand der Harmonie des Menschen mit sich selbst mit der Natur und mit Gott zum Ausshydruck bringt waumlhrend fOr die musshylimischen Glaumlubigen der Begriff salam so bedeutsam ist daszlig er einen der leuchtenden goumlttlichen Namen darstellt Man kann sagen religioumlses Leben muszlig wenn es authentisch gelebt wird Fruumlchte des Friedens und der Bruumlderlichshykeit hervorbringen denn es gehoumlrt zum Wesen der Religion eine imshymer engere Bindung zur Gottheit zu foumlrdern und eine immer solidarishyschere Beziehung der Menschen untereinander zu unterstuumltzen

Den Geist von Assisi wiederbeleben

3 Von dieser Uumlbereinstimmung hinsichtlich dieses Wertes Obershyzeugt habe ich mich vor fuumlnf Jahshyren an die Verantwortlichen der christlichen Kirchen und der groshyszligen Weltreligionen gewandt und sie zu einem besonderen Gebetsshy

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treffen tor den Frieden eingeladen das in Assisi abgehalten wurde Die Erinnerung an jenes bedeutenshyde Ereignis hat mir nahegelegt die Aufmerksamkeit auf das Thema der Solidaritaumlt der Glaumlubigen fOr eben dieses Anliegen zu lenken

In Assisi kamen aus den vershyschiedenen Kontinenten die geistshylichen Fuumlhrer der wichtigsten Relishygionen zusammen Das war ein konkretes Zeugnis fOr die univershysale Dimension des Friedens die Bestaumltigung daszlig der Friede nicht bloszlig das Ergebnis geschickter poshylitisch-diplomatischer Verhandlunshygen oder eigennuumltziger wirtschaftshylicher Kompromisse ist sondern wesentlich von dem abhaumlngt der das Herz der Menschen kennt und ihre Schritte ausrichtet und lenkt Als Menschen die um das Schickshysal der Menschheit besorgt sind haben wir gemeinsam in der Abshysicht gefastet auf diese Weise unshyser Verstaumlndnis und unsere Solishydaritaumlt mit den Millionen und Abershymillionen von Menschen zum Ausshydruck zu bringen die in der ganzen Welt Opfer des Hungers sind Als Glaumlubige denen die Geschehnisshyse der menschlichen Geschichte am Herzen liegen sind wir gemeinshysam zu Pilgern geworden indem wir schweigend uumlber unseren geshymeinsamen Ursprung und uumlber unshyser gemeinsames Schicksal Ober unsere Grenzen und Verantwortshylichkeiten uumlber die Hilferufe und Erwartungen so vieler Bruumlder und Schwestern nachdachten die unshysere Hilfe in ihrer Not erwarten

Was wir damals getan haben inshydem wir beteten und unser starkes Engagement fuumlr den Frieden auf Erden unter Beweis stellten muumlsshysen wir weiter und immer noch tun Wir muumlssen den unverfaumllschten Geist von Assisi nicht nur aus eishyner Verpflichtung zu Konsequenz und Treue aufrechterhalten sonshydern auch um den kuumlnftigen Geshynerationen einen Grund zur Hoffshynung zu bieten In der Stadt des hl Franziskus haben wir einen geshymeinsamen Weg begonnen der weitergegangen werden muszlig ohne natuumlrlich die Suche nach anshyderen Wegen und neuen Mitteln fOr einen soliden auf geistlichen Fundamenten aufgebauten Frieshyden auszuschlieszligen

Die Kraft des Gebets 4 Bevor ich mich jedoch an die

menschlichen Faumlhigkeiten wende moumlchte ich wieder die Notwendigshykeit eines eindringlichen und deshymuumltigen vertrauensvollen und ausdauernden Gebetes beteuern wenn wir wollen daszlig die Welt endlich zu einem Haus des Frieshydens werde das Gebet ist im wahrshysten Sinne des Wortes die Kraft um das zu erflehen und zu erreishychen Das Gebet floumlszligt Mut ein und gibt Halt jedem der dieses Gut liebt und nach eigenen Moumlglichshykeiten und in den verschiedenen Umgebungen in denen er jeweils lebt foumlrdern will Waumlhrend uns das Gebet die Begegnung mit Gott eroumlffnet bereitet es uns auch auf

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die Begegnung mit dem Naumlchsten vor da es uns hilft zu allen ohne jede Diskriminierung Beziehungen herzustellen die von Achtung Vershystaumlndnis Wertschaumltzung und lieshybe bestimmt sind

Das religioumlse Empfinden und der Geist der Gebetes lassen uns nicht nur in unserer Innerlichkeit wachsen sondern erleuchten uns auch hinsichtlich der wahren Beshydeutung unseres Daseins in der Welt Ja man kann auch sagen die religioumlse Dimension spornt uns an mit groumlszligtem Eifer unseren Beishytrag zum Aufbau einer geordneten Gesellschaft in der Frieden herrscht zu leisten

Das Gebet ist das Band das uns am wirksamsten verbindet weil sich dank ihm die Glaumlubigen dort begegnen wo Ungleichheiten Unshyverstaumlndnis Groll und Feindseligshykeiten uumlberwunden werden naumlmshylich vor Gott dem Herrn und Vater aller Insofern es wahrer Ausdruck der richtigen Beziehung zu Gott und zu den anderen Menschen ist ist es bereits ein positiver Beitrag zum Frieden

Oumlkumenischer Dialog und inter-religioumlse Beziehungen

5 Das Gebet darf nicht das Einshyzige bleiben und muszlig unbedingt mit anderen konkreten Handlunshygen einhergehen Jede Religion hat ihre Anschauung bezuumlglich der Taten die zu vollbringen und der Wege die zu durchlaufen sind um den Frieden zu erreichen Waumlhrend

Auftrag 201

die katholische Kirche mit aller Klarheit ihre Identitaumlt ihre Lehre und ihre Heilssendung fuumlr alle Menschen geltend macht lehnt sie nichts von alledem ab was in den anderen Religionen wahr und heilig ist Mit aufrichtigem Ernst betrachtet sie jene Handlungsshyund Lebensweisen jene Vorschrifshyten und Lehren die zwar in manshychem von dem abweichen was sie selber fuumlr wahr haumllt und lehrt doch nicht selten einen Strahl jener Wahrheit erkennen lassen die alle Menschen erleuchtet (Erklaumlrung uumlber das Verhaumlltnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen Nostra aetate 2)

Ohne die Unterschiede absichtshylich zu uumlbersehen und zu verrinshygern ist die Kirche uumlberzeugt daszlig es in bezug auf die Friedensfoumlrdeshyrung manche Elemente oder Aspekte gibt die gemeinsam mit den Anhaumlngern anderer Religioshynen und Bekenntnisse nutzbrinshygend entwickelt und verwirklicht werden koumlnnen Das streben die inter-religioumlsen Kontakte und ganz besonders der oumlkumenische Diashylog an Dank diesen Formen der GegenObersteilung und des Ausshytausches konnten sich die Religioshynen ihrer gewiszlig nicht leichten Vershyantwortung hinsichtlich des wahshyren Wohles der ganzen Menschshyheit klarer bewuszligt werden Heute scheinen sie fester entschlossen sich nicht von parteilichen Interesshysen oder politischen Zielen instrushymentalisieren zu lassen und sind darauf bedacht eine bewuszligtere

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und ausgepraumlgtere Haltung einzushynehmen und die sozialen und kulshyturellen Wirklichkeiten in der Voumllshykergemeinschaft mit Leben zu ershyfOlien Das gestattet ihnen als akshytive Kraft im Entwicklungsprozeszlig mitzuwirken und somit der Menschheit eine sichere Hoffnung zu bieten Es ist bei nicht wenigen Gelegenheiten offenkundig geworshyden daszlig sich ihr Einsatz als wirshykungsvoller erwiesen haumltte wenn er gemeinsam und aufeinander abshygestimmt durchgefOhrt worden waumlre Ein solches Vorgehen der Glaumlubigen kann entscheidend sein fOr die Befriedung der Voumllker und die Uumlberwindung der immer noch bestehenden Spaltungen zwishyschen Zonen und Welten

Der Weg der zuruumlckgelegt werden muszlig

6 Um dieses Ziel einer aktiven Zusammenarbeit fOr die Sache des Friedens zu erreichen ist noch ein weiter Weg zuruumlckzulegen Es ist der Weg des gegenseitigen Kenshynenlernens das in unserer Zeit von der Entwicklung der sozialen Komshymunikationsmittel begOnstigt und durch die Anbahnung eines aufshyrichtigen und erweiterten Dialoges erleichtert wird es ist der Weg des hochherzigen Verzeihens der bruumlshyderlichen Versoumlhnung der Zusamshymenarbeit auch in begrenzten oder Sekundaumlrbereichen die aber imshymer dasselbe Anliegen betreffen es ist schlieszliglich der Weg des taumlgshylichen Zusammenlebens wo man

Anstrengungen und Opfer miteinshyander teilt um dasselbe Ziel zu ershyreichen Auf diesem Weg ist es wahrscheinlich noch vor ihren Fuumlhrern Sache der einzelnen Glaumlushybigen das heiszligt derjenigen die sich zu einer Religion bekennen die Muumlhe auf sich zu nehmen und gleichzeitig die Genllgtuung zu hashyben gemeinsam den Frieden aufshyzubauen

Die inter-religioumlsen Kontakte scheinen neben dem oumlkumenishyschen Dialog nunmehr die vorgeshyschriebenen Wege zu sein damit so viele schmerzliche Verletzunshygen die im Laufe der Jahrhunderte geschehen sind nicht mehr vorshykommen und die noch vorhandeshynen schnell geheilt werden Wer glaubt muszlig Baumeister des Frieshydens vor allem durch das persoumlnlishyche Vorbild seiner rechten inneren Haltung sein die in konsequenten Handlungen und Verhaltensweishysen auch nach auszligen projiziert wird Gelassenheit Ausgeglichenshyheit Uumlberwindung der Triebe Ershytollung von Haltungen wie Versteshyhen Verzeihen hochherzige Hinshygabe Oben einen frieden stiftenshyden Einfluszlig unter den Menschen der eigenen Umgebung und der eishygenen religioumlsen und zivilen Geshymeinschaft aus

Deshalb fordere ich am komshymenden Weltfriedenstag alle Glaumlushybigen auf eine ernsthafte Gewisshysensprotung vorzunehmen um besser darauf vorbereitet zu sein die Stimme des Gottes des Frieshydens (vgl 1 Kor 14 33) zu houmlren

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und sich mit erneutem Vertrauen dem groszligen Vorhaben zu widmen Denn ich bin uumlberzeugt daszlig sie shyund ich hoffe auch die Menschen guten Willens - diesen meinen neuerlichen Appell aufnehmen werden dessen Eindringlichkeit auf die Dringlichkeit des Augenshyblicks abgestimmt ist

Gemeinsam den Frieden in Gerechtigkeit bauen

7 Das Gebet und der einhellige Einsatz der Glaumlubigen fuumlr den Frieshyden mOssen sich mit den Probleshymen und berechtigten Bestrebunshygen der Menschen und der Voumllker ausei nandersetzen

Der Friede ist ein grundlegenshydes Gut das mit der Achtung und der Foumlrderung der wesentlichen Werte des Menschen verbunden ist mit dem Recht auf das Leben in allen Phasen seiner Entwickshylung mit dem Recht auf Anerkenshynung unabhaumlngig von Rasse Geshyschlecht und religioumlser Uumlberzeushygung mit dem Recht auf die fOr das Leben notwendigen materielshylen Guumlter mit dem Recht auf Arshybeit und die gerechte Verteilung ihrer Fruumlchte fuumlr ein geordnetes und solidarisches Zusammenleshyben Als Menschen als Glaumlubige und mehr noch als Christen muumlsshysen wir uns verpflichtet fuumlhlen diese Werte der Gerechtigkeit zu leben die in dem obersten Gebot der Liebe ihre Kroumlnung finden Liebe deinen Naumlchsten wie dich selbst (Mt 2239 Mk 12 31 Lk 10 27)

Noch einmal erinnere ich daran daszlig die strenge Beachtung der Reshyligionsfreiheit und des entspreshychenden Rechts Grundsatz und Fundament des friedlichen Zushysammenlebens ist Es ist mein Wunsch daszlig die Religionsfreiheit nicht nur eine anerkannte Vershypflichtung sein sondern von den politischen und religioumlsen Fuumlhshyrern und von den Glaumlubigen selbst wirklich in die Tat umgesetzt wershyden moumlge von ihrer tatsaumlchlichen Anerkennung erhaumllt die transzenshydente Dimension der menschlishychen Person Gewicht

Es waumlre eine Verirrung wuumlrden sich die Religionen oder Gruppen ihrer Anhaumlnger bei der Auslegung oder Praktizierung des jeweiligen Glaubensgutes zu Formen von Fundamentalismus oder Fanatisshymus hinreiszligen lassen und die Kaumlmpfe und Konflikte mit den anshyderen durch religioumlse Motivierunshygen rechtfertigen Wenn es einen Kampf gibt der des Menschen wuumlrdig ist dann der gegen die eishygenen unmaumlszligigen Leidenschaften gegen jede Art von Egoismus geshygen die Versuche von Veruntreushyung auf Kosten des anderen geshygen jede Art von Haszlig und Gewalt mit einem Wort gegen all das was also das genaue Gegenteil von Frieden und Versoumlhnung ist

Notwendige Unterstuumltzung von seiten der Verantwortmiddot lichen der Nationen

8 Endlich fordere ich die Vershyantwortlichen der Nationen und

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der internationalen Gemeinschaft auf stets groumlszligte Achtung tor das religioumlse Gewissen jedes Menshyschen und fuumlr den qualifizierten Beitrag der Religion zum Fortshyschritt der Zivilisation und zur Entshywicklung der Voumllker zu beweisen Sie sollen nicht der Versuchung nachgeben sich der Religionen zu bedienen indem sie sie besonders dann als Mittel ihrer Macht benutshyzen wenn es darum geht sich dem Gegner militaumlrisch zu widersetzen

Die zivilen und politischen Autoshyritaumlten selber sollen den Religioshynen Achtung und rechtliche Gashyrantien - auf nationaler und intershynationaler Ebene - gewaumlhrleisten und dadurch vermeiden daszlig der Beitrag der Religionen zum Aufshybau des Friedens an den Rand geshydraumlngt in die Privatsphaumlre vershybannt oder uumlberhaupt ignoriert wird

Nochmals fordere ich die oumlffentshylichen Autoritaumlten jeden Ranges auf sich mit wachsamem Vershyantwortungsbewuszligtsein darum zu bemuumlhen Kriegen und Konflikten zuvorzukommen das Recht und die Gerechtigkeit triumphieren zu lassen und gleichzeitig eine Entshywicklung zu foumlrdern die allen und an erster Stelle denen zum Besten gereicht die von den Ketten des Elends des Hungers und des Leishydens gefesselt sind Die in der Abshyruumlstung bereits erzielten Fortshyschritte verdienen Anerkennung die Wirtschafts- und Finanzmittel die bisher fuumlr die Herstellung und den Handel so vieler Todeswerkshy

zeuge aufgewandt wurden sollen jetzt fuumlr und nicht mehr gegen den Menschen verwendet werden koumlnshynen Ich bin sicher daszlig sich Millioshynen von Maumlnnern und Frauen aus der ganzen Welt die nicht die Moumlglichkeit haben ihre Stimme houmlren zu lassen diesem positiven Urteil anschlieszligen

Ein besonderes Wort fuumlr die Christen

9 An dieser Stelle kann ich es nicht unterlassen eine besondere Aufforderung an alle Christen zu richten Der gemeinsame Glaube an den Herrn Christus verpflichtet uns einhellig Zeugnis zu geben vom Evangelium vom Frieden (Eph 6 15) Es ist an erster Stelle unsere Sache uns den anderen Glaumlubigen zu oumlffnen um gemeinshysam mit ihnen mutig und mit Ausshydauer das groszligartige Werk des Aufbaus jenes Friedens in Angriff zu nehmen nach dem sich die Welt sehnt den sie sich aber nicht endguumlltig zu geben vermag Frieshyden hinterlasse ich euch meinen Frieden gebe ich euch hat Jesus zu uns gesagt (Joh 14 27) Diese goumlttliche Verheiszligung erfuumlllt uns mit Hoffnung ja mit der Gewiszligheit goumlttlicher Hoffnung daszlig der Frieshyde moumlglich ist denn bei Gott ist nichts unmoumlglich (vgl Lk 1 37) Der wahre Friede ist in der Tat imshymer ein Geschenk Gottes fOr uns Christen ist er ein wertvolles Geshyschenk des auferstandenen Herrn (vgl Joh 20 19 26)

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Auf die groszligen Herausforderunshygen der heutigen Welt liebe Schwestern und Bruumlder der kathoshylischen Kirche muumlssen wir dashydurch antworten daszlig wir unsere Kraumlfte milt denen aller jener vereishynen die einige Grundwerte angeshyfangen von den religioumlsen und sittshylichen mit uns teilen Und von dieshysen Herausforderungen muszlig jene des Friedens noch angegangen werden Ihn gemeinsam mit den anderen Glaumlubigen aufzubauen bedeutet jene evangelische Seligshypreisung bereits im Geiste zu leshyben die den anderen gewiszlig nicht als letzte an die Seite gestellt ist Selig die Frieden stiften denn sie werden Soumlhne Gottes genannt werden (Mt 59)

Aus dem Vatikan am 8 Dezember 1991 Johannes Paulus 11

Gottes Wort als Kraftquelle Erzbischof Dyba ruft in seinem Fastenhirtenbrief zu lebendigem Umgang mit der Bibel auf

Zur Neuentdeckung der Bibel und einem lebendigen und frohen Umgang mit dem Wort Gottes als Kraftquelle fOr den Alltag hat Erzshybischof Johannes Dyba in seinem Fastenhirtenbrilef 1992 aufgerushyfen der am ersten Fastensonntag

Auftrag 201

8 Maumlrz in allen Gottesdiensten verlesen wurde

Laut Erzbischof Dyba liege dem Jahr mit der Bibel die Erkenntnis zugrunde daszlig wir in einer Zeit des Umbruchs der weitgehenden Verwirrung und der Suche nach neuer Orientierung die Quelle wieshyder finden muumlssen aus der uns als Christen die Einsicht und die Kraft zu einem Leben in Frieden und Freude zustroumlmen kann Diese gemeinsame Quelle aber sei das Wort Gottes wie es in den heiligen Schriften in der Bibel geschenkt sei

Gerade in einer Zeit wahrer Wortuumlberflutung und Wortinflation gelte es festen Boden unter den FOszligen zu behalten und sich beshywuszligt zu machen daszlig die ganze Wahrheit und Wirklichkeit nur im Wort Gottes zu finden sei betont der Oberhirte Die Annahme des Gotteswortes sei entscheidend fuumlr das menschliche Leben und ein wirkliches Heil-Mittel Dieses gelte es auch auszligerhalb der Gottesdienshyste viel oumlfter anzuwenden und in den Alltag hineinstrahlen zu lasshysen um in ganz neuem Sinne Heishymat und Geborgenheit zu erfahren und frei zu werden aus vielfachen Zwaumlngen und Abhaumlngigkeiten von Leib und Seele

Es gelte den Schatz zu finden der den Menschen im Wort Gottes geschenkt sei schlieszligt der Erzbishyschof Wirkliche Christen sollten nicht zu denen gehoumlren die am Ende ihres Lebens zwar auf 6000 durchblaumltterte Zeitschriften und

11 Auftrag 201

60000 Stunden Fernsehflimmern zuruumlckschauen koumlnnten deren Bishybel aber die Erben unberuumlhrt und neuwertig im Buumlcherschrank faumlnshyden Wichtig sei daszlig wir alle uns ehrlich einmal die Frage stellen Wieviel Zeit unseres Lebens widshymen wir vergaumlnglichem Schall und Rauch und wieviel Zeit geben wir dem der fuumlr unser Leben entscheishydend ist und der unser Schicksal im Haumlnden haumllt

(Bischoumlfliche Pressestelle Fulda 2421992)

Das geistliche Wort Als glaumlubige Christen und als

uumlberzeugte Laien der Kirche leben wir in der oumlsterlichen Zeit Wir wolshylen uns und anderen dieses zentrashyle Glaubensgeheimnis unseres Leshybens und unserer Kirche bezeushygen Und dieses heiszligt - Ihr seid mit Christus aufershy

standen -- Ihr seid mit ihm im neuen Leshy

ben -- Ihr seid in Christus -- Ihr seid eine neue Schoumlpshy

fung shyDeshalb spiegeln wir alle mit

enthuumllltem Angesicht die Herrlichshykeit des Herrn wider und so wershyden wir in sein eigenes Bild vershywandelt (vgl 2 Kor 3 18)

Spiegelfunktion der Osterwirkshylichkeit unseres Herrn Jesus Chrishystus und damit der Wirklichkeit alshyler die seinen Namen tragen der

Christen also das ist unsere Aufshygabe Jeder hat dies auf seine Weishyse jeder an seinem Ort und jeder fuumlr den Kreis an den er und fuumlr den den er gestellt ist zu vollziehen

Ein Spiegel zu sein fuumlr diese Glaubensrealitaumlt das heiszligt Kirche zu sein Aber wem faumlllt diese Funkshytion noch ein wenn einer von Kirshyche spricht

Ist uns diese Rolle wenigstens noch bewuszligt Und zwar als erste und als Hauptrolle immer dann wenn wir von und uumlber die Kirche reden

Houmlrt man allerdings in seine Um- und Mitwelt hinein so ist der Eindruck von Kirche und die Einshyschaumltzung dessen was man von Kirche zu halten hat auch ja gerashyde bei denen die ihr angehoumlren nicht selten ganz anders

Was in dieser Beziehung widershygespiegelt wird ist alles andere als die Herrlichkeit des Herrn der diese Menschen in sein Bild vershywandeln will Gespiegelt wird freishylich auch aber eher wie in einem Zerrspiegel oder gar wie in einem blinden Spiegel Die Vorstellung von Kirche wird eher mit allen moumlglichen Negativbegriffen assoshyziiert

Da wird geredet von der Schatshytenseite der Kirche vor allem der Amtskirche - sie die Kirche sei autoritaumlr - sie naumlhmen mit ihren Moralvorshy

schriften zu wenig auf modershyne Lebensverhaumlltnisse (was immer das auch besagt) ROckshysicht

12 Auftrag 201

sie grenze die Frauen aus

sie sei zu miszligtrauisch und gebe der freien Diskussion und Entfaltung der einzelnen zu weshynig Raum

sie verharre aumlngstlich in alten Denkgewohnheiten

- sie sei stur und starr auch in ihshyrem FOhrungsverhalten

und und und Sie kennen das Repertoire an

Vorstellungen dieser Art Das Endergebnis ist Kirchenvershy

drossenheit und wenn man ihr gut will houmlchstens noch ein Leiden an dieser Kirche

Ein solches Bild wird heute in den Medien und auch von sogeshynannten Glaumlubigen geboten Die Kirche als moralische Institution mit einem sozialen Touch

Wenn dies das Ergebnis unseshyres Widerspiegelns der Wirklichshykeit Kirche ist dann hilft alle sogeshynannte Kirchenkritik keinen Deut weiter Kirche in der Gesellschaft darzustellen geschweige denn sie attraktiv zu machen weder fuumlr die Gegenwart und ganz sicher nicht fOr die Zukunft Und wenn Kirche nur das waumlre als was sie landlaumlufig verkuumlrzt dargestellt wird dann waumlre sie es auch nicht wert ins 3 Jahrtausend hinuumlbershygerettet zu werden

Wenn schon von einem Menshyschen gilt daszlig nicht die Kraft zaumlhlt die er hat sondern die Kraft die er ausstrahlt weil das sein Geshyheimnis ausmacht so gilt dies vor allem auch fuumlr unsere Kirche

Fuumlr ihre Lebendigkeit ist nicht

zuerst ihre organisatorische Geshystalt oder ihre finanzielle Macht wichtig sondern ihr Lebenskern d h das Leben Christi in ihr Das heiszligt konkret das Leben Christi in all ihren Glaumlubigen

Der lebendig auferstandene Herr und die in seinem Kraftfeld leshybenden Laien und Amtstraumlger die Christglaumlubigen sind gefordert

Um es einfach zu sagen Chrishystus der Auferstandene hat uns hinObergebracht in sein neues goumlttliches Leben Wir dagegen tun so als ob wir es nur auf dieser Welt und mit dieser Welt zu tun haumltten Christus ist nicht in den Tod gegangen sondern durch den Tod hindurchgegangen Dieser Hindurchgang dieser Hinuumlbershygang ist das wovon wir leben Die Kirche nennt es das Pascha-Myshysterium (Christen sollten davon wissen weil sie dadurch und dashyvon leben)

Es ist der zentrale Kultausdruck den wir aber so schwer unterbrinshygen obwohl er so wichtig ist fuumlr die Kirche und fuumlr die die zu ihr geshyhoumlren

Was da im Hindurchgang Chrishysti durch den Tod in seine Aufershystehung vor sich ging ja was da an Christus selbst vor sich ging koumlnshynen wir nur mit einem Wort umshyschreiben Wandlung Es ist die groumlszligte und wirkungsvollste Vershywandlung der Weltgeschichte

Man kann ganz einfach sagen Hier wird der Tod ins Leben geshywandelt Der Tod wurde sozusashygen zum Schmelztigel einer neuen

13 Auftrag 201

Daseinsweise d h einer neuen Art und Weise dazusein UrsprOnglishyches Leben wird in neuartiges Leshyben verwandelt Diese Verwandshylung spielt sich nicht im luftleeren Raum ab sondern sie geht an dem Gottmenschen Jesus Christus vor sich der nun als neuer Mensch das Leben Gottes an sich traumlgt

Damit wird er Haupt der neuen Schoumlfpung Und fuumlr diese Schoumlpshyfung traumlgt er diese Verwandlung immer an sich Wer also nun dieshysem Christus in seinem PaschashyGeheimnis dem Geheimnis des HinObergehens vom Tod ins Leben begegnet der begegnet der Wandshylung Er begegnet dem nie mehr aufhoumlrenden Prozeszlig der Verwandshylung des alten in den neuen Menshyschen Letztlich begegnet er dem Prozeszlig der Verwandlung einer Welt die trotz aller Ruumlckschlaumlge der endguumlltigen Vollendung mit und in Christus entgegengeht Das macht Christsein aus das macht Kirche aus Denn das ist das Geshyheimnis der Kirche selbst VershywandlungsprozeB zu sein und dieshysen Verwandlungsprozeszlig zu vershymitteln

Deshalb feiert Kirche sich selbst und vollzieht sich zugleich selbst wenn sie tut was wir tun Eucharistie Wandlung und Hinshydurchgang zu feiern weil hier Geshygenwart von Tod und Aufersteshyhung Christi geschieht

Wer hat das im Kopf wenn er von Kirche redet Aber nur wer das mitsieht redet richtig von Kirche und kann sich dankbar freuen Und

auch nur so ist einer in der Lage sich in dieser Kirche ganz vom Herrn ergreifen zu lassen um durch diesen Herrn der Kirche neu und verwandelt zu werden Weil und insofern es heute Menschen gibt die dieses Geheimnis der Kirshyche die Quelle ihrer Lebendigkeit nicht aus dem Auge verlieren weil sie auf Christus schauen wird es Kirche geben und nur diese Menshyschen spiegeln mit enthuumllltem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn wider und so werden sie in sein eigenes Bild verwandelt

Es liegt eben an uns welche Art Spiegel wir sein wollen wir braushychen uns als Spiegel nur stets kraumlftig zu reinigen und klar zu halshyten dann erfuumlllen wir diese Aufgashybe die die Welt von uns erwartet Amen

Walter Theis

Bibel-Weg im April Phil 38 -14 (5 April 2 lemiddot sung am 5 Fastensonntag) Wer wird diesen Text des Apostels Paulus aus dem Kontext geloumlst nicht als Aumlrgernis empfinden Da verachtet einer die Welt alle ihre Moumlglichkeiten und Schoumlnheiten um in Christus zu sein Ist das nicht eine Ohrfeige fuumlr Gottes eishygene Schoumlpfung Und wenn man noch weiter liest dann kommt es noch dicker Paulus setzt seine exshyklusive Christus-Beziehung ins Licht und fordert die anderen unshy

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verbluumlmt auf seinem Vorbild zu folgen Nimmt da einer nicht den Mund zu voll auch wenn er noch so heilig ist

Als Mann und Frau als Vater und Mutter aumlrgert uns das wenn wir uns im Alltag abstrampeln dashymit wir in dieser Welt - und nicht erst in der jenseitigen - einigershymaszligen menschenwuumlrdig und froh leben koumlnnen Und da sagt uns eishyner Das ist alles nichts Seinetweshygen um Christus willen soll man alles restlos hinter sich lassen

Wenn wir diese Schriftstelle auf ihren Hintergrund und Zusammenshyhang unbefragt lassen kommen wir auf einen Irrweg Wenn wir in den Text hineinschluumlpfen wollen sollten wir bedenken

Paulus schreibt dies aus einer existentiellen Grenzsituation - in zweifacher Hinsicht Einmal befinshydet er sich in Untersuchungshaft wahrscheinlich in Ephesus zum anderen hat er vor kurzem eine bis ins Mark erschuumltternde ChristusshyBegegnung und Bekehrung durchshygemacht Was hat er nicht alles aufgeben muumlssen um seinem Leshyben in Christus einen neuen Sinn zu geben Insbesondere die Gesetshyzestreue die doch fuumlr einen Pharishysaumler seiner Couleur das Alleinseshyligmachende sein muszligte Nicht daszlig Jesus ein Gegner des Gesetshyzes gewesen waumlre Vielmehr ging es Jesus um die Uumlberwindung des Legalismus jener nerv- und geistshytoumltenden Vorstellung daszlig die Vorshyschrift wichtiger sei als der Mensch in seiner Beduumlrftigkeit

Auftrag 201

und Sehnsucht nach Liebe So wie Jesus ging es auch Paushy

lus um Lebendigkeit des Alltags Leben verbindet er mit dem Erfuumllshylen des Gesetzes Christi das einshyzig und allein in der Liebe besteht Nur der Glaube an die Liebe die in Christus ist macht gerecht nicht Gesetzes-Riten oder DogmenshyTreue Darin besteht sogar der Geshygensatz zwischen Tod und Leben Was ist so gesehen Auferstehung anderes als das neue Leben unter dem Gesetz Christi Wie satt muszligshyte Paulus die Verkrustung einer leblos gewordenen auf Gesetz und Ritus geschrumpften religioumlshysen Praxis gehabt haben um das neue Leben aus der Christus-Ershyfahrung als ein Leben nach dem Tode vom Himmel her zu empfinshyden freilich noch im Entwurf noch nicht voumlllig real

Geht es uns manchmal nicht recht aumlhnlich wie Paulus Wie seeshylen-los fernab von jeder Lebendigshykeit ganz und gar unchristlich empfinden wir manchmal den Umshygang und den Papierkrieg mit Beshyhoumlrden das Abspulen aumluszligerer Forshymen einer Familienfeier oder eines Gottesdienstes Sind nicht auch wir oft genug eingesperrt in den Gefaumlngnissen des Alltags in Winshydeln Waschen Kochen Kaufen im Schreiben Rechnen Diktieren Korrigieren im Einrichten und Ausmisten Wird unser Blick von alledem gefangen Oder oumlffnen wir uns fuumlr das Wesentliche das ja nur fuumlr das Herz fOr die Liebe sichtbar wird Winken wir muumlde

15 Auftrag 201

ab wenn uns etwas aus der Tiefendimension des Lebens ershygreifen will Oder lassen wir uns ergreifen

Fuumlr mich ist der zunaumlchst aumlrgershyliche Text wieder ein wenig zum An-griff geworden zum Angriff geshygen die Muumldigkeit und Resignashytion des Alltags jetzt - im Houmlren und Bedenken des Wortes

Elisabeth Ensse (aus Licht MaumlrzIApri1992)

Die Wuumlrde des Menschen ist unantastbar (Art 1 GG) Initiative fuumlr ein friedliches Zusammenleben mit allen Fremden Koumlnnen Sie sich vorstellen tage- ja wochenlang in einem Bunker zu leben beim explodieren der Granaten auf eine Feuerpause zu warten um Wasser zu holen Ihr Essen auf einem Propangaskoshycher im flackernden Licht einer Kerze zuzubereiten aumlngstliche und weinende Kinder in Ihren Arshymen zu bergen

In Beirut Libanon und heute auch in Kroatien koumlnnen Sie diese Erfahrungen sammeln rastlos umherzuziehen weil eine pluumlndernde und marodierenshyde Soldateska durchs Land zieht

toumltet und Doumlrfer und Felder vershynichtet Oder ein Kind in den Arshymen zu halten das von Hungershyoumldemen gezeichnet stirbt

In Aumlthiopien im Sudan und in Somalia koumlnnen Sie diese Erfahshyrungen machen in einem Land zu leben in dem sie einer nationalen Minderheit anshygehoumlren die unterdruumlckt und vershyfolgt wird In einem Land wo Sie um das Leben Ihrer Soumlhne bangen muumlssen die zur Teilnahme am Buumlrgerkrieg gezwungen werden wo Sie keine beruflichen Chancen keine religioumlse kulturelle soziale und politische Freiheit haben

In Sri Lanka koumlnnen Sie als Tashymile diese Erfahrung machen daszlig Sie vierzig Jahre und mehr als Deutsche auf all das verzichten muszligten was Sie im taumlglichen Leshyben hier bei uns schaumltzen oder auch nur tuumlr selbstverstaumlndlich halten z B Grundnahrungsmittel Medikamente gerechte Behandshylung und weil sie als deutsche Minderheit in staumlndiger Angst vor erneuter Verfolgung und Benachshyteiligung leben muumlssen

Was halten Sie davon Deutsche sind Militaristen Deutsche sind Arbeitstiere und

Perfektionisten Deutsche sind humorlos immer

nur grundsaumltzlich Deutsche koumlnnen nicht feiern Vorurteile die es gab und gibt

Aber es sind Vorurteile Vorurteile kommen aus Unkenntnis nicht zushylaumlssiger Verallgemeinerung fehshy

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lenden sozialen Kontakten aus ideologischer Verbohrtheit oft auch nur aus Gedankenlosigkeit

Was halten Sie jetzt davon Auslaumlnder werden haumlufiger krishy

minell als Deutsche Fluumlchtlinge nehmen uns die Arshy

beitsplaumltze weg Wir werden uumlberfremdet Asylbewerber leben in Wohnunshy

gen die wir dringend benoumltigen Fremde bedrohen unseren

Wohlstand Aussiedler werden bei der Arshy

beitsplatz- und Wohnungsvermittshylung bevorzugt

Auch das sind Vor-urteile Vorshyverurteilungen

Und die Wirklichkeit Auslaumlnder sind nicht haumlufiger

kriminell als Deutsche - im Geshygenteil

Bis zum 1 Juni 1991 durften Fluumlchtlinge 5 Jahre lang nicht arshybeiten und waren deswegen auf Sozialhilfe angewiesen Heute sorshygen die weitaus meisten der 119 Asylbewerber und gedulteten Ausshylaumlnder in Ennigerloh durch regelshymaumlszligige Arbeit fuumlr ihren Lebensunshyterhalt Wir werden nicht Obershyfremdet sondern DeutSChland liegt im Vergleich zu anderen euroshypaumlischen Staaten an 3 Stelle nach der Schweiz und Belgien Dashybei sind auch alle die noch Auslaumlnshyder die seit mehr als 30 Jahren voll integriert sind Sie nehmen uns auch nicht unsere Arbeit weg sondern tragen mit bei zu unserem

Auftrag 201

WOhlstand durch ihre Arbeit Steushyern und Sozialabgaben

Aussiedler sind Deutsche und haben auf dem Arbeitsmarkt keine besseren Chancen als Hiesige Durch unsere niedrige Geburtenrashyte sind wir in Deutschland auf Einshywanderer angewiesen Es gibt heushyte schon wieder Branchen die auf auslaumlndische Arbeitskraumlfte warshyten Asylbewerber leben in Notunshyterkuumlnften in Abriszlighaumlusern und in Wohncontainern

Aussiedler muumlssen lange auf eine angemessene Wohnung warshyten In Ennigerloh wohnen viele schon seit uumlber einem Jahr in Notshyunterkuumlnften z B wohnen am Kirschweg 12 Personen auf 95 Quadratmetern

Dieser Text ist einem Faltblatt des Betreuungskreises fuumlr Ausmiddot siedler und Asylbewerber der Pfarrgemeinde St Ludgerus Ennimiddot gerloh entnommen Mit demmiddot Faltshyblatt startete die Gemeinde eine Initiative und Unterschriftenmiddot sammlung Wir unterstuumltzen die Aktion Fluumlchtlinge und Aussiedler bei uns Gleichsam als Selbstvermiddot pflichtung heiszligt es in dem Aufruf

Was muumlssen wir tun Uns informieren uumlber die Beshy

weggruumlnde die Menschen veranshylassen aus ihrer Heimat zu fluumlchmiddot ten und auszuwandern

Uns informieren uumlber die tatshysaumlchlichen rechtlichen sozialen und wirtschafltichen Bedingunshygen unter denen Fluumlchtlinge Asylshy

17 Auftrag 201

bewerber und Aussiedler bei uns leben Nie pauschal sondern difshyferenziert urteilen

Hetze Vorurteilen und gedanshykenlosem Daherreden entgegenshytreten Mit fremden Menschen die zu uns kommen Begegnung sushychen sie einladen sich einladen lassen helfen in den alltaumlglichen Dingen Fuumlr die Wuumlrde und Rechte von Fluumlchtlingen Asylbewerbern und Aussiedlern eintreten

Fremde in unsere Gemeinschafshyten Vereine und Verbaumlnde einlashyden aufnehmen

Wir Christen duumlrfen trotz aller Schwierigkeiten die Worte Jesu nicht vergessen Ich war fremd und obdachlos und ihr habt mich aufgenommen

(aus Mitteilungen tOr die Ptarrgemeinderaumlte im Bistum MOnster Januar 1992)

Sein Wort shyGottes Wort Unsere Worte shyMenschenworte Gedanken zur Gestaltung der Gottesdienste Situation vor dem Konzil

Lange vor dem Konzil gab es Gottesdienste fuumlr FrOhaufsteher Wanderer Sportler und alle jene die eine Arbeit an den Mitmenshyschen in die Pflicht rief Hausfraushy

en Bauern Straszligenbahner und anshydere mehr

In der schwach erleuchteten Kirshyche trat der Priester mit einem Meszligdiener - zuweilen auch mit dem Kuumlster - an den Altar Sie verweilten an den Stufen des Alshytars und begannen mit dem Stushyfengebet Zum Altare Gottes will ich treten Der Priester und mit ihm die Glaumlubigen versuchten Abshystand vom Getriebe der Welt zu geshywinnen und sich auf die Gemeinshyschaft mit Gott vorzubereiten

Gott Du bist meine Staumlrke Send mir Dein Licht Dort darf ich zum Altare Gottes treten Vertrau auf Gott ich darf Ihn wieshyder preisen

Und nach dieser Vorbereitung das gute Wort Introibo ad altare Dei - Zum Altare Gottes will ich treten in der Hoffnung auf die Gnade Gottes

Dann folgte das Schuldbekenntshynis die Bitte um Nachlaszlig der Suumlnshyden und das erloumlsende Misereashytur - Der allmaumlchtige Gott ershybarme sich Im Introitus und dem anschlieszligenden Kyrie wurde dann noch einmal Gottes Erbarshymen erbetet

Gloria Kirchengebet Lesung folgten um Im Evangelium den ershysten Houmlhepunkt zu finden Anshyschlieszligend an das Credo begann die Opfermesse Hier war der myshystische Houmlhepunkt die Wandlung Das Friedensgebet beendete dieshysen Teil und fuumlhrte zur Kommushynion Nach dem Segen schloszlig sich

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vielfach das Schluszligevangelium an ein Lobpreis auf die Groumlszlige des ewigen Gottessohnes und unserer Gotteskindschaft

Die Predigt im Anschluszlig an des Evangelium war eine Auslegung des heiligen Gotteswortes fuumlr unshysere Zeit Damit standen im Mittelshypunkt jeder Messe Sein Wort shyund Sein Opfer

Man muszlig aber auch festhalten daszlig das Evangelium auf Latein verlesen nur von verschwindend wenigen aufgenommen wurde Es blieb aber das andachtsvolle Hinshyhoumlren auf das Wort Gottes - auch wenn es nicht verstanden wurde Dem einfachen Menschen wurde jedoch deutlich hier geschieht etshywas das auszligerhab unseres alltaumlgshylichen Redens liegt hier geschieht etwas Heiliges Wenn dann der Priester noch einmal zwei oder drei Gedanken des goumlttlichen Worshytes in Bezug zum Alltag setzte war Nachdenklichkeit gegeben

Das Mysterium des heiligen Opshyfers verstaumlrkte das Bewuszligtsein Der Herr ist da - auch wenn man selbst nicht zur Kommunion ging Aber man bildete die geistige Einshyheit zum Opfer Christi

Miszligbrauch dieser Zeit war daszlig die Texte oftmals in lateinischer Spracne abgeleiert wurde und den inneren Gehalt nicht mehr spuumlren lieszligen So wurde bei sehr vielen Christen der Besuch des Gottesshydienstes zu einer Selbstdarstelshylung im geweihten Raum Man muszligte dabei gewesen sein

Nach dem Konzil Nun zieht der Priester ein beshy

gruumlszligt den Altar und dann die Geshymeinde Nach den Worten Im Namiddot men des Vaters kann er eine knappe Einfuumlhrung in die Feier geshyben Und diese Einfuumlhrung geraumlt dann - leider - sehr oft in eine fast vordergruumlndige weltliche Beshygruumlszligung

Natuumlrlich freut sich der Pfarrer daszlig er die Glaumlubigen um sich scharen kann Aber muszlig dann die Begruumlszligung im Stile Frank Eistshyners - nichts gegen ihn - sein So ein Unterhaltungstalent kann man nicht nachahmen Es fehlt der Eroumlffnung daszlig die Glaumlubigen ershykennen daszlig sich der Priester shywie im Stufengebet - auf die Heishylige Handlung vorbereitet Der Dienst vor der Majestaumlt Gottes ist das herausragende Ereignis Nur durch Gottes Gnade lebt der Mensch Das muszlig erfahrbar wershyden im Dienst vor Gott Es ist nur zu natuumlrlich daszlig man dann uumlber das Wort Gottes sehr viel sagen kann

Aber einmal kann man nicht soshyviel sagen wie die Menschen denshyken koumlnnen und zum anderen das Wort Gottes ist ja zu diesem Zeitmiddot punkt noch nicht gesprochen Und zum dritten warum die Glaumlubigen versammelt sind sollten sie wisshysen

Sehr abrupt folgt dann das allshygemeine Schuldbekenntnis Die Glaumlubigen sind eigentlich noch nicht darauf eingestimmt daszlig sie nun vor der Majestaumlt Gottes steshy

Auftrag 201 19

hen Es ist ein alter weltlicher Brauch daszlig man zu den groszligen Herrschern - und auch zu Demoshykratien - durch eine Flucht von Vorzimmern marschieren muszlig um empfangen zu werden Andere Braumluche a la Hallo Kumpel oder ich bin da werden der Situation nicht gerecht Gott ist Anfang und Ende des Alls Wenn wir seine Werke auch - z B im Wetter shytaumlglich sehen und erfahren so ist doch diemiddot Hinwendung zum Houmlren nicht ohne innere Vorbereitung moumlglich Die Einstimmung auf das Geheimnis eines Wortes und seishynes Opfers ist nicht ausreichend vollziehbar

Statt dessen vernimmt man zushynaumlchst - wohlgemeint und sicher mit Liebe und Muumlhe vorbereitet shyMenschenwort Wenn auch der Hauptteil der Messe erhalten geshyblieben ist aber die Predigt wird oftmals umfangreich ausgedehnt Und der Kern das Wort Gottes wird nicht erkennbar Natuumlrlich dringen auf den Priester die Tagesshyerlebnisse ein Er ist ja in seinem ganzen Sein ein Kind der Zeit wie wir Nun aber muszlig er sich vom Allshytag loumlsen muszlig hineinhorchen in die Schrift - in das lebendige Wort Gottes So muumlszligte also die Predigt von Seinem Wort ausgeshyhen um dann vielleicht nur immer in einer Frage zu enden - Sein Wort in meiner Situation

Und jeder einzelne muszlig versushychen den Zugang zum heiligen Wort zu finden Die Fuumlrbitten arten zuweilen zu einer Schelte an allem

moumlglichen Miszligliebigen aus Du moumlgest den Unternehmern mehr Einsicht in unsere Freizeitfordeshyrungen geben usw

Nach mancherlei Versuchen ist es heute - Gott sei gedankt shywieder uumlblich die Wandlung im strengen Kanon zu vollziehen Dashydurch wird dieses heilige Gescheshyhen wieder das was es ist ein Myshysterium von Jesus Christus der Kirche aufgetragen es zu hOten und immer wieder neu zu feiern

In der Feier des Mysteriums der Wandlung des Brotes und Weines in Fleisch und Blut des Herrn ist Christus anwesend Aus dieser Realpraumlsenz erfolgt dann der Frieshydensgruszlig Christi Der Priester gibt diesen Gruszlig an die Gemeinde weishyter In der Gemeinde jedoch macht man ein froumlhliches Shakehands aus einem Friedwollen () Der Friedensgruszlig Christi bleibt am Alshytar Aber nur Gott gibt ja die Gnade des Friedens VergiBt man das

Nun gibt es noch etliche Fragen die man behandeln mOszligte Gottlob ist die Zeit vorbei da der Tisch des Herrn einem unaufgeraumlumten Warenlager aumlhnlich sah weil der geistliche Herr glaubte auf viele BUcher und Tableaus nicht vershyzichten zu koumlnnen Und auch einshygespielte Lichtbilder - so sinnvoll sie bei Meditationen sein koumlnshynen - sollten keinen Platz haben in der Messe

Es ist etwas anderes wenn Froumlmmigkeitsstrukturen anderer Voumllker eingebracht werden Sie hashyben aber keinen Raum wenn das

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Verstaumlndnis fehlen muszlig Dann beshysteht sogar die Gefahr daszlig der Dienst vor Gott zu einer FolkloreshyVeranstaltung werden kann Und leider besteht diese Gefahr auch bei manchen Gottesdiensten die Jugendliche gestalten Man bringt eigene Texte die zwar aus der Simiddot tuation des Dichters (oder der Dichter) irgendwann einen reashylen Grund hatten aber von den Glaumlubigen die an der Vorbereishytung keinen Anteil nehmen konnshyten nicht verstanden werden koumlnshynen Ebenso sind Kartons und Kisten als Steine des Miszligverstaumlndshynisses selten verstaumlndlich Auch sollte man selbst die eigenen lieshyder kennen und nicht den Inhalt durch KlangfOlIe der Technik ershysetzen

Was nun Wir muumlssen uns neu besinnen

auf die Gestaltung der Gottesdienshyste seit der Zeit da Christus den Juumlngern einen Rahmen vorgab Wir sollten dann untersuchen weishyche Traditionswerte in den vielen Jahrhunderten eingebracht wurshyden und welche Anregungen das Konzil einst gab

Und so heiszligt es in der Konstitushytion uumlber die Heilige Liturgie 1114 Die Mutter Kirche wuumlnscht sehr alle Glaumlubigen moumlchten zu der volshylen bewuszligten und taumltigen Teilnahshyme an den liturgischen Feiern geshyfuumlhrt werden und unter 11121 Bei dieser Erneuerung sollen Texshyte und Riten so geordnet werden daszlig sie das Heilige dem sie als

Auftrag 201

Zeichen dienen deutlicher zum Ausdruck bringen und so daszlig das christliche Volk sie moumlglichst leicht erfassen und in voller taumltishyger und gemeinschaftlicher Teilshynahme mitfeiern kann

Denken wir an den Mittelpunkt aller liturgischen Handlungen dann ist das die heilige Messe Sie ist der Lobpreis des Volkes an den allmaumlchtigen Gott Sie ist aber auch das Sakrament der Einheit Das heilige Volk steht geeint mit Priestern und Bischoumlfen vor Gott Und zu diesem in seiner Gnade vershysammelten Volk spricht Gott durch Jesus Christus seine frohe Botschaft

Durch das Houmlren der Botschaft das Beten und Singen wird der Glaube genaumlhrt und das Herz zu Gott hingewendet Der Priester kuumlndet kraft seiner Berufung das Wort und deutet es in der Homilie aus So sind bereits die Grundeleshymente erkennbar Gesang Gebet Lesung aus den Heiligen BOchern BetraChtung des Lebens des Herrn und das helfende Wort des Prieshysters

Das innerste Geheimnis jeder Eucharistiefeier ist das heilige Mahl Diese Feier des Geheimnisshyses hat Christus seinen Juumlngern anvertraut Es ist das Opfer seines Leibes und Blutes Es ist das Opshyfer am Kreuz die Gedaumlchtnisfeier seines TOdes und die Feier seiner triumphalen Auferstehung Chrimiddot stus ist im Wort anwesend wenn zwei oder drei in seinem Namen versammelt sind Christus ist real

21 Auftrag 201

anwesend in Brot und Wein wenn sie vom Priester als makellose Opshyfergabe in den Leib und das Blut Christi verwandelt sind Und der Leib Christi wird den Glaumlubigen gereicht als Staumlrkung auf dem Weg durch die Zeit zur immer innishygeren Vereinigung mit Gott und untereinander

Betrachtet man diese Bereiche des Dienstes vor Gott als eine Einshyheit dann wird deutlich daszlig sich auch die Teilnehmer an einer solshychen Feier auf die Heiligkeit der Handlung einlassen muumlssen

Worte Gesten und Gebaumlrden muumlssen mit dem Inhalt der Feier uumlbereinstimmen So sollte also die Arbeit an der Liturgie fOlgende Beshyreiche umfassen - Das Stufengebet als Vorbereishy

tung des Priesters und der Glaumlubigen ist neu zu beleben

- Die Begruumlszligung im Namen Gotshytes sollte ausreichen eine eishygene Begruumlszligung durch den Priester muumlszligte entfallen

- Eine Einfuumlhrung - oft eine vorshyweggenommene Predigt sollte entfallen oder zumindest sehr verkOrzt werden

- Die Predigt sollte sich auf eine Auslegung der Schrift und nicht auf Tagesereignisse konshyzentrieren (Ausnahmen sind moumlglich)

- Der Friedensgruszlig der Glaumlubishygen in der heute uumlblichen Geshyschaumlftigkeit sollte entfallen der Friede kommt vom Altar

- Die Glaumlubigen sollten den Wert der Fuumlrbitten erkennen und unshy

ter fertigen wohlgestalteten Texten auswaumlhlen koumlnnen

- Den Glaumlubigen sollte die Beshydeutung der Gebaumlrden und Geshysten wieder nahegebracht wershyden

- Die Glaumlubigen sollten sich so in den Ablauf der Messe vertieshyfen daszlig sie die ihnen zukomshymenden Teile des Meszlig-Ordinashyriums auch lateinisch spreshychen singen und innerlich vershystehen koumlnnen

Insgesamt sollte wieder mehr Ruhe und gespannte Aufmerksamshykeit auf Gottes Wort und Sein Heilshandeln entstehen Gott ist die Mitte - Anfang und Ende shyOben und Unten - und nicht die zufaumlllige Versammlung einiger die glauben daszlig sie als Gemeinde von unten zu Gott vorstoszligen mOszligten Wenn Gott nicht seine Gnade schenkt dann ist alles Tun vergebshylich

Helmut Fettweis

Heilige Messe Zauberei oder Humbug Beobachtungen bei einer Amtseinfuumlhrung in Ostshydeutschland

Zu DDR-Zeiten fanden hier im Clubraum der Kaserne in Bad Frankenhausen noumlrdlich von Ershy

22 Auftrag 201

furt in Thuumlringen stramme linienshytreue Jubelfeste der Nationalen Volksarmee statt Heute am 26 Februar 1992 sind etwa 300 von dem Unrechtsregime produzierte Heiden und Neuheiden geshyspannt was da mit dem katholishyschen Pfarrer Ober die BOhne geshyhen soll Unter den Bundeswehrshysoldaten Ost befinden sich auch ein paar Zivilangestellte und Angeshyhoumlrige Kaum eine Handvoll der Anwesenden ist getauft noch weshyniger sind katholisch

Der 40jaumlhrige katholische MiIishytaumlrpfarer Hartrnut Gremler hat heushyte seinen groszligen Tag Er ist etwas nervoumls aber trotzdem freundlich und hilfsbereit Militaumlrdekan Heinshyrich Hecker aus Potsdam soll ihn in sein Amt einfuumlhren Gremler ist nach Paul-Michael Graefe (42) aus Eggesin und Arnold Heinz Pyka (51) aus Leipzig der dritte hauptshyamtliche katholische Militaumlrpfarshyrer in den neuen Bundeslaumlndern Zudem haben sich noch 20 Ostshypfarrer bereit erklaumlrt im Nebenamt die Bundeswehrsoldaten in den neuen Bundeslaumlndern seelsorgeshyrisch zu begleiten

Pfarrer Gremler weiszlig noch gar nicht wieviel Katholiken es eigentshylich in den sechs Kasernen in fOnf Standorten gibt die zu seinem Beshytreuungsbereich gehoumlren Doch das ist ihm auch nicht so wichtig Denn alle Soldaten haben Anshyspruch auf Seelsorge sagt er alle die sie haben wollen

Nun steht er vor den Soldaten Wie soll das gutgehen Wieso sitshy

zen die Heiden und Neuheiden (Originalton Gremler fOr Nichtgeshytaufte und Getaufte die bisher mit Christentum und Kirche absolut nichts am Hut hatten) hier in der improvisierten Kirche Wurden die Bundeswehrsoldaten Ost von ihshyren Kommandeuren West gar hershybefohlen Nun so direkt wohl nicht Mehrheitlich war schon Inshyteresse da Ein Gefreiter spricht aus was die meisten seiner Kameshyraden denken Wir wollen mal seshyhen wie das denn mit einer Messe so ablaumluft was der Pfarrer wohl fOr einer sein mag

Aber daszlig es der evangelische Oberstleutnant Ernst-Wilhelm Harshyder (46) der Kommandeur des Panshyzerbataillons 383 zumindest ganz gerne sehen wOrde wenn seine Soldaten zur Einfuumlhrung des kashytholischen Militaumlrpfarrers gehen wOrden ist den Anwesenden auch klar

Ein paar wenige unter den junshygen Maumlnnern halten die ganze Zeshyremonie im besonderen die Wandshylung von Brot und Wein zu Christi Leib und Blut fOr Zauberei und Humbug Sie albern denn auch anfangs ungeniert herum zur Ordshynung gerufen von ihren Kamerashyden die zumindest Toleranz forshydern Die groszlige Masse aber ist sichtlich beeindruckt von diesem Gottesdienst der fOr sie so ungeshywohnt ist Beeindruckt sind sie von der feierlichen Handlung den melodioumlsen Liedern und den beshywuszligt einfach gehaltenen und trotzshydem eindringlichen erklaumlrenden

23 Auftrag 201

Worten der Predigenden Obwohl waumlhrend der Gebete ofshy

fensichtlich so etwas wie ein lnshysich-gekehrt-Sein zu spOren ist zeigt sich naumlmlich nach 40 Jahren Atheismus auch deutlich Unkenntshynis uumlber Form und Inhalte kirchlishycher Handlungen und des christlishychen Glaubens allgemein

Militaumlrdekan Heinrich Hecker der mit viel Engagement und Einshyfuumlhlungsvermoumlgen seit Januar des vergangenen Jahres die katholishysche Militaumlrseelsorge in einem zu 90 Prozent atheistischen Land aufshygebaut hat erklaumlrt den Zuhoumlrern die Unabhaumlngigkeit der Pfarrer Er will damit die Sorge vieler besonshyders evangelischer Christen entshykraumlften die eine zu starke Staatsshynaumlhe befuumlrchten Die Pfarrer sagt er seien nur Gott ihrem Gewissen und dem Militaumlrbischof verpflichshytet

Sowohl der lebenskundliche Unshyterricht als auch die Gottesdienshyste betont Hecker seien Angeboshyte Die Teilnahme freiwillig keine Pflicht Die Katholische Kirche stehe fuumlr alle offen auch fuumlr Nichtshychristen Und Pfarrer Hartmut Gremler der so gemuumltlich und fOrshysorglich zugleich wirkt aber einen festen Willen offenbart hofft daB trotz aller Unterschiede hier so etshywas wie eine Gemeinde entsteht in der man Freude und Freunde findet Anteil nimmt an den Sorgen und Noumlten und wo der Glaube Einshyzug haumllt

DaB dann anschlieBend an den Gottesdienst auch die einfachen

Soldaten am Empfang mit Bundesshyund Kommunalpolitikern mit Pershysoumlnlichkeiten des oumlffentlichen Leshybens der beiden christliChen Kirshychen und Offizieren teilnehmen durften ihr Bierchen bekamen und sich am kalten Buffet guumltlich tun konnten sorgte schon jetzt fuumlr etshywas Gemeinde

Sie haben trotzdem kein leichshytes Amt die drei hauptamtlichen Militaumlrpfarrer in den neuen Bunshydeslaumlndern Oft stoBen sie auf Gleichguumlltigkeit oder Ablehnung Aber mit der Praumlsenz waumlchst auch die Akezptanz Der Gefreite Heiko Trzeba (23) von der 4 Kompanie des Panzergrenadierbataillons 381 in Bad Frankenhausen muB da fuumlr Pfarrer Gremler ein Hoffnungsshyschimmer sein Trzeba ist wohl kashytholisch getauft hat aber noch nie eine Kirche von innen gesehen Er war beeindruckt und will am naumlchshysten Lebenskundlichen Unterricht teilnehmen Auch mit nach Lourshydes moumlchte er fahren Denn irshygendwie ist mir das doch alles ein biszligehen abgegangen

Heribert Lehmberger (aus Kompaszlig Nr 7 v 20392)

WOCHE FUumlR DAS LEBEN - -shy17-245 92

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Stand der Beratunshygen zum Schutz des ungeborenen Kindes

Die Vollversammlung der Deutshyschen Bischofskonferenz hat in eishyner Aussprache uumlber die Diskusshysion zum Schutz des ungeborenen Kindes nochmals ihre wiederholt dargelegte Position bekraumlftigt 1 Bei dem ungeborenen Kind hanshydelt es sich nach den Erkenntnisshysen der Wissenschaft um einen unverwechselbaren Menschen der mit allen menschlichen Eigenshyschaften ausgestattet ist und hershyanwaumlchst aumlhnlich wie auch das geborene Kind weiter waumlchst 2 Niemand hat das Recht diesem heranwachsenden Menschen das Recht auf Leben zu nehmen Das Recht auf Leben wird dem ungeboshyrenen Kind weder durch die Eltern noch durch die Gesellschaft noch durch den Staat verliehen Das Recht auf Leben ist ein elementashyres Menschenrecht 3 Der Staat hat die Pflicht mit den ihm zur Verfuumlgung stehenden Mitteln Leben zu schuumltzen Er muszlig deutlich zum Ausdruck bringen daszlig es sich bei einem Verstoszlig geshygen das Lebensrecht eines andeshyren Menschen um ein schweres Unrecht handelt Strafrecht das vor allem diesen Unrechtscharakshyter zum Ausdruck bringt und soshyziale Maszlignahmen muumlssen sich da-

Auftrag 201

bei ergaumlnzen 4 Die Position der Kirche orienshytiert sich nicht an der Verurteilung derjenigen die gegenuumlber dem Leshybensrecht eines anderen schuldig geworden sind Sie orientiert sich am unbedingten Einsatz fuumlr das Leben 5 Die Kirche weiszlig um die Verstrikshykung in Schuld erfahrene Auswegshylosigkeit und Suumlnde Die Kirche steht zugeich zu ihrem Auftrag bei begangenem und bereutem Unshyrecht Vergebung und Versoumlhnung zu vermitteln 6 Die Kirche wird ihren Einsatz fuumlr das Lebensrecht aller Menshyschen - geborenen und ungeboshyrenen - nicht aufgeben Sie ist sich bewuszligt daszlig sie selbst die Gesellschaft und die Politik noch mehr dazu beitragen muumlssen ein kinderfreundliches Klima zu schafshyfen und Hilfen anzubieten damit Konflikte im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft vermieden oder geloumlst werden koumlnnen

(aus Pressedienst der DBK shyDokumentation vom 12392)

Woche fuumlr das Leben 1992

Die Vollversammlung hat beshyschlossen die im vergangenen Jahr erstmals veranstaltete Woshyche fuumlr das Leben auch in den Jahren 1993 und 1994 durchzufuumlhshyren In diesem Jahr steht die Woshy

25 Auftrag 201

ehe fuumlr das Leben (17 bis 24 Mai) die am 16 Mai mit einer zenshytralen Veranstaltung in Dresden eroumlffnet wird unter dem Thema Fuumlr eine kinderfreundliehe Geshysellschaft

Wir wollen mit dieser Woche fuumlr das Leben immer wieder das Bewuszligtsein fOr den notwendigen Schutz des Lebens in allen seinen Phasen wachruumltteln Im letzten Jahr stand das Lebensrecht des ungeborenen Kindes im Mittelshypunkt In diesem Jahr geht es um eine kinderfreundliche Gesellshyschaft In den naumlchsten Jahren werden wir den Umgang mit dem behinderten und alten Leben beshysonders betonen

Die Europa-Sondersynode hat empfohlen in jedem Land jaumlhrlich einen Tag oder eine Woche fuumlr das Leben in allen Verbaumlnden und Pfarrgemeinden durchzufuumlhshyren und im Lauf der Zeit diesen Tag oder diese Woche auch geshymeinsam festzulegen

(aus Pressedienst der DBK shyDokumentation vom 12392)

Kirchentraumlume junger Menschen

Wir traumlumen von einem Gottesshydienst - in dem gesungen gelacht und

getanzt aber auch geweint werden darf

- in dem sich jeder alte und junshyge Menschen aktiv beteiligen

- in dem Gebete nicht runtergeshyleiert sondern auch neue selbstgestaltete Texte und Geshybete vorgetragen werden

- in dem z B durch die Fuumlrbitshyten die konkreten Anliegen der Gemeindemitgliede zur Sprashyche kommen

- in dem sich die Banknachbarn begruumlszligen und vorstellen

- in dem die Mitarbeiter und Mitshygestalter des Gottesdienstes namentlich erwaumlhnt werden

Wir traumlumen von einer Kirche - die sich der Politik und der buumlrshy

gerlichen Moral nicht anpaszligt sondern gemaumlszlig der Botschaft Jesu Christi Stellung nimmt in der Frauen die gleichen Chancen wie Maumlnner haben die durch demokratische Strukturen aufgebaut ist in der nicht nur Priester Bishyschoumlfe und der Papst das Sashygen haben in der Christen nicht durch Christen ausgegrenzt werden wie z B die wiederverheirateshyten Geschiedenen die ihre Menschlichkeit und dashymit auch ihre Fehlerhaftigkeit eingesteht die deutlich auf der Seite aller Unterdruumlckten und Benachtci ligten steht

Wir traumlumen von Priestern - denen man die froh machende

Botschaft auch ansieht die Herzlichkeit und Waumlrme in dieshyse Welt tragen

- die oumlfters ihren Kopf aus der

26 Auftrag 201

Bibel heben und schauen ob die Gemeinde Oberhaupt noch da ist

- die mit und nicht fOr die Geshymeinde das Evangelium deushyten

- die bei ihren Predigten und bei ihrer Verkuumlndigung Zwischenshyfragen erlauben

Wir traumlumen von einer Gemeinde - in der Konflikte offen und fair

miteinander ausgetragen wershyden

- in der Jugendliche und Ershywachsene miteinander und nicht uumlbereinander sprechen

(unbekannter Verfasser)

Der Christ zwischen Angst und Vertrauen 1 Vorbemerkung

In Psalm 21 finden wir eine Forshymulierung die recht modern anshymutet und die wir in anderer Sinnshygebung in der Existenzphilosophie Martin Heideggers als Geworfenshyheit (Sein und Zeit) wiederentdekshyken In diesem Psalm klagt der Beshyter Vom Schoszlig meiner Mutter an bin ich auf dich mein Gott geworshyfen ein Rachen tut sich auf wishyder mich hingegossen bin ich in den Staub wie Wasser Du hast mich hinabgefuumlhrt zum Staub des Todes

WeQQ die HerausforderuQgeQ groumlszliger werdeQ

sagt die HoffQuQg die aus der Bibel kOIlIlt

werdet ilr ebeQfal1s waclseQ (Berthold Lutz)

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Gleich der naumlchste Vers laumlszligt ershykennen wer gemeint ist und wer die Tiefen der Angst im Gehorsam bis auf den Grund wird durchleishyden muumlssen nachdem er aus dem goumlttlichen Sein hinausgetreten ist in die Aumlngste dieser Welt Sie hashyben mir Haumlnde und Fuumlszlige durchshybohrt

Die Todesangst Jesu und seine Auferstehung sind unausloumlschlishyche Zeichen an denen sich diejeshynigen orientieren die im Dunkel ihshyrer Not dennoch Hoffende in der Geborgenheit Gottes sind und wisshysen daszlig Dunkelheit letztlich nur jenen zukommt die vom Licht der Liebe Gottes abgewandt leben wollen Der tiefste Grund der Angst wird in der letzten Vater-Unshyser-Bitte deutlich und fuumlhre uns nicht in Versuchung sondern reishyszlige uns hinweg von dem Boumlsen weil houmlchste Angst walten sollte wo Bodenlosigkeit des Glaubensshyabfalls droht

Das Christliche des einzelnen und der Gemeinschaft ist in der Angst unloumlslich verbunden mit der von Jesus Christus geforderten lieshybenden Sorge um den Naumlchsten auch den Feind (Joh 15 13 Rouml 5 10 Mt 5 41 Rouml 9 3) Es geht um die Mitverantwortung in dieser Welt und Ober den Tod hinaus

Es gibt heute eine Bosheit mit gutem Gewissen eine Finsternis die meint alles tun zu koumlnnen was mit Macht und Geld und ruumlckshysichtslosem Eigeninteresse moumlgshylich ist (auch das Toumlten der Ungeshyborenen im Mutterleib) Es handelt

sich um eine Bosheit die sich selbst abzuloumlsen gewillt ist von dem Erloumlsungswillen Gottes mit dieser Welt und dafOr eigene Maszligshystaumlbe der LOge und Menschenshyfeindlichkeit setzt Es ist jener schreckliche SchaUen von dem der Heilige Petrus spricht wenn er sagt der euch aus der Finsternis berufen hat in seine wunderbares Licht (2 Petr 2 9)

Aus Glaube Hoffnung und lieshybe und der seiner Kirche verheiszligeshynen Gnade will die in Kreuz und Auferstehung eingeborgene Angst mitsuumlhnend uumlberwunden und wo sie greifbar wird mitgetragen wershyden

Zwischen Angst und Vertrauen erwaumlchst dem Christen jener unshyuumlberbietbare OpUmismus der eben nur aus Glaubenswirklichkeit hervorgehen kann der die Geworshyfenheit ins Nichts entgegengeshysetzt ist

2 Was ist Angst Angst bezeichnet im Gegensatz

zur Furcht jenen Zustand der in einer Konfliktlage keinen Ausweg erkennbar macht

Furcht ist mehr an einen Gegenshystand gebunden der wenn seine Bedeutung entfaumlllt auch keine Furcht mehr ausloumlst

Angst entsteht zwischen mehreshyren Spannungspolen die jeder auf seine Weise Ausweglosigkeit und Ratlosigkeit suggeriert

Die Angst vor der Angst ist dashybei eine zusaumltzliche Komponente

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die die Ausweglosigkeit bis zum Zusammenbruch immer maumlchtiger erscheinen laumlszligt

Angst in ihren Tiefen Breiten und ihren schleichenden Dimenshysionen zeigt sich in verschiedenen Verkleidungen - als Instrument der Macht Herrshy

schaft Autoritaumlt und des Tershyrors

- als Begleiter von Krankheit und der Probleme im menschlishychen Miteinander

- als Schatten der Erziehung - als religioumlses Phaumlnomen - als Angst der Minderheit - als Antwort auf das Gescheshy

hen der Gegenwart z B menshyschenfeindliche Technik usw

- als Angst vor dem Tod - als Vorwissen um das Komshy

mende aber schon in der Angst Wirkende

- als Attribut unseres gesellshyschaftlichen Lebens (Ratlosigshykeit in der Rastlosigkeit Nuklemiddot arwaffen Kriege in der Welt Anonymitaumlt Konsumzwang und Isolierung Zerstoumlrung der Natur und der Umwelt)

Ist Angst ein Unwert oder beinshyhaltet sie vielleicht doch - wenigshystens als Warnzeichen als Ausloumlshyser houmlchster Aktivitaumlt oder als Beshyweggrund eigenes Schuldverhalshyten zu aumlndern - einen Sinn

Die Vielfalt mit der uns Angst begegnet laumlszligt vermuten daszlig es eine schlOssige Antwort gar nicht gibt oder vielleicht waumlre gerade darum die Antwort ganz einfach Aber wie lieBe sie sich finden

Auftrag 201

Gibt es vielleicht jenseits aller Kulturen jenseits aller Rationalishytaumlt einen Raum der in aller Angst frei von Angst ist der Flucht und Ruhepunkt zugleich ist

Wir mOssen einen Weg suchen der auch dem Christen gangbar ershyscheint und weder durch Fatalisshymus noch durch Ignoranz verstellt wird

3 Tiefen der Angst 1) Zunaumlchst Wie und wo wirkt

die Angst Angst weckt unaufhoumlrshyliches Wachsein das aus dem Vershyborgenen aufsteigt und dem weder Schlaf noch gesuchte Entspanshynung gewachsen sind Sie ist ein unausweichliches Wissen das sich brutal immer wieder in den Vordergrund schiebt alles wie ein feindlicher Nebel uumlberlagernd Leib Seele und Geist gleicherweishyse in Mitleidenschaft zieht tief in die Schichten der Person einshydringt

Das was dauernd belastet was scheinbar nicht ausgeraumlumt werden kann was die Selbstvorshywuumlrfe anheizt was als Spannung in einem Konfliktfeld existiert bleibend erscheint was schlieszligshylich als die Angst vor der Angst zushysaumltzlich bedrOckt den Atem nimmt Alles das ist Angst

2) Eigenwirksame Kraumlfte Geshygenstaumlnde Institutionen Gegeshybenheiten koumlnnen in der Vorstelshylungsweit so stark werden daszlig der ruhende Pol menschlicher Geistigshykeit keinen inneren Frieden zu schenken vermag

Auftrag 201 29

Wo immer ein Mensch lebt gibt es fuumlr ihn mehrere Bezugsgroumlszligen - Der Lebensraum (als soziales

Feld) die innere Verfassung seines Lebensraumes die in diesem Lebensraum wirshykenden Kraumlfte die aumluszligeren Einfluszliggroumlszligen Grenzen Durchlaumlssigkeit Vershyschlossenheit des Lebensraushymes

- das Wissen um die Wirkkraft des Religioumlsen in sich selbst und die Art wie Welt Zeit und Raum gesehen werden (Weltshyanschauung)

- Wehrlosigkeit gegenuumlber der Angst

3) Abgesehen von den psychoshypatologischen Eigengesetzlichkeishyten wirken sich in einem sozialen Feld Ordnungen oder Unordnunshygen zu einem bestimmten Zeitshypunkt und mit der Gesamtheit der Fakten der Personen der Umwelt und des Verhalten zu- oder gegenshyeinander aus Die Gesamtheit der Fakten schlieszligt alle psychophysishyschen und psychobiologlischen Bedingungen sowie die Gegebenshyheiten soziologlischer oumlkonomishyscher und oumlkologlischer Art ein (Ausgehend von K Lewin Feldshytheorie S 31)

Ordnung wieder herzustellen das ist das was als ebenso starker Wunsch gegenwaumlrtig ist wie die Angst selbst

Angst entwickelt dabei eine Hemmschwelle durch die dieser Weg unmoumlglich erscheint Das

gibt dem Konflikt seine zerstoumlrenshyde Dimension

4) Die Wiederherstellung einer Ordnung und des Ruhens in sich selbst kann nur selten aus eigener Kraft gefunden werden

Es bedarf der Hilfe von auszligen es bedarf der Sprache des Ausshysprechens und Ansprechens es bedarf der Zuversicht daszlig die Last der Angst weichen kann daszlig jeshymand da ist der diese Angst vershysteht verstehen will mit tragen will Wege der Loumlsung finden hilft Der Christ weiszlig daszlig er mit den unshyverzichtbaren mitverantwortungsshyvollen Diensten der anderen rechshynen kann die noch festen Boden unter den Fuumlszligen haben Aber weiszlig er das im Einzelschicksal wirkshylich

5) Es gibt aber auch eine Angst wie sie uns im Alten und Neuen Teshystament entgegentritt die Angst derer fOr die Gott nicht existent und auch keine persoumlnlichkeitsshypraumlgende Wirklichkeit ist

Fuumlr diejenigen die das Antlitz Gottes aus lauterem Herzen sushychen duumlrfte es eigentlich keinen anderen Grund zur Angst geben als den Gott und den Glauben an ihn damit aber die Heilszuversicht zu verlieren Daruumlber aber wird spaumlter zu reden sein Indessen sind die Daseinsschwierigkeiten die soziale Not und Enge oft so groszlig und erscheinen objektiv manchmal so aussichtslos daszlig die Existenzangst das Leben selbst ins Unertraumlgliche draumlngt Die caritative Arbeit in den Geshy

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meinden zeigt wie unverziehtbar und aus den Forderungen Christi heraus notwendig die persoumlnliche und institutionelle Zuwendung in der Verantwortung fuumlreinander ist wie notwendig der Mut zur persoumlnshylichen Hilfe ist Es gibt aber auch eine Daseinsnot die aus zwishyschenmenschlichen Beziehungen entsteht und im Verborgenen zu ausweglosen Situationen anshywaumlchst Dann geht es nicht mehr um das Wollen sondern um das nicht mehr Bewaumlltigen koumlnnen

S) Die aus philosophischen Ershywaumlgungen gefaszligten Urteile Ober die Angst kommen in mannigfaltishygen Aussagen zum Ausdruck

Martin Heidegger spricht von der Geworfenheit (Sein und Zeit) Jean Paul Sartre vom Ekel (La Naushysee) Albert Camus von Absurdishytaumlt aber auch von ihrer Sinnlosigshykeit um Sinn zu finden (Der Myshythos des Sisyphos) Karl Jaspers erkennt die Zerrissenheit des Wertseins zwischen Existenz und Transzendenz (Der philosophische Glaube und Ursprung und Ziel der Geschichte) Ludwig Feuerbach lehrt die Selbstentfremdung durch Gott (Das Wesen des Chrishystentums und Kritik der HegeIshyschen Philosophie)

Friedrich Nietzsehe laumlszligt in der Froumlhlichen Wissenschaft den tollen Menschen sagen Wohin ist Gott Ich will es euch sashygen Wir haben ihn getoumltet Wir alle sind seine Moumlrder Der tolle Mensch sagt aber auch - man darf das nicht unterschlagen

Auftrag 201

Dies ungeheure Ereignis ist noch unterwegs und wandert - Ist es schon bei uns angekommen wershyden wir wohl fragen muumlssen

Fuumlr Kiriloff (Dostojewski Die Daumlmonen) entsteht Gott aus der Angst und Simone de Beauvoir reshysigniert Gott stahl mir die Erde (Die Mandarine von Paris)

7) Die Toumldlichkeit nicht wahr - genommener Angst naht sich dort wo der Mensch die Wahrheit von Kreuz und Aufersteshyhung leugnet und die SelbstlOge zum Teil seiner Existenz macht Die hieraus entstehende Dunkelshyheit und Verhaumlrtung des Herzens (Eph 4 18 und Hebr 3 8) geht so weit daszlig die bewuszligte Gottesleugshynung keinen Trost der Ober die Rastlosigkeit der Welt hinausshyweist annehmen will und kann Den Bekenntnissen fOr Ersatzziele mit negativem Glaubensinhalt stellt das Christentum das GlaushybenSbekenntnis an die Menschshywerdung Gottes entgegen Diese unteilbare Wahrheit ist in Gefahr zerredet zu werden und wird dashydurch dem Hinterfragen ausgelieshyfert

Die Frage nach der Wahrheit hat sich wieder neu auch der Theoloshygen aber leider nicht immer in klaumlshyrender Weise bemaumlchtigt E Husshyserl kommt in seinen Logischen Untersuchungen I TObingen zu der Uumlberzeugung daszlig der Kampf der Philosophie gegen die Wahrshyheit ein existentes Phaumlnomen ist (Vgl B Schwarz Wahrheit und Wissenschaft in Oumlsterr Klerusshy

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blatt 78 1968) Wort Gottes und Glaube der Kirche kann und darf nicht ohne Beruumlcksichtigung des Glaubensganzen hinterfragt wershyden (H KOng Christ sein und Existiert Gott sowie die sog Koumllner Erklaumlrung) Es ist ua merkwuumlrdig daszlig die Koumllner Erklaumlshyrung von Entmuumlndigung spricht aber katholische Muumlndigkeit nicht definiert und von ihren Verfechtern auch nicht angesprochen wird Man spricht gern von der Hiershyarchie der Wahrheiten aber man vergiszligt daszlig diese im Rahmen des Glaubensganzen gesehen werden muumlssen

4 Angst im Alten und Neuen Testament

1) Das Alte Testament beshyschreibt treffend die zweifache Wirkung der Angst Sie nimmt einshymal die Sicht auf die durch die Vernunft dargebotenen Hilfen Inshydem aber die Hoffnung verblaszligt entschwindet durch die Moumlglichshykeit die Ursache welche die Qual der Angst veranlaszligt zu erkennen (Weish 17 11)

Der Boumlse flieht auch wenn ihn niemand verfolgt (Spr 28 1) Wer Gott verachtet und das Boumlse sucht verliert das Gespuumlr fuumlr den Grund der Angst er irrt umher geshytrieben vom Traumgesicht der Seeshyle und wundert sich im Erwachen vor seiner Furcht vor nichts (Sir 401 - 7)

Die Unbelehrbaren verfallen imshymer tiefer in den Irrtum erkranshy

ken an laumlcherlicher Angst und werden gefesselt von der Finstershynis sich selbst zur Last (Weish 171-18)

2) Das ganze Alte Testament durchzieht aber auch der Gedanke an den troumlstenden Gott der von alshyler Angst heilt Fuumlrchte dich nicht denn ich erloumlse dich (Is 43 1) Gedenkt nicht mehr des Fruumlheshyren seht ich schaffe immer wieshyder neu Jetzt sprieszligt es merkt ihr es nicht (Is 43 18f) Und Wer in den Geboten Gottes treu verharrt fOrchtet sich zu keiner Zeit (Sir 22 23)

3) Auch das Neue Testament fahrt die Linie troumlstender Worte weiter um sie im Wissen uumlber das Heilswerk Jesu einmuumlnden zu lasshysen in eine neue Dimension des Geistes Gott gab uns nicht den Geist der Furcht und Verzagtheit sondern der Kraft und Liebe und der Besonnenheit (2 Tim 1 7) Furcht ist nicht in der Liebe sonshydern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus (1 Joh 4 18) Nur wer nicht liebt bleibt im Tode (1 Joh 314)

Wie oft macht Jesus bei den vier Evangelisten den Seinen Mut mit dem Wort Fuumlrchtet euch nicht In immer wieder neuen Aspekten schaumlrft er den Blick fuumlr die Wirkshylichkeit des Heils in der Wirklichshykeit der Welt tuumlr die Angst die aus der Gottlosigkeit und Suumlnde ershywaumlchst und tor die Liebe die im Tod zur Auferstehung und Vollenshydung reift

Der Tod Christi ist ein Tod des

32 Auftrag 201

suumlndenlosen menschgewordenen Gottes in den der Mensch sich hineinfallen lassen kann und muszlig aber mit dem es keine Identitaumlt gibt Jesus schreitet einer Angst entgegen die nie ein Mensch wird ermessen koumlnnen Aber in dem Uumlberwinden dieser tiefsten und unergruumlndlichen Angst gebietet er Habt keine Furcht (H U v Balthasar)

4) Wer sich die Muumlhe macht die Aussagen des Alten und Neuen Testaments uumlber die Angst nachshyzulesen wird eine uumlberraschende Feststellung machen Angst ist eine Daseinsgroumlszlige und Gott macht in seinem Wort weder das Leid noch die Angst kleiner Es scheint dagegen Gott macht die Angst zu einem schoumlpferischen Wert wie eben Leid und Tod schoumlpferische Durchgaumlnge sind

Andererseits steht der sinnloshysen Angst das Vertrauen entgeshygen das Gott als Lebensvorausshysetzung schenkt und erwartet Wenn ihr in meinen Geboten lebt verleihe ich dem Land Frieden Ihr koumlnnt euch niederlegen ohne daszlig ihr euch aumlngstigen muumlszligt Ich schlage meine Wohnstaumltte in eurer Mitte auf (Mos 26 1 -13 und Ps 30)

Angefangen von dem Auftrag an Abraham gegen alle Hoffnung auf Gott zu vertrauen bis zum Auszug aus Aumlgypten und weiter bis zur Todesangst Jesu und seinem vershyzweifelten Schrei Mein Gott warshyum hast du mich verlassen fuumlhrt der groszlige Bogen der Heilsmitteishy

lung zur Auferstehung Hier wird auch der Sieg Jesu uumlber die Angst endguumlltig Die Vernichtung des letzten Feindes (1 Kor 15 26) ist das letzte Werk dieses Sieges

Die Zuversicht ist seitdem unendlich geworden Wenn unser Herz uns anklagt so ist Gott groumlshyBer als unser Herz (1 Joh 3 20) Dagegen sollte uns das Wort Wer nicht liebt bleibt im Tode (1 Joh 3 14) wirklich aumlngstigen weil wir hier taumlglich Schuldige werden

5) Die erste Liebe von der die Apokalypse in den sog Gemeindeshybriefen (Offbg 2 4) spricht meint einen immer wieder neuen schoumlpshyferischen Aufbruch zu Gott

Das einzige Gegengewicht geshygen die Angst ist die Liebe weil sie in ihrer vertikalen Dimension den Glauben und in der Breite die Hoffnung maszliglosen Vertrauens umfaBt Paulus definiert sie im ershysten Korintherbrief 13 1 - 8 Jesus fordert So sollt ihr einander lieshyben wie ich euch geliebt habe Der Apostel Judas Thaddaumlus fuumlgt genial einfach die Gnadenerweise Gottes zu einer Dreiheit zusamshymen Erbarmen Friede Liebe (Judasbrief) Es gibt eine Angst Gottes um diese Welt eine Sorge dessen der alles schoumlpferisch geshyordnet hat in seinen Haumlnden haumllt und neu verwandeln wird eine Sorshyge aus der die Macht der Kinder Gottes hervorgeht (Joh 1 12) die denen gegeben wird die Ihn aufshynehmen in einer Welt die das Licht von sich weist (H U v Balshythasar)

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6) Der legitime Ort mit Anshyspruch auf Verbindlichkeit vom Tod zu reden ist die Kirche und in ihr das Wort Jesu der Tod und Auferstehung als Heilsauftrag auf sich nahm Erst von hier kann Trost in der Antwortlosigkeit des Leids erwartet werden

Wer stirbt weiszlig daszlig es nach dem Hinscheiden keinen Ersatz fuumlr ihn geben wird daszlig die eigene Einmaligkeit verlischt um aus christlicher Sicht einen neuen Nashymen zu empfangen den nur der Empfaumlnger kennt (Offbg 17 5)

Die Endguumlltigkeit und das schweigende Versinken sind es die jene Angst hervorrufen die durch nichts aufgehoben werden kann als eben durch die glaumlubige Annahme der Unausweichlichkeit besser als durch das Hineinlegen des Lebens und Sterbens in die Hand Gottes um neues Leben zu empfangen Das Schweigen Gotshytes wird im Tod zum Beginn der verborgenen Begegnung mit der Ewigkeit in die uns die Erloumlsungsshytat Jesu hineinnehmen will Noch heut wirst Du mit mir im Paradiese sein (Lk 2343)

5 Die Angst des Soldaten Der Soldat der mit der Angst

kaumlmpft ist weder aumlngstlich noch feige Seine Angst entsteht exishystenziell aus der Notwendigkeit die unausweichlich ist das Leben einzusetzen

Er setzt dagegen den Mut des Geistes der die Pflicht beseelt

Eine Definition der Pflicht aber muumlszligte um diesem Zusammenshyhang gerecht zu werden die Beshygriffe Bereitschaft soldatisches Koumlnnen und das Vermoumlgen dieses Koumlnnen zu verwirklichen Tapfershykeit Umsicht und Entscheidungsshykraft Gewissen und Gehorsam Verantwortung und Wissen um die Gefahr enthalten Aus diesen die Persoumlnlichkeit praumlgenden Kraumlften faumlllt Licht auf jenes Wort aus eishynem Soldaten gesetz Furcht vor persoumlnlicher Gefahr entschuldigt eine Tat nicht wenn die soldatishysche Pflicht verlangt die Gefahr zu bestehen Die Krankenschweshyster der Polizeibeamte und der Feuerwehrmann z B setzen taumlgshylich auch ohne ein solches Wort im Hintergrund ihre Gesundheit ein um fuumlr andere da zu sein

Die Angst ist kein Gespenst Sie ist im militaumlrischen Bereich das Attribut moderner Kampfmittel Man darf es nicht zu gering veranshyschlagen daszlig die Bereitschaft sich fuumlr die Freiheit und das Gute einzusetzen diese konkreten Aumlngshyste aufzuwiegen vermag und sich staumlrker erweist als das bereitgeshystellte Verderben

6 Das Kind in der Angst 1 Eine kleine Geste fuumlhrt uns

an das Gemuumlt des Kindes heran wenn es eine Stoffpuppe oder ein Pluumlschtier liebevoll an sich druumlckt und dabei (neben der innigen Zushywendung) in kritischen Phasen seishy

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ner Entwicklung Trost in der Angst findet

Eltern sollten wissen daB die Entwicklung des Kindes nicht automatisch und reibungslos von einer Stufe zur anderen ablaumluft sondern daB das Kind mit jeder Entwicklungsphase neue Erfahshyrungen macht aber auch neue Aumlngste kennen lernt Je nach den gegebenen Umweltbedingungen und den Kraumlften des sozialen Felshydes in dem es lebt und in der Zushyoder Abwendung der Eltern lernt es diese Aumlngste zu Oberwinden oder bleibt ihnen unterschwellig manchmal zeitlebens ausgelieshyfert

2) Der Hilflosigkeit des Kindes steht die FOrsorge der Schutz und das Heilende elterlicher Freundshylichkeit gegenOber die das Kind in das Unbekannte des Lebens hinshyein begleitet Was wir Tapferkeit nennen ist fOr das Kind ein schrittshyweises Kennenlernen von Angst und Furcht und deren Uumlberwinshydung Nur Das muB man wissen Kinder koumlnnen aber das was sie als Unnennbares erleben nicht reshyflektieren

3) Die Neugiertreibt das Kind in das Abenteuer des Lebens Wie oft erfahren Eltern von ihren laumlngst ershywachsenen Kindern was sie alles an Erlebnissen durchgestanden haben aber im erernten Erkennen der Grenzen vor der verletztenden Gefahr bewahrt blieben

Der zusaumltzliche Druck auf das Kind durch die Angst vor Schuld und Strafe vor Alleinsein und Dunshy

kelheit belastet um so mehr als die Eltern keine Zeit mehr fOr die Kinder haben Modernes Spielzeug macht heute die Eltern entbehrshylich weil Kinder bei Video Fernshysehen und Computerspielen so gut aufgehoben sind Die Folgen geistiger und seelischer Art wershyden nicht ausbleiben

4) Wer in diese Welt hineingeshyboren wird und in immer neuen Leshybensringen Existenz erleben und verarbeiten muB bedarf der Fuumlhshyrung deren Ziel die angstfreie Beshygegnung mit Dingen und Menshyschen bei Urteilsfaumlhigkeit und Wissen um Grenzen sein sollte Ohne Geborgenheit in der kleinen Welt der Familie in der das Kind Liebe und Schutz erfaumlhrt Urteil Grenzen und Normen kennen lernt gibt es kein Erwachsenwerden das der Welt gewachsen ist Ohne wirkliches Kindsein wird niemand wirklich erwachsen sondern bleibt ewig pubertierend unershywachsen mit allen Aumlngsten und Hemmungen die hierin eingeshyschlossen sind Ohne Wissen um Grenzen kein Gewissen

5 Mit der Entwicklung reift das Denken durch Sprache Ein Kind muB lernen sich auszusprechen um seinen Aumlngsten seinem Erleshyben und seinen GefOhlen und Agshygressionen Ausdruck verleihen zu koumlnnen Das Kind sollte bei aller Fuumlhrung lernen positive aber auch negative Gegebenheiten seishyner kleinen Welt durchzustehen Das kann es nur wenn die Dinge vorher nOchtern beim Namen geshy

Auftrag 201 35

nannt werden Aumlngste duumlrfen weshyder verniedlicht noch groumlszliger geshymacht werden als sie natuumlrlichershyweise sind Das Maumlrchen des Kaishysers neue Kleider entkleidet die Dinge die ihm angehaumlngt worshyden sind von der Illusion um sie schlieszliglich zu sehen wie sie sind Merkwuumlrdigerweise konnte das nur ein Kind weil es unverbildet das Wirkliche der Dinge sah

6) Als Jesus die Kinder zu sich rief verband er an die Erwachseshynen gewandt kindliches Denken mit dem nuumlchternen Hinweis auf das Himmelreich um ihnen und den Erwachsenen ein letztes Ziel zu zeigen von dem her erst alles andere sinnvoll erscheint

Die Groszligen und so Klugen vershylieren leicht die Wirklichkeit aller Wirklichkeiten aus dem Blick weil sie vor lauter vorletzten Interessen fuumlr das Letztguumlltige blind geworshyden sind So bleiben sie mit ihren Aumlngsten in der Welt des Vorletzten allein und finden fuumlr sich und anshydere keinen Ausweg aus den Krishysen der Angst und der ihr vorangeshyhenden Konflikte

7 Der Christ in der Katastrophe

1) Der Christ in der Katastroshyphe dieser Gedanke soll uns nun in der Uumlberlegungen uumlber die Angst beschaumlftigen

Was sind Katastrophen Katashystrophen sind ploumltzliche lebensshybedrohende Ereignisse natuumlrlicher oder durch den Menschen geshy

schaffener Ursachen deren Wirshykungen Zerstoumlrung physischer seelischer politischer oumlkonomishyscher kultureller wirtschaftlicher oder anderer Art zur Folge haben Was bei Katastrophen sofort in den Mittelpunkt der Betroffenen und betroffen Auszligenstehenden geraumlt ist die Todesangst ist die Angst vor und in der Wucht zerstoumlshyrender Kraumlfte denen der Mensch wehrlos ausgeliefert ist

Kriege Erdbeben Lawinen Grushyben- und Flugzeugkatastrophen Epidemien usw bilden ein mehr oder weniger begrenztes Ereignisshyfeld in denen sich menschliches Verhalten der noch Lebenden von der laumlhmenden Lethargie uumlber houmlchste Erregung bis zur kopfloshysen Panik zeigen kann

Andererseits bricht dann eine Welle von Hilfsbereitschaft aus die sich mit Abklingen der ersten Schreckreaktionen oft als wenig organisationsgerecht erweist und im unbesonnenen Uumlbereifer an falshyscher Stelle erfolgt weil es an Uumlbersicht fehlt Wo sich aber Hilfsshybereitschaft und Sachverstand mit schnellen aber treffsicheren Entshyscheidungen verbindet ist Hilfe auch lebensrettend

Jeder kann in Katastrophen geshyraten der Christ wie der N ichtshychrist Alle haben Angst alle durchleiden die Gefahr entspreshychend physiologischer und geishystig-seelscher Ablaumlufe und alle zittern

Vielleicht ist es das Zusammenshytreffen von Demut und Vertrauen

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von Ergebenheit in das Unabaumlnshyderliche und Gebet von Selbstvershygessenheitmiddot und Umsicht was Pershysonen - selbst in Todesgefahr shyherausragend kennzeichnet wenn sie in houmlchster Gefahr an das Leshyben und den Schutz anderer denshyken Aber das muumlssen nicht unbeshydingt Christen sein Den aus dem Glauben eingeuumlbten Christen praumlgt vielleicht gerade in Todesnaumlshyhe noch etwas anderes das Wisshysen um eine letzte Eingeborgenshyheit in Gott Das Wort - vielshyleicht - mag hier angebracht sein weil niemand weiszlig wie er sich auch als Christ in auswegshylosen Grenzsituationen verhalten wird

Wer aber im Ganzen des Lebens stets das Ganze des Glaubens vershywirklicht hat wird in haumlrtestem Ausgeliefertsein Ober Seelenkraumlfshyte verfuumlgen die dann allen im Umshyfeld Betroffenen zugute kommen Berichte uumlber Katastrophenfaumllle jedenfalls lassen solch starkes Verhalten durchscheinen

2) Es fragt sich ob nicht das Toumlten der Kinder im Mutterschoszlig mit gutem Gewissen eine der groumlszligshyten Katastrophen unserer Zeit ist In den letzten zwanzig Jahren sind mindestens zehn Millionen Kinder allein in der Bundesrepublik hingeshymordet worden

Es ist aber auch zu fragen ob nicht die Geschichtslosigkeit mit der unsere Jugend aus der Schule entlassen wird ob nicht der Manshygel an religioumlsem Wissen und relishygioumlse Interessenlosigkeit von EIshy

tern und Schule eine Katastrophe groumlszligten Ausmaszliges mit unabsehshybaren Folgen ist Ist zu fragen ob nicht die emanzipatorische Paumldshyagogik einen katastrophalen Kahlshyschalg an Gemot Charakter und Ethik bedeutet und ihre Wirkung heute in immer offeneren Formen zeigt ob nicht das destruktive Gruppenverhalten der fruumlhen 60er Jahre ein Vakuum an innerer Chashyrakterstaumlrke hinterlassen hat in das immer wieder neue wirre Ideoshylogien Eingang finden Solange Frauen im Namen ihrer Freiheit und ihres Berufes die in ihnen wachsenden Kinder der Zerreiszligshymaschinerie (woumlrtlich gemeint) der Abtreibung preisgeben muumlssen sie sich nach den Beweggruumlnden des Toumltens fragen lassen Die Antshyworten enthuumlllen dann das ganze katastrophale Ausmaszlig des Verlushystes an Ehrfurcht vor dem Menshyschen und seiner Wuumlrde Einershyseits verweigern junge Menschen den Dienst mit der Waffe um nicht toumlten zu massen andererseits ist das Toumlten unschuldiger Kinder zur Gewohnheit geworden Die Hinshyrichtung der Kinder im Mutterleib ist eines der beschaumlmendsten Zeichen unserer Zeit

Das Toumlten mit guten Gewissen ist nicht weniger erschreckend als der Krieg mit seinen Folgeerscheishynungen

3) Schlieszliglich waumlre im kirchshylichen Raum daruumlber nachzudenshyken welch innere Selbstzerstoumlshyrung die Kirche durch theologishysches Hinterfragen der Glaubensshy

Auftrag 201 37

und Lebensgrundlagen erleidet Die katastrophale Auswandeshy

rung aus der Kirche bis auf einen verbliebenen Rest derer die wirkshylich noch aus dem Glauben leben wollen zeigt daszlig Katastrophen nicht nur augenscheinlich und ploumltzlich lebensbedrohend wershyden sondern daszlig sie selbstgeshymacht mit der Zeit zur Entfaltung und zur erschreckenden Ausshysichtslosigkeit kommen zuminshydest im Bereich des sogenannten christlichen Abendlandes das ein atemberaubendes Vakuum bereitgestellt hat Letztlich muszlig unsere Uumlberlegung unserer Welt gelten Was haben wir eigentlich aus unserer Erde gemacht Waumllshyder Fluumlsse und Meere sterben Die Atmosphaumlre wird zunehmend geshyschaumldigt Die egoistische Selbstshybestaumltigung mit der die Gesundshyheit und das Leben von Hundertaushysenden ruumlcksichtslos geopfert wird deuten auf einen Verfall an Moral und Verantwortung so daszlig sich der Gedanke aufdraumlngt weishyche Katastrophe eigentlich groumlszliger ist die des zerstoumlrten Lebens oder die vorausgegangene Ursashyche seelenlosen Handeins

4) In unserer durchtechn isiershyten Welt ist ein Problem entstanshyden das scheinbar unloumlsbar ist das Problem der seelenlosen Orshyganisation das dem religioumlsen und der christlichen Weltanschaushyung entgegensteht ja verschlosshysen ist Der Christ weiszlig aber daszlig in der Rationalisierung des Dashyseins der Mensch ein Wesen von

Leib Seele und Geist bleibt und vor Gott fuumlreinander Verantworshytung fOr die Gesamtheit der Schoumlpfung traumlgt

Der Rausch des immer wieder Neuen und Machbaren und der Geshyschwindigkeit ist vernuumlnftigen Uumlberlegungen durch glaubensbeshywuszligte Motivation unzugaumlnglich Wo aber die Verantwortung vor Gott geschwunden ist dort kann sich nur noch ein Egoismus gegen den Menschen ausbreiten Alle sind durch die Seelenlosigkeit geshyfaumlhrdet und alle haben Angst vor den Rasern vor den Umweltkatashystrophen vor der Anonymitaumlt vor dem Alleinsein vor der Interesseshylosigkeit am Schicksal des andeshyren

Welches sind die Schritte die uns hier herausfuumlhren Wird diese Frage unbeantwortet bleiben und damit die Katastrophe ihren Lauf nehmen Denn eines ist sicher aus innerweltlichen Normen und Vorstellungen kommen wir aus der selbstgeschaffenen Situation der Welt nicht heraus So sind alle dieshyjenigen gefordert fuumlr die das Wort Frieden ohne ideologischen Inhalt wirklich noch Frieden bedeutet fuumlr die das Leben von Anfang an noch Wuumlrde und Freiheit und Sinn aus unumstoumlszliglichen Normen und jener letzten Wirklichkeit empshyfaumlngt die von Anfang an war (1 Joh)

Wer wird denen welchen Vershyantwortung Befugnisse und Macht uumlbertragen wurde diese Leshybenswirklichkeit abverlangen

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wenn sie selbst nicht von jener Geistigkeit gepraumlgt sind und die Waumlhler der so gern zitierte Souveshyraumln sich nicht mehr auf seine polishytisch-weltanschauliche Urteilsshykraft verlassen kann

Der Friede der immer wieder so eifrig besprochen und ersehnt wird kann nur ein Frieden sein dem sich alle unterwerfen und seishyne uumlbergeordneten Normen anershykennen Dazu aber muumlszligte ein uumlbershygeordnetes Wollen Gottes anershykannt werden Es waumlre nuumltzlich daruumlber nachzudenken was Paushylus inmitten der Aumlngste jener Tage bewogen hat das Wort zu spreshychen Der Friede Christi herrsche in euren Herzen (KoI3 15)

Wenn nichts mehr geht wird auch dieses Wort in Ursache und Wirkung wieder ernst genommen werden

8 Schluszliggedanken Angst ist ein Phaumlnomen das

Leib Geist und Seele gleicherweishyse in seine Wirkung einbezieht

Ihr gegenuumlber ist Heilung notshywendig die ebenfalls den ganzen lVIenschen erreichen muszlig

Alle beduumlrfen einander Aber in einem letzten Sinn ist unser Heil nur in dem erloumlsenden Gott beshygrOndet

maior est Deus corde nostro et cognoscit omnia (1 Joh 3 20) (Gott ist groumlszliger als unser Herz)

Das Alte Testament spricht in Sir 120 von der Furcht des Herrn als der Wurzel der Weisheit Tho-

Auftrag 201

mas von Aquin setzt ihr als der inshynersten Freude in Gott die Aceshydia die Unlust an Gott die er als schwere Suumlnde bezeichnet gegenshyuumlber (Thomas v Aquin Qu 632 Bd 4 D Thomasausgabe)

Gottesfurcht wird auch immer an erster Stelle dort genannt wo von den sieben Gaben des Geistes die Rede ist

Der Begriff lieszlige sich auch in anshydere Begriffe aufloumlsen z B wie sie in den Paulusbriefen im 1 Petrusshybrief im 1 Johannesbrief und im Judasbrief vorkommen Friede Liebe Wuumlrde Besonnenheit Urshyteilskraft Reinheit des Herzens Anbetung und Dienst Sie werfen ihr Licht auf jeden zuruumlck der sein Leben aus dem Wort Gottes aus Sakrament Eucharistie und Vershyantwortung fuumlreinander gestaltet weil es einen Freiraum von aller Angst auch in der Angst gibt naumlmshylich dort wo der Heilige Geist wirkt wo Glaube in Existenz als Entscheidung der Liebe uumlbergeht

Johannes Cofalka

Quellen

Arbeits und OrientierungshIlfen

H Wiesbrock Hrsg Die politische und geshysellschaftliche Rolle der Angst EuropashyVerlag FrankfurtM 1967 V Faust Hrsg Angst Furcht Panik Stuttshygart 1986 eh Zwingmann Hrsg Katastrophenreakshytionen Frankfurt 1971 E Gruen Politik Angst und Gesellschaft Frankfurt 1979 H Schuumlrmann Jesu ureigener Tod Freishyburg 1975

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K Rahner Grundkurs des Glaubens Freishyburg 1979 J Ratzinger Theologische Prinzipienlehre MOnchen 1982 L v Holzschuher Psychologie Seebruck 1955 K Jaspers Psychopathologie Frankfurt 1961 H U v Balthasar Der Christ und die Angst Einsiedeln 1976 H Meyer Geschichte der abendlaumlnd Weltshyanschauung Paderborn 1960 Thomas von Aquin Summa Theol I q 78 a 4 die Innern Sinne Deutsch-Lat Thoshymasausgabe Bd 35 Heidelberg-Koumlln 1961 J Auer J Ratzinger Kleine Katholische Dogmatik Bd IX Regensburg 1984 H U v Balthasar Der Geist der Wahrheit (Theologik Bd 111) Johannes 1987 H SchOrmann Das Lukasevangelium Bd I Freiburg 1965 (Exegetische Ausfuumlhrungen auch Ober den Heiligen Geist als Dynamis und Geheimnis der Dreifaltigkeit) K Lewin Feldtheorie in den Sozialwissenshyschaften Stuttgart 1963

Gottes ungeduldige Toumlchter Abschied vom Patriarchat

Das Zentralkomitee der Deutshyschen Katholiken hat Uumlberlegunshygen vorgelegt wie es zu einer besshyseren Kommunikation in der Kirshyche kommen koumlnne Dialog statt Dialogverweigerung - wie in der Kirche miteinander umgehen lautet der Titel des Papiers

Einer der SChwerpunkte dieser Uumlberlegungen ist der Abschnitt uumlber die Stellung der Frau Er beshyginnt mit einer ungeschminkten Situationsanalyse die nachfolshy

gend abgedruckt und zur Diskusshysion gestellt wird

Frauen heute lieben ihre Kirche und leiden an ihr Das verbindet sie untereinander das verbindet sie mit ihren Schwestern und MOtshytern durch die Jahrhunderte das verbindet sie mit allen die in dieshyser Kirche kein Zuhause finden weil sie hier ihr unverwechselbashyres Leben nicht einbringen koumlnshynen keine Stimme haben offen oder versteckt unterdruumlckt und abshygewertet werden und ausgeshyschlossen sind von der Macht

Es war einmal die junge Kirche war frauenfreundlich

Ein Blick in die Geschichte shyohne Glorifizierung - zeigt daszlig seit den ersten Tagen des oumlffentlishychen Auftretens Jesu Frauen mit seinen befreienden Worten und Taten leben mit seiner Botschaft des nahen Gottesreiches Frauen nahmen in der Nachfolgegemeinshyschaft der Glaubenden als die ershysten Verkuumlnderinnen der Aufersteshyhung Jesu einen einmaligen Platz ein Ihnen kam unOberholbare Beshydeutung zu als Prophetinnen und Mystikerinnen als Gemeindeleiteshyrinnen als Heilende und Heilige als Menschen mit reichen Begashybungen und vielfaumlltigen Berufunshygen Frauen gruumlndeten Orden und Lebensgemeinschaften trugen zur Bildung der Unwissenden bei zur Linderung von Not zur Troumlshystung der Trauernden und zur Weishytergabe des Glaubens Sie entwikshy

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kelten vielfache Identifikationsmushyster und Lebensformen - auch fOr Frauen ohne Familie - die ihnen Selbstbestimmung ermoumlglichten Anerkennung und Sicherheit gashyben und sie mit Kraft und Mut ausshyruumlsteten Durch die individuelle Ausgestaltung ihrer Froumlmmigkeit wurden diese zu Meisterinnen der Seelenfuumlhrung und eroumlffneten so sich und anderen in der Kirche eishynen Raum in dem sie ihre Faumlhigshykeiten zur vollen Entfaltung brinshygen konnten und ihre Erwartungen an ein gelingendes Leben erfuumlllt sahen Die Schoumlnheit der Liturgie die Verlaumlszliglichkeit des Kirchenjahshyres die Strukturierung der Lebensshyzeit durch den Wechsel von Alltag und Festtag gaben Frauen hohe Befriedigung Die Verpflichtung zum Meszligbesuch war ihnen nicht nur Last sondern schuf ihnen auch Freiraum im ununterbrocheshynen Beschaumlftigtsein mit den Noumlshyten und Sorgen fOr Familie und Haus Die Uumlbernahme Gestaltung und Weitergabe von Brauchtum sprach ihre Kreativitaumlt und leshybensfreude an Die ihnen vorgegeshybenen Ordnungen in der Kirche hielten und stuumltzten sie sicher in Sinn- und Identitaumltskrisen Die Hochschaumltzung ihres Rates und ihrer Hilfe vermittelten ihnen das Gefuumlhl sinnerfuumlllten Daseins Und so ist es fuumlr manche Frauen auch heute noch

Die Unterdruumlckung der Frauen hat eine lange traurige Geschichte

Doch nicht nur dieses harmonishysche Bild gilt es vom Leben der Frauen in und mit der Kirche zu zeichnen Frauen wurden mit kirchlicher Billigung und sogar auf ihre Weisung hin grausam vershyfolgt nur weil sie Frauen waren Sie brannten als Ketzerinnen und Hexen Frauen wurden durch ein frOh ausgepraumlgtes und theoloshygisch legitimiertes dualistisches Menschenbild an Klischees geshybunden die ihren individuellen Beshygabungen und Berufungen nicht nur nicht entsprachen sondern ihshynen zuwiderliefen sie beschnitten und sie sogar zerstoumlrten Die Leshybenszyklen von Frauen ihre Erfahshyrungen Traumlume Traumlnen und lieshyder fanden kaum Eingang in liturshygie und Verkuumlndigung Frauen wurden zur Herrschaftssicherung von Maumlnnern miszligbraucht und auf ein asymmetrisches Geschlechtershyverhaumlltnis verpflichtet das dem eishynen das Amt und die Wuumlrden der anderen die Arbeit und den Gottesshylohn zusprach Die Lebensangst und Leibfeindlichkeit von Moumlnshychen und Theologen praumlgte die Verbindung von Frau - leib - Suumlnshyde und brachte ein ideOlogisch vershyengtes Marienbild hervor das Frauen entmuumlndigte und als Indishykator der Unterdruumlckungsgeshyschichte von Frauen gelten kann Frauen wurden nicht gehoumlrt und nicht verstanden wenn sie kirchlishyche Vorschriften und Riten als

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lieblos empfanden wenn sie sich wehrten gegen quaumllende und hershyabsetzende Beichterfahrungen wenn sie ausgeschlossen wurden und werden von kirchlichen Dienshysten Frauen wurden und werden zu Bruumldern Durch die Jahrhunshyderte - und auch heute noch shyerlebten Frauen sich in der Kirche als Objekte maumlnnlichen AIIshymachtsstrebens und maumlnnlicher Aggression aber auch maumlnnlicher Angst Trotzdem haben Frauen die befreiende Rede Jesu und seine revolutionaumlren Taten nicht vergesshysen Oft erst im Nach-Denken entdecken sie ihre Wunden entshydecken sie sich fast immer als Opshyfer und nur selten als Taumlterin Ihr Leiden hat tiefe Wurzeln

Die Geduld der Frauen geht zu Ende

Frauen warten nicht laumlnger weshyder in Gesellschaft noch in Kirche Sie holen Indiskretion und Verletshyzung Miszligachtung und Enttaumlushyschung ZurOcksetzung und Unshyfreiheit die ihnen als Frauen zugeshymutet worden sind aus dunklen und gut geMteten Verstecken In Frauenbewegungen Frauenvershybaumlnden Frauenorden gemeinsam mit anderen und allein Oberwinden sie Isolation Sprach- und Mutshylosigkeit und wehren sich Sie wershyden sich ihrer Zahl und ihrer Kraft bewuszligt Sie erkennen ihre Bedeushytung fOr das Leben in den Gemeinshyden und Ortskirchen und entdekshyken voller Staunen und Anerkenshynung die Leistungen ihrer Schweshy

stern und Muumltter Sie werden sich deren Mutes und Engagements beshywuszligt Sie lernen die eigene religioumlshyse Biographie kennen und gewinshynen Einsicht in die Lebenswege anderer Frauen Frauengeschichte und Frauengeschichten sind ihnen kein verborgener Schatz mehr weil sie sie befreien vom Staub und von der Erblindung durch die Jahrhunderte Kraft waumlchst ihnen zu zur generationen- und kulturshyuumlbergreifenden Solidaritaumlt Frauen gewinnen - auch in der Kirche shyan Selbst- und Verantwortungsbeshywuszligtsein an Autonomie und Solishydaritaumlt Sie weigern sich um einer ungestoumlrten Tradition willen einer geteilten Wirklichkeit fOr Maumlnner und Frauen zuzustimmen Sie wolshylen ihre reichen Lebensformen und Lebenserfahrungen in das Leben von Kirche und Gesellschaft einshybringen Sie finden und benennen ihre Wuumlnsche und Probleme ihre Forderungen und Plagen Frauen beginnen zu erzaumlhlen und rufen nach Gerechtigkeit nach Aussprashyche uumlber die Schuld des Sexismus die ihre Bruumlder und Vaumlter auf sich geladen haben Frauen geben sich nicht mehr mit beschwichtigenden oder drohenden Theorien und Theologien zufrieden Sie fordern den gleichen Anteil an Macht und Entscheidung Sie lassen sich nicht mehr BrOder nennen und nehmen Verwundungen in Kauf wenn sie im Bewuszligtsein ihrer Gotshytesebenbildlichkeit zu fragen und zu kaumlmpfen beginnen Frauen wolshylen auch und gerade in der Kirche

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eine auf Freiheit und Gerechtigshykeit gegruumlndete Pluralitaumlt die sie nicht mehr ausgrenzend als den groumlszligten Teil der Glaubenden beshynachteiligt Frauen rufen nach Geshygenseitigkeit und Symmetrie in Beziehungen von Maumlnnern und Frauen in der Kirche nach Beseitishygung diskriminierender Bibelausshylegung nach Abschaffung ungeshyrechter Rechtssaumltze und patriarshychater Strukturen

Die Zeit schoumlner Worte ist vorbei

Frauen heute waumlgen ihre Kraumlfte ab Sie sind in vielen Bereichen mehr und anders gefordert als ihre Muumltter Sie wollen und mOssen ihr Leben gestalten Oft suchen sie um ihrer Kinder willen den Bezug zum Religioumlsen aufrechtzuerhalshyten und zu pflegen Auch wollen Frauen in dieser Kirche ihr Berufsshyfeid finden und weiterentwickeln Doch wenn sie erleben daszlig die Kirche ihnen nicht den Lebensshyraum oumlffnen kann oder will den sie brauchen und einforden zieshyhen Frauen entschieden aus der Kirche aus Sie sind des Houmlrens auf zu kleine und zu enge Menshyschenworte mOde denn sie haben Gottes befreiendes Wort in ihrem Leben vernommen und seinen Aufshyruf zum Aufbruch

Der strukturellen Suumlnde der Unshyterdruumlckung von Frauen in der Kirshyche kann nicht mit EinzeImaszlignahshymen begegnet werden so richtig unerlaumlszliglich und angezeigt diese auch sind Ein neues Sehen Houmlren und Denken ist notwendig Solshy

ches Denken kann nur erworben werden durch die Anstrengungen von Frauen und Maumlnnern Nur sie zusammen koumlnnen aufarbeiten was beide beteiligten Gruppen an Wut Angst und Resignation belashystet Nur sie zusammen koumlnnen zu einem Dialog finden der beide beshyfreit und heilt und beide zu einem Leben im Sinne des Evangeliums fahrt Doch wie soll dieser Dialog gehen wie sind die Schritte die dorthin fuumlhren Sicher sind es fuumlr viele zunaumlchst getrennte Schritte Viele Frauen wollen und koumlnnen zunaumlchst nur alleine in der Geshymeinschaft gleich Betroffener ihre Geschichten erzaumlhlen ihre Verletshyzungen beklagen und betrauernmiddot Nur hier finden sie jenes Zuhoumlren das im Verstehen und Nachvollzieshyhen Solidaritaumlt wachsen laumlszligt Erst nach einer solchen Aussprache sehen sie auch jene neu die mit ihshynen in der Kirche leben - andere Frauen und Maumlnner Solche Anfaumlnshyge brauchen Unterstuumltzung und Zuspruch Frauen haben gelernt daszlig Taten und nicht Absichtsershyklaumlrungen notwendig sind eine neue Auslegung der Bibel insbeshysondere der SChoumlpfungsgeschichshyte das Ernstnehmen feministishyscher Theologie die Uumlberwindung sexistischer Sprache und patriarshychaler Sicht in liturgischen Buumlshychern Leseordnungen und kirchlishychen Verlautbarungen die Abshyschaffung der Diskriminierung von Frauen durch Recht und Verwalshytung die Schaffung von frauenshyund familienfreundlichen Arbeitsshy

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plaumltzen die Gleichbehandlung von Frauen bezuumlglich ihrer Aufstiegsshymoumlglichkeiten in kirchlichen Instishytutionen die Beteiligung von Fraushyen an allen Arbeiten und Diensten in den Gemeinden verstaumlrkte Solishydaritaumlt mit Frauen in belasteten Lebensverhaumlltnissen die Arbeit an einem neuen Frauenbild das endshylich zeigt daszlig es die Frau nicht gibt sondern nur Frauen jede auf ihre unverwechselbare und einmashylige Weise Gottes Bild Frauen wollen daszlig die Anstrengungen der Kirche auch auf fundamentale Aussagen zielen Sie wollen die Beendigung der Daumlmonisierung von Sexualitaumlt Eros und Fruchtshybarkeit die freie Entscheidungsshymoumlglichkeit uumlber die Gestaltung ihrer Familienform die Beendishygung der Glorifizierung sowohl der Jungfraumlulichkeit als auch der Mutshyterschaft die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Maumlnnern am Amt der Kirche nicht mehr Subordination sondern Ordinashytion

Frauen wissen mit untruumlglicher Sicherheit daszlig diese Fragen an ihre Kirche nicht laumlnger verdraumlngt werden und unbeantwortet bleishyben duumlrfen Sie spuumlren das Leben

AKTION GEGEN HUNGER UND KRANKHEIT IN DER WELT

5pendenkonto 556-505 Postgiro Koumlln

das hinter ihren kraftvollen und draumlngenden Anfragen steht Sie wissen um die Gefaumlhrdung der Universalitaumlt der Kirche wenn der Dialog zwischen Frauen und Maumlnshynern nicht gelingt wenn das alte Verhaumlltnis zwischen Herrschenshyden und Beherrschten nicht aufgeshybrochen wird Sie wissen aber auch daszlig genau an dieser Bruchshystelle der Samen des Evangeliums Platz finden wird der aufgehen wird als Geschenk des Frauen und Maumlnner befluumlgelnden Heiligen Geistes

Der gesamte Text Dialog statt Dialogverweigerung - wie in der Kirche miteinander umgehen Ist zu erhalten bei Zentralkomitee der Deutschen Katholiken Hochkreushyzallee 246 5300 Bonn 2

(aus Mann in der Kirche Febr1992)

Uumlber Bildung und Religion Einem Suchenden

Der Herrgott hat dir reiche Gashyben des Verstandes des Gemuumltes und einen gesunden unverbildeshyten Leib geschenkt Diese Gnade ist nur durch ein erfuumllltes Leben zu rechtfertigen Gesund an Leib und Seele zu sein und die ganze Vielshyfalt des menschlichen Geistes in sich aufnehmen zu dOrfen und doch - je laumlnger je mehr - die

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Weisheit jenes griechischen Philoshysophen zu erfahren der da beshykannte Ich weiszlig daszlig ich nichts weiszlig das ist wahrhaftig eine Gnade der man nur durch die Tat wuumlrdig werden kann

Es gibt so viele Menschen die tun sich etwas auf ihre sogenannshyte Bildung zugute Wie arm sind sie doch dran Sie haben nie beshymerkt daszlig der Grund aller echten Bildung die Bescheidenheit ist das Wissen darum wie sehr unser Weg von dem bestimmt wird was in uns angelegt ist Denn wahre Bildung ist ja nicht nach Examen meszligbar und seien sie alle sumshyma cum laude bestanden Der Eingebildete weiszlig nichts von der Kraft des Herzens die dem Geist verschwistert ist Geistesbildung solchermaszligen gekraumlftigt aber lobe ich mir und ich wuumlnsche dir einen rechten Hunger danach

Wenn ich mich nicht in dir taumlushysche beseelt dich der Drang den Dingen auf den Grund zu gehen dich nicht mit oberflaumlchlichen Ershyklaumlrungen zufrieden zu geben Recht so Laszlig dich nicht vertroumlshysten Forsche selbst suche nach der Wahrheit Es ist ein eigen Ding um dieses Suchen Du wirst es noch erfahren daszlig der Mensch der nicht vorzeitig abstumpft und in Selbstgenuumlgsamkeit versinkt sein Leben lang auf der Suche nach dieser Wahrheit bleiben muszlig Immer wieder werden sich ihm neue Raumltsel auftun immer wunshyderbarer wird ihm die Welt erscheishynen immer geringer das was er

wirklich von ihr weiszlig Immer beshyscheidener wird er werden vor Gott Denn am Ende wird der Raum fuumlr ihn weiter und leuchtenshyder werden der Raum der mit dem Willen nicht zu zwingen mit dem Verstande nicht zu fassen ist - Er ist die Welt des Glaubens die Relishygion

Hans Bahrs

KINDERshyFREUNDLICHE

GESELLSCHAFT

Auftrag 201 45

EUROPA

Europa hat Geschichte

Europa - gemessen am geshyographischen Umfang ist es mit 1001 Millionen Quadratkilometern der zweitkleinste Erdteil Gemesshysen an der Zahl seiner Bewohner ist Europa - nach Asien - der zweitgroumlszligte aller Erdteile 645 Milshylionen Menschen bewohnen diese reich gegliederte westliche Halbshyinsel der riesigen Festlandmasse Asiens Und weil Europa eigentlich nur ein Anhaumlngsel Asiens ist spricht man gelegentlich von Eushyroasien Gemeint ist damit das gesamte Festland von der fernoumlstshylichen Pazifik-KOste bis zum Atlanshytik in Portugal

Aus geographischer Sicht mag das auch stimmen Aber die Menshyschen die in diesem westlichen Teil des Riesenerdteils Eurasien leben haben ihre eigene ja ihre urshyeigene Geschichte

Europa - sagenhaft

Was den Namen Europa beshytrifft so spielt dabei die griechishysche Insel Kreta eine wesentliche Rolle In der griechische Sagenshywelt war Zeus der Vater aller Goumltshyter und Menschen In der Gestalt eines Stieres raubte er Europe die Tochter des Koumlnigs Agenor und trug sie auf seinem Ruumlcken nach

Kreta Dort stand er ploumltzlich als schoumlner JOngling vor ihr Einer ihshyrer Soumlhne heiszlig Minos Er war Koumlshy

nig von Kreta und seiner Mutter Europe wurden auf der MitteImeershyinsel goumlttliche Ehren zuteil Nach ihr wurde schlieszliglich der Erdteil Europa genannt

Europaumlische Geschichte in acht Minuten

In der Tat wurzelt die europaumlishysche Kultur weitgehend im griechishyschen und spaumlter roumlmischen Leshybensbereich Die Urspruumlnge gehen also bis in das 2 Jahrtausend vor Christi Geburt zuruumlck

Bis in das 5 Jahrhundert nach Christi Geburt war das Roumlmische Reich Traumlger dieser griechisch-roumlshymischen Kultur und in der Zeit der Voumllkerwanderung uumlbernahmen germanische Staumlmmme im Weshysten Europas die Vorherrschaft waumlhrend im Osten das Byzantinishysche Reich entstand

Mit der Gruumlndung des Fraumlnkishyschen Reiches verlagerte sich der politische Schwerpunkt aus dem Mittelmeerraum in den Norden Hier verschmolzen die Reste der antiken Kultur mit den germashynisch-christlichen Vorstellungen zur abendlaumlndischen Kulturr Im Fraumlnkischen Reich kam es zu eishynem Ausgleich der romanischen und germanischen Bevoumllkerungsshyteile und seine politischen Einshyrichtungen wurden zur gemeinsashy

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men Grundlage fast aller abendshylaumlndischen Staaten

Diese kulturelle Einheit Europas kam im 14115 Jahrhundert mit der Ausbreitung des tuumlrkischen Osmashynen-Reiches ins Wanken Der Abshywehrkampf gegen die Tuumlrken wurshyde zur Angelegenheit der gesamtshyen Christenheit der sich auch das Russische Reich in Moskau anshyschloszlig so daszlig auch Ruszligland seit Peter dem Groszligen Anschluszlig an das europaumlische Staatensystem gewann

Die europaumlischen Groszligmaumlchte

Die spanischen Eroberungskrieshyge in der Neuen Welt im 16 Jahrshyhundert und die Einbuszlige der habsshyburg ischen Vormachtstellung im 18 Jahrhundert lieszligen Frankreich schlieszliglich zur Groszligmacht wershyden Ludwig XIV der Sonnenkoumlshynig ist wohl der bekannteste Reshygent dieser Zeit Sein Prachtshyschloszlig in Versailles zeugt noch heute von der damaligen Macht des franzoumlsischen Koumlnigreichs

Die Beschraumlnkung der Habsburshyger auf ihre Hausmacht in Wien lieszlig Oumlsterreich neben Frankreich zu einer weiteren Groszligmacht in Europa werden Und das Interesshysengeflecht in Europa wurde noch dichter als im 18 Jahrhundert Preuszligen den Kreis der wie wir heute sagen worden Supermaumlchshyte erweiterte Vor allem Friedrich der Groszlige hat Preuszligen maumlchtig werden lassen

Inzwischen hatte Groszligbritanshynien die spanische Kolonialmacht

abgeloumlst und in London war man darauf bedacht auf dem Kontishynent das politische Gleichgewicht zu halten Das heiszligt die britische Krone foumlrderte Preuszligen um das Uumlbergewicht Frankreichs zu bremshysen

Gegen Ende des 18 Jahrhunshyderts schuf die Franzoumlsische Reshyvolution die ersten Voraussetzunshygen fuumlr die demokratischen Strukshyturen unserer modernen Staaten der Gegenwart So hat die Verfasshysung der Vereinigten Staaten von Amerika wesentliche Ideen der Franzoumlsischen Revolution (Freishyheit Gleichheit Bruumlderlichkeit) uumlbernommen

Aber der Kampf um die Vorshymachtstellung in Europa ging weishyter Mit der Absicht das kontinenshytale Europa nach dem Vorbild Karls des GroBen unter franzoumlsishyscher Vorherrschaft zu einigen ershyoberte Napoleon I fast ganz Zenshytraleuropa und machte es bis auf die Randgebiete zu denen vor alshylem Groszligbritannien als Hauptwishydersacher Napoleons gehoumlrte von sich abhaumlngig

Nach der Niederlage Napoleons gewann das russische Zarenreich vor allem im suumldoumlstlichen Europa starken Einfluszlig der im sogenannshyten Krimkrieg (1853-1856) durch Frankreich und Groszligbritannien zushyrOckgedraumlngt wurde

Der Beginn der Nationalstaaten

Gegen Ende des 19 Jahrhunshyderts gewann die Idee des Natioshy

Auftrag 201 47

nalstaates immer breiteren Raum Im Suumldosten wurde sie vom Vorshydringen des russischen Panslawisshymus gefoumlrdert und in Mitteleuropa bekam sie 1871 ihr Gewicht durch die Gruumlndung des Deutschen Reishyches durch Otto von Bismarck

Zwar konnte der Friede nach dem deutsch-franzoumlsischen Krieg 1870 -1871 Ober gut 40 Jahre ershyhalten bleiben aber es war nicht zuletzt chauvinistischer Nationashylismus der 1914 zum Ersten Weltshykrieg fOhrte Dieser erste Weltkrieg hatte fuumlr Europa weitreichende hishystorische Konsequenzen Er beenshydete nach uumlber 3000 Jahren die Vormachtstellung Europas in der Welt

Das Ende europaumlischer Vormachtstellung

Welcher bedeutende Einschnitt in der Geschichte Europas sich zu Beginn unseres Jahrhunderts ershyeignete das kann man erst richtig und voll erfassen wenn man daran denkt daszlig dieser Erdteil Ober drei Jahrtausende die Weltgeschichte entscheidend bestimmt hat Und nun gibt es ploumltzlich andere Regioshynen dieser Erde die in der Lage sind die Geschicke unserer Welt maszliggebend zu gestalten

Als am 6 April 1917 die Vereinigshyten Staaten von Amerika dem Deutschen Reich den Krieg erklaumlrshyten trat damit erstmals eine auszligereuropaumlische Macht in Euroshypa auf Den USA schlossen sich die meisten mittel- und suumldamerishy

kanischen Staaten an und im Aushygust 1917 folgte schlieszliglich auch noch China Der Krieg hatte weltshyweiten Umfang angenommen Im gleichen Jahr traten nach der Nieshyderlage des russischen Zarenreishyches die Bolschewiki hervor und damit erschienen die beiden Maumlchte naumlmlich die USA und die Sowjetunion fast gleichzeitig auf dem europaumlischen Feld Ihnen sollte aus der Schwaumlchung Euroshypas dreiszligig Jahre spaumlter eine entshyscheidende Rolle auf diesem Konshytinent zufallen

Der Zweite Weltkrieg der durch Hitlers ungehemmte Gewaltpolitik ausgeloumlst wurde verschaumlrfte dieshyse Sitution noch Die Sowjetunion nach dem Ersten Weltkrieg noch zuruumlckgedraumlngt stieszlig nun bis Mitshyteleuropa vor und steigerte zushygleich ihren Einfluszlig in Asien Die Vereinigten Staaten von Amerika wurden nach dem offen ausgebroshychenen Gegensatz zwischen Ost und West zur Schutzmacht Westshyeuropas Seide Maumlchte die USA und die Sowjetunion traten als die beherrschenden Weltmaumlchte hershyvor und die europaumlischen Staaten durch die Opfer und Verluste des Krieges schwer getroffen waren zu selbstaumlndiger Politik kaum imshystande Hatte schon der Krieg von 191418 einen Machtverlust fuumlr Eushyropa gebracht so wurden die Staashyten Europas nun nach dem Zweishyten Weltkrieg zum politischen Feld der Weltmaumlchte deren Einfluszligbeshyreiche diesen Kontinent in seiner Mitte durchschneiden In seiner

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Mitte Das heiszligt mitten durch Deutschland

Aus der Sicht der kommunistishyschen Fuumlhrung der Sowjetunion nutzte Moskau die Chance die mittel- und sOdosteuropaumlischen Gebiete die der Sowjetunion durch die Ereignisse des Krieges zugefallen waren seinem Einfluszlig zu erhalten Mehr und mehr loumlste sich die Sowjetunion von ihren Kriegsverbuumlndeten und schloszlig dashymit auch ihre Besatzungszone von dem uumlbrigen Deutschland ab Es kam zur staatlichen Teilung Deutschlands und die Unmoumlglichshykeit der Verstaumlndigung zwischen Kommunismus und freiheitlicher Demokratie fuumlhrte zum Ost-Westshykonflikt Mit dem Beginn des Abshybaus des Eisernen Vorhangs des Symbols der Teilung Europas im Jahr 1989 zeichnet sich nun auch das Ende des Ost-West-Konshyflikts ab

Deutschland das geographische Zentrum Europas

3000 Jahre europaumlischer Geshyseichte das sind 3000 Jahre kulshytureller Bluumlte und Perioden voller Lebensqualitaumlt Das sind aber auch Jahrhunderte voller Unruhe gekennezeichnet durch immer wieshyderkehrende Kaumlmpfe um Vorshymachtstellungen Seien es die Unshyterwerfungskriege der Roumlmer geshygen die Gallier und Germanen oder seien es die Glaubenskriege des 17 Jahrhunderts oder die Beshyfreiungskriege des beginnenden

19 Jahrhunderts gegen Napoleon ganz zu schweigen von den bei den verheerenden Weltkriegen unseres Jahrhunderts

Deutschland das Zentrum Euroshypas war fast immer betroffen wenn es um gewaltsame Auseinshyandersetzungen ging Doch ist das so verwunderlich wenn man beshydenkt daszlig dieses Deutschland im Zentrum Europas liegt In der Tat ist es der geographische Mittelshypunkt eines Erdteils der von so vielen Voumllkerstaumlmmen bewohnt wird Eines Erdteils in dem allein an die 70 Sprachen gesprochen werden Schon immer gingen durch dieses Land alle wichtigen Handelswege Aber - und auch das muszlig erwaumlhnt werden - alle wichtigen Heerstraszligen fOhrten ebenfalls durch dieses zentraleushyropaumlische Gebiet

Wo liegen die Gruumlnde dafuumlr daszlig aus diesem Europa eine Oase des Friedens geworden ist Liegt es daran daszlig sich die Zentren der Weltpolitik verschoben haben Daszlig Europa heute nicht mehr die Rolle spielt wie in den Jahrhunshyderten zuvor Oder liegt es vielshyleicht daran daszlig die Politiker aus dem grauenhaften Zweiten Weltshykrieg endlich gelernt haben die richtigen Konsequenzen zu zieshyhen

Es gibt viele Gruumlnde dafuumlr daszlig in diesem Europa obwohl es noch manche Probleme gibt shyheute Frieden herrscht Nicht zushyletzt ist dies der Tatsache zu vershydanken daszlig es internationale lnshy

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stitutionen gibt in die die europaumlishyschen Staaten eingebunden sind Da ist z B das westliche Verteidishygungsbuumlndnis die NATO und da ist z B auch die Europaumlische Geshymeinschaft - kurz die EG

(aus Europa wird eins des Presshyse- und Informationsamtes der Bundesregierung)

Europa shyZu seinen geistigen und ethischen Grundlagen

Wenn wir uns mit den geistigen und ethischen Grundlagen Euroshypas befassen so wird unsere Aufshymerksamkeit zunaumlchst auf die Vershygangenheit gelenkt Woher stamshymen diese Grundlagen Europas Welches sind besonders wichtige Elemente europaumlischer Kultur und politischer Zivilisation Wenn dann am Schluszlig auch Ober die Rolshyle der Christen beim Aufbau Euroshypas zu sprechen sein wird lenken wir den Blick auf die Gegenwart und in die Zukunft verbunden mit einem Appell Denn nach wie vor ist die Substanz der europaumlischen Kultur und der europaumlischen pOlitishyschen Zivilisation christlich und deshalb sind die Christen berufen dies im politischen Alltag zur Gelshytung zu bringen es der Oumlffentlichshykeit neu verstaumlndlich zu machen und es zur Bewaumlltigung der noch bevorstehenden Aufgaben zu aktishyvieren

Zwischen europaumlischer Kultur und europaumlischer politischer Zivilishysation - wie eben geschehen shyzu unterscheiden das weicht von der verbreiteten Gewohnheit ab auch in bezug auf Staat und Politik von Kultur also von politischer Kultur zu sprechen Es ist jedoch geboten 10r den Begriff Zivilisashytion zu werben Er ist erstens dem Bereich von Staat und Politik geshymaumlszliger was schon die Herkunft des Wortes von civis und civishytas zeigt Zweitens hat Zivilisashytion bei uns Deutschen uumlber Geshynerationen als etwas Minderwertishyges gegolten Die Westeuropaumler hatten in unseren Augen nur Zishyvilisation wir Deutsche dagegen hatten etwas viel Houmlherwertiges naumlmlich Kultur Das war eine Verirshyrung die - um es ironisch auszushydruumlcken - nicht gerade fuumlr unsere politische Kultur sprach So vershydient der Begriff politische Zivilishysation eine ausdruumlckliche Rehashybilitierung Es lohnt sich seinen guten Sinn zu bedenken

Politische Einigung und christlishyches Erbe Europas

Warum eigentlich betreiben die Europaumler die pOlitische Einigung Europas Sachlich zutreffend und durchaus einleuchtend ist die Beshygruumlndung die gegenwaumlrtig im Vorshydergrund steht Vieles was in den letzten Jahrzehnten technisch moumlglich und wirtschaftlich noumltig geworden ist laumlszligt sich nicht mehr mit den Kraumlften des einzelnen Nashy

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tionalstaates und innerhalb seiner Grenzen verwirklichen Die Erforshydernisse der Luftfahrt und Raumshyfahrt z B die Versorgung der Beshyvoumllkerung auf dem nun einmal ershyreichten Anspruchsniveau eine ershyfolgversprechende Unterstuumltzung der Dritten Welt die Pflege der Umwelt das alles ist nur noch im Zusammenwirken der Staaten also im uumlbernationalen Rahmen zu bewaumlltigen

Blicken wir aber auch zuruumlck um zu sehen warum nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges die politische Einigung als notwendig erkannt und in begeisterter Aufshybruchsstimmung in Angriff geshynommen wurde Auch damals spielten die Erfordernisse der inshydustriellen Produktion und der Wirtschaft eine groszlige Rolle Die ershysten Schritte des Einigungswerkes wurden getan weil wir zur Uumlbershywindung der Not zur Beseitigung der Kriegsschaumlden zum Wiedershyaufbau der Staaten und Voumllker geshymeinsam ans Werk gehen muszligten Aber der fuumlr die Menschen uumlbershyzeugendste Grund war die Sorge vor einer erneuten Bedrohung der geistigen und politischen Freiheit Es war ihr Wille dieses gemeinsashyme nach dem Zusammenbruch der nationalsozialistischen Desposhytie wiedererlangte Gut gemeinsam zu sichern und zu verteidigen

Das gemeinsame und Gemeinshysamkeit stiftende kostbare Erbe der europaumlischen Voumllker die geistige Kultur und die politische Zivilisation Europas ist aber christshy

lichen Ursprungs und bis zum heushytigen Tag von christlicher Subshystanz Wir vergessen nicht das Erbe der Antike Doch hat das Chrishystentum dem so entscheidend Neues hinzugefuumlgt daszlig der Antishyke - historisch gesehen - eine hinfuumlhrende gewissermaszligen adshyventliche Bedeutung zugeschrieshyben werden muszlig Auszligerdem war ihre vielfaumlltige spaumltere Wirkung stets christlich vermittelt

Ganz in diesem Sinne schrieb der Erzbischof von Luxemburg und Praumlsident der Kommission der Bishyschofskonferenzen der Europaumlishyschen Gemeinschaft Jean Henshygen Die Kirche hat morgen wie gestern und heute die Aufgabe an die menschlichen und christlichen Werte die Fruumlchte griechischen Denkens roumlmischen Rechts und juumldischer Froumlmmigkeit zu erinshynern Diese drei Stroumlmungen hat die Kirche im Lichte des Evangeshyliums zu einem einzigen vereinishygen koumlnnen 1)

Die neuzeitliche Idee der Freiheit Ist christlichen Ursprungs

Christlichen Ursprungs ist vor allem die Freiheit wie wir sie heushyte verstehen Freiheit bedeutete in der Antike die Freiheit des Buumlrgers unter bzw gegenuumlber seinesgleishychen Der griechische Stadtstaat war das Gemeinwesen der Freien und Gleichen So war der Buumlrger frei gegenuumlber den einzelnen anshyderen Nicht frei war er dagegen gegenuumlber dem Herkommen der

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Sitte der Gewohnheit der Gesellshyschaft Das griechische Wort fuumlr Sitte Gewohnheit ist Ethos (woshyvon unser Wort Ethik sich ableishytet) Das Tun und Lassen des einshyzelnen war ethisch richtig wenn es dem Ethos der Gesellschaft entsprach Umgekehrt galt Was dem Ethos der Gesellschaft nicht entsprach war ethisch nicht richshytig Gewiszlig auch die Antike kannte schon die Person-Qualitaumlt des Menschen und das Gewissen als moralische Instanz man denke nur an Sokrates Aber dominierenshyder Maszligstab des rechten Verhalshytens des einzelnen waren Herkomshymen und Sitte der Gesellschaft Hans-Georg Gadamer hat das einshymal treffend formuliert Ethos habe bedeutet fraglos in der Einshydeutigkeit von Kult und Sitte aufshygehoben sein2)

Eine neue Art von Freiheit ist durch das Christentum in die Welt gekommen es ist Freiheit wie wir sie verstehen Nach christlichem Glauben naumlmlich muszlig sich jeder einzelne Mensch fOr sein Tun und Lassen im Juumlngsten Gericht vershyantworten als Person vor dem pershysoumlnlichen Gott Damit ist dieser einzelne prinzipiell vom Ethos der Gesellschaft freigestellt denn letztlich maszliggebliche Instanz ist jetzt der persoumlnliche Gott Die im Hinblick auf ihn gebotene Entshyscheidung kann fordern dem Hershykommen der Sitte der Gesellshyschaft gerade nicht zu folgen sich gegen deren Ethos zu entscheishyden Das ist der Ursprung der inshy

nerweltlichen Autonomie der indishyviduellen Person Es ist wichtig sich bewuszligt zu machen daszlig es die neue theonome Orientierung der Ethik war also ihre Orientierung an Gott die die innerweltliche Autonomie hervorgebracht hat shyund sie legitimiertl Weil der Mensch sich unmittelbar an Willen und Gebot Gottes orientiert ist er prinzipiell frei gegenuumlber der Geshysellschaft Ihr aber meine Bruumlder seid zur Freiheit berufen (Ga 513) Hegel bezeichnet das Christentum als Religion der Freishyheit3) Die Griechen und Roumlmer Platon und Aristoteles auch die Stoiker haben sie (die Idee der Freiheit) nicht gehabt Diese Idee ist durch das Christentum in die Welt gekommen4) Die Weltgeshyschichte sei seitdem Fortschritt im Bewuszligtsein der Freiheit5)

Aus der Herkunft dieser neuen Freiheit folgt daszlig der Mensch seishynem Wesen nach frei ist weil er Person ist Insofern ist er letztlich frei auch wenn er in unfreien Vershyhaumlltnissen leben muszlig Zwar ist es geboten die Freiheit auch in Geshysellschaft und Staat durchzusetshyzen also ein freies Leben zu ershymoumlglichen Nicht aber muszlig der Mensch erst befreit werden durch eine revolutionaumlre Veraumlndeshyrung der gesellschaftlichen Vershyhaumlltnisse

Freiheit als innerweltliche Autoshynomie der individuellen Person beshydeutet auch Faumlhigkeit und Berushyfung zur Selbstbestimmung Sie ist zunaumlchst Moralitaumlt im Sinne

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des Rechts als ethisch guumlltig nur anzuerkennen was man durch eishygene Anstrengung des Geistes und Gewissens als gut einsieht Sie ist sodann auch die Kompeshytenz sich auf eigene Faust uumlber den Sinn des Lebens und der Welt zu orientieren und daruumlber zu eigeshynen Uumlberzeugungen zu gelangen Das fuumlhrte unvermeidlicherweise dazu daszlig sich die Vielfalt untershyschiedlicher Auffassungen des Glaubensinhaltes ausbildete mitshyhin der gemeinsame Glaube sich in verschiedene Konfessionen zershyteilte

Ein anderer charakteristischer Tatbestand der Geschichte des christlichen Europas war die Saumlkushylarisierung auch sie war unvershymeidlich Man koumlnnte die Ursache als Paradoxon formulieren Die Saumlkularisierung des Christentums war Folge seiner Saumlkularisierung Damit soll gesagt sein In dem Maszlige in dem der christliche Glaushybe in die Gestaltung der Dinge der Welt einging geriet das christlishyche Denken seinerseits unter den Einfluszlig des Weltlichen Wir kenshynen eine derartige Wechselwirshykung schon aus der urchristlichen Zeit Die christliche Verkuumlndigung nahm im Zuge der Missionierung der griechischen Welt Elemente griechischen Denkens in sich auf Dabei war die Assimilierung so vollkommen daszlig wir Heutigen uns gar nicht mehr bewuszligt sind wieshyviel Griechisches sich im Wortlaut des Neuen Testaments findet Im Bereich von Staat und Politik war

mit der Freiheit der individuellen Selbstbestimmung die Raumltseltrashyge der europaumlischen Staatstheorie und Staatspraxis gestellt Wie kann die wesentliche Aufgabe des Staates die Stiftung und Gewaumlhrshyleistung des innergesellschaftlishychen Friedens geloumlst werden wenn einerseits der Buumlrger als Pershyson die Faumlhigkeit und den Anshyspruch hat sich uumlber den Sinn des Lebens und der Welt seine eigene Uumlberzeugung zu schaffen anderershyseits aber der innergesellschaftlishyche Friede eine fuumlr alle Buumlrger vershybindliche gemeinsame Sinnorienshytierung zur Voraussetzung hat Des Raumltsels Loumlsung ist daszlig der neuzeitliche Verfassungsstaat nur den einen Wert fuumlr absolut vershybindlich erklaumlrt der seinerseits den Anspruch auf Freiheit der indishyviduellen Selbstbestimmung Obershyhaupt erst begruumlndet das PersonshySein in unserem Grundgesetz als Achtung der Menschenwuumlrde und als Recht auf freie Entfaltung der Persoumlnlichkeit niedergelegt Dieshyser unbedingten VerpfliChtung auf das Prinzip Person als Dreh- und Angelpunkt der staatlichen Ordshynung und des oumlffentlichen Lebens kann sich kein Buumlrger unter Berushyfung auf seine Freiheit zur Selbstshybestimmung verweigern weil dieshyse ja in seiner eigenen personalen Natur wurzelt

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Der sittliche Sinn der weltanshyschaulichen Neutralitaumlt des Staashytes

Wenn ein Staat seiner Ordnung das Prinzip Person zugrunde geshylegt hat ist er nicht wertneutral Vielmehr verpflichtet er sich selbst und seine BOrger auf alle Werte und Wertungen die sich mit Notshywendigkeit und unmittelbar aus der personalen Natur des Menshyschen begrOnden Aber eben desshyhalb muszlig er weltanschaulich neushytral sein weil es zu der der Person geschuldeten Achtung gehoumlrt ihr auch die Freiheit zur selbstbestimshymenden Sinnorientierung zuzuershykennen So ist die weltanschaulishyche Neutralitaumlt des neuzeitlichen Verfassungsstaates sowohl Folge als auch Voraussetzung seiner spezifischen Wertorientierung

Historisch war die weltanschaushyliche Neutralitaumlt des Staates Vorshyaussetzung fOr die Uumlberwindung der konfessionellen BOrgerkriege Sie ermoumlglichte trotz der Feindshyschaft zwischen den Konfessioshynen den innergesellschaftlichen Frieden indem sie die GOltigkeit der staatlichen Ordnung und die Loyalitaumlt der Buumlrger unabhaumlngig von Fragen machte uumlber die es geshygensaumltzl iche Wahrheitsoberzeushygungen gab Allerdings war auch damit ein wichtiger Schritt auf dem Wege der Saumlkularisierung geshytan Doch aus heutiger Sicht steishylen wir fest daszlig gerade der weltanshyschaulich neutrale (aber nicht wertneutrale) Staat dem christlishy

ehen Glauben in besonderer Weishyse entspricht weil er die Freiheit des Buumlrgers unmittelbar zu Gott gewaumlhrleistet Dagegen ist der inshytegral-christliche Staat dem christshylichen Glauben nicht gemaumlszlig Denn erstens kann er die freie Entscheishydung gegen den Glauben (welche Voraussetzung der freien Entshyscheidung dafOr ist) aus GrOnden der Staatsraison nicht dulden und zweitens lehrt die Erfahrung daszlig das Christentum wenn man es zur Zivilreligion macht zur Ideologie verkommt Uumlbrigens Wenn heute weitgehend Frieden zwischen den Konfessionen herrscht so hat das sicher seinen Grund auch darin daszlig wir gelernt haben den andeshyren in seiner Uumlberzeugung ernst zu nehmen

Die Bedeutung der Aufklaumlrung

Es ist eine historische Auszeichshynung unserer Zeit daszlig begriffen ist daszlig der weltanschaulich neushytrale Staat und der christliche Glaube einander nicht ausschlieshyszligen sondern foumlrdern Wie ist es dann aber zu erklaumlren daszlig sie einshyander lange Zeit als Gegner vershystanden Weit verbreitet ist die Vorstellung der neuzeitliche Staat sei ein Werk der Aufklaumlrung und dies sei der Grund der Gegnershyschaft gewesen Dies ist jedoch zu bezweifeln weil erstens der neushyzeitliche Staat nicht erst in der Zeit der Aufklaumlrung entwickelt wurde und weil zweitens Aufklaumlrung shyrecht verstanden - nichts Unshy

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christliches ist Das Prinzip des freiheitlichen Staates ist von christlicher Herkunft und Subshystanz sein Konzept wurde laumlngst vor der Aufklaumlrung gefunden und seine klassische Theorie betrachshytete es noch als selbstverstaumlndshylich daszlig der Souveraumln den Geboshyten Gottes unterworfen sei Bei Bodin war der Souveraumln zwar nicht an die eigenen Gesetze wohl aber an das von Gott stammende Recht gebunden und Hobbes verpflichshytete noch jeden Buumlrger auf das Beshykenntnis Jesus is the Christ Aufklaumlrung aber ist die klare Einshysicht uumlber die Wirklichkeit der von Gott geschaffenen Welt und sie ist Muumlndigkeit in dem Sinn daszlig der Mensch von seiner Faumlhigkeit zur Selbstbestimmung Gebrauch macht und seiner Pflicht zur Selbstveranwortung genuumlgt

So kann man in der Aufklaumlrung den Grund der Religions- und Kirshychenfeindlichkeit nicht sehen wohl aber im Rationalismus also jener reduzierten und entstellten Auffassung von Vernunft die meinte Glauben und Transzenshydenzerfahrung als vernunftwidrig verwerfen zu muumlssen Dieser Rashytionalismus ging zwar mit der Aufshyklaumlrung einher ist aber keinesshywegs notwendig mit ihr verbunshyden Heute ist dieser beschraumlnkte Rationalismus zumindest aus der ernst zu nehmenden Diskussion verschwunden

Der Durchgang durch die Aufshyklaumlrung hat den christlichen Glaushyben nicht widerlegt sondern reifer

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werden lassen Auszligerdem hat sich die christliche Freiheit gewissershymaszligen im Modus der Aufklaumlrung als Prinzip der Gestaltung der Welt durchgesetzt wenn auch auf vershyworrenen Wegen Wer das Vershydienst der Aufklaumlrung nicht wahrshyhaben wollte muumlszligte dem erreichshyten Stand geistiger Kultur und poshylitischer Zivilisation eine Absage erteilen Das Gegenteil ist aber geshyboten Wir muumlssen die christliche Substanz dieser Kultur und Zivilishysation neu beleben um uns deren Errungenschaft zu erhalten ohne ihren Gefahren zu erliegen - Eleshymente dieser aus christlicher Subshystanz entfalteten europaumlischen Kultur und Zivilisation sind vor alshylem Gerechtigkeit Solidaritaumlt und Subsidiaritaumlt

Gerechtigkeit

Zur Gerechtigkeit bekennen sich unsere beiden groszligen Volksshyparteien in ihren Grundsatzproshygrammen gleichermaszligen Doch was dann Ober die Gerechtigkeit zu lesen ist laumluft auf ein Lob der Gleichheit hinaus Jedenfalls fehlt eine einigermaszligen zureichende Aussage was unter Gerechtigshykeit zu verstehen ist Das mag daran liegen daszlig es nicht leicht ist zu bestimmen was Gerechtigshykeit ist vielleicht aber mangelt es unserer Zeit auch an Verstaumlndnis tuumlr Gerechtigkeit

Gleich sind alle Menschen vor Gott gleich sind sie in ihrem Pershyson-Sein und - davon abgeleishy

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tet - auch vor dem Gesetz Im uumlbshyrigen jedoch will keiner mit den anshyderen gleich sein sondern jedershymann legt Wert darauf anders zu sein als die anderen Gleich wolshylen die Menschen immer nur in bezug auf etwas sein und zwar auf etwas Gutes gleich wohlhashybend gleich gesund gleich geshyschaumltzt von anderen etc Wo das aber der Fall ist wollen sie keinesshyfalls gleich bleiben sondern sie streben danach die anderen zu uumlbertreffen Also begruumlndet das Person-Sein einerseits den Anshyspruch auf Gleichbehandlung vershybittet sich andererseits aber (und verbietet) Gleichmacherei Alle Personen erheben und haben gleishychen Anspruch daszlig man jeder in ihrer Besonderheit gerecht wird

Das zu leisten ist Sache der Geshyrechtigkeit Zugang zu ihrem Vershystaumlndnis eroumlffnet das Symbol der Justitia die Waage Auch bei ihr ist Gleichheit im Spiel naumlmlich der Gleichstand der beiden Waagshyschalen Jedoch geht es hier nicht um ein Vergleichen zweier Persoshynen in bezug auf eine Groumlszlige (gleich wohlhabend gleich angeshysehen) sondern um den Ausgleich zwischen zwei Groumlszligen in bezug auf eine Person Die Waagschalen sollen im Gleichstand sein z B zwischen Leistung und Lohn (geshyrechter Lohn) oder Schuld und Strafe (gerechte Strafe) oder Vershydienste und Fehler (gerechte Beurshyteilung) oder Lasten und Unterstuumltshyzung (gerechte Behandlung) Der Sinn von Gerechtigkeit besteht

also darin jedermann und jedem Fall in seiner Besonderheit geshyrecht zu werden Mithin setzt Geshyrechtigkeit Verschiedenheit vorshyaus Knuumlpfen wir daran die Frage an warum unsere Zeit sich mit der Gerechtigkeit schwer tut und desshyhalb dazu neigt sie auf Gleichheit zu verkuumlrzen so koumlnnte vielleicht folgendes der Grund sein Bei der Gleichheit ist das in bezug worauf sie gegeben ist identisch mit dem Maszligstab nach dem sie beurteilt wird Vergleicht man also z B zwei Tuumlrme in bezug auf ihre Houmlhe so ist Houmlhe auch der Maszligstab nach dem wir gegebenenfalls festshystellen daszlig sie gleich hoch sind

Das kann jedermann fuumlr sich alshylein feststellen Bei der Gerechtigshykeit dagegen bedarf es eines allgeshymein anerkannten und allgemeinshyverbindlichen Maszligstabes nach dem zwei unterschiedliche Groumlszligen wie z B Leistung und Lohn in ein richtiges Verhaumlltnis zueinander gesetzt werden damit die beiden Waagschalen in den Gleichstand kommen Gerechtigkeit hat also etwas mit Richtigkeit zu tun Gleichheit dagegen nicht Aber wir tun uns heutzutage schwer darshyuumlber was das Richtige sei Konshysens zu finden Es kommt hinzu daszlig es fuumlr die Entscheidung was gerecht ist einer bevollmaumlchtigshyten Instanz bedarf Denn jedershymann kann zwar selbst entscheishyden ob er mit anderen in bezug auf etwas gleich ist doch kann nieshymand in bezug auf sich selbst Geshyrechtigkeit uumlben Geschwaumlcht ist

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aber auch unser Vertrauen zu Inshystanzen die uumlber das was richtig ist zu entscheiden haben

Solidaritaumlt

Bei der Solidaritaumlt ist in unseshyrem Zusammenhang vor allem darshyan zu erinnern daszlig wir verpflichtet sind von unserer Freiheit nur solishydarisch Gebrauch zu machen Anshylaszlig zu Solidaritaumlt ist immer eine gewisse Gemeinsamkeit man denke etwa an nationale Solidarishytaumlt Klassen-Solidaritaumlt die Solidashyritaumlt der Angehoumlrigen einer Famishylie Solidarisch denken und hanshydeln heiszligt dann so handeln wie es solche Gemeinsamkeit fordert und foumlrdert Im Falle der Freiheit bestimmt sich die Gemeinsamkeit wie fOlgt Erstens sind alle frei inshysofern das Frei-Sein ein Moment des Person-Seins ist Zweitens wurzelt darin der Anspruch eines jeden seine Freiheit auch zu betaumlshytigen und darin von anderen nicht beeintraumlchtigt zu werden Der Anshyspruch der Freiheit ist seiner Quashylitaumlt nach aumluszligerst individuell seishyner Quantitaumlt nach jedoch aumluszligerst allgemein Jedermann beanshysprucht individuelle Freiheit und hat ein Recht darauf Drittens ist die Freiheit des anderen nicht bloszlig die Grenze die der Betaumltigung der eigenen Freiheit gesetzt ist sonshydern sie ist daruumlber hinaus Vorausshysetzung der Aktualisierung der eishygenen Freiheit Es sind diese Geshymeinsamkeiten die den solidarishyschen Gebrauch der Freiheit for-

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dem Was besagt das praktisch Erstens gilt das was in Artikel 14 des Grundgesetzes uumlber das Eishygentum (ein klassisches Freiheitsshyrecht) ausdruumlcklich gesagt ist Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen fuumlr alle Freiheitsrechte Jeder Freishyheitsgebrauch ist sozialpflichtig Was ergibt sich daraus z B fuumlr den Gebrauch der Freiheit der Meishynungsaumluszligerung Darf man andeshyren ihre Sinnorientierung zerstoumlshyren die fuumlr sie Voraussetzung ihrer Persoumlnlichkeitsbildung ist Im Beshyreich der Intellektualitaumlt scheint man nichts dabei zu finden wenn einzelne ihre Uumlberlegenheit hemshymungslos gegen ihre Mitmenshyschen ausspielen Zweitens ist zu beachten daszlig sich das Maszlig an Freiheit das in einem Staat vershywirklicht ist nicht nach dem Maxishymum bestimmt das einzelne erreishychen sondern nach dem allgemeishynen Niveau das fuumlr alle erreicht ist Es kann daher ein Gebot der Solidaritaumlt sein die Freiheit einzelshyner etwas zu beschneiden wenn dadurch das allgemeine Niveau der Freiheit gehoben werden kann

Subsidiaritaumlt

Nach dem Grundsatz der Subsishydiaritaumlt sollen gesellschaftliche und politische Aufgaben nur dann einer groumlszligeren Gemeinschaft zushygewiesen werden wenn sie die Kraumlfte und Moumlglichkeiten einer kleineren Gemeinschaft uumlberforshydern Demnach sollte z B ein Bunshy

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desland nur das Obernehmen was in kommunaler Selbstverwaltung nicht geleistet werden kann und die Zentralgewalt eines Bundesshystaates sollte nur fOr diejenigen Angelegenheiten zustaumlndig sein die mit den den Laumlndern verfuumlgbashyren Mitteln nicht erledigt werden koumlnnen Dieses Beispiel fOhrt uns auf das Feld auf dem die Subsishydiaritaumlt sowohl allgemein politisch als auch im Hinblick auf Europa besondere Bedeutung hat das Feld des Foumlderalismus Foumlderalisshymus heiszligt Bundesgenossenshyschaft und bezieht sich insbesonshydere auf die Bundesgenossenshyschaft von Staaten Sie bilden eishynen Bund wenn sie sich aus freier autonomer EntSCheidung einer geshymeinsamen Ordnung unterstellen und eine Handlungseinheit bilden Wenn die Autonomie bei den einshyzelnen beteiligten Staaten bleibt spricht man von einem Staatenshybund wenn sie zwischen diesen Staaten und dem Gesamtstaat aufgeteilt ist von einem Bundesshystaat An der Europaumlischen Geshymeinschaft koumlnnen wir beobachshyten wie die Tendenz der Entwickshylung von staatenbOndischen Anshyfaumlngen auf ein bundesstaatliches Ziel zulaumluft

Am Foumlderalismus zeigt sich wie der Grundsdatz der Solidaritaumlt seishyne notwendige Ergaumlnzung im Grundsatz der Genossenschaft findet Von ihm ist heute weniger die Rede als von der Subsidiaritaumltj aber auch er hat eine politisch beshydeutende weit in die Geschichte

zurOckreichende Tradition Bei dem Wort Genossenschaft denshyken wir heute wohl nur an Berufsshygenossenschaften oder Einshykaufsgenossenschaften uauml Eishygentlich aber handelt es sich um eine Grundform nicht nur gesellshyschaftlicher sondern vor allem auch politischer ZusammenshyschlOsse naumlmlich um die Rechtsshygemeinschaft unter Gleichen In der Genossenschaft gibt es keine Uumlber- und Unterordnung sondern sie beruht auf dem Prinzip der Geshygenseitigkeit Das historische Mushysterbeispiel ist die alte Eidgenosshysenschaft der Schweizer Genosshysenschaftliches Recht ist das moshyderne Voumllkerrecht weil seine Beshyachtung nicht von einer Obergeshyordneten Gewalt erzwungen wershyden kann sondern darauf angeshywiesen ist von den Staaten freiwillig beachtet und eingehalshyten zu werden

Die Wirkkraft des Gedankens der Subsidiaritaumlt erweist sich geshygenwaumlrtig in einer erstaunlichen Wiederbelebung der europaumlischen Regionen Regionen sind Leshybenskreise die entweder uumlber die Grenzen von zwei oder drei Natioshynalstaaten hinweg oder aber innershyhalb eines Nationalstaates ein geshywisses Eigenleben entfalten In der Regel sind sie landschaftlich oder sprachlich zuweilen auch hishystorisch eine Einheit wie z B die Bretagne Katalonien das Timler Alpengebiet oder der badischshynordschweizerische Raum Solanshyge der Nationalstaat auf der Houmlhe

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seiner Macht stand lieszlig er die Vershywirklichung regionaler Eigenstaumlnshydigkeit nicht zu er war auch in der Lage die speziell regionalen Angeshylegenheiten im Rahmen seiner zentralen Ordnung und Verwalshytung mit zu erledigen In dem Maszlige aber in dem mehr und mehr Zustaumlndigkeiten von den Nationalshystaaten auf die Europaumlische Geshymeinschaft uumlbergehen ist die Reshygion auf den Nationalstaat wenishyger angewiesen und gewinnt ihm gegenuumlber an Spielraum fuumlr eigeshyne Gestaltung

Foumlderalismus Genossenshyschaftsprinzip und Regionalismus sind Formen der Verwirklichung der Subsidiaritaumlt Ein politisch endguumlltig vereinigtes Europa ist nur moumlglich bzw kann nur dann von Dauer sein wenn es die je beshysonderen Eigenheiten der Natioshynen Staumlmme und regionalen Geshymeinschaften nicht auszuloumlschen versucht sondern zu erhalten und zu pflegen hilft

Politische Freiheit setzt Offenheit zur Transzendenz voraus

Es gehoumlrt zur Natur des freiheitshylichen Staates daszlig er uumlber die letzten Voraussetzungen seines Bestehens nicht verfuumlgen kann und Verfuumlgung auch nicht anstremiddot ben darf Diese letzten Voraussetshyzungen sind die Grundwerte des menschlichen Lebens und die pershysonale Natur des einzelnen Menshyschen Die Grundwerte insbesonshydere Freiheit Gerechtigkeit und

Gleichheit werden nicht vom Staat gestiftet sondern sind ihm vorgegeben Er muszlig sich an ihnen orientieren und auf seine Weise zu ihrer Verwirklichung beitragen Doch ist er dafuumlr nicht allein zushystaumlndig sondern es ist dies jedem Menschen als Aufgabe der indivishyduellen Lebensfuumlhrung gestellt Zwar fassen wir Freiheit Geshyrechtigkeit und Gleichheit vorshyzugsweise als politische Forderunshygen auf aber wir muumlssen uns beshywuszligt halten daszlig sie ihren Urshysprung vor aller Politik haben und daszlig ihre menschenmoumlgliche Vershywirklichung niemals allein mit den Mitteln des Staates zu leisten ist sondern die Freiheit selbstbeshystimmten Wollens der einzelnen BOrger voraussetzt

So weisen also die Prinzipien des neuzeitlichen Verfassungsshystaates uumlber diesen hinaus Das bedeutet daszlig der Staat mit der GeshyWaumlhrleistung der Grundrechte nicht nur einen Bereich der Privatshyautonomie aus seiner Zustaumlndigshykeit ausgrenzt sondern einen Beshyreich anerkennt der innerweltshylicher Verfuumlgbarkeit uumlberhaupt entzogen ist Es ist dies gewissershymaszligen das Quellgebiet menschenshywuumlrdigen Lebens

Schlechthin unverfuumlgbar ist auch die personale Natur des einshyzelnen Menschen Der neuzeitliche Verfassungsstaat versteht sich als Produkt des Selbstverstaumlndnisses und des Wollens seiner Buumlrger Jeshydem einzelnen dieser Buumlrger ershykennt er einen Status innerweltlishy

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cher Autonomie zu in den einzushygreifen oumlffentlicher Gewalt untershysagt ist Der Buumlrger seinerseits leishytet aus seiner Autonomie eine orishyginaumlre Kompetenz der Mitgestalshytung des Staatslebens und der Krishytik an der politischen Ordnung ab auszligerdem einen Vorbehalt des Geshywissens gegenuumlber allen Anspruumlshychen welche Gesellschaft und Staat an ihn stellen Das alles waumlre nicht denkbar und nicht zu rechtfertigen wenn der einzelne nicht mehr repraumlsentierte als bloszlig sein privates Ich Das heiszligt politishysche Freiheit setzt voraus daszlig der Mensch sein Wollen und Handeln letztlich auf eine der Gesellschaft und dem Staat uumlbergeordnete Leshygitimation zuruumlckfOhrt Wir hatten das eingangs unter dem Aspekt festgestellt daszlig es die theonome Orientierung der Ethik ist welche die innerweltliche Autonomie der Person begrOndet und legitimiert

Aus alledem ergibt sich daszlig der Staat wenn er freiheitlich sein soll sich offen halten muszlig zur Transzendenz Da er weltanschaushylich neutral sein muszlig muszlig es bei dieser sehr allgemeinen Feststelshylung offen zur Transzendenz bleiben So wenig er dieser gegenshyuumlber indifferent sein darf so wenig darf er daruumlber bestimmte Aussashygen machen Wohl aber muszlig er den Kirchen - oder wie es konseshyquent weltanschaulich neutral in unserer Verfassung heiszligt den Reshyligionsgesellschaften - diejenishyge oumlffentliche Stellung zuerkenshynen auf die sie Anspruch haben

um Transzendenz institutionell zu repraumlsentieren Sache der Kirchen ist es dann die transzendente Wirklichkeit inhaltlich bestimmt und verbindlich zu verkuumlnden und zu vermitteln

Das gilt was um des Heiles wilshylen selbstverstaumlndlich sein sollte auch im Interesse der pOlitischen Freiheit Die Kirche dient ihr nicht durch sozial praktische Umtriebigshykeit sondern durch die Pflege der transzendenzbezogenen Elemente der Religion der Lehre der Glaushybenswahrheiten der Gottesverehshyrung und des sakramentalen Leshybens Nur so kann sie den Menshyschen helfen in ihrem Transzenshydenzbezug bewuszligter sicherer und lebendiger zu werden

Menschenwuumlrde

Die Freiheit wie wir sie versteshyhen und wie sie durch das Chrishystentum in die Welt gekommen ist war jahrhundertelang dasjenige Element der personalen Natur des Menschen das im Mittelpunkt des politischen Denkens und der polishytischen Auseinandersetzungen stand Vor diesem Hintergrund ist es bemerkenswert und nachdenshykenswert daszlig in unserem Jahrshyhundert insbesondere seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges ein anderes Element naumlmlich die Wuumlrshyde der Person als SchlOsseIbeshygriff hervorgehoben wird So gruumlnshydet die allgemeine Erklaumlrung der Menschenrechte der Vereinten Nashytionen auf der Anerkennung der

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allen Mitgliedern der menschlishychen Familie innewohnenden Wuumlrshyde und unser Grundgesetz beshyginnt mit dem Bekenntnis zur Menshyschenwuumlrde Auch dieses Erkenshynen und Begreifen der dem Menshyschen eingeborenen Wuumlrde vershydankt die Welt der Tradition des Christentums in diesem Fall seishynem Ausgang von der Heilsgeshyschichte des Volkes Israel Denn eingeboren ist die Wuumlrde dem Menschen weil Gott ihn nach seishynem Ebenbild geschaffen hat Wer sich auf eine innerweltliche Beshystimmung der Menschenwuumlrde beshyschraumlnken will stellt fest daszlig sie die Substanz und der Wert ist die der Mensch einfach dadurch beshysitzt daszlig er Mensch ist Er muszlig sich seine Wuumlrde nicht erst verdieshynen indem er sich in irgendeiner Weise bewaumlhrt Im Gegenteil Er kann seine Wuumlrde nicht verlieren auch wenn er versagt boumlse ist sich schuldig macht sich verweishygert usw Die menschliche Exishystenz behaumllt ihre von Gott eingeshystiftete Wuumlrde auch in ihren Abshygruumlnden und in ihrer Entstellung

Was folgt daraus wenn anstelle der Freiheit die Menschenwuumlrde in den Dreh- und Angelpunkt unseres Lebens ruumlckt Zunaumlchst ist festzushystellen daszlig die Idee der Freiheit dadurch in keiner Weise an Bedeushytung verliert Denn die Menschenshywuumlrde schlieszligt die Tatsache daszlig der Mensch frei ist weil er Person ist in vollem Umfang mit ein Doch stellt sie dieses eine Element Freishyheit in den Gesamtzusammen-

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hang aller Elemente personaler Existenz Das zeigt sich z B an der Moumlglichkeit daszlig man aus menshyschenwuumlrdigen Gruumlnden auf Freishyheit verzichten kann etwa einem anderen Menschen zuliebe Auch gibt es eine Wuumlrde des Dienens und des Gehorsams vorausgeshysetzt beides wird aus freiem eigeshynem Entschluszlig geleistet - Wichshytig ist ferner daszlig bei der Freiheit der Anspruch des Ich dominiert wenngleich bei rechtem Bedenken zu erkennen ist daszlig - wie schon gesagt - die Freiheit des anderen nicht nur Grenze sondern sogar Voraussetzung der eigenen Freishyheit ist Dagegen dominiert im Beshygriff der Menschenwuumlrde von vornshyherein der Anspruch des anderen gegen mich Dem Recht der freien Entfaltung der eigenen Persoumlnlichshykeit steht die Pflicht gegenuumlber die Wuumlrde des anderen zu achten und nicht anzutasten - Dritshytens hat der Freiheitsanspruch seine spezifischen Moumlglichkeiten der Verirrung Egozentrik moralishyscher Subjektivismus Beliebigkeit des Meinens und Verhaltens waumlhshyrend die Orientierung an der Menshyschenwuumlrde gewissermaszligen per definitionem die Moumlglichkeit der Verirrung ausschlieszligt - Schlieszligshylich ist die Verantwortung fuumlr den Mitmenschen die dem Freiheitsshyanspruch ausdruumlcklich entgegenshygesetzt werden muszlig im Verstaumlndshynis der Menschenwuumlrde von vornshyherein mitenthalten Das beherrshyschende Beispiel dafuumlr ist unsere Mitverantwortung fuumlr die Menshy

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sehen der Dritten Welt sie ergibt sich nicht unmittelbar aus dem Prinzip Freiheit wohl aber aus der Anerkennung der Menschenshywuumlrde

Die europaumlische politische Zivilishysation ist Gemeingut aller europaumlishyschen Voumllker

Wie die aus dem Christentum hervorgegangene Denk- und Leshybensweise uumlberhaupt so ist auch die aus christlichem Ursprung entshywickelte politische Zivilisation dem Bewuszligtsein aller europaumlishyschen Voumllker eingepraumlgt Gerade bei der Aufloumlsung der sowjetkomshymunistischen Oberherrschaft in Ostmitteleuropa erleben wir wie selbstverstaumlndlich den Menschen dort die Vorstellungen und eine Gesittung geblieben sind die man als westlich zu bezeichnen pflegt Insbesondere bei den Poshylen Tschechen Slowaken und Unshygarn reicht die Tradition der Freishyheitsliebe und des verfassungsshystaatlichen Wollens bis weit ins 19 Jahrhundert zuruumlck Sie hat sich nach dem Zweiten Weltkrieg als so stark und bestimmend ershywiesen daszlig sie der totalitaumlren Dikshytatur nicht nur nicht erlag sondern es sogar vermochte deren volle Durchsetzung zu verhindern ja ihr gewisse moderate Zuumlge zu verleishyhen In keinem dieser Laumlnder war die kommunistische Herrschaft so ideologisch verbissen wie in der DDR Mit dem Ende der sowjetshykommunistischen Oberherrschaft

aber war von heute auf morgen reshypublikanische Staatlichkeit voll gegenwaumlrtig Wir machen uns wohl noch gar keine rechte Vorshystellung welche Staumlrkung Euroshypas die Ruumlckkehr dieser Staaten in die Gemeinschaft der freien Voumllker bedeutet wieviel sie beitragen werden zur Erfuumlllung der Aufgaben Europas in der Welt

Die Grundgedanken der europaumlishyschen politischen Zivilisation hashyben sich uumlber die ganze Welt vershybreitet haben sich jedoch noch laumlngst nicht durchgesetzt Zwar darf man einen Fortschritt darin sehen daszlig kaum mehr ein Regime es wagt das Bekenntnis zu Menshyschenwuumlrde Freiheit Rechtsshystaatlichkeit Demokratie und Geshywaltlosigkeit zu unterlassen doch Praxis und Wirklichkeit sind nach wie vor erfuumlllt von Unterdruumlckung menschenunwuumlrdigen Lebensbeshydingungen Folter Krieg und Buumlrshygerkrieg Die Gebote der menschlishychen Solidaritaumlt und der Naumlchshystenliebe machen die Europaumler mitverantwortlich dafuumlr gegen all diese Not Armut Unwissenheit und dieses Elend anzugehen Und es fehlt Europa nicht an den Mitshyteln der Bildung Politik und Wirtshyschaft um trotz tausendfacher Schwierigkeiten Hemmnisse und Widerstaumlnde das Leben derer die doch ihre Bruumlder und Schwestern sind menschlicher zu machen Das ist uumlberdies auch eine Vorausshysetzung fuumlr die Foumlrderung des Friedens in der Welt denn Frieden kann es ohne verwirklichte Freishy

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heit Willen zur Gerechtigkeit und ein Mindestmaszlig an Lebensqualishytaumlt nicht geben Freiheit des Glaushybens und Freiheit der Rede Freishyheit von Not und Freiheit von Furcht so hat es Praumlsident Rooseshyvelt 1941 in einer Botschaft an den Kongreszlig der Vereinigten Staaten von Amerika am Beginn des Kampshyfes gegen die nationalsozialistishysche Bedrohung der Welt formushyliert Das entspricht christlich-eushyropaumlischer Tradition und hat bleishybende Guumlltigkeit

Der Beitrag der Christen zur Einishygung Europas

Was bedeutet das alles fuumlr die Rolle der Christen bei der politishyschen Einigung Europas Papst Pius XII hat einmal gesagt das Christentum habe die Seele der europaumlischen Voumllker am tiefsten geformt5l und Papst Paul VI beshymerkte In der Tat gehoumlrt die christliche Tradition ganz wesentshylich zu Europa Selbst in jenen Menschen die nicht unseren Glaushyben teilen selbst dort wo der Glaube verschuumlttet oder ausgeshyloumlscht ist sind die menschlichen Spuren des Evangeliums weiterhin anzutreffen und stellen nunmehr ein gemeinsames Erbe dar das wir im Interesse der Entfaltung des einzelnen Menschen fruchtbar machen sollen 7) Der Bevollmaumlchshytigte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland Bischof Binder schreibt in einem Aufsatz Es laumlszligt sich nicht leugnen daszlig

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die Voumllker Europas eine vom Chrishystentum gepraumlgte gemeinsame Geschichte haben Von der Ent- wicklung der Bildungseinrichtunshygen bis hin zum Sozialwesen von der Entwicklung der individuellen Freiheitsrechte bis hin zu den Vorshystellungen vom Gemeinwohl shyuumlberall laumlszligt sich das Urgestein christlichen Wirkens und Lebens nachweisen 8)

Auf unsere Frage bezogen heiszligt das Die fuumlr die politische Einishygung Europas erforderliche geshymeinsame ideelle Grundlage muumlsshysen wir nicht erst schaffen sonshydern die Voumllker Europas haben sie mit ihrer christlich gepraumlgten geistigen Kultur und politisch-sittshylichen Zivilisation schon seit je als gemeinsamen Besitz als ein Gutshyhaben auf das sie heute zuruumlckshygreifen koumlnnen Es ist nicht so daszlig wir erst Europa denken koumlnnten um dann in einem zweishyten Schritt festzustellen daszlig dazu gewisse Gemeinsamkeiten hinzushykommen Sondern die Individualishytaumlt Europas in der Geschichte der Menschheit ist uumlberhaupt nichts anderes als das Resultat der Wirshykung der christlichen Botschaft in der Welt sowie der christlich vershymittelten Antike Wohl aber muumlsshysen wir wachsam sein damit wir das gemeinsame Erbe der europaumlishyschen Voumllker nicht verlieren Das scheint in einer zwar negativ geshywendeten jedoch treffenden Beshymerkung des deutschen Sozialshytheoretikers JOrgen Habermas ausgedruumlckt zu sein Er sprach mit

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Bezug auf den modernen demokrashytischen Verfassungsstaat einmal von der Gefahr einer Erosion der nicht reflektierten Randbedingunshygen dieses Systems

Um diese nicht-reflektierten Randbedingungen geht es wenn wir uumlber die Rolle des Christenshytums bei der Einigung Europas sprechen Freiheit und Menschenshywuumlrde als Prinzipien unserer politishyschen Ordnung sind naumlmlich nicht so rein innerweltlich zu begruumlnden und zu gewaumlhrleisten wie die proshyfane Staatstheorie es erscheinen laumlszligt Sie setzen vielmehr wie wir sahen die theonome Orientierung voraus die das Christentum in die Welt gebracht hat Die profane Staatstheorie wie auch die Praxis der europaumlischen Staaten sind jeshydoch so angelegt daszlig diese fOr sie im Grunde unentbehrliche theonoshyme Orientierung zur nicht-reflekshytierten Randbedingung verkuumlmshymern koumlnnte und von Erosion beshydroht ist Diesen Erosionsprozeszlig aufzuhalten die wahren Vorausshysetzungen von Freiheit und Menshyschenwuumlrde zu bedenken und neu zur Geltung zu bringen das ist der spezifische politische Beitrag der Christen zur politischen Einigung Europas

Hans Buchheim

(aus Kirche und Gesellschaft Nr 175 hermiddot ausgegeben von der Kath Sozialwismiddot senseh Zentralstelle Moumlnchengladbach)

Anmerkungen

Bei diesem Heft handelt es sich um die ermiddot weiterte Fassung eines vom Verfasser bei

der Europaumlischen Begegnung 1990 in Otmiddot tobeuren gehaltenen Vortrags

1) Projekt Europa Dezember 1988 S 4 2) Hans-Georg Gadamer Platons dialektimiddot

sehe Ethik - Hamburg 1968 S 211shy3) GWF Hegel Rechtsphilosophie sect 18

Zusatz 4) GWF Hegel Enzyklopaumldie sect 482 5) GWF Hegel Philosophie der Weltgemiddot

schichte Einleitung I 1 c 6) Europaumlische Einheit und europaumlischer

Geist Ansprache vom 15 Maumlrz 1953 in AF Utz u J F Groner (Hrsg) Aufbau und Entfaltung des gesellschaft Leshybens Soziale Summe Pius XII 11 Bd 2 Auf FreiburgSchweiz 1962 Nr 3895

7) BotSChaft an den Europarat in Straszligmiddot burg vom 26 Januar 1977 in Papst Paul VI Wort und Weisung im Jahr 1977 Kevelaer 1978 S 157

8) In epdmiddotDokumentation 878 v 132 1978 S 41

Zur Person des Verfassers

Dr Hans Buchheim Professor der Politikmiddot wissenSChaft an der Universitaumlt Mainz Vormiddot sitzender der Kommission Politik Verfasshysung Recht des Zentralkomitees der deutmiddot sehen Katholiken

Ergebnisse Ulld

Schluszligfolgerungen des Europa-Studienshytages (Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofsshykonferenz 1991)

Ein Studientag hat nicht die Aufshygabe unmittelbar zu konkreten Ershygebnissen und Schluszligfolgerungen zu fuumlhren Es geht vielmehr darum

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einen Problembereich ausfOhrlich zu besprechen Aus diesem Grunde wurden die bei der Herbstshyvollversammlung im September vergangenen Jahres angesprocheshynen Handlungsziele systematisch zusammengefaszligt und der jetzigen Vollversammlung vorgelegt Mit dem Rat der Europaumlischen Bishyschofs konferenzen (CCEE) und der Kommission der Bischofskonfeshyrenzen der Europaumlischen Gemeinshyschaft (ComECE) haben wir wichtishyge Instrumente fuumlr ein gemeinsashymes kirchliches Handeln auf euroshypaumlischer Ebene 1 Auf der Grundlage des Erfahshy

rungsaustausches bei der aushyszligerordentlichen Bischofssynshyode (1991) und bei den europaumlishyschen Bischofssymposien soll auf ein gemeinsames europaumlishysches Handeln hingewirkt wershyden

2 Im Bereich der Menschenshyrechtsfragen und der Friedensshyethik sowie der Umweltprobleshymatik sollen angesichts der neuen Situation in Europa die bestehenden Bemuumlhungen der Deutschen Bischofskonferenz gemeinsam mit dem Heiligen Stuhl und den anderen europaumlishyschen Bischofskonferenzen gezielt fortgefuumlhrt werden Hierbei ist eine enge Zusamshymenarbeit mit dem Rat der Eushyropaumlischen Bischofskonferenshyzen (CCEE) vorgesehen

3 Oie Zusammenarbeit der fuumlr soziale Fragen zustaumlndigen Kommissionen der Bischofs-

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konferenzen der Europaumlischen Gemeinschaft soll vertieft wershyden Dabei sollen vor allem die Bischofskonferenzen Ost- und Mitteleuropas einbezogen wershyden

4 Im Bildungs- und Erziehungsshywesen soll die kirchliche Zushysammenarbeit mit dem Ziel eishyner besseren Koordination ausgebaut und vertieft werden

5 Oie bereits bestehenden Forshymen der Koordination der kirchlichen Hilfswerke sollen auf europaumlischer Ebene harshymonisiert werden Oie Kirchen in den Laumlndern Ost- und Mittelshyeuropas muumlssen dabei in die Bewuszligtseinsbildung einbezoshygen werden

6 Oie Hilfe fOr die Kirche in Mitshytel- und Osteuropa wird als eine gemeinsame europaumlische Aufgabe gesehen Zur Umsetshyzung dieser Hilfe sollen konshykrete Koordinationsstrukturen angestrebt werden

7 Oie Kirche in Deutschland wird ihre oumlkumenischen Erfahrunshygen in die Entwicklung oumlkumeshynischer Perspektiven in Europa einbringen

(aus Pressedienst der DBK-Dokushymentation vom 123 92)

AKTION GEGEN HUNGER UND KRANKHEIT IN DER WELT

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bullbull bull

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Die Volksgruppell m einem vereinten Europa Vorbemerkung

Soweit im folgenden von Volksshygruppen in Europa die Rede ist sind solche sprachlichen oder ethshynischen Minderheiten gemeint die eine eigene kulturelle Identitaumlt beshysitzen und ihren angestammten Sitz in dem jeweiligen Staat hashyben in dem sie eine Minderheit bilshyden Nicht eroumlrtert werden Fragen von auslaumlndischen Arbeitern Fluumlchtlingen Aussiedlern oder Asylanten die in juumlngerer Zeit in europaumlischen Laumlndern Aufnahme gefunden haben

I Einleitung

1 Die friedliche Uumlberwindung des Ost-West-Gegensatzes hat eishynen wichtigen Gefahrenherd fuumlr den Weltfrieden uumlberwunden und den Europaumlern die saumlkulare Chanshyce eroumlffnet in Zukunft frei und in Frieden miteinander zu leben Zushygleich wurden durch den Umbruch von der kommunistischen Diktatur in die Freiheit zahlreiche tiefgreishyfende Probleme und Konflikte ofshyfengelegt die bis dahin untershydruumlckt waren

2 Dazu gehoumlrt die Situation vieshyler Volksgruppen die ihre kulturelshyle und politische Selbstbestimshymung nicht wahrnehmen konnten und sich als Minderheit erheblich

benachteiligt gefOhlt haben Fuumlr sie wie fuumlr alle anderen Minderheishyten gilt daszlig Freiheit Frieden und Demokratie in Europa ohne einen rechtlich und faktisch geregelten und garantierten Minderheitenshyschutz nicht gedeihen koumlnnen

3 Demokratie wie Minderheishytenschutz gruumlnden in der Fordeshyrung nach rechtlicher und politishyscher Sicherung der gleichen Wuumlrshyde aller Menschen ihrer persoumlnlishychen und sozialen Integritaumlt Fuumlr Katholiken wie fuumlr Christen allgeshymein fOlgt diese Forderung aus dem Glauben an ihre gemeinsame Gotteski ndschaft

4 Zur Wahrung der persoumlnlishychen Integritaumlt gehoumlrt die freie Herausbildung der individuellen und sozialen Identitaumlt In bezug auf Volksgruppen d h auf Mindershyheiten die sich in der Regel von der im Staat lebenden Mehrheit oder von anderen Minderheiten vor allem durch eine eigene Sprache und eine sich in ihr bezeugende hishystorisch-kulturelle Gemeinsamkeit unterscheiden und haumlufig eine tershyritoriale Verbundenheit teilen gilt es vor allem diese Elemente ihrer Identitaumlt rechtlich und politisch abzusichern und diesbezuumlglich poshylitische soziale oder oumlkonomische Diskriminierungen auszuschlieshyszligen Angesichts der Wanderungsshybewegungen in Europa wird diese Aufgabe sich nicht nur fuumlr traditioshynelle historisch in Europa geshywachsene Volksgruppen sondern auch fuumlr neue ethnisch-kulturelle Gruppierungen stellen

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5 Die Versuche des 19 und 20 Jahrhunderts das Zusammenleshyben der Voumllker durch ihre - ethshynisch moumlglichst homogene - nashytionalstaatliche Organisation zu regeln sind teilweise gescheitert und koumlnnen nicht mehr zur Loumlsung gegenwaumlrtiger und kuumlnftiger Proshybleme beitragen Die Vision des zukOnftigen gemeinsamen Europa kann sich daran nicht mehr orienshytieren

6 Vielversprechend ist statt dessen eine zunehmende Koopeshyration und Integration zwischen den Staaten und zwischen den geshysellschaftlichen Gruppen innershyhalb der Staaten Sie sieht von geshywachsenen historisch-kulturellen Identitaumlten nicht einfach ab und Obersieht nicht das damit haumlufig verbundene Konfliktpotential geshygenseitiger Vorurteile Sie arbeitet beharrlich an ihrer Uumlberwindung und macht den Reichtum der aus der Vielfalt erwachsen kann fruchtbar

7 Angst beguumlnstigt Gewalt und zerstoumlrt Die rechtliche und soziale Sicherung und gegenseitige Anershykennung der kulturellen Identitaumlt von Individuen und Gruppen ist der beste Weg solche Angst zu Obershywinden Wir leben in vielen Voumllkern und reden in vielen Zungen und wir sind zugleich ein Volk Gottes

11 Bestandsaufnahme

1 In den derzeit 33 Staaten Euroshypas werden noch Ober 70 verschieshydene Sprachen gesprochen wobei

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die Zahl derer die diese Sprachen als Muttersprache gebrauchen von einigen Dutzend Menschen (Ushyvisch Manx) bis zu Dutzenden von Millionen reicht (russisch deutsch englisch) Deutsch wird z B heute von seit Jahrhunderten bestehenshyden Volksgruppen auch auszligerhalb der deutschsprachigen Laumlnder (Deutschland Oumlsterreich Schweiz Luxemburg Liechtenstein) in weishyteren 10 Staaten gesprochen (Daumlshynemark Belgien Frankreich Itashylien Tschechoslowakei Polen Rushymaumlnien Sowjetunion Ungarn Jushygoslawien) Waumlhrend das wiedershyvereinigte Deutschland bei knapp 80 Millionen Einwohnern nur drei kleine bodenstaumlndige Minderheishyten mit je einigen Zehntausenden Angehoumlrigen hat (Daumlnen Sorben Friesen) betraumlgt die Zahl der Anshygehoumlrigen nationaler Minderheiten in Frankreich (Okzitanier die deutschsprachige Bevoumllkerung in Elsaszlig und Lothringen Bretonen Korsen Katalanen Basken Flashymen) oder in Spanien (Katalanen Galizier Basken) mehrere M illioshynen

2 Der bisherige Ost-West-Geshygensatz in Europa hat lange eine realistische Beurteilung der Lage der Volksgruppen erschwert Unshyterdruumlckung von Minderheiten schien es fuumlr viele Westeuropaumler nur im kommunistischen Osten zu geben wobei man Minderheitenshyfragen in Frankreich ebenso nicht wahrhaben wollte wie in Italien wo zwar im Norden manche Minshyderheiten anerkannt sind (Franzoshy

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sen im Aostatal SOdtiroler Sloweshynen in Triest) im SOden die Frage nach den Rechten der Minderheishyten aber nicht gestellt wird (Albashyner Griechen) Andererseits hat ein ehemals sozialistisches Land wie Ungarn schon vor der politishyschen Wende viel fOr seine Volksshygruppen getan (Deutsche Slowashyken SOdslawen Rumaumlnen)

3 Die Allgemeine Erklaumlrung der Menschenrechte der Vereinten Nashytionen vom 10 Dezember 1948 (Arshytikel 2) und die Konvention des Eushyroparates zum Schutze der Menshyschenrechte und Grundfreiheiten vom 4 Februar 1950 (Artikel 14) sashygen sehr wenig Ober Rechte von Volksgruppen Auch der Internashytionale Pakt uumlber buumlrgerliche und politische Rechte vom 19 Dezemshyber 1966 beschraumlnkt sich in Artikel 27 darauf zu erklaumlren In Staaten mit ethnischen religioumlsen und sprachlichen Minderheiten darf Angehoumlrigen solcher Minderheiten nicht das Recht vorenthalten wershyden gemeinsam mit anderen Anshygehoumlrigen ihrer Gruppe ihr eigenes kulturelles Leben zu pflegen Ihre eigene Religion zu bekennen und auszuOben oder sich ihrer eigenen Sprache zu bedienen

Die Dachorganisation der euroshypaumlischen Minderheiten die Foumlshyderalistische Union der Europaumlishyschen Volksgruppen (FUEV) vershyabschiedete 1967 zwoumllf Hauptshygrundsaumltze fuumlr ein Volksgruppenshyrecht die 1985 auf dem Nationalishytaumltenkongreszlig in Genf in Zusamshymenarbeit mit dem Internationalen

Institut fuumlr Nationalitaumlten und Reshygionalismus (INTEREG) neugefaszligt wurden Im Europaumlischen Parlashyment haben am 317198442 Abgeshyordnete einen Antrag auf die Kodishyfizierung eines europaumlischen Volksgruppenrechts eingebracht Im Zuge des Helsinki-Prozesses haben die Signatur-Staaten der KSZE-Schluszligakte vom 1 August 1975 in ihrem Dokument vom 29 Juni 1990 in Kopenhagen Rechte fOr alle nationalen Minderheiten garantiert In ihrer Charta von Pashyris fuumlr ein neues Europa vom 24 November 1990 bekraumlftigten die Staats- und Regierungschefs dieshyse Erklaumlrung (siehe Anhang) Sie ist die bisher am weitestgehende Erklaumlrung zu den Minderheitenshyrechten ohne daszlig der Begriff der Minderheit naumlher definiert wird Im deutsch-polnischen NachbarshysChaftsvertrag vom 1761991 wird auf diese Formulierung zuruumlckgeshygriffen Sie werden damit erstmals in einem voumllkerrechtlich verbindlishychen Vertrag verankert Das Exshypertentreffen der KSZE uumlber natioshynale Minderheiten vom 1920 Juli 1991 in Genf hat diese Aussagen noch erweitert und praumlzisiert

111 Die Rolle der Kirche

1 Beim Schutz von Minderheishyten und fuumlr das friedliche Zusamshymenleben von Volksgruppen kommt der Kirche eine groszlige Beshydeutung zu da Grundsaumltze christshylicher Soziallehre wie Solidaritaumlt und Subsidiaritaumlt gefordert sind

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Der Gott Abrahams Isaaks und Jakobs ist der Gott aller Voumllker denn schon die Religion des Alten Testamentes ist universal angeshylegt Die Erloumlsungstat Christi geshyschah fuumlr alle Voumllker denen er seishyne Apostel aussandte um sie zu lehren Gehet hin und lehret alle Voumllker Seit den Anfaumlngen respekshytiert die Kirche die verschiedene kulturelle Identitaumlt von Voumllkern und Volksgruppen was in den fruumlshyhen Bibeluumlbersetzungen und Liturshygiesprachen (Griechisch Syrisch Koptisch Latein Gotisch usw) zum Ausdruck kommt Alle Voumllker sind gemeinsam Kinder Gottes

2 In diesem Jahrhundert haben die Paumlpste immer wieder die Rechshyte von Minderheiten verteidigt die aus dem Recht der Person abgeleishytet werden Der Friedenspapst Beshynedikt XV betonte daszlig die Kirche katholisch nicht lateinisch grieshychisch oder slawisch sei und unshyterstuumltzte dabei auch die vom Volkstum gepraumlgten Teilkirchen der oumlstlichen Riten Johannes XXIII verteidigt in seiner Enzyklika Pacem in terris klar die Rechte von Volksgruppen

Aumlhnlich aumluBerte sich Papst Paul VI Die katholische Kirche nimmt die Rechte der Menschen und Voumllker sehr ernst gleichzeitig auch die Bedingungen der Freishyheit der Menschenwuumlrde der ethshynischen Gleichberechtigung der Gerechtigkeit und der Verantwortshylichkeit die zu ihrer vollen Entshywicklung erforderlich sind In seishyner Enzyklika Populorum progres-

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sio erklaumlrte er 1967 Reich und arm jedes Volk hat seine Kultur die sie von den Verfahren uumlbershynommen hat Institutionen fOr das materielle Leben Werke geistigen Lebens kuumlnstlerischer denkerishyscher religioumlser Art Sofern sie wahre menschliche Werte darstelshylen waumlre es ein groszliger Fehler sie aufzugeben Ein Volk das dies tut gibt den Grund seines Lebens hin Das Wort Christi Was nOtzt es dem Menschen wenn er die ganze Welt gewinnt aber seine Seele vershyliert gilt auch fuuml r die Voumllker

Johannes Paul 11 hat zum Weltshyfriedenstag 1989 den Schutz der Minderheiten verlangt wobei sein Ausgangspunkt die Personalitaumlt des Menschen ist Bei vielen Minshyderheiten hat die Kirche Entscheishydendes fuumlr die Erhaltung der Kulshytur und der Sprache von Volksshygruppen geleistet Oft war die Kirshyche der letzte Hort des Volkstums und wurden Minderheitensprashychen im Gottesdienst in der Preshydigt und in der Katechese noch geshybraucht wenn Schulen und Vershywaltung bereits zur Staatsprache uumlbergegangen waren Es darf aber auch nicht verschwiegen werden daszlig manche Teil-Kirchen bisweishylen nationalistischer Versuchunshygen erlegen sind und gegenuumlber Minderheiten mit anderer sprachlishycher und kultureller Identitaumlt uumlbershysahen und noch immer uumlbersehen daszlig sie Glied der Weltkirche sind die allumfassend katholisch ist

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IV Unsere Aufgaben

1 Information und Kommunikashytion

a) Den meisten Europaumlern ist die Tatsache daszlig es in Europa zahlreiche nationale Mindershyheiten gibt bisher kaum ins Bewuszligtsein geruumlckt Daszlig in den Haupttouristengebieten Spaniens das Spanische nicht die Muttersprache der Einheishymischen ist und daszlig das Katashylanische unter der Herrschaft Francos offiziell nicht erlaubt war kam vielen Europaumlern ebensowenig zum Bewuszligtsein wie die Tatsache daszlig Wales zwar eine eigene Fuszligballmannshyschaft stellt das Walisische aber als Muttersprache ausshystirbt Deutsche erfuhren erst von Gastarbeitern aus Jugoslashywien daszlig diese nicht Jugoslashywisch sprachen sondern z B Kroatisch Serbisch oder Sloshywenisch In den Schulen und in der Erwachsenenbildung mOszligshyten daher die Minderheiten geshybOhrende Beachtung finden Dies sollte geschehen um dashybei aufzuzeigen daszlig auch durch die kleinen Voumllker Euroshypas mit ihren Sprachen und Kulturen zum kulturellen Reichtum Europas beigetragen wird und dieser Kontinent seishyne Groumlszlige und Staumlrke durch Vielfalt in der Einheit hat

b) Allein objektive Information ist in der Lage Vorurteile abzushybauen die auf seiten der Angeshy

houmlrigen groszliger Voumllker besteshyhen Sind nationale Minderheishyten wirklich eine Gefahr fOr den Staat in dem sie leben Sind sie illoyal usw Zahlreishyche positive Beispiele belegen das Gegenteil wie z B Finnshylandschweden oder die Deutshyschen in Belgien Objektive Inshyformationen zeigen auch am Beispiel geloumlster Volksgrupshypenprobleme wie in den meisten Minderheitengebieten echtes europaumlisches Bewuszligtshysein herrscht und daszlig Mindershyheiten nicht trennen muumlssen sondern BrOckenfunktionen zwischen den Staaten haben koumlnnen und zur Entfaltung Eushyropas beitragen Gerade die politische Wende in Ostmitteleuropa bietet uns neue Moumlglichkeiten zur Inforshymation und Kommunikation Der Wegfall der diktatorischen Regime hat auch den nationashylen Minderheiten neue Freiheishyten geschenkt Die Aufhebung der Visum-Pflicht fuumlr einige Staaten ermoumlglicht uns neue Formen der Begegnung und vertieftes Kennenlernen

c) Objektive Information hilft aber auch den nationalen Minshyderheiten keine politischen Irrshywege einzuschlagen Auch kleine Volksgruppen haumlngen gelegentlich einem uumlbersteishygerten Nationalismus an Sie erliegen manchmal der Gefahr ihre kulturellen oder nationashylen AnsprOche zu verabsolutieshy

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ren Solche Absolutsetzung wurzelt oft in einer starken Vershyunsicherung die durch Inforshymationen und Kontakte mit anshyderen Volksgruppen abgebaut werden kann Solchen Grupshypen kann sachliche Informashytion Ober Volksgruppenprobleshyme im europaumlischen Rahmen zeigen daszlig Autonomie und Selbstbestimmung nicht autoshymatisch mit Separationsrecht gleichgesetzt werden muumlssen

d) In ihrer Erklaumlrung vom 8 Maumlrz 1987 haben die Praumlsidenten der Bischofskonferenzen Euroshypas an die katholischen Glaumlushybigen an alle Christen und an die Menschen guten Willens in ganz Europa appelliert den Frieden durch Vertrauen und Wahrheit zu foumlrdern Sie wieshysen darauf hin daszlig der Mangel an Informationen einer der Gruumlnde fuumlr mangelndes Vershytrauen der Voumllker untereinanshyder ist Es kommt deshalb darshyauf an Kontakte und Gespraumlshyche auf allen Ebenen zu foumlrshydern Der Verkehr der Menshyschen uumlber die Grenzen hinshyweg der Austausch von Inforshymationen und Meinungen sind unverzichtbare Beitraumlge um wechselseitiges Vertrauen zu begruumlnden und auf eine sicheshyre Grundlage zu stellen Die Bishyschoumlfe riefen die Kirche in den Laumlndern Europas auf dazu ihshyren Beitrag zu leisten und sie plaumldierten fuumlr mehr Kontakte unter den Glaumlubigen Priestern

Auftrag 201

und Bischoumlfen der Ortskirchen des Ostens und des Westens Auch Information uumlber Geshyschichte Tradition und Rechte von Minderheiten gehoumlrt zu der Aufgabe die geleistet werden muszlig Kontakte und Gespraumlche dienen der Information Noch nie war die Chance so groszlig wie heute Grenzen durch Informashytion und Kommunikation zu uumlberwinden Die Medien der oumlfshyfentlichen Meinungsbildung uumlberwinden Grenzen sie koumlnshynen einen neuen Sinn fuumlr die Sprache des anderen schaffen und kulturelle Informationen vermitteln die Vorurteile abshybauen Sie koumlnnen aber auch bestehende Vorurteile verstaumlrshyken Demokratie und Informashytionsfreiheit gehoumlren untrennshybar zusammen Aber die Freishyheit der Information muszlig geshylernt werden Wir rufen alle die in den Medien gestaltend mitshywirken auf sich ihrer Verantshywortung bewuszligt zu sein Die Inshyformationen uumlber die mit uns lebenden Minderheiten muumlsshysen bessere Kenntnis und ein vertieftes Verstaumlndnis voneinshyander erreichen Sich neu entshyfaltende Informationsnetze (europaumlische Nachrichtensenshydungen grenzuumlberschreitende Sendungen) sollten hier einen konstruktiven Beitrag leisten Die Kirche muszlig mit ihren Moumlgshylichkeiten im publizistischen Bereich dabei mithelfen Miszligshytrauen zwischen Angehoumlrigen

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des gleichen Glaubens aber unterschiedlicher Nationalitaumlt und Kultur zu uumlberwinden

2 Grenzaberschreitende Zusamshymenarbeit und Regionalismus

Die meisten nationalen Mindershyheiten in Europa wohnen an Grenshyzen (Daumlnen in Suumldschleswig shyDeutsche in Nordschleswig Italieshyner in Istrien - Slowenen in Triest Franzosen im Aostatal Elshysaumlsser usw) Auch kleine Voumllker ohne Staat sind oft auf verschieshydene Staatswesen verteilt Katalashynen und Basken leben in Spanien und Frankreich beiderseits der Grenzen Provenzalen in Frankshyreich und Italien Slowenen in Jushygoslawien Italien Oumlsterreich und Ungarn Viele dieser Minderheitenshyprobleme sind erst nach den beishyden Weltkriegen entstanden Gerashyde wir Deutsche sind auf Grund der historischen Entwicklungen und Ereignisse der letzten 50 Jahshyre verpflichtet uns fuumlr positive Loumlshysungen der Minderheitenfragen einzusetzen Als ein Volk das seit der Reformation kirchlich geteilt ist spuumlren wir auch wie konfesshysionelle Vielfalt die Minderheitenshyprobleme Europas noch mehr difshyferenziert Da sich die KSZE-Signashyturstaaten zur gegenseitigen Anershykennung der Grenzen in Europa verpflichten ist grenzuumlberschreishytende Zusammenarbeit heute ein Gebot der Stunde Positive Ansaumltshyze dazu gibt es innerhalb der EG in der Euregio wo im Dreilaumlndereck

Niederlande-Belg ien-Deutsch land bei Aachen die Zusammenarbeit auf verschiedenen Gebieten uumlber die noch bestehenden Grenzen ershyfolgt In der Regio Basilensis und der Arge Alp (Arbeitsgemeinschaft Alpenlaumlnder) geschieht dies durch Einbeziehung Schweizer Kantone und Oumlsterreichischer Bundeslaumlnshyder auch uumlber die Grenzen der Eushyropaumlischen Gemeinschaft hinaus In der Arge Alp Ost sind bereits vor der Wende im Osten damals noch sozialistische Laumlnder in diese Koshyoperation einbezogen worden Poshysitive Ansaumltze sind auch bei der in Angriff genommenen Zusammenshyarbeit zwischen Bayern Sachsen und BOumlhmen festzustellen Hier ist auch die Kirche gefordert Die Dioumlshyzesen Klagenfurt Ljubljana Goumlrz und Udine haben seit Jahren fuumlr katholische Oumlsterreicher Sloweshynen Italiener und Furlaner eine Basis der Zusammenarbeit gefunshyden Gerade die Kirchen sind heushyte aufgerufen die Zusammenarshybeit Ober die Grenzen hinweg zu foumlrdern und den Menschen zu zeishygen daszlig Christen dieses Europa in einer Solidaranstrellgung mitgeshystalten koumlnnen und muumlssen

Diese grenzuumlberschreitende Zushysammenarbeit ist untrennbar vershybunden mit der Chance des Regioshynalismus Dort wo Minderheiten seit langer Zeit ansaumlssig sind hashyben sich in Europa starke regionashyle Besonderheiten entwickelt Oft kam es zu einem gesunden Nebenshyund Miteinander von verschiedeshynen Volksgruppen und Sprachen

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manchmal wurde fuumlr die Bewohner das regionale Bewuszligtsein (durch eigene Verwaltung u auml) staumlrker als die nationale oder sprachliche Zushygehoumlrigkeit In einem Europa der Regionen muszlig darauf aufgebaut werden Beispiele sind (oder waren bis zu der nach 1945 erfolgten Vershytreibung und Auswanderung) Boumlhmiddot men Maumlhren Oberschlesien Sieshybenbuumlrgern die Vojvodina die Bushykowina und andere Regionen In ihnen herrschte Zwei- und Mehrshysprachlichkeit der Einwohner in Schule Verwaltung und Kirche Auch heute sind die Bewohner solshycher Regionen und von Grenzgeshybieten gefordert die Sprachen der Nachbarn zu lernen und sie zu beshyherrschen

V Auf dem Weg zum vereinten Europa

Die gleichzeitigen Entwicklunshygen in Mittel- und Osteuropa desshysen Staaten sich fuumlr Demokratie und Menschenrechte oumlffnen somiddot wie in der Europaumlischen Gemeinshyschaft die sich fester zusammenshyschlieszligt bergen Chancen und Rimiddot siken zugleich Die Frage der Minshyderheiten und Volksgruppen stellt sich in neuem Licht Nicht zuletzt hat die KSZE mit ihren Erklaumlrunshygen uumlber die Menschliche Dimenshysion der KSZE von Kopenhagen im Juli 1990 und der Charta von Paris fuumlr ein neues Europa des gleishychen Jahres sowie mit ihrem Exmiddot pertentreffen Ober nationale Minshyderheiten vom Juli 1991 dazu beishy

getragen In der EG oumlffnen sich uumlber das sogenannte Schengener Abkommen die Grenzen immer mehr Menschen kommen leichter zueinander als je zuvor Nachbarshyschaftsvertraumlge sollen fruumlher feshyste oft umstrittene Grenzen obershywinden Je offener die Grenzen je besser gelebte Nachbarschaft Gemiddot gensaumltze mindert um so eher sind Gemeinsamkeit und Vielfaft als Boden der europoaumlischen Kultur zu sichern

Gewiszlig gibt es keine Einheitsmoshydelle die uumlberall zutreffen Zu vermiddot schieden sind die jeweiligen histoshyrischen Urspruumlnge die Groumlszligenordshynungen sowie die pOlitischen und kulturellen Lebensbedingungen in den einzelnen Laumlndern

Ein internationales Rahmenshywerk koumlnnte jedoch Grundsaumltze niederlegen die schon jetzt in alshylen funktionierenden Minderheishytenregelungen enthalten sind In den sich entwickelnden alten und neuen Regionen Europas koumlnnen geoumlffnete Grenzen Vorurteile und kulturelle Barrieren abbauen Zushynaumlchst allerdings koumlnnen sie auch neue Probleme schaffen wie die Fluumlchtlingsstroumlme zeigen Kern almiddot ler Aussagen muszlig aber die Reshyspektierung der individuellen wie der Gruppenrechte sein ebenso die Forderung daszlig nur der Wille zur friedlichen Loumlsung die Spanshynungen uumlberwinden kann Die Entshyscheidung uumlber die Zugehoumlrigkeit zu einer Volksgruppe oder Mindershyheit muszlig dem einzelnen Oberlasshysen bleiben Das Recht auf indivishy

73 Auftrag 201

duelle Selbstbestimmung darf nicht durch sogenannte objektive Kriterien wie Herkunft Sprache Wohnort und andere eingeshyschraumlnkt werden Die Praxis hat zur Genuumlge gezeigt daszlig solche soshygenannten objektiven Kriterien von der Mehrheit oder dem Staatsshyvolk nur zu oft zum Nachteil des einzelnen und der Minderheit insshygesamt angewendet werden Plushyralismus hat Europa gepraumlgt und nur Demokratie kann wie keine anshydere Staatsform diesen auf Dauer garantieren und damit unsere groshyszligen Traditionen absichern Die Toleranz darf keine leere Huumllse bleiben

Wir katholische Christen sind aufgerufen unseren eigenen speshyzifischen Beitrag zu leisten Rasshysismus und uumlberspitzter Nationashylismus haben unseren Kontinent in die groumlszligten Kriege des Jahrhunshyderts gefuumlhrt Dabei sind auch Voumllshyker gleichen Glaubens in eine totashyle Konfrontation geraten und uumlber Millionen Menschen ist unendlishyches Leid gebracht worden In eishynem neuen sich in Frieden und Freiheit einigenden Europa sollten Katholiken dazu beitragen auch gegenuumlber Minderheiten jene ethishysche kulturelle und geschichtlishyche Solidaritaumlt zu entfalten die Grenzen und Schranken Europas zu uumlberwinden und die heute unshyerhoumlrte Friedenschance der groszligen europaumlischen Solidaritaumlt voumlllig zu nutzen (Konferenz der Praumlsidenshyten der Europaumlischen Bischofskonshyferenzen in Dieburg 1987)

Anhang

Die bisher am weitestgehende internationale Erklaumlrung duumlrften die Aussagen der KSZE vom Juni 1990 in Kopenhagen sein Auch wenn es sich hierbei nicht um eishynen voumllkerrechtlichen Vertrag hanshydelt aus dem Minderheiten Anshyspruumlche ableiten koumlnnen kann man daraus immerhin auf die Aufshyfassung der Unterzeichnerstaaten zu dieser Frage schlieszligen und Ruumlckschluumlsse tor die kuumlnftige Entshywicklung ziehen Es heiszligt dort

(33) Die Teilnehmerstaaten wershyden die ethnische kulturelle sprachliche und religioumlse Identitaumlt nationaler Minderheiten auf ihrem Territorium schOtzen und Bedinshygungen fuumlr die Foumlrderung dieser Identitaumlt schaffen Sie werden diesbezuumlglich die notwendigen Maszlignahmen ergreifen und zwar nach entsprechenden Konsultatioshynen in Einklang mit den Entscheishydungsverfahren des jeweiligen Staates wobei diese Konsultatioshynen Kontakte mit Organisationen oder Vereinigungen solcher Minshyderheiten einschlieszligen

Jede dieser Maszlignahmen wird mit den Prinzipien der Gleichheit und Nicht-Diskriminierung in beshyzug auf die anderen Buumlrger des beshytreffenden Teilnehmerstaates in Einklang stehen

(34) Die Teilnehmerstaaten wermiddot den sich darum bemuumlhen Angehoumlshyrigen nationaler Minderheiten unshygeachtet der Notwendigkeit die offizielle Sprache oder des betrefshy

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fenden Staates zu erlernen in Einshyklang mit den anwendbaren natioshynalen Rechtsvorschriften entspreshychende Moumlglichkeiten fuumlr den Unshyterricht ihrer Muttersprache oder in ihrer Muttersprache sowie wo immer dies moumlglich und notwenshydig ist fuumlr deren Gebrauch bei Beshyhoumlrden zu gewaumlhrleisten

Im Zusammenhang mit dem Unshyterricht von Geschichte und Kultur in Bildungseinrichtungen werden sie auch die Geschichte und Kulshytur der nationalen Minderheiten beruumlcksichtigen

Sie wurde noch bekraumlftigt durch die Charta von Paris fuumlr ein neues Europa vom 24111990 der KSZEshyKonferenz in Paris In dem Kapitel Leitsaumltze fuumlr die Zukunft heiszligt es unter der Uumlberschrift Menschlishyche Dimension Wir sind entshyschlossen den wertvollen Beitrag nationaler Minderheiten zum Leshyben unserer Gesellschaften zu foumlrshydern und verpflichten uns deren Lage weiter zu verbessern Wir beshykraumlftigen unsere tiefe Uumlberzeushygung daszlig freundschaftliche Beshyziehungen zwischen unseren Voumllshykern sowie Friede Gerechtigkeit Stabilitaumlt und Demokratie den Schutz der ethnischen kulturellen sprachlichen und religioumlsen Identishytaumlt nationaler Minderheiten und die SChaffung von Bedingungen fuumlr die Foumlrderung dieser Identitaumlt erfordern Wir erklaumlren daszlig Frashygen in bezug auf nationale Mindershyheiten nur unter demokratischen Bedingungen befriedigend geloumlst werden koumlnnen Ferner erkennen

Auftrag 201

wir an daszlig die Rechte von Angeshyhoumlrigen nationaler Minderheiten als Teil der allgemein anerkannten Menschenrechte uneingeschraumlnkt geachtet werden muumlssen Im Beshywuszligtsein der dringenden Notwenshydigkeit im Hinblick auf nationale Minderheiten die Zusammenarbeit zu verstaumlrken und deren Schutz zu verbessern beschlieszligen wir ein Expertentreffen Ober nationale Minderheiten vom 1 bis 19 Juli 1991 in Genf einzuberufen

Wir sind entschlossen alle Forshymen von Haszlig zwischen Rassen und Volksgruppen Antisemitisshymus Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung irgendeines Menshyschen sowie von Verfolgung aus religioumlsen und ideologischen Gruumlnden zu bekaumlmpfen

Von der Kommission 10 Europa des ZdK einstimmig beschlossen (aus ZdK Dokumentation vom 25991)

Festung Europa Die Vollendung des Binnenmiddot marktes in der EG bringt den 240 Millionen Europaumlern bare Vorteile Doch der wirtschaftmiddot liche Profit geht - wieder einmal - auf Kosten der Armen in der Dritten Welt

Am 1 Januar 1993 wird der Euroshypaumlische Binnenmarkt Wirklichkeit Europa ist dann - zumindest wirtshyschaftlich - grenzenlos

75 Auftrag 201

Leon Brittan EG-Kommissar aus Groszligbritannien Das ehrgeishyzigste Vorhaben das die Europaumlishysche Gemeinschaft seit ihrer Gruumlndung in Angriff genommen hat

Groszlige Worte vor realem Hintershygrund Der Europaumlische Binnenshymarkt wird nahezu dreimal so groszlig sein wie der japanische und immer noch knapp doppelt so groszlig wie der amerikanische Binnenmarkt Die 342 Millionen Verbraucher die dann miteinander schrankenlos konsumieren und handeln koumlnnen werden zusammen eine Kaufkraft von rund fuumlnf Billionen (eine Fuumlnf mit zwoumllf Nullen) Mark repraumlsenshytieren

Alleine die Vollendung des Binshynenmarktes wird so prognostishyziert der im Auftrag der EG-Komshymission erstellte Cecchini-Bericht zu einer einmaligen zusaumltzlichen Zunahme des Bruttoinlandsproshyduktes in der EG von 45 bis sieben Prozent fuumlhren erstreckt uumlber fuumlnf bis sechs Jahre Der Binnenmarkt als gigantisches Konjunkturproshygramm

Europa mit nur 646 Prozent der Weltbevoumllkerung auf 154 Prozent der Welt-Landflaumlche ist damit der absolute Wirtschaftsgigant schlechthin Nie hat es auf dem Globus eine auch nur aumlhnlich groshyszlige wirtschaftliche Potenz gegeshyben kommentiert das Deutsche Institut fuumlr Wirtschaftsforschung (DIW) - Truumlbe Aussichten fuumlr die Bewohner der Entwicklungslaumlnshyder

Die koumlnnen ab 1993 endguumlltig einpacken scherzt ein hoher BrOsseler EG-BOrokrat uumlberhebshylich und beweist damit nur daszlig er wie so viele andere - zumindest aus moralischem Blickwinkel shynoch gar nicht begriffen hat was dieser EG-Monolith im Weltgefuumlge anriChten wird Die Verlierer in dieshysem Machtpoker der Groszligen steshyhen schon heute fest Es sind und bleiben die Entwicklungslaumlnder Der gemeinsame Markt wird fuumlr sie zur Tragoumldie Nicht weil er etwas ganz Neues Gefaumlhrliches waumlre sondern weil Europa - geeint shynoch perfekter weitermachen wird als bisher Die Entwicklungslaumlnder haben schon in den vergangenen Jahren einen bitteren Vorgeshyschmack bekommen Vor allem weil die EG-Staaten wirtschaftlich ja schon laumlnger zusammenruumlcken sank der Anteil der aumlrmsten Laumlnshyder am Weltexport alleine zwishyschen 1981 und 1991 von 14 auf heute 03 Prozent

Der einheitliche Europaumlische Binnenmarkt wird diesen Abwaumlrtsshytrend noch beschleunigen erwarshytet auch das DIW Diese Erkenntshynis ist logisch und zudem nicht neu Wir Europaumler haben nur die zweifelhafte Faumlhigkeit solche Ershykenntnis wider allen Verstand zu verdraumlngen sagt Frans Andriesshysen niederlaumlndischer EG-Auszligenshykommissar

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Abschottung gegen Waren von auszligen

So hatte die EG-Wirtschaftspolishytik schon immer fatale Auswirkunshygen auf den Welthandel und die Beziehungen zu den Entwicklungsshylaumlndern Schlieszliglich ist die EG von ihrem Ansatz her ja auch eine nach auszligen durch Zoumllle und Vershyordnungen abgeschottete Feshystung Ein nahezu unuumlberwindlishyches Hindernis fuumlr Guumlter die man in die Festung nicht hineinlassen will Handelsabkommen mit den Entwicklungslaumlndern wie etwa die Lome-Abkommen dienen da nur als Feigenblaumltter

Und je groumlszliger die EG seit ihrer Gruumlndung 1955 wird um so wenishyger braucht sie Waren und Dienstshyleistungen von auszligerhalb Italiens EG-Kommissar Carlo Ripa di Meshyana Es gibt so gut wie nichts was es nicht innerhalb Europas zu ernten zu produzieren oder zu foumlrshydern gaumlbe Dabei spielt die Rentashybilitaumlt keine Rolle

Innerhalb der Festung Europa werden Landwirte beispielsweise kraumlftig subventioniert So koumlnnen sie garantierte Abnahmemengen zu festgeschriebenen Preisen proshyduzieren Wettbewerbsfaumlhige Konshykurrenz von auszligerhalb der EG die zu deutlich niedrigeren Weltmarktshypreisen anbieten koumlnnte wird gleichzeitig von den Maumlrkten der EG ferngehalten

Fast um die Haumllfte (42 Prozent) so hat die US-Agrarbehoumlrde juumlngst errechnet koumlnnten die europaumli-

Auftrag 201

sehen Verbraucher billiger einkaushyfen wenn sie uumlber kuumlnstlich hochshygehaltene Preise nicht die staatlishychen Zuwendungen an die Landshywirte finanzieren muumlszligten - Ein Mechanismus uumlbrigens der auch unserer Landwirtschaft nur scheinbar dient Er zwingt naumlmlich Europas Bauern immer mehr zu produzieren um uumlberleben zu koumlnshynen

Aber nicht nur die Abschottung gegen Agrarimporte macht die EG zum Henker der Dritten Welt Durch die hohen garantierten Preishyse in der Europaumlischen Gemeinshyschaft produzieren Europas Landshywirte Unmengen an Uumlberschuumlsshysen die regelmaumlszligig auf die Weltshymaumlrkte geworfen werden Durch Dumpingpreise verdraumlngen sie auch auszligerhalb der EG noch die Erzeugnisse der Entwicklungslaumlnshyder

Dem Wettbewerb mit Europa shyegal ob in Europa oder auszligershyhalb - ist eben niemand gewachshysen resuumlmiert denn auch Carlo Ripa di Meana - er meint es stolz kaum nachdenklich

Verschuldung als Schlinge um den Hals

Alle Entwicklungslaumlnder zusamshymen sind heute mit niemals zushyruumlckzahlbaren 245 Billionen Mark bei den Industrienationen vershyschuldet Auszligerdem zahlen sie an Tilgung und Zinsen 43 Milliarden Dollar mehr als die Reichen als sie aus ZuschOssen oder Krediten

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erhalten Das heiszligt nichts anderes als Die Lage der Entwicklungslaumlnshyder wird auch nach 1993 immer hoffnungsloser weil sie immer abshyhaumlngiger werden Doch das ist nicht die einzige Hiobsbotschaft fuumlr die Laumlnder der Dritten Welt Auch die Oumlffnung Osteuropas wird sich negativ fuumlr sie auswirken

Wir haben doch nur noch Aushygen fuumlr den Osten der Suumlden intershyessiert uns doch gar nicht mehr gesteht Willy Brandt Vorsitzender der Nord-Suumld-Kommission selbstshykritisch ein Die Europaumlische Geshymeinschaft arbeitet ausschlieszligshylich daran noch maumlchtiger zu wershyden Der neueste Plan Eine giganshytische Freihandelszone zwischen der EG und Osteuropa soll binnen zehn Jahren realisiert werden

Und den EG-Verantwortlichen laumluft das Wasser im Mund zusamshymen wenn sie an all die ungeahnshyten Moumlglichkeiten denken die sich durch den Zusammenbruch des Ostblocks und des Comecon jetzt fuumlr sie eroumlffnen Millionen billigshyster Arbeitskraumlfte und riesige Abshysatzchancen fuumlr EG-Waren - und das unmittelbar vor der eigenen Haustuumlr

Lukrative Geschaumlfte mit Osteuropa

Wen interessiert da noch daszlig marokkanische Bauern alljaumlhrliCh auf Millionen Tonnen natuumlrlich unter der Sonne gereiften preisshyguumlnstigen Gemuumlsen und Fruumlchten sitzenbleiben weil die Europaumlishy

sehe Gemeinschaft ihren Verbraushychern lieber Lebensmittel aus kuumlnstlich beheizten zigfach teureshyren hollaumlndischen Treibhaumlusern aufdraumlngt

Der Grund Nach wie vor macht der die dicksten Gewinne der seishyne eigenen Maumlrkte gegen Konkurshyrenzprodukte abschottet die fremshyden Maumlrkte aber als Absatzbasen nutzt

Dieses Problem verschaumlrft sich fuumlr die Entwicklungslaumlnder dashydurch daszlig sie Industrieguumlter bei uns meist gegen Devisen kaufen muumlssen Devisen aber koumlnnen sie kaum erwirtschaften wenn wir sie bei uns nichts verkaufen lassen Wir haben dafuumlr eine verbluumlffend einfache Hilfestellung gefunden Wir nehmen statt Devisen goumlnnershyhaft unveredelte Rohstoffe zu Preishysen die wir mehr oder weniger selbst festlegen So erhalten wir sie viel billiger als wenn wir der Dritten Welt erlauben wuumlrden sie zu veredeln und uns dann Halbshyfertig- oder Fertigprodukte teurer zu verkaufen Ein Teufelskreis aus dem aus eigener Kraft die Laumlnder der Dritten Welt nicht mehr entshykommen koumlnnen

Hans Joachim Hofmann

(aus missio aktueI292)

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Migration in Europa Europa - vom Auswanderungsshyzum Einwanderungskontinent

Sehr lange ist es noch nicht her da war Europa der Kontinent der Auswanderung Mehr als 200 Jahshyre lang wanderten Polen und Iren Englaumlnder und Franzosen Italieshyner und Deutsche in groszliger Zahl aus in das Land der unbegrenzten Moumlglichkeiten nach Nordamerishyka Doch auch Suumldamerika Aushystralien afrikanische und asiatishysche Kolonialgebiete waren Ziele europaumlischer Zuwanderung und dies nicht nur aus den genannten Laumlndern sondern auch aus Spashynien Portugal Holland Be~gien ja eigentlich aus allen europaumlischen Laumlndern Im heutigen - gedanshykenlosen oder boumlsartigen Sprachgebrauch wuumlrde man diese Auswanderer uumlberwiegend als Wirtschaftsfluumlchtlinge bezeichshynen

Das Blatt hat sich gewendet Deshymokratisierung Befriedung und ein unerhoumlrter wirtschaftlicher Aufschwung haben West- und Mitshyteleuropa seit den 50er Jahren grundlegend veraumlndert und erfaszligshyten nach und nach auch Suumldeuroshypa Selbst aus den Randgebieten aus Irland Portugal Sizilien wanshydern immer weniger Menschen aus Spanien und Italien sind zu neuen Zielen der massiven Einshywanderung von Suumlden und Osten

Auftrag 201

geworden Hunderttausende ethnishysche Griechen wandern - wie die deutschen Aussiedler - aus Ruszligshyland und anderen Laumlndern in die Heimat ihrer Vorfahren zuruumlck In den alten und neuen Laumlndern Suumldshyamerikas Afrikas und des asiatishyschen Kontinents insbesondere aber auch in Osteuropa und den auseinanderstrebenden Staaten der ehemaligen Sowjetunion beshystimmen politische Instabilitaumlt ethnische religioumlse soziale Konshyflikte und Kriege gewaltige gesellshyschaftliche Umbruumlche sowie katashystrophale wirtschaftliche Bedinshygungen vielfach die Lebenssituashytion der Menschen Europa und Nordamerika heiszligen ihre Traumlume die sie anders als noch vor wenishygen Jahrzehnten taumlglich im Fernshysehen vor Augen haben nur wenishyge Flugstunden oder Reisetage mit Bahn oder Schiff entfernt Wo Not oder Verfolgung druumlckend und die Zukunft in der Heimat ohne Hoffnung ist bleibt die Hoffnung auf Hilfe und Schutz durch die rechtsstaatlichen geordneten wohlhabenden westlichen Demoshykratien Hunderttausende versushychen jedes Jahr nach Europa zu fliehen Ihre Zahl wird steigen soshylange Bedraumlngnis und Not bleiben denn unsere Welt waumlchst weiter zusammen Sie sind keine Verbreshycher ebensowenig wie die Europaumlshyer Verbrecher waren die aus ihrem Elend ins Gelobte Land Amerika ausgewandert oder vor Verfolgung und Krieg nach Schweden Groszligshybritannien oder Amerika geflohen

79 Auftrag 201

sind Das Recht dahin zu wanshydern wo man ertraumlgliche Lebensshybedingungen findet ist vom Zweishyten Vatikanischen Konzil und der Katholischen Soziallehre mehrshyfach ausdruumlcklich betont worden Und in der Eigentumsfrage lautet der allererste Grundsatz - noch vor dem Recht auf Privateigenshytum - daszlig die Guumlter der Welt eine allgemeine Bestimmung fuumlr das Leben aller Menschen haben daszlig in der Not alle Guumlter gemein sind

Migrationspolitik von der nationashylen zur europaumlischen Ebene

Die Frage der Migration der Auslaumlnder- und Fluumlchtlingspolitik sind heute keine nationalen Frashygen mehr in Europa Mit der Vollshyendung des Europaumlischen Binnenshymarktes und dem Wegfall der inshynergemeinschaftlichen Grenzen stellt sich unwiderruflich der Zeitshypunkt ein wo Asylbewerber Fluumlchtlinge und Zuwanderer in jeshydem Land der EG gleichzeitig auch potentielle Zuwanderer in den anshyderen Laumlndern sind wo die Harmoshynisierung der europaumlischen Politik in diesem Feld nicht weiter aufshyschiebbar bleibt

Doch viele Menschen in Europa sind tief beunruhigt Sie haben Angst vor den vielen Fremden sorshygen sich um die Finanzierbarkeit des Sozialstaates fuumlrchten aus Wohnungen und Arbeitsplaumltzen verdraumlngt zu werden

Zwischen der Verantwortung fOr unsere Zukunft und fuumlr die Glaubshy

wuumlrdigkeit unserer Werte in der zushysammenwachsenden Welt und den Aumlngsten oft auch dem beshyrechtigten Aumlrger der Bevoumllkerung darf die Politik nicht Kopf und Herz verlieren Sie muszlig Angst und Aumlrger der Menschen ernst nehshymen Aber sie muszlig ihnen auch die Wahrheit zumuten und darf sie nicht aus der Verantwortung fuumlr die Zukunft entlassen Vor allem muszlig sie uumlberzeugende Loumlsungen fuumlr die Probleme an den Wurzeln von Flucht und Zuwanderungsbeshywegungen aufzeigen

An den Anfang einer verantwortshylichen und realistischen Gesamtshykonzeption zur Migration in Euroshypa gehoumlrt die Antwort auf grundshysaumltzliche Fragen - Ist es richtig daszlig wir alle Menshy

schen hier aufnehmen und ihshynen helfen

- Koumlnnen wir das Oberhaupt vershykraften Soll Europa ein offener Kontishynent sein - oder muumlssen wir uns abschotten gegen eine arme und von Unruhen geshyschOttelte Welt

- Und weiter Was geschieht heute mit den Menschen die als Auslaumlnder zu uns kommen und unter uns leben Finden sie hier eine Heimat werden sie integriert was muumlszligte geaumlnshydert werden

- Schlieszliglich - wie koumlnnen wir die Zustimmung der Bevoumllkeshyrung tor eine vernuumlnftige und verantwortliche Migrationsshyund Fluumlchtlingspolitik in den

80 Auftrag 201

europaumlischen Laumlndern gewinshynen die auf mittlere und lange Sicht unabdingbar tur die Handlungsfaumlhigkeit der Politik in diesem Bereich ist

Die Verwirrung ist groszlig nicht nur bei der Bevoumllkerung auch in der Politik Was fehlt ist ein Geshysamtkonzept das einsichtig und praktikabel erscheint das Vertraushyen schafft Und dazu muumlssen wir uns zunaumlchst diesen Grundfragen zuwenden Also zuallererst Ist Mishygration etwas Gutes oder etwas Schlechtes Brauchen wir Grenshyzen oder muumlssen wir die Grenzen uumlberwinden

Natuumlrliche und kuumlnstliche Grenzen

Ich moumlchte hier einige ganz pershysoumlnliche Erfahrungen an den Anshyfang stellen Ich kann mich erinmiddot nern daszlig ich als Kind immer ein prickelndes Gefuumlhl in der Magenshygegend hatte wenn ich mich der Grenze naumlherte Wenn mein Groszligshyvater mit uns sonntags einen Ausshyflug nach Belgien oder Holland machen wollte dann waren wir aufgeregt und neugierig Erst muszligshyte man ja uumlber die Grenze hinuumlbershykommen Das war gar nicht so selbstverstaumlndlich Man muszligte ja Ausweise vorzeigen der Zoumlllner lief ums Auto herum guckte hershyein und fragte etwas und wenn man dann druumlben war war alles anders Die Farben der Daumlcher wamiddot ren anders die Doumlrfer die Schilder waren anders die Leute sprachen eine andere Sprache und zogen

andere Kleider an Als ich noch kleiner war da verlief fuumlr mich die Grenze rund um unser Dorf Im Nachbardorf in Altstaumltten waren die Menschen ein biszligehen anders fremd fuumlr uns Die Kinder aus dieshysem Nachbardorf kannten ein paar andere Worte andere Lieder anshydere Spiele Man muszligte irgendwie vorsichtig sein wenn man ihnen begegnete denn manchmal reamiddot gierten sie anders als man das geshywohnt war Es war immer ein kleishynes Abenteuer

Was fangen wir aber nun an mit einer Welt in der all diese Grenzen verschwinden Grenzen die unsemiddot re Heimat bewahren Grenzen deshyren Uumlberwindung uns den Zugang zum Fremden zum Anderen und manchmal auch zum Geheimnisshyvollen erst eroumlffnen Was fangen wir also an mit einer Welt der Einshyheitskultur in der das Eigene also die Heimat bald genausowenig mehr existiert wie das Fremde von dem man fasziniert ist und lernen kann wenn man den Zugang dazu gefunden hat

Ich glaube es ist klar daszlig unser Leitbild nicht die totale Vermimiddot schung aller Kulturen der totale Wegfall aller Grenzen sein kann Was aber wenn diese Grenzen als Grenzen von Kulturen als Grenzen von Lebensraumlumen nicht mehr beshystehen Sollen wir kuumlnstliche Grenzen errichten Sollen wir um auf Europa zuruumlckzukommen eine Wagenburg Europa errichten nicht nur als Hort von Freiheit von Rechtsstaatlichkeit und Wohlshy

81 Auftrag 201

stand sondern auch zur Wahrung unserer Identitaumlt als Waffe zum Schutz unserer Heimat

Die Herausforderungen

Jeder der heute sehen und denshyken kann weiszlig daszlig dies keine Loumlshysung ist Wir muumlssen uns heute eishyner fOnffachen Herausforderung im Hinblick auf die Wanderung und Flucht von Menschen aus eishynem zum anderen Land aus einem zum anderen Kontinent stellen

Kulturelle Vielfalt bewahren

Wir muumlssen so leben lernen daszlig die Welt die sich an unserem Leshybensstil orientiert ihn uumlbernehshymen kann ohne unterzugehen Ich will versuchen darzustellen was sich hinter dieser Herausfordeshyrung verbirgt Glauben wir eigentshylich allen Ernstes daszlig wir uumlber laumlngere Zeit verhindern koumlnnen daszlig sich die Menschen in heute noch aumlrmeren Laumlndern mit den taumlglichen Bildern und Fernsehbilshydern unseres Wohlstandes vor Aushygen mit aller Macht daraum bemuumlshyhen unser Lebensniveau zu erreishychen Ist es uns eigentlich wirkshylich klar daszlig das eine Katastrophe waumlre wenn die Menschen in der ganzen Welt unser Lebensniveau unser Wohlstandsniveau erreishychen wOrden unseren Lebensstil haben wuumlrden den wir heute hashyben Unser westlicher Rohstoffshyund Energieverbrauch uumlbertragen auf die gesamte Weltbevoumllkerung wuumlrde die Erde innerhalb einer Geshy

neration zu einer oumlkologischen Kashytastrophe fuumlhren Wo sind denn unsere Bemuumlhungen einen Wohlshystands- und Fortschrittsbegriff auch mit dem klugen Einsatz aller wissenschaftlichen und technishyschen Moumlglichkeiten zu entwikshykein und darauf aufbauend konshykrete Lebensformen zu entwickeln und bei uns vorzuleben die auch tor die ganze Welt Bestand haben koumlnnten Die also auch nachgeshymacht werden koumlnnten die irgendshywann einmal in der ganzen Welt praktiziert werden koumlnnten ohne daszlig es eine Katastrophe gibt Denn wir werden auf Dauer nicht verhindern koumlnnen daszlig die andeshyren Laumlnder die Menschen in den anderen Laumlndern nachziehen Die naumlchste grundsaumltzliche Frage Hashyben wir eigentlich erfaszligt was es bedeutet daszlig wir mit rasenden Schritten auf eine gesellschaftlishyche Monokultur zusteuern in der sich von Alaska bis nach Feuershyland von Portugal bis nach Korea vom Nordkap bis nach Kapstadt die gleichen Denkmuster die gleishychen Formen des Wirtschaftens und des Verbrauchens des Zushysammenlebens und der Kommunishykation zwischen den Menschen durchsetzen In der Landwirtshyschaft und in der Oumlkologie kennen wir heute die verheerenden Folgen von MonOkulturen einseitige Beshyanspruchung und damit Erschoumlpshyfung der natuumlrlichen Ressourcen VerSChwinden der Artenvielfalt Anfaumllligkeit fuumlr Schaumldlingsbefall und vieles mehr Hat eigentlich

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niemand Angst vor einer weltweishyten gesellschaftlichen Monokulshytur

Und wenn uns die kulturelle Vielfalt fuumlr das Uumlberleben der Menschheit wie auch fuumlr die Entshyfaltungsmoumlglichkeiten des einzelshynen Menschen unverzichtbar zu sein scheint wenn wir aber gleichshyzeitig die Naturgewalt des Streshybens der Menschen nach einem Leben ohne materielle Not erkenshynen in dieser einsgewordenen Welt wie sehen dann unsere Loumlshysungsvorschlaumlge aus fuumlr den polishytischen und wirtschaftlichen Rahshymen einer Weitentwicklung zur Uumlberwindung von Not bei Uumlberleshyben kultureller Vielfalt Ich kenne solche Vorschlaumlge bis jetzt nicht Aber was vielleicht schlimmer ist ich kenne auch im politischen Beshyreich keine relevanten und wirklich aktuellen Diskussionen uumlber diese Fragen

Wann wollen wir eigentlich dashymit beginnen solche Fragen in unshyseren politischen Dringlichkeitsshykatalogen mit der houmlchsten Priorimiddot taumltsstufe zu versehen Vielleicht in 30 Jahren wenn kulturelle Vielshyfalt nur noch ein Thema der Museshyen und Religionshistoriker ist

Fluchtursachen bekaumlmpfen

Wir muumlssen mit groszliger Konseshyquenz die Ursachen von erzwungeshyner Flucht und Migration in aller Welt bekaumlmpfen Hunger Not Unshyfreiheit Menschenrechtsverletshyzungen Krieg Umweltzerstoumlrung

Auftrag 201

Dies ist eine langfristige Aufgabe Aber sie muszlig jetzt angegangen werden Und nicht mit Worten sondern mit Taten mit klaren Strashytegien houmlchster Prioritaumlt und auch mit zusaumltzlichen Mitteln Das ershyfordert viele einzelne Maszlignahmen - Menschenrecht geht vor natioshy

nale Souveraumlnitaumlt Das Recht auf Intervention im Falle schwerwiegender anhaltender MenschenreChtsverletzungen ist in den Statuten der UNO und regionaler Gremien der Zushysammenarbeit von Staaten zu verankern Fuumlr solche Intervenshytionen sind geeignete Instrushymente zu schaffen

- Hunger ist eine der schwersten Beeintraumlchtigungen von Menshyschenwuumlrde In einem Stufenshyplan muumlssen bis Ende des Jahrzehnts alle Handeisbeshyschraumlnkungen und -erschwershynisse fuumlr Guumlter aus Entwickshylungslaumlndern abgebaut wershyden Die Foumlrderung produktivishytaumltsorientierter Armutsbeshykaumlmpfung und Selbsthilfe aus den EntwiCklungShilfeetats ist zu vervielfachen Durch groszligzuumlshygige und differenzierte Entshyschuldungshilfen muumlssen in weiten Teilen der Dritten Welt die Fundamente fuumlr eigenstaumlnshydige gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung wieder neu gelegt werden Die Zielparameter in den Sanieshyrungskonzepten des internatioshynalen Waumlhrungsfonds muumlssen ergaumlnzt werden damit in Zushy

Auftrag 201 83

kunft gesellschaftliche Zusamshymenbruumlche und Sanierungskrishysen im Zusammenhang mit Hilshyfen des Waumlhrungsfonds vershymieden werden

Die Vergabe von Entwicklungsshyhilfe an die Regierungen in Entshywicklungslaumlndern muszlig davon abshyhaumlngig gemacht werden daB dieshyse ihren Buumlrgern ein Mindestmaszlig an politischer und wirtschaftlicher Freiheit einraumlumen und nicht die Uumlberwindung von Armut durch zentrale Kommandowirtschaft blockieren Denn ohne Freiheit gibt es keine Entwicklung

Durch konsequente internatioshynal abgestimmte Kontrolle des Waffenexportes muszlig die Ansammshylung und Wiederbeschaffung von Waffen fuumlr Kriege verhindert wershyden Entwicklungshilfe auf staatlishycher Ebene muszlig solchen Regierunshygen verweigert werden die zum Schaden ihres Landes uumlberdurchshyschnittlich hohe Anteile des Volksshyeinkommens fuumlr die Militaumlrhausshyhalte verwenden

Durch die Zusage einer raschen Assoziierung und einer spaumlteren Vollmitgliedschaft in der E~rop~ishysehen Gemeinschaft sowie em konkretes und groszligzuumlgiges Hilfsshykonzept fuumlr den gesellschaftlichen Umbau und wirtschaftlichen Aufshybau Osteuropas muszlig den Menshyschen in den ehemals kommunistishyschen Laumlndern einschlieszliglich d~r Laumlnder der ehemaligen Sowjetumshyon die Perspektive fuumlr eine lebensshyw~rte Zukunft in ihrer Heimat eroumlffnet werden

Hilfe bei Katastrophen

Wir muumlssen denjenigen die kurzfristig Hilfe brauchen in ihrer Heimat helfen - oder in ihren Nachbarregionen wenn sie schon geflohen sind Dies gilt sowohl fuumlr Natur- oder technische Katastroshyphen wie fuumlr Hungersnoumlte und Kriege Sonst werden wir sie nicht davon abhalten koumlnnen in zu groshyBer Zahl zu uns zu kommen Auch dies erfordert konkrete Maszlignahshymen - Auf internationaler Ebene muszlig

eine humanitaumlre Eingreifeinshyheit gebildet werden die bei Naturkatastrophen technimiddot sehen Groszligunfaumlllen und bOrshygerkriegs- oder hungerbedingshyten Fluchtwellen innerhalb von Stunden mit dem Aufbau wirkshysamer Hilfsstrukturen am Kashytastrophenort oder in unmittelshybarer Nachbarschaft beginnen kann

- Neben den Voraussetzungen fuumlr unverzOgliche Uumlberlebensshyhilfe in solchen Katastrophenshyfaumlllen muumlssen auch die rechtlishychen und operationellen Vorshyaussetzungen fuumlr den militaumlrishyschen Schutz solcher Hilfsakshytionen gegen Uumlbergriffe und Angriffe geschaffen werden

Aufnahme fuumlr alle die Schutz brauchen

Wir muumlssen denen Schutz geshyben die SChutz brauchen Damit dies auch in der Praxis unserer Laumlnder moumlglich ist muumlssen die

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Verfahren zur Unterscheidung von Schutz- und Hilfsbeduumlrftigen kurz fair und zwischen den westlichen Demokratien abgesprochen sein Daruumlber hinaus muszlig die Definition der SchutzbedOrftigkeit realishystisch der Rechtsstatus der Schutzbeduumlrftigen im Interesse ihshyrer gesellschaftlichen Integrierbarshykeit klar sein Im einzelnen heiszligt dies - Die Definition eines politishy

schen Fluumlchtlings muszlig in allen Laumlndern (insbesondere auch in Deutschland wo der Art 16 des Grundgesetzes sehr reshystriktiv interpretiert wird) wieshyder nach den Kriterien der Genshyfer Fluumlchtlingskonvention ershyfolgen Der Ausschluszlig von Folshyteropfern oder von verfolgten schutzsuchenden Menschen aus Buumlrgerkriegslaumlndern ist zyshynisch und fuumlhrt bei der Bevoumllshykerung die dies ja im einzelnen nicht erfaumlhrt und die abgelehnshyten Fluumlchtlinge als Wirtshyschaftsfluumlchtlinge ansieht zur weiteren Fluumlchtlingsfeindshylichkeit denn diese Menschen duumlrfen dann ja trotz der Ablehshynung als politische Fluumlchtlinge nicht abgeschoben werden

- Auch Verfolgungsfluumlchtlinge aus von Krieg und Buumlrgerkrieg betroffenen Laumlndern muszlig vorshyuumlbergehend Schutz und Aufshynahme gewaumlhrt werden wenn sie nicht in kriegsfreien Zonen ihrer Heimat oder in direkter Nachbarschaft SChutz finden Fuumlr die Aufnahme solcher

Auftrag 201

Fluumlchtlinge sind zwischen den EG-Staaten prozentuale Quoshyten und finanzielle Ausgleichsshyleistungen abzusprechen

- Wer als anerkannter politishyscher Fluumlchtling oder als Fluumlchtling mit voruumlbergehenshydem Bleiberecht laumlnger als 3 Jahre in Europa weilt muszlig das Recht auf einen unbefristeten Aufenthalt hier haben auch wenn sich die Verhaumlltnisse in seinem Heimatland danach veraumlndern Wer keine Lebensshyperspektiven hier hat kann sich kaum integrieren Die Folshygen davon aber sind Belastunshygen des Zusammenlebens und die Foumlrderung von Fremdenshyfeindlichkeit

Zusammenleben mit Menschen aus verschiedenen Kulturen

Wir muumlssen lernen mit Menshyschen verschiedener Kulturen in unseren Heimatlaumlndern gut zushysammenzuleben seien es Fluumlchtshylinge oder Auslaumlnder die wir als Arbeitskraumlfte hereingeholt oder hereingelassen haben Dieses Zushysammenleben von Menschen aus unterschiedlichen Kulturen ist in fast allen europaumlischen Laumlndern insbesondere auch in DeutSChshyland eine schlichte Tatsache der wir uns nicht verschlieSen koumlnnen Trotzdem verursachen Begriffe wie Multikulturelle Gesellschaft oder auch der Hinweis darauf daszlig unsere europaumlischen Gesellschafshyten seit Jahren de facto Einshy

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wanderungslaumlnder gewesen sind und es wohl auch in Zukunft bleishyben werden groszlige Aggressioshynen - bei Politikern wie in der Beshyvoumllkerung Wer den Widerstand und die Aggressivitaumlt die in dieshysen Diskussionen aufbricht vershystehen will der muszlig sich vor allem die Frage auch nach unserer eigeshynen kulturellen Situation stellen In seinem Werk Die Stadt in der Wuumlste laumlszligt der franzoumlsische Dichshyter Antoine de Saint-Exupery einen arabischen Nomadenfuumlrsten der seinen Sohn uumlber die Erziehung und verantwortliche FOhrung des Volkes belehrt sagen Wenn ich dich also in deiner Kindheit so wie die anderen geformt habe wirst Du die gleichen Gesichter wie die Leute des Volkes entdecken die gleichen Regungen der Liebe ershyfahren und so werdet ihr verbunshyden sein Denn ich weiszlig jetzt daszlig die Liebe wiedererkennen heiszligt und daszlig dies die Erkenntnis der Gesichter bedeutet die sich durch die Dinge hindurch ablesen lassen

Die Gemeinsamkeit erster praumlshygender Lebenserfahrungen durch die Woumlrter und Begriffe der gleishychen Sprache durch gleiche Geshybete und Feste die gefeiert wershyden durch die gleichen Jahreszeishyten die gleichen FrOchte die gleishychen Tagesablaumlufe schafft eine inshynere Verbundenheit ein Sichvershystehen ein Grundempfinden von Sicherheit zwischen den Menshyschen einer Region eines Landes das den roten Faden das Ruumlckshy

grat einer lebendigen Kultur bildet Und wo die Heranwachsenden ih- rerseits wiederum ein Heim schafshyfen in dem dieses Leben von der naumlchsten Generation erfahren ershylebt wird - bei allen Veraumlnderunshygen in Einzelheiten die sich in den Jahren ergeben - da gewinnt dieshyse Kultur Stabilitaumlt vermittelt den Menschen Geborgenheit gibt ihshynen eine innere Heimat

Wer glaubt hier handele es sich um konservative Romantik um poshylitikferne Gefuumlhlsduselei der hat uumlberhaupt nicht verstanden von welch zentraler Bedeutung diese auf Heimat gruumlndende lebendige Kultur fOr die Offenheit einer Geshysellschaft gegenuumlber Fremden fuumlr Toleranz und Demokratiefaumlhigkeit ist Wir wissen heute daszlig ein Kind um so eher und um so staumlrker in der Lage ist selbstbewuszligt und neugierig auf die Welt rundherum auf die Dinge Pflanzen Tiere und Menschen zuzugehen je mehr es in seinen ersten praumlgenden Leshybensjahren Geborgenheit bedinshygungslose Liebe Sicherheit erfahshyren hat Groszligzuumlgigkeit Angstfreishyheit die Faumlhigkeit sich hinzugeshyben im Engagement zu lieben hashyben hier ihre Wurzeln Koumlnnte es nicht sein daszlig die Krise unserer eigenen Kultur die Unsicherheit und Fremdheit der Menschen in den europaumlischen Gesellschaften untereinander angesichts des Vershyfalls gemeinsamer Lebenserfahshyrungen gemeinsamer Werte anshygesichts des Fehlens von Geborshygenheit und wirklicher Heimat weshy

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sentliche Ursachen fOr die Angst und Aggressivitaumlt vieler Menschen gegenOber den Fremden den Ausshylaumlndern sind Vor allem wenn man bei diesen Auslaumlndern gerashydezu riechen kann daszlig sie sicher sind geborgen in einer lebendishygen uns fremden Kultur daszlig sie - im Gegensatz zu unserer inshyneren Heimatlosigkeit - ihre Heishymat in sich tragen (und sofort um sich herum verbreiten in ihren Wohnungen bei ihren Festen in ihren Wohnvierteln)

Da wo Heimat nicht mehr als Geborgenheit im Alltag erlebbar ist wo die Selbstverstaumlndlichkeit der Teilnahme an einer lebendishygen oft nicht zuletzt auch durch einen einheitlichen Sprachraum definierten Kultur fehlt erhalten die abstrakten Begriffe Nation und Volk losgeloumlst von der Realitaumlt des Lebens eine fast magische Bedeutung und stroumlmen in dieses Vakuum ein ohne doch die Sehnshysucht der Menschen nach Heimat und Sicherheit stillen zu koumlnnen Und das vermehrt auf tragische Weise die Gefahren die sich aus unserer kulturellen Krise ergeben

Irrwege der Auslaumlnderpolitik

Doch was ergibt sich aus alldem fuumlr unsere Realitaumlt einer Gesellshyschaft mit Menschen aus vielen Kulturen Was ist zu tun Wie solshylen wir mit dieser Realitaumlt umgeshyhen wie sie gestalten

Sehen wir uns zunaumlchst einmal an wie es nicht geht Als wenn

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die Zerstoumlrung des Oumllbaumes gleichbedeutend mit der Liebe zur Zeder waumlre schreibt Saint-Exushypery in seiner Stadt in der WOshyste Die Unterdruumlckung die geshysellschaftliche oder politischshyrechtliche Diskriminierung des eishygenstaumlndigen kulturellen Lebens der Auslaumlnder die unter uns leben ist kein Mittel um die Lebendigshykeit und Orientierunskraft unserer eigenen Kultur fuumlr die Menschen in unserem Land zu foumlrdern oder zu schuumltzen Im Gegenteil Bei geshy

nauerem Hinsehen erkennen wir daszlig das Bild des Baumes das den Oumllbaum mit der Zeder verbindet auch in der Zeder schweren Schashyden erleidet wenn wir - um sie zu schOtzen - den Oumllbaum zerstoumlren wollten Die Unterdruumlckung des kulturellen Lebens von Menschen ist Unterdruumlckung ihrer Person denn ihre Kultur ist unverzichtbashyrer Bestandteil ihres Seins und wie koumlnnten wir noch an die Guumllshytigkeit der grundlegenden Werte unserer eigenen Kultur glauben shydie Wuumlrde der menschlichen Pershyson seine Freiheit sein Recht auf Entfaltung - wenn wir im Zusamshymentreffen mit Menschen anderer Kultur dagegen verstieszligen Folge waumlre eine immer heillosere Zerstoumlshyrung unserer auf dem christlichshyhumanistischen Verstaumlndnis vom Menschen gruumlndenden Kultur uno serer Sinn- und Weltorientierung die wir zu schuumltzen vorgeben durch offensichtliche Unglaubwuumlrshydigkeit Als weitere Alternative wird die Abgrenzung gehandelt

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vor allem in der Asyl- und Fluumlchtshylingspolitik Lassen wir noch einshymal Saint-Exupery zu Wort komshymen Ich entsinne mich was mit den 3000 Fluumlchtlingen aus der Bershyberei geschah als sie mein Vater in einem Lager noumlrdlich der Stadt unterbrachte Er wollte nicht daszlig sie sich mit den Unseren vermischshyten Da er guumltig war speiste er sie und versah sie mit Stoffen mit Zucker und Tee Als Entgelt fuumlr seishyne groszligmuumltige Gabe verlangte er jedoch keine Arbeit von ihnen Wer haumltte sie aber fuumlr gluumlcklich halten koumlnnen Sieh nur sagte mein Vater sie werden zu Vieh und beginnen sachte zu faulen Nicht in ihrem Fleisch aber in ihshyren Herzen Denn alles verlor fuumlr sie seinen Sinn

Treffender als in diesem vor eishynem halben Jahrhundert skizziershyten Bild laumlszligt sich die Art und Weishyse wie wir in vielen Laumlndern Euroshypas mit Asylbewerbern und den sogenannten De-facto-Fluumlchtlinshygen umgehen kaum beschreiben Die Sache hat ja ihre eigene Logik Ein unverbundenes Nebeneinanshyder verschiedener Kulturen ist in unserer dichtbesiedelten kompleshyxen hochgradig arbeitsteiligen Gesellschaft ja gar nicht mehr moumlglich wenn ich den Auslaumlndern einen klaren rechtlichen Status volle Bewegungsfreieit innerhalb unseres Staatsgebietes und Arshybeitserlaubnis zugestehe Die rasche Vermischung ist dann unshyvermeidbar - was nicht heiszligt daszlig nicht Unterschiede - Religion

Traditionen Lebensweise - bei Kerngruppen der Zuwanderer uumlber Generationen hinweg bestehen bleiben koumlnnen aber zwischen ihshynen und der eingesessenen Bevoumllshykerung bilden sich immer breitere Bruumlcken

Abgrenzung erfordert Diskrimishynierung deren Folge aber - gerashyde wo es um Arbeit geht - ist kulshyturelle Zerstoumlrung eine Erfahrung von der bei uns nicht mit Arbeitsshyverboten belegte Fluumlchtlinge sonshydern auch die bei der Arbeitsaufshynahme diskriminierten Auslaumlnder aus N icht-EG-Staaten betroffen sind Abgrenzung heiszligt in unserer Gesellschaft notwendige Zerstoumlshyrung der fremden Kulturen friedlishyches Zusammenleben aber erforshydert vor allem die nicht diskrimishynierte Integration der Auslaumlnder in das Arbeitsleben Wer auf das Fakshytum des Zusammenlebens von Menschen verschiedener Kulturen in unserer Gesellschaft mit Abshygrenzung und Diskriminierung reashygiert der legt einen Sprengsatz an unsere gesamte Gesellschaft Auslaumlnder die erlebt werden als nicht integrierte auf Kosten der Steuerzahler herumlungernde Schmarotzer als verzweifelte Unshyderdogs gefangen im Dreieck von psychischem Verfall Kriminalitaumlt und Aggression werden zu Recht von der Bevoumllkerung als Bedroshyhung empfunden und stellen den idealen Naumlhrboden fuumlr rechtsexshytreme Wahlerfolge dar

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Kulturelle Erneuerung

Aber heiszligt nicht Integration und daraus folgend Vermischung tatshysaumlchliche Bedrohung des gewachshysenen Bestandes unserer Kultur So fragen manche Tatsaumlchlich ist die Frage einer Behauptung von Werten Traditionen und Lebensshyweisen aber nicht nur eine Frage von Quantitaumlten Auch die Diskusshysion uumlber Mehrheitskultur und Minderheiten-Kulturen ist - im Hinblick auf das politische Hanshydeln - unergiebig In dem Maszlige wie sich Elemente unserer Kultur als lebendig erweisen - Sprache Wertvorstellung Lebensweishysen - werden sie Ober die Geshynerationen hinweg auch die Zugeshywanderten praumlgen Wo aber nichts mehr ist da gibt es auch nichts zu schuumltzen und hier koumlnnen wir gluumlcklich sein wenn kulturelle Einshyfluumlsse der Auslaumlnder bei uns wirkshysam werden das Vakuum fOlien denn der einzelne Mensch der nach Orientierung nach Lebensshyformen nach Lebenssinn sucht wird kaum danach fragen ob das worin er dies findet einen deutshyschen franzoumlsischen italienishyschen oder asiatischen Stammshybaum hat

Doch machen wir uns keine illushysionen Gerade weil unsere Kultur in der Krise steckt ihre Bindungsshykraft stark abgeschwaumlcht ist weil ausufernder abstrakter Nationalisshymus im Vakuum innerer Heimatshylosigkeit gedeiht ist die Gefahr der intoleranten der aus Angst ge-

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borenen aggressiven und irratioshynalen Reaktion auf das Faktum unshyserer Gesellschaft mit Menschen aus verschiedenen Kulturen nicht gering Wenn dies aber bestimshymend wuumlrde kaumlmen wir in ein ausshysichtsloses Dilemma an dessen Ende Nihilismus und Unfreiheit stuumlnden

Doch machen wir uns keine illushysionen Gerade weil unsere KUltur in der Krise steckt ihre Bindungsshykraft stark abgeschwaumlcht ist weil ausufernder abstrakter Nationalisshymus im Vakuum innerer Heimatshylosigkeit gedeiht ist die Gefahr der intoleranten der aus Angst geshyborenen aggressiven und irratioshynalen Reaktion auf das Faktum uno serer Gesellschaft mit Menschen aus verschiedenen Kulturen nicht gering Wenn dies aber bestimshymend wuumlrde kaumlmen wir in ein ausshysichtsloses Dilemma an dessen Ende Nihilismus und Unfreiheit stuumlnden

Groszlig sind deshalb die Aufgashyben die vor uns stehen und groszlig ist unsere Verantwortung - Wir muumlssen den weiteren Zushy

zug von Menschen aus fremshyden Kulturen in unser Land beshyhutsam steuern um in der preshykaumlren Stimmungslage in der sich ein groszliger Teil unserer desorientierten Bevoumllkerung befindet die Menschen nicht zu uumlberfordern Eine groszligzuumlgishyge Aufnahme verfolgter Fluumlchtshylinge und die Aufnahme enger Familienangehoumlriger von hier lebenden Auslaumlndern sind zur

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Zeit neben der Offenheit innershyhalb der Europaumlischen Geshymeinschaft und der Zuwandeshyrung der Aussiedler das einzishyge was moumlglich ist auch wenn wir bald wieder Zuwanderung brauchen werden

- Wir muumlssen alle Anstrengunshygen darauf richten durch eine auf die Entfaltung und lnshypflichtnahme der einzelnen Person geriChtete Politik (Fashymilie und Wohnen Bildung und soziales Handen humane Arshybeit und verantwortliches Wirtshyschaften) allmaumlhlich die Chanshycen der Menschen wieder zu verbessern zu Geborgenheit Heimat und damit Selbstsishycherheit und Offenheit zu finshyden Denn nur wenn wir uns selbst in unseren Gesellschafshyten wieder zu Hause fuumlhlen und unsere Heimat mit kritishyscher engagierter Liebe sehen und gestalten werden wir faumlshyhig die Chancen der Begegshynung mit Menschen aus andeshyren Kulturen in unseren eigeshynen Laumlndern zu nutzen

Ohne ein Mindestmaszlig an soziashylem Konsens werden wir in unseshyrer Gesellschaft der kulturellen Vielfalt in naher Zukunft unfaumlhig zum Zusammenleben wird unser Staat unregierbar Doch dieses Mishynimum an Uumlbereinstimmung zwishyschen den Menschen unterschiedshylicher kultureller Herkunft und unshyterschied I icher Wertvorstell u ngen ist nur erreichbar wenn es gelingt alle Minderheiten ohne Diskrimishy

nierung in die gesellschaftliche Diskussion und die politische Meishynungsbildung einzubeziehen Ich erkenne nur eine einzige Ordnung an sagt Saint-Exupery Meine Ordnung besteht in der allgemeishynen Zusammenarbeit die sich mit Hilfe eines jeden einzelnen vollshyzieht und er faumlhrt fort Zwinge sie zusammen einen Turm zu baushyen so wirst Du sie in Bruumlder vershywandeln Willst Du jedoch daszlig sie sich hassen so wirf ihnen Korn vor Denn eine Kultur besteht aus dem was von den Menschen gefordert wird und nicht aus dem was sie geliefert erhalten

Zusammenfassend ist zu sagen Eine Welt der Heimatlosigkeit der Massenwanderung und Entwurzeshylung von Menschen ist politisch voumlllig unsteuerbar und wird untershygehen Sie ist auch unmenschlich denn der Mensch traumlgt in seinem Herzen die Sehnsucht nach Heishymat nach Vertrautheit und Kontishynuitaumlt Aber wenn Menschen ihre Heimat verlassen weil das Leben dort nicht mehr moumlglich ist dann helfen in unserer einsgewordenen Welt auch politische Grenzen nicht mehr dann helfen Polizei Gesetz und Militaumlr nicht mehr weishyter Wer vor dem Nichts flieht hat auch vor der Drohung mit Gefaumlngshynis mit Abschiebung oder Tod keishyne Angst Nur wenn wir erreichen daszlig die Menschen in ihren Laumlnshydern und in ihren angestammten Kulturen wieder uumlberleben und Heimat finden dann koumlnnen wir hoffen daszlig die Wanderungsbeweshy

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gungen auf Groumlszligenordnungen beshyschraumlnkt bleiben die verkraftbar sind und die den wohlhabenden Gesellschaften auch helfen nicht zu erstarren

Peter Koumlppinger

(aus Caritas Heft 21992)

Zur Festigung des Friedens beitragen

Vor Teilnehmern interkonfessioshyneller Militaumlrseelsorger Europas hielt Papst Johannes Paul 11 am 6 Februar in Nordamerika eine Rede Hier ein Auszug

Liebe Militaumlrseelsorger Ihr vershytretet viele Religionsgemeinschafshy

ten und ich begruumlszlige euch mit den Worten des Apostels Paulus Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater (KoI12)

Unsere Begegnung gibt mir Zushyversicht und Hoffnung weil ich die Pastoral arbeit unter den Soldaten immer als einen wichtigen Aufgashybenbereich angesehen habe

Eure Konferenz die sich zum dritten Mal trifft gibt mir nach dem vielversprechenden Beginn in Stuttgart und der zweiten Zusamshymenkunft in Luumlbeck die Gelegenshyheit nochmals meine lebendige Wertschaumltzung fuumlr die wichtige seelsorgliche Arbeit auszudrOkshyken die ihr unter dem Militaumlr und deren Familien leistet

Mit einem Blick auf die Liste der dreiundzwanzig Nationen die in

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dieser Konferenz vertreten sind stelle ich mit Freude fest daszlig die Anwesenheit der Militaumlrseelsorger sich in den Laumlndern Mittel- und Osteuropas aUSbreitet

In der christlichen Welt gab es immer eine beachtliche Tradition der Militaumlrseelsorge fuumlr das Mitishytaumlrpersonal Der Respekt und die Achtung der katholischen Kirche fuumlr die Militaumlrdienstleistenden ist klar in den Worten des zweiten Vashytikanischen Konzils in der Pastoshyralkonstitution Gaudium et spes ausgedruumlckt Dort lesen wir Wer aber als Soldat im Dienst des Vashyterlandes steht soll sich als Dieshyner der Sicherheit und Freiheit der Voumllker betrachten Er traumlgt durch die rechte Ausuumlbung seines Dienshystes wahrhaft zur Festigung des Friedens bei (GS 79)

Die Apostolische Konstitution Spirituali militum curae vom 21 April 1986 die Taumltigkeiten der Kirshyche in diesem Bereich regelt stellt Militaumlrordinariate den Teilkirchen oder Dioumlzesen gleich und vershygleicht den geistlichen Beistand den die Seelsorger in den Kasershynen Lagern Militaumlrschulen und -akademien geben mit der in Pfarshyreien geleisteten Arbeit

Eurer pastoralen Sorge ist eine groszlige Zahl junger Menschen anshyvertraut und auch eine groszlige Zahl dienstleistender Maumlnner und Fraushyen die in ihren Laumlndern als Huumlter der Souveraumlnitaumlt und wo es notshywendig ist der internationalen Ordnung und des Friedens selbst dienen

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Als Seelsorger seid ihr euch der Bedeutung des Wortes Gottes in der Formung der menschlichen Gewissen und Herzen bewuszligt und in der Anleitung zu Gedanken des Friedens und zum richtigen Geshybrauch der Freiheit

Auf dem fruchtbaren Boden der Freiheit des Gewissens muumlszligt ihr uumlberreich saumlen so daszlig in dem milishytaumlrischen Bereich die Personen auf eine Weise handeln die tiefe Ehrfurcht vor Gott widerspiegelt und folglich unverbruumlchlichen Reshyspekt fuumlr die Wuumlrde und die Rechshyte anderer Personen

Der gegenwaumlrtige Moment der Geschichte stellt eine besondere Herausforderung fuumlr die Militaumlrshyseelsorger dar

Vor euch liegt die Aufgabe anmiddot dere in menschlichen und geistshylichen Werten zu erziehen und ihmiddot nen zu helfen Ethik uumlber Technoshylogie zu stellen Maumlszligigung uumlber Leidenschaft den Sinn fuumlr Geshyrechtigkeit und Bruumlderlichkeit uumlber Haszlig und Unterdruumlckung

Frieden ist ein wertvolles und zerbrechliches Gut das Gott dem Menschen seinem Gewissen und seinem Verstand anvertraut

Fuumlr euch ergeben sich daraus zwei notwendige Pflichten Die ershyste ist die Pflicht durch die Gewismiddot sensbildung eine authentische Sehnsucht nach Frieden zu naumlhshyren Die zweite Pflicht ist unablaumlsshysig fuumlr den Frieden zu beten daszlig Gott dieses Geschenk den Menshyschen unserer Zeit gewaumlhren moumlge

Bei unzaumlhligen Gelegenheiten habe ich oumlffentlich fOr den Frieden gebetet und zum Friedensgebet aufgerufen in juumlngster Zeit waumlhshyrend des Golfkrieges und des Konshyflikts in Jugoslawien Fuumlr Gott ist nichts unmoumlglich (Lk 1 37) Wenn menschliche Anstrengungen zu scheitern scheinen kann die Kraft des Geistes Gottes tief in den Hershyzen der Menschen wirken Haszlig ausloumlschen und Liebe entflamshymen

Frieden kann manchmal unermiddot reichbar erscheinen aber wir sind aufgerufen ihn allzeit zu ersehnen im Vertrauen auf Gottes Verheishyszligung Betet deshalb denn damit werdet ihr den groumlszligten Dienst an den Menschen leisten die eurer seelsorglichen Aufgabe anvertraut sind die Menschen die an der Front stehen wenn das friedliche Zusammenleben zerstoumlrt wird und Krieg ausbricht

Liebe Seelsorger sowohl im Krieg als auch im Frieden seid imshymer und nur Hirten der Seelen Seid denen nahe die euch anvermiddot traut sind Helft ihnen mit eurem Gebet und ermahnt sie mit Groszligshyherzigkeit die ihnen anvertraute Aufgabe zu erfuumlllen und gegebeshynenfalls mit dem Opfer ihres Leshybens zu gewaumlhrleisten daszlig die anmiddot deren in Sicherheit und Frieden lemiddot ben

(aus LOsservatore Romano vom 14292 nach Kompaszlig Nr6 v 6392)

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Pax europaea Uumlber vier Jahrzehnte lang hat

der amerikanische Atomschirm shydie pax americana - uns Euroshypaumler vor jedem Krieg geschuumltzt Da schon jeder Uumlbergriff etwa in BershyUn den Dritten Weltkrieg haumltte ausloumlsen koumlnnen durfte es auch solche Konflikte nicht geben Nun aber hat sich durch den Wegfall der Ost-West-Konfrontation die politische Welt radikal veraumlndert und das heiszligt wie Peter Glotz richshytig bemerkt Kleine Kriege sind wieder moumlglich Sie sind nicht nur moumlglich sie sind in Suumldslawien bereits ausgebrochen Man kann die heutige Situation kaum besser beschreiben als dies atto von Habsburg kuumlrzlich getan hat Wer haumltte schon in den herrlichen Tashygen des Jahres 1989 als eine Zwingburg nach der anderen fiel gedacht daszlig wir nur zwei Jahre spaumlter auf europaumlischem Boden Verbrechen und ein Genozid erleshyben muumlssen das uns an Hitler Stalin und Pol Pot erinnert noch dazu begleitet vom mitschuldigen Schweigen jener die nicht genug hervorheben koumlnnten daszlig die Greuel der Vergangenheit nie wieshyderkehren duumlrften (siehe deutmiddot sehe Tagespost vom 8101991)

Die Tatsache der wir jetzt ins Auge schauen muumlssen ist daszlig wir auf den Sturz der Mauern auf die Freiheit nicht vorbereitet washyren - nicht in Europa und schon gar nicht in DeutSChland das noch 1987 einen Honecker in Bonn mit

Auftrag 201

Ehren und Fanfaren empfangen hat

Nun stehen wir im wahrsten Sinne hilflos vor dem groszligsershybisch-kommunistischen Aggresshysionskrieg gegen das tapfere aber wehrlose kroatische Volk Alle Sitshyzungen Erklaumlrungen und Hoffshynungen christlicher Gremien helshyfen da ja gar nichts verschleiern nicht einmal die Verhoumlhnung Eushyropas (Erich Laumlufer)

In dieser Situation sollten wir uns auf das zweite Vatikanische Konzil besinnen das schon vor eishynem Vierteljahrhundert zur absolushyten Aumlchtung des Krieges die Einshysetzung einer Autoritaumlt gefordert hat die uumlber wirksame Macht vershyfuumlgt um fuumlr alle Sicherheit Wahshyrung der Gerechtigkeit und Achshytung der Rechte zu gewaumlhrleisten (Gaudium et spes 82)

Wie diese wirksame Macht nun aufgebaut werden soll ob

Frisch amp Fromm Oie Katholische Presse gibt erfrischend

andere Antworten auf aktuelle Zei1frageo Ihr Fundoment ist und bleibt der christliche Glaube

Und der ist uumlberraschend vielseitig Uumlberzeugen Sie sich selbst doyon

Eine Informations-Broschuumlre liegt fuumlr Sie bereit

Rufen Sie an 0228215334

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deutsch-franzoumlsisch oder als EGshyoder Nato-Variante ist Sache der Politiker zu entscheiden Daszlig sie so schnell wie moumlglich kommen sollte ist ein eminent christliches Anliegen sollen wir in unserer beshyquemen Fernsehsesselposition nicht mitschuldig werden an Mord und Vertreibung Fuumlr die Gewaumlhrshyleistung dieser pax europaea sind wir aber nun selbst verantshywortlich - und werden wir Deutshysche uns da aus welchen Gruumlnden auch immer aus der Gemeinshyschaft der dafuumlr verantwortlichen VOumllker heraushalten koumlnnen

Ihr Bischof + Johannes (aus NIMM Nr 36 vom 71191 geshykuumlrzt durch Red)

Neuevangelisierung Europas Gemeinsam schaffen wirs

Die Aufgabe ist groszlig Wir alle sind gefordert - Priester wie Laishyen Christen jeder Konfession Bishyschof Dr Josef Homeyer schildert seine Eindruumlcke von der Bischofsshysynode Hier Auszage aus seinem Schreiben an die in der Seelsorge Taumltigen in seinem Bistum Hildesshyheim

Die wichtigsten Erfahrungen

Der Osten hat mehr und tiefer gelitten als wir erahnen

Persoumlnlich habe ich bis zu dieshyser Synode meine Meinung uumlber das Leben der Kirche in den Laumlnshydern Mittel- und Osteuropas waumlhshyrend der letzten 40 Jahre vor allem von den Erfahrungen in Polen geshybildet Es mag mit meiner fruumlheren Taumltigkeit als Sekretaumlr unserer Bishyschofskonferenz zusammenhaumlnshygen in dieser Zeit habe ich zwar jeshydes Jahr fast alle erreichbaren Laumlnder in Mittel- und Osteuropa besucht vor allem aber um vieles haumlufiger Polen nicht zuletzt weshygen unserer Versoumlhnungsbemuumlshyhungen Auf dieser Synode erst ist mir ploumltzlich deutlich geworden daszlig die Geschichte der Kirche in Polen waumlhrend der letzten 40 Jahshyre voumlllig exzeptionell ist im Geshysamt der Laumlnder Mittel- und Osteushyropas Wer Polen kennt versteht noch laumlngst nicht was sich in den uumlbrigen Laumlndern Mittel- und Osteushyropas ereignet hat

Die Berichte der Bischoumlfe aus der Tschechoslowakei aus Unshygarn Rumaumlnien vor allem aber aus den baltischen Laumlndern bis zur Ukraine und den uumlbrigen Laumlndern der Sowjetunion waren erschuumltshyternd und ich vermag sie nicht annaumlhernd wiederzugeben Es ist darum gebeten worden diese Beshyrichte in einer eigenen Publikation herauszugeben Manchen Bischoumlshyfe waren nicht imstande ihre Ershylebnisse zu berichten Es vershyschlaumlgt einem den Atem wenn etwa ein Bischof aus der Ukraine von den drei Phasen der Verfolshygung der Kirche in der Ukraine beshy

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richtet und von der zweiten Phase sagt er koumlnne daruumlber wenig sashygen da er in dieser Zeit 10 Jahre im Gefaumlngnis verbracht habe Was hinter diesem einen Satz stand konnte man aufgrund der anderen Berichte erahnen

Immer wieder wurde in diesen Berichten deutlich Ich habe schreckliche Angst gehabt bis ich dann eines Tages vor Gericht stand Eine Sicherung nach der anshyderen wurde mir genommen Schlieszliglich war ich nach vielen Folterungen Qualen und inneren Noumlten allein und verzweifelt Aber immer deutlicher erahnte ich was mit Jesus Christus wirklich war und wer Gott ist Ihn habe ich erst dann verstanden Gluumlck kam in mir auf und eine ungeahnte Sichershyheit keineswegs allein zu sein Unshyfaszligbare Kraft erfOllte mich die Welt wurde fuumlr mich anders licht Ich konnte den konkreten leidenshyden Mensch ernst nehmen mittrashygen Es ist schlimm erst in diesem Laumluterungsprozeszlig habe ich Gott erfahren und begriffen welche Freiheit er schenkt und was Freishyheit ist

Einer schloszlig seinen schockieshyrenden Bericht Aber Bruumlder vershysteht mich nur nicht falsch ich bin wahrhaft kein Heiliger Aber ich wollte nur sagen Die Verfolgung ist eine Gabe Gottes man lernt dann beten

Immer wieder verwahrten sich Bischoumlfe aus dem Osten sie als Helden und Heilige zu bezeichnen Es habe gewiszlig solche gegeben

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aber viel mehr Schwaumlche Einer beshyrichtete Wenn ich an meine Geshyspraumlche denke mit den zwei Polizishysten Ich war allein und hatte furchtbare Angst Was ich dort geshysagt habe und was ich nicht geshysagt habe - ich muszlig jeden Tag daran denken und schaumlme mich zutiefst

Wie ein Grundakkord durchzog viele Berichte Der Kommunismus ist vorerst gefallen aber seine schrecklichen Wunden sind noch da werden noch lange da sein Nicht nur daszlig wir keine Kirchen haben und sehr haumlufig im Freien bei Wind und Wetter den Gottesshydienst feiern muumlssen nicht nur daszlig wir einfach keine Raumlume und Mittel haben Menschen zu vershysammeln viele Menschen selbst sind einfach kaputt in ihrem Menschsein verwundet es gibt keine GrundOberzeugungen mehr alle Substrukturen in unserer Geshysellschaft sind zerstoumlrt viele sind desorientiert nicht wenige haben wirklich auf den Kommunismus gesetzt und von ihm gelebt nun stehen sie vor einer schrecklichen Leere unsere ganze Situation ist aumluszligerst zerbrechlich eine Uumlbershywindung dieser Lage ist kaum in Sicht das kann zu autoritaumlren und freiheitsfeindlichen Entwicklunmiddot gen fuumlhren hoffentlich nicht wieshyder zum Kommunismus die Geshyfahr ist jedenfalls noch laumlngst nicht gebannt

Andererseits gibt es in vielen der genannten Laumlnder schon eine staumlrkere Hinwendung zur Kirche

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Nicht nur in Ruszligland und in der Ukraine wo von 100 bis 200 Ershywachsenentaufen in jeder Kirche an jedem Sonntag berichtet wird sondern etwa auch in Ungarn wo die Zahl der Gottesdienstbesucher wie auch die Zahl der Anmeldunshygen der Priesteramtskandidaten sich verdoppelt hat

Uumlbrigens hat es mich persoumlnlich in den ersten Berichten aus dem Osten ein wenig irritiert mit weishychem Nachdruck diese dem Papst und seinen Vorgaumlngern fuumlr ihren Dienst und ihr Zeugnis waumlhrend der letzten Jahrzehnte dankten Bald wurde folgendes deutlich Das Wissen um die Weltkriche fOr die der Papst als erster Zeuge Jesu Christi steht hat vielen Chrishysten in den Laumlndern Mittel- und Osteuropas offensichtlich ungeshyheure Kraft zum Widerstand und zum Ertragen und Durchhalten vershymittelt Dies sei ihnen gerade in der Begegnung mit den Christen anderer Kirchen deutlich geworshyden

Insgesamt waren die Berichte der Bruumlder aus dem Osten tiefe Zeugnisse elementarer authentishyscher religioumlser Erfahrungen Solshyche Zeugnisse die wir dort erfahshyren durften uumlberzeugen machen einen still verbinden und schaffen eine neue Realitaumlt

Was die Kirche des Westens in das neue Europa einzubringen hat

Gewiszlig waren wir aus dem Weshysten ob solcher Berichte zunehshy

mend kleinlaut und nicht wenig beshyschaumlmt Es waren dann die Bruumlder aus dem Osten die uns nach entshysprechenden Aumluszligerungen dieser Art unsererseits fast erregt sagshyten Houmlrt auf euren Wohlstand und auch eure religioumlse Situation madig zu machen Was ihr in den letzten 100 Jahren und in den letzshyten 40 Jahren heruumlbergebracht habt ist fuumlr uns ermutigend und gibt uns Hoffnung Euer Wohshystand birgt sicher auch Gefahren aber er ist doch zunaumlchst ein Geshyschenk und nicht zuletzt die Frucht der geistigen Entwicklung der letzten 100 Jahre Die Freiheitsbewegung seit der Aufklaumlrung hat sich aber weitshyhin - aufgrund vieler Miszligvershystaumlndnisse auf allen Seiten - geshygen das Christentum durchsetzen muumlssen aber war doch zutiefst vom Evangelium inspiriert und hat hoffnungsvolle Entwicklungen einshygeleitet das Wachwerden der Subjektivitaumlt und Freiheit des Menschen des einzelnen hat die Menschenrechte klarer erkennen lassen und ihnen zum Durchbruch verholfen zur Entwicklung von Wissenschaft und Technik und schlieszliglich zur Wirtschaft gefOhrt zur Demokratie usw usw

Das 11 Vatikanische Konzil hat diese Subjektivitaumlt der geistigen Entwicklung der letzten 100 Jahre zum Ausgangspunkt genommen das Evangelium und die Tradition neu zu lesen und zur Wiederentshydeckung der urchristlichen Comshymunio-Eccesia gefuumlhrt in der jeshy

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der einzelne Getaufte und Gefirmshyte auch als Gesandter verstanden und ernst genommen wird Ihr habt im Westen von daher die Bibelbeshywegung die liturgische Bewegung usw aufgegriffen von einem neushyen Verstaumlndnis von Kirche und Geshymeinde her der neue Zugang so vieler einzelner zum Wort Gottes die Entfaltung der verschiedenen Dienste in der Liturgie die Mitarshybeit so vieler Laien in der Gemeinshyde und in der Gesellschaft die Beshyreitschaft so vieler mit der Kirche in der Dritten Welt zu teilen

Gewiszlig gibt es bei euch auch Schattenseiten Irritationen unshyschwer verstaumlndliche Verluste (Anshybetung Buszligsakrament) auch Trennung der Spreu vom Weizen usw aber es gibt doch die Sehnmiddot sucht nach religioumlser Vertiefung nach einer neuen Art KircheGeshymeinde zu sein Das alles ist fOr uns im Osten ermutigend wir moumlchten von euch lernen mit euch teilen

So ging nach meinem Empfinshyden ein immer tieferes Ahnen durch die ganze Synode Wir hashyben tatsaumlchlich einander viel zu sagen und mitzuteilen unsere sehr unterschiedlichen Erfahrunshygen sollten wir austauschen und wirklich dabei voneinander lernen Wir muumlssen auf neue Art Kirche sein Immer haumlufiger fiel die Forshymel daszlig diese neue Art Kirche zu sein heiszligen muumlsse Freiheit in Gemeinschaft Freiheit zu der Christus uns befreit hat die uns befaumlhigt zur Gemeinschaft befaumlshy

higt anders naumlmlich solidashyrisch miteinander umzugehen in der Gemeinde im Bistum im Land in Europa und vor allem auch daruumlber hinaus Aber das alshyles muszlig mit einer Umkehr von uns selbst beginnen

(aus Mann in der Kirche Febr 1992)

Offenheit VershyStaumltldtlis Dialog und Kooperation Familienpolitische Thesen fuumlr Europa

Vom 10 bis 14 Dezember 1991 veranstaltete die Arbeitsgemeinshyschaft der katholischen Familienshyorganisationen in Europa unter Feshyderfuumlhrung des Familienbundes der Deutschen Katholiken eine Fachkonferenz zum Thema Euroshypa - Aufgabe und Verantwortung fOr Familienorganisationen Die Vertreter von katholischen Famishylienorganisationen aus 14 Staaten Europas beschaumlftigten sich zum einen mit Ansaumltzen einer europaumlishyschen Familienpolitik zum andeshyren mit dem Engagement der kashytholisChen Verbaumlnde beim Internashytionalen Jahr der Familie

Zur Einfuumlhrung in die Thematik stellte Mill Majerus vom Ministere de la Familie et de la SOlidarite Luxembourg nachfolgende famimiddot

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lienpolitische Thesen fuumlr Europa vor die von den Praumlsidenten und anderen Repraumlsentanten der kashytholischen Familienorganisatioshynen als Leitlinien fuumlr ein kuumlnftiges Engagement in Europa begruumlszligt wurden

Wir tun uns schwer mit der Definishytion von Familie

Wir erleben heute eine veraumlndershyte Familie in einem gewandelten Umfeld Vielfach tun wir uns schwer dabei den Begriff Famillie in einer fuumlr unsere Zeit gOltigen und konsensfaumllhigen Art abzugrenshyzen

Der diesbezuumlgliche Versuch eishyner Arbeitsgruppe des Katholishyschen Akademikervereins in Lushyxemburg schlug fehl Es gelang nicht in einer fOr alle annehmbashyren Formel gleichzeitig Ideal und Wirklichkeit zu erfassen der Vielmiddot falt der gelebten Modelle gerecht zu werden die Unterschiedlichkeit der sukzessiven Phasen im Eheshyund Familienzyklus auszudruumlcken Aus Angst davor der Beliebigkeit das Wort zu reden warenmiddot manche Vorschlaumlge sehr restriktiv der Wunsch real gelebte Familien nicht auszusondern fuumlhrte zu Forshymulierungen die Familie zum letztlich aussagelosen Allershyweltskonzept werden lieszligen

Das Verstaumlndnis von Familie ist nach den Worten von Max Wingen Voraussetzung und Ergebnis zushygleich der Familienpolitik Insoshyfern bleibt die Frage nach den konshy

stitutiven Elementen der Familie relevant In dem gesellschaftlishychen Kontext einer unleugbaren Entkoppelung von Ehe und Familie scheinen mir folgende fuumlnf Komshyponenten wichtig - Gruppe von Menschen mit enshy

gen affektiven Banden die moumlglicherweise miteinander verwandt verheiratet oder vershyschwaumlgert sind

- Anwesenheit von wengistens zwei Generationen (Eltern und Kinder)

- Wohn- Lebens- und Solidargeshymeinschaft gemeinsames Wirtschaften und gegenseitige personale Verantwortung (mit den Worten von Max Wingen)

- gemeinsame Rituale (Gestalshytung des Alltags Kommunikashytion Spiele Feste feiern Glaushybe)

- gemeinschaftliche Ausrichshytung der Kontakte mit der Aushyszligenwelt

Das Konzept Familie muszlig inhaltshylich aufgefuumlllt werden

Oft steht der Begriff Familie fOr ein verschwommenes Zerrbild von Waumlrme und Gluumlck - die Familie als Zufluchtsideal vor der rauhen Alltagsrealitaumlt In wissenschaftlishychen Diskursen steht vor allem die auseinandergebrochene Familie als Ursache menschlichen Leids und Versagens hoch im Kurs Im uumlbrigen aber ist Familie - besonshyders im Bereich der Politik - vieshylen eher suspekt Das Engagement

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fuumlr Familie gilt oft als ideologishysche Restaurationstendenz konshyservativer Elemente die den geshysellschaftlichen Wandel beharrshylich zu ignorieren versuchen Auszligerdem ist die Frage berechtigt inwiefern angesichts unleugbarer Fakten Familie denn uumlberhaupt noch Perspektive habe

Mit dem Sozialethiker Professhysor Rauscher kann man bedauern daszlig auch Katholiken zu wenig uumlber die Bedeutung der Familie reshyflektiert haben Zu oft wurde die Frage nach dem Sinn der Familie buumlndig mit wohltoumlnenden Formeln beantwortet die nun viele als hohlklingende Floskeln abtun

Wer das Plaumldoyer um Schutz und Foumlrderung der Familie durch die Allgemeinheit mitfuumlhrt kommt an der Auseinandersetzung um den Wert der Familie nicht vorbei In der pluralen Gesellschaft sind konsensfaumlhige Antworten dabei gleichermaszligen unverzichtbar und schwierig

Als diskussionsanregende Arshybeitsthesen seien einige Aspekte genannt - Die Familie ist die elemenshy

tarste Versorgungszelle Nach wie vor uumlbernehmen die meishysten Familien personal und soshyzial wichtige Leistungen Sishycherung der Generationenfolshyge hauswirtschaftliche Funkshytionen Erzlehungs- und Bilshydungsauftrag Sorge um das koumlrperliche seelische und soshyziale Wohl ihrer Mitglieder

- Familie ist eine gesellschaftli-

Auftrag 201

ehe Grundzelle die sich bisshylang ihr Recht auf autonome Entwicklung und Eigendynashymik erhalten konnte In einer Gesellschaft in der immer haumlushyfiger Prozesse zentral gesteushyert werden leistet die Institushytion Familie einen wesentlishychen Beitrag zum Erhalt freishyheitlicher Grundrechte Ihr geshywissermaszligen sakral verankershytes Privileg auf Unantastbarshykeit und Narrenfreiheit macht sie zum unverzichtbaren Gegenspieler rational konzishypierter und quasi allmaumlchtiger Zentralgewalten

- Familie ist die Grundzelle des emotionalen Erlebens und praumlgt so wesentlich den Aufshybau und die Entwicklung der menschlichen Persoumlnlichkeit Dieser Aspekt bekommt um so mehr Gewicht durch den rezenshyten Wandel um Ehe und Famishylie Das Gleiten von den eher sozialen und wirtschaftliChen Funktionen hin zu emotionalen und affektiven Momenten Ehe und Familie werden zum bevorshyzugten Ort menschlicher Erfuumllshylung und GIUumlcksfindung In ihshyrer Familie erfahren Menschen Liebe Zuwendung Anerkenshynung aber auch Enttaumlushyschung Frust Leid und Einshysamkeit In der Familie lernen Menschen miteinander umzushygehen werden Partnerschaft und Kommunikation erprobt werden Rivalitaumlt und Solidarishytaumlt erlebt

Auftrag 201 99

- Familie ist die primaumlre Vermittshylerin der tradierten Kulturguumlter Dies gilt fuumlr Sitten und Braumlushyche Menschen- und Gesellshyschaftsbilder politische und philosophische Meinungen aumlsthetische und ethische Maszligshystaumlbe religioumlse Vorstellungen uvam In der pluralen Gesellshyschaft gilt nicht nur die Vershymittlungsmission der Familie in diesem Bereich Familie wird mehr und mehr auch zum Ort der Auseinandersetzung und Konfrontation der Meishynungsbildung sowie des frei eingegangenen Engagements fuumlr bestimmte Werte und Ideashyle

Der ideelle und materielle Wert des geleisteten Beitrags der Famishylien laumlszligt sich nur schwer ermesshysen In etwa greifbar wird er oft nur dort wo Familie grob versagt hat

Von der impliziten zur expliziten Familienpolitik

Max Wingen beschreibt Famishylienpolitik als das bewuszligte und planvoll ordnende zielgerichtete oumlffentliche Einwirken auf Struktur und Funktionen der Familie Bisshylang gibt es auf europaumlischer Ebeshyne bescheidende Ansaumltze zu einer strukturierten Famifienpolitik Alshylerdings haben Gemeinschaftsposhylitiken in anderen Bereichen sehr bemerkenswerte Einfluumlsse auf das Ehe- und Familienleben Dies gilt fuumlr wirtschaftliChe Fragen Geshysundheitspolitik soziale Sichershy

heit Umweltprobleme Erziehung und Arbeitsrecht Kritische Beobshyachter stellen fest keine europaumlishysche Familienpolitik sei eben auch eine Form der Familienpolishytik und fordern zu Recht eine reflektierte und systematische Handlungsweise

Wer eine Familienpolitik fuumlr Eushyropa verlangt traumlgt auch der zushynehmenden internationalen Vershynetzung der Probleme Rechnung Ein beredtes Beispiel hierfuumlr ist die FIOchtiingsfrage Das politishysche militaumlrische wirtschaftliche oder oumlkologische Geschehen in den fuumlnf Kontinenten SChafft den Kontext in dem Familien sich entshyfalten - in Europa und in jedem einzelnen Mitgliedsland Die Ershykenntnis daszlig alles in allem liege und auch umgekehrt (zynische Anmerkung eines Freundes) rechtfertigt keineswegs eine zenshytralistisch ausgerichtete Familienshypolitik Die diesbezuumlglichen Erfahshyrungen in anderen Bereichen stimshymen eher nachdenklich Auszligerdem gilt es den regional sehr untershyschiedlichen soziokultureen Trashyditionen Rechnung zu tragen Beshysonders Familienpolitik braucht unterschiedliche Entscheidungsshyund Handlungsebenen

Persoumlnliche plaumldiere ich auf EGshyEbene fuumlr ein sehr behutsames Vorgehen das eher passiv ausgeshyrichtet bleibt und sich minimale Ziele gibt - Bedeutung und Wert von Ehe

und Familie erkennen - Daten und Fakten um Ehe und

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Familie zusammentragen und auswerten

- Gemeinschaftspolitiken auf ihre familienrelevanten Dimenshysionen hin analysieren negatishyve Auswirkungen verhindern oder kompensieren

- ehe- und familienfoumlrdernde Maszlignahmen auf nationaler reshygionaler und lokaler Ebene ohne dazu selbst Aktionsinitiashytiven zu ergreifen

- den internationalen Austausch im familien politischen Bereich foumlrdern und die Laumlnder ermutishygen den dabei gewonnenen Ershykenntnissen Rechnung zu trashygen

Organisatorische Prinzipien der Familienpolitik

Familienpolitik braucht Konzepshyte die sich an einigen grundlegenshyd~n organisatorischen Prinzipien ausrichten Die hier folgenden Ausfuumlhrungen gelten als Diskusshysionsbeitrag und erheben keinesshywegs den Anspruch auf Ausfuumlhrshylichkeit

Globale Ausrichtung

Familienpolitik darf nicht vershykuumlmmern zum Alibi Ich habe beshyreits darauf hingewiesen daszlig Entshyscheidungen Maszlignahmen oder Handlungen in sehr unterschiedlishychen Bereichen familienrelevante Aspekte beinhalten Familienpolishytik ist dementsprechend ein breitshygefaumlChertes Anliegen mit konkreshy

ten Auswirkungen in fast allen poshylitischen Entscheidungen

Systematische Vorgehensweise

Auch wenn es um spezifische Anliegen und Sorgen geht sollten die angestrebten Maszlignahmen die Gesamtheit der familialen Grundshyfunktionen im Blick haben Einseishytigkeit traumlgt zur VerkOmmerung beshystimmter Familienfunktionen bei und verkuumlrzt die Wahlmoumlglichkeishyten bei der Gestaltung des Famishylienlebens Viele sprechen hier auch vom Prinzip der Flexibilitaumlt das es zu sichern gilt

Wohl der Gemeinschaft und Freishyheit des einzelnen

Das Wohl der familialen Einheit sowie die Rechte des einzelnen auf Selbstverwirklichung sind komplementaumlre Anliegen Verantshywortung und Freiheit sind nur dort unvereinbar wo sie in extremer Einseitigkeit gefordert werden

Mehrgliedrige Traumlgerschaft

Eine dynamische und phantashysievolle Familienpolitik fuszligt auf dem Engagement sehr untershyschiedlicher Traumlger Regierungen regionale und kommunale Instanshyzen Kirchen Gewerkschaften Arshybeitgeber Medien und Verbaumlnde

Subsidiaritaumlt

Familienpolitik steht im Dienst der familialen Autonomie stuumltzt das Eigenvermoumlgen der Familien

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und ermutigt ihre Selbstinitiativen Ein wichtiges Anliegen hierbei ist die Foumlrderung der inner- und zwishyschenfamilialen Solidaritaumlt Ohne der Willkuumlr das Wort zu reden sollshyte Familienpolitik von einem moumlgshylichst breitgefaszligten Familienkonshyzept ausgehen eine Vielfalt von fashymilialen Gestaltungsmoumlglichkeishyten gewaumlhrleisten Dies gilt beishyspielsweise bei der Frage nach der Vereinbarkeit von Familie Erzieshyhung und Beruf

Familien brauchen Freiheit und Frieden

Familienpolitik hat nur Chanshycen wenn sie eingebunden bleibt in das Bemuumlhen um Freiheit Frieshyden und Solidaritaumlt

Manche Zeichen der Zeit stimshymen sehr nachdenklich Soziale Unsicherheit wirtschaftliche Reshyzession und weitgehende Orientieshyrungslosigkeit sind mitverantwortshylich fuumlr das Zunehmen von Fremshydenhaszlig Nationalismus und Rechtsextremismus Wir muumlssen annehmen daszlig zu einem Zeitshypunkt da die kommunistischen Diktaturen definitiv zusammenbreshychen Freiheit und Demokratie leishyder keine selbstverstaumlndlichen Werte sind

Obschon unsere europaumlischen Laumlnder zu den wohlhabensten Nashytionen der Welt zaumlhlen leben in unserer Mitte Millionen armer Fashymilien (14 der Gesamtbevoumllkeshyrung) die in vielen Bereichen ausshygesondert sind Unsere komplex

gestaltete Gesellschaft stellt Anshyforderungen denen Menschen vershymehrt nicht mehr entsprechen koumlnnen

Viele Anzeichen sprachen dafuumlr daszlig die jetzigen Migrationswellen nur die Spitze eines gewaltigen Eisberges darstellen Experten geshyhen davon aus daszlig in den komshymenden Jahrzehnten riesige Fluumlchtlingsstroumlme auf unsere Laumlnshyder zukommen Bedingt sind diese durch politische militaumlrische wirtshyschaftliche und oumlkologische Gegeshybenheiten

Erkenntnisse und Prognosen die uns selbstverstaumlndlich in unseshyren politischen Entscheidungen und Aktionen fordern Dabei geishyten u a folgende Erwaumlgungen - Unsere Solidaritaumltspolitik

braucht neue Horizonte Nach den Jahrzehnten des ungeshybremsten Aufschwungs steht moumlglicherweise das Jahrhunshydert des Teilens an Das Teilen nimmt sehr unterschiedliche Formen an so unsere Bereitshyschaft houmlhere Preise fuumlr Imshyportguumlter aus armen Laumlndern zu zahlen Individuelle und nashytionale Egoismen sind dabei immer weniger vertretbar Die Probleme der Vierten und der Dritten Welt werden heute spaumltestens aber morgen geshywollt und ungewollt auch zu unseren Problemen

- Der Einsatz finanzieller und materieller Mittel ist keinesshyweg ausreichend Es geht nicht zuletzt auch um die Beshy

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reitschaft Aumlrmere und Schwaumlshychere in die gesellschaftlichen Prozesse aktiv und verantwortshylich mit einzubeziehen Wer Arme zu sozialen Almosenshyempfaumlngern macht sondert sie aus und entmOndigt sie wird mitschuldig am sozialen Unshyfrieden

- Es stellt sich auch die Frage nach der Gestaltung unserer Lebensbedingungen Orientieshyren wir uns dabei auch kOnftig am hektischen Rhythmus des technisCh Machbaren und wirtshyschaftlich Erstrebenswerten Oder sind wir endlich bereit Maszligstaumlbe anzuwenden die fashymilienfreundlich sind kindgeshymaumlszlig altengerecht umweltvershytraumlglich und menschlich zushymutbar

- Die Befuumlrchtung gilt daszlig wir insgesamt die uns gegebenen Moumlglichkeiten und Mittel ethisch nicht aufzuarbeiten vermoumlgen Als Beispiel sei hier die rasante Entwicklung im Beshyreich der Biogenetik angefuumlhrt Hierbei geht es gewiszlig um sehr viel die Wahrung fundamentashyler Rechte und Werte die in eishyner freien Gesellschaft unvershyaumluszligerlich sein sollten Es ist dringend notwendig individushyelle und kollektive Prozesse zu foumlrdern die Menschen zu beshywuszligten und verantwortlichen Entscheidungen befaumlhigen

Die Politik der Solidaritaumlt hat alshylerdings ganz eigennuumltzige Aspekshyte die in der gaumlngigen Auseinan-

Auftrag 201

dersetzung nicht selten untershyschlagen werden Das System unshyserer sozialen Sicherheit basiert auf dem sogenannten Generatioshynenvertrag Die Uumlberalterung unshyserer Bevoumllkerung hat schon laumlngst einen komplementaumlren Auslaumlndervertrag unumgaumlnglich gemacht ansonsten waumlre das jetshyzige Niveau der Sozialleistungen nicht mehr zu halten Das Statistishysche Landesamt in Luxemburg hat z B kOrzlich errechnet daszlig bei den augenblicklichen Geburtenshyquoten ein weiterer betraumlchtlicher Anstieg auslaumlndischer Arbeitnehshymer noumltig ist

Familienpolitik darf nicht zur Soshyzialpolitik verkuumlrzt werden

Familienpolitik gibt sich spezifishysche Ziele - Paare ermutigen Kinder zu hashy

ben - soziale Gerechtigkeit fuumlr die

Familien anstreben - Familien entlasten die Kinder

erziehen oder Alte Kranke Beshyhinderte und Sterbende pfleshygen

- autonome und verantworshytungsbewuszligte Entscheidungsshyprozesse bei Paaren und Eltern foumlrdern

- inner- und zwischenfamiliaumlre Sol idaritaumltsnetze staumlrken

- ein kindgerechtes und famishylienfreundliches Umfeld schafshyfen

- die Rechte der einzelnen Famishylienmitglieder schuumltzen

- Familien in besonderen Notlashy

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gen spezifische Hilfe gewaumlhshyren

- Kinderzulagen u Familienbeishyhilfen

- Steuererleichterungen - Wohnungshilfen - familienfreundliche Staumldteplashy

nung - Erziehungsgeld fOr nicht beshy

rufstaumltige Eltern - Ausbau und M itfinanzierung

soziofamilialer Einrichtungen hervorgehoben seien Kindershytagesstaumltten Heime Ferienshydienste Familienbildungsanshygebote Beratungsstellen Konshysumentenschutz

- Foumlrderung unterschiedlicher familienfreundlicher Maszlignahshymen Freizeit Sport Spiel Kulshytur Medien Verkehr

Eines der spezifischen familienshypolitischen Anliegen soll hier beshysonders herausgestrichen werden die Anerkennung und Wuumlrdigung der Familien- Erziehungs- und Pflegearbeit Viele Humanwissenshyschaftler bestaumltigen daszlig Familie der prioritaumlre Ort der Erziehung ist Auch betonen sie immer wieder Muumltter und Vaumlter seien dabei gleishychermaszligen unverzichtbar Geronshytologen unterstreichen ihrerseits den Wunsch alter kranker oder sterbender Menschen moumlglichst lange in der vertrauten Umgebung ihrer Familie bleiben zu dOrfen Es geht mir keineswegs darum das Recht beider Eltern auf eine gesishycherte Erwerbstaumltigkeit zu hintershyfragen Doch sollte das Prinzip der freien und flexiblen Entscheidung

gewahrt bleiben Dies ist in vielen europaumlischen Laumlndern nicht gegeshyben Wer sich vorrangig in seiner Familie der Erziehungs- oder Pfleshygearbeit widmet verzichtet auf ein zusaumltzliches Einkommen hat keishyne direkten RentenansprOche finshydet gesellschaftlich kaum Anershykennung kann nur selten auf entshylastende Dienstangebote zu ruumlckshygreifen Inner- und zwischenfamishyIiale Solidaritaumlt wird so fast systeshymatisch hintertrieben Eine konseshyquente ehrliche Familienpolitik sollte auch folgende Maszlignahmen beinhalten - hauswirtschaftliche Bildungsshy

angebote fuumlr alle Familienmitshyglieder

- Ausweitung des Erziehungsshygeldes

- volle Anerkennung der Erzieshyhungs- und Pflegejahre bei der Berechnung der Rente (Beishytragsleistung durch die oumlffentshyliche Hand)

- Foumlrderung der Initiativen im Bereich der Nachbarschaftsshyhilfe

- Ausbau der Heimhilfedienste und anderer familienentlastenshyder Angebote (z B Ferienbetshyten fuumlr Pflegebeduumlrftige Spielshynachmittage)

Keine europaumlische Familienpolitik ohne die Familien

Die Verwirklichung familienpolishytischer Konzepte auf EG-Ebene braucht die Kooperation engagiershyter Politiker und kompetenter Fashy

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milienwissenschaftler sowie vor allem den Beitrag der Familien und ihrer Verbaumlnde

Familienpolitik auf europaumlishyscher Ebene darf sich keinesfalls verselbstaumlndigen oder zu einer weiteren potentiellen Machtposishytion fuumlr Beamte oder Experten deshygenerieren Es ist unablaumlssig hier nochmals die subsidiarische Rolle der unterschiedlichen Zentralgeshywalten zu betonen

Die Schaffung aufwendiger Strukturen auf EG-Ebene scheint mir wenig ergiebig Notwendig alshylerdings ist es den Familien in Eushyropa eine effiziente Lobby zu geshyben Und sei es nur um den gewalshytigen Druck maumlchtiger Wirtshyschaftskonzerne wenigstens teilshyweise zu bremsen

Ganz ohne Handlungsinstrushymente kommt man gewiszlig nicht aus es sei denn man beschraumlnke sich auf gutgemeinte Absichtsershyklaumlrungen

Persoumlnlich stelle ich mir folgenshyde Einrichtungen vor (EG-Ebene) - eine dem EG-Kommissionspraumlshy

sidenten zugeordnete Famishylienabteilung die das familienshypolitische Handeln der Komshymission koordiniert ein nach dem Muster des Wirtshyschafts- und Sozial rats funktioshynierender Familienrat der EG in ihm vertreten waumlren vor alshylem die Familienverbaumlnde dann auch Familienwissenshyschaftler Politiker und Beamshyte er sollte die Politik der EG auf ihre familienrelevanten

Auftrag 201

Aspekte hin analysieren gegeshybenenfalls familienpolitische Aktionsprogramme vorschlashygen

- der Ausbau der Europaumlischen BeobachtersteIle fOr Familienshypolitiken zum Familienwisshysenschaftlichen EG-Institut es sollte nicht nur Fakten samshymeln und wissenschaftlich abshygesicherte Ergebnisse zusamshymentragen auf wissenschaftlishycher Basis sollte es an der Ausshywertung bestehender Maszlignahshymen sowie an der Erarbeitung potentieller Handlungskonzepshyte beteiligt sein es haumltte ebenshyfalls den Auftrag familienwisshysenschaftliche Kolloquien mit unterschiedlichen Themen anshyzubieten

- der regelmaumlszligige Austausch und die enge Zusammenarbeit der in den EG-Laumlndern zustaumlnshydigen Ressortminister

Es ist jedenfalls unabdingbar die Anerkennung den Schutz und die Foumlrderung von Ehe und Familie auch in den Roumlmischen Vertraumlgen zu verankern

Eine in unserem Rahmen vielshyleicht noch wichtigere Ebene ist der Europa-Rat Ich moumlchte hier nur kurz nochmals zwei Ideen aufshygreifen die unserem Kreis auch von Herrn Jans und Dr Greib ins Gespraumlch gebracht wurden - die Charta der Rechte der Fashy

milie - die Direktive Ober Minimalleishy

stungen im Bereich der Famishylienzulagen

Auftrag 201 105

Das Internationale Jahr der Fashymilie werte ich als einen unschaumltzshybaren Anlaszlig unsere Anliegen zu bedenken zu formulieren und dashyfuumlr einzutreten Wenn wir die Geleshygenheit nicht nutzen sind wir seishyber schuld

Der spezifisch christliche Beitrag

Beim Aufbauwerk des europaumlishyschen Hauses haben Christen sishycherlich einen wesentlichen Beishytrag zu leisten Dies gilt nicht zushyletzt im Bereich des Engagements um Ehe und Familie

Die Kirchen sehen in Ehe und Familie ein besonders wertvolles Gut wuumlrdigen sie nicht nur als Ort menschlicher Erfuumlllung sondern auch als Zeichen der goumlttlichen Guumlte und Barmherzigkeit

Das Gelingen von Ehe und Famishylie allerdings ist gekoppelt an tiefere menschliche Werte aus deshynen sich bestimmte Handlungsshynormen ableiten Christen werden von daher auch familienpolitische Konzepte kritisch an der Wert- und Normenfrage uumlberpruumlfen (vgl Ponmiddot tificium Consilium pro Familia Stellungnahme zum Internationashylen Jahr der Familie Mai 1990)

Ich bin uumlberzeugt daszlig Christen in verschiedenen Fragen um Ehe und Familie besonders sensibel reagieren - Der Schutz des ungeborenen

des kranken oder des schwashychen Lebens

- der Wunsch ungezaumlhlter lieshybender sich einander vorbeshyhaltlos zu schenken

- die Bindungsangst vieler Menshyschen

- die Not der in ihrer Liebe geshyscheiterten Menschen der Anspruch auf Vollkommenshyheit sowie auch das Wissen um die menschliche Begrenztshyheit

- die Sorge und Verantwortung um sozial Ausgesonderte

Christen stehen vorerst in der Verpflichtung sich auch untereinshyander mit den Fragen um Ehe und Familie offen auseinanderzusetshyzen Die akuten Probleme Ihrer Zeit stellen sie dabei vor keine leichte Aufgabe Auf dem Hintergrund der kirchlichen Tradition heiszligt es die Frohbotschaft von Jesus Christus immer neu zu aktualisieren In der pluralen Welt sind Christen soshydann gefordert ihren Beitrag zu gesellschaftlich konsensfaumlhigen Loumlsungen zu leisten Dies kann nur glOcken in einer Atmosphaumlre von Offenheit Verstaumlndnis Dialog und Kooperation

In diesem Zusammenhang moumlchte ich abschlieszligend die Arshybeitsgemeinschaft der katholishyschen Familienorganisation in Eushyropa zu ihren wertvollen Initiatishyven begluumlckwuumlnschen

(aus Stimme der Familie Nr2 92)

106 Auftrag 201

KIRCHE UND STAAT

Zur Lage der katholischen Militaumlrseelsorge

Zur Lage der katholischen Milishytaumlrseelsorge haben wir einen Beshyricht des Militaumlrbischofs Erzbishyschof Dr Johannes Dyba entgeshygengenommen

Am 1 Januar 1990 ist fOr die kashytholische Militaumlrseelsorge ein neushyes Statut in Kraft getreten das im Einvernehmen vom Heiligen Stuhl Bundesregierung und Deutscher Bischofskonferenz die bewaumlhrte Struktur der Militaumlrseelsorge beshystaumltigt und Ergaumlnzungen in Detailshyfragen enthaumllt

Die Seelsorge fuumlr Soldaten wird weiterhin von hauptamtlichen Milishytaumlrpfarrern auf Zeit wahrgenomshymen die mit dem jeweiligen Ortsshypfarrer zusammenarbeiten Besonshyderes Gewicht kommt dabei der Zusammenarbeit mit dem evangeshylischen Militaumlrseelsorger zu die haumlufig sehr intensiv ist

Die Golfkrise und der Golfkrieg haben die Militaumlrseelsorge im vershygangenen Jahr vor unerwartete Aufgaben gestellt und erhebliche Spannungen moralischer und psychischer Art bei den Soldaten ihren Familien und in der deutshyschen Oumlffentlichkeit hervorgerushyfen Die Militaumlrgeistlichen waren damals in besonderer Weise zur

geistig-ethischen Orientierung und spirituellen Begleitung der Soldaten und ihrer Angehoumlrigen gefordert in besonderem Maszlig von den Soldaten die am Einsatz im Rahmen der Buumlndnisverpflichtunshygen teilgenommen haben Die seelsorgliche Hilfe wurde stark in Anspruch genommen auch von kirchenferneren Soldaten

Von seiten des Bundesministeshyriums der Verteidigung werden von den Militaumlrseelsorgern theoloshygisch und ethisch qualifizierte Beishytraumlge zu sittlichen Grundfragen zur Friedens- und Sicherheitspolimiddot tik erwartet Besonders in den neushyen Bundeslaumlndern bedarf die Milimiddot taumlrseelsorge der Unterstuumltzung durch den Orts- und Ordensklerus als Standortpfarrer im Nebenamt Aufgrund der extremen Diasporashysituation sind hier neuartige Moshydelle der Zusammenarbeit hauptshyund nebenamtlicher Standortpfarshyrer erforderlich

Trotz der Verringerung der Streitkraumlfte ist weiterhin eine groshyszlige Anzahl von Standorten durch Militaumlrgeistliche zu besetzen Die Deutsche Bischofskonferenz wird daher die Ordensoberen bitten sich weiterhin und verstaumlrkt an der Seelsorge fuumlr die Soldaten zu beshyteiligen

In den neuen Bundeslaumlndern beshyteiligt sich die evangelische Kirshyche nicht an der Militaumlrseelsorge Dies ist nach Ansicht der Vollvershy

107 Auftrag 201

sammlung besorgniserregend weil die Seelsorge an Soldaten von beiden Kirchen bisher wahrgeshynommen wurde Es ist bedauershylich daszlig diese Gemeinschaft dershyzeit nicht gegeben ist Die Vollvershysammlung brachte die Hoffnung zum Ausdruck daszlig sich die evanshygelische Kirche in den neuen Bunshydeslaumlndern nicht der Seelsorge an Soldaten entzieht

(aus Pressedienst der DBK-Dokushymentation v 12392)

Unabhaumlngigkeit ist garantiert Keine Aumlnderung des Seelsorgevertrages

Das Fehlen der bewaumlhrten Zushysammenarbeit mit den evangelishyschen Militaumlrpfarrern im Osten Deutschlands beklagt der Generalshyvikar der Katholischen Militaumlrseelshysorge Dr Ernst Niermann Dageshygen seien der katholische und der evangelische Militaumlrpfarrer in den Kasernen der alten Bundeslaumlnder fuumlr Soldaten in gleicher Weise praumlshysent und erreichbar Diese Koopeshyration geschehe im Interesse der SOldaten und habe sich hervorrashygend bewaumlhrt

Beide Pfarrer boumlten fuumlr Soldaten ihrer Konfession Sprechstunden Gottesdienste und Lebenskundlishychen Unterricht an Und gerade an

letzterem scheiden sich offenshysichtlich die Geister Denn vor alshylem die evangelischen Kirchen in den neuen Bundeslaumlndern beshyfuumlrchten eine zu groszlige Staatsnaumlhe der Militaumlrseelsorge die sich beshysonders beim Lebenskundlichen Unterricht zeige

Dies allerdings laumlszligt Dr Niershymann nicht gelten Er fuumlhrt als Beishyspiel die Themen des letzten Jahshyres auf die sich ausschlieszliglich als Lebenshilfe bei zwischenmenschshylichen Problemen der Solaten und deren Familien und mit der Weltshyverantwortung der Kirche befaszligshyten Es sei ein Gewinn fuumlr die Seelshysorge betonte Niermann daszlig dieshyse Themen von dem Evangelishyschen Kirchenamt fuumlr die Bundesshywehr und dem Katholischen Milishytaumlrbischofsamt in Zusammenarshybeit mit dem Bundesministerium der Verteidigung festgelegt wershyden und im Dienstplan in den Kashysernen erscheinen Die Beratunshygen mit den leitenden Soldaten aus dem Ministerium haumltten durch entsprechende Anregungen zu eishyner praxisnaumlheren Formulierung der Themen gefuumlhrt Die Themenshyfindung betonte Dr Niermann ist Sache der Kirche

Der Militaumlrpfarrer als Durchfuumlhshyrender koumlnne dabei Hilfen zur Beshywuszligtseins- und Gewissensbildung der Soldaten leisten die trotz Dienstplan keinesfals gezwungen werden am Lebenskundlichen Unshyterricht teilzunehmen Zudem bieshyte der Lebenskundliche Unterricht auch kirchenfernen SOldaten die

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Moumlglichkeit zu einer ersten Begegshynung mit dem Pfarrer

Dr Ernst Niermann lobt den Seelsorgevertrag Die derzeit gelshytende rechtliche Vereinbarung zwishyschen katholischer Kirche und dem Staat garantiere den Militaumlrshypfarrern die notwendige Unabhaumlnshygigkeit in der Bundeswehr die sie als Seelsorger brauchen Die Beshywegungsfreiheit des Militaumlrpfarshyrers in den Kasernen und Sichershyheitsbereichen der Bundeswehr werden durch seine Stellung als Beamter auf Zeit gewaumlhrleistet Er finde alle erforderlichen Arbeitsshymoumlglichkeiten und Kommunikashytionsmittel vor Und darauf wolle man nicht verzichten

Dr Niermann erinnerte an die Aktion Kurdenhilfe waumlhrend der Golfkrise im vergangenen Jahr Nur auf Grund der geltenden rechtshylichen Vereinbarungen sei es moumlgshylich gewesen daszlig Militaumlrbischof DDr Johannes Dyba kurzfristig und flexibel Militaumlrpfarrer zur Beshytreuung der Soldaten mitschicken konnte Sie seien auch die Vorausshysetzung dafOr daszlig die Entscheishydung uumlber die seelsorgerische Beshygleitung im konkreten Fall wirklich in der Hand des Bischofs bleibt und nicht an Sach- oder Organisashytionszwaumlngen scheitert

Heribert Lemberger (aus Kompaszlig Nr 6 v 6392)

Auftrag 201

Immer ein offenes Ohr fuumlr die Menschen Staat und Kirche wuumlrdigen Engagement von Erzbischof Kredel

Bonn 25292 (KNA) Zahlreiche Vertreter aus Staat und Kirche hashyben dem Bamberger Erzbischof EIshymar Kredel zu seinem 70 Geburtsshytag gratuliert und vor allem sein seelsorgerisches Wirken hervorgeshyhoben Immer haben Sie fuumlr die Fragen und Sorgen der Menschen ein offenes Ohr und verstehen es ihnen mit Rat und Orientierungsshyhilfe zur Seite zu stehen schreibt Bundeskanzler Helmut Kohl in einem am Montag in Bonn veroumlfshyfentlichten GI uumlckwunschschreishyben Besonders dankte er Kredel fuumlr seine langjaumlhrige Arbeit als Mishylitaumlrbischof fuumlr die Bundeswehr

Der Erzbischof habe dazu beigeshytragen daszlig die Seelsorge fOr die Soldaten einen festen Platz in der Gesellschaft habe und daszlig sich unsere jungen Staatsbuumlrger in Uniform mit Fragen von geistiger Dimension und von ethischer Beshydeutung auseinandersetzen unshyterstreicht der Bundeskanzler Dies sei ein Friedensdienst im wahren Sinne des Wortes auf den wir nicht verzichten koumlnnen Bunshydesinnenminister Rudolf Seiters (CDU) wuumlrdigte in seinem GIOckshywunschschreiben den Bamberger

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Erzbischof als einen Seelsorger der wie kein anderer in seiner Pershyson hohe wissenschaftliche Bilshydung soziales Engagement mit reiner seelsorgerischer Erfahrung vereint Seiters unterstreicht durch Ihr segensreiches Wirken zum Wohle ihres Bistums und darshyuumlber hinaus haben Sie sich die Zushyneigung und Anerkennung vieler Menschen in unserem Lande ershyworben

Bei einem Festakt in Bamberg nannte der Muumlnchener Kardinal Friedrich Wetter seinen Amtsbrushyder einen prophetischen Mahshyner der sein Bistum nicht als Aufshyseher verwalte sondern wie ein guter Hausvater fuumlr die Dioumlzese Sorge trage Der Nachfolger Kreshydels als Militaumlrbischof Erzbischof Johannes Dyba uumlberbrachte GrOshyszlige und Gluumlckwunsche der Soldashyten (denen sich die Redaktion des Auftrag anschlieszligt) Kredel habe den Militaumlrseelsorgevertrag fuumlr die Bundeswehr in beispielhafter Weishyse mit Leben gefuumlllt Die bayerishysche Justizministerin Mathilde Berghofer-Weichner (CSU) lobte das untruumlgliche Gespuumlr Kredels fOr das Daseinsrecht von Staat und Kirche

Der gebuumlrtige Nuumlrnberger 1950 zum Priester geweiht hat sowohl auf wissenschaftlichem als auch auf seelsorgerischem Gebiet Ershyfahrungen gesammelt Seine Stushydien in Rom schloszlig er als Lizentiat der biblischen Wissenschaften ab als wissenschaftlicher Assistent war er am Exegetischen Seminar

der Universitaumlt Muumlnchen taumltig Die Pfarreien Freienfels und Hollfeld waren dann die Stationen seines Wirkens als Pfarrer 1967 in das Bamberger Metropolitankapitel gewaumlhlt waren seine Taumltigkeitsshyfelder die Erwachsenenbildung die Jugendseelsorge und die Carishytas 1977 ernannte Papst Paul VI Elmar Maria Kredel zum Erzbishyschof von Bamberg 1978 erfolgte die Ernennung zum katholischen Militaumlrbischof fuumlr die Deutsche Bundeswehr ein Amt das Kredel bis Ende 1990 innehatte In dieser Zeit errichtete er das Institut fuumlr Theologie und Frieden das einen wichtigen Beitrag zum besseren Verstaumlndnis der heutigen kirchlishychen Friedenslehre leistet Als Mishylitaumlrbischof hat sich Kredel immer wieder vor die Soldaten gestellt und den ethisch begruumlndeten Dienst des Soldaten fuumlr die Geshymeinschaft verteidgt Stets suchte der Erzbischof das persoumlnliche Gespraumlch mit den Soldaten und nahm sich ihrer Sorgen an (aus NIMM Nr 67 vom 262 5392)

1Iamparl~ (JfJl IN DIRI IININWILT

Postgiro Koumlln 556-505

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Vom schwierigen Umgal1g mit der Vergangenheit Hat sich die katholische Kirshyche im Griff des SED-Staates befunden - Das Dilemma der Historiker

In unserer Ausgabe vom 11 Jashynuar 1991 hat Helmut Matthies sich mit den Beziehungen der Evangelischen Kirche zum DDRshyStaatssicherheitsdienst befaszligt Heute setzt der Freiburger Historishyker Ulrich Kluge die Diskussion um die Aufarbeitung der kirchenshypolitischen Vergangenheit der DDR fort Kluge ist Professor fuumlr NeuereNeueste Geschichte und fOr Wirtschafts- und Sozialgeshyschichte an der Albert-LudwigsshyUniversitaumlt Freiburg i Br und Gastprofessor an der Technischen Universitaumlt Dresden Seine Ausshyfuumlhrungen basieren auf dem weitshygehend unveroumlffentlichten Mateshyrial aus den Akten des DDRshyStaatssekretariats fOr Kirchenfrashygen und Zeitzeugen-Interviews Kluge bemuumlht sich in erster Linie um Aufbau und politische Methoshydik der DDR-Kirchenpolitik Hiershybei geht es hauptsaumlchlich um Strukturen und Wirkungszusamshymenhaumlnge erst dann um Personen und ihre Verantwortung

Kein Tag vergeht ohne daszlig spektakulaumlre Einzelheiten uumlber das Verhaumlltnis von SED-Staat und

Auftrag 201

Kirchen insbesondere von Staatsshysicherheitsdienst und evangelishyscher Kirche in der Oumlffentlichkeit bekannt werden Wann und weishyche Einzelheiten aus der katholishyschen Kirche die Schlagzeilen zieshyren scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein Die Behauptung die DDR sei im Herbst 1989 einer protestantischen Revolution zum Opfer gefallen will heute nicht mehr so uumlberzeugen wie noch vor einem Jahr Leiser als fruumlshyher klingt der Vorwurf gegenuumlber der katholischen Kirche als schweigende Kirche Daszlig sie jeshydoch in Kontakten mit staatlichen Kirchen- und Sicherheitsbehoumlrden schweigend gewesen sei daran wird inzwischen gezweifelt In den oumlffentlichen Verlautbarungen einshyzelner Jurisdiktionsbezirke schwingt Besorgnis um die Glaubshywuumlrdigkeit der eigenen Verganshygenheit und Integritaumlt von Mitarshybeitern deutlich mit

Der Staat brach in die Kirche ein

Warum ist die wissenschaftlishyche Aufarbeitung des Verhaumlltnisshyses zwischen Staat und Kirche so schwer An der Aufarbeitung des Verhaumlltnisses von SED-Staat und Kirche sind zur Zeit die verschieshydensten Interessenten mit untershyschiedlichsten Motiven beteiligt vor allem Journalisten Hobby-Hishystoriker Mitarbeiter des Beaufshytragten der Bundesregierung fuumlr die Unterlagen des Staatssichershyheitsdienstes Gauck Nur vereinshy

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zelt wagen sich professionelle Hishystoriker an die komplizierte Mateshyrie obwohl der Weg in die Archive der ehemaligen DDR und an einst unerreichbare Aktenbestaumlnde entshyscheidend kuumlrzer geworden ist Aber selbst dem hartgesottenen Berufshistoriker der viel Zeit seishynes Berufslebens zwischen archishyvierten Aktenbergen zugebracht hat wird die Arbeit an den staatlishychen Kirchenakten zu einer Qual Warum Es ist nicht die Fuumllle der zu bewaumlltigenden Papiere es sind auch nicht die zuweilen unzulaumlngshylichen Zustaumlnde in den Archiven Es ist der Blick in ein politisches Beziehungsgeflecht zwischen Staat und Kirchen der selbst boumlse Ahnungen von Hoffnungen ganz zu schweigen verwirft Wie bringt man die uumlberquellenden Informashytionen uumlber Kircheninterna in eishynen Zusammenhang Selbst wo Zweifel am Wahrheitsgehalt der behoumlrdlichen Zuschreibungen zu Lasten einzelner Kirchenvertreter unmittelbar beim Lesen entsteshyhen bleibt ein Rest von Betroffenshyheit und Trauer Ober den Einbruch des Staates in die kirchliche Geshymeinschaft

Die eigentliche Aufgabe des Hishystorikers erschoumlpft sich jedoch nicht in der Sammlung und Aufarshybeitung der selektierten Informashytionen Sie darf sich auch nicht darin erschoumlpfen sonst geriete der Historiker zwangslaumlufig zum nachtraumlglichen Moderator der SED-Kirchenpol itik bestenfalls zum Subunternehmer Gaucks Zushy

gegeben Nie war die Versuchung so groszlig in aktuelle Geschehnisse gestaltend einzugreifen nie war die Gelegenheit so verfaumlnglich sich in der Medienoumlffentlichkeit mit Namen belasteter Kirchenpershysoumlnlichkeiten zu bruumlsten Die Ausbeute eines mehrwoumlchigen Aktenstudiums ist in der Tat beshytraumlchtlich Sie reicht von Namensshylisten aus den Kirchen von der Fuumlhrungsspitze bis zur Basis (Bishyschoumlfe beider Kirchen Praumllaten Ordensmitglieder Weltgeistliche Pastoren Synoden- und Konsistoshyrialmitglieder) uumlber befremdende Details aus der Theologie-Professhysorenschaft Berlins und Erfurts bis zu Vorgaumlngen in der katholishyschen Laienbewegung In allen Faumlllen aber geht es um ausnutzbashyre Schwaumlchen der Kirche ihres Personen- und Institutionsgefuumlshyges weniger um ihre Staumlrken

Der Historiker unserer Tage beshyfindet sich in einem tiefen Dilemshyma das keine Parallele kennt Durch die Beschaumlftigung mit der DDR-Kirchenpolitik insbesondere mit der Kirche im Sozialismus drohen dem Wissenschaftler inneshyre und aumluszligere Freiheit als Grundshyvoraussetzung fuumlr einen diskusshysionsfoumlrdernden Forschungsershyfolg abhanden zu kommen Dafuumlr gibt es mehrere Gruumlnde Ein beshysonderer Grund liegt darin daszlig die traditionelle Grenze zwischen Journalismus und Zeitgeschichtsshyschreibung nicht mehr in aller Einshydeutigkeit besteht Ein anderer Grund liegt in dem Maszligstab mit

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dem der Historiker an die Beurteishylung der kirchenpolitischen Vershygangenheit geht In diesem Punkt verzahnen sich wissenschaftliche Interessen und Tagespolitik beshysonders eng Bundespraumlsident von Weizsaumlcker hat kuumlrzlich erklaumlrt daszlig lIder Umgang mit der DDRshyStaatsmacht immer eine schmale Gratwanderung (bedeushyte) Er warnte in diesem Zusamshymenhang vor dem moralischen Rigorismus bei der Suche nach vermeintlichem oder tatsaumlchshylichem Fehltritt auf diesem Weg

Der Blick in die SED-Staats- und Parteiakten offenbart eine Vielzahl dieser Fehltritte Akten koumlnnen sehr leicht zur Waffe gegen die Kirche im allgemeinen geschmieshydet werden Aber besonders die staatlichen Kirchenakten muumlssen den Charakter behalten den ihnen die staatlichen Kirchenbehoumlrden gaben Erfolg oder Miszligerfolg des atheistischen SED-Regimes zu doshykumentieren Kirche und Glauben aus dem Lebenshorizont der Menshyschen in der DDR systematisch herauszudraumlngen Dazu wird noumltig sein die freiwilligen und ahnungsshylosen Helfer auf kirchlicher Seite ebenso in den Zeugenstand zu bitshyten wie die bewuszligten Taumlter und die unschuldigen Opfer der zerstoumlrerishyschen Kirchenpolitik Keineswegs aber gebOhrt den Christen aus der ehemaligen DDR der Vorzug allein und ohne westdeutsche Beteilishygung an die Aufarbeitung ihrer kirshychenpolitischen Vergangenheit zu gehen Schlieszliglich geht es ungeshy

achtet der kirchenpolitischen Geshyographie darum daszlig Christen in beiden Teilen Deutschlands von der verlorenen Einheit der Kirche betroffen waren Zudem gerieten auch die Christen aus der Bundesshyrepublik Deutschland in das Blickshyfeld und sogar unter den Druck der Uumlberwachungsbehoumlrden Auch als DDR-Besucher blieb man nicht von Schikanen verschont die man sich durch das offene Bekennen des Glaubens zuzog

Konflikte der historischen Forschung

Aes das zusammengenommen macht die gemeinsame Aufarbeishytung an der DDR-Vergangenheit beider Kirchen so schwierig Mehr noch Versuche mit namentlich in den Akten aufgefuumlhrten Persoumlnshylichkeiten Ins klaumlrende Gespraumlch zu kommen gerieten zuweilen mit dem Vorwurf der Schnuumlffelei schnell in die Sackgasse In einem besonders eklatanten Fa wurde durch Androhung eines Riesenshyrechtsstreits versucht Quellenshymaterial von der Veroumlffentlichung auszusparen Unwillkuumlrlich fragt man sich ob der allein um das strukturierende Verstehen bemuumlhshyte Historiker nicht aktuelle oumlkumeshynische Belange tangiert und nicht Kritik an der einen Kirche den inshyterkonfessioneen Frieden mit der anderen Kirche stoumlren koumlnnte Es bleiben zuruumlck Resignation und Betroffenheit Ober die enge Vershyflechtung von Geschichte und Geshy

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genwart sie macht jedes Bemuumlshyhen um klaumlrende Distanz zum Unshytersuchungsgegenstand zunichte Distanz ist noumltig denn sie erlaubt es nicht die DDR-Kirchenakten als nachtraumlgliche Legitimation fOr akshytuelles Unbehagen an der Institushytion Kirche und einzelnen Persoumlnshylichkeiten zu benutzen Uumlberall dort wo sie nicht erreicht wird feishyern Kirchenpolitiker wie Klaus Gysi wie Loumlffler Flint Goumltting Weise Kalb und Dohle spaumlte Sieshyge So bleibt zu hoffen daszlig die kirshychenhistorische Forschung bald aus der Zone der Sensationsbilshydung herauskommt Danach erst beginnt die von serioumlsem Erkenntshynisinteresse getragene Arbeit der Fachleute Und wenn es dann zum Konflikt kommt dOrfte er sich um den Forschungsansatz drehen Beshyreits jetzt zeichnen sich die zentrashylen Fragen ab die gleichermaszligen fuumlr beide Kirchen in der DDR bis 1989 und im DeutSChland der Geshygenwart gOltig sind Wieviel glaushybenszerstoumlrenden Sozial ismus vermochte die SED-Kirchenpolitik in die Kirchen zu bringen Welcher Mittel bedienten sich dabei Staat und Partei Auf welche Erfahrunshygen mit der jeweils anderen Glaushybensgemeinschaft in der DDR und den Kirchen im Ostblock griffen Staat und Partei zuruumlck Wie konnte aus der propagierten Kirshyche im Sozialismus mehr und mehr Sozialismus in der Kirche werden Erst unzweifelhafte Antshyworten auf diese Fragen werden uumlber die Glaubwuumlrdigkeit beider

Kirchen im allgemeinen einzelner Repraumlsentanten im besonderen in der Kirchenoumlffentlichkeit entshyscheiden

In welchem staatlichen Bezieshyhungsgeflecht befand sich die kashytholische Kirche Der Organisashytionsaufbau zur kirchenpolitishyschen Lockung und Lenkung wurshyde systematisch seit 1957 mit der Gruumlndung des Staatssekretariats fuumlr Kirchenfragen entwickelt Mehr und mehr verlagerten sich bis zum Ende der DDR 1989 die kirchenposhylitischen Entscheidungen vom staatlichen Sektor (Ministerrat) in die Zustaumlndigkeit der Partei (Zenshytral komitee und Politbuuml ro) waumlhshyrend das Ministerium fuumlr Staatssishycherheit systematisch in die Rolle einer kirchenpolitischen Exekutive hineinwuchs Hinter den Verbinshydungsstraumlngen und Zahlenkuumlrzeln stehen Namen und Funktionen Abhaumlngigkeiten und Zugestaumlndshynisse taktische Winkelzuumlge und kirchenpolitischer Opportunisshymus Es stehen dahinter aber auch - und das betrifft in erster Linie die Pfarrgemeinden kirchlishyche Hilfsorganisationen und Orshydensgemeinschaften - Angst und Einsamkeit unerschuumltterlicher Glaube und praktizierte Naumlchstenshyliebe

Viele Geistliche und viele glaumlushybige Katholiken kamen mit diesem Apparat direkt oder indirekt merkshylich und unmerklich in Beruumlhrung Nicht in jedem Fall insbesondere in Teilen der katholischen Laienshybewegung die bis zum Dezember

114 Auftrag 201

1990 ihre DDR-Identitaumlt zu wahren beabsichtigten wurde darin die zerstoumlrerische Widerspruumlchlichshykeit einer Kirche im Sozialismus erkannt oder konnte erkannt wershyden Die Analyse der kirchenpolitishyschen Quellen gestattet folgenden Forschungsansatz Langfristig rangen in der SED-Kirchenpolitik Ideologen und Pragmatiker um den bestimmenden Einfluszlig Die Abhaumlngigkeit des Regimes von aushyszligenpolitischer Anerkennung und wirtschaftlicher Unterstuumltzung vershytrug sich nicht mit einem Kirchenshykampf nach nationalsozialistishyschem Muster Die sozial- und wirtshyschaftspolitisch immer schwaumlcher werdende DDR verwies die kirshychen- und religionsfeindlichen Ideologen vorlaumlufig auf die Resershyvebank Taktische Zugestaumlndnisse an die Kirchenfuumlhrung dienten nicht dem echten Ausgleich Spaumlshytestens seit der Geheimkonferenz der Staatlichen Aumlmter fuumlr Kirshychenangelegenheiten in den soziashylistischen Laumlndern in Budapest (2627 Juni 1967) wies das Signal in eine kirchenpolitische Zukunft an deren Ende der kirchenfreie Ostblock stehen sollte Thesenarshytig lassen sich folgende Schwershypunkte der kommunistischen Kirshychenpolitik fOr die kommenden Jahrzehnte herausstellen - Die katholische Kirche befinshy

det sich seit dem 11 Vatikanum in einem Zustand ausnutzbarer WidersprOchlichkeit

- In den RGW-Staaten haumllt ein permanenter Konflikt zwishy

sehen der politischen Stellungshynahme der glaumlubigen Staatsshybuumlrger und den Nichtglaumlubishygen an

- Die Wirkung des staumlndigen fortschrittlichen Einflusses auf die glaumlubigen Seelen wird imshymer groumlszliger

- Der Vatikan geraumlt immer mehr unter den Druck radikalisierter katholischer Massen in den fortschrittlichen linksgerichteshyten Laumlndern

Die neue Taktik hieszlig innerer Kirchenkampf nicht Wandel durch Annaumlherung sondern Zershystoumlrung der Kirche durch sich selbst Die Ideologen der Deutshyschen Bundesrepublik faszligte der Direktor des polnischen Amtes fuumlr Kirchenfragen Alexander Szkarshyzynszki zusammen treten an die Stelle derjenigen franzoumlsischen Ideologen die das Episkopat des Radikalismus angeklagt hat Im Dialog treten diese westdeutshyschen Ideologen als Quelle der Freiheit auf

Vrich Kluge (aus Deutsche Tagespost v29292)

Kannst du kein Stern am Himmel sein

sei eine Lampe im Haus

(Arabisches Sprichwort)

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Beitrag der Konfeshyrenz der OIC zur Synode der europaumlishyschen Bischoumlfe in Flo~l)eze~ber 1991 Der Beitrag der OlC zum Auftrag der Kirche in Europa

Die Organisation International Catholic - OIC - sind Vereinishygungen von Glaumlubigen die vom Heiligen Stuhl anerkannt und unshyterstuumltzt werden Sinn und Zweck dieser Vereinigungen ist es auf alshylen Gebieten des weltlichen Leshybens auf denen sie taumltig sind soshywohl auf oumlrtlicher als auch auf inshyternationaler Ebene gemeinsam Zeugnis von der Botschaft des Evangeliums abzulegen

Die meisten OIC haben regioshynale mehr oder weniger formelle Strukturen die es ihnen erlauben spezielle europaumlische Projekte im Geiste ihres Gruumlnders und im Rahshymen internationaler Programme zu verwirklichen

Seit Ende des 2 Weltkrieges konnten sich die OIC in den westeuropaumlischen Laumlndern frei entfalten und ihre Ziele erreichen In den osteuropaumlischen Laumlndern war dies nicht der Fall Wie die Voumllker wie die Kirche hatten sie unter Trennung und Zwang zu leishyden

Im Westen

Die OIC haben in juristischer Hinsicht einen doppelten Status zum einen den kirchlichen Status einer Vereinigung von Glaumlubigen innerhalb der Kirche und zum anmiddot deren den zivilrechtlichen Status einer internationalen legal gebilshydeten Vereinigung Auf dieser Grundlage bringen die OIC geshymeinsame christliche Wertvorstelshylungen in die Gesellschaft ein und zwar auf allen Ebenen und in allen Aufgabenbereichen Erziehung und Jugendarbeit gesellschaftlishyche Kommunikation soziale und humanitaumlre Aufgaben Gesundshyheitswesen Berufswelt Sozialshyund Wirtschaftswissenschaften Kultur Friedenssicherung

Die OIC haben fast alle eine beratende Funktion im Europarat sind in den verschiedenen Arbeitsshygruppen nicht-staatlicher Organishysationen vertreten und werden bei Bedarf zu Konsultationen heranshygezogen

Mehrere OIC unterhalten Vershybindungen zur Kommission der Europaumlischen Gemeinschaft Sie sind direkt an bestimmten Projekshyten der EG beteiligt wie zum Beishyspiel Kampf gegen die Armut Proshyjekte in Entwicklungslaumlndern Beshyrufsausbildung wirtschaftliche und soziale Studien

Bei diesen zwischenstaatlichen europaumlischen Organisationen wie auch bei den Organisationen der Vereinten Nationen in Paris Wien Genf Rom und New York koumlnnen

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die OIC Wertvorstellungen des Evangeliums die die Grundlage ihshyrer Arbeit sind einbringen Da sie am weltlichen Leben teilnehmen sozusagen vor Ort sind wissen sie uumlber Beduumlrfnisse und Wuumlnsche an der Basis Bescheid und koumlnshynen sie weitergeben

Auf der anderen Seite unterrichshyten die Vertreter der OIC bei zwishyschenstaatlichen und n icht-staatshylichen Organisationen die Mitglieshyder der OIC uumlber die Taumltigkeit dieser Organisationen und staumlrken somit das Bewuszligtsein fuumlr die Notshywendigkeit einer Solidaritaumlt zwishyschen den europaumlischen Laumlndern und zwischen Europa und der uumlbrishygen Welt

Das fOhrt zu diversen Initiativen die je nach Art der OIC untermiddot schiedliche Gebiete betreffen Hier seien nur einige Themen von allgemeinem Interesse erwaumlhnt Hunger Emigranten Kampf gegen die Armut Umwelt Bevoumllkerungsmiddot probleme Arbeitslosigkeit Uumlberleshygungen zu Wissenschaft und Ethik Erziehungs- und Bildungsshywesen Drogenproblem NordmiddotSuumldmiddot Gefaumllle und natuumlrlich OstmiddotWest-Bemiddot ziehungen

Im Osten

Eine freie Gemeinschaft im Osten gab es in der Vergangenheit nicht schon gar nicht eine freie katholische Gemeinschaft Die namiddot tionalen Zweige der OIC wurden abgeschafft

Die Bischoumlfe im Osten haben uns gesagt wie die Katholiken

Auftrag 201

trotz aller Leiden Zerstoumlrungen und Massaker diese Finsternis uumlberstanden haben Ihr Glaube hat dazu beigetragen daszlig die Hoffmiddot nung nicht ganz aufgegeben wurshyde und die Barmherzigkeit in Jeshysus Christus weiterlebte Wir wisshysen jetzt daszlig einige OIC im Untergrund weiterwirkten wenn auch unter sehr schweren Bedinshygungen

Obwohl in ihrer Substanz sehr geschwaumlcht haben die OIC vermiddot sucht und machmal sogar mit Ershyfolg gewisse Kontakte zu halten Korrespondenzen weiter zu fuumlhren Informationen ja sogar Arbeitsshyprogramme zu uumlbermitteln

Solche Demarchen die sehr vormiddot sichtig eingeleitet werden muszligten waren immer schwierig in manmiddot ehen Laumlndern voumlllig unmoumlglich Dazu kommt daszlig vier Jahrzehnte lang sind und die Partner von 1950 oft nicht mehr lebten Trotzdem hat man sich jetzt in bruumlderlicher Verbundenheit und voller Hoffshynung wieder gefunden Obwohl das OIC-Netz im Osten voumlllig neu aufgebaut werden muszlig sind erste Faumlden fOr einen Austausch geshysponnen und konkrete Projekte eingeleitet worden

Die Situation heute und ein Ausshyblick in die Zukunft

Eine der ersten Maszlignahmen die - zumindest in den meisten Laumlndern - seit letztem Jahr moumlgshylich sind ist die Organisation pershysoumlnlicher Begegnungen

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- Einladungen zu Konferenzen und Seminaren die in westeushyropaumlischen Laumlndern abgehalshyten werden

- persoumlnliche Besuche im Osten und umgekehrt

- Freizeiten und Treffen von Jushygendlichen

Austauschprojekte erfordern wenn sie erfolgreich sein wollen mehr Vorbereitung Die OIG muumlsshysen sicherlich auch technisches Know-how weitergeben sie muumlsshysen aber vor allem gemeinsam Uumlberlegungen uumlber ihr Engageshyment in der Kirche anstellen

Schon jetzt sind einige Projekte angelaufen Austausch von Lehshyrern Begegnungen von Firmenshychefs usw

Im Rahmen der Drogenbekaumlmpshyfung sind Lehrgaumlnge fuumlr katholishysche Aumlrzte und medizinisches Pershysonal sowie fuumlr Erzieher geplant die obdachlose Jugendliche beshytreuen

Schlieszliglich haben die meisten OIG Vertretungen in den Laumlnshydern die ihre Freiheit wiedergeshywonnen haben eingerichtet bzw_ wieder eingerichtet Der Wiedershyaufbau nationaler Vereinigungen braucht dagegen Zeit Sie muumlssen dem tatsaumlchlichen Evangelisieshyrungsbedarf sowie der Entwickshylung im nationalen Bereich entshysprechen Die internationale Vershyeinigung muszlig aber auch Mittel und Wege finden die neuen Zweige zu unterstuumltzen damit sich ihre Taumltigkeit in die pastoralen Zielvorshystellungen die auf dieser Synode

festgelegt werden nahtlos einshyfuumlgt

JOrgen Bringmann

Erklaumlrung von Rom zum Internationashylenjahr der Familie 1994

Die 29 Generalversammlung der OIG-Konferenz - beschlieszligt den Auftrag der Arshy

beitsgruppe Familie zu erneushyern und zu staumlrken indem sie dieser Arbeitsgruppe Vorrang einraumlumt und sie mit den Mitshyteln ausstattet die sie braucht um den kollektiven und spezieshylen Beitrag der Internationalen Katholischen Organisationen zur Vorbereitung und Durchshyfuumlhrung des Internationalen Jahres der Familie 1994 durch geistige Orientierung und aktishyve Unterstuumltzung zu vervollmiddot staumlndigen ersucht alle OIG ihren spezielshylen Beitrag zum Internationashylen Jahr der Familie im Rahshymen ihrer Mitgliedschaft festmiddot zulegen und der Arbeitsgruppe die Ergebnisse mitzuteilen ersucht alle OIG im Rahmen der Glaubensverkuumlndigung den Belangen und Moumlglichkeishyten der Familien besondere Aufmerksamkeit zu schenken und Aktivitaumlten fOr das Internashy

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tionale Jahr der Familie anzushyregen unterstuumltzt nachdruumlcklich die Arbeit der zwei bestehenden Unterarbeitsgruppen in Wien und Paris sowie die Bildung weiterer Unterarbeitsgruppen in New York Genf und Straszligshyburg fordert die OIC-Generalsekreshytaumlre auf die Koordinierung und Praumlsenz ihrer Vertretungen bei den UN der UNESCO und dem Europarat im Hinblick auf die Vorbereitungen fuumlr das Intershynationale Jahr der Familie in diesen internationalen Greshymien zu verstaumlrken fordert die Arbeitsgruppe auf ihre Zusammenarbeit mit andeshyren nichtstaatlichen Organisashytionen und den jeweiligen Famiddot milienausschOssen nichtstaatmiddot ficher Organisationen weiter zu intensivieren und den Inforshymationsaustausch und die Zushysammenarbeit mit dem Paumlpstshy

~ 1492[A1992

lichen Rat fuumlr die Familie der federfuumlhrenden Stelle des Heishyligen Stuhls tur die Vorbereishytung des Internationalen Jahshyres der Familie weiterzuentshywickeln

- unterstotzt die Erarbeitung und Veroumlffentlichung einer OICshyBroschuumlre uumlber die Familie fOr das Internationale Jahr der Famiddot milie mit dem Ziel die Aufshymerksamkeit verstaumlrkt auf die Probleme und Staumlrken der Fashymilie zu lenken und die immashyteriellen Werte zu foumlrdern durch die Familien im Rahmen der Programme und Aktivitaumlten fOr das Internationale Jahr der Familie unterstuumltzt werden

- fordert die Moumlglichkeit zu pruumlshyfen die Familie und die Ziele des Internationalen Jahres der Familie 1994 in Thematik und Programm der naumlchsten Geneshyralversammlung 1993 aufzushynehmen

JOrgen Bringmann

I ll

Ich bin betroffen von Ungerechtigkeit und Tod damals aber ich bin floch mehr betroJJim von Ungerechtigkeit und Tod heute - weil ich heute etwas

GulClTIZdagegen tun kann

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GESELLSCHAFT NAH UND FERN

Diese Truumlmmer haben Zukunft

Im Jahr 1992 erinnern wir uns an die Kolumbusfahrt in die Neue Welt Dabei wird auch von der Rolshyle der Kirche und ihrer Missionare die Rede sein Licht und Schatten kennzeichneten ihren Weg durch die Geschichte dieses Erdteils Zu den hellen Seiten gehoumlrt zweifelshylos die Arbeit der Jesuiten in den Indianerreduktionen Ihre Ruinen stehen in Paraguay Argentinien Bolivien und Suumldbrasilien Eine dieser alten Missionssiedlungen liegt am Rio Parana wo alte Geshybaumlude aus der Jesuitenzeit noch immer benutzt werden

Rein statistisch gesehen sind die Indios am Ufer des Rio Parana eine unbedeutende Groumlszlige Was ist schon eine Huumltte von knapp 1 Meshyter 80 Houmlhe gegen die 70 Meter hohe Zentrale des in der Naumlhe entshystehenden Staudammes von Yacyshyreta Doch fast nichts Was ist schon die Umsiedlung von 14 Inshydiofamilien aus dem Volk der Mbya gegen den neuen Staushydamm der Zehntausenden Arbeit und Hunderttausenden Strom brinshygen will Doch fast nichts Und deshalb sind die Indios am Ufer des Rio Parana rein statistisch geshysehen so unbedeutend daszlig man bereit ist sie ohne Gewissensbisshyse auszuloumlschen

Und genau deshalb kuumlmmert sich Padre Franz Xaver Mader zushysammen mit den SChwestern seishynes P1arrteams um die Interessen dieser Menschen Ihm wuchs dashymit eine Aufgabe zu die seine Pfarrei bereits vor gut 200 Jahren beSChaumlftigte der Einsatz fuumlr die Ureinwohner dieses Landes deshynen der Wildwuchs des Fortshyschritts die Lebensgrundlagen zershystoumlrt Es geht uns dabei nicht darshyum sagt er diese Leute moumlgshylichst schnell zu taufen Sie wollen sich ihre angestammte Lebensshyform und ihre Braumluche bewahren ihre Mythen und ihr Weltbild Doch das ist schwer denn der Stausee uumlberschwemmt die Inseln wo sie bisher lebten

Ein bluumlhendes Gemeinwesen

Seit Weihnachten 1987 arbeitet der aus St Engelmar im Bayerishyschen Wald stammende Priester der Dioumlzese Regensburg in Parashyguay in dem 2500 Einwohner zaumlhshylenden Pfarrort St Cosme und Dashymian Den Namen bekam die Pfarshyrei im Jahre 1760 als sich einige Jesuiten zusammen mit weit Ober tausend Eingeborenen dort seszligshyhaft machten In uumlber dreiszligig Reshyduktionen so nannte man diese Doumlrfer betreuten sie damals rund 200000 Indios Sie wollten die Urshyeinwohner vor den Sklavenjaumlgern und Ausbeutern schuumltzen ihnen

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gOnstige Lebensbedingungen vershyschaffen sowie sie zu selbstbeshywuszligten und uumlberzeugten Christen erziehen Zwischen 1761 und 1768 stieg die Zahl der in San Cosme leshybenden Indios von 1593 auf 3346 Doch 1767 wurden die 2600 taumltigen Jesuiten vertrieben Wie sehr San Cosme bluumlhte zeigt die Abschluszligshyinventur 25044 Rinder 2945 Wildshypferde 638 Reitpferde 1792 Ochshysen 8050 Schafe Mit dem Zwangsauszug der Missionare beshygann der unaufhaltsame Niedershygang auch dieser Reduktion

Wiederbelebung San Cosme ist einzigartig denn

sie ist die einzige Jesuitensiedshylung in ganz Paraguay von der einshyzelne Gebaumlude bis in unsere Tage noch genutzt werden Und weitere Gebaumlude die heute Ruinen sind versucht P Mader wieder aufzushybauen Da war doch einmal Leben in den Mauern sagt er sich also muumlszligte da auch wieder Leben hinshyeinzubringen sein Die pastoralen und baulichen Wiederbelebungsshyversuche laufen inzwischen auf Hochtouren Die Gebaumlude sollen wieder ein geistliches Zentrum beshyherbergen in dem die Noumlte der Zeit genauso effektiv angepackt werden wie vor 200 Jahren Und der Anfang ist schon gemacht Jeshyden Freitag nach der Abendmesse treffen sich beispielsweise einige Frauen um eine Unterschriftenakshytion gegen das vor kurzem im Dorf eroumlffnete Bordell fOr die Staushydammarbeiter zu besprechen

Auftrag 201

Einige Politiker verdienen sich damit eine goldene Nase erlaumlushytert P Mader die Situation Doch die Christen von San Cosme sind nicht bereit sich das von denen da oben widerstandslos gefallen zu lassen

Ein anderes Problem steckt tief in den Herzen der Menschen selbst der Aberglaube Wir haben hier im Dorf drei Zauberer weiB P Mader die regelmaumlszligig dienstags und freitags ihre Zaubertage hashyben Dieser Kult sitzt ganz tief in den Menschen

Nicht nur deshalb steht die Vershytiefung des Glaubens im Zentrum der Arbeit von Xaver Mader Er will in den restaurierten Gebaumluden Kashytecheten heranbilden die die Kinshyder nicht nur auf die Erstkommushynion vorbereiten Wir brauchen Geshymeindeleiter die sonntags WortshygotteSdienste halten und das Geshymeindebewuszligtsein foumlrdern

Ein Haus voller Leben Beim Rundgang durch das alte

Jesuitenkolleg treffen wir Schweshyster Benilde Sie spricht 224 Jahre nach dem Auszug der ersten Misshysionare mit einigen Jugendlichen uumlber die Kirche als Leib Christi der durch seine Glieder Heil und Erloumlsung in die Welt bringen will Glaube ist eben nicht Brauchtumsshypflege sondern Anleitung zum Handeln Ihre Mitschwester Julia versuchte vormittags 23 Kindern die Gestalt Jesu nahezubringen der ein Freund der Armen und Schwachen war

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Waumlhrenddessen singen auf dem Vorplatz 40 Kinder ein Lied uumlber Abraham den Vater des Glaubens Die alten Jesuiten sie empfaumlnden gewiszlig groszlige Freude koumlnnten sie das alles miterleben Hatten doch paraguayische Experten das endshygUumlltige Aus fuumlr die alten Gemaumluer bereits beschlossen Und zwar mit dem Argument daszlig etwas das schon lange eine Ruine gewesen sei nicht restauriert werden duumlrfe ohne die Geschichte zu verfaumllshyschen

Doch da waren Pfarrer und Arshychitekt entschieden anderer Meishynung Eine lebendige Kirche keishyne toten Ruinen schrieben sie groszlig auf ein Transparent auf der Frontseite der Kirche San Cosme soll leben diese Truumlmmer haben Zukunft

P Roger Gerhardy OSA

Adveniat unterstuumltzt die Arbeit von P Xaver Mader in Paraguay Falls Sie ebenso einen Beitrag dazu leisten wollen spenden Sie bitte an folgende Kontonummer Bishyschoumlfliche Aktion ADVENIAT Sparkasse Essen (BLZ 36050105) Kto-Nr213900

(aus Licht Nr 192)

Christen in Staaten unter islamischer Vorherrschaft Hochachtung fuumlr die Muslime

bezeigt das Zweite Vatikanische Konzil in seiner Erklaumlrung uumlber das Verhaumlltnis der Kirche zu den nichtshychristlichen Kirchen vom 28 Oktoshyber 1965 In Nr 3 Die Religion des Islam heiszligt es im Kontext dazu woumlrtlich Mit Hochachtung beshytrachtet die Kirche auch die Mosshylems die den alleinigen Gott anbeshyten den lebendigen und in sich seienden den barmherzigen und allmaumlchtigen den Schoumlpfer des Himmels und der Erde der zu den Menschen gesprochen hat Sie muumlhen sich selbst seinen verborshygenen Ratschluumlssen sich mit ganshyzer Seele zu unterwerfen so wie Abraham sich Gott unterworfen hat auf den der islamische Glaube sich so gern beruft Jesus den sie allerdings nicht als Gott anerkenmiddot nen verehren sie doch als Propheshyten denn sie ehren seine jungfraumlushyliche Mutter Maria die sie bisweishylen auch in Froumlmmigkeit anrufen uumlberdies erwarten sie den Tag des Gerichtes an dem Gott alle Menshyschen auferweckt und ihr Vergelmiddot ter ist

Daher haben sie eine hohe Achshytung vor dem sittlichen Leben und verehren Gott besonders durch Gebet Almosen und Fasten Da Jeshydoch im Laufe der Jahrhunderte

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nicht wenige Zwistigkeiten und Feindschaften zwischen Christen und Moslems entstanden sind ershymahnt die heilige Synode alle daszlig sie das Vergangene beiseite lasshysen sich aufrichtig um gegenseitishyges Verstehen bemuumlhen und geshymeinschaftlich die soziale Geshyrechtigkeit die sittlichen Guumlter soshywie Frieden und Freiheit fuumlr alle Menschen schuumltzen und foumlrdern

Das Vergangene beiseite zu lassen ist leider bis heute nicht gelungen Im Gegenteil Neue Spannungen sind aufgetreten hashyben Schwierigkeiten im Gefolge die das Zusammenleben mit Musshylimen immer kritischer werden Jasshysen

Spaumltestens mit der schiitischen Revolution 1979 im Iran die Schah Reza Pahlewi seines Throshynes beraubte und Ayatollah Khoshymeini aus dem franzoumlsischen Exil an die Spitze eines theokratischen Staates fuumlhrte dOrfte den Abendshylaumlndern wieder beWUszligt geworden sein welche Massen mobilisierenshyde Macht in Religion im allgemeishynen und im Islam im besonderen liegt

Die Dialogbereitschaft des Vatishykans hat auf seiten der Mohammeshydaner nie ein entsprechendes Echo gefunden Sofern sich Konshytakte ergeben hatten waren diese meist schwach und Belastungen keineswegs gewachsen

Die islamische Renaissance und der Einfluszlig des Ayatollah Khoshymein machten dann die Kontakte noch schwieriger erschwerten

aber auch den wenigen dialogwillishygen Muslimen sich mit den Kathoshyliken einzulassen

Bei seinen Pastoralreisen nach Afrika hat Papst Johannes Pauill stets die Begegnung auch mit muslimischen Fuumlhrern gesucht Doch der Erfolg dieser Begegnunshygen war kaum nennenswert In dieshysem Zusammenhang berichtete Erich B Kusch Zwar untershystreicht der Papst immer wieder die echten religioumlsen Werte des Islam der Respekt und Anerkenshynung von seiten der Christen vershydient muszlig aber gleichzeitig zugeshyben daszlig der Dialog in diesem Aushygenblick nicht einfach sei und nicht von allen gewuumlnscht werde Es sei Oberhaupt schwierig so der Papst Gespraumlchspartner und eine gemeinsame Sprache zu finden Und mancherorts wuumlrden Rechtsshygleichheit und Kulturfreiheit vershyweigert 1)

Nichtsdestotrotz sagte Johanshynes Paul 11 Anfang Januar 1992 bei seiner Ansprache vor Diplomashyten raumlume die katholische Kirche dem Dialog mit dem Islam Vorrang ein Aber es besteht im Vatikan kein Zweifel daran daszlig die Probleshyme des Dialogs mit dem Islam insshybesondere auch durch den Golfshykrieg bedingt heute groumlszliger sind als je zuvor

1) Erich B Kusch Gewandeltes Verhaumlltmiddot nis - die katholische Kirche und der Isshylam - in Die Neue Ordnung Nr 5 1990 Kusch ist Zeitungs- und Rundfunkshykorrespondent in Rom

123 Auftrag 201

Der Islam ist eine militante und agshygressive Religion

ist kaumlmpferisch ausgelegt Wo die Muslime die Macht besitzen und die Sharia herrscht sind alle Nichtmuslime Unglaumlubige sind Christen Buumlrger 2 Klasse

Hier aber schreibt Hubertus Janas liegt der Hauptproblemshypunkt im Verhaumlltnis zwischen Chrishysten und islamischem Staat Gilt die Sharia so sind nur Muslime volle Rechtspersonen Christen und Juden erhalten den Status von Schutzbefohlenen (dhimmi) weil sie aus der Religion Abrahams hershyvorgegangen und somit Leute des Buches sind alle anderen Menshyschen kommen gar nicht vor Fuumlr Christen also bedeutet Leben unshyter der Sharia zuerst unter einem fremden religioumlsen Gesetz leben zu muumlssen weil dieses zugleich auch Gesetz des Staates geworshyden ist der auch der ihre ist Die Sharia schlieszligt sie dann natuumlrlich ~uch vom Zugang zu oumlffentlichen Amtern sowie von politischen Entshyscheidungsprozessen aus und entshyzieht ihnen weitgehend den Schutz des Gesetzes schraumlnkt die Ausshyuumlbung des Kultes und der Religion bis zur voumllligen Aufhebung ein hebt auch die Freiheit der Berufsshywahl fuumlr Christen auf bestimmt das Verhaumlltnis innerhalb der Ehe unterstuumltzt jede Art missionashyrischer Taumltigkeit von Muslimen waumlhrend sie sie fuumlr andere gerade~ zu apriori ausschlieszligt und erlegt dem dhimmi zu allem noch schweshy

re Lasten auf Auf diese Weise werden Christen in konsequent isshylamischen Staaten zu sozial polishytisch und auch wirtschaftlich marshyginalisierten Buumlrgern zweiter Klasshyse zu bestenfalls geduldeten Randexistenzen die dann im schlimmsten Fall auch massashykriert vergewaltigt oder in die Sklaverei verkauft werden 2)

Die Christen im Iran

waren und sind immer noch eine verschwindende Minderheit Seit der Machtergreifung Khomeinis hat ihre Zahl staumlndig abgenomshymen Unter der Herrschaft Schah Reza Pahlewis lebten annaumlhernd 300000 Christen im Iran heute sind es weit weniger als 200000

1988 veroumlffentlichte Otmar Oehshyring in Mission aktuell nachsteshyhende Angaben Die groumlszligte Grupshype der Christen ist die der etwa 120000 orthodoxen Armenier Dann folgen 30000 Nestorianer 5000 Protestanten und 4000 Anglishykaner Die Zahl der Katholiken ist seit dem Sturz des Schahregimes von 40000 auf 18000 zuruumlckgeganshygen 12000 Chaldaumler 3000 katholishysche Armenier und rund 300 roumlshymisch-katholische Christen 3)

Alles in alem sind die Christen des Iran eine Minderheit von vielshyleicht noch 05 der Gesamtbeshyvoumllkerung Die herrschenden Mulshy

2) Hubertus Janas Die Situation der Chrishysten in islamischeen Staaten in Der Dom Nr 18 vom 5591 paderborn

3) MISSIO aktuell 388 Aachen

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lahs forcieren die Islamisierung des Landes mit dem Ziel die nichtshymuslimischen Religionsgemeinshyschaften aus dem oumlffentlichen Leshyben zu verdraumlngen sie setzen alles daran die Christen kulturell zu isoshylieren

Soweit roumlmisch-katholische Geistliche im Iran arbeiten sind dies durchweg Auslaumlnder die vorshynehmlich die zumeist aus Auslaumlnshydern zusammengesetzten Angehoumlshyrigen ihrer Kirche betreuen Vielshyfach betreuen diese Priester aber auch chaldaumlische Christen da die chaldaumlische Kirche uumlber keinen eishygenen Priesternachwuchs mehr verfUgen kann

Die Arbeit der roumlmisch-katholishyschen Geistlichen kann nur aufgeshynommen werden wenn diese eine Aufenthalts- und Arbeitsgenehmishygung besitzen die sie alle sechs Monate erneuern lassen muumlssen Die Aufenthalts- und Arbeitsgeshynehmigung wird nur erteilt wenn die Antragsteller die schikanoumlse Befragungsprozedur des Ershad Islami der staatlichen Behoumlrde fuumlr islamische Orientierung uumlberstehen

Der Islamisierung sind auch die christlichen Kinder in ihren Schushylen unterworfen Die Lehr- und Lernmittel werden zensiert und sind islamisch durchwoben Die im Religionsunterricht zu verwenshydenden BOcher schrecken vor eishyner Diffamierung des Christenshytums nicht zuruumlck Sofern man Oberhaupt noch christliche Schushylen unterhaumllt fungieren Muslime

Auftrag 201

mit als Leiter In den oumlffentlichen Schulen muumlssen Kinder am islamishyschen Religionsunterricht teilnehshymen In der Welt der Arbeit tun sich Christen immer schwerer Kaum daszlig sie noch in Fabriken oder Buumlros Beschaumlftigung finden gibt es auch im Handel immer weshyniger Verdienstmoumlglichkeiten Von Aumlmtern im Staatsdienst werden Christen generell ferngehalten Christliche Mission findet nicht mehr statt Wer zum Christentum uumlbertreten will wird strafrechtlich verfolgt hat gegebenenfalls sogar die Todesstrafe zu fuumlrchten Wer dagegen zum Islam konvertiert wird belohnt

Im Iran herrscht das klassische islamische Rechtssystem das die Gesellschaft in zwei Klassen teilt Vollbuumlrger sind nur Muslime Nichtmuslime werden mehr oder weniger nur geduldet Das aber haumlngt zumeist vom Willen derer ab die die politischen Verhaumlltnisshyse bestimmen und die staatlichen Institutionen beherrschen Im Iran herrschen die Mullahs fuumlr sie sind die Christen Unglaumlubige die aus dem oumlffentlichen Leben verdraumlngt werden muumlssen Verfolgungen sind dabei nicht auszuschlieszligen

Die Christen in der Tuumlrkei

bilden - wie im Iran - eine vershyschwindend kleine Minderheit Geshygenwaumlrtig leben 100000 Christen unter insgesamt 50 Millionen Musshylimen

Auftrag 201 125

Die aggressive Renaissance des Islam hat auch in der TOrkei Veraumlnshyderungen in Staat und Gesellshyschaft zum Nachteil der Christen bewirkt

Offiziell schreibt Ludwig Hashygemann bekennt sich ja der Staat zum Laizismus und will kein islamischer Staat sein Zwar geIshyten nach der tuumlrkischen Verfasshysung islamischer und christlicher Glaube als gleichberechtigt doch die Wirklichkeit sieht anders aus Durch Eintrag in ihren Personalshyausweis werden Christen als Nicht-Muslime registriert Christ sein und Tuumlrke sein schlieszligen sich folglich aus Dashydurch sind sie doppelt mindershywertig als Nicht-Muslime und als Nicht-Tuumlrken Angesichts der Rechtspraxis ist die Durchsetzung ihrer verfassungsmaumlszligigen Rechte erheblich verschlechtert ja aufshygrund des nationalistischen Fanashytismus oft grundsaumltzlich ershyschwert bis unmoumlglich Es besteht ihnen gegenuumlber weder gesellshyschaftlich noch in der Verwalshytungspraxis Akzeptanz Als Anshyschlag auf den islamischen Glaushyben wird die Arbeit der Kirchen geshybrandmarkt und als versteckter Versuch deklariert die Tuumlrkei zu einem christlichen Land zu machen

Strafverfolgung wegen angebshylich antituumlrkischer Propaganda sind nicht selten Zu Beginn des Jahres 1989 warnten uumlber Wochen hinweg Zeitungen mit Massenaufshylage in ihren Schlagzeilen vor den

angeblichen Zielen christlicher Kirchen Solche Propagandafeldshyzuumlge vergiften natuumlrlich die Atmoshysphaumlre zwischen Christen und Muslimen und es mehren sich die Nachrichten uumlber Angriffe und Uumlberfaumllle auf Christen zumal in laumlndlichen Gebieten besonders im Suumldosten der Tuumlrkei wo der Isshylam noch staumlrker verwurzelt ist als in den Groszligstaumldten zwar bieten die Anonymitaumlt der Groszligstaumldte und die starke Praumlsenz der Polizei den nichtmuslimischen Minderheishyten dort einen gewissen persoumlnlishychen Schutz in der Provinz hingeshygen sind sie den Schikanen des wiedererstarkenden Islamismus ausgesetzt der zunehmend Einshyfluszlig auf die Politik gewinnt Obshywohl die Tuumlrkei ihrer Verfassung nach ein laizistischer Staat mit strikter Trennung von Religion und Politik ist - sie steht damit im Geshygensatz zum islamischen Erbe - wird in Ruumlckbesinnung auf dieses Erbe die Einheit der Religion heute mehr und mehr als Garant fuumlr den inneren Zusammenhalt des Staashytes betrachtet 4)

Wie schwierig sich das Zusamshymenleben zwischen Christen und Muslimen im Suumldosten der TOrkei gestaltet hat Dr Otmar Oehring MISSIO-Projektreferent fuumlr die Kirshyche im Orient und muslim ische

4 Ludwig Hagemann Zum Aufbruch des Islam - eine Stellungnahme christlimiddot cherseits Hintergruumlnde Bedenken und Anfragen - Aussichten in Der Ismiddot lam in Bewegung Paulusverlag Freishyburg Schweiz 1991

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Laumlnder in einem Interview veroumlfshyfentlicht in MISSION aktuell 190 anschaulich dargestellt Die musshylimischen Staatsangehoumlrigen in dieser Region versuchen schon seit langem die Christen zum Weggang zu bewegen ja sie sogar durch Mord auszurotten Es ist beishyspielsweise vorgekommen - wie wir gerade auf dieser Reise wieder gehoumlrt haben - daszlig bereits Mitte

der sechziger Jahre in vielen Doumlrshyfern von der kurdisch-muslimshysehen Bevoumllkerung die Weinstoumlkshyke christlicher Familien abgeshyschnitten wurden Getreidefelder wurden kurz vor der Ernte angeshyzuumlndet Tiere auf der Weide vergifshytet Kinder vor allem Maumldchen wurden vergewaltigt 5) Wie beshynachteiligt die Christen in der TUumlfshykei ganz allgemein sind erklaumlrt Otshymar Oehring wie folgt Christen haben zum Beispiel nicht die Moumlgshylichkeit alle Berufe zu ergreifen die ihre muslimischen Mitbuumlrger ausuumlben koumlnnen Sie sind fast gaumlnzlich ausgeschlossen vom Staatsdienst Sie koumlnnn keine Lehshyrer und in der Regel auch nicht Rechtsanwaumllte werden

Kinder von Christen muumlssen am islamischen Rel igionsunterricht teilnehmen und werden dort nicht selten wegen ihres Glaubens vershyhoumlhnt Sie werden als unreine Unshyglaumlubige bezeichnet mit denen man keinen Umgang pflegen sollshyte Die Christen werden vielerorts regelrecht wie Aussaumltzige behanshydelt u6)

Der religioumlse Pfichtunterrricht

Auftrag 201

auch fuumlr christliche Kinder 1982 in die tuumlrkische Verfassung aufgeshynommen verstieszlig gegen die Richtshylinien in Absatz 167 des abschlieshyszligenden KSZE Dokuments vom 1511989 wonach die Freiheit der Eltern zu achten ist die religioumlse und sittliche Erziehung ihrer Kinshyder in Uumlbereinstimmung mit ihren eigenen Uumlberzeugungen sicherzushystellen Da die Tuumlrkei dieses Doshykument mitunterzeichnet hat soshywie aufgrund etlicher auslaumlndishyscher Proteste gedraumlngt wurden die christlichen Kinder vom islashymischen Religionsunterricht 1990 wieder befreit Im Sommer desselshyben Jahres wurde der Pflichtuntershyricht naumlmlich abgeschafft (L Hashygemann)

Festzuhalten ist Vor mehr als dreiszligig Jahren begann in der Tuumlrshykei der Exodus der Christen Anshyfaumlnglich kamen sie als Gastarbeishyter spaumlter zumeist als Asylanten Nirgends ist ihre Zahl so verringert worden wie hier

Die Welt des Islam erstreckt sich einmal in einem

breiten Guumlrtel der von Marokko

5) MISSIO aktuell 1190 Aachen Dr Otmar Oehring hat 1989 eine Informations-Reishysegruppe besetzt aus Politik und Kirshychein die TOrkei geleitet

6) Ebd 7) Vgl Anm 4 8) Arbeitshilfe Nr 63 vom 30489 Sekretashy

riat der Deutschen Bischofskonferenz Bonn

9) Aus Gemeinsamer Hirtenbrief der kashytholischen Bischoumlfe des Sudan vom 27 Juni 1984 in Stimme der Weltkirche Nr_ 22 Bonn 1984

127 Auftrag2Q1

am Atlantischen bis nach Pakishystan am Indischen Ozean reicht zum anderen erstreckt sie sich uumlber weite Teile Asiens und Suumldshyostasiens Auch die zentralasiatishyschen Republiken der ehemaligen UdSSR gehoumlren heute zu den Kernshygebieten des Islam Die Muslime die heute in Europa leben sind zushymeist Gastarbeiter oder Asylanshyten

Die Zahl der Muslime betraumlgt insgesamt rund 1 Miliarde davon Sunniten 700 bis 800 Millionen Schiiten uumlber 100 Millionen Der Isshylam ist eine der groszligen Weltrelishygionen die ihren Glauben dynashymisch wenn es nicht anders geht auch militant verbreitet In den Laumlndern in denen der Islam Staatsreligion ist und die Institushytionen beherrscht sieht er keine Veranlassung sich mit den christshylichen Kirchen zu arrangieren Eine ruumlhmliche Ausnahme bildet allerdings Gambia das kleine Land an der Westkuumlste Afrikas Von den 800000 Einwohnern Gamshybias bekennen sich 90 zum Isshylam 25 umfaszligt die katholische Kirche Nirgendwo auf der Welt ist das Verhaumlltnis zwischen Christen und Muslimen so spannungsfrei Gambia schreibt Toni Goumlrtz in MISSIO aktuell ist nicht ergriffen von dem Sog der rund 20 islamishysche gepraumlgten Staaten in Afrika die sich die Ausrottung des Chrishystentums auf ihre Fahnen geshyschrieben haben Im Gegenteil Ohne die katholische Kirche gaumlbe es heute kaum ein Schulsystem in

Gambia Und die Schuumllerinnen und SchOler in den katholischen Lehrshyanstalten sind fast alle Muslime Bischof Michael J Cleary der seishynen Sitz in der Hauptstadt Banjul hat Sechs unserer Stammesminishyster sind ehemalige Schuumller von mir 10) Leider macht das Beishyspiel Gambia nicht Schule Wie es anderwaumlrts bestellt ist dafOr einishyge Beispiele - Seit Mitte 1987 wird in Sierra

Leone der erste islamische Rundfunksender betrieben der taumlglich vier Stunden lang die Lehren des Islam in Englisch Franzoumlsisch und Tulani verkuumlnmiddot det

Hauptziel des Senders Die muslimische Bevoumllkerung in den westafrikanischen Staaten reshyligioumls zu unterweisen und christlishyche Missionierungsversuche zu stoppen (MISSIO aktuell 288) - Seit 1979 streiten die Mudjaheshy

din in Afghanistan im Namen Allahs tor ihr Land Ein Land (nahezu 100 muslimisch) in dem auch Kinder kaumlmpfen und sterben tor einen Heiligen Krieg

- In Pakistan ist der Islam Staatsreligion 972 der BeshyVOumllkerung sind Muslime Die Christen machen 14 der Geshysamtbevoumllkerung von 10541 Milionen aus Politik und GeshyseIschaft sind islamisch vershyflochten Seit 1990 ist vordringshyliche Aufgabe der Regierung

10) MISSIO aktuell 691 Aachen

128 Auftrag 201

die Islamisierung aller Leshybensbereiche Im Januar 1991 wurde die Sharia (wieder) als geltendes Recht eingefuumlhrt Fuumlr die Christen gibt es kaum noch eine Moumlglichkeit gesellshyschaftlich und wirtschaftlich aufzusteigen

- Im Irak sind die Christen eine miszligachtete Minderheit sie bilshyden das untere Ende der soziashylen Rangordnung Bezeichshynend ist was der christliche Lehrer Hirmiz feststellt Wir Christen koumlnnen weder mit Arabern noch mit Kurden leshyben Wir sind fuumlr sie Unglaumlubishyge und deshalb betrachten sie und als minderwertig Seit Maumlrz 1991 sind mehr als 190000 irakische Christen auf der Flucht Offensichtlich wolshylen die Machthaber im Irak alle Christen des Landes verweishysen sie leben zwischen Flucht und Tod Genaue Zahlenangashyben feh len (vg I M ISSIO aktuell 591) In Saudi-Arabien fuumlhren die Christen ein Katakombendashysein Hier ist der christliche Glaube strikt verboten auch bei Auslaumlndern Gottesdienste koumlnnen und duumlrfen nicht abgeshyhalten werden Kein katholishyscher Priester darf offiziell das Land betreten Religioumlse christliche Embleme duumlrfen nirgendwo auch im privaten Bereich nicht gezeigt werden Uumlber die Situation der Christen in Saudi-Arabien urteilt Bishy

schof Bernardo Gremoli der fuumlr das apostol ische Vikariat Arabien zustaumlndig ist drashystisch und treffend Die dortishyge Einschraumlnkung der Relishygionsfreiheit stehe im Widershyspruch zu den von der UNO anshyerkannten Menschenrechten und zu den Abmachungen von Helsinki ja sogar zu den Erklaumlshyrungen des islamischeen Rashytes Und angesichts der Toleshyranz vor allem in westlichen Laumlndern fuumlgt der Bischof hinzu Es scheint uns nicht richtig daszlig der Islam fortfaumlhrt Moscheen und Bekenntnisshyzentren in der ganzen christlishychen Welt einschlieszliglich Roms zu bauen und sich noch groumlszligerer Rechte zu ershyfreuen waumlhrend er den Chrishysten diese grundlegenden Menschenrechte nicht zubilshyligt 11)

11) MISSIO aktue 391 Aachen 1984 wurde in Rom in Anwesenheit des

damaligen italienischen Staatspraumlsimiddot denten Sandor Pertini und Vertretern des Vatikans der Grundstein fuumlr die neue Moschee gelegt Der Bau der Momiddot schee soll nicht allein religioumlsen Zwekmiddot ken dienen sondern wie die islamische Gesellschaft hofft auch ihren politishyschen Einfluszlig in Italien staumlrken (Erich B Kusch vgl Anm 1) Die Moschee hat ein 42 Meter hohes Minarett Der Bau sollte Ende 1991 fertiggestellt sein Die Zahlenangaben sind weitgehend dem Informationsheft Die Situation der Christen in islamischen Staaten entshynommen Kirche in NotlOstpriesterhilfe in Deutschland e V Muumlnchen

Auftrag 201 129

Abschlieszligend bleibt festzuhalshyten Der Islam ist und bleibt eine der groumlszligten Herausforderungen Er gewinnt zunehmend an Kraft auch in Europa Es ist nicht zu uumlbersehen daszlig die Christen in isshylamisch gepraumlgten Staaten aller Achtung zum Trotz die die christlishychen Kirchen dem Islam zollen weithin und mehr denn je ausgeshygrenzt oder verfolgt werden

Der Islam glaubt und vertritt daszlig er Juden- und Christentum (die beiden anderen Buchreligioshynen) uumlberboten und abgroumlst habe Diese Auffassung es ist vor allem die der muslim ischen Fundamenshytalisten stoumlrt oder verweigert jeshydes Gespraumlch zwischen den Relishygionen Ich kann nicht die beunrushyhigende Lage von Christen in beshystimmten Laumlndern verschweigen wo der Islam die Religion der Mehrheit ist sagt Papst Johanshynes Paul 11 in seiner Neujahrshysansprche 1990 im Vatikan vor dem diplomatischen Corps Denshynoch raumlume die katholische Kirche dem Dialog mit dem Islam Vorrang ein wie der Papst bei seiner Anshysprache vor Diplomaten Anfang Januar 1992 unterstrich Wie ernst und wichtig dies Papst Johannes Paul 11 ist hat er wiederum bei seishynem achten Pastoralbesuch in Afrika vom 19 bis 26 Februar beshywiesen So traf er sich zweimal mit muslimischen Fuumlhrern und Wuumlrshydentraumlgern im Senegal und einmal in Guinea

Papst und Vatikan verkennen darOber sicherlich nicht daszlig der

Islam sich als Weltreligion in seishynen fOnf groszligen Kulturgebieten in den arabischen Staaten in der TOrkei in der iranisch-indischen und in der malaysisch-indonesishysehen Region sowie in Afrika nicht nur behauptet sondern auch ausshydehnt

Wilhelm Lehmkaumlmper

Bischof Lehmann gruumlszligt Muslime zum Ende des Ramadan

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Bischof Karl Lehmann hat in einer Gruszligbotshyschaft zum Ende des muslimishyschen Fastenmonats Ramadan daran erinnert daszlig noch immer Menschen unter den Folgen des Golfkrieges litten In der am Mittshywoch in Bonn veroumlffentlichten Ershyklaumlrung weist Lehmann zugleich darauf hin daszlig neue Konfliktherde entstanden seien wo christliche oder muslimische Minderheiten ihre Rechte einklagten Dazu zaumlhlshyten Aserbeidschan Sudan oder Malaysia Daneben gebe es aber auch Grund zu Zuversicht und Hoffnung So wuumlrden zwischen Isshyrael und Palaumlstina Friedensvershyhandlungen gefuumlhrt und in Malta haumltten sich Christen und Muslime getroffen um gemeinsame Loumlsunshygen fuumlr das Fluumlchtlingsproblem zu finden In Europa suchten Vertreshy

130

ter der christlichen Kirchen erstshymals konkret nach Moumlglichkeiten die Mitarbeiter in der pastoralen Arbeit fOr die interreligioumlse Begegshynung mit Muslimen auszubilden Lehmann macht darauf aufmerkshysam daszlig der Fastenmonat in dieshysem Jahr zeitgleich mit der oumlsterlishychen Buszligzeit begangen werde Die Muslime haumltten waumlhrend ihrer Fashystenzeit die Abhaumlngigkeit des GeshysChoumlpfes vom Schoumlpfergott neu meditiert die Christen haumltten sich durch Fasten Gebet und Hilfen fuumlr die Armen auf die Heils- und Erloumlshystungstat Jesu Christi geistig vorshybereitet (KNA vom 25392)

Die Demokrashytisierung in der CSFR-Armee

Seit dem kommunistischen Putsch hat es mit der Zeit eine stramm moskauhoumlrige Armee in der CSSR gegeben die - im Vershygleich mit der pOlnischen oder unshygarischen ja auch rumaumlnischen Armee - kaum aus der Reihe tanzte Es gab nur wenige Offizieshyre die im Jahre 1968 den Kurs des Prager FrOhlings mitmachten Und es dominierten unter den Berufsshysoldaten die Tschechen zumal das Gros der Tschechen stets proshyrussisch und antideutsch war

Im Januar 1990 wurden 5000 von Unverbesserlichen aus dem houmlshyheren Offizierskorps entlassen 20

Auftrag 201

Prozent der Offiziere blieben den spaumlter eingesetzten Uumlberpruumlfungsshykommissionen fern Resultat dieshyser Kommissionen 9460 Offizieshyre - das sind 15 Prozent - wurshyden aus der Armee entfernt

Von den 157 Generalen wurden 87 entlassen oder gingen von alshylein Entfernt wurden alle jene Offishyziere die irgendwie aktiv an der Niederwerfung des Prager Fruumlhshylings beteiligt waren Es kam ein neues Militaumlrgesetz daszlig auch den Ersatzdienst zulieszlig Infolgedessen wechselten 14000 Rekruten zum Ersatzdienst uumlber

Ende 1991 wurden zwei der vier Militaumlrgymnasien aufgeloumlst Die neue Militaumlrdoktrin verpflichtete sich zur Entmilitarisierung beizushytragen keine terriorialen Anspruumlshyche an die Nachbarn der CFSR zu stellen Sie verzichtete auf atomashyre Bewaffung der CSFR und vershykuumlndete die Bereitschaft an Frieshydensmissionen der UN teilzunehshymen

Die Sicherheitsorgane der Arshymee wurden reformiert und wurshyden in drei Sektionen aufgeteilt Militaumlrische Sicherheitspolizei Mishylitaumlrische Ordnungspolizei und Mishylitaumlrische Verkehrspolizei

Allerdings Die Ruumlstungsindushystrie bleibt aus Devisen- und Exshyportgruumlnden - und natuumlrlich die Arbeitslosigkeit im Visier - vielshyfach unberuumlhrt Bislang wurden naumlmlich 683 Prozent der produshyzierten Waffen Panzer ete Munishytion militaumlrische Geraumlte exporshytiert

131 Auftrag 201

Waumlhrend der ethnische Konflikt zwischen Tschechen und Slowashyken in der Armee sozusagen bisshyher nur unter der Decke schwelte ist er jetzt ausgebrochen Die Sloshywaken waren unter den Berufssolshydaten nur mit 347 Prozent unter der Generalitaumlt nur mit 32 Prozent unter den Militaumlrattaches mit 30 und in der leitenden Militaumlrverwalshytung nur mit 22 Prozent vertreten 58 Prozent der Slowaken vertreten heute den Standpunkt daszlig eine vereinigte tschechoslowakische Armee nicht notwendig ist Und seit Januar 1991 gibt es eine sepashyrate Assoziierung Slowakischer Soldaten Die slowakische Teilreshygierung fordert zumindestens eine Slowakische Heimwehr und daszlig slowakische Rekruten mehrheitshylich auf dem Territorium der Sloshywakei ihren Wehrdienst ableisten sollten

Von einer organisierten Militaumlrshyseelsorge houmlrt man in der CSFR vorerst nichts Die Tschechei ist ja uumlberwiegend ein atheistisches Missionsland Anders sieht es bei den Slowaken aus die uumlbershywiegend stark in der katholischen Kirche verwurzelt sind Man houmlrt daszlig bei es bei ihnen solche Bestreshybungen gibt Die Slowaken werden in dieser Hinsicht stark von den Polen inspiriert Das Verhaumlltnis zwischen Polen und Slowaken soshywie der polnischen und slowakishyschen Kirche kann als traditionell herzlich bezeichnet werden

Joachim Georg Goumlrich

Polens Armee Wenn der Saulus zum Paulus wird

Preis I des Laienautorenwettbeshywerbs Vom Kommunismus zur Kommunion der polnischen Reshygionalzeitung Kurier Podlaski ershyhielt der Ex-Politoffizier der Resershyve Maciej Siembieda dessen Aufshysatz so manchen Landsmann ershyheiterte Jedenfalls schlug dieser so ein daszlig sich einige andere Pushyblikationen um die Nachdrucksshyerlaubnis bemuumlhten

In seinem Aufsatz Integration schilderte Siembieda wie er unshylaumlngst einer Reserveuumlbung ins einshystige Schulungszentrum fuumlr Politshyoffiziere in Warschau Folge leishystete das inzwischen seine Beshyzeichnung gestrichen hat und fuumlr die neuen Erziehungsoffiziere da ist auch der Reserve Die Maumlnner die hier einst das Referenten-Noshytizbuch des ZKs der KP buumlffelten buumlffeln jetzt den Katechismus Dort wo einst das Konterfei des KP-Chefs hing gruumlszligt jetzt das des neuen Feldbischofs

In den Vorlesungen sei die Theshymatik Errungenschaft der ruhmshyreichen Sowjetarmee und der mit ihr verbuumlndeten polnischen Volksshyarmee verschwunden Hingegen erfahre man jetzt viel vom polshynisch-bolschewistischen Krieg 191920 sowie dem Wunder an der Weichsel wo 1920 die Polen die Rote Armee Tuchatschewskis von

132 Auftrag 201

dannen jagte Ferner vom Schickshysal der polnischen Offiziere in somiddot wjetischer Gefangenschaft den Siegen der Heimatarmee AK und der polnischen General-AndersmiddotArmiddot mee im Westen

Und Derselbe Chorleiter der noch vor nicht allzu langer Zeit ein Lied einbleute wonach den fashyschistischen deutschen Hunden Rache geschworen wurde uumlbt jetzt normale und fromme Solmiddot datenlieder ein die einst verboten waren Derselbe Chorleiter erklaumlrt auf Anfrage daszlig es keine Rache mehr geben wird Ein Hauptmann wird deutlicher Die Bundeswehr sei eine gute nette und moderne Armee die dieselben Grundsaumltze hat wie wir folglich ist die Kameshyradschaft mit ihr voumlllig angeshybracht Das Hauptreferat uumlber die Bundeswehr hielt uumlbrigens ein junshyger Leutnant in Bundeswehrgeshyfangenschaft mokiert sich der Autor will heiszligen der Mann bildet sich bei der Bundeswehr heran wofuumlr er noch monatlich 65 DM Tashyschengeld bekommt

Hinzugefuumlgt sei nur noch daszlig jedoch die meisten einstigen Politmiddot offiziere gehen muszligten Jetzt kuumlnshydigte Polens neuer und erster zivishyler Verteidigungsminister Dr Jan Parys nach dem Hinauswurf seimiddot nes Vorgaumlngers aus der Armee Vishyzeadmiral Piotr KOlodziejczyk an daszlig alle Generale und Admirale gehen muumlssen die sowjetische Militaumlrakademien absolviert und russische Frauen (zumeist Geneshyralstoumlchter) haben Sie seien damiddot

durch befangen und haumltten auszligershydem ein gestoumlrtes Verhaumlltnis zur polnischen Kirche

Joachim Georg Goumlrlich

Sicherung des Frieshydens vordringlich Dem Zentrum Innere FOhrung und dem Bundeswehrzentralkrankenshyhaus in Koblenz stattete Militaumlrbishyschot Johannes Dyba am 5 Deshyzember einen ersten Besuch ab

Der Kommandeur des Zentrums Flottillenadmiral Ulrich Hundt und seine Bereichsfeiter informiershyten den Gast uumlber Aufgaben und Auftrag des Zentrums uumlber Erfahmiddot rungen mit der Integration ehemashyliger NVAmiddotSoldaten und uumlber gemiddot genwaumlrtige Bewegungen und Promiddot bleme innerhalb der Truppe Die Lehrgangserfahrungen zejgten eine Veraumlnderung der Werteordshynung in Kernpunkten der Inneren Fuumlhrung so Oberst Udo Meyermiddot Sommer Die geringe oumlffentliche Anerkennung die Schwierigkeiten in der Sinnvermittlung und eine unshygewisse Zukunftsperspektive lieshyszligen Probleme in der Bundeswehr sichtbar werden Mehr Selbstbeshystimmung und weniger Disziplin mehr Mitwirkung und weniger Reshygelungen seien gefordert Militaumlrshybischof DDr Johannes Dyba zog eine Parallele zum innerkirchlimiddot chen Bereich Auch da sei die Sinnvermittiung schwieriger gemiddot

133 Auftrag 201

worden und die Christen weitaus kritischer als fruumlher Doch gelte es eine Antwort auf die SInnfrage unshyserer Zeit zu finden und fuumlr Frieden und Gerechtigkeit einzustehen

In einer Gespraumlchsrunde mit inshyteressierten Soldaten darunter Lehrstabsoffiziere Unteroffiziere wie auch Wehrpflichtige die unter Moderation des nebenamtlichen Militaumlrgeistlichen Professor Dr Karl-Heinz Ditzer Fragen an den Militaumlrbischof richten konnten sprach sich Erzbischof Dyba fuumlr die Notwendigkeit einer internatioshynalen Weltfriedensordnung aus Die Deutschen duumlrften sich nicht aus der Gemeinschaft der fuumlr den Frieden verantwortlichen Voumllker heraushalten sondern muumlszligten fuumlr die Gewaumlhrleistung einer pax eushyropaea einstehen so Militaumlrbishyschof Dyba Schon das Zweite Vashytikanische Konzil habe in dem Konzildokument Gaudium et spes eine mit entsprechenden Mitteln ausgestattete internatioshynale Autoritaumlt zur Sicherung des Friedens gewuumlnscht

Flottillenadmiral U A Hundt vershyabschiedete seinen hohen Gast mit den Worten er habe einen Prieshyster und Mitmenschen kennengeshylernt der in der Gelassenheit des christlichen Glaubens handele

Ein Anliegen von Erzbischof Dyshyba war es auch das Bundeswehrshyzentralkrankenhaus in Koblenz kennenzulernen wozu er sich am Nachmittag Zeit nahm Generalshyarzt Dr Hans-Dieter Schmidt stellshyvertretender Amtschef und Chef

des Stabes des Sanitaumltsamtes der Bundeswehr in Bonn-Beuel sowie leitende Aumlrzte des Krankenhauses besuchten mit Militaumlrbischof Dyba Patienten der Abteilung fOr Unfallshychirurgie Das Bundeswehrzentralshykrankenhaus ist bekannt fuumlr seine qualifizierte medizinische Versorshygung Bei Katastrophenfaumlllen (wie damals in Ramstein) wird im Pershysonalaustausch mit anderen Kranshykenhaumlusern fOr genuumlgend Platz geshysorgt Sieben Patienten aus Tschernobyl hatten 1990 die Moumlgshylichkeit sich in Koblenz behanshydeln zu lassen berichtete Professhysor Dr Juumlrgen Lenz Leiter der Abshyteilung Chirurgie und stellvertreshytender Chefarzt

Erzbischof Dyba hatte schon bei der letzten Soldatenwallfahrt nach Lourdes Begegnungen mit kranshyken Soldaten aus Koblenz Im Bunshydeswehrkrankenhaus hat diese Wallfahrt einen festen Platz Soshywohl Militaumlrpfarrer Josef Matheis wie auch Aumlrzte und Krankenshyschwestern begleiten jedes Jahr ihre Patienten in einer Krankenshymaschine nach Lourdes Bei seishyner Verabschiedung bedankte sich Militaumlrbischof Dyba herzlich fuumlr die freundliche entgegenkomshymende Aufnahme bei den Patienshyten Aumlrzten und beim Pflegepersoshynal

Marlene BeyeJ

(aus Kompaszlig Nr 2 v 10192)

134 Auftrag 201

Ein Italiener konshytrolliert die Verteishylung der Hilfsguumlter Von den alltaumlglichen Schwieshyrigkeiten der Caritas bei ihrer humanitaumlren Arbeit in Mosshykau

Moskau in diesen Tagen Vor den Geschaumlften stehen die Menshyschen in langen Schlangen Mehl Milch und Fleisch sind knapp und vor allem teuer Von Tag zu Tag verliert der Rubel an Wert Und die Preise klettern nach oben Es gebe zwar keine Hungerkatastrophe meint JOrgen Weyandt der Chef des Roten Kreuzes in Moskau aber die Zahl der Armen nehme unshyaufhoumlrlich zu Auch im zweiten Jahr der Ruszliglandhilfe sind Flugshyzeug- und Lastwagentransporte mit HilfsgOtern aus vielen Laumlndern Europas unerlaumlszliglich

Die Europaumlische Gemeinschaft engagiert sich bei der humanitaumlshyren Hilfe ebenso wie die Wohlshyfahrtsverbaumlnde Angefangen vom Zehn-Kilogramm-Paket mit Mehl Hefe Reis Milchpulver Schmalzshyfleisch Kaumlse und Tee bis hin zu medizinischem Geraumlt belief sich allein die Unterstuumltzung des Deutshyschen Caritasverbandes im vershygangenen Jahr auf dreizehn Millioshynen Mark In diesen Wochen wershyden wieder fuumlr mehrere Millionen

Mark lebensmittel bereitgestellt Die Standardfrage ob die Waren tatsaumlchlich ihre Adressaten erreishychen beunruhigt Spender wie Helshyfer Denn im vergangenen Winter waren immer wieder Pakete spurshylos verschwunden Hilfsguumlter tauchten dann ploumltzlich in staatlishychen oder privaten Geschaumlften auf - fOr teures Geld angeboten Der russischen Mafia wie im Land die Spekulanten der alten und neushyen Kader genannt werden waren Tuumlr und Tor geoumlffnet Und mancher Apparatschik so wurde gemutshymaszligt hielt dabei bereitwillig die Klinke

Einer der verhindern will daszlig sich aumlhnliches wiederholt ist Anshytonio Santi Der achtundvierzigjaumlhshyrige Diakon aus Mailand gruumlndete vor vier Monaten die Moskauer Cashyritas Der Italiener kennt die Menshytalitaumlt der Menschen und spricht ihre Sprache Er lebt schon seit langem in der russischen Hauptshystadt Als der Eiserne Vorhang das Land noch isolierte gelangte der sich zur Bewegung der Arbeitershypriester zaumlhlende Diakon bereits als Ingenieur nach Moskau Er arshybeitete in einer Maschinenfabrik lebte mit den Arbeitern zusammen und gab sich auch als Christ zu ershykennen Die Folge Santi wurde vom da mal igen sowjetischen Geshyheimdienst KGB entdeckt und ausshygewiesen Seit einigen Monaten ist er jedoch wieder da Von seishynem Orden erhielt er den Auftrag sich um die Gruumlndung der Caritas zu kuumlmmern

135 Auftrag 201

Offiziell besteht die russische Caritas seit November vorigen Jahres Doch schon vorher war der quirlige Santi hinter den Kulissen aktiv Kurzerhand uumlberredete er eishynen italienischen Geschaumlftsmann ihm die Cafeteria seines Firmenshysitzes in der Innenstadt von Mosshykau zu uumlberlassen Seither befinshydet sich dort das Caritas-Buumlro Nashymenslisten Papiere und Akten lieshygen hier verstreut auf dem Tisch Staumlndig klingelt das Telefon Zwei Sekretaumlrinnen vervollstaumlndigen Listen vergleichen organisieren Mittendrin sitzt Antonio Santi Der hagere Mann in Jeans und Pullshyover hat alles im Griff Im Moment laufen hier die Vorbereitungen fuumlr die Paketaktion der deutschen Cashyritas Bis April sollen 70000 Pakete im Wert von fast zwei Millionen Mark verteilt werden Das organishysieren wir

Die Behoumlrden der Stadt bereiten den Hiltsorganisationen die meisten Schwierigkeiten Es sei ein einziger Papierkrieg stoumlhnt Santi Alles was man mache muumlsshyse angemeldet und bezahlt wershyden Um jede Auskunft muumlsse er kaumlmpfen und immer wieder warshyten - dazu habe er keine Geduld schlieszliglich sei er Italiener Die Beshyhoumlrden hier seien nur entgegenshykommend wenn sie direkt bei der Verteilung mitmachen koumlnnten shydoch das will Santi nicht Sein Grund Mehr als 21000 Pakete verschwanden im letzten Winter allein dadurch daszlig offizielle Steishylen fuumlr die Verteilung Stadtbezirke

genannt haben die nicht existiershyten - 21000 von mehreren hunshyderttausend aus Westeuropa Die deutsche Caritas bezweifelt dieshysen Verlust Sie garantiere dafuumlr daszlig alle von ihr aus Deutschland versandten Pakete im vorigen Winshyter ihre Adressaten erreicht haumltshyten heiszligt es in der Freiburger Zenshytrale Dies sei auch mit einem Rieshysen-Aufwand kontrolliert worden Santi verweist auf Schwierigkeiten mit falschen Namenslisten und gefaumllschten Unterschriften Was Maifa ist weiszlig ich als Italiener beshystens redet er sich in Rage Er zeigt auf einen groszligen Stadtplan an der Wand Mit einem Leuchtshystift hat er die Stadt in zehn Dishystrikte eingeteilt Wir koumlnnen nur sicher sein daszlig die humanitaumlre Hilfe ankommt wenn wir sie selbst verteilen

Santi arbeitet mit acht festen und zwanzig ehrenamtlichen Mitshyarbeitern In dieses Team setzt er sein Vertrauen Zu ihm zaumlhlen Nashytascha lagiel und Juri Anatolishywitsch Pawlowski Die acht undshyzwanzigjaumlhrige Mathematikerin ist erst seit kurzem bei der Moskauer Caritas Zusammen mit dem zweishyundvierzigjaumlhrigen Juri der als Pfleger in einem Zentrum fOr beshyhinderte Kinder arbeitet betreut sie einen der groumlszligten Distrikte im SOden der Metropole Der Vorteil der beiden sie sind in diesem Beshyzirk zu Hause Sie wissen wer hier wohnt und wer Hilfe braucht Durch Mundpropaganda erfahren sie wem es schlecht geht Natashy

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scha und Juri erstellen daraufhin Listen gehen zu den Leuten und lassen sich Unterschriften geben Gleichzeitig uumlberpruumlfen sie die ofshyfiziellen Listen die die Stadtparlashymente der Caritas geben und konshytrollieren wem Hilfe zusteht Der Vergleich macht es moumlglich

In unserem Distrikt gibt es viele kinderreiche Familien die in groshyszliger Not sind berichtet Natascha Sie selbst hat es gelegentlich auch schwer ihren kleinen Sohn zu versorgen Ich weiszlig was es in Moskau heiszligt Kinder groszligzuzieshyhen in der Freizeit immer wieder Schlange zu stehen und dann doch nur mit Graupen oder Reis nach Hause zu kommen weil das Geld mal wieder nicht reichte Die taumlgliche Enttaumluschung war Grund fOr sie bei der Caritas mitzuarbeishyten - ehrenamtlich wie Juri auch Der ist eigentlich aus Wut zur Carishytas gekommen Er habe sich geshyschaumlmt sagt er als er sah wie imshymer wieder Sachen aus den Pakeshyten die fuumlr arme Menschen beshystimmt gewesen seien in den Geshyschaumlften auftauchten Fuumlr Natashyscha und Juri ist solche Arbeit neu Freiwillige Selbsthilfe auf kirchlicher Basis hat es in der fruumlshyheren Sowjetunion nie gegeben Jetzt sind sie mit Feuereifer dabei

Antonio Santi bemerkt das Es ist so wichtig die Menschen hier zur Mithilfe zu ermutigen Wer helshyfen will muszlig direkt zu den Leuten gehen Sonst funktioniert nichts Santis Ziel die eigene Verteilershystruktur der Caritas soll rasch grei-

Auftrag 201

fen und beispielhaft sein Langfrishystig denkt der Diakon sogar an den Aufbau von Lebensmittellagem in denen Beduumlrftige Hilfe erhalten Noch eines ist Santi wichtig Hilfe zur Selbsthilfe Das Problem ist daszlig die Gesellschaft und die Menshyschen systematisch zerstoumlrt worshyden sind Es ist schwierig jemanshyden fuumlr etwas zu begeistern Zu oft schon sind alle Hoffnungen der Menschen enttaumluscht worden Vieshyle haben keine mehr Was sie hashyben Angst vor der Zukunft DerC ritas-Chef hat festgestellt daszlig sich die Menschen aus Unsichershyheit passiv verhalten und sich wehren Verantwortung zu uumlbershynehmen

Darin sehen die alten Kader ihre Chance Sie gewinnen wieder Oberwasser und geben Anweisunshygen So gesehen habe sich im Land nicht viel geaumlndert auch wenn es jetzt wieder Ruszligland heiszligt meint Santi nachdenklich In dieser Mentalitaumlt laumlge die eigentlishyche Schwierigkeit aller Hilfsorgashynisationen Die Menschen seien dazu erzogen worden auf Autoritaumlshyten zu houmlren Die aber gebe es im bisherigen Sinne nicht mehr Santi will deshalb immer mehr Menshyschen zur Mitarbeit auffordern dashymit sie eine Perspektive haben shyNach Moskau gereist ist Hermann Herwig Referatsleiter beim Deutshyschen Caritasverband in Freiburg Mit Santi uumlberlegt er wie die Infrashystruktur der Caritas auch in andeshyren Gebieten des Landes aufgeshybaut werden kann Dort warten die

Auftrag 201 137

Menschen mindestens ebenso auf Hilfe

Anja Iven

(aus Deutsche Tagespost vom 3392)

Der wahre Wert des Geldes Symbolik in stabiler Waumlhrung am Beispiel der Deutschen Mark Erstaunlich genug ist jene Unwisshysenheit wie sie bei (in anderen Beshyreichen) selbst hochintelligenten Persoumlnlichkeiten uumlber das Geld vorherrscht hier speziell uumlber die Deutsche Mark Da reduziert man fuumlr gewoumlhnlich ihre Realitaumlt auf den bedruckten Schein und vershysieht ihn der in der Tat nichts anshyderes darstellt als ein von der Quashylitaumlt her vorzuumlgliches und grafisch kuumlnstlerisch gestaltetes Stuumlck Pashypier dennoch und haumlufig genug mit den negativsten Attributen An dieses Papier werden alle nur denkbaren gedanklich wie geistig von der Geschichte doch laumlngst absorbierten lIegativa geknuumlpft die dem Puritanisch-Abstrakten dem man sich offenbar verpflichshytet glaubt so angenehm entgegenshykommen Ausbeutung und Geld ershyscheinen da ebenso synonym wie Geld und schnoumlde Gewinnsucht shygleichbedeutend mit houmlchst anruumlshychiger pekunaumlrer Unmoral

Eklatantes Unwissen

Das kam mit der Vereinigung beider deutscher Teilstaaten beshysonders deutlich - und nicht nur von enttaumluschter oumlstlicher auch von verbluumlffter westlicher Seite shyzum Ausdruck dazu nicht selten verletzend und von daher bereits entlarvend genug Sittlich verworshyfen ist im Maszligstab falschverstanshydener puritanischer Strenge wie er gerade in der Verbindung mit dem Geld gerne angelegt wird jeshyner (so die Faustregel) von dem vermuten werden konnte daszlig er ausschlieszliglich von der fragwuumlrdishygen Lockung der Deutschen Mark motiviert die Mauer quer durch Deutschland gezogen in ihrer unshyertraumlglichen Stupiditaumlt endlich niederriszlig Doch gerade in dieser eishygentuumlmlich-plastischen Einschaumltshyzung fand die eklantante Unwisshysenheit uumlber die fraglos veraumlndershyte Stellung einer Waumlhrung in heutishygen GesellSChaftssystemen ihren nur zu deutlichen Ausdruck

Umfassender als Philosophie

Eine stabile Waumlhrung sagt ebenso umfassend etwas uumlber den Gesamtzustand nicht nur uumlber den materiellen einer Gesellshyschaft aus wie ein unstabile oder gar eine real wertlose Geld spieshygelt - wie sonst kein anderes Symbol es je derart eindeutig vershymoumlchte - den Zustand von Polishytik Kultur und Humanitaumlt einer Reshygion in der es gilt und zwar in hushyman-moralisch zu wertender Quashy

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litaumlt Es druumlckt umfassender als das jede Philosophie vermoumlchte exakter und einleuchtender zushydem den geistigen Standort dieshyser Gesellschaft aus ihre sozialshypolitische Reife oder aber ihre utoshypisch-ideologische Unreife

Gespiegelte Wertlosigkeit

Nie zuvor wurde das derart klar deutlich als in der houmlchst desolashyten Waumlhrung DDR-Mark Sie gab in ihrer Wertlosigkeit ein Abbild jeshynes desolaten Zustandes der Reshygion hinter der Mauer auf allen nur denkbaren Gebieten menschlicher Daseinsaumluszligerung wieder wie er sich nach Verschwinden dieser Miszligwaumlhrung dann selbst aufdeckshyte und noch weiter deprimierend aufdeckt

Geld und Ware

Eine geordnete Waumlhrung wie die Deutsche Mark zeugt in ihrem real begrifflichen Wert fuumlr jene dashyhinterstehenden Produkte die der Buumlrger damit tatsaumlchlich erstehen also kaufen kann Sie ist von dieshyser Produktenzu- und Anweisung nicht zu trennen Jeder Geldschein steht fuumlr Ware die sich damit kaushyfen laumlszligt und die adaumlquat der Qualishytaumlt der Waumlhrung entspricht Das ist die zwar am ehesten begreifbashyre aber beileibe nicht die einzige und schon gar nicht die ausshyreichende Wertzuweisung die eishynem stabilen Geldschein zushykommt Der Aufschwung der deutshyschen Wirtschaft seit Einfuumlhrung

der Deutschen Mark bestand nicht allein und ausschlieszliglich in der Produktion bis dahin schmerzlich vermiszligter materieller Notwendigshykeiten

Treibende Kraft Wille des Neubeginns

Das damals und alsbald so vom Ausland her gedeutete und mit Ludwig Erhard verknuumlpfte Deutshysche Wirtschaftswunder wurde nicht in erster Linie vom Wunsch nach Wohlstand ausgeloumlst den niemand voraussagen konnte treishybende Kraft war der Wille des Neushybeginns das Verlangen eine neue humanitaumlre Gesellschaft aufzubauen die in der Lage sein muumlsse das wiedergutzumachen was eine alte moralisch tief abgeshysunkene in den gerade vergangeshynen zwoumllf Jahren an Ungluumlck und Zerstoumlrung verursachte Der giganshytische Wiederaufbau aus deprishymierenden Anfaumlngen heraus war in erster Linie ein moralisch motishyvierter durch Ethik gestatzter und von glaumlubigem Optimismus dynashymisch getragener Versuch einer menschenwuumlrdigen Zukunft die im Wohlstand nur eine TeiierfOIshylung und nicht einmal die primaumlre sah

Kulturell wissenschaftliche und soziale Wertausweisung

Dieser Versuch gelang nur desshyhalb - und dies kann nicht genug betont werden - weil sich eine unstreitig aus Erfahrung dynashy

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misch-sittlich motivierte Gesellshyschaft freiwillig in die monetaumlre Disziplinierung begab Gerade di~shyse Selbstbeschraumlnkung steht In

krassem Gegensatz zum Attribut gedankenloser Verschwendung wie sie historisch falsch nicht seIshyten behauptet und der Gesellshyschaft unbesehen zugeschrieben wird Wer im stabilen Geld nichts als die Moumlglichkeit materieller Beshyreicherung sieht begreift einmal nichts vom exakt gleichberechtigshyten Anteil der kulturellen wissenshyschaftlichen und sozialen Wertshyausweisung die sich in ihm manimiddot festiert und gefaumlhrdet zum andeshyren damit eklatant diese Stabilitaumlt Humane Wertungen wie Freiheit Menschenrechte Gleichberechtishygung die ohne Einschraumlnkung auf freiheitlich-demokratische Gesellshyschaften anzuwenden sind finden im stabilen Geld ebenso ihre Symshybolik wie die soziale Hilfsbereitshyschaft die untrennbar mit diesen Wertungen verknuumlpft ist Denn nur mit Hilfe des stabilen Geldes kann - nicht nur im Katastroshyphenfall - wirksam und ebens nicht nur materiell auch humanIshytaumlr wirksam geholfen werden Die unzaumlhligen international uumlbershygreifgenden kulturellen und frieshydensfoumlrdernden Initiativen Begegshynungen und Gespraumlche - auch sie werden durch die Stabilitaumlt eishyner Waumlhrung erst wirksam ermoumlgshylicht und spiegeln in dieser Moumlgshylichkeit zuruumlck Instabilitaumlt Wertshylosigkeit des Geldes wuumlrgt solche Initiativen ab

Ebenso durch Ketten wie durch instabile Waumlhrung

Die Philosophie nennt Freiheit und Menschenwuumlrde als houmlchste gesellschaftspolitisch-relevante Ziele Sie zu erreichen und durchshyzusetzen bedarf es ebenso stabishyler humanitaumlrer wie materieller BeshyzOge So kann der Unfreie oder Sklave durch Ketten wie durch eine instabile eine wertlose Waumlhshyrung gefesselt also versklavt wershyden Wer Arbeit mit wertlosem Geld verguumltet betreibt Sklaverei Die Deutsche Mark ist durch ihre innere Stabilitaumlt kein Papier von anrOchigem Charakter sie ist Ausshyweis freiheitlicher humaner soshyzialer und kultureller Repraumlsenshytation einer Gesellschaft die durch das Feuer ihrer selbstvershyschuldeten Geschichte gegangen ist und daraus die noumltigen Konseshyquenzen zog Wer Geld ausshyschlieszliglich materiell versteht und daraus die zwangslaumlufig schieflieshygenden Schluumlsse zieht wird die Grundursache der Aufloumlsung inhushymaner unterdrQckender und egoshy istischer Machtstrukturen wie wir sie gerade erlebten und erlebe~ in ihrem tatsaumlchlichen Wesen nicht begreifen koumlnnen

Wollgang Altendorf

Man sieht nur mit dem Herzen~~

dau~esentliche ist fUr die Augen unsichtbari

(Sain t-Exupery)

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Seniorenshybeauftragter

Aller Anfang ist nicht immer schwer Schwierig ist aber oft der Beginn Die Idee kam und wurde langsam zu einem noch unbenannshyten aber schon fest bestimmbashyren Gedanken Behinderte Kinder und aumlltere Menschen haben geshymeinsame Probleme Kinder und Behinderte haben eine Lobby Seshynioren sind reif geworden das macht sie bescheiden und vershystaumlndnisvoll gegen Benachteilishygungen Sie schweigen meist auch dann noch wenn ihnen Unrecht getan ihr Menschsein verletzt wird Dabei ist es uumlberwiegend nicht boumlser Wille sondern nur Unshykenntnis der die im reifen Alter stehenden politischen Verantwortshylichen zu Entscheidungen veranshylaszligt die aumllteren Mitmenschen Proshybleme bereiten

Was also war zu tun Ein etwas mOhseliger und vor allem langwieshyriger Prozeszlig muszligte begonnen wershyden um die politischen Verantshywortlichen zu veranlassen die Idee aufzugreifen die nun auch eishynen Namen hatte einen Seniorenshybeauftragten zu ernennen Der gute Wille war sofort spOrbar das Verstaumlndnis fuumlr die Aufgabe aber muszligte geweckt werden Den Durchbruch gab sicher auch das Argument der Kostenlosigkeit Der Versuch der nichts kostet ist polishytischen Menschen gut eingehend Also geschah das Wunder Alle

Auftrag 201

Parteien der Stadt waren einstimshymig der Meinung wir versuchen es mit einem Seniorenbeauftragten

Nach nur ganz kurzer Zeit hatte der Gedanke Fuszlig gefaszligt Schon nach einem halben Jahr ist jedershymann Oberzeugt Es war eine shymeine - gute Idee Die ersten Gedanken erweisen sich als richshytig Ein Seniorenbeauftragter muszlig unabhaumlngig sein und bleiben vom Rat und seinem politischen Tagesshygeschaumlft und auch von der Verwalshytung der Kommune Wichtig ist die Unabhaumlngigkeit einerseits die nur bei ehrenamtlicher Taumltigkeit erhalshyten werden kann und andererseits das Verstaumlndnis der Seniorenproshybleme das nur ein Senior haben kann Viele Moumlglichkeiten den aumllshyteren Mitbuumlrgern das Leben zu ershyleichtern erschlieszligen sich dem Seniorenbeauftragten der dem gleichen Bevoumllkerungskreis angeshyhoumlrt besser und einfacher als auch gutmeinenden Politikern und Wisshysenschaftlern

Nicht zu unterschaumltzen ist dabei auch die Unsicherheit aumllterer Mitmiddot buumlrger gegenuumlber Aumlmtern und deshyren Beauftragten deshalb sollte ein Senior gewaumlhlt werden dem leichter Probleme erlaumlutert und Wuumlnsche vorgetragen werden koumlnshynen Eine der Hauptaufgaben des Seniorenbeauftragten ist es Mittshyler zwischen Senioren und Rat und Verwaltung zu sein Bei ihm koumlnshynen die Wuumlnsche und Anregungen der Senioren gesammelt werden und dann den politisch Verantshywortlichen und den mit der Ausshy

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fuumlhrung und Verwaltung Beaufshytragten vorgestellt werden Auch die Vermittlung von Entscheidunshygen in den Kommunen und des Geshysetzgebers ist Aufgabe des Senioshyrenbeauftragten Groszlig ist zur Zeit das Interesse an der geplanten Reshygelung der Pflegekosten und viele Informationen dazu werden vom Seniorenbeauftragten erwartet

Die praktische Arbeit eines Seshyniorenbeauftragten ist anderershyseits fuumlr den Senior eine natuumlrshyliche und recht befriedigende Taumlshytigkeit Ohne Kostenaufwand nenshynenswerter Art lassen sich viele Dinge regeln die Aumllteren Kindern und Behinderten das Leben leichshyter und lebenswerter machen Loshybenswerte und stolz vorgefuumlhrte Maszlignahmen der Verkehrsberuhishygung sind vor allem im Winter nicht nur fuumlr Autofahrer eine Bremshyse Wer Kinder mit ihren Raumldern auf dem Schulweg auf vereisten Katzenbucheln stuumlrzen sieht der versteht sehr schnell daszlig Senioshyren im Winter das Haus lieben Sehen macht klug Kinderwagen Kleinkinder auf Raumldern und Senioshyren leiden unter Kopfsteinpflaster Rundbuckeln und auch den so unshysinnig hohen Bordsteinkanten Hashyben wir denn alle vergessen daszlig Bordsteine nur deshalb so hoch notwendig waren damit Pferdeshyfuhrwerke nicht schleudernd die Fuszliggaumlnger gefaumlhrdeten Heute genuumlgen doch zweieinhalb Zentishymeter zur Abgrenzung der Fahrweshyge von den FUszligwegen Damit ershyreicht man auch daszlig alle Behinshy

derten mit Rollstuumlhlen die Straszligen uumlberqueren koumlnnen auch fuumlr Kinshyderwagen ist das viel leichter geshyworden und selbst die Autofahrer werden es begruumlszligen es schont die Reifen Damit soll aber nicht die Aufforderung verbunden werden den parkenden Wagen Vorrang zu geben vor Fuszliggaumlngern Rollstuhlshyfahrern und den Kindern die eishygentlich auf den Buumlrgersteigen radfahren sollten Eine einfache Erklaumlrung gibt es auch fuumlr das Nicht annehmen von manchen Baumlnken Sie haben keine Seitenshylehnen Schon aus Vorsicht wershyden kranke und aumlltere Menschen eine solche Bank meiden Sie koumlnnten sie ohne Hilfe nicht mehr verlassen Eine Zughilfe durch eine zumindest einseitige Seitenshylehne ist ein Muszlig Baumlnke sollten auch so aufgestellt werden daszlig nicht alle in der prallen Mittagsshysonne stehen und vor allem an den Plaumltzen wo aumlltere Mitmenschen eine Pause benoumltigen auch natuumlrshylich auf groszligen und vor den Friedshyhoumlfen Warum werden Briefkaumlsten nicht an Altersheimen angeshybracht Den Senioren werden lang Wege zugemutet die fuumlr juumlngere Mitmenschen einfacher zu bewaumllshytigen sind Auch bei der Aufstelshylung von Laternen und Leuchten sollte an die Aumllteren gedacht wershyden deren Augen nicht mehr so gut sind und die dazu auch haumlutishyger an der Nachtblindheit leiden

Ein ganz wichtiges und auch leishydiges Problem sind die Wohnvershyhaumlltnisse Wer baut sollte daran

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denken daszlig er sehr gerne sehr alt werden moumlchte und deshalb schon in den besten Jahren an die vielen Kleinigkeiten denken die beim Rohbau praktisch kostenshylos zu bedenken sind um jede Wohnung altersgerecht zu mashychen Das sind z B breitere Tuumlren gute Ausleuchtung Handlaumlufe an beiden Seiten der Treppen Aufshystellung der Muumllltonnen an ebenen Plaumltzen damit sie auch von schwaumlcheren Mitmenschen beshywegt werden koumlnnen vergroumlszligerte Badezimmer und die Moumlglichkeishyten im Alter benoumltigte Hilfsmittel aufzustellen vor allem auch elekshytrisch anzuschlieszligen gehoumlren ebenso dazu wie eine Kuumlche die auch im Alter noch funktionsgeshyrecht ist Ein weites Feld fuumlr den Seniorenbeauftragten tut sich hier auf die Wohnungsberatung in der Form von Hinweisen und Rat auf die nun meist nachtraumlgliche Umshygestaltung der Wohnung in eine alshytersgerechte Meist ist der dafuumlr notwendige Aufwand viel geringer als angenommen wird Er steht vor allem in keinem Verhaumlltnis zu den Kosten die sonst eine fruumlhere Unshyterbringung in einem Alten- oder Pflegeheim mit sich bringen wOrshyden Schon Kleinigkeiten brinshygen viel Ein KrOckennutzer ist dankbar fuumlr Halter an den Einshygangstuumlren Wer einmal gesehen hat wie problematisch es ist mit zwei Kruumlcken eine Tuumlr aufzuschlieshyszligen wenn eine Hand benoumltigt wird und die Kruumlcke dann zwischen die Beine geklemmt werden muszlig der

weiszlig um das Problem das mit Pfennigbetraumlgen zu loumlsen ist Alte Menschen begruumlszligen es wenn Beshyleuchtung auf Annaumlherungsautoshymatik umgestellt wird und die Klinshygelanlage lauter oder auf Lichtzeishychen umzustellen ist Auf diesem Gebiet gibt es stets mehr und Neushyes deshalb wirkt es geradezu unshyerschoumlpflich

Haben meine Leser schon einshymal die Beobachtung gemacht wie sich Aumlltere und Schwache umshysehen wenn sie in ihre Wohnung kommen und beim Platzanbieten dann so gerne einen Stuhl waumlhlen weil die modernen Sitzgelegenheishyten nur fOr junge und sportliche Menschen eine leichte Aufstehshymoumlglichkeit bieten Auch ein Gaumlshystebett kann vorObergehend auf eine vernuumlnftige Seniorenhoumlhe geshybracht werden Man schiebt einshyfach zeitweilig Kanthoumllzer unter und erreicht dann schnell und einshyfach eine bequeme Ein- und Aufshysteig houmlhe von z B 48 cm

Wer Menschen achtet und helshyfen will wo Hilfe ohne groumlszligere Muumlhe moumlglich ist der wird unshyschwer erkennen ein Seniorenbeshyauftragter ist eigentlich in jeder Kommune ein Muszlig und ohne Koshystenaufwand realisierbar wenn ein geeigneter Senior - ob Mann oder Frau gefunden wird Und wo gibt es die nicht Der Anteil der Senioren an der Bevoumllkerung hat eine Groumlszlige erreicht die bald die der 25jaumlhrigen uumlbertrifft Ob man es beklagt oder nicht es bleibt die Tatsache bestehen daszlig sich die

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Schwergewichte in Richtung auf das Seniorenalter verlagern Dies kann sich auch rasch in der Politik zeigen denn obwohl die Aumllteren durch Lebenserfahrung klug geshyworden den Juumlngeren Arbeit und Politik gerne uumlberlassen und zushymeist auch nicht zu Radikalitaumlt neigen wollen sie doch nicht nur verwahrt und betreut werden sonshydern in ihren spezifischen Probleshymen und Noumlten ernst genommen werden

Wie einfach war es einstmals Ehret das Alter Wenn heute shyganz modern - der aumlltere Mensch nicht mehr um Rat gefragt wird und jung sein in ist sollte sich zumindest die Einstellung verbreishyten die in unserer Stadt Niedershykassel verspuumlrbar ist Alle Parteien und auch die in der Verwaltung Taumlshytigen sind guten Willens und beshyreit Anregungen und Wuumlnsche der Senioren ernst zu nehmen und ihshynen Rechnung zu tragen wo imshymer es moumlglich ist

Willy Trost

Ein alter Traum wird Wirklichkeit

Missionsschwester Eusebia die Schwester des Poinger Pfarrers AIshyfons Langwieder die im Sommer vergangenen Jahres hier auf Heishymatbesuch war feierte am 6 Janushyar dJ zusammen mit acht weiteshyren Missionsschwestern in Alivalshy

NorthSuumldafrika ihr diamantenes Profeszligjubilaumlum (60 Jahre)

Sie wurde am 9 Juli 1911 in Teishysendorf geboren 1928 trat sie in das Kloster der Schwestern vom Heiligen Kreuz in Metzingen im Schweizer Kanton Zug ein Schon ein Jahr spaumlter wurde sie in die Mission entsandt Sie kam in das Provinzhaus des Ordens nach Alishyval in Suumldafrika wo sie als Lehreshyrin ausgebildet wurde Danach wurde sie in das Herschelgebiet berufen das 1976 in die Unabhaumlnshygigkeit entlassen wurde Hier half sie mit am Aufbau einer Mittelshyschule tor Farbige 54 Jahre lang wirkte sie hier erfolgreich als Schulleiterin und Oberlehrerin ehe sie eine Krankheit zwang dieshyse Taumltigkeit aufzugeben Heute lebt Schwester Eusebia im Altersshyheim Fatima in Alival-North Pfarshyrer Langwieder nahm das Profeszligmiddot jubilaumlum zum Anlaszlig um seine Schwester zu besuchen Damit hatte er auch Gelegenheit seinen alten Traum Afrika kennenzulershynen zu verwirklichen

Nach dieser Feier reiste Pfarrer Langwieder zusammen mit seinem Reisegefaumlhrten dem Pfarrer Matshythias Bartl aus Bruckmuumlhl etwa 4000 km kreuz und quer durch Suumldafrika

Zu seinen herausragenden Ershylebnissen zaumlhlte ein Besuch bei Lawrence Erzbischof Henry einem Farbigen in Kapstadt Zusammen mit dem Erzbischof und begleitet von vielen Gespraumlchen fuhren die beiden Pfarrer aus Oberbayern

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durch dessen Dioumlzese Natuumlrlich stand die Frage der Apartheid im Vordergrund des Interesses Von Rassentrennung konnte Pfarrer Langwieder allerdings in der Prashyxis nichts erkennen Die Katholishysche Kirche steht in Suumldafrika fest auf eigenen Beinen erzaumlhlt der Poinger Seelsorger Er stellte auch fest daszlig es um den Priestern achshywuchs nicht schlecht bestellt sei

Als besonders erfreulich empshyfand Pfarrer Langwieder daszlig alle christlichen Kirchen am Kap der guten Hoffnung eng zusammenarshybeiten Die Kirchenleitungen trefshyfen sich regelmaumlszligig am Runden Tisch um anstehende Fragen geshymeinsam zu klaumlren Kein engstirshyniges konfessionelles Denken Schwerpunkte der kirchlichen Arshybeit sind das Schulwesen und die Sozialarbeit Jedem Buumlrger in Suumldshyafrika stehe jeder Beruf offen Auch Farbigen ist der Besuch eishyner Universitaumlt freigestellt

Ein besonderes Interesse beshystand fuumlr Pfarrer Langwieder darshyin ob er Projekten begegnet die von Miserior gefoumlrdert und ausgeshybaut wurden oder werden Er wurshyde mehr als fuumlndig Miserior hat als es hier vor 30 Jahren begann vornehmlich Mittel in den Ausbau des Gesundheitswesens auf dem Land und in die Volksbildung geshysteckt

Ein weiterer Schwerpunkt kirchshylicher Arbeit ist es ferner die Schwarzen aus den sogenannten Locations zu holen und ihnen ein bOrgerliches Leben zu ermoumlglishy

ehen Wenn ein Schwarzer eine beshystaumlndige Arbeit nachweise erhalshyte er uumlber einen kloumlsterlichen Konshyvent ein Haumluschen mit Wohn- Schlafraum Kuumlche und NaszligzeIle zugewiesen Mit Garten bezahlt er hierfuumlr 40 bis 60 Rand (30 - 50 Mark) im Monat an Miete Ist die Anschaffungssumme des Haumlushyschens abbezahlt dann geht es in das Eigentum der Familie uumlber Eine ideale Art um Wohneigenshytum zu schaffen

Als reines Vergnuumlgen bezeichshynete Pfarrer Langwieder die Fahrshyten durch die schier unendlichen Weiten des wunderschoumlnen Lanshydes Gut ausgebaute Straszligen weshynig Verkehr saubere Ortschaften gesundes Klima

Eine landschaftliche Perle ist die Kap-Provinz In Kapstadt seishyber kann man sich verlieben

Die Lebenshaltungskosten lieshygen ein gut Stuumlck tiefer als bei uns Die Kuumlche orientiert sich an der englischen Speisenkarte

Zwei Tage hielt sich Pfarrer Langwieder im Koumlnigreich Lesoshytho auf Dieses Land ist landshyschaftlich wunderschoumln Durchshyschnittliche Seehoumlhe etwa 1700 m Lesotho ist ein einziger Luftkurort und waumlre das gegebene Urlaubsland wenn es nicht so weit weg liegen wuumlrde Die Menschen sind dort etwas scheu aber freundlich Der Service in den Loshykalen entspricht etwa dem eines mittleren Gaststaumlttenbetriebes unshyserer Breiten

Das alte Stammesdenken ist

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nach wie vor fest im Volk verwurshyzelt Auch der Witchdoctor (Zaushyberdoktor) hat seinen festen Platz

Pfarrers Langwieders groszliger Wunsch ist noch einmal in seinem Leben Suumldafrika zu sehen

Arthur Schopf

EINE NEUE STADT ERSTEHT

91 Deutscher KatholikentagKarlsruhe 17-21 Juni 1992

~ ZdK

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AUS GKS UND PGR

Handreichung zum Jahresthema der GKS 1992 Vorwort

Die GKS will in der Kontinuitaumlt der thematischen Zwei-Jahresshyschritte im naumlchsten Jahr die beshygonnene Europaarbeit fortsetzen Mit diesen Worten wies der Bunshydesvorsitzende der GKS Oberstshyleutnant i G Paul Schulz bei der Zentralen Versammlung 1991 in Heiligenkreuztal auf das Jahresshythema 1992 hin

Zwischenzeitlich wurde das Thema in den Gremien ausformushyliert und Professor Dr Grulich Professor fuumlr Kirchengeschichte an der Johannes-Gutenberg-Unishyversitaumlt Mainz fuumlr die Erarbeitung der vorliegenden Handreichung gewonnen

Neben der offenkundigen politishyschen Aktualitaumlt draumlngt die Theshymatik des 91 Deutschen Katholishykentages - insbesondere der 5 Themenkreis Unterwegs zur eishynen Welt - zur Auseinandersetshyzung mit diesen Fragen

Mit dem kompromiszliglosen Wir bauen mit haben wir uns als kashytholische Soldaten ganz bewuszligt in die Pflicht nehmen lassen Dabei ist tor einen engen west-orientiershyten Europabegriff kein Platz er

Auftrag 201

muszlig im Geist der internationalen Friedensgottesdienste der Soldashytenwallfahrt nach Lourdes und der Begegnung von Soldaten aus Ost und West am Bild der Schwarzen Madonna im Kloster Jasna Gora in Tschenstochau anlaumlszliglich des Beshysuches von Papst Johannes Paul 11 in seiner Heimat Polen im vershygangenen Jahr sowie durch die Laumlnder- Kultur- Sprach- und Konshyfessionsgrenzen uumlberwindende Kraft des christlichen Bekenntnisshyses erweitert werden Europa als Teil der einen Welt so ist kathoshylisch = alles umschlieszligend geshymeint

Die Handreichung will Hilfe fuumlr die Bau-Taumltigkeit in den GKSshyKreisen sein sie soll InitialzOnshydung geben und Basiswissen vershymitteln auf dem die weitere Arbeit aufbauen kann Fuumlr die Art und Weise der Vertiefung Abrundung und Erweiterung des Themas gibt das Handbuch der GKS vielfaumlltige Hinweise Eines muszlig uns allen aber klar sein

Mitarbeit in der Mission ist als ApostOlat von uns Laien zuallershyerst und zugleich am wirkungsvollshysten mutiges und engagiertes Leshyben und Bekenntnis unseres Glaushybens So lassen sich Grenzen in den Herzen uumlberwinden so wird Gotteserfahrung moumlglich Dazu sollten wir auf die Kraft des geshymeinsamen Gebetes bauen und

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versuchen Neuevangelisation zu mehr als einem Schlagwort zu machen In diesem Sinne endet auch der eingangs zitierte Hinweis auf das Jahresthema 1992 Geshygenwaumlrtig haben Soldaten die Chance Avantgarde Vorhut der Kirche zu sein Nutzen wir diese Chance und setzen wir ein Zeichen der Treue in unserer Kirche

Paul Brochhagen

Europa bauen in der einen Welt Wir bauet1 mit Einleitung

Zwiespaumlltig ist unsere Haltung zum Begriff Mission Im Zeitalter der Annaumlherung ja Zusammenarshybeit der Religionen war der Misshysionsbegriff eine Zeit lang fast vershypoumlnt Galt es nicht aus einem gushyten Hindu einen besseren aus eishynem Muslim einen guten Muslim zu machen Die christlichen Misshysionare wurden als Maumlnner im Geshyfolge der kolonialen Eroberer als Fremde gesehen die uumlberseeishyschen Kulturen ihren europaumlishyschen Stempel aufdruumlcken oder gar ein europaumlisches Gewand uumlberziehen wollten

Nun spricht man vom Missionsshyland Europa und von einer NeushyEvangelisierung unseres Kontishynents Dabei wird der Begriff der Neu-Evangelisierung inzwischen

mit ebenso inflationaumlrer Haumlufigshykeit und wenig hinterfragter Selbstverstaumlndlichkeit gebraucht wie der Name Europa Dieses war bis zur KSZE (Konferenz fuumlr Sichershyheit und Zusammenarbeit in Euroshypa) 1975 und bis vor dem Fall der Mauer sowie der Abschaffung des Eisernen Vorhangs gleiChgesetzt mit dem westlichen nicht kommushynistischen Teil unseres Kontinenshytes Namen wie Europa-Rat Euroshypaparlament oder Europaumlische Gemeinschaft bezeichneten imshymer nur den westlichen kleinen Teil Europas

Wir wollen im Folgenden fragen 1 Ist Europa ein Missionsland 2 Was steckt hinter dem Begriff des Christlichen Abendlands bzw wie christlich ist Europa 3 Welche Rolle spielt die Katholishysche Kirche Deutschlands in dieshysem Europa 4 Welches Europa wollen wir baushyen 5 Welche Aufgaben liegen vor uns Wie bauen wir Europa mit

In einem Anhang drucken wir Auszuumlge aus einigen Dokumenten mit kirchlichen Aussagen zum Thema und geben weiterfuumlhrende Literatur an

1 Ist Europa ein Missionsland

Viele Christen in Europa waren sich auch fruumlher immer der Spanshynung bewuszligt die zwischen der Tatsache bestand daszlig bis vor kurshyzem die meisten Europaumler getaufshy

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te Christen waren die Praxis ihres Handels und das Leben des Glaushybens dem aber oft nicht entsprach In Frankreich wo seit dem antishykirchlichen Kampf der Franzoumlsishyschen Revolution betraumlchtliche Bevoumllkerungsschichten und ganze Landstriche fortschreitend entshychristlicht waren erhob sich schon im Zweiten Weltkrieg die Frage ob dieses Land das einst stolz darauf war die aumllteste Tochshyter der Kirche genannt zu werden nicht schon laumlngst ein Missionsshyland sei In Deutschland hat als ershyster der Jesuit Ivo Zeiger 1948 festshygestellt daszlig Deutschland als rushyfendes Missionsland vor uns liegt Er wurde damals wegen dieses harten Wortes angegrifshyfen man warf ihm vor er beleidishyge damit die Katholische Kirche in seiner Heimat und er zerstoumlre das Interesse an der Weltmission Auf dem 72 Deutschen Katholikentag 1948 in Mainz hielt Zeiger einen viel beachteten Vortrag Ober Die religioumls-sittliche Lage und die Aufshygabe der deutschen Katholiken

Vieles von dem was Zeiger dashymals nach dem Zusammenbruch der nationalsozialistischen Ideoloshygie feststellte gilt auch fOr die heutige Zeit nach dem Zusammenshybruch des Marxismus-Leninismus in Ost- und Ostmitteleuropa Misshysionssituationen erfordern Misshysionsmethoden stellte Zeiger dashymals fest Das heiszligt erstens arshybeiten in Armut arbeiten mit beshyscheidenen Mitteln Wir mOssen arm und bescheiden wieder vorne

anfangen wie eine Missionskirshyche Als zweite Forderung nennt Zeiger Mehr soziale Aufgeshyschlossenheit und Liebe in unseshyren eigenen Reihen Die dritte Forderung aus der Missionssituashytion heraus war fuumlr ihn Der Kashytholizismus muszlig von unten her wieder neu gebaut werden Als letztes forderte er eine neue Halshytung voll Stolz und Mut fOr die Zushykunft

Entwicklung nach dem 11 Weltkrieg

Im Zusammenbruch des Krieges und der Not der Nachkriegszeit war nicht abzusehen daszlig sich durch das seit langem bereits sprichwoumlrtliche Wirtschaftswunshyder in Deutschland die Frage nach der Armut und eines bescheidenen Neuanfangs fuumlr die Kirche bald nicht mehr stellte Wie nie zuvor entwickelte die Kirche gerade seit den 50er Jahren eine rege Taumltigshykeit baute Kirchen Pfarrhaumluser Heime Kindergaumlrten Schulen und andere Bi Idungseinrichtungen Das war noumltig weil sich durch die Millionen von Heimatvertriebenen aus dem Osten die konfessionelle Struktur Deutschlands voumlllig geshywandelt hatte Wo seit der Reforshymation oft kein katholischer Prieshyster mehr gesehen wurde entstanshyden nun neue katholische Pfarreishyen Dioumlzesen wie Hildesheim vermiddot vielfachten ihre Katholikenzahl Gleichzeitig aber muszligten die Vershyantwortlichen in der Kirche mit

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dem immer wachsenden Wohlshystand auch einen staumlndig fortshyschreitenden Ruumlckgang von Relishygioumlsitaumlt und Bindung an die Kirche feststellen Die religioumlse Sinngeshybung hat fuumlr immer weitere Leshybensbereiche an Bedeutung eingeshybuumlszligt Wir sprechen von Saumlkularishysierung Unser Bewuszligtsein und unshyser Denken ist immer mehr vershyweltlicht worden Man scheint Gott nicht zu brauchen Houmlchstens ist er noch notwendig in den Grenzsituationen schwerer Krankshyheit und im Angesicht des Todes Im Alltag brauchen die meisten Menschen wie sie meinen keinen Gott und keine Kirche Im alten Eushyropa ist der Prozeszlig der Entchristlishychung so weit fortgeschritten daszlig man ernsthaft an eine zweite Vershykuumlndigung denken muszlig

So schreibt der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz der Bischof von Mainz DDr Karl Lehshymann zu dieser Entwicklung in seishynem Hirtenwort Was heiszligt NeushyEvangelisierung Europas in der oumlsterlichen Buszligzeit 1991

Zahlreiche soziologische Untershysuchungen haben das seit Jahrshyzehnten bestaumltigt Den Ruumlckgang der Gottesdienstbesucher der Taufen der geistlichen Berufe konnten auch die einzelnen Pfarshyreien selbst feststellen Groszlig anshygelegte Befragungen verschiedeshyner Institute haben zusaumltzlich ershygeben daszlig auch die persoumlnliche Glaubensuumlberzeugung der Glaushybe an einen persoumlnliChen Gott an das Leben nach dem Tode an die

Gottheit Jesu Christi und andere Glaubenswahrheiten drastisch zushyruumlckging Noch mehr galt und gilt das fuumlr die Morallehre der Kirche die anzunehmen und zu bejahen immer weniger katholische Chrishysten bereit sind

Die Kirche war sich dieser Saumlkushylarisierung schmerzhaft bewuszligt Papst Johannes XXIII versuchte deshalb das aggiornamento und berief das 2 Vatikanische Konzil das in verschiedenen Dekreten die Rolle der Kirche in der heutigen Welt als pilgerndes Gottesvolk oder Licht der Voumllker behandelshyte Dieses Konzil verstand sich als Reformkonzil das im Geist des Evangelismus mit dem Blick auf das Heute die Kirche erneuern wollte Papst Paul VI richtete 1975 sein Apostolisches Schreiben Evangelii nuntiandi an den Epishyskopat den Klerus und alle Glaumlushybigen der Katholischen Kirche uumlber die Evangelisierung in der Welt von heute

In dieser Zeit fielen die Bemuumlshyhungen der Politiker um die Einshyheit Europas wobei allerdings wie bereits erwaumlhnt nur die westlishyche nichtkommunistische Haumllfte des Kontinentes gesehen wurde Am 29 Juni 1977 haben die Bishyschofskonferenzen Europas ein Wort zu Europa herausgegeben in dem sie die geschichtliche Rolle Europas betonten den Willen zur Einigung hervorhoben und auf Grundrechte und Grundpflichten hinwiesen Sie stellten fest daszlig die Abkehr von Gott als dem

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Herrn und Schoumlpfer zu menschlichem Niedergang Krieg und Gewalt gefuumlhrt hat Viele Menshyschen auch in unserem Land sind dem Materialismus verfallen In der Folge religioumlser Entwurzelung greifen trotz wachsenden Wohlshystandes Resignation Depression und Angst um sich

Chancen durch den politischen Umbruch im Osten Europas

Es bedurfte aber bei uns einiger entscheidender Ereignisse um die Missionsnotwendigkeit in Europa in ihrer ganzen Weite zu erfassen Dies geschah vor allem durch die Folgen der politischen Wende des Jahres 1989 als die unnatuumlrliche Teilung Deutschlands und Euroshypas unerwartet beendet und fuumlr viele Oberraschend augenscheinshylich wurde wie weit in vier bzw fOnf Jahrzehnten die Entchristlishychung Ost- und Ostmitteleuropas und in uumlber sieben Jahrzehnten in der ehemaligen Sowjetunion fortshygeschritten war Die bedeutende Rolle die dabei der erste slawishysche Papst fuumlr diese Wende spielshyte kann nicht hoch genug angeshysetzt werden Der Pole Johannes Paul 11 hatte sich im Gegensatz zu den Politikern nie mit der Teilung Europas als Folge der Absprachen waumlhrend der Konferenz von Jata abgefunden Er hatte schon bei seiner Reise als Papst nach Gneshysen am Grab des hl Adalbert die Einheit des Kontinents betont und mit der Proklamierung der Slawen-

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apostel Cyrill und Method zu Kronshypatronen Europas diese groszligen Missionare dem hl Benedikt dem Vater des Abendlandes zur Seishyte gestellt

Der Papst hatte auch klar den Marxismus-Leninismus als Uumlbel genannt ja als Schande unseres Jahrhunderts Wie tief diese Ideoshylogie die Seelen der Menschen zershystoumlrt hatte wird heute immer mehr sichtbar

1985 erinnerte Johannes Paul 11 in seinem Rundschreiben Slavoshyrum Apostoli zum 1100 Todestag des hl Method an das Werk der Evangelisierung der beiden Bruumlder aus Saloniki von deren Charisma er hoffte es werde sich in unserer EpOChe in neuer Fuumllle zeigen und neue Fruumlchte tragen Der Papst wuumlrdigte dabei Cyrill und Method wegen ihrer klaren Stellung in all jenen Konflikten die damals die slawischen Gemeinschaften auf ihrem Weg zu staatlicher Organishysation erschuumltterten sie machten sich dabei die Schwierigkeiten und Probleme zu eigen die nicht zu vermeiden waren fOr Voumllker die ihre eigene Identitaumlt unter dem mishylitaumlrischen und kulturellen Druck des neuen roumlmisch-germanischen Reiches verteidigten und versuchshyten jene Lebensformen zuruumlckzushyweisen die ihnen fremd schieshynen Cyrill und Method sind fuumlr den Papst zwei Verbindungsringe eine geistige BrOcke zwischen Ost und West die einen entscheidenshyden Beitrag zur Bildung Europas leisteten und zwar nicht nur in

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der religioumlsen christlichen Geshymeinschaft sondern auch fuumlr seishyne gesellschaftliche und kulturelle Einheit An Grundhaltungen in Ost und West als von den zwei Fluumlshygeln einer Lunge durch die Europa atmet Bei seinem ersten Besuch in der Tschechoslowakei hat im April 1990 der Papst in Velehrad in Maumlhren das der Tradition nach der Bischofssitz des hl Method gewesen sein soll als Reaktion auf den Umbruch in Osteuropa eine Sonderversammlung der Bishyschofssynode fuumlr Europa angeshykuumlndigt die ab 28 November bis zum 13 Dezember 1991 nach Weshygen der Neuevangelisierung Euroshypas fragte das sich nun den Bishyschoumlfen vom Atlantik bis zum Ural als neues Missionsland darstellt Die Grundlagen einer Neuevangeshylisierung hat der Heilige Vater in seiner Enzyklika Redemptoris Missio uumlber die fortdauernde Guumllshytigkeit des missionarischen Aufshytrages vom 7 Dezember 1990 deutshylich aufgezeigt Der Paumlpstliche Rat fOr den Interreligioumlsen Dialog und die Kongregation fuumlr die Evangelishysierung der VOumllker haben am 19 Mai 1991 unter dem Titel Dialog und Verkuumlndigung Uumlberlegungen und Orientierungen zum Interrelishygioumlsen Dialog und zur Verkuumlndishygung des Evangeliums Jesu Chrishysti geboten Wie sich 1979 die 3 Vollversammlung des lateinamerishykanischen Episkopates mit der Evangelisierung ihres auf dem Pashypier katholischen Kontinentes in Gegenwart und Zukunft beschaumlfshy

tigte so haben Ende 1991 die euroshypaumlischen Bischoumlfe ihre Konzeptioshynen vorgelegt Die Tatsache daszlig unter ihnen Maumlnner waren die in Gefaumlngnis und Arbeitslager litten und als Geheimbischoumlfe wirkten ist dabei ebenso von Bedeutung wie das Faktum daszlig es 1991 in Teilen Europas wieder auch vom Staat anerkannte Bischoumlfe gab wo seit den zwanziger und dreiszligishyger Jahren dieses Jahrhunderts keinerlei kirchliche Struktur mehr auszliger einzelnen Gemeinden vorshyhanden war Unter dem Titel Dashymit wir Zeugen Christi sind der uns befreit hat betonte die Sonshyderversammlung im Schluszligdokushyment die gegenwaumlrtige historische Stunde fuumlr den christlichen Glaushyben Europas und wies auf Wege der Neuevangelisierung hin Fast im Schatten der Bischofssynode hatte vom 12 bis 18 November 1991 in Santiago de Compostela (Spanien) die tonfte Europaumlische oumlkumenische Begegnung zwishyschen der Konferenz Europaumlischer Kirchen (KEK) und dem Rat der Eushyropaumlischen Bischofskonferenzen (CCEE) stattgefunden Im Bericht der Praumlsidenten dieser Versammshylung Dean John Arnold und Carlo Maria Kardinal Martini wird das Ausmaszlig der christlichen Verantshywortung angesichts des Evangeshyliums hervorgehoben und die Uumlbershyzeugung ausgesprochen daszlig das Evangelium in Europa Zukunft habe Schon erheben sich auch neshygative ja feindliche Stimmen die von einer Rekonfessionalisierung

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einer Ruumlckkehr der Katholen oder von Proselytenmacherei spreshychen Es gibt aber auch falschen Triumphalismus in katholischen Kreisen der nur den scheinbaren Sieg Ober den atheistischen Marshyxismus sieht dabei aber nicht wahrhaben will daszlig es noch nicht der Glaube oder die Religion ist die das Vakuum in den Seelen aufshygetollt und erfuumlllt haben

2 Was steckt hinter dem Begriff des christlichen Abendlandes shyoder Wie christlich ist Europa

Ohne Zweifel ist das Christenshytum eine der wesentlichsten Kraumlfshyte die Europa und seine Kultur entscheidend mitgestaltet ja nach einem Wort von Papst Pius XII die Seele seiner Voumllker am tiefsten geformt haben Zur Geshyschichte dieses Kontinents und seiner Entfaltung gehoumlrt das misshysionarische Wirken groszliger Heiliger wie Benedikt KOlumban Bonifashytius Cyrill und Method Ansgar und Adalbert Diese Missionare haben auf Dauer das Antlitz Euroshypas entscheidender gepraumlgt als dies groszlige Herrscher Eroberer oder Heerfuumlhrer taten

Der erste Bundespraumlsident des jungen Nachkriegsdeutschland Theodor Heuss sagte Ober Euroshypa es stehe gleich Saumlulen auf drei Huumlgeln auf der Akropolis dem Kashypitol und Golgotha Es habe also eine hellenistische eine roumlmische und eine auf Jesus Christus zushyruumlckzufuumlhrende christliche Grundshy

lage wobei letztere die bei den anshyderen integrierte

Leider ist es durch die Entfremshydung zwischen Ost und West nach der groszligen Kirchenspaltung des Jahres 1054 zur Fehlleistung eishyner ganzen Kulturepoche Euroshypas gekommen als jenes zaumlhleshybige oft wiederholte Kulturbeshywuszligtsein und Geschichtsbild etlishycher Generationen ja sogar das Selbstverstaumlndnis der roumlmischen Kirche praumlgende Diktum (Ernst Nittner) von den drei anderen Saumlushylen entstand von Antike Christenshytum und Germanentum die den Bau Europas tragen bzw von den drei Wurzeln aus denen das Abendland gewachsen sei Der Osten Europas kommt in beiden Bildern von den drei Huumlgeln und von den drei Saumlulen zu kurz sei es der slawische Osten sei es die beshysondere Geistigkeit oumlstlichen Chrishystentums das in Osteuropa mehr vom Slawenturn gepraumlgt ist als vom Griechentum

Als Papst Pau VI 1964 den hl Benedikt zum Patron Europas und zum Vater des Abendlandes erhob ging er davon aus daszlig nach dem Ende des alten Westroumlmishyschen Reiches und nach dem Ende der Voumllkerwanderung die Geshyburt Europas anzusetzen ist Karl der Groszlige ist bereits von Zeitgeshynossen als verehrungswordige Zierde Europas als Pater Euroshypae bezeichnet worden

Doch sein Reich dieses junge Europa war noch ein Kleineuropa kleiner als die EWG das Europa

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der sechs GrOndungsmitglieder der heutigen EG da damals unter Karl dem Groszligen ganz Suumld italien noch unter byzantinischer Herrshyschaft war allerdings die Gebiete der heutigen Schweiz und die Grenz-Marken in Oumlsterreich und Nordspanien dazugehoumlrten Dazu kam daszlig in Konstantinopel der alte roumlmische Reichsgedanke weiterlebte und dieses Faktum zum Dualismus Rom-Byzanz fuumlhrshyte Der polnische Historiker Oskar Halecki kommt sogar zum Schluszlig daszlig die Errichtung des Reiches Karl des Groszligen kein Schritt Inteshygration eines groumlszligeren christlishychen Europas war sondern zushynaumlchst den damals bereits vorhanshydenen Ost-West-Dualismus noch erneuerte und verstaumlrkte

Dazu kam daszlig die unstreitbar groszligartige Leistung Karls des Groshyszligen ohne Kontinuitaumlt war ja nach dem Tod des Kaisers Niedergang und Zerfall kamen ehe Otto I mit seiner Kaiserkroumlnung im Jahre 962 an Karl den GroBen anknuumlpfte Dashybei konnte er allerdings das Reich Karls nicht erneuern sondern nur im Ostfrankenreich dem spaumlteren Deutschland das Ende des karoshylingischen Staates machtpolitisch weiterfuumlhren

Die Missionierung Osteuropas Doch gerade in dieser Zeit des

Zerfalls des Reiches Karls des Groszligen im 9 Jahrhundert faumlllt die Mission der Slawenapostel Cyrill und Method Ihr Hauptwirkungsgeshybiet ist Maumlhren und Pannonien die

alten Hauptdurchzugsgebiete der Voumllkerwanderung Mit seinem Wahlspruch ora et labora (bete und arbeite) mit der Gruumlndung von Kloumlstern und der Pflicht der Seszligshyhaftigkeit der Moumlnche hatte SI beshynedikt die Unruhe der Voumllkerwanshyderung gebaumlndigt und uumlberwunshyden Seit dem Jahre 863 missioshynierten Cyrill und Method die Mitshypatrone Europas in Gebieten die nicht zum Roumlmischen Reich und nicht zum Reich Karls des Groszligen gehoumlrt hatten Die eigentliche Inteshygration Europas ist nicht nur von Reichsgedanken her erfolgt nicht von der Zugehoumlrigkeit zum Impeshyrium (sei es byzantinisch sei es fraumlnkisch-roumlmisch) sondern durch Mission und Christianisierung durch welche griechisch-roumlmische Kultur zunaumlchst in das Groszligrnaumlhrishysche Reich dann in andere slawishysche Staatswesen aber auch bald in das nichtslawische Reich der Ungarn eindrang Mit dem Chrishystentum wurde das Erbe der Antishyke von jungen Voumllkern uumlbernomshymen die sich auBerhalb des Impeshyriums entwickelten so wie ein Jahrhundert zuvor unter Bonifashytius das gleiche in unserer Heimat geschah und spaumlter im Norden durch Missionare wie Ansgar ershyfolgte Durch die Christianisieshyrung durch die Uumlbernahme des kulturellen Reichtums der roumlmishyschen und griechischen Antike entstand in einem langen Entwickshylungszeitraum Europa

In seinem geistvollen Vortrag Ober Cyrill und Method - Schutzshy

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heilige Europas schreibt Ernst Nittner uumlber die Zeit des 10 Jahrshyhunderts als nach der Vertreibung der Schuumller des heiligen Method nach dessen Tode diese eine neue Wirkungsstaumltte in Bulgarien fanshyden und nach dem Ende des GroBshymaumlhrischen Reiches auf Teilen seines Bodens ein christlicher unshygarischer Staat entstand

Die Geburt Europas war abgeshyschlossen West und Ost waren inshytegriert in die europaumlische Geshymeinschaft des Denkens und Glaubens

Griechische Philosophie und die roumlmischen Kriterien von Recht und Ordnung waren uumlberhoumlht durch die christliche Heilsbotschaft durch das neue Bild von Gott und Mensch

Im Westen - aber keineswegs nur fuumlr den Westen - hatte St Beshynedikt den kultursoziologischen Imperativ des Ora et labora mit der Absage an ausschlieszligliche Kontemplation ebenso wie an leishystungsbesessenes Robotertum eingebracht

Cyrill und Method hatten bei den slawischen Voumllkern - aber keineswegs nur fuumlr sie - die Freishysetzung volkhafter Kraumlfte fOr das Wirken der Kirche den Gedanken des Glaubens und Verkuumlndens aus der ethnischen Voraussetzung des Betens und Eucharistiefeierns in der Muttersprache hinzugefOgt Man sagt daszlig hier eigentlich antishyzipiert wurde was tausend Jahre spaumlter durch das Zweite Vatikanshyum verwirklicht wurde

Geburtsstunde Europas

Wir koumlnnen also von einer Geshyburtsstunde Europas sprechen muumlssen uns dabei aber immer wieshyder vor Augen halten daszlig auch dashymals Europa nie wirklich eine Einshyheit war weder regional noch imshyter den Bedingungen des Heiligen Roumlmischen Reiches Deutscher Nation (David Seeber) Es lebte immer in Spannungen und Gegenshysaumltzen in Konflikten und Auseinshyandersetzungen Selbst wenn es (nach den Worten des Papstes) durch das Christentum mit beiden Lungen atmete war dies doch zeitshyund perspektivenverschoben Eushyropa ist eben ein anders beschatshyfener Kontinent als wir ihn in den uumlblichen Europa-Sonntagsreden praumlsentiert bekommen schreibt David Seeber in einem Leitartikel der Herder-Korrespondenz im Sepshytember 1991 als dieses Europa sich lange als nicht handelndes Subjekt im Jugoslawienkrieg ershywies als zu schwach um als geshysamteuropaumlisches Ordnungseleshyment oder auch nur als friedensshystiftender Moderator auftreten zu koumlnnen Zwar hat Europa immer existiert aber nur in seiner Vielshyfalt wobei die Vielfalt politisch kulturell geistig und regional war Seine Geschichte nach der Geshyburtsstunde ist gekennzeichnet von MachtansprOchen und Geshywalt von Kaumlmpfen mit Siegen und Niederlagen die bereits im Mittelshyalter und in der frOhen Neuzeit nicht erst 187071 oder in den beishy

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den Weltkriegen dieses Jahrhunshyderts Feindschaft zwischen den Voumllkern als den Traumlgern Europas schufen

Wie die Trennung von Ost- und Westkirche im Jahre 1054 haben weitere Kirchenspaltungen wie die der Reformation zu erneuter Trenshynung gefOhrt Auch wenn sie nicht die europaumlischen Dimensionen hatten wie nach 1517 durch Lushyther so haben auch andere religioumlshyse Konflikte (denken wir an die Hussitenkriege) zu Feindschaft und Auseinanderleben gefahrt Ein trauriger Houmlhepunkt dieses Geshygeneinander war sicher der Dreishyszligigjaumlhrige Krieg als Mitteleuropa Aufmarschplatz von Armeen aus weiten Teilen Europas von Spashynien bis Schweden war

Gemeinsamer Urgrund Dennoch blieb diesem Europa

ein gemeinsamer Urgrund das Christentum Nicht zufaumlllig haben groszlige Geister vor 200 Jahren in eishyner der unseren vergleichbaren Zeit nach den Wirren und Fehlentshywicklungen der Franzoumlsischen Reshyvolution ihre Blicke von Aufklaumlshyrung Rationalismus und Materiashylismus abgewandt und versucht sich an Grundwerten des mittelalshyterlichen Europa zu orientieren Der Dichter Novalis der eigentlich Friedrich Karl von Hardenburg hieszlig und als Leiter der Bergwerke in Sachsen von Haus aus ein Nashyturwissenschaftler war hat dashymals eine Schrift verfaszligt Die

Christenheit oder Europa Er meinte damit keinen Gegensatz sondern voumlllige Identitaumlt Fuumlr Noshyvalis ist Europa nach seiner Hershykunft christlich es wird christlich sein oder gar nicht mehr existieshyren Nicht umsonst nennen wir Noshyvalis einen Vertreter der Romantik aber dennoch mOssen wir uns heushyte auf die christlichen Grundwerte zurOckbesinnen auf denen Europa aufbaut Das Christentum hat jeshynen gewaltigen Integrationsproshyzeszlig vollbracht der Europa seine christlich-humanistische Praumlgung gab Der Integrationsprozeszlig zeigt sich in Begriffen wie Menschenshywuumlrde Unantastbarkeit der Pershyson Freiheit Gerechtigkeit Solishydaritaumlt Gemeinschaft und persoshynelle Verantwortung auf die aber kein christlicher Monopolanshyspruch besteht und die auch von Nichtchristen geachtet und gelebt werden Diese Werte stammen aus dem Schatz der Antike aus vorshychristlicher Zeit als ethnische Forshyderungen eines Sokrates Plato oder Aristoles an die Menschen Diesen Werten hat das Christenshytum die transzendente Hinwenshydung auf den Erloumlsergott den SChoumlpfer allen Lebens hinzugeshyfuumlgt was wir an Grundwerten menschlicher Existenz wie Freishyheit - Menschlichkeit - Geshyrechtigkeit besonders sporen Sie gehoumlren seit der griechischen Philosopie zum Wesen Europas wurden aber durch das Christenshytum besonders ausgeformt und zaumlhlen gerade heute zu den W9shy

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sentlichen Grundlagen eines neushyen Europas

Wenn dieses Europa Missionsshyland ist so ist eine Bestandsaufshynahme seiner noch vorhandenen christlichen Substanz notwendig In Prozenten ausgedruumlckt ist der Anteil der auf Christus Getauften in den letzten Jahrzehnten gewalshytig zuruumlckgegangen Zwar gab es in Europa mit den Juden und seit der Neuzeit auch durch die Muslishyme auf dem Balkan starke nichtshychristliche Bevoumllkerungsgruppen In Osteuropa zaumlhlten bis zum Hoshylocaust die Juden noch Millionen Die Sonderversammlung der Bishyschofssynode spricht im Schluszligshydokument von der besonderen Beshydeutung des Judentums dessen Glauben und Kultur ein konstitushytiver Teil der Entwicklung der euroshypaumlischen Humanitaumlt sind Die Versammlung stellt auch die Wichtigkeit der Beziehungen zu den Muslimen fest nicht nur weshygen vergangener Ereignisse sonshydern auch im Blick auf unsere Zushykunft zumal eine starke Wandeshyrungsbewegung aus den Islamishyschen Nationen stattfindet M iIshylionen von Muslimen gibt es seit langem im europaumlischen Teil Ruszligshylands auf dem Balkan in Bulgashyrien Albanien und Jugoslawien doch war mit Ausnahme des erst nach den Balkankriegen 191213 entstandenen jungen Staates Alshybanien die uumlberwaumlltigende Mehrshyheit der europaumlischen Bevoumllkeshyrung christlich Gewiszlig war es oft nur ein Kulturprotesfantismus

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oder Kulturkatholizismus im Osten auch eine Kulturorthodoxie Man wurde getauft gefirmt oder konfirmiert kirchlich getraut und begraben~ Aber man wuszligte um das geistige Erbe des Christentums von dem man auch als Atheist noch zehrte

Entchristlichung und Saumlkularisierung

Heute ist das anders Wenn von der Wiedervereinigung Deutschshylands im Jahre 1989 fuumlr die alte Bundesrepubulik noch 44 Proteshystanten und 471 Katholiken anshygegeben wurden so war das beshyachtlich 64 waren sonstige Konfessionen darunter 25 Millioshynen Muslime (meist Tuumlrken) aber auch Hunderttausende von Orthoshydoxen als griechische oder jugoshyslawische (serbische mazedonishysche) Gastarbeiter Die eigentliche Zahl von Atheisten war also relativ gering Nach der Wiedervereinishygung bekennen sich nur 73 der Deutschen zu einer christlichen Konfession weil der neue Mensch des Marxismus-Leninismus der von jeder Entfremdung frei sein sollte auch frei wurde von der Abshyhaumlngigkeit von Gott Was die Zahl von 73 Christen in Deutschland nicht ausdruumlckt ist das Ausmaszlig der Entchristlichung der mittleren und juumlngeren Generation Wenn die waumlhrend der ersten Nachshykriegszeit Geborenen auch in der ehemaligen DDR noch zu uumlber 90 getauft wurden so muumlssen

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die Prozentsaumltze der in der letzten Jahren und heute Getauften ershyschreckend niedrig sein um auf nur 73 Christen zu kommen Und es ist so In den neuen Bundeslaumlnshydern sind noch 21 der Buumlrger evangelisch und 36 katholisch D h daszlig nicht einmal ein Viertel der Bevoumllkerung christlich ist In Staumldten wie Erfurt mit reicher christlicher Tradition einem Bishyschof einem Priesterseminar vershyschiedenen Kloumlstern und anderen kirchlichen Einrichtungen werden von 100 Neugeborenen nur fuumlnf geshytauft davon drei protestantisch und zwei katholisch Als die DDR 1949 gegruumlndet wurde bekannten sich uumlber 90 der Erfurter Buumlrger als Christen

Halten wir dagegen Zahlen aus der Mission in Uumlbersee Im afrikashynischen Ruanda gibt es 50 Kashytholiken und 12 Protestanten in Swasiland sind uumlber 60 Chrishysten in Uganda die Haumllfte der Beshyvoumllkerung

Aumlhnliche Zahlen wie aus der ehemaligen DDR wenn auch nicht so kraszlig gibt es auch aus dem uumlbshyrigen Ostblock In der CSFR beshykennen sich nur noch 40 der Beshyvoumllkerung als Christen Doch ist zu entscheiden ob ein Bekenntnis zur Kirche nur aumluszligerlich ist weil sich das Volk mit der Nationalkirshyche identifiziert die in schwerer Zeit die Rechte des Volkes vertrat oder ob das Bekenntnis bereits als echter Ausdruck lebendigen christlichen Glaubens gewertet werden kann der auch in der Zeit

der Atheisierung und des Kirchenshykampfes lebendig blieb

Verluste hat das Christentum aber auch im Westen Europas ershylitten Bei den Lutheranern Skandishynaviens und den Anglikanern in Groszligbritannien ist christliche Subshystanz ebenso von der Erosion durch den praktischen Materialisshymus bedroht wie die katholischen Laumlnder Suumldeuropas von der Saumlkushylarisierung betroffen sind In Frashygen der Abtreibung oder Ehescheishydung hat weder in Italien noch in Spanien die Kirche eine Mehrheit der Bevoumllkerung hinter sich

Vormarsch nichtchristlicher Religion

Mit dem Ruumlckgang des Chrishystentums waumlchst gleichzeitig durch Wanderbewegungen der Anshyteil nichtchristlicher Religionen (Islam) ja konvertieren ehemalige Christen zu neuen Religionen (Hara-Krishna Vereinigungskirche ua) Vor allem der Islam entwikshykelt in Europa eine Missionsstrateshygie die nach dem Ende des Ostshyblocks noch offensiver wird Bisshyher lebten die alteingesessenen Muslime Europas bis auf Grieshychenland Zypern und der Tuumlrkei unter kommunisterischer Herrshyschaft Es gibt in diesen Laumlndern folgende Zahlen von Muslimen 1 GUS-Staaten (Europaumlischer Teil) Ober 12 Millionen Muslime 2 Jugoslawien uumlber 4 Millionen Muslime 3 Albanien uumlber zwei Millionen (Sunniten und Bektaschi)

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4 Bulgarien Ober eine Million 5 Rumaumlnien etwa 50000 6 Polen einige Tausend

Von diesen Laumlndern war in Albashynien den Muslimen wie auch den anderen Konfessionen jede RelishygionsausObung verboten In der Sowjetunion in Bulgarien und Rushymaumlnien wurde der ISlam diskrimishyniert und unterdruumlckt In Jugoslashywien konnte dagegen schon 1977 in Sarajevo mit massiver arashybischer Hilfe eine Islamische Theologische Fakultaumlt gegruumlndet werden Auszligerdem bestehen dort die Koranschulen (Medresen) in Sarajevo (mit serbokratischer Unshyterrichtssprache) in Pristina (fuumlr Albaner) und Skopje (fuumlr Tuumlrken und Mazedonier) Die Muslime im ehemaligen Jugoslawien haben heute eine eigene Presse und geshyben Dutzende von religioumlsen Buumlshychern heraus Im zerfallenen Jugoshyslawien wird vor allem in der Repushyblik Bosnien-Herzegowina den Muslimen mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden muumlssen Eine aumlhnliche Entwicklung vOllzieht sich heute in der ehemaligen Soshywjetunion Bulgarien und Albashynien Manche Staaten der GUS hashyben islamische Mehrheiten Sollshyten alle Staaten der GUS Mitglied der KSZE werden bedeutet dies eishynen entscheidenden Schritt des Isshylams nach Europa

Auszliger in Griechenland (140000) und Zypern (152000 Muslime) sind die muslimischen Gruppierungen in Europa Folgen juumlngst erfolgter Auswanderungen 1991 kann man

fOr Europa folgende Zahlen angeshyben Deutschland 25 Millionen

Muslime Frankreich 21 Millionen Groszligbritannien 1 Million Niederlande 300000 Belgien 250000 Italien 200000 Spanien 80000 Schweiz 70000

Der Streit um den Bau eine riesishygen Moschee in Rom hat der Weltshyoumlffentlichkeit gezeigt daszlig selbst in der Stadt des Papstes die Lehre Mohammeds vertreten ist Das Centro Islamico Culturale dltalia in Rom verfuumlgt uumlber eine Sonnshytagsschule und gibt monatlich ein Bulletin (in italienischer und englishyscher Sprache) heraus

In Spanien gibt es seit 1980 wieshyder aktive Moscheen Damals uumlbergab der kommunistische Buumlrshygermeister von Cordoba den Musshylimen eine alte Moschee die aber Jahrhundete hindurch als Kirche gedient hatte 1982 wurde in Pedro Abad bei Cordoba eine zweite Moshyschee eroumlffnet Eine weitere entshystand in Madrid In der Schweiz beshystehen Moscheen ua in Zuumlrich und Genf In Genf hat das Islamishysche Zentrum zahlreiche Schriften in Franzoumlsisch publiziert was die Islamische Gemeinschaft in der deutschsprachigen Schweiz von Zuumlrich aus in deutscher Sprache tut

Dieser europaumlische Islam wird heute in weltweite Missionsplashynungen einbezogen das zeigen

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uumlberregionale islamische Organishysationen wie der Islamic Council of Europe in London und der Moshyscheenrat fuumlr Europa in BrUumlsse

Ein Vergleich der Erfolge des Isshylams mit der christlichen Mission dieses Jahrhunderts faumlllt eindeushytig zu ungunsten des Christenshytums aus Waumlhrend das Christenshytum z B in rein islamischen Laumlnshydern wie Saudi-Arabien den arashybischen Emiraten oder dem Jemen (auch in Afghanistan) nie Fuszlig faszligshyte gibt es heute Millionen von Muslimen in Westeuropa In vielen muslimischen Laumlndern ist die Zahl der Christen erschreckend zuruumlckshygegangen z B in der Tuumlrkei aber auch in Algerien In einem muslishymischen Land wie Somalia das Jahrhunderte hindurch italienisch war gibt es heute weniger Katholishyken (2500) als Muslime in Luxemshyburg (3000) Gerade solche Vershygleiche zeigen den Vormarsch des Islam Die Zahl der Muslime in Oumlsterreich und der Schweiz ist groumlshyszliger als die Zahl der Katholiken in Kuwait oder Lybien es gibt in Belshygien mehr Muslime als Christen in Bangladesh ganz zu schweigen von den Millionenzahlen der Muslishyme in Deutschland Frankreich und Groszligbritannien

3 Welche Rolle spielt die katholishysche Kirche Deutschlands in diemiddot sem Europa

Die Lage Deutschlands in der Mitte unseres Kontinentes vershypflichtet uns deutsche Katholiken

besonders beim Aufbau eines neushyen Europas und bei seiner Neushyevangelisierung Die Teilung Euroshypas in Ost und West war auch 40 Jahre lang eine Teilung unseres Vaterlandes das erst seit dem 3 Oktober 1990 wieder geeint ist So wie wir in Deutschland nun zusamshymenwachsen und eine gemeinsashyme Zukunft gestalten soll auch die Zukunft eines gemeinsamen Europas erstehen Dabei ist das vereinte Deutschland in einer unshygleich besseren Lage als Europa Es spricht eine gemeinsame Sprashyche und blickt auf eine gemeinsashyme Geschichte zuruumlck waumlhrend die Voumllker Osteuropas gegenuumlber Westeuropa sprachlich isoliert sind und keine Hilfe vom Westen erwarten koumlnnen die der Hilfe der alten fuumlr die neuen deutschen Bunshydeslaumlnder entspricht

Zwei Tatsachen sind es auszliger seiner Lage in Mitteleuropa die Deutschland bei der Neuevangelishysierung des Missionslandes Euroshypa zu besonderer Aufgabe berushyfen a seine Erfahrungen mit dem Zushysammenbruch einer menschenvershyachtenden Ideologie 1945 und b seine Verflechtungen mit ganz Europa durch deutsche Volksgrupshypen im Osten

a Der bereits zitierte P Ivo Zeishyger stellte auf dem Mainzer Kathoshylikentag 1948 fest daszlig die katholishysche Kirche Deutschlands damals in ihrem aumluszligeren Gefuumlge und mashyteriellen Bestand von der gleichen Not betroffenmiddot war wie das Volk

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selbst Dagegen sei sie von einem inneren Zusammenbruch vershyschont geblieben da weder der Kirche als solcher noch dem einshyzelnen glaumlubigen Katholiken eine Weltanschauung zerbrach die er begeistert angenommen haumltte Im Gegenteil der christliche Glaube hat sich als richtig erwieshysen und kann sich erneut in Freishyheit erweisen In dieser Hinsicht steht die Kirche heute fester da als noch vor Jahren Die harte Pruumlfung war eine Laumluterung und wie alles Kreuz Christi ein heiliger Segen

Das gilt auch fOr die katholische Kirche nach dem Zusammenbruch der marxistisch-leninistischen Ideologie in Osteuropa In Laumlndern wie der Tschechoslowakei wuchs die Autoritaumlt der Kirche durch ihre Haltung in der Verfolgung und ihr Einstehen fuumlr die Rechte der Menshyschen Trotz der Schwaumlche einzelshyner Kirchenglieder die den Verlokshykungen des Regimes oder seinen Drohungen erlagen war die kathoshylische Kirche in den meisten Ostshyblockstaaten die einzige Institushytion die sich nicht mit dem Reshygime liierte Wie 1945 hat auch das Jahr 1990 eine neue Lage fuumlr kirchshyliches Leben und Wirken gebracht Die Voraussetzungen waren grundlegend veraumlndert der mateshyrielle Bestand auch die inneren Grundgegebenheiten der Menshyschen Dazu P Zeiger 1948 Kein Bedauern kein Klagen nach dem guten Alten bringt uns jene Vorshyaussetzungen wieder zuruumlck Wenn wir glauben wollten die wie-

Auftrag 201

dergekehrte Freiheit erlaube ein einfaches Wiederaufnehmen der Arbeit an der Stelle wo sie uns aus der Hand geschlagen wurde wuumlrshyden wir uns einer tiefen Taumlushyschung hingeben und mOszligten uumlber kurz oder lang eine noch tiefere Enttaumluschung erleben

Es ist daher von Nutzen daszlig wir eine moumlglichst klare und ehrliche Bestandsaufnahme vornehmen

Das sind mutige Worte geweshysen die auch heute die Kirchenshymaumlnner im Osten beherzigen muumlsshysen Die Lage 1992 ist eine andere als in den Jahren da in Ruszligland nach 1917 und in den Satellitenshystaaten die Verfolgung begann Die territoriale Kircheneinheit war zerstoumlrt und die Geschlossenheit der Gemeinden durchbrochen Auch nach 1945 waren die Glaumlubishygen dafOr nicht vorbereitet ebenso wenig wie 1989 auf den Fall der Mauer Aber die Kirche stellte sich die Aufgabe nicht nur im zerschlagenen Deutschland Sie erhelt materielle und geistge Hilfe aus dem Ausland zum Beishyspiel aus den USA und von den Kashytholiken Flanderns die mit den Kashypellenwagen des Speckpaters P Werenfried van Straaten auch pershysonelle Hilfe in die Diaspora sandshyten Die Offenheit mit der P Zeishyger 1948 vor der OumlffentliChkeit eishynes KathOlikentages Beispiele zur Vertiefung der Forderungen zog verdient auch heute Beachtung

b Nach dem Zweiten Weltkrieg hat das zerstoumlrte Deutschland 15 Millionen Deutsche aus dem

Auftrag 201

Osten aufgenommen die seit Jahrhunderten vom Finnischen Meerbusen im Norden bis zum Schwarzen Meer mit Europaumlern anshyderer Nationalitaumlt und Muttersprashyche meist in Eintracht und guter Nachbarschaft lebten Millionen von Deutschen sprachen die Sprashychen ihrer Nachbarn Estnisch Lettisch Litauisch Russisch Polshynisch Ukrainisch Tschechisch Slowakisch Ungarisch Rumaumlshynisch Slowenisch Serbisch und Kroatisch In vielen dieser alten Siedlungsgebiete war Europa als multikulturelle Einheit in der Vielshyfalt vorweggenommen auch in den Kirchen wo in gemischtsprashychigen Pfarreien und Dioumlzesen der Multinationalitaumlt und ethnischen Vielfalt Rechnung getragen wurde Der Eiserne Vorhang hat nach Flucht Vertreibung und Umsiedshylung der meisten dieser Deutschen aus dem Osten diese Gebiete zu einer terra incognita gemacht Ihre Sprachen und ihre Kultur wurde vernachlaumlssigt ihre Geschichte und Literatur kaum beachtet Auch in der Kirche und in der kirchlichen Erwachsenenbildung herrschte bis zur Wende von 1989 mehr Intershyesse fuumlr Suumldafrika und Chile als fuumlr die Kirchenverfolgung in litaushyen oder in der Tschechoslowakei Unsere Jugend beschaumlftigt sich mit der Theologie der Befreiung und mit Basisgruppen in Lateinshyamerika nicht aber mit der Theoloshygie des Uumlberlebens im Ostblock oder mit Basisgruppen in Ungarn

Die Kirche in der ehemaligen

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DDR hatte in der Vergangenheit viele Kontakte zu den einzelnen katholischen Kirchen Osteuropas bis hin zu den verschleppten Deutshyschen in Zentralasien und Sibirien Diese Erfahrungen gilt es heute zu nutzen und zu vertiefen vor allem weil die Kirche der DDR von Anshyfang an als kleine Herde die Diashysporasituation erlebte als christlishyche Gemeinschaft in atheistischer Umwelt zu leben Deutsche Kathoshyliken aus dem Osten wurden in der Bundesrepublik Wegbereiter der Versoumlhnung mit den Nachbarvoumllshykern z B die sudetendeutsche Akshykermanngemeinde mit den Tscheshychen Deutsche und polnische Bishyschoumlfe sprachen bereits vor 25 Jahren am Ende des 2 Vatikashynums die wichtigsten Aufgaben an Vergebung und Bitte um Vergeshybung In einem Europa das mit dem Zerfall von Vielvoumllkerstaaten wie der ehemaligen Sowjetunion oder Jugoslawien neuen Nationashylismus aufgebrochene alte Feindshyschaft ja sogar Krieg wiederershylebt werden wir die Aufgabe zu versoumlhnen und Frieden zu stiften sehr ernst nehmen muumlssen

4 Welches Europa wollen wir baushyen

In ihrem Brief zur Versoumlhnung mit dem tschechischen Volk schreiben die deutschen Bischoumlfe In unseren Tagen hat eine demoshykratische Revolution in Mittel- und Osteuropa die kuumlnstlich zwischen den Voumllkern aufgeriChteten Barrieshy

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ren niedergerissen Europa als geistige Einheit wird fuumlr uns uumlbershyall dort erlebbar wo Grenzsperren fallen und die Menschen die jahrshyhundertelang gewachsene Zusamshymengehoumlrigkeit benachbarter Staaten und Landschaften mit neuem Leben erfOllen

Europa der Menschen Als Christen bauen wir ein Euroshy

pa der Menschen nicht der Techshynokraten oder ein Europa egoistishyscher Staaten die ihre Privilegien verteidigen Die Pastoralkonstitushytion des Zweiten Vatikanums Gaudium et spes gibt uns dazu Mut wenn sie in Artikel 3 sagt daszlig die auf die Liebe Jesu Christi aufshygebaute Gemeinschaft des Volkes Gottes durch die Gnade jene Heilsshykraumlfte einbringen kann die auf beshysonders wirksame Weise helfen koumlnnen die menschliche Person zu retten und die Gesellschaft nach dem Maszlig der Menschenwuumlrshyde aufzubauen

Die Forderungen nach der Achshytung der Menschenwuumlrde der Kampf um die Menschenrechte waren die staumlrkste Kraumlfte bei der Umgestaltung im Osten in dem wir heute die Folgen einer kollektishyvistischen Ideologie zu bewaumlltigen haben Menschenwuumlrde ist seit der Antike eine wesentliche Fordeshyrung europaumlischen Denkens Sie ist nur in der Anerkennung des anshyderen in der Gemeinschaft also in Solidaritaumlt durchsetzbar Sie setzt voraus daszlig Menschen fuumlreinander

Auftrag 201

einstehen etwa in der sozialen Sishycherung Unser neues Europa wird dafuumlr sorgen muumlssen daszlig die Prinshyzipien der Solidaritaumlt und Subsishydiaritaumlt nicht nur erhalten sondern ausgebaut werden

Europa der Voumllker

Wir bauen ein neues Europa nicht der Staaten sondern seiner Voumllker Die Versuche des 19 und 20 Jahrhunderts Nationalstaaten zu schaffen sind meist gescheishytert Die Anerkennung aller Voumllker und Volksgruppen und der Schutz nationaler Minderheiten ist eine Voraussetzung europaumlischen Zushysammenlebens und schlieszligt jede Diskriminierung aus Wie in allen Missionslaumlndern kommt dabei auch im Missionsland Europa der Kirche eine groszlige Bedeutung zu Der Gott Abrahams Isaaks und Jashykobs ist der Gott aller Voumllker In diesem Jahrhundert haben die Paumlpste immer wieder die Rechte kleiner Voumllker auch in Europa vershyteidigt Johannes Paul 11 hat zum Weltfriedenstag 1989 den Schutz der Minderheiten verlangt wobei sein Ausgangspunkt die Personalishytaumlt des Menschen ist Wenn TeilshyKirchen bisweilen nationalistishyschen Versuchungen erliegen und gegen Ober anderen Gruppen mit anderer sprachlicher oder kulturelshyler Identitaumlt uumlbersehen daszlig sie Glied der Weltkirche sind dann muszlig im Interesse Europas daruumlber informiert und nach einer Loumlsung gesucht werden

163 Auftrag 201

5 Welche Aufgaben liegen vor uns Wie koumlnnen wir mitbauen

Europa ist Missionsland - wie koumlnnen organisiert Laien mittun beim Aufbau dieses neuen Euroshypa

Der heute schon legendaumlre Gruumlnder der Ostpriesterhilfe der Nachkriegszeit P Werenfried van Straaten hat fruumlher bei Aufrufen fuumlr die verfolgte Kirche von einer dreifachen Solidaritaumlt gesproshychen a) der Solidaritaumlt des Gebetes b) der Solidaritaumlt der Information c) der Solidaritaumlt der Hilfe

Er sprach schon vor Jahrzehnshyten davon daszlig nicht nur die vershyfolgte Kirche im Osten eine Kirche in Not sei sondern auch die Kirche des Westens War vor der Wende die Kirche im Osten durch die Vershyfolgung atheistischer Machthaber bedroht so erfolgte die Bedrohung der Kirche im Westen vor allem durch Saumlkularisierung und praktishyschen Materialismus Nachdem heute sogar in Albanien das sich 1967 zum ersten atheistischen Land der Welt erklaumlrt hatte die VerfOlgung beendet ist bleiben alle Kirchen des Missionslandes Europa Kirchen in Not die Gebet Information und Hilfe brauchen

a Gebet Benedikt Cyrill und Method

sind Patrone Europas aber wann haben wir ihre Fuumlrsprache fOr unshyseren Kontinent und seine Probleshy

me angerufen Patronat im alten Sinne war nicht ein einseitiges Verhaumlltnis des Schutzes sondern ein Treueverhaumlltnis wechselseitishyger Verpflichtungen Das heiszligt daszlig wir uns nicht nur auf ihre Fuumlrshysprache verlassen sie betend um Hilfe anrufen sondern auch aktiv fuumlr das eintreten wofuumlr sie Leitshybild des Handeins sind

Gebetesstunden Wallfahrten zu ihren Ehren die Benennung von Gruppen Organisationen ja auch Pfarreien und Kirchen nach den Patronen Europas und anderer eushyropaumlischer Heiliger - das sind Mittel die wir als Glaumlubige atheishystischen Europaumlern voraus haben

Die Gemeinschaft Katholischer Soldaten kann hier vorangehen Zu den groszligen europaumlischen Heiligen gehoumlren auch Soldaten wie der hl Martin Von Pannonien bis Gallien also vom heutigen Ungarn bis nach Frankreich spannt sich der Bogen seines Lebens und Wirshykens Als Patron der alten Dioumlzese Mainz die im Mittelalter zu den groumlszligten Kirchenprovinzen des Reishyches gehoumlrte verbreitete sich seishyne Verehrung Ober ganz MitteIeushyropa

Themen bzw Auftrag fOr eine Arbeitsgruppe oder einen GKSshyKreis koumlnnte die Erstellung von Texten fuumlr eine Gebetsstunde zur Verehrung europaumlischer Heiliger sein Wenn wir an die zahlreichen Friedensgebete waumlhrend des Golfshykrieges 1991 denken dann ist das Fehlen solcher Gebete waumlhrend des Kroatienkrieges beschaumlmend

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b Informationen Nie wurde so viel informiert wie heute aber auch nie so einseitig Betrachten wir die Informationsshybroschuumlre der EG schauen wir an was in Programmen der Erwachseshynenbildung geboten wird so finshyden wir wenig zum Thema der geistigen Grundlage Europas Die kirchliche Bildungsarbeit hat gute Angebote uumlber die Kirche in der Dritten Welt wenig aber uumlber den ehemals kommunistischen Teil unseres Kontinentes Aus der Unshykenntnis uumlber diese Gebiete resulshytiert auch die Hilflosigkeit mit der wir heute der Entwicklung im Osten begegnen Hier ist ein vershystaumlrktes Informationsangebot uumlber die Lage der Kirche im Osten Europas ein Gebot der Stunde In Vortraumlgen und Seminaren durch Besuche und Exkursionen (verbunshyden mit Wallfahrten) kann und muszlig die Geschichte und Kirchenshygeschichte Europas nahegebracht werden damit wir aus der Verganshygenheit lernen und die heutige Lage verstehen koumlnnen Die Oumlffshynung der Grenzen seit 1989 vor alshylem die Abschaffung der Visashypflicht fuumlr eine Reihe oumlstlicher Laumlnder bietet hier neue Chancen Auch wir im Westen werden beshyreichert wenn wir lernen und ershyfahren wie druumlben Kirche lebenshydig war und Christen unter oft exshytremen Bedingungen ihr Christshysein zu leben im Stande waren auch unter Opfern

Auch hier kann die GKS voranshygehen und Vortraumlge und Seminare

Auftrag 201

uumlber den Osten seine Kirchen und Kulturen anbieten In katholischen Laumlndern wie Polen Litauen oder Kroatien gibt es heute wieder kashytholische Militaumlrseelsorge Begegshynungen mit Kameraden aus den Laumlndern sind moumlglich Gemeinsashyme Wallfahrten zu den groszligen Wallfahrtsstaumltten sollen nicht auf Lourdes und Tschenstochau beshyschraumlnkt werden sondern koumlnnen bei guter Vorbereitung und sachshykundiger Fuumlhrung auch ins litaushyische Wilna zum Marienheiligtum im Tor der Morgenroumlte nach Maria Bistrica als dem Nationalheiligshytum der Kroaten oder nach Brezje dem slowenischen Lourdes bei Ljubljana (Laibach)

c Hilfe Schon 1977 stellten die Eurpaumlishy

sehen Bischoumlfe in ihrem gemeinshysamen Hirtenbrief fest Soziale Ungerechtigkeiten muumlssen beseishytigt werden Wir mOssen bereit sein staumlrker als bisher mit andeshyren zu teilen Als Christ handeln heiszligt der Habsucht und dem Machthunger entsagen und uneishygennuumltzig und ohne Erwartung eishynes Lohns fuumlr andere dasein Als Christ leben heiszligt so leben daszlig auch alle anderen leben koumlnnen

Die Sonderversammlung der Bishyschofssynode in Rom spricht von einer Herausforderung nicht nur fuumlr die einzelnen Christen und Geshymeinden sondern auch fuumlr die Staaten die auf humanere Weise aufgebaut werden muumlssen

165 Auftrag 201

Wir wissen daszlig nicht einmal in einer Familie Menschen miteinanshyder leben koumlnnen ohne dem Egoshyismus Zuumlgel anzulegen So wird es auch in Europa sein wo Entwickshylungshilfe kein Almosen sein darf sondern bruumlderliche Hilfe sein muszlig Diese Hilfe darf sich nicht nur auf das Materielle beschraumlnshyken sondern muszlig das Wichtigste sein was Europa zu geben hatte die Vermittlung der im christlishychen Glauben begruumlndeten und verwurzelten Grundwerte ohne die ein dauerhafter Friede nicht moumlgshylich ist

In Westeuropa haben Bischofsshykonferenzen und Pastoralsynoden Strategien der Neu-Evangelisieshyrung entwickelt Im Osten hatten die Kirchen nur die Kult-Freiheit Mission und Apostolat ja sogar karitative Taumltigkeit der Kirche war als religioumlse Propaganda verboten Laienmitarbeit in der Kirche war auszliger in der DDR in kaum einem ehemals kommunistischen Land moumlglich oft ganz untersagt Die Moumlglichkeiten der Kommunikashytion die wir heute haben werden dabei unsere Hilfe ermoumlglichen auch wenn dabei die vom Osten an uns im Westen herangetragenen Bitten unsere Kraumlfte zu uumlbersteishygen scheinen

Wie im wirtschaftlichen Bereich wird auch im missionarischen eine europaumlische Solidaritaumltsanstrenshygung noumltig sein Wie Bundeslaumlnshyder und politische Gemeinden muumlssen auch Pfarrgemeinden und Dioumlzesen Patenschaften uumlbernehshy

men ebenso Kloumlster Orden und katholische Verbaumlnde um den Bruumldern und Schwestern drOben zu helfen und die Evangelisierung zu ermoumlglichen

Diese Hilfe muszlig auch die GKS leisten durch Partnerschaft mit Kameraden im Osten oder Uumlbershynahme von Patenschaften fuumlr Geshymeinschaften katholischer Soldashyten in diesen Laumlndern In manchen Faumlllen wie in Ruszligland oder andeshyren Staaten der GUS koumlnnen GKSshyKreise humanitaumlre und sozial-karishytative Aktionen durchfuumlhren inshydem sie Lebensmittel- Kleidershyoder Medikamententransporte orshyganisieren Die Bundesgeschaumlftsshystelle in Bonn ist dabei bei der Vershymittlung von Kontakten und Adresshysen behilflich

Die Zukunft liegt in der Zusammenarbeit Auf jeden Fall wird das Christenshytum beim Mitbau Europas daran gemessen werden wie Christen miteinander umgehen Die Bishyschofsversammlung in Rom hat klar betont daszlig die Neuevangelishysierung Europas das gemeinsame Werk aller Christen ist und wie sehr davon die Glaubwuumlrdigkeit der Kirchen im neuen Europa abshyhaumlngt Die fuumlnfte oumlkumenische Versammlung in Santiago hoffte daszlig Gott uns faumlhig macht auf unshyserem Kontinent ein gemeinsames ZeugniS zu geben Im Abschluszligshybericht heiszligt es daszlig die derzeitige Entwicklung in Europa neue Ausshydrucksformen unseres christlishy

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chen Zeugnisses verlangt und ofshyfene Fragen stellt

Wie koumlnnen wir in Anbetracht der groszligen intellektuellen Stroumlshymungen im heutigen Europa zur Inkulturation des christlishychen Lebens beitragen und so die Vitalitaumlt des Evangelismus unter Beweis stellen Wie koumlnnen wir in die groszligen ethischen Streitgespraumlche im heutigen Europa eingreifen Wie koumlnnen wir der Gefahr eishynes Eurozentrismus entrinnen der unsere weltweite Solidarishytaumlt untergraumlbt Wie koumlnnen wir die positiven Werte nationaler Identitaumlt unshyterstuumltzen und zugleich den Zerrformen eines uumlberzogenen Nationalismus entgegentreshyten

Nur in einem Rahmen und in eimiddot nem Klima der Liebe hat sich die Evangelisation in Europa zu vollshyziehen Gerade in einer Zeit in der in vielen Teilen der Welt der relishygioumlse Faktor Konflikte zu radikalishysieren droht statt sie zu mildern sind oumlkumenischer Frieden und Zusammenarbeit ein Gebot der Stunde

Rudolf Grulich

Anhang

Weiterfuumlhrende Literatur a) Kirchliche Dokumente - Allgemeines Katechetisches Direktoshy

rium vom 11 April 1971 - Apostolisches Schreiben Evangelii

Nuntiandi Papst Pauls VI an den Epi-

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skopat den Klerus und alle Glaumlubigen der Katholischen Kirche Ober die Evanshygelisierung in der Welt von heute vom 8 Dezember 1975

- Apostolisches Schreiben Catechesi Tradendae Papst Johannes Pauls 11 Ober die Katechese in unserer Zeit vom 16 Oktober 1979

alle in Nachkonziliare Texte zu Katechese und Religionsunterricht - Arbeitshilfen 66 hrsg vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz Kaiserstraszlige 163 5300 Bonn 1 Bonn 1989

- Rundschreiben Slavorum Apostoli von Papst Johannes Paul 11 an die Bimiddot schoumlfe die Priester die Ordensgemeinmiddot schatten und alle Glaumlubigen in Erinneshyrung an das Werk der Evangelisierung der heiligen Cyrill und Method vor 1100 Jahren vom 2 Juni 1985 (= Verlautbamiddot rungen des Apostolischen Stuhls 65 hrsg vom Sekretariat der Deutschen Bimiddot schofskonferenz Kaiserstr 163 5300 Bonn 1 Bonn 1985) Enzyklika Redemptoris Missio Papst Johannes Pauls 11 uumlber die fortdauernmiddot de Guumlltigkeit des missionarischen Aufmiddot trages vom 7 Dezember 1990 (= Vermiddot lautbarungen des Apostolischen Stuhls 100) Was heiszligt Neu-Evangelisierung Euromiddot pas Hirtenwort des Bischofs von Mainz DDr Karl Lehmann zur oumlsterlishychen Buszligzeit 1991 Dialog und VerkOndigung Uumlberlegunmiddot gen und Orientierungen zum Interrelimiddot gioumlsen Dialog und zur Verkundigung des Evangeliums Jesu Christi Hg vom Paumlpstlichen Rat fuumlr den Interreligioumlsen Dialog veroumlffentlicht am 1905 1991 (= Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 102) Auf Dein Wort Austausch Erkundung und gemeinsame Uumlberlegungen im Eushyropa von heute FOnfte Europaumlische oumlkumenische Begegnung Santiago 1991 Damit wir Zeugen Christi sind der uns befreit hat Erklaumlrung der Bischofssynshyode - Sonderversammlung fOr Europa vom 13 Dezember 1991

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b) Ausgewaumlhlte Literatur - Evangelisation in der Welt von heute

Themenhefte der Zeitschrift Concimiddot lium Nr 134 Mainz 1978

- Cyrill und Method - SChutzpatrone Eumiddot ropas Beitraumlge 5 Kleine Reihe des Inmiddot stitutum Bohemicum Muumlnchen 1981 W Hering (Hg) Aspekte der Evangelimiddot sierung Erfahrungen und Aufgaben Umburg 1989

- Evangelisierung Themenheft der Zeitmiddot schrift Lebendige Katechese Beihefmiddot te zur Lebendigen Seelsorge 11 Jahrmiddot gang Dezember 1989

- W Klaiber Ruf und Antwort Biblische Grundlagen einer Theologie der Evangemiddot lisation StuttgartmiddotNeunkirchenmiddotVluyn 1990 Der Verfasser ist Bischof der Evangelischmiddotmethodistischen Kirche

Wehrbereich 11 shyVerabschiedung Wehrbereichsdekan Dr Eduard Quiter

Aufgrund der positiven Erfahmiddot rung sollte an dem bestehenden Konzept der Militaumlrseelsorge um der Menschen willen festgehalten werden hat Weihbischof Heinrich Pachowiak von Hildesheim am 10031992 in Hannover gefordert Seine Ansprache hatte folgenden Wortlaut

Mit Ablauf dieses Monats wershyden Sie in den Ruhestand treten Ich darf Ihnen im Namen des Bishyschofs von Hildesheim Dr Josef Homeyer sowie im Namen des Bishyschofs von Osnabruumlck Dr Ludwig

Averkamp und des Officials in Vechta Dr Max Georg Freiherr von Twickel die z Zt alte bei der Fruumlhjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Freising sind herzliche Gruumlszlige uumlberbringen Zugleich danken Ihmiddot nen die Bischoumlfe fuumlr ihren durch viele Jahre waumlhrenden Einsatz in der Militaumlrseelsorge Der Wehrbeshyreich 11 umfaszligt ja die Laumlnder Nieshydersachsen und Bremen Sie hashyben sich als Wehrdienstdekan imshymer in guter Zusammenarbeit mit den zustaumlndigen Ordinaten beshymuumlht die Militaumlrseelsorge aufzushybauen und durchzutragen

Sehr geehrte Damen und Hershyren es ist ein unumstrittener Grundsatz daszlig der Soldat ein Recht auf Seesorge hat Dieses allgemeine Recht findet seine Beshystaumltigung in den Rechtsgrundlashygen und Organisationsstrukturen der Militaumlrseelsorge Aus der Sicht der katholischen Bischoumlfe haben sich diese bewaumlhrt und beduumlrfen daher auch keiner Veraumlnderung

Dabei kennt die Militaumlrseelsorge den Militaumlrgeistlichen im Hauptshyamt und den Militaumlrgeistlichen im Nebenamt Beide ergaumlnzen einanshyder Aber damit das geschehen kann bedarf es - um es einmal so auszudruumlcken - eines Mindestshymaszliges an hauptamtlicher Orgashynisation der Militaumlrseelsorge Im Lebenskundlichen Unterricht in der Arbeitsgemeinschaft fuumlr Offishyziere und Unteroffiziere in den Beshysuchen unmittelbar am Arbeitsshyplatz des Soldaten in Kaserne

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Uumlbungsplatz und Manoumlver eroumlffnet sich fOr den Seelsorger ein weites Feld ein Feld das ohne den Seelshysorger der unmittelbar der Truppe zugeordnet ist sinnvoll nicht abshygedeckt werden kann Wir braushychen daher den Militaumlrseelsorger im Hauptamt

Ich selbst habe bei meiner mehr als 20jaumlhrigen Taumltigkeit als Beaufshytragter der Deutschen Bischofsshykonferenz fOr die katholische Seeishysorge im Bundesgrenzschutz eine ganz aumlhnliche Erfahrung gemacht Natuumlrlich kenne ich den Untershyschied zwischen Bundeswehr und Bundesgrenzschutz sowohl in der Aufgabensteilung in der Struktur wie auch in der politischen Anbinshydung und vor allem auch in der Groumlszligenordnung Aber es ist nicht zu leugnen daszlig bei Verbaumlnden die truppen maumlszligigen Charakter haben die Seelsorger in moumlglichst enger Verbindung zur Truppe ihren Dienst tun sollten damit sie das Leben der Truppe auch von innen her kennen und nicht nur solche sind die eben doch nur gelegentshylich dazu kommen koumlnnen Dabei verkenne ich den Wert und die Vershydienste der Militaumlrseelsorger im Nebenamt keineswegs und es ist dankenswert daszlig auch Pfarrer die mit der Seelsorge in ihrer Gemeinshyde oft mehr als ausgelastet sind zusaumltzlich den Dienst als nebenshyamtliche Militaumlrseelsorger zu leisten bereit sind

Die Gestaltung des Lebensshykund lichen Unterrichtes die Beshygegnung in Arbeitsgemeinschaf-

Auftrag 201

ten die Bemuumlhung den Soldaten auch in seinem ureigensten Beshyreich wie nicht zuletzt auch durch eigene Militaumlrgottesdienste anzushysprechen mag aumluszligerlich meszligbar sein Aber es gibt einen weiten Beshyreich der sich nicht niederschlashygen kann in Zahlen und Statistishyken Gerade da wo der einzelne als einzelner angenommen wird mit seinen - vielleicht sehr geheishymen - Fragen Noumlten und Sorgen ist Seelsorge nicht mehr aumluszligerlich meszligbar Aber sie ist notwendig

Unsere Militaumlrpfarrer moumlchten ihren Dienst tun fOr das Ganze und fuumlr den einzelnen und sie moumlchten es tun in guter Partnerschaft Dashybei kommt der guten und bewaumlhrshyten Zusammenarbeit der Seelsorshyger beider Konfessionen ein beshysonderes Gewicht zu Die gegenshyseitige Hilfe und Unterstuumltzung ist von einem ganz groszligen Wert Muszlig betont werden daszlig es bei all dem nicht um moralische Aufruumlstung gehen kann damit ein geringfOgishyges Werkzeug staatlicher Gewalt zur Verfuumlgung steht Es geht um das schon eingangs erwaumlhnte Recht des Soldaten auf Seelsorge In der Ausuumlbung ihrer Seelsorge sind die Militaumlrpfarrer an staatlishyche Weisungen nicht gebunden sondern sind ausschlieszliglich ihren kirchlichen Vorgesetzten verantshywortlich

Wenn wir heute einen Militaumlrshyseelsorger verabschieden so tun wir es mit groszliger Dankbarkeit fuumlr seinen Dienst in den vergangenen Jahren ja Jahrzehnten Der Dank

169 Auftrag 201

moumlge aber auch allen Militaumlrseelshysorgern gelten die unverdrossen ihren Dienst tun Der Dank gilt auch all denen die ihnen dabei helfen und nicht zuletzt denen die durch ihr Verstaumlndnis und ihre Akshytivitaumlt an einer fruchtbaren Militaumlrshyseelsorge mitgewirkt haben Die Zukunft mag vielleicht manche Veraumlnderung bringen Die bewaumlhrshyten Rechtsgrundlagen und erprobshyten Organisationsstrukturen der Militaumlrseelsorge sollten alle Vershyaumlnderungen uumlberleben - um der Menschen willen

(aus NIMM Nr 9 vom 19031992)

Ehrung fuumlr Oberst a D Fettweis

Mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande fOr seine Verdienste um das Allgemeinwohl wurde Oberst a D Helmut Fettweis (71) ausgeshyzeichnet Seit mehr als 25 Jahren vertritt der Geehrte die ethischen Grundlagen des Soldatenberufs in den Medien Zudem waren seine ehrenamtlichen Taumltigkeiten mit Grund fuumlr die hohe Auszeichnung So war der am 1 Juni 1920 in Duumlsshyseldorf geborene Offizier 1961 Mitshybegruumlnder des Koumlnigsteiner Offishyzier Kreises (KOK) ab 1962 im Bundesvorstand des KOK der 1970 zur Gemeinschaft Katholishyscher Soldaten (GKS) erweitert wurde Er wirkte bei den Koumlnigshy

steiner Offiziersbriefen mit engashygierte sich in der Katholischen Laishyen- und Pressearbeit betonte die Bonner Buumlrgermeisterin Waltraud Christians bei der Verleihung

Aber auch seine Unterstuumltzung fuumlr die Militaumlrseelsorge und seine Verdienste um den Auftrag sollen nicht vergessen sein Zeichen dashyfuumlr war die 200 Nummer des Aufshytrags im Januar dieses Jahres Wahrlich ein stolzes Jubilaumlum in 32 Jahren Wir gratulieren Oberst a D Helmut Fettweis zur Ausshyzeichnung und wuumlnschen ihm Gotshytes Segen sowie noch eine lange Schaffenskraft

(aus Kompaszlig Nr 4 v 07 02 1992 Red)

Festakademie Weltshyfriedenstag 9 Januar 1992 in Bonn Begruumlszligungsansprache Exzellenz meine sehr verehrten Damen und Herren liebe Kameraden Freunde und Mitglieder der GKS

Am 1 Januar 1992 jaumlhrte sich zum 25 Male der einst von Papst Paul VI eingerichtete und seither jaumlhrlich in der ganzen Weltkirche begangenemiddot Welttag des Friedens Wir katholischen Soldaten nehshymen seit Jahren diesen Tag zum

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Anlaszlig um in vielfaumlltiger Art und Weise uns auf die Aufgabe zu beshysinnen den Frieden in der Welt zu foumlrdern

Wir die Gemeinschaft Katholishyscher Soldaten Bonn begehen den Welttag des Friedens 1992 trotz des bedruumlckenden Krieges im zerbrechenden Jugoslawien trotz der in der Weltoumlffentlichkeit fast vergessenen Kriegen in den andeshyren Regionen dieser Welt trotz der Not und des Elends in den armen Laumlndern dieser Welt in einer Zeit groszliger Hoffnungen Nachdem der militante atheistische Staatssoshyzialismus sowjetischer Praumlgung zusammengebrochen ist und sich im Osten allmaumlhlich neue Demoshykratien herausbilden waumlchst die Zuversicht daszlig der uumlberwundene Ost-West-Konflikt Kraumlfte mobilishysieren koumlnnte die sich verstaumlrkt dem Aufbau einer friedlicheren Welt widmen daszlig die nun eingeleishyteten Abruumlstungsmaszlignahmen Mitshytel freisetzen moumlgen die mehr als bisher zur Linderung von Not und Elend eingesetzt werden daszlig sich bei den Verantwortlichen der Nashytionen die Einsicht in die gemeinshysame Verantwortung fuumlr die Erhalshytung der Schoumlpfung durchsetzt

Wenn uns in diesem Jahr der Heilige Vater dazu aufruft mit den Glaumlubigen aller Religionen vershyeint fOr den Aufbau des Friedens taumltig zu sein stellt sich fuumlr uns die Frage nach den praktischen Konshysequenzen dieses Aufrufs Wo und wie koumlnnen wir Christen und BOrshyger unseres Staates Friedensstifshy

ter in diesem Sinne sein Wo und wie koumlnnen wir daruumlber hinaus als Soldaten der Bundesrepublik Deutschland gemeinsam mit den Glaumlubigen anderer Religionen am Aufbau des Friedens mitwirken Stellt dieser Aufruf nicht letzIich eine Uumlberforderung unserer beshygrenzten Kraumlfte und Mittel dar

Wir wollen heute daruumlber nachshydenken und versuchen Antworten zu finden Es ist uns als Gemeinshyschaft Katholischer Soldaten eine groszlige Ehre daszlig Sie sehr verehrter Herr Erzbischof sich bereit erklaumlrt haben uns Ihre Gedanken zur diesjaumlhrigen Botschaft des Heilishygen Vaters darzulegen und mit uns uumlber die Bedingungen und Moumlgshylichkeiten des Aufbaus einer friedshylichen Welt nachzudenken Ich beshygruumlszlige Sie recht herzlich in unseshyrem Kreis

Unsere Festakademie soll dazu dienen mit allen die guten Wilshylens sind zu Jahresbeginn kurz inshynezuhalten zu reflektieren und dann gestaumlrkt uns den Herausforshyderungen des neuen Jahres zu stellen Wir haben dazu wiederum Gaumlste aus Politik Kirche Verwalmiddot tung Verbaumlnden Organisationen Schulen und natuumlrlich nicht zuletzt der Bundeswehr eingeladen Ich heiszlige Sie alle recht herzlich willshykommen

Gestatten Sie mi r stellvertreshytend fuumlr Sie alle die ich nicht einshyzeln begruumlszligen kann besonders willkommen zu heiszligen - den Abteilungsleiter ROstungsshy

projekte

171 Auftrag 201

Herrn Ministerialdirektor Dr Wolfgang Burr

- den Chef des Fuumlhrungsstabes der Streitkraumlfte Herrn Generalmajor Peter Haarmiddot haus

- den Chef des Fuumlhrungsstabes des Heeres Herrn Generalmajor Winfried Weick

- den Chef des Fuumlhrungsstabes der Luftwaffe Herrn Generalmajor Detlef Wiemiddot bel

- als Vertreter des Inspekteurs der Marine Herrn Kapitaumln zur See Willi Reiss

- den Amtschef des Sanitaumltsamshytes der Bundeswehr Herrn Generalstabsarzt Dr Volmiddot ker Gabarek

- den ehemaligen Oberkommanshydierenden der NATO-Streitkraumlfshyte Europa Mitte Herrn General a D FranzmiddotJomiddot seph Schulz und mit Ihnen alle aktiven und ehemaligen SOldaten der Bunshydeswehr

Aus dem kirchlichen Bereich beshygruumlBe ich - den Leiter des Katholischen Mishy

I itaumlrbischofsamtes Herrn Militaumlrgeneralvikar Dr Ernst Niermann

- als Vertreter des evangelischen Mi I itaumlrgeneraldekans Herrn Militaumlrdekan P Lothar Matz

- den evangelischen Standortshypfarrer Bonn

Herrn Militaumlrpfarrer Horst Ritmiddot ter

und mit Ihnen alle Angehoumlrigen des Katholischen Militaumlrbischofsshyamtes und Generalvikariats des Katholischen Militaumlrbischofs der Bundeswehr des evangelischen Kirchenamts sowie alle evangelishyschen Christen der Bundeswehr

Es ist mir auch eine besondere Freude - den Vorsitzenden der Zentralen

Versammlung der Katholischen Soldaten Herrn Oberstleutnant Heinrich Havermann

- den Praumlsidenten des Apostolat Militaire International Herrn Oberst i G Juumlrgen Bringshymann

- unseren Bundesvorsitzenden Herrn Oberstleutnant i G Paul Schulz

- den Vorsitzenden des Katholishykenrates Bonn Herrn Oberst a D Helmut Fettmiddot weis

- die Stadtvorsitzende der Kath Frauengemei nschaft Deutschshylands Frau Ingrid Golas willkommen zu heiBen

Als Vertreter uns nahe stehenshyder Verbaumlnde und Organisationen begruumlBe ich daruumlber hinaus - als Vertreter des Bundesvorsitshy

zenden des Deutschen Bundesshyweh rverbandes Herrn Leutnant d R Michael Althoff und Frau Barbara Koumlnitz

- Hauptgeschaumlftsfuumlhrerin der

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Deutschen Atlantischen Geshysellschaft

Mit einschlieszligen in die Begruumlshyszligung moumlchte ich - die Teilnehmer aus den beshy

nachbarten GKS-Kreisen - die Angehoumlrigen der Presse und nicht zuletzt - den Hausherrn des Collegium

Josephinum Herrn Pater Dietger Demuth

Ich bitte um Nachsicht sollte ich jetzt den einen oder anderen Vertreter einer Behoumlrde eines Vershybandes oder Organisation in meishyner namentlichen Begruumlszligung vershygessen haben Ihnen allen gilt zum Schluszlig mein ganz besonderer Willshykommensgruszlig

Lassen Sie mich an dieser Stelle noch einmal unseren heutigen Ehshyrengast den ApostolisChen Nunshytius in Deutschland Herrn Erzbishyschof Dr Lajos Kada begruumlszligen und Ihnen Exzellenz nun das Wort erteilen

Paul E Vosseler

Festvortrag von Erzbischof Dr Lajos Kada Apostolischer Nuntius

Liebe MitbrOder sehr geehrte Damen und Herren

Seit 25 Jahren begeht die kathoshylische Kirche Anfang Januar den Weltfriedenstag Seit 25 Jahren wendet sich der Papst mit einer Botschaft die an den Friedensshyauftrag der Kirche und jedes ehri-

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sten erinnert an Glaubende und an alle Menschen guten Willens

Aus einer Zusammenstellung dieser Botschaften entstaumlnde ein ausfuumlhrlicher Traktat uumlber die vielshyfaumlltigen Aspekte des Friedens und uumlber die Wege die zum Frieden fuumlhren Wie diese paumlpstlichen Frieshydensbotschaften unter verschieshydenartigen Perspektiven ihr Theshyma behandeln zeigen schon die Titel der letzten Jahre Entwickshylung und Solidaritaumlt zwei Schluumlssel zu Frieden (1987) Relishygionsfreiheit - Bedingung fuumlr friedliches Zusammenleben (1988) Um Frieden zu schaffen Minderheiten achten (1989) Frieshyde mit Gott dem Schoumlpfer Friede mit der ganzen Schoumlpfung (1990) Wenn Du den Frieden willst achshyte das Gewissen jedes Menschen (1991)

In einer Situation in der so viele konkrete Friedensaufgaben draumlnshygen nimmt der Papst nicht so unshymittelbar unnd direkt zu den aktuelshylen Problemen Stellung wie man nach seinen Aumluszligerungen zum Golfkrieg oder zum schlimmen Konflikt in Jugoslawien erwarten koumlnnte Vielmehr laumldt er ein die aktuellen Friedensaufgaben beshywuszligt aus einer vertieften Perspekshytive anzugehen Sie werden von eishynem Punkt her beleuchtet den gutshygemeinte Geschaumlftigkeit leicht uumlbersieht der dennoch das Werk des Friedens zutiefst bedingt In einem fuumlr die ganze Botschaft trashygenden Begriff wird diese Perspekshytive deutlich Die Ereignisse die

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sich um uns herum in atemberaushybender Geschwindigkeit entwikshykein werden in eine houmlhere sittshylich-religioumlse Schau gebracht Dies ist gewiszlig nicht zufaumlllig Und bei naumlherem Hinschauen paszligt es sehr wohl in die neue politische Landschaft betrifft sogar die groshyszligen pOlitischen Friedensherausshyforderungen in ihrem Kern

Mit einigen Uumlberlegungen zur gegenwaumlrtigen politischen Lage darf ich beginnen Zwar ist der OstshyWest-Konflikt der nicht nur in Eushyropa sondern in der ganzen Welt die politischen und geistigen Ausshyeinandersetzungen der letzten Jahrzehnte entscheidend praumlgte grundsaumltzlich beendet Aber die Folgen werden noch lange zu spuumlshyren sein Das Ende der Konfronshytation hat alle ehemaligen Kontrashyhenten in die Krisis gebracht das heiszligt vor grundlegende Entshyscheidungen gestellt

Die loumlsung all der praktischen Probleme von der Bewaumlltigung der Arbeitslosigkeit bis zur Uumlberleshybenshilfe fuumlr weite Teile Osteuroshypas wird zutiefst damit zusammenshyhaumlngen ob und in welchem Maszlige sich die neue politische Ordnung Europas und der Welt an der gleishychen Wuumlrde aller Menschen an Recht auf Selbstbestimmung aller Voumllker und an der Verpflichtung zu einem umfassenden Gemeinwohl orientiert Dies aber wird nicht nur von den Politikern abhaumlngen sonshydern auch von den Buumlrgern und dashyvon was ihnen die universale Menshyschenwuumlrde bedeutet wie tief sie

sich mit deren Konsequenzen identifizieren und gereChte Politik nicht als Zumutung und Verarshymung erleben

Wie soll ein auch im Westen vershybreiteter Immanentismus hier Antshyworten bereitstellen Er haumllt comshymon sense fuumlr genuumlgend Entshyscheidend und hinreichend seien praktikable Verfahren auf die man sich einige Im uumlbrigen defishyniere Politik sich als die Faumlhigkeit eigene Interessen effizient durchshyzusetzen Letzte Fragen nach Wahrheit und Gerechtigkeit nach Grund und Umfang sittlicher Vershypflichtung nach Tugend und lashyster nach Haszlig oder Liebe seien beliebige Privatsache fOr effektive Friedenspolitik gar abtraumlglich da sie Interessen- in Wertekonflikte verwandelten wenn nicht gar zu Glaubenskriegen eskalieren lieshyszligen Wer seinen Glauben oumlffentshylich bekennt wer politische oder oumlkonomische Konsequenzen aus ihm oumlffentlich aumluszligert wird in manshychen Kreisen bereits als Fundashymentalismus-gefaumlhrdet betrachshytet

Auch in der ehemals kommunishystischen Welt treffen wir auf die Krisis die Notwendigkeit sich neu zu entscheiden Nach dem Zushysammenbruch der kommunistishyschen Regime in Osteuropa bleibt in den Koumlpfen vieler unserer Mitshybuumlrger ein Zusammenhang zwishyschen Glauben und engagierter Friedensarbeit uneinsichtig In dieser Situation sind Systeme geshyfragt von denen grundlegendes

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menschliches Sinn- und ethisches Orientierungswissen erwartet wershyden kann Und hier steht die Kirshyche stehen die Kirchen und die Weltreligionen vor der Aufgabe die immer schon ihre eigene raishyson detre ausmachte Darum der Aufruf an uns Glaumlubige uns der Eigenart unseres Friedensengageshyments bewuszligt zu werden die unshyserem Glauben entstammt und dafuumlr Zeugnis abzulegen

Auf diesem Hintergrund stellen sich mir drei Fragen 1 In welchem Verhaumlltnis sehen wir unser FrieshydensbemOhen mit unserem Glaushyben 2 Wie deuten wir jene die unseren Glauben nicht teilen mit denen wir aber in einem umfassenshyden Friedensprozeszlig notwendigershyweise kooperieren muumlssen 3 Wie gelingen uns gemeinsame Schritte zum Frieden hin

1 Der Friede Gottes der alle Vershynunft uumlbersteigt (Phi 24) ist Funshydament christlicher Friedensbemiddot muumlhungen

Was motivierte den heiligen Pashyter Maximilian Kolbe sein Leben tor einen Familienvater einzusetshyzen Es war nicht das rein quantishytative Kalkuumll daszlig der Mitgefangeshyne tOr Frau und Kinder zu sorgen hatte Als Pater Kolbe freiwillig in den Hungerbunker des Konzentrashytionslager Auschwitz ging beshystimmte ihn die feste Uumlberzeushygung Jesus Christus hat durch sein Leben seinen Kreuzestod und seine Auferstehung radikal

den Haszlig und das Unrecht unserer Welt uumlberwunden

Christlicher Friedenseinsatz naumlhrt sich aus der Glaubensgewiszligshyheit daszlig wir als Werkzeuge seishynes Friedens nicht nur unsere nashytuumlrliche menschliche Kraft anzbieshyten haben nicht nur unsere moralishysche Faumlhigkeit zu einer gerechten tapferen maszligvollen und klugen Lebensfuumlhrung Die Herrschaft Gottes uumlber Jahrhunderte vom Volk Israel erwartet ist unter uns Wirklichkeit geworden Das Reich Gottes ist Realitaumlt in der Geshyschichte der Menschen Und es kam zu uns aus Gnade als Angeshybot zuvorkommender goumlttlicher Liebe nicht aufgrund unserer moshyralischer Vorleistung

Dies wird deutlich in Lehre und Praxis Jesu Die Armen und Hunshygernden preist er selig denn ihshynen gehoumlrt das Himmelreich Ihshynen wird das Reich angeboten von denen niemand unterstellt daszlig sie es sich verdient haumltten Der Gott den Jesus verkOndigt beschenkt bewuszligt Arme und Unshyterdruumlckte Und zu Zoumlllnern und SOndern gesellt sich Jesus sehr zum Miszliggefalien der Angesehenen und der Groszligen Wiederum wird die Art deutlich wie Gottes Herrshyschaft innerlich ansetzt - als zushyvorkommende Liebe und vorausshysetzungslose Barmherzigkeit geshygenuumlber allen

Das Gleichnis vom unbarmherzishygen Knecht macht deutlich weishyche Handlungskonsequenzen es hat wenn man sich dieser frohen

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Botschaft in Glauben und Hoffshynung anvertraut Der Knecht kann nicht die Barmherzigkeit seines Herrn in Anspruch nehmen und zushygleich gegenuumlber seinem Mitshyknecht unbarmherzig verbleiben

Doch das Reich Gottes uumlberforshydert unsere Kraumlfte nicht Die Liebe Gottes ist eingegossen in unsere Herzen Ein neues Herz ermaumlchshytigt uns zu einer neuen Praxis

Hier knuumlpft die diesjaumlhrige Frieshydensbotschaft des Heiligen Vaters an Dem Frieden sind Glaumlubige in Zeugnis Tat und Gebet verpflichshytet wollen sie nicht die innere Koshyhaumlrenz ihres Glaubens gefaumlhrden und in jenem Widerspruch des unshybarmherzigen Knechtes enden der Barmherzigkeit empfangen wollte ohne selbst barmherzig zu werden

Breiten Raum nimmt in der Botshyschaft gerade das Gebet ein Und das hat seinen guten Grund Im Gebet verbleibt Innerlichkeit nicht Selbstzweck Vielmehr erfahren wir in dieser Vertiefung Motivashytion Orientierung und Kraft fuumlr weiteres Friedenshandeln

Einer Welt in der Gott selbst sich durch die Inkarnation seines Sohnes engagierte schuldete auch der Glaumlubige volles Engageshyment Glaumlubige setzen sich fuumlr den Frieden ein nicht obwohl sondern weil sie an Gott glauben In der beshytenden Begegnung mit Gott erfahshyren sie den tiefsten Grund ihres weltlichen Einsatzes

Die Spannung zwischen grundshylegender sittlicher Pflicht und allshy

taumlglicher Praxis wird gerade im Gebet zum Thema Vor Gott dem Herrn und Vater aller (S 8) werden dem Beter die Distanzen zum Proshyblem in die Menschen sich zueinshyander begeben die Ausgrenzen und Gruppierungen in denen sie sich gefangen halten Es wird der Widerspruch deutlich daszlig Gott dessen Naumlhe sucht von dem ich mich entferne daszlig Gott den in sein Reich ruft den ich uumlbersehe Die Botschaft hat recht im Gebet werden Ungleichheiten Unvershystaumlndnis Groll und Feindseligkeishyten uumlberwunden (S 8)

Schlieszliglich werden Kleinmut oder gar Mutlosigkeit im Gebet als das erkannt und uumlberwunden was sie fuumlr einen Glaumlubigen sind Zweishyfel am goumlttlichen Heilswillen Vershytrauensverlust gegenuumlber der Beshygnadigung durch Glaube Hoffshynung und Liebe Verweltlichung ais ob es Gott nicht gaumlbe Wie den Propheten des Alten Testashymentes wird uns im Gebete beshywuszligt daszlig nicht menschliche Sprachgewalt und Gestaltungsshykraft Garant des Weltfriedens sind sondern daszlig uns goumlttliche Kraft geschenkt und anvertraut ist Diese Erfahrung gibt uns Mut und Halt

Das Gebet fuumlhrt uns nun auch zur zweiten Frage die wir uns oben gestellt haben In der Frieshydensbotschaft 1992 spielt das geshymeinsame Friedensgebet von Asshysisi eine gewichtige Rolle Dort trashyfen sich auf Einladung des Heilishygen Vaters am 27 Oktober 1987

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hohe Repraumlsentanten der groszligen Weltreligionen zum Gebet Daszlig dies auch ein hohes Politikum ausshymachte haben die Medien weltshyweit erkannt Wenn an der Frieshydenspolitik Glaumlubige und Nichtshyglaumlubige beteiligt sind muumlssen wir Christen uns fragen auf weishycher Basis wir mit allen zusamshymenarbeiten koumlnnen ohne daszlig unshyser Glaube Christus ist unser Friede bedeutungslos wuumlrde

2 Alle Menschen sind verpflichtet den Frieden zu erstreben

Die Friedensbotschaft 1992 lenkt den Blick auf zutiefst Verbinshydendes aller Religionen und aller Menschen Die Aussage Frieden zu bezeugen fuumlr ihn taumltig zu sein und zu beten ist einem kohaumlrenshyten religioumlsen Verhalten eigen (5 5) gilt also nicht nur fuumlr christlishychen Glauben Im Hinweis auf den zentralen Stellenwert von shashy10m im Judentum und von sashylam im Islam sehen wir hierfuumlr den ersten Beleg Diese Linie fuumlhrt geradewegs zum gemeinsamen Gebet in Assisi Die Glaumlubigen alshyler Weltreligionen beten um den Frieden und stehen so vor Gott Und die Botschaft geht noch einen Schritt weiter indem sie an die Erklaumlrung uumlber das Verhaumlltnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen des Zweiten Vatikanishyschen Konzils erinnert

Dort hatten die Konzilsvaumlter geshylehrt daszlig auch andere Religionen nicht selten einen Strahl jener

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Wahrheit erkennen lassen die alle Menschen erleuchtet (5 8) Darshyum fordert christlicher Glaube nicht die Ablehnung all dessen was anderen Religionen wahr und heilig ist Sehr wohl aber - und so faumlhrt die Konzilserklaumlrung fort - massen wir Christus vershykuumlnden und bezeugen in dem die Menschen die Falle des religioumlsen Lebens finden in dem Gott alles mit sich versoumlhnt hat Unser Glaushybe lebt nicht aus der Negation anshyderer Religionen sondern weiszlig sich als Fuumllle dessen was dort ein Stuumlck weit auch vorhanden ist In vollem Wissen um das Trennenshyde wird schon in der Konzilserklaumlshyrung unsere Aufmerksamkeit auf das Gemeinsame gelenkt Diese Richtung verfolgt auch die Frieshydensbotschaft 1992

Sie zeugt so von der begruumlndeshyten Hoffnung in einer eher pessishymistischen Welt Und wie sie uns Christen zu einer houmlheren sittlichshyreligioumlsen Schau der Friedensaufshygabe einlaumldt so auch alle Glaumlubishygen Indem sich die Religionen parteilicher und politischer Instrushymentalisierung entziehen (vgl S 9) sich uumlber ihre religioumlsen Fundashymente austauschen und dort Geshymeinsamkeiten entdecken erbrinshygen sie einen spezifischen Beitrag zum Frieden

Die Botschaft 1992 ist zwar an die Glaumlubigen adressiert doch anshydere Menschen guten Willens bleiben nicht unerwaumlhnt Mehr als eine schoumlne Floskel ist die Aussashyge daszlig der Einsatz tuumlr den Frieshy

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den jeden Menschen guten Wilshylens (betrifft) (S 4) Sie wird theoshylogisch begruumlndet Das Streben nach Frieden ist der menschlichen Natur angeboren (S 4) Entshyscheidende Friedenswerte werden bereits vom Naturgesetz empfohshylen Sie sind nicht Arkanwissen der Religionen werden von diesen vielmehr in Erinnerung gerufen (S 5) Diese tiefste Einheit aller Menschen ist nicht Ergebnis empishyrischer Feldforschung Sie ergibt sich aus dem Glauben an den Schoumlpfergott der den Menschen nach seinem Bild geformt hat Und Bild (imago) Gottes ist auch der gefallene Mensch geblieben wenngleich er in der Suumlnde der Gottaumlhnlichkeit (similitudo) vershylustig ging

So wird die diesjaumlhrige Frieshydensbotschaft gepraumlgt durch ein dreistufiges Modelt in dem nieshymand als friedensuntauglich abgeshyschrieben wird Alte Menschen gushyten Willens - die Glaumlubigen - wir Christen Selbstverstaumlndlich wird ein Atheist oder ein Moslem dieshyses Modell anders schichten Dies sei ihm unbenommen wenn er nur die je anderen nicht zum Feind des Friedens erklaumlrt sondern ihnen auch in seinem Denk- und Glaushybenssystem einen Platz einraumlumt der Respekt und gemeinsames Handeln hin zum Frieden ermoumlgshylicht Darum darf die neuerliche Einschaumlrfung der Religionsfreiheit (vgl S 11 f) in dieser Botschaft nicht fehlen

Das dreistufige Modell jedenshy

falls praumlgt die Botschaft Als Menschen als Glaumlubige und mehr noch als Christen muumlssen wir uns verpflichtet fuumlhlen diese Werte der Gerechtigkeit zu leben die in dem obersten Gebot der Liebe ihre Kroumlnung finden Liebe deinen Naumlchsten wie dich selbst (Mt 2239 Mk 1231 Lk 1027) Alle sind verpflichtet zu einem Leben der Gerechtigkeit und der Liebe Christen am meisten da die Nachshyfolge des liebenden und barmhershyzigen Gottes zum Kern ihrer Botshyschaft gehoumlrt

Daher koumlnnen wir die dritte Frashyge nach unserer Friedenspraxis anschlieszligen

3 Gemeinsam den Frieden in Geshyrechtigkeit bauen

Friedenspraxis muszlig sich mit den Problemen und berechtigten Beshystrebungen der Menschen und der Voumllker (S 11) befassen Dem kann jedermann zustimmen Dasselbe gilt auch wenn es schon konkreter heiszligt Bei der Friedensarbeit gehe es um die Achtung und Fordeshyrung der wesentlichen Werte des Menschen Und dann werden sie genannt - nicht in Anlehnung an einen der gaumlngigen Menschenshyrechtskataloge sondern offenshysichttlieh in bewuszligter Akzentsetshyzung aus der Sicht der Aumlrmsten und der Verfolgten Friede ist vershybunden mit dem Recht auf das Leben in allen Phasen seiner Entshywicklung mit dem Recht auf Anershykennung unabhaumlngig von Rasse

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Geschlecht und religioumlser Uumlbershyzeugung mit dem Recht auf die tor das Leben notwendigen materielshylen Guumlter mit dem Recht auf Arshybeit und die gerechte Verteilung ihrer Fruumlchte fOr ein geordnetes und solidarisches Zusammenleshyben (S 11) Dies sind Sprache und Anliegen der Armen es handelt sich um die dringlichsten Frieshydenswerte um Grundfragen intershynationaler Gerechtigkeit

Diesen Grundfragen haben wir uns als Menschen als Glaumlubige und noch mehr als Christen zu stellen den Problemen elementarshyster Gerechtigkeit An ihnen hat sich zu zeigen was die Verpflichshytung zum obersten Gebot der lieshybe tor einen Christen ausmacht

So richtet sich die Botschaft auch an die Verantwortlichen der Nationen (S 12) Sie sollen den Ursachen die Konflikte zu Kriegen eskalieren lassen zuvorkommen (S 13) Dies erfordert eine Politik der Gerechtigkeit die allen und an erster Stelle denen zum Besten gereicht die von den Ketten des Elends des Hungers und des Leishydens gefesselt sind (ebd) Wieshyderum faumlllt auf wie der Akzent auf den berechtigten AnsprOchen der Aumlrmsten liegt

Staumlrker als solche Forderungen an die Politiker wird in dem Text der Weg des taumlglichen Zusamshymenlebens (S 10) betont Die Botshyschaft waumlhlt dabei bewuszligt einen tugendethischen Ansatz bei dem es um grundlegende und eigentshylich jedermann einsichtige morali-

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sehe Haltungen und Einstellungen geht Gelassenheit Ausgeglishychenheit Uumlberwindung der Triebe Erfuumlllung von Haltungen wie Vershystehen Verzeihen hochherzige Hingabe Oben einen friedensstifshytenden Einfluszlig unter den Menshyschen der eigenen Umgebung und der eigenen religioumlsen und zivilen Gesellschaft aus (ebd) Es hanshydelt sich folglich um das persoumlnlishyche Vorbild (das) in konseshyquenten Handlungen und Verhalshytensweisen auch noch auszligen projishyziert wird (ebd) Diese PraxisshySprache eines an Gerechtigkeit und Liebe ausgerichteten Lebens ist universal verstaumlndlich An ihr werden Glaubwuumlrdigkeit und Atshytraktivitaumlt unseres Glaubens beshymessen Tragen wir als Christen an unserem Platz zu einer Zivilisashytion der Liebe bei Geben wir dashyvon Zeugnis daszlig gelungenes Leshyben sich nicht im Haben erfOllt daszlig Teilen nicht arm macht daszlig Solidaritaumlt allenfalls vordergruumlnshydig Verzicht bedeutet

Jene tiefe Schau der Friedensshyprobleme zu der uns die Botschaft 1992 einlaumldt verbleibt nicht im uno politischen Raum reiner Innerlichshykeit Sie betrifft die Grundlagen von Friedenspolitik und damit die neuen Chancen die sich uns im Jahr 1992 eroumlffnen Sie haumllt alle Glaumlubigen aller Religionen wie auch Nicht-Glaumlubige an die Funshydamente des Friedens - Geshyrechtigkeit und Liebe - zur Maxishyme ihrer alltaumlglichen PraxiS zu machen

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Frieden verlangt nach Orndung und daher auch nach Autoritaumlten die Recht gegen Aggressoren efshyfektiv durchzusetzen vermoumlgen In diesem Kontext sehen und werten Sie meine sehr verehrten Mitglieshyder der Gemeinschaft Katholishyscher Soldaten Ihren Dienst shyzum Schutz einer umfassenden und stabilen Friedensordnung Wer immer an der Schwertgewalt des Staates teilhat von der schon Paulus im Brief an die Roumlmer spricht muszlig in besonderer Weise dafar Sorge tragen daszlig dieses SChwert nur gegen Rechtsbrecher eingesetzt wird Darum ist der Schrei nach umfassender Solidarishytaumlt und internationaler Gerechtigshykeit fuumlr den Soldaten nichts Beshyrufsfernes oder gar -fremdes Geshyrade wer teilhat an der Schwertgeshystalt des Staates bedarf jener Kraft und jenes Halts den wir Chrishysten im Gebet finden Als betende und nach Gerechtigkeit duumlrstende Christen begeben wir uns auf den Friedensweg zu dem Christus unshyser Friede uns befaumlhigt

Zum Schluszlig moumlchte ich kurz an zwei Beispielen die Aktualitaumlt der diesjaumlhrigen Friedensbotschaft unterstreichen Wenn ich an die blutigen Auseinandersetzungen in Nordirland denke oder an die traushyrigen Streitigkeiten uumlber die KirshychengUter die zwischen Orthodoshyxen und mit Rom unierten Katholishyken des orientalischen Ritus in der Ukraine und in Rumaumlnien ausgeshytragen werden dann wuumlnsche ich mir Wuumlrden doch diese Christen

zunaumlchst miteinander beten und dann Gespraumlche miteinander fahshyren die vom Geist des gemeinsashymen Gebetes getragen sind Dageshygen erlebte ich vor einigen Tagen in Budapest wie die Stadt von Jushygendlichen der verschiedenen Nashytionen Rassen und Religionen geshyradezu wimmelte Etwa sechzigshybis achtzigtausend junge Leute waren der Einladung der Kommushynitaumlt von Taize gefolgt Im Mittelshypunkt des Treffens stand der Geshydanke der Versoumlhnung Als ich eine der Groszligveranstaltungen mitshyerleben konnte war ich von dem Verhalten der jungen Menschen tief beeindruckt von ihrem stillen Meditieren ihrem Beten und Sinshygen Ich bin sicher daszlig sie in ihre Heimat mit versoumlhntem Herzen zushyruumlckkehren ermutigt sich dort fuumlr dieselbe Versoumlhnung einzusetzen die das Wesen des Friedens ist Wer von Ihnen die Sie mir jetzt so geduldig zugehoumlrt haben schon eine der groszligen Friedenswallfahrshyten nach Lourdes miterlebt hat wird meinen Eindruck aus Budashypest bestaumltigen So wird die diesshyjaumlhrige Friedensbotschaft des Helshyligen Vaters verwirklicht Glaumlubige sind vereint im Aufbau des Frieshydens Ermutigen wir einander beshytend redend handelnd Schritte auf diesem Friedensweg zu tun Von Reinhold Schneiders Worten lieszligen sich seit der bedraumlngenden Zeit des Zweiten Weltkrieges imshymer wieder glaubende Menschen zu einem solchen Dienst am Frieshyden auffordern

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Allein den Betern kann es noch gelingen Das Schwert ob unseren Haumlupshytern aufzuhalten Und diese Welt den richtenden Gewalten Durch ein geheiligt Leben abzushyringen

Weltfriedenstag 1992 in MUllster

Auch im Jahr 1992 hatte die Kashytholische Militaumlrseelsorge und die Gemeinschaft Katholischer Soldashyten (GKS) im Standort Munster zur Feier des Weltfriedenstages einshygeladen

Wegen der raumlumlichen und zeitshylichen Gegebenheiten koumlnnen nicht alle katholischen Soldaten im Wehrbereich 11 an dem Soldashytengottesdienst an laumlszliglich des Weltfriedenstages in der Bischofsshystadt Hildesheim teilnehmen Deshalb wird seit 3 Jahren fOr alle katholischen und interessierten Soldaten aus den Standorten Munshyster - Faszligberg sowie dem geshysamten Bereich der 3 Panzerdivishysion ein SOldatengottesdienst in der St Michael-Kirche dem Heishydedom in Munster gefeiert mit einer anschlieszligenden Begegnung aller Teilnehmer im Soldaten heim

Hauptzelebrant des diesjaumlhrishygen SOldatengottesdienstes war Pfarrer Adolf Pohner Dioumlzesanpraumlshyses der Katholischen Maumlnnervershybaumlnde in der Dioumlzese Hildesheim

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Die Gemeinschaft Katholischer Soldaten (GKS) im Wehrbereich 11 ist seit dem Jahr 1974 Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft katholishyscher Maumlnnerverbaumlnde in der Dioumlshyzese Hildesheim - AGKM - der neun Maumlnnerverbaumlnde angehoumlren und arbeitet aktiv mit

Als weitere Zelebranten wirkten mit Militaumlrpfarrer JOrgen Goumlde shyLuumlneburg - der niederlaumlndische Militaumlrpfarrer P G M L Vermeushylen ofm conv von der 41 (N L) Panshyzerbrigade aus Seedorf und der Standortpfarrer von Munster -Faszligberg Militaumlrpfarrer Heinrich Theisen der seit vielen Jahren auch die Standorte Buxtehude shyHamburg-Fischbeck und RotenshyburglWuuml mit betreut

Das Mottomiddot des diesjaumlhrigen Weltfriedenstag lautet

Glaubende vereint tar den Aufbau des Friedens

So haUe es auch doppelte Symshybolkraft daszlig Father Ghristopher Gook der anglikanische MilitaumlrshygeistliChe der 7 (Brit) Panzerbrishygade in Soltau bei diesem Soldashytengottesdienst mitzelebrierte Die Altardienste wurden von Mitglieshydern des GKS-Kreises Munster geshysteilt

Der Gottesdienst und die anmiddot schlieszligende Begegnung im Soldashytenheim wurde musikalisch durch eine Blaumlserbesetzung des Heeresshymusikkorps 3 aus LOneburg mitgeshystaltet

Auf Anregung von Militaumlrpfarrer Heinrich Theisen der im Obrigen

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auch die katholischen Zivilgemeinshyden Munster und Faszligberg betreut wurde die Kollekte dem Soldatenshyhilfswerk der Bundeswehr uumlbershywiesen

Der Hausherr der St-MichaelshyKirche Militaumlrpfarrer Heinrich Theisen konnte zu Beginn des Gottesdienstes nicht nur seine mitzelebrierende Mitbruumlder begruumlshyszligen sondern neben vielen Soldashyten auch Persoumlnlichkeiten aus dem militaumlrischen kommunalen und oumlffentlichen Bereich

Pfarrer Adolt Pohner stellte seishyne bedenkenswerte Predigt unter den Gedanken daszlig es auf der Welt nur dann Frieden geben kann wenn die Religionen untereinanshyder Frieden halten Am Anfang des religioumlsen Friedens aber ein Schuldbekenntnis und die Botshyschaft zur Umkehr stehen muumlsse Ebenso habe religioumlser Fanatisshymus mit Religion nichts zu tun Er machte aber auch deutlich daszlig die Bibel nicht dator da sei sie dem anderen um die Ohren zu schlagen sondern man muumlsse daraus Kraft und Freude sChoumlpfen tor ein sinnvolles Leben in Solidashyritaumlt und Gemeinschaft Dioumlzesanshypraumlses Adolf Pohner ging in seiner Predigt aber auch auf die vielfashychen Kriege und Unruhen auf der ganzen Welt ein und stellte dabei fest daszlig die weltweite Entspanshynung einen groszligen Daumlmpfer erhalshyten habe Die Gegenwart biete dashyfuumlr genuumlgend traurige Beispiele Auf das Thema des Tages eingeshyhend zitierte er den gemeinsamen

Aufruf der katholischen Verbaumlnde Wir sind aufgerufen insbesondeshyre den Beitrag zu eroumlrtern den die Religionen fuumlr die Verwirklichung des Friedens leisten koumlnnen

Ohne Religion sei den Bemuumlshyhungen um den Frieden jedoch kein groszliger Erfolg beschieden Als religioumlser Mensch wisse er daszlig Frieden von Gott gewollt und geshyliebt sei Daraus schoumlpfe er seinen inneren Frieden und es gebe ihm Kraft und Bereitschaft auch andeshyren ihre Existenzberechtigung zushyzugestehen ihre Eigenart und Anshydersartigkeit zu ertragen und sich uumlber ihr Dasein zu freuen so Pfarshyrer Pohner weiter

Nach dem Gottesdienst in der St-M ichael-Kirche versammelten sich nochmals alle Teilnehmer im Soldatenheim in Munster

Feldjaumlger und Polizeibeamte reshygelten an diesem Tag gemeinsam den Verkehr vor der Kirche auf dem Weg zum und vor dem Soldashytenheim

Zu Beginn der Begegnung im festlich geschmOckten groszligen Saal des SOldaten heimes begruumlszligshyte Militaumlrpfarrer Heinrich Theisen nochmals alle Anwesenden

Ein besonderer Gruszlig galt dem BOrgermeister der Stadt Munster Affred Schroumlder und dem erst vor kurzem gewaumlhlten Stadtdirektor Klaus Westerkowski

In seiner Begruumlszligung sagte Milishytaumlrpfarrer Heinrich Theisen u a Mein erster Gruszlig gilt dem Dioumlshy

zesanmaumlnnerseelsorger Pfarrer Adolf Pohner aus der Bischofsshy

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stadt Hildesheim Vor Ihnen haben schon der Militaumlrgeneralvikar und Apostolische Protonotar Dr Niermiddot mann und vor dem der ehemalige Dechant dieses Dekanates und jetshyzige Dompfarrer Wolfgang Ostshyhaus diesen Gottesdienst mit uns gefeiert Aber welch ein Untershyschied in der politischen Landmiddot schaft und Atmosphaumlre

1990 das fassungslose Staunen uumlber die Entwicklung in Mittel-Ostshyeuropa und besonders im oumlstlimiddot chen Teil unseres Vaterlandes Die Freude und Dankbarkeit daruumlber daszlig Ideologien entlarvt wurden Diktaturen zerbrachen Demokrashytien langsam entstanden und der Friede nicht nur in Europa sonshydern in der ganzen Welt ein Stuumlck sicherer geworden war und dann wenig spaumlter der Golfkrieg dessen oumlkologische Spuren wir weiszlig Gott noch spuumlren obwohl ich manchshymal glaube daszlig dieser Golfkrieg in den Herzen und Koumlpfen vieler nicht mehr vorhanden zu sein scheint

Und wiederum wenige Monate spaumlter die kriegerischen Auseinanshydersetzungen in Jugoslawien und Georgien Und dann der Zusamshymenbruch des Warschauer Pakshytes der Untergang der UdSSR und das Selbstaumlndigwerden der Staashyten der ehemaligen UdSSR

Ich danke Ihnen Herr Pfarrer Pohner daszlig Sie meiner Bitte geshyfolgt sind diesen Gottesdienst mit uns zu feiern Ein besonderer Gruszlig gilt auch den Frauen unserer Soldaten die zu einem nicht uner-

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heb lichen Teil auch Verantworshytung in der Seelsorge uumlbernomshymen haben wenn das nach auszligen auch nicht immer so erscheint

Die Anregung zu diesen Soldashytengottesdiensten an laumlszliglich des Weltfriedenstages kam im Jahr 1975 von Soldaten und wird nach wie vor auch hier in Munster von der Gemeinschaft Katholischer Soldaten mitgetragen

Mein Gruszlig gilt auch der Presse Ich kann mir vorstellen daszlig es nicht einfach ist manchen Ihrer Leser verstaumlndlich zu machen daszlig SOldaten Ober alle Grenzen der Nashytionen und Konfessionen hinweg um den Frieden in der Welt beten Ich danke Ihnen daszlig Sie heute bei uns sind

Werden wir aber nicht leichtsinshynig der Friede ist wie eine zarte Pflanze die staumlndig der Sicherung und Foumlrderung bedarf Bedenken wir aber auch Gewalt ist die schlechteste Antwort auf die schweren menschlichen Probleme dieser Zeit

FOr die anwesenden Soldaten sprach der stellvertretende Komshymandeur der Kampftruppenschule 2 Oberst Ulrich Rozmyslowski Auf das Thema des von Papst Joshyhannes Paul 11 verkuumlndeten Weltshyfriedenstages 1992 eingehend stellte er ua fest daszlig Weltfrieshydenstage fuumlr die Soldaten auch imshymer Tage der Selbstbesinnung und Standortbestimmung seien Die Bundeswehr geraumlt ohne eigeshynes Zutun oder gar Verschulden oft in das Zentrum innenpolitishy

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scher Kontroversen Ober die Sishycherheitspolitik Die Nachruumlshystungsdebatte der frOhen 80er Jahre oder der Golfkrieg haumltten dashybei besonders herausgeragt Taushysende Friedensbewegter haumltten in jenen Auseinandersetzungen von vornherein die Soldaten aus der Gemeinde der Glaubenden vershyeint fuumlr den Aufbau des Friedens ausgeschlossen Es sei schon inshyteressant der Frage nachzugehen warum der so nahe Krieg in J ugoshyslawien die Friedensbewegung nicht auf die Straszlige gezwungen habe erklaumlrte Oberst Rozmyslowsshyki

Frieden in Wuumlrde und Freiheit beduumlrfe der Sicherheit so stellte der Oberst fest Deshalb so frage er sich manchmal als Soldat wie es denn die Kirche mit uns haumllt Er spielte damit auf die unentshyschlossene Haltung einiger Evanshygelischer Landeskirchen zur Milishytaumlrseelsorge an

Als letzter Redner bei dieser Beshygegnung im Soldatenheim dankte der Vorsitzende des GKS-Kreises Munster Oberstabsfeldwebel Wolfgang Moock allen Anwesenshyden fuumlr ihr Kommen und Mittragen dieser Veranstaltung zum Weltfrieshydenstag sowie im besonderen dem langjaumlhrigen Vorsitzenden und spaumlteren Geschaumlftsfuumlhrer der Geshymeinschaft Katholischer Soldaten (GKS) im Wehrbereich 11 fOr die wiederholte Organisation der Feier des Weltfriedenstagesin einem der groumlszligten Standorte der Bundeswehr

Im weiteren Verlauf seiner AusshyfOhrungen sagte Moock u a Mit dem Wunsch den Weltshyfriedenstag hier und in aller Welt auch in Zukunft mit Soldaten feishyern zu koumlnnen danken wir allen die den Gedanken des Weltfrieshydenstages mittragen Seit 8 Jahshyren fuumlhrt der Bischof von Hildesshyheim Dr Joset Homeyer im Dom oder in der Basilika St Godehard in Hildesheim an laumlszliglich des Weltshyfriedenstages fOr die Soldaten der Bundeswehr einen Friedensgotshytesdienst durch An diesem Gotshytesdienst konnten aufgrund der langen Anmarschwege die Soldashyten der 3 Panzerdivision kaum teilshynehmen Deshalb auch die Idee fuumlr diesen Personenkreis zusamshymen mit den Soldaten der Standshyorte Munster und Faszligberg einen SOldatengottesdienst im HeideshyDom in Munster durchzufuumlhren Im einzelnen dankte Oberstabsshyfeldwebel Wolfgang Moock dem Hauptzelebranten des Soldatenshygottesdienstes Pfarrer Adolf Pohshyner allen Geistlichen die die HI Eucharistie mitgefeiert haben Mishylitaumlrpfarrer Heinrich Theisen fOr sein Engagement und die erfreushyliche Zusammenarbeit den Weltshyfriedenstag auch im Jahr 1992 in diesem Rahmen feiern zu koumlnnen Oberst Ulrich Rozmyslowski fuumlr seine klaren Ausfuumlhrungen allen Kommandeuren und Chefs fuumlr die Unterstuumltzung bei der Vorbereishytung und Durchfuumlhrung der Feier zum Weltfriedenstag der Blaumlsershybesetzung des Heeresmusikkorps

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3 fOr den vorzOg lichen Einsatz in Munster den Vertretern der Presshyse aber auch dem Heimleiter-Eheshypaar des Soldatenheimes fOr die Unterstuumltzung und nicht zuletzt den Feldkoumlchen und Soldaten des Panzergrenadierlehrbataillons 92 fuumlr die gut schmeckende Erbsenshysuppe

Zum Schluszlig gab Wolfgang Moock zu bedenken Wenn Soldashyten Frieden sagen dann meinen sie einen Frieden in Freiheit Geshyrechtigkeit und Wuumlrde Dabei ist ihnen sehr wohl bewuszligt daszlig dieshyser den Menschen anvertraute Friede ein Gottesgeschenk ist

Ein gut schmeckender Erbsenshyeintopf serviert von freundlich und adrett auftretenden Soldaten des Panzergrenadierlehrbataillons 92 vereinten noch laumlngere Zeit die Teilnehmer an dem Soldatengotshytesdienst und der Begegnung zu anregenden Gespraumlchen

Von dem SOldatengottesdienst in der St-Michael-Kirche und der anschlieszligenden Begegnung im SOldatenheim in Munster anlaumlszligshylieh des Weltfriedenstages 1992 wurde ein Video-Film hergestellt der beim BundesgeschaumlftsfOhrer der Gemeinschaft Katholischer Soldaten (GKS) ausgeliehen wershyden kann

Ebenso liegt ein Organisationsshyplan mit Anregungen in schriftshylicher Form vor die Feier des Weltfriedenstages vorzubereiten durchzufuumlhren und nachzubereishyten EmU Kladiwa

Tagung der Geneshyralversammlung der Organisation Intershynational Catholic OIC in Rom vom 07-14 Dezember 1991 Tagebuch eines Vertreters des Apostolat Militaire International AMI

Der Autor dieses Berichtes wollshyte weniger die Einzelheiten der Konferenz darlegen - sie sind im Protokoll nachzulesen - als vielshymehr auch einmal das Drumhershyum einer solchen Veranstaltung einschlieszliglich der Unzulaumlnglichshykeiten schildern Eine solche Dienstreise als Praumlsidiumsmitshyglied des AMI beschert aber auch bleibende Erlebnisse wie die Papst-Audienz Die kameradshyschaftlichen Kontakte mit den AMI-Freunden in diesem Falle der Schweizer Garde des Vatikans und Vertretern der italienischen Arshymee lassen wiederum viele der kleinen Unannehmlichkeiten vershyblassen Eine Grippe vergeht wieshyder die Erinnerung an die geshymeinsamen Stunden mit den AMshyFreunden und OIC-Delegierten bleibt (bt)

Auftrag 201 185

Anreise

Diaspora Priestermangel weite Anfahrtswege in das katholische Deutschland Wir im Norden sind einiges gewohnt wie konnte uns da noch eine im Winter ausgefalleshyne Heizung in der Deutschen Bunshydesbahn von Flensburg bis DOsshyseldorf stoumlren

Die erste Uumlbernachtung Der Abflug am darauffolgenden

Tag - ein Samstag - von Duumlsselshydorf nach Rom verzoumlgerte sich nur unwesentlich um zwei Stunden in Italien streikten die Fluglotsen

Aber dann Der durch AMIshyFreunde in Rom organisierte Transport zur Unterkunft in der Casa Generalizia dei Fratelli delle Scuole Cristiane in der Via Aurelia klappte vorzuumlglich

Sonntag Noch vor dem FrOhstuumlck sind

wir eingeladen zur Teilnahme an einem internationalen Gottesshydienst im Hause im Saal Johanshynes Pauill

Danke - endlich mal wieder im Gottesdienst der - auch wenn ich die Predigt in franzoumlsischer Sprache nicht verstehe - mir das Gefuumlhl vermittelt in einer Gemeinshyschaft um den Altar zu stehen shyunser Mittelpunkt ist Christus

Die Besichtigung von st Peter als Sonntagvormittag-Programm

Wir genieszligen den Sonnenschein und die damit verbundene Waumlrme

Um 1200 Uhr lauschen wir der

kurzen Ansprache des HI Vaters die er vom Fenster seines Arbeitsshyraumes aus haumllt und wenden uns dann nach dem Segen des Papshystes profaneren Dingen zu Reshystaurantsuche davon gibt es eine Vielzahl nur Plaumltze zu finden fuumlr uns wir haben Gluumlck

Coonnell Naldi der Vertreter des AMI in Italien wohnhaft an der Peripherie Roms hatte uns fOr den NaChmittag zu sich nach Hause eingeladen

Bei der Ruumlckfahrt zur Untershykunft die houmlchstens zwanZig Mishynuten dauern sollte verfaumlhrt sich der Fahrer des Dienstwagens Wir fahren uumlber eine Stunde kreuz und quer durch Rom

Ergebnis Abendessen im Haus verpaszligt Also bei kaltem Wind ershyneute Suche nach einem Ristoshyrante gluumlcklicherweise fanden wir noch eines bevor Haumlnde und Gesicht eine tiefblaue Faumlrbung anshynahmen

Nach Ruumlckkehr ist es zwar beshyreits 2300 Uhr aber das Haus wird um 2400 Uhr geschlossen jedoch wir stehen fast eine halbe Stunde vor dem Tor bis uns ein Gast entdeckt und einlaumlszligt Vom Pfoumlrtner keine Spur ob er auf Ronde ist Der Praumlsident des AMI betaumltigte sich dann tor geraushyme Zeit als Tuumlrschlieszliger besser noch Tuumlroumlffner

Montag Beginn des Kolloquiums des

OIC

186

Der Praumlsident des OIC der Aumlgypter A Fahim begruumlszligt die Anshywesenden

Diese Vorbereitungskonferenz wird in die Generalversammlung uumlbergehen an der dann 89 Vertreshyter und Vertreterinnen von 41 intershynationalen kath Vereinigungen teilnehmen werden

Die Einstimmung erfolgt durch Gebete und Lieder in vielen Sprashychen

Tom Hili UNO Genf haumllt einen Grundsatzvortrag uumlber die wirtshyschaftliche und religioumlse Entwickshylung in der Welt sowie den derzeitishygen Stand aus der Sicht der Vershyeinten Nationen

Der Nachmittag dient der Erarshybeitung verschiedener Themen in Arbeitsgruppen

Unsere Damen und Herren wermiddot den mit Pkw zum Wohltaumltigkeitsshytee mit Bazar abgeholt der von Vertreterinnen der PASFA organishysiert wurde Damen der obersten militaumlrischen politischen und wirtshyschaftlichen Kreise waren bei dieshysem Tee zugegen

Abendessen wieder gemeinsam mit den Ehefrauen in Trastevere Fierramoseca GemOtlich und urig ist dieses Lokal und es ist warm

Ruumlckkehr zum Haus Der Pfoumlrtshyner ist erneut auf Ronde wir steshyhen wieder vor dem Tor andere Gaumlste gesellen sich zu uns (die Gruppe der Dolmetscher) Und wieshyder sind wir voumlllig durchgefroren

Auftrag 201

Dienstag

Termine mit Radio Vatikan und dem Kommandanten der Schweishyzer Garde werden vereinbart fuumlr eishynen Kurzbesuch u a Vorstellung des Praumlsidiums AMI (zumindest ein Teil davon)

Heute ist der Tag der Luftfahrt in Italien Radio Vatikan berichtet auf UKW in deutscher Sprache Auf dem Flugplatz Fiumicino haumllt der HI Vater fuumlr 6000 geladene Gaumlste einen Gottesdienst

Wir sind abends zu einem Dinshyner in den italienischen Army Offishycers Club geladen

Heute war Gelegenheit einige Einkaumlufe in Rom zu taumltigen Unter sachkundiger Leitung einer Dame der PASFA kreuzten wir die Strashyszligen um Via Condotti bei den Spashynischen Treppen Im Rahmen dieshyser Einkauf tour (Tortur) gelangten wir dann in das Museum des BekleidungskOnstlers Valentino Raumlumlich etwas abgesetzt von seishynen Geschaumlften hat er hier in der Naumlhe der Spanischen Treppe in eishyner ehemaligen Schule eine Ausshystellung all der Bekleidungsstuumlkshyke die er seit Anfang der 60er Jahshyre geschaffen hat und die teilweishyse von ihren Traumlgerinnen spaumlter an ihn zuruumlckgegeben wurden Ausshyerlesene Stocke von Jaqueline Onassis Brook Shields Audrey Hephurn der Beghum viele der kleinen Groumlszligen und auch ganz Groszligen sind hier vertreten Fotoshygrafieren verboten Daszlig es dabei blieb dafuumlr sorgte die Beobachshy

187 Auftrag 201

tung durch elektrische und menschliche Uumlberwachung

Beim Einstieg in den Bus der Ushynie 46 der uns zuruumlckbringen sollshyte machten uns Einheimische gleich darauf aufmerksam unsere Wertsachen eng an uns zu halten diese Buslinie sei beruumlchtigt fuumlr die vielen Diebstaumlhle

Mittwoch

Auf Einladung unserer italienishyschen AMI-Freunde begeben wir uns mit einem Militaumlrbus nach Suumlshyden vorbei an Latina uumlber die Sushyper-Strada zur Abtei Fossanova Im 9 Jahrhundert wurde diese Beshynediktiner-Abtei gegruumlndet 1134 wurde sie von Innozenz 11 an die Zisterzienser uumlbergeben Hier starb Thomas von Aquin

Der geistliche Beirat der italienishyschen Vertreter des AMI ist Don Uonello Torosani Sein militaumlrishyscher Standort ist in Sabaudia am Mar Tirreno etwa 30 km suumldlich von Latina

Nach einer kurzen Begruumlszligung durch den Kommandeur dieser Flugabwehrraketen-Schule (Hawk) zeigte uns Don Uonello voller Stolz - und das zu Recht - seine kleine Kirche und an hand von Schriften eine Vielzahl der Aktivishytaumlten seiner Gemeinde Wenn an Wochenenden von 150 Kirchenbeshysuchern - Soldaten - die Rede ist manchmal sogar zwei Gottesshydienste angeboten werden muumlsshysen aufgrund der Vielzahl der Kirshyehenbesucher so klingt das fuumlr

norddeutsche Ohren traumhaft Allerdings muszlig man hierfuumlr sichershylich auch die Person von Don Lioshynello verantwortlich machen er versteht es zu uumlberzeugen und seinen Soldaten voranzugehen

Was die Arbeit im Apostolat Mishylitaire International angeht wershyden wir von Don Lionello sicher noch houmlren

Don Uonello gab dann noch eine wahre Begebenheit uumlber Joshyhannes XXIII (Roncalli) zum beshysten Als Bischof war Roncalli bei dem damaligen franzoumlsischen Praumlshysidenten de Gaulle zu einem Empshyfang geladen sein Platz beim Esshysen war gegenuumlber der Frau eines russischen Diplomaten Diese Dame mit ihrem weiten Ausschnitt wollte anscheinend Bischof Ronshycalli provozieren Sie bat Roncalshyli - nicht einen der Lakaien - um etwas Obst aus der Schale Ronshycalli nahm einen Apfel und legte ihn vor sie hin Die Frage Warum geben Sie mir gerade einen Apshyfel beantwortete Bischof R folshygendermaszligen Bereits im Parashydies erkannte Eva als sie den Apshyfel nahm daszlig sie nackt war

Donnerstag

Das KOlloquium ist beendet es beginnt die Generalversammlung des oie

Das Apostolat Militaire Internashytional AMI als (beitragszahlendes) Neumitglied des oie hatte seinen Praumlsidenten Oberst i G Juumlrgen Bringmann Bonn und einen der

188

zwei Vizepraumlsidenten Oberstabsshybootsmann Guumlnter Thye Flensshyburg entsandt

Die Vertreterinnen und Vertreter der internationalen kath Verbaumlnde kamen aus allen Erdteilen Suumldshyamerikaner waren ebenso vertreshyten wie Afrikaner von der Elfenshybein kuumlste Nordamerikaner aus Kanada Inder Thais Iren und und und

Nach der Begruumlszligung der annaumlshyhernd 90 internationalen Vertreter und dem Bericht des Praumlsidenten wurde die Abfahrt der Busse beshykanntgegeben zu einem Empfang mit den Kardinaumllen und Bischoumlfen die zur Zeit der Synode in Rom weilten Hier trafen wir u a auch den Vizepraumlsidenten des Weltshylaien rates Bischof Dr Cordes

Freitag

Beginn dieses Vormittags mit intern Gebeten und Gesaumlngen dann wurde die Konferenz verspaumlshytet fortgesetzt

Es folgte die Vorstellung der Kandidaten und einzelnen Grupshypen fuumlr die Wahlen zum - Praumlsidenten des OIC - Comite de Continuite - Geschaumlftsfuumlhrer des oie - Mitgliedschaft im oie

Fuumlr 1230 Uhr war eine Audienz beim HI Vater eingeplant Grund genug die Konferenz zu unterbreshychen

Geleitet durch Schweizer Gardishysten begaben wir uns im Vatikan in den Saal Sala Dei Consistorio

Auftrag 201

Hier in dem mit Wandteppichen stoffverkleideten Waumlnden und mit kunstvollen Schnitzerein an der Holzdecke versehenen Saal warshyten wir gespannt auf das Erscheishynen des Hf Vaters

Das Einschalten der Deckenflutshylichter kuumlndigte sein Kommen an Er wurde begruumlszligt und informiert uumlber die derzeitige Tagung des OIC durch den Praumlsidenten Mr Fahim Die Antwort des Papshystes - gehalten in franzoumlsischer Sprache - bezog sich auf den Inshyhalt der Begruumlszligung er wuumlrdigte die Arbeit des OlC und schloszlig mit dem paumlpstlichen Segen Anschlieshyszligend hatte jeder Teilnehmer Geleshygenheit persoumlnich einige kurze Worte mit dem HI Vater zu wechshyseln bevor wir dann zum Gruppenshyfoto gebeten wurden

Fuumlr die beiden Vertreter des AMI-Praumlsidiums schloszlig sich in der Unterkunft der Schweizer Garde ein Besuch bei dem Kommandanshyten der Schweizer Garde Oberst Buchs an

Nachdem ein Vertreter der Schweizer Garde kurzfristig die Teilnahme an der AMI-Konferenz 91 in Flensburg absagen muszligte stellte Oberst Buchs eine Teilnahshyme 1993 in Rom in Aussicht Eine Teilnahme in Bogota 92 scheint aus KostengrQnden nicht moumlglich

Nach dem Besuch der Waffenshyund Kleiderkammer der Schweizer Garde fahren wir zuruumlck zur Untershykunft und storzen uns erneut bis zum fruumlhen Abend in die Sitzung des OIC

Auftrag 201

Die verschiedenen katholischen Zentren berichteten Ober ihre Ershyfahrungen und Vorstellungen wie auch Forderungen

Zentrum Genf tiefer gehende intensivere Kontakte zu anderen Organisationen - Informationen Ober deren

Strukturen und Arbeitsweise - Denkweise zu bestimmten Theshy

men - Wie stark ist die Vereinigung

was repraumlsentieren sie Zentrum New York 16 internationale Organisatioshy

nen arbeiten zusammen mit dieshysem Zentrum

Einige Aktivitaumlten werden er waumlhnt - monatlich 2 Besprechungen zu

kirchlichen oder allgemein inshyteressierenden Themen zushysaumltzlich auch sogenannte Briefings aus aktuellem Anshylaszlig z B Auslandsreisen des Papstes

- Referenten der United Nationes werden hierzu eingeladen

- Gespraumlche Diskussionen Seshyminare werden mit allen religioumlshysen Richtungen durchgefuumlhrt (Hindus Juden etc) Ober z B Internationales Jahr der Famishylie aus Sicht der unterschiedshylichen Religionen

Das Wissen voneinander Obershyeinander ist zu gering Die Inforshymation uumlber die katholische kirchshyliche Arbeit muszlig breiter gestreut werden Fuumlr diese Arbeit bekommt das Zentrum jaumlhrlich von den Bishyschoumlfen 4000 $ Die Zusammenarshy

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beit der internationalen katholishyschen Organisationen mit dem Zentrum New York ist nicht optishymal

Vorgestellt wurde ein VideoshyFilm (28 Minuten) uumlber internatioshynale katholische Organisationen

Finanziert wurde dieser in vielen Sprachen existierende Film durch die UNO und durch amerikanische Bischoumlfe

Ein Exemplar wurde dem HI Vashyter uumlberreicht

Sonnabend Nun nicht zu vergessen die

wichtigsten Punkte der Wahlen Jeder internationale (stimmbeshyrechtigte) Verband hatte nur eine Stimme somit waren maximal 28 Stimmen moumlglich

Neuer (und alter) Praumlsident wurshyde A Fahim

Rudy Ruegg (Schweiz) wurde als Generalsekretaumlr von Paul Morand abgeloumlst

Rudy Ruegg schied aus Altersshygruumlnden aus

FOrdas Apostolat Militaire Intershynational AMI war die Stimmenzahl fOr die Wahl in das Comite de Conshytinuite entscheidend zumal geshyrade bei dieser Wahl mit Gegenshywind gerechnet wurde - eben geshygen Vertreter einer internationalen Organisation von Soldaten

Mit 17 Ja-Stimmen 6 Nein 4 Enthaltungen galten wir als geshywaumlhlt und entsenden somit einen Vertreter des Praumlsidiums AMI in das Comite das zwischen den Geshy

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neralversammlungen des OIC die Arbeit fortfuumlhrt

Zusammen mit allen anwesenshyden Priestern zelebrierte Msgr Bishyschof Dr Cordes - Vizepraumlsident des Weltlaienrates - einen Gotshytesdienst wiederum im Saal Jashyhannes Paull

Kurz vor der offiziellen Beendishygung dieser Tagung hieszlig es hurtig Koffer packen und mit dem shydankenswerterweise - bereitgeshystellten Dienstwagen der italienishyschen Armee brausten wir dann durch quirlige und verkehrsreiche roumlmische Straszligen zum Flughafen Leonardo da Vinci

Ruumlckreise Puumlnktliche Ankunft bedeutet

noch lange nicht rechtzeitiger Abshyflug Die einstuumlndige Verspaumltung lieszlig dann jede Hoffnung schwinden von Duumlsseldorf einen Nachtzug nach Hamburg und Flensburg zu bekommen

Also wieder einmal sehr spaumltes Belegen eines Hotelzimmers dashyfuumlr aber am Sonntag fruumlh aus den Federn denn der Zug nach Flensshyburg wartet nicht auf uns Wir aber auf ihn Mit zweistuumlndiger Verspaumltung fahren wir dann gen Norden Natuumlrlich haben saumlmtlishyche Anschluszligzuumlge HamburgshyAltona bereits verlassen Wir warshyten auf den naumlchsten Zug und beshysichtigen zwischenzeitlich den Bahnhof

Endlich - es ist Abend - wir

Auftrag 201

sind (mit einer Grippe) zu Hause Eine ereignisreiche interessante aber auch sehr anstrengende Woshyche ist vorbei Jetzt gilt es das Ershylebte zu verarbeiten

Guumlnter Thye

GKS - Bereich See Wochenende der Begegnung

Waumlhrend einer Dienstreise zum Marinekommando Rostock im Okshytober des letzten Jahres kam es neben den rein dienstlichen Belanshygen auch zu Gespraumlchen Ober die Millitaumlrseelsorge ihre Strukturen gesetzliche Grundlagen und ihre Laienbewegungen sowie - was auf aufmerksame Zuhoumlrer stieszlig shyuumlber die anhand von Beispielen aufgezeigten vielfachen und vielshyseitigen Aktivitaumlten auf nationashylem sowie internationalem Gebiet

Religion geschweige denn Milishytaumlrseelsorge war und ist fuumlr viele Angehoumlrige der ehemaligen Natioshynalen Volksarmee - NVA - eine Vokabel mit der sie gar nichts oder kaum etwas anzufangen wisshysen Aus dieser Erkenntnis heraus dem Interesse Ober das Thema mehr houmlren und eigene Gedanken einshybringen zu wollen resultierte dann aus dieser Gespraumlchsrunde der Vorschlag ein Wochenende der Begegnung fuumlr Soldaten der eheshymaligen NVA und deren Famifien sowie Mitgliedern der Gemeinshy

191 Auftrag 201

schaft Katholischer Soldaten GKS zu veranstalten

Pilotprojekte haben ihren eigeshynen Werdegang in diesem Falle allerdings dank der Unterstuumltzung des Bundesvorstandes der Geshymeinschaft Katholischer Soldashyten des Katholischen Militaumlrbishyschofsamtes und nicht zu vergesshysen des Kommandeurs Marineshykommando Rostock der unsere Gruppe das Gaumlstehaus der ehemashyligen NVA im Ostseebad Nienhashygen fOr dieses Wochenende zur Verfuumlgung stellte lief die Vorbereishytung und Durchfuumlhrung reibungsshylos

In gespannter Erwartung trafen sich dann am letzten Wochenende im Februar insgesamt zwanzig Soldaten einschlieszliglich ihrer Eheshyfrauen und Kinder den Versuch zu wagen von Mensch zu Mensch eine Bruumlcke zu bauen Nicht unershywaumlhnt bleiben soll daszlig auch der Kommandeur des Marinekommanshydos Flottillenadmiral Otto Ciliax und Frau sowie der Bundesvorsitshyzende der Gemeinschaft Katholishyscher Soldaten Oberstleutnant i G Paul Schulz und Frau an diesem Wochenende teilgenommen hashyben

Nach der BegrOszligung fOlgten zwei Taumlnze Jiffy Mixer und Seven Jumps bei denen der haumlufige Wechsel des Tanzpartners und die gymnastischen Uumlbungen zur Ershyheiterung beitrugen

So geloumlst teilweise noch auszliger Atem stellten wir - jeder fuumlr sich - uns gegenseitig vor einshy

schlieszliglich unseres dienstlichen Werdeganges und soweit gegeshyben auch den als aktiver Laie in der katholischen Militaumlrseelsorge

Der Beitrag einer Teilnehmerin (Krankenschwester in einer Sanishytaumltsstaffel und Ehefrau eines Solshydaten der ehemaligen NVA) Ober dieses Wochenende soll fuumlr sich sprechen nur soviel sei noch ershyWaumlhnt

Die folgenden Stunden bis Sonntag zur Abreise waren angeshyfuumlllt mit Fragen und Antworten Gespraumlchen mit kleineren Grupshypen oder auch z B bei Spaziergaumlnshygen in dem das Haus umgebenden Forst und am Ostseestrand nur unter vier Augen Jede Minute war lehrreich ich behaupte einmal fuumlr beide Seiten

Einige Fragen und Aussagen zur Verdeutlichung - Wie laumlszligt sich Religion und Bunshy

deswehr (Christ und Soldat) miteinander vereinbaren hinshysichtlich Du sollst nicht toumlten

- Ich bin ein Suchender koumlnnen Sie mir - oder wer kann es shyhelfen

- Wir haben uns heimlich kathoshylisch trauen lassen

- Ich bin heimlich getauft wormiddot den mein Vater war Offizier (in der Sowjet-Armee)

- Kommunion Konfirmation gibt es Gemeinsamkeiten mit der Jugendweihe

- Kann ein Glaumlubiger seine Proshybleme leichter beWaumlltigen als ein Unglaumlubiger

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- Ein Glaubender hat etwas zum Festhalten wir

Der Sonnabendnachmittag war fuumlr einen Ausflug nach Bad Dobeshyran zur Besichtigung des Muumlnsters vorgesehen

Die Stadt Doberan verdankt ihre Existenz zwei wichtigen Entscheishydungen des damaligen mecklenshyburgischen Fuumlrstenhauses

der Gruumlndung des Zisterzienser Klosters gegen Ende des 12 Jahrshyhunderts und der Errichtung des ersten deutschen Seebades am Heiligen Damm 1793

Der Chronist Helmold von Boshysau vermerkte noch 1170 Meck-

Das Muumlnster zu Bad Doberan

Auftrag 201

lenburg ist ein Land des Mangels und des Hungers wo der Sitz des Satans und aller boumlsen Geister ist

Pribislav Herr Mecklenburgs lenkte die Geschicke des Landes in bessere Bahnen Das Land entshywickelte sich positiv in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht Das 1171 errichtete Kloster wurde beshyreits 1178 wieder voumlllig dem Erdboshyden gleichgemacht hervorgerufen durch einen Familienstreit um die Teilung der Herrschaft im Lande

Nikolaus von Rostock sorgte dashyfuumlr daszlig im heutigen Bad Doberan 1186 die Zistersienser einen neuen Anfang machen konnten

Der Backsteinbau wurde zOgig aufgebaut und 1232 konnte das MOnster geweiht werden Bis 1522 haben Moumlnche in ihm das Lob Gotshytes gesungen seitdem tut es nun die lutherische Kirchengemeinde

Der allgemeine Niedergang Ende des 15 und Anfang des 16 Jahrhunderts setzte auch dem Kioshyster sehr zu

Ein Ausspruch aus jener Zeit vermittelt den richtigen Eindruck Reiten und rauben ist keine Schande das tun die Besten im Lande

Es wurde gepluumlndert demoliert und abgerissen was zu haben war

Der 30jaumlhrige Krieg fuumlgte der Kirche und dem Klostergebaumlude schwere Schaumlden zu Herzog Adolf-Friedrich verwendete Geldshybuszligen fuumlr den Erhalt der Kirche 1656 wurde dann mit den ersten Baumaszlignahmen begonnen

Auftrag 201 193

Im 1 Weltkrieg muszligte eine von zwei Glocken an die Ruumlstungsinshydustrie abgegeben werden Die aumllshyteste Glocke Mecklenburgs sie stammt aus dem Jahre 1301 bleibt Doberan erhalten

Zum Schutz gegen Bomber und Feuer aber auch gegen Pluumlndeshyrung wird 1942 das gesamte Invenshytar eingebunkert Auf Befehl des sowjetischen Stadtkommandanshyten wird es 1946 wieder aufgestellt und der Oumlffentlichkeit zugaumlngig gemacht

Die letzte groszlige Generalrestaushyrierung der Kirche fand 1964 shy1984 statt und wurde mit staatshylichen Mitteln gefoumlrdert

Beeindruckt von dem Besuch dieses wunderschoumlnen Gottesshyhauses in Backsteingotik und seishyner von dem Kirchenfuumlhrer so anshyschaulich vorgetragenen Geshyschichte fuhren wir zuruumlck nach Nienhagen

Die uumlberaus angeregten Diskusshysionen dieses Wochenendes warshyfen eine Unmenge von Fragen und Problemen auf

Ein Wochenende allein reicht beileibe nicht aus Die Gruppe - darin waren sich alle einig shywuumlnscht dringend eine Fortsetshyzung Sie ist geplant

Die Aufgeschlossenheit dieser Gruppe die Atmosphaumlre des Gaumlshystehauses nebst der guten Kuumlche und die reizvolle Landschaft in dieshysem Teil von Meckenburg-Vorshypommern haben wesentlich dazu beigetragen daszlig diese Veranstalshy

tung der GKS ein voller Erfolg wurshyde

Guumlnter Thye

Bericht uumlber ein Wochenende der Begegnungen in Nienhagen

Ende des Jahres 91 genauer geshysagt im Dezember erhielten wir eine Einladung von der GKS untershyschrieben von Oberstabsbootsshymann Thye

Was ist GKS Wer ist OStBtsm Thye

Auf unser Anfragen sagte man uns GKS das ist die Gemeinshyschaft Katholischer Soldaten

Wir hatten noch nie etwas von so einer Gemeinschaft gehoumlrt

Sollten wir ehemalige DDR-Buumlrshyger und Heiden jetzt bekehrt wershyden

Es gab schon viele Fragen beim Eintreffen der Einladungen und so fuhren wir voller Erwartungen und Neugier aber auch mit einer Porshytion Skepsis nach Nienhagen Bis 1800 Uhr trafen dann alle Teilshynehmer ein

Nach einer zwanglosen Begruumlshyszligung und Abendbrot kam dann das erste Beschnuppern

Einige lustige Scherztanzschritshyte loumlsten die Beklemmung und Vershykrampfung auf beiden Seiten

Es folgte eine kurze Vorstellung jedes einzelnen und dann war da auch schon ein reges Gespraumlch im Gange

194 Auftrag 201

Das Spektrum der Themen war sehr breit gefaumlchert

Was war die Jugendweihe Wie verlief sie Was macht die GKS Wie vertraumlgt sich Christsein mit dem Soldatenberuf Wie lebte es sich hinter der Mauer Wie ist jetzt das Zusammenarbeiten von Ossi und Wessi

Es wurde offen in einer groBen Runde aber auch zu zweit und zu dritt gesprochen diskutiert und phiIosoph iert

Nach dem gemeinsamen FrOhshystuumlck am Samstag wurde bei eishynem Strandspaziergang die Proshyblematik des vorherigen Abends wieder aufgegriffen

Die Gespraumlche wurden diesmal ganz individuell gefuumlhrt

Persoumlnliche Meinungen und Ershyfahrungen wurden ausgetauscht

Dabei zeigte sich aber auch eine unterschiedliche Praumlgung bei der Einschaumltzung und Beurteilung von gesellschaftlichen christlichen und auch nur ganz alltaumlglichen Ershyeignissen

Nach einem vorzuumlglichen Mitshytagessen fuhren wir gemeinsam nach Bad Doberan

Dort besichtigten wir das Dobeshyraner Muumlnster ein in Norddeutschshyland sehr bekanntes Bauwerk Durch eine Fuumlhrung erfuhren wir viel Interessantes uumlber diese eheshymalige Klosteranlage und auch uumlber die geschichtliche Entwickshylung dieser Region

Nach dem Kaffeetrinken trafen wir uns alle wieder in der gemuumltlishychen Ecke

Zur Sprache kamen Probleme wie die Zusammenarbeit zwischen Bundeswehrangehoumlrigen und eheshymaligen NVA-Soldaten Vereinbarshykeit von Berufstaumltigkeit der Frau und Kindererziehung und auch die Frage ob ein glaumlubiger Mensch Probleme des Alltags besser verarshybeiten kann als ein Nichtglaumlubishyger

Wir haben alle versucht geshymeinsam Antwort auf die vielen Fragen zu finden was nicht immer einfach war

Nach dem Abendbrot fanden wir uns alle zu einem kleinen Umtrunk zusammen An diesem Abend der sehr lang wurde haben wir viel erzaumlhlt und reichlich gelacht

Wir vergaszligen alle daszlig wir Osshysis und Wessis sind Wir waren einfach nur eine Runde froumlhlicher Leute die sich gut verstanden

In der Nacht hatte der Wind aufshygefrischt

Trotzdem lieszligen wir uns nach dem Fruumlhstuumlck nicht aufhalten und spazierten am Strand Richshytung Heiligendamm Unser Ziel war der Heilige Damm Ober desshysen Entstehung wir im Doberaner MOnster erfahren hatten

Jedoch hatten wir die Entfershynung den Wind und das Gehen am steinigen Strand unterschaumltzt So schafften wir es nicht ganz bis an den Heiligen Damm

Waumlhrend dieser Zeit wurde wieshyderum in kleinen Gruppen oder auch ganz persoumlnlich gesprochen

Viele Fragen blieben natuumlrlich

Auftrag 201 195

aufgrund der kurzen Zeit die wir miteinander verbringen durften ohne Antwort bzw wurden nicht bis zu Ende diskutiert

Nach dem Mittagstisch und eishyner Tasse Kaffee zog Herr Thye das Resuumlmee des Treffens

Es war fuumlr alfe ein Bereicherung und eine sehr schoumlne Erfahrung

Alle Teilnehmer waren sich einig daszlig dies nicht eine einmalishyge Maszlignahme bleiben sollte sonshydern daszlig wir uns zu einem spaumlteshyren Termin nochmals zusammenshyfinden

Vielleicht koumlnnte man dieses VVochenende der Begegnung zushysammenfassen indem man sagt aus einem Gegeneinander uumlber ein Nebeneinander wurde ein Miteinshyander

Monika Henig (Marinesanitaumltsstaffel Rostock)

Wallfahrt nach Sanshytiago de Compostela Liebe Freunde

Spanische Soldaten haben uns eingeladen auch in diesem Jahr mit ihnen ein Stuumlck des VVeges nach Santiago de Compostela zu gehen VVir haben diese Einladung angenommen und nehmen mit 20 Personen an dieser Pilgerfahrt teil

Das Programm ist wie folgt vorshygesehen 8 Juli Treffen in Bonn

9 Juli Zugfahrt uumlber Paris nach leon anseh Fuszligwallfahrt durch Asturien naeh Sanshytiago de Compostela

21 shy 23 Juli Aufenthalt in Sanshytiago de Compostela

23 Juli Ruumlckfahrt uumlber Paris nach Bonn bzw Karlsruhe

Der Teilnehmerpreis (Anteil an den Kosten) betraumlgt pro Person GVVDL 250 - DM A 1 - 4 300 - DM A5 - 8 350- DM A 9 - 12 375 - DM abA 13 400 - DM

Ich bitte Sie diese VVallfahrt beshykanntzugeben Interessenten ershyhalten von mir weitere Informatioshynen Die Plaumltze werden in der Reishyhenfolge der Anmeldung vergeshyben

Mit freundlichen GrOszligen Walter HOtten

Weihe eines Bischofshykoadjutors fuumlr den Militaumlrbischof von Oumlsterrreich

Am Sonntag dem 2 Februar 1992 wurde in der St-Georgs-Kashythedrale in der Burg zu VViener Neustadt der bisherige Militaumlrpfarshyrer an der Theresianischen Militaumlrshyakademie Militaumlrdekan Mag

196 Auftrag 201

Msgr Christian Werner durch den Militaumlrbischof von Oumlsterreich Dr Alfred Kostlecky zum Titularbishyschof von Eca (in Apulien) und zu seinem Bischofkoadjutor geweiht Mitkonsekratoren waren der fruumlheshyre Militaumlrvikar und Bischof von St POumllten Altbischof Dr Franz Zak zu dessen Dioumlzese MiJitaumlrdekan Msgr Werner gehoumlrte und dessen Nachfolger Bischof Dr Kurt Krenn

Nach dem Kirchenrecht ist mit dem Amt des Bischofkoadjutors das Recht auf Nachfolge verbunshyden

Die Bischofsweihe fand in Anshywesenheit des Bundespraumlsidenten Dr Kurt Watdheim des Erzbishyschofs von Wien Dr Hans Hershymann Kardinal Groer des Nuntius DDr Donato Squicciarini des Bunshydesministers tuumlr Landesverteidishygung Dr Werner Fasslabend eishynes groszligen Teils des Bischofskolshylegiums sowie der militaumlrischen und zivilen Spitze des Bundesminishysteriums fuumlr Landesverteidigung und des Bundesheeres statt

In seiner Predigt verwies Militaumlrshybischof Dr Alfred Kostelecky ausshydruumlcklich auf die Schutzfunktion des oumlsterreichischen Soldaten und auf die Legitimaumlt des Soldashytenseins wie sie in einigen Schriftstellen zum Ausdruck kommt und auch durch Gaudium et spes festgestellt wird Er wies aber auch auf die Moumlglichkeit hin dem Frieden in anderer Weise zu dienen

Der neue Militaumlrbischofkoadjushy

tor ging in seiner Ansprache nach der Bischofsweihe auf den Beitrag der oumlsterreichischen Soldaten im Rahmen der friedenssichernden und friedenserhaltenden Operatioshynen der Vereinten Nationen ein die durch die Verleihung des Frieshydensnobelpreises im Jahr 1988 geshywuumlrdigt worden sind

Er betonte den Auftrag an das Bundesheer zur Friedenserhaltung im Sinne der Bundesverfassung Aufgabe der Militaumlrseelsorge sei es den Friedensgedanken den Soldaten aller Dienstgrade naheshyzubringen Mi I itaumlrbischofkoadjushytor Mag Werner ging dann auch auf das Anliegen der Katholischen Jugend ein den Zivildienst als Beishytrag zum Frieden anzuerkennen Hier soll ein Nebeneinander und Miteinander wenn auch auf untershyschiedlichen Wegen moumlglich sein

Im folgenden soll nun der Leshybensweg unseres Militaumlrbischofshykoadjutors skizziert werden

Bischofkoadjutor Mag Msgr Christian Werner wurde am 27 April 1943 in Gogolin (Oberschleshysien) geboren und verbrachte seishyne Kindheit und Jugendzeit in Wien Nach der Reifepruumlfung im Jahre 1962 arbeitete er ein Jahr bei der oumlsterreichischen Post- und Teshylegraphenverwaltung und entshyschied sich dann fOr die Offiziersshylaufbahn Er absolvierte von 1964 bis 1967 die Theresianische Milishytaumlrakademie und wurde bald nach seiner Ausmusterung als Erziehershyoffizier bei den Zoumlglingen des MiIishy

197 Auftrag 201

taumlrrealgymnasiums eingesetzt Hier begann er mit dem Studium

der Theologie das er im Priestershyseminar der Dioumlzese St Poumllten fortsetzte

Bischof Dr Franz Zak der zu dieser Zeit auch das Amt des Milishytaumlrvikars ausuumlbte weihte ihn am 29 Juni 1977 zum Priester Mag Christian Werner war die ersten drei Jahre dann aber nicht in der Dioumlzese St Poumllten sondern in der Erzdioumlzese Wien als Kurat an der Probsteikirche in Wien er lIeushystadt - dem damaligen Sitz von Weihbischof Florian Kuntner - taumlshytig

Im Jahr 1980 entschied sich Mag Werner dann fuumlr die Militaumlrshyseelsorge und wurde Militaumlrpfarrer beim Militaumlrkommando Niedershyoumlsterreich in St Poumllten

Mit 1 Januar 1986 wurde Militaumlrshysuperior Mag Christian Werner zum Militaumlrpfarrer an der Theresiashynischen Militaumlrakademie in Wiener Neustadt bestellt

Zu dieser Funktion gehoumlren nicht nur die Seelsorge lebensshykundlicher Unterricht und Wehrshyethik im Rahmen der Offiziersausshybildung sondern auch das Amt des Kirchenrektors an der St-Geshyorgs-Kathedrale der Bischofskirshyche des Militaumlrbischofs von Oumlstershyreich

Als kirchengeschichtlich intershyessant sei hier angemerkt daszlig Mishylitaumlrbischof Dr Kostelecky in Wieshyner Neustadt zwei Bischofskirshychen hat die St-Georgs-Kathedrashyle in der Burg - die Bischofskirshy

che des Militaumlrbischofs - und die Propsteikirche den fruumlheren Dom von Wiener Neustadt die seine Bishyschofskirche als Titularbischof von Wiener Neustadt ist Wiener Neustadt war von 1459 bis 1784 Bistum - und hat da der letzte Bishyschof von Wiener Neustadt auch

CHRISTUS PAX NOSTRA

Der Weinstock im roten Feld symbolishysiert den Familiennamen Werner (abshy

geleitet von Weinherr) Rechts oben das rote Tatzenkreuz im goldenen Feld Das Abzeichen des St Georg Ritterordens welches zum Wappen des Beistums Wiener Neushy

stadt wurde Rechts unten Kreuz und Oumllzweig beshyziehen sich auf den Wahlspruch des ershysten Militaumlrbischofs der Republik

Oumlsterreich Pax et Iustitia Der Wahlspruch lautet CHRISTUS PAX NOSTRA (Christus ist unser

Friede)

198

das Amt des Miltaumlrvikars innehatshyte damit eine enge Verbindung zur Mi I itaumlrseelsorge

An der St-Georgs-Kathedrale die traditionell auch der Bevoumllkeshyrung offensteht hat sich unter Militaumlrdekan Mag Msgr Christian Werner ein sehr lebendiges Geshymeindeleben entwickelt Hier war es vor allem die Art wie er die Gotshytesdienste gestaltete die ihm rasch seine Gemeinde gewann Durch sein herzliches und offenes Zugehen auf seine Pfarrangehoumlrishygen fand er vor allem rasch zu den Kindern und Jugendlichen Seine Liebe zur Musik und seine uumlbershyzeugende VerkOndigung des Worshytes Gottes praumlgten die Feier des Gottesdienstes

Die Arbeitsgemeinschaft kathoshylischer Soldaten wuumlnscht Militaumlrshybischofkoadjutor Mag Msgr Wershyner fuumlr sein neues Amt den Segen Gottes (Die Redaktion des Aufshytrags schlieszligt sich diesen Wuumlnshyschen an) Seine Ernennung wurde in der Militaumlrdioumlzese allgemein mit Dankbarkeit und Freude aufgeshynommen

Michael Haubl

Katholisches Militaumlrbischofsamt beim Katholikentag vertreten

Europa bauen in der Einen Welt - zum Thema des diesjaumlhri-

Auftrag 201

gen Katholikentages bietet die Kashytholische Militaumlrseelsorge die Geshymeinschaft Katholischer Soldaten sowie das Apostolat Militaire Inshyternational in Zusammenarbeit mit der franzoumlsischen Militaumlrseelsorge ein vielfaumlltiges Programm an Milishytaumlrgeistliche Mitarbeiter der Kurie des Katholischen Militaumlrbischofs und die Gemeinschaft Katholishyscher Soldaten haben interessanshyte Moumlglichkeiten der Begegnung vorbereitet

Am Freitag dem 19 Juni findet in der Karlsruher St Michaelskirshyche ein Internationaler SoldatenshygotteSdienst mit dem Thema Mit Gott versoumlhnt - FOr den Frieden in der Welt und anschlieszligend eine Stunde der Begegnung statt Der Kathol ische Mi I itaumlrbishyschof Erzbischof Johannes Dyba zelebriert diese Meszligfeier Er hat die katholischen Militaumlrbischoumlfe und Soldaten aus 13 verschiedeshynen west- und osteuropaumlischen Nationen zum Katholikentag einshygeladen Den Soldaten soll dashydurch nicht zuletzt die Moumlglichkeit gegeben werden in Gemeinschaft ihren Glauben auf dem Weg in ein sich einigendes Europa zu bezeushygen

In der Halle der Bistomer laden Mitarbeiter im Jurisdiktionsbeshyreich des KatholiSChen Militaumlrbishyschofs zur Information Ober die Mishylitaumlrseelsorge ein

Auch die Podiumsgespraumlche der Gemeinschaft Katholischer Soldashyten greifen das Thema Europa auf Europas Soldaten als Weltpolizishy

2 Auftrag 201

AUS GKS UND PGR Handreichung zum Jahresthema der GKS 1992 (Paul Brochhagen) 146 Europa bauen in der einen Welt Wir bauen mit (Rudolf Grulich) 147 Wehrbereich 11 - Verabschiedung Wehrbereichsdekan Dr Eduard Quiter 167 Ehrung tOr Oberst a D Fettwels 169 Festakademie Weltfriedenstag 9 Januar 1992 in Bonn 169

BegrOszligungsansprache (Paul E Vosseler) 169 Festvortrag von Erzbischof Dr Lajos Kada Apostolischer Nuntius 172

Weltfriedanstag 1992 in Munster(Emii Kladiwa) 180 Tagung der Generalversammlung der Organisation International Catholic OIC In Rom vom 7 -14 12 1991 (Ganter Thye) 184 GKS-Bereich See 190

Wochenende der Begegnung (Ganter Thye) 190 Bericht uumlber ein Wochenende der Begegnungen in Nienhagen (Monlka Henig) 193

Wallfahrt nach Santiago de Compostela (Walter Hatten) 195 Weihe eines Bischofkoadjutors fQr den Militaumlrbischof von Oumlsterreich (Michael Haubi) 195 Katholisches Militaumlrbischofsamt beim Katholikentag vertreten (Marlene Beyei) 198

Auftrag 201 199

sten - Dienst und Auftrag des Soldaten heute Da der diesjaumlhrishyge Katholikentag erstmals wieder gesamtdeutsch ist soll auch die Eingliederung der ehemaligen NVA-Soldaten in die deutSChe Bundeswehr nicht unerwaumlhnt bleishyben In einem Kleinforum Lust und Frust an der deutschen Einshyheit wird anhand von Erfahrungen aufgezeigt wie die Problematik des deutsch-deutschen Zusamshymenwachsens aufgefangen wershyden koumlnnte

Die Katholische Militaumlrseelsorshyge veranstaltet ein Werkstattgeshyspraumlch mit dem Titel Kinder des kalten Kriegs - wo ist unsere Zushykunft Junge SOldaten aus westshy

und osteuropaumlischen Laumlndern taushyschen ihre Erfahrungen als christshylich orientierte Soldaten angeshySichts des Endes der Ost-Westshykonfrontation aus und suchen nach Modellen fOr eine europaumlishysche Friedensordnung

Im Themenkreis 111 Stadt der ofshyfenen Tore fOhrt das Katholische Militaumlrbischofsamt eine TalkshyShow zum Thema Versoumlhnung und Zusammenarbeit an einer geshymeinsamen Friedensordnung durch

Marlene Beyel (aus REPORT Informationen rund um den Katholikentag 292)

Zeter und Mordio Srhreien hilf1 nicht wenn die Kirche in den Medien wieder einmal durch den

Kokoo gezogen wird Unterstuumllzen Sie lieber die gemeinnuumltzige Arbeit des Kolholiltichen Prembundes Wir sorgen dafuumlr da6 die Stimme des Glaubens in

den Medien nicht unlergehl

Ih erbitte noumlhere Informationen

Katholilcher Pre~bund eV AdellOuerallee 134 5300 Bonn 1

auftrag ist das Organ der GEMEINSCHAFT KATHOLISCHER SOLDATEN (GKS) und erscheint vierteljaumlhrlich

Herausgeber GEMEINSCHAFT KATHOLISCHER SOLDATEN (GKS)

Redaktion Klaus Brandt Oberst leutnant verantwortlicher Redakteur Helmut Fettwejs Obers t a O Redakteur Wilhelm Lehmkaumlmper Oberstleutnant a D Gesellschaft und Kirche

Brief-Zuschriften Klaus Brandt Redakteur Post fach3003035060 Berg Gladbach 1

Uumlberweisungen auf Konto Nr 2532786 BLZ 38040007 Commerzbank Bonn Zweigs telle Adenauerallee oder 165035-506 Pos tscheckamt Kouml ln - Generalshyvikariat des Katholischen Mi litaumlrbi schofs - Vermerk Spendenkonto der GKS

Nachdruck auch austugsweise nur mit Quellenangabe und mit Genehmigung der Redaktion

Druck Koumll len Druck amp Verlag GmbH SChoumlntalweg 5 5305 BonnmiddotOedekoven

Nachbestell~ngen gegen eine Schutzgebuumlhr on 5- DM an den ausliefernden Verlag

  • AUFTRAG-201-apr-1992 Titelblatt
  • INHALTSVERZEICHNIS
  • BESINNLICHES
    • Die Glaumlubigen vereint im Aufbau des Friedens - Botschaft von Papst Johannes Paul ll zur Feier des 25 Weltfriedenstages 1992
      • Sittliche und religioumlse Natur des Friedens
      • Den Geist von Assisi wiederbeleben
      • Die Kraft des Gebets
      • Oumlkumenischer Dialog und inter-religioumlse Beziehungen
      • Der Weg der zuruumlckgelegt werden muss
      • Gemeinsam den Frieden in Gerechtigkeit bauen
      • Notwendige Unterstuumltzung von seiten der Verantwortlichen der Nationen
      • Ein besonderes Wort fuumlr die Christen
        • Gottes Wort als Kraftquelle - Erzbischof Dyba ruft zu lebendigem Umgang mit der Bibel auf
        • Das geistliche Wort (Walter Theis)
        • Bibel-Weg im April (Elisabeth Enssle)
        • Die Wuumlrde des Menschenist unantastbar (Art 1 GG) - Initiative fuumlr ein friedliches Zusammenleben mit allen Fremden
          • Koumlnnen Sie sich vorstellen
          • Was halten Sie davon
          • Was halten Sie jetzt davon
          • Und die Wirklichkeit
          • Was muumlssen wir tun
            • Sein Wort - Gottes Wort Unsere Worte - Menschenworte (Helmut Fettweis)
              • Situation vor dem Konzil
              • Nach dem Konzil
              • Was nun
                • Heilige Messe Zauberei oder Humbug - Beobachtungen bei einer Amtseinfuumlhrung in Ostdeutschland (Heribert Lehmberger)
                • Stand der Beratungen zum Schutzdes ungeborenen Kindes (DBK)
                • Woche fuumlr das Leben 1992 (DBK)
                • Kirchentraumlume junger Menschen
                • Der Christ zwischen Angst und Vertrauen (Johannes Cofalka)
                  • 1 Vorbemerkung
                  • 2 Was ist Angst
                  • 3 Tiefen der Angst
                  • 4 Angst im Alten und NeuenTestament
                  • 5 Die Angst des Soldaten
                  • 6 Das Kind in der Angst
                  • 7 Der Christ in der Katastrophe
                  • 8 Schluszliggedanken
                  • Arbeits und OrientierungshIlfen
                    • Gottes ungeduldige Toumlchter - Abschied vom Patriarchat (MidK)
                      • Es war einmal Die junge Kirche war frauenfreundlich
                      • Die Unterdruumlckung der Frauen hat eine lange traurige Geschichte
                      • Die Geduld der Frauen geht zu Ende
                      • Die Zeit schoumlner Worte ist vorbei
                        • Uumlber Bildung und Religion - Einem Suchenden (Hans Bahrs)
                          • EUROPA
                            • Europa hat Geschichte
                              • Europa - sagenhaft
                              • Europaumlische Geschichte in acht Minuten
                              • Die europaumlischen Groszligmaumlchte
                              • Der Beginn der Nationalstaaten
                              • Das Ende europaumlischerVormachtstellung
                              • Deutschland das geographische Zentrum Europas
                                • Europa - Zu seinen geistigen und ethischen Grundlagen (Hans Buchheim)
                                  • Politische Einigung und christliches Erbe Europas
                                  • Die neuzeitliche Idee der Freiheit ist christlichen Ursprungs
                                  • Der sittliche Sinn der weltanschaulichen Neutralitaumlt des Staates
                                  • Die Bedeutung der Aufklaumlrung
                                  • Gerechtigkeit
                                  • Solidaritaumlt
                                  • Subsidiaritaumlt
                                  • Politische Freiheit setzt Offenheit zur Transzendenz voraus
                                  • Menschenwuumlrde
                                  • Die europaumlische politische Zivilisationist Gemeingut aller europaumlischenVoumllker
                                  • Der Beitrag der Christen zur Einigung Europas
                                  • Anmerkungen
                                  • Zur Person des Verfassers
                                    • Ergebnisse und Schlussfolgerungen des Europa-Studientages bei der Herbstvollversammlung der DBK 1991
                                    • Die Volksgruppen in einem vereinten Europa (ZdK)
                                      • Vorbemerkung
                                      • I Einleitung
                                      • II Bestandsaufnahme
                                      • III Die Rolle der Kirche
                                      • IV Unsere Aufgaben
                                        • 1 Information und Kommunikation
                                        • 2 Grenzuumlberschreitende Zusammenarbeit und Regionalismus
                                        • V Auf dem Weg zum vereinten Europa
                                          • Anhang
                                            • Festung Europa Die Vollendung des Binnenmarktes in der EG bringt den 240 Millionen Europaumlern bare Vorteile Doch der wirtschaftliche Profit geht - wiedereinmal - auf Kosten der Armen in der Dritten Welt (Hans Joachim Hofmann)
                                              • Abschottung gegen Waren von auszligen
                                              • Verschuldung als Schlinge um den Hals
                                              • Lukrative Geschaumlfte mit Osteuropa
                                                • Migrationin Europa - vom Auswanderungs- zum Einwanderungskontinent (Peter Koumlppinger)
                                                  • Migrationspolitik von der nationalen zur europaumlischen Ebene
                                                  • Natuumlrliche und kuumlnstliche Grenzen
                                                  • Die Herausforderungen
                                                  • Kulturelle Vielfalt bewahren
                                                  • Fluchtursachen bekaumlmpfen
                                                  • Hilfe bei Katastrophen
                                                  • Aufnahme fuumlr alle die Schutz brauchen
                                                  • Zusammenleben mit Menschen aus verschiedenen Kulturen
                                                  • Irrwege der Auslaumlnderpolitik
                                                  • Kulturelle Erneuerung
                                                    • Zur Festigung des Friedens beitragen
                                                    • Pax europaea (Johannes Dyba)
                                                    • Neuevangelisierung Europas - Gemeinsam schaffen wirs (MidK)
                                                      • Die wichtigsten Erfahrungen
                                                      • Was die Kirche des Westens in das neue Europa einzubringen hat
                                                        • Offenheit Verstaumltndnis Dialog und Kooperation - Familienpolitische Thesen fuumlr Europa
                                                          • Wir tun uns schwer mit der Definition von Familie
                                                          • Das Konzept Familie muss inhaltlich aufgefuumlllt werden
                                                          • Von der impliziten zur expliziten Familienpolitik
                                                          • Organisatorische Prinzipien der Familienpolitik
                                                          • Familien brauchen Freiheit und Frieden
                                                          • Familienpolitik darf nicht zur Sozialpolitik verkuumlrzt werden
                                                          • Keine europaumlische Familienpolitik ohne die Familien
                                                          • Der spezifisch christliche Beitrag
                                                              • KIRCHE UND STAAT
                                                                • Zur Lage der kath Militaumlrseelsorge (DBK)
                                                                • Unabhaumlngigkeit ist garantiert - Keine Aumlnderung des Seelsorgevertrages (Heribert Lemberger)
                                                                • Immer ein offenes Ohr fuumlr die Menschen - Staat und Kirche wuumlrdigen Engagement von Erzbischof Kredel (NIMM)
                                                                • Vom schwierigen Umgang mit der Vergangenheit - Hat sich die kath Kirche im Griff des SED-Staates befunden - Das Dilemma der Historiker (Ulrich Kluge)
                                                                  • Der Staat brach in die Kirche ein
                                                                  • Konflikte der historischen Forschung
                                                                    • Beitrag der Konferenz der OIC zum Auftrag der Kirche in Europa (Juumlrgen Bringmann)
                                                                      • Im Westen
                                                                      • Im Osten
                                                                      • Die Situation heute und ein Ausblick in die Zukunft
                                                                        • Erklaumlrung von Rom zum Internationalen Jahr der Familie 1994 (Juumlrgen Bringmann)
                                                                          • GESELLSCHAFT NAH UND FERN
                                                                            • Diese Truumlmmer haben Zukunft (Roger Gerhardy OSA)
                                                                              • Ein bluumlhendes Gemeinwesen
                                                                              • Wiederbelebung
                                                                              • Ein Haus voller Leben
                                                                                • Christen in Staaten unter islamischer Vorherrschaft (Wilhelm Lehmkaumlmper)
                                                                                  • Hochachtung fuumlr die Muslime
                                                                                  • Der Islam ist eine militante und aggressive Religion
                                                                                  • Die Christen im Iran
                                                                                  • Die Christen in der Tuumlrkei
                                                                                  • Die Welt des Islam
                                                                                    • Bischof Lehmanngruumlszligt Muslime zum Ende des Ramadan (KNA)
                                                                                    • Die Demokratisierung in der CSFR-Armee (Joachim Georg Goumlrlich)
                                                                                    • Polens Armee Wenn der Saulus zum Paulus wird (Joachim Georg Goumlrlich)
                                                                                    • Sicherung des Friedens vordringlich (Marlene Beyel)
                                                                                    • Ein Italiener kontrolliert die Verteilung der Hilfsguumlter - Von den alltaumlglichen Schwierigkeiten der Caritas bei ihrer humanitaumlren Arbeit in Moskau (Anja Iven)
                                                                                    • Der wahre Wert des Geldes - Symbolik in stabiler Waumlhrung am Beispiel der Deutschen Mark (Wollgang Altendorf)
                                                                                      • Eklatantes Unwissen
                                                                                      • Umfassender als Philosophie
                                                                                      • Gespiegelte Wertlosigkeit
                                                                                      • Geld und Ware
                                                                                      • Treibende Kraft Wille des Neubeginns
                                                                                      • Kulturell wissenschaftliche und soziale Wertausweisung
                                                                                      • Ebenso durch Ketten wie durch instabile Waumlhrung
                                                                                        • Seniorenbeauftragter (Willy Trost)
                                                                                        • Ein alter Traum wird Wirklichkeit (Arthur Schopf)
                                                                                          • AUS GKS UND PGR
                                                                                            • Handreichung zum Jahresthema der GKS 1992 (Paul Brochhagen)
                                                                                              • Vorwort
                                                                                              • Europa bauen in der einen Welt Wir bauen mit (Rudolf Grulich)
                                                                                                • Einleitung
                                                                                                • 1 Ist Europa ein Missionsland
                                                                                                  • Entwicklung nach dem11 Weltkrieg
                                                                                                  • Chancen durch den politischen Umbruch im Osten Europas
                                                                                                      • 2 Was steckt hinter dem Begriff des christlichen Abendlandes - oder Wie christlich ist Europa
                                                                                                        • Die Missionierung Osteuropas
                                                                                                        • Geburtsstunde Europas
                                                                                                        • Gemeinsamer Urgrund
                                                                                                        • Entchristlichung und Saumlkularisierung
                                                                                                        • Vormarsch nichtchristlicher Religion
                                                                                                          • 3 Welche Rolle spielt die kath Kirche Deutschlands in diesem Europa
                                                                                                          • 4 Welches Europa wollen wir bauen
                                                                                                            • Europa der Menschen
                                                                                                            • Europa der Voumllker
                                                                                                              • 5 Welche Aufgaben liegen vor uns
                                                                                                                • Wie koumlnnen wir mitbauen
                                                                                                                  • a Gebet
                                                                                                                  • b Informationen
                                                                                                                  • c Hilfe
                                                                                                                    • Die Zukunft liegt in der Zusammenarbeit
                                                                                                                      • Anhang
                                                                                                                        • Weiterfuumlhrende Literatur
                                                                                                                          • a) Kirchliche Dokumente
                                                                                                                          • b) Ausgewaumlhlte Literatur
                                                                                                                            • Wehrbereich II Verabschiedung Wehrbereichsdekan Dr Eduard Quiter (NIMM)
                                                                                                                            • Ehrung fuumlr Oberst aD Fettweis (Kompass)
                                                                                                                            • Bonn Festakademie Weltfriedenstag am 9 Januar1992
                                                                                                                              • Begruumlszligungsansprache (Paul E Vosseler)
                                                                                                                              • Festvortrag von Erzbischof Dr Lajos Kada Apostolischer Nuntius in Deutschland
                                                                                                                                • 1 Der Friede Gottes der alle Vernunftuumlbersteigt (Phil 24) ist Fundament christlicher Friedensbemuumlhungen
                                                                                                                                • 2 Alle Menschen sind verpflichtet den Frieden zu erstreben
                                                                                                                                • 3 Gemeinsam den Frieden in Gerechtigkeit bauen
                                                                                                                                    • Munster Weltfriedenstag 1992 (Emil Kladiwa)
                                                                                                                                    • Tagung der Generalversammlung der Organisation International Catholic OIC in Rom vom 07-14121991 (Guumlnter Thye)
                                                                                                                                    • GKS - Bereich See
                                                                                                                                      • Wochenende der Begegnung (Guumlnter Thye)
                                                                                                                                      • Bericht uumlber ein Wochenende der Begegnungen in Nienhagen (Monika Henig)
                                                                                                                                        • Wallfahrt nach Santiagode Compostela (Walter Huumltten)
                                                                                                                                        • Weihe eines Bischofkoadjutors fuumlr den Militaumlrbischof von Oumlsterrreich (Michael Haubl)
                                                                                                                                        • Katholisches Militaumlrbischofsamt beim Katholikentag vertreten (Marlene Beyel)
                                                                                                                                          • IMPRESSUM
Page 4: Auftrag April 1992 Heft 201...Auftrag 201 3 BESINNLICHES Die Gläubigen vereint im Aufbau des Friedens Botschaft von Papst Johannes Pauill. zur Feier des 25. Weltfriedenstages am 1.

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der Einsatz fOr den Frieden betrifft jeden Menschen guten Willens und das ist der Grund warum die verschiedenen Botschaften jeshyweils an alle Mitglieder der Menschheitsfamilie gerichtet wurshyden Doch dringend auferlegt ist die Verpflichtung allen die sich zum Glauben an Gott bekennen und noch mehr den Christen die zu ihrem Fuumlhrer und Meister den Friedensfuumlrsten haben (Jes 95)

Sittliche und religioumlse Natur des Friedens

2 Das Streben nach Frieden ist der menschlichen Natur angeboshyren und findet sich in den verschieshydenen Religionen Es kommt zum Ausdruck in dem Wunsch nach Ordnung und Ruhe in der Haltung der Verfuumlgbarkeit gegenuumlber dem anderen in der auf gegenseitiger Achtung beruhenden Zusammenshyarbeit und Teilnahme Diese vom Naturgesetz empfohlenen und von den Religionen in Erinnerung gerushyfenen Worte erfordern zu ihrer Entshyfaltung die solidarische Mitwirshykung aller der Politiker der Leiter internationaler Organisationen der Unternehmer und der Arbeiter der Vereinigungen und Gruppen und der privaten Barger Es hanshydelt sich um eine ganz klare Pflicht fuumlr alle die sie um so mehr vershypflichtet wenn sie glaumlubig sind Denn den Frieden zu bezeugen tur ihn taumltig zu sein und zu beten ist einem kohaumlrenten religioumlsen Vershyhalten eigen

Auftrag 201

Das erklaumlrt warum auch in den heiligen Buumlchern der verschiedeshynen Religionen der Bezug zum Frieden im Rahmen des Lebens des Menschen und seiner Bezieshyhung zu Gott einen wichtigen Platz einnimmt So zum Beispiel wenn fuumlr uns Christen Jesus Christus Sohn dessen der Plaumlne des Heils - d h des Friedens - und nicht des Unheils hat (Jer 29 11) unser Friede ist (Eph 2 14) fuumlr unsere jOdischen Bruumlder das Wort shalom Gluumlckwunsch und Segen in einem Zustand der Harmonie des Menschen mit sich selbst mit der Natur und mit Gott zum Ausshydruck bringt waumlhrend fOr die musshylimischen Glaumlubigen der Begriff salam so bedeutsam ist daszlig er einen der leuchtenden goumlttlichen Namen darstellt Man kann sagen religioumlses Leben muszlig wenn es authentisch gelebt wird Fruumlchte des Friedens und der Bruumlderlichshykeit hervorbringen denn es gehoumlrt zum Wesen der Religion eine imshymer engere Bindung zur Gottheit zu foumlrdern und eine immer solidarishyschere Beziehung der Menschen untereinander zu unterstuumltzen

Den Geist von Assisi wiederbeleben

3 Von dieser Uumlbereinstimmung hinsichtlich dieses Wertes Obershyzeugt habe ich mich vor fuumlnf Jahshyren an die Verantwortlichen der christlichen Kirchen und der groshyszligen Weltreligionen gewandt und sie zu einem besonderen Gebetsshy

5 Auftrag 201

treffen tor den Frieden eingeladen das in Assisi abgehalten wurde Die Erinnerung an jenes bedeutenshyde Ereignis hat mir nahegelegt die Aufmerksamkeit auf das Thema der Solidaritaumlt der Glaumlubigen fOr eben dieses Anliegen zu lenken

In Assisi kamen aus den vershyschiedenen Kontinenten die geistshylichen Fuumlhrer der wichtigsten Relishygionen zusammen Das war ein konkretes Zeugnis fOr die univershysale Dimension des Friedens die Bestaumltigung daszlig der Friede nicht bloszlig das Ergebnis geschickter poshylitisch-diplomatischer Verhandlunshygen oder eigennuumltziger wirtschaftshylicher Kompromisse ist sondern wesentlich von dem abhaumlngt der das Herz der Menschen kennt und ihre Schritte ausrichtet und lenkt Als Menschen die um das Schickshysal der Menschheit besorgt sind haben wir gemeinsam in der Abshysicht gefastet auf diese Weise unshyser Verstaumlndnis und unsere Solishydaritaumlt mit den Millionen und Abershymillionen von Menschen zum Ausshydruck zu bringen die in der ganzen Welt Opfer des Hungers sind Als Glaumlubige denen die Geschehnisshyse der menschlichen Geschichte am Herzen liegen sind wir gemeinshysam zu Pilgern geworden indem wir schweigend uumlber unseren geshymeinsamen Ursprung und uumlber unshyser gemeinsames Schicksal Ober unsere Grenzen und Verantwortshylichkeiten uumlber die Hilferufe und Erwartungen so vieler Bruumlder und Schwestern nachdachten die unshysere Hilfe in ihrer Not erwarten

Was wir damals getan haben inshydem wir beteten und unser starkes Engagement fuumlr den Frieden auf Erden unter Beweis stellten muumlsshysen wir weiter und immer noch tun Wir muumlssen den unverfaumllschten Geist von Assisi nicht nur aus eishyner Verpflichtung zu Konsequenz und Treue aufrechterhalten sonshydern auch um den kuumlnftigen Geshynerationen einen Grund zur Hoffshynung zu bieten In der Stadt des hl Franziskus haben wir einen geshymeinsamen Weg begonnen der weitergegangen werden muszlig ohne natuumlrlich die Suche nach anshyderen Wegen und neuen Mitteln fOr einen soliden auf geistlichen Fundamenten aufgebauten Frieshyden auszuschlieszligen

Die Kraft des Gebets 4 Bevor ich mich jedoch an die

menschlichen Faumlhigkeiten wende moumlchte ich wieder die Notwendigshykeit eines eindringlichen und deshymuumltigen vertrauensvollen und ausdauernden Gebetes beteuern wenn wir wollen daszlig die Welt endlich zu einem Haus des Frieshydens werde das Gebet ist im wahrshysten Sinne des Wortes die Kraft um das zu erflehen und zu erreishychen Das Gebet floumlszligt Mut ein und gibt Halt jedem der dieses Gut liebt und nach eigenen Moumlglichshykeiten und in den verschiedenen Umgebungen in denen er jeweils lebt foumlrdern will Waumlhrend uns das Gebet die Begegnung mit Gott eroumlffnet bereitet es uns auch auf

6

die Begegnung mit dem Naumlchsten vor da es uns hilft zu allen ohne jede Diskriminierung Beziehungen herzustellen die von Achtung Vershystaumlndnis Wertschaumltzung und lieshybe bestimmt sind

Das religioumlse Empfinden und der Geist der Gebetes lassen uns nicht nur in unserer Innerlichkeit wachsen sondern erleuchten uns auch hinsichtlich der wahren Beshydeutung unseres Daseins in der Welt Ja man kann auch sagen die religioumlse Dimension spornt uns an mit groumlszligtem Eifer unseren Beishytrag zum Aufbau einer geordneten Gesellschaft in der Frieden herrscht zu leisten

Das Gebet ist das Band das uns am wirksamsten verbindet weil sich dank ihm die Glaumlubigen dort begegnen wo Ungleichheiten Unshyverstaumlndnis Groll und Feindseligshykeiten uumlberwunden werden naumlmshylich vor Gott dem Herrn und Vater aller Insofern es wahrer Ausdruck der richtigen Beziehung zu Gott und zu den anderen Menschen ist ist es bereits ein positiver Beitrag zum Frieden

Oumlkumenischer Dialog und inter-religioumlse Beziehungen

5 Das Gebet darf nicht das Einshyzige bleiben und muszlig unbedingt mit anderen konkreten Handlunshygen einhergehen Jede Religion hat ihre Anschauung bezuumlglich der Taten die zu vollbringen und der Wege die zu durchlaufen sind um den Frieden zu erreichen Waumlhrend

Auftrag 201

die katholische Kirche mit aller Klarheit ihre Identitaumlt ihre Lehre und ihre Heilssendung fuumlr alle Menschen geltend macht lehnt sie nichts von alledem ab was in den anderen Religionen wahr und heilig ist Mit aufrichtigem Ernst betrachtet sie jene Handlungsshyund Lebensweisen jene Vorschrifshyten und Lehren die zwar in manshychem von dem abweichen was sie selber fuumlr wahr haumllt und lehrt doch nicht selten einen Strahl jener Wahrheit erkennen lassen die alle Menschen erleuchtet (Erklaumlrung uumlber das Verhaumlltnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen Nostra aetate 2)

Ohne die Unterschiede absichtshylich zu uumlbersehen und zu verrinshygern ist die Kirche uumlberzeugt daszlig es in bezug auf die Friedensfoumlrdeshyrung manche Elemente oder Aspekte gibt die gemeinsam mit den Anhaumlngern anderer Religioshynen und Bekenntnisse nutzbrinshygend entwickelt und verwirklicht werden koumlnnen Das streben die inter-religioumlsen Kontakte und ganz besonders der oumlkumenische Diashylog an Dank diesen Formen der GegenObersteilung und des Ausshytausches konnten sich die Religioshynen ihrer gewiszlig nicht leichten Vershyantwortung hinsichtlich des wahshyren Wohles der ganzen Menschshyheit klarer bewuszligt werden Heute scheinen sie fester entschlossen sich nicht von parteilichen Interesshysen oder politischen Zielen instrushymentalisieren zu lassen und sind darauf bedacht eine bewuszligtere

7 Auftrag 201

und ausgepraumlgtere Haltung einzushynehmen und die sozialen und kulshyturellen Wirklichkeiten in der Voumllshykergemeinschaft mit Leben zu ershyfOlien Das gestattet ihnen als akshytive Kraft im Entwicklungsprozeszlig mitzuwirken und somit der Menschheit eine sichere Hoffnung zu bieten Es ist bei nicht wenigen Gelegenheiten offenkundig geworshyden daszlig sich ihr Einsatz als wirshykungsvoller erwiesen haumltte wenn er gemeinsam und aufeinander abshygestimmt durchgefOhrt worden waumlre Ein solches Vorgehen der Glaumlubigen kann entscheidend sein fOr die Befriedung der Voumllker und die Uumlberwindung der immer noch bestehenden Spaltungen zwishyschen Zonen und Welten

Der Weg der zuruumlckgelegt werden muszlig

6 Um dieses Ziel einer aktiven Zusammenarbeit fOr die Sache des Friedens zu erreichen ist noch ein weiter Weg zuruumlckzulegen Es ist der Weg des gegenseitigen Kenshynenlernens das in unserer Zeit von der Entwicklung der sozialen Komshymunikationsmittel begOnstigt und durch die Anbahnung eines aufshyrichtigen und erweiterten Dialoges erleichtert wird es ist der Weg des hochherzigen Verzeihens der bruumlshyderlichen Versoumlhnung der Zusamshymenarbeit auch in begrenzten oder Sekundaumlrbereichen die aber imshymer dasselbe Anliegen betreffen es ist schlieszliglich der Weg des taumlgshylichen Zusammenlebens wo man

Anstrengungen und Opfer miteinshyander teilt um dasselbe Ziel zu ershyreichen Auf diesem Weg ist es wahrscheinlich noch vor ihren Fuumlhrern Sache der einzelnen Glaumlushybigen das heiszligt derjenigen die sich zu einer Religion bekennen die Muumlhe auf sich zu nehmen und gleichzeitig die Genllgtuung zu hashyben gemeinsam den Frieden aufshyzubauen

Die inter-religioumlsen Kontakte scheinen neben dem oumlkumenishyschen Dialog nunmehr die vorgeshyschriebenen Wege zu sein damit so viele schmerzliche Verletzunshygen die im Laufe der Jahrhunderte geschehen sind nicht mehr vorshykommen und die noch vorhandeshynen schnell geheilt werden Wer glaubt muszlig Baumeister des Frieshydens vor allem durch das persoumlnlishyche Vorbild seiner rechten inneren Haltung sein die in konsequenten Handlungen und Verhaltensweishysen auch nach auszligen projiziert wird Gelassenheit Ausgeglichenshyheit Uumlberwindung der Triebe Ershytollung von Haltungen wie Versteshyhen Verzeihen hochherzige Hinshygabe Oben einen frieden stiftenshyden Einfluszlig unter den Menschen der eigenen Umgebung und der eishygenen religioumlsen und zivilen Geshymeinschaft aus

Deshalb fordere ich am komshymenden Weltfriedenstag alle Glaumlushybigen auf eine ernsthafte Gewisshysensprotung vorzunehmen um besser darauf vorbereitet zu sein die Stimme des Gottes des Frieshydens (vgl 1 Kor 14 33) zu houmlren

8 Auftrag 201

und sich mit erneutem Vertrauen dem groszligen Vorhaben zu widmen Denn ich bin uumlberzeugt daszlig sie shyund ich hoffe auch die Menschen guten Willens - diesen meinen neuerlichen Appell aufnehmen werden dessen Eindringlichkeit auf die Dringlichkeit des Augenshyblicks abgestimmt ist

Gemeinsam den Frieden in Gerechtigkeit bauen

7 Das Gebet und der einhellige Einsatz der Glaumlubigen fuumlr den Frieshyden mOssen sich mit den Probleshymen und berechtigten Bestrebunshygen der Menschen und der Voumllker ausei nandersetzen

Der Friede ist ein grundlegenshydes Gut das mit der Achtung und der Foumlrderung der wesentlichen Werte des Menschen verbunden ist mit dem Recht auf das Leben in allen Phasen seiner Entwickshylung mit dem Recht auf Anerkenshynung unabhaumlngig von Rasse Geshyschlecht und religioumlser Uumlberzeushygung mit dem Recht auf die fOr das Leben notwendigen materielshylen Guumlter mit dem Recht auf Arshybeit und die gerechte Verteilung ihrer Fruumlchte fuumlr ein geordnetes und solidarisches Zusammenleshyben Als Menschen als Glaumlubige und mehr noch als Christen muumlsshysen wir uns verpflichtet fuumlhlen diese Werte der Gerechtigkeit zu leben die in dem obersten Gebot der Liebe ihre Kroumlnung finden Liebe deinen Naumlchsten wie dich selbst (Mt 2239 Mk 12 31 Lk 10 27)

Noch einmal erinnere ich daran daszlig die strenge Beachtung der Reshyligionsfreiheit und des entspreshychenden Rechts Grundsatz und Fundament des friedlichen Zushysammenlebens ist Es ist mein Wunsch daszlig die Religionsfreiheit nicht nur eine anerkannte Vershypflichtung sein sondern von den politischen und religioumlsen Fuumlhshyrern und von den Glaumlubigen selbst wirklich in die Tat umgesetzt wershyden moumlge von ihrer tatsaumlchlichen Anerkennung erhaumllt die transzenshydente Dimension der menschlishychen Person Gewicht

Es waumlre eine Verirrung wuumlrden sich die Religionen oder Gruppen ihrer Anhaumlnger bei der Auslegung oder Praktizierung des jeweiligen Glaubensgutes zu Formen von Fundamentalismus oder Fanatisshymus hinreiszligen lassen und die Kaumlmpfe und Konflikte mit den anshyderen durch religioumlse Motivierunshygen rechtfertigen Wenn es einen Kampf gibt der des Menschen wuumlrdig ist dann der gegen die eishygenen unmaumlszligigen Leidenschaften gegen jede Art von Egoismus geshygen die Versuche von Veruntreushyung auf Kosten des anderen geshygen jede Art von Haszlig und Gewalt mit einem Wort gegen all das was also das genaue Gegenteil von Frieden und Versoumlhnung ist

Notwendige Unterstuumltzung von seiten der Verantwortmiddot lichen der Nationen

8 Endlich fordere ich die Vershyantwortlichen der Nationen und

9 Auftrag 201

der internationalen Gemeinschaft auf stets groumlszligte Achtung tor das religioumlse Gewissen jedes Menshyschen und fuumlr den qualifizierten Beitrag der Religion zum Fortshyschritt der Zivilisation und zur Entshywicklung der Voumllker zu beweisen Sie sollen nicht der Versuchung nachgeben sich der Religionen zu bedienen indem sie sie besonders dann als Mittel ihrer Macht benutshyzen wenn es darum geht sich dem Gegner militaumlrisch zu widersetzen

Die zivilen und politischen Autoshyritaumlten selber sollen den Religioshynen Achtung und rechtliche Gashyrantien - auf nationaler und intershynationaler Ebene - gewaumlhrleisten und dadurch vermeiden daszlig der Beitrag der Religionen zum Aufshybau des Friedens an den Rand geshydraumlngt in die Privatsphaumlre vershybannt oder uumlberhaupt ignoriert wird

Nochmals fordere ich die oumlffentshylichen Autoritaumlten jeden Ranges auf sich mit wachsamem Vershyantwortungsbewuszligtsein darum zu bemuumlhen Kriegen und Konflikten zuvorzukommen das Recht und die Gerechtigkeit triumphieren zu lassen und gleichzeitig eine Entshywicklung zu foumlrdern die allen und an erster Stelle denen zum Besten gereicht die von den Ketten des Elends des Hungers und des Leishydens gefesselt sind Die in der Abshyruumlstung bereits erzielten Fortshyschritte verdienen Anerkennung die Wirtschafts- und Finanzmittel die bisher fuumlr die Herstellung und den Handel so vieler Todeswerkshy

zeuge aufgewandt wurden sollen jetzt fuumlr und nicht mehr gegen den Menschen verwendet werden koumlnshynen Ich bin sicher daszlig sich Millioshynen von Maumlnnern und Frauen aus der ganzen Welt die nicht die Moumlglichkeit haben ihre Stimme houmlren zu lassen diesem positiven Urteil anschlieszligen

Ein besonderes Wort fuumlr die Christen

9 An dieser Stelle kann ich es nicht unterlassen eine besondere Aufforderung an alle Christen zu richten Der gemeinsame Glaube an den Herrn Christus verpflichtet uns einhellig Zeugnis zu geben vom Evangelium vom Frieden (Eph 6 15) Es ist an erster Stelle unsere Sache uns den anderen Glaumlubigen zu oumlffnen um gemeinshysam mit ihnen mutig und mit Ausshydauer das groszligartige Werk des Aufbaus jenes Friedens in Angriff zu nehmen nach dem sich die Welt sehnt den sie sich aber nicht endguumlltig zu geben vermag Frieshyden hinterlasse ich euch meinen Frieden gebe ich euch hat Jesus zu uns gesagt (Joh 14 27) Diese goumlttliche Verheiszligung erfuumlllt uns mit Hoffnung ja mit der Gewiszligheit goumlttlicher Hoffnung daszlig der Frieshyde moumlglich ist denn bei Gott ist nichts unmoumlglich (vgl Lk 1 37) Der wahre Friede ist in der Tat imshymer ein Geschenk Gottes fOr uns Christen ist er ein wertvolles Geshyschenk des auferstandenen Herrn (vgl Joh 20 19 26)

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Auf die groszligen Herausforderunshygen der heutigen Welt liebe Schwestern und Bruumlder der kathoshylischen Kirche muumlssen wir dashydurch antworten daszlig wir unsere Kraumlfte milt denen aller jener vereishynen die einige Grundwerte angeshyfangen von den religioumlsen und sittshylichen mit uns teilen Und von dieshysen Herausforderungen muszlig jene des Friedens noch angegangen werden Ihn gemeinsam mit den anderen Glaumlubigen aufzubauen bedeutet jene evangelische Seligshypreisung bereits im Geiste zu leshyben die den anderen gewiszlig nicht als letzte an die Seite gestellt ist Selig die Frieden stiften denn sie werden Soumlhne Gottes genannt werden (Mt 59)

Aus dem Vatikan am 8 Dezember 1991 Johannes Paulus 11

Gottes Wort als Kraftquelle Erzbischof Dyba ruft in seinem Fastenhirtenbrief zu lebendigem Umgang mit der Bibel auf

Zur Neuentdeckung der Bibel und einem lebendigen und frohen Umgang mit dem Wort Gottes als Kraftquelle fOr den Alltag hat Erzshybischof Johannes Dyba in seinem Fastenhirtenbrilef 1992 aufgerushyfen der am ersten Fastensonntag

Auftrag 201

8 Maumlrz in allen Gottesdiensten verlesen wurde

Laut Erzbischof Dyba liege dem Jahr mit der Bibel die Erkenntnis zugrunde daszlig wir in einer Zeit des Umbruchs der weitgehenden Verwirrung und der Suche nach neuer Orientierung die Quelle wieshyder finden muumlssen aus der uns als Christen die Einsicht und die Kraft zu einem Leben in Frieden und Freude zustroumlmen kann Diese gemeinsame Quelle aber sei das Wort Gottes wie es in den heiligen Schriften in der Bibel geschenkt sei

Gerade in einer Zeit wahrer Wortuumlberflutung und Wortinflation gelte es festen Boden unter den FOszligen zu behalten und sich beshywuszligt zu machen daszlig die ganze Wahrheit und Wirklichkeit nur im Wort Gottes zu finden sei betont der Oberhirte Die Annahme des Gotteswortes sei entscheidend fuumlr das menschliche Leben und ein wirkliches Heil-Mittel Dieses gelte es auch auszligerhalb der Gottesdienshyste viel oumlfter anzuwenden und in den Alltag hineinstrahlen zu lasshysen um in ganz neuem Sinne Heishymat und Geborgenheit zu erfahren und frei zu werden aus vielfachen Zwaumlngen und Abhaumlngigkeiten von Leib und Seele

Es gelte den Schatz zu finden der den Menschen im Wort Gottes geschenkt sei schlieszligt der Erzbishyschof Wirkliche Christen sollten nicht zu denen gehoumlren die am Ende ihres Lebens zwar auf 6000 durchblaumltterte Zeitschriften und

11 Auftrag 201

60000 Stunden Fernsehflimmern zuruumlckschauen koumlnnten deren Bishybel aber die Erben unberuumlhrt und neuwertig im Buumlcherschrank faumlnshyden Wichtig sei daszlig wir alle uns ehrlich einmal die Frage stellen Wieviel Zeit unseres Lebens widshymen wir vergaumlnglichem Schall und Rauch und wieviel Zeit geben wir dem der fuumlr unser Leben entscheishydend ist und der unser Schicksal im Haumlnden haumllt

(Bischoumlfliche Pressestelle Fulda 2421992)

Das geistliche Wort Als glaumlubige Christen und als

uumlberzeugte Laien der Kirche leben wir in der oumlsterlichen Zeit Wir wolshylen uns und anderen dieses zentrashyle Glaubensgeheimnis unseres Leshybens und unserer Kirche bezeushygen Und dieses heiszligt - Ihr seid mit Christus aufershy

standen -- Ihr seid mit ihm im neuen Leshy

ben -- Ihr seid in Christus -- Ihr seid eine neue Schoumlpshy

fung shyDeshalb spiegeln wir alle mit

enthuumllltem Angesicht die Herrlichshykeit des Herrn wider und so wershyden wir in sein eigenes Bild vershywandelt (vgl 2 Kor 3 18)

Spiegelfunktion der Osterwirkshylichkeit unseres Herrn Jesus Chrishystus und damit der Wirklichkeit alshyler die seinen Namen tragen der

Christen also das ist unsere Aufshygabe Jeder hat dies auf seine Weishyse jeder an seinem Ort und jeder fuumlr den Kreis an den er und fuumlr den den er gestellt ist zu vollziehen

Ein Spiegel zu sein fuumlr diese Glaubensrealitaumlt das heiszligt Kirche zu sein Aber wem faumlllt diese Funkshytion noch ein wenn einer von Kirshyche spricht

Ist uns diese Rolle wenigstens noch bewuszligt Und zwar als erste und als Hauptrolle immer dann wenn wir von und uumlber die Kirche reden

Houmlrt man allerdings in seine Um- und Mitwelt hinein so ist der Eindruck von Kirche und die Einshyschaumltzung dessen was man von Kirche zu halten hat auch ja gerashyde bei denen die ihr angehoumlren nicht selten ganz anders

Was in dieser Beziehung widershygespiegelt wird ist alles andere als die Herrlichkeit des Herrn der diese Menschen in sein Bild vershywandeln will Gespiegelt wird freishylich auch aber eher wie in einem Zerrspiegel oder gar wie in einem blinden Spiegel Die Vorstellung von Kirche wird eher mit allen moumlglichen Negativbegriffen assoshyziiert

Da wird geredet von der Schatshytenseite der Kirche vor allem der Amtskirche - sie die Kirche sei autoritaumlr - sie naumlhmen mit ihren Moralvorshy

schriften zu wenig auf modershyne Lebensverhaumlltnisse (was immer das auch besagt) ROckshysicht

12 Auftrag 201

sie grenze die Frauen aus

sie sei zu miszligtrauisch und gebe der freien Diskussion und Entfaltung der einzelnen zu weshynig Raum

sie verharre aumlngstlich in alten Denkgewohnheiten

- sie sei stur und starr auch in ihshyrem FOhrungsverhalten

und und und Sie kennen das Repertoire an

Vorstellungen dieser Art Das Endergebnis ist Kirchenvershy

drossenheit und wenn man ihr gut will houmlchstens noch ein Leiden an dieser Kirche

Ein solches Bild wird heute in den Medien und auch von sogeshynannten Glaumlubigen geboten Die Kirche als moralische Institution mit einem sozialen Touch

Wenn dies das Ergebnis unseshyres Widerspiegelns der Wirklichshykeit Kirche ist dann hilft alle sogeshynannte Kirchenkritik keinen Deut weiter Kirche in der Gesellschaft darzustellen geschweige denn sie attraktiv zu machen weder fuumlr die Gegenwart und ganz sicher nicht fOr die Zukunft Und wenn Kirche nur das waumlre als was sie landlaumlufig verkuumlrzt dargestellt wird dann waumlre sie es auch nicht wert ins 3 Jahrtausend hinuumlbershygerettet zu werden

Wenn schon von einem Menshyschen gilt daszlig nicht die Kraft zaumlhlt die er hat sondern die Kraft die er ausstrahlt weil das sein Geshyheimnis ausmacht so gilt dies vor allem auch fuumlr unsere Kirche

Fuumlr ihre Lebendigkeit ist nicht

zuerst ihre organisatorische Geshystalt oder ihre finanzielle Macht wichtig sondern ihr Lebenskern d h das Leben Christi in ihr Das heiszligt konkret das Leben Christi in all ihren Glaumlubigen

Der lebendig auferstandene Herr und die in seinem Kraftfeld leshybenden Laien und Amtstraumlger die Christglaumlubigen sind gefordert

Um es einfach zu sagen Chrishystus der Auferstandene hat uns hinObergebracht in sein neues goumlttliches Leben Wir dagegen tun so als ob wir es nur auf dieser Welt und mit dieser Welt zu tun haumltten Christus ist nicht in den Tod gegangen sondern durch den Tod hindurchgegangen Dieser Hindurchgang dieser Hinuumlbershygang ist das wovon wir leben Die Kirche nennt es das Pascha-Myshysterium (Christen sollten davon wissen weil sie dadurch und dashyvon leben)

Es ist der zentrale Kultausdruck den wir aber so schwer unterbrinshygen obwohl er so wichtig ist fuumlr die Kirche und fuumlr die die zu ihr geshyhoumlren

Was da im Hindurchgang Chrishysti durch den Tod in seine Aufershystehung vor sich ging ja was da an Christus selbst vor sich ging koumlnshynen wir nur mit einem Wort umshyschreiben Wandlung Es ist die groumlszligte und wirkungsvollste Vershywandlung der Weltgeschichte

Man kann ganz einfach sagen Hier wird der Tod ins Leben geshywandelt Der Tod wurde sozusashygen zum Schmelztigel einer neuen

13 Auftrag 201

Daseinsweise d h einer neuen Art und Weise dazusein UrsprOnglishyches Leben wird in neuartiges Leshyben verwandelt Diese Verwandshylung spielt sich nicht im luftleeren Raum ab sondern sie geht an dem Gottmenschen Jesus Christus vor sich der nun als neuer Mensch das Leben Gottes an sich traumlgt

Damit wird er Haupt der neuen Schoumlfpung Und fuumlr diese Schoumlpshyfung traumlgt er diese Verwandlung immer an sich Wer also nun dieshysem Christus in seinem PaschashyGeheimnis dem Geheimnis des HinObergehens vom Tod ins Leben begegnet der begegnet der Wandshylung Er begegnet dem nie mehr aufhoumlrenden Prozeszlig der Verwandshylung des alten in den neuen Menshyschen Letztlich begegnet er dem Prozeszlig der Verwandlung einer Welt die trotz aller Ruumlckschlaumlge der endguumlltigen Vollendung mit und in Christus entgegengeht Das macht Christsein aus das macht Kirche aus Denn das ist das Geshyheimnis der Kirche selbst VershywandlungsprozeB zu sein und dieshysen Verwandlungsprozeszlig zu vershymitteln

Deshalb feiert Kirche sich selbst und vollzieht sich zugleich selbst wenn sie tut was wir tun Eucharistie Wandlung und Hinshydurchgang zu feiern weil hier Geshygenwart von Tod und Aufersteshyhung Christi geschieht

Wer hat das im Kopf wenn er von Kirche redet Aber nur wer das mitsieht redet richtig von Kirche und kann sich dankbar freuen Und

auch nur so ist einer in der Lage sich in dieser Kirche ganz vom Herrn ergreifen zu lassen um durch diesen Herrn der Kirche neu und verwandelt zu werden Weil und insofern es heute Menschen gibt die dieses Geheimnis der Kirshyche die Quelle ihrer Lebendigkeit nicht aus dem Auge verlieren weil sie auf Christus schauen wird es Kirche geben und nur diese Menshyschen spiegeln mit enthuumllltem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn wider und so werden sie in sein eigenes Bild verwandelt

Es liegt eben an uns welche Art Spiegel wir sein wollen wir braushychen uns als Spiegel nur stets kraumlftig zu reinigen und klar zu halshyten dann erfuumlllen wir diese Aufgashybe die die Welt von uns erwartet Amen

Walter Theis

Bibel-Weg im April Phil 38 -14 (5 April 2 lemiddot sung am 5 Fastensonntag) Wer wird diesen Text des Apostels Paulus aus dem Kontext geloumlst nicht als Aumlrgernis empfinden Da verachtet einer die Welt alle ihre Moumlglichkeiten und Schoumlnheiten um in Christus zu sein Ist das nicht eine Ohrfeige fuumlr Gottes eishygene Schoumlpfung Und wenn man noch weiter liest dann kommt es noch dicker Paulus setzt seine exshyklusive Christus-Beziehung ins Licht und fordert die anderen unshy

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verbluumlmt auf seinem Vorbild zu folgen Nimmt da einer nicht den Mund zu voll auch wenn er noch so heilig ist

Als Mann und Frau als Vater und Mutter aumlrgert uns das wenn wir uns im Alltag abstrampeln dashymit wir in dieser Welt - und nicht erst in der jenseitigen - einigershymaszligen menschenwuumlrdig und froh leben koumlnnen Und da sagt uns eishyner Das ist alles nichts Seinetweshygen um Christus willen soll man alles restlos hinter sich lassen

Wenn wir diese Schriftstelle auf ihren Hintergrund und Zusammenshyhang unbefragt lassen kommen wir auf einen Irrweg Wenn wir in den Text hineinschluumlpfen wollen sollten wir bedenken

Paulus schreibt dies aus einer existentiellen Grenzsituation - in zweifacher Hinsicht Einmal befinshydet er sich in Untersuchungshaft wahrscheinlich in Ephesus zum anderen hat er vor kurzem eine bis ins Mark erschuumltternde ChristusshyBegegnung und Bekehrung durchshygemacht Was hat er nicht alles aufgeben muumlssen um seinem Leshyben in Christus einen neuen Sinn zu geben Insbesondere die Gesetshyzestreue die doch fuumlr einen Pharishysaumler seiner Couleur das Alleinseshyligmachende sein muszligte Nicht daszlig Jesus ein Gegner des Gesetshyzes gewesen waumlre Vielmehr ging es Jesus um die Uumlberwindung des Legalismus jener nerv- und geistshytoumltenden Vorstellung daszlig die Vorshyschrift wichtiger sei als der Mensch in seiner Beduumlrftigkeit

Auftrag 201

und Sehnsucht nach Liebe So wie Jesus ging es auch Paushy

lus um Lebendigkeit des Alltags Leben verbindet er mit dem Erfuumllshylen des Gesetzes Christi das einshyzig und allein in der Liebe besteht Nur der Glaube an die Liebe die in Christus ist macht gerecht nicht Gesetzes-Riten oder DogmenshyTreue Darin besteht sogar der Geshygensatz zwischen Tod und Leben Was ist so gesehen Auferstehung anderes als das neue Leben unter dem Gesetz Christi Wie satt muszligshyte Paulus die Verkrustung einer leblos gewordenen auf Gesetz und Ritus geschrumpften religioumlshysen Praxis gehabt haben um das neue Leben aus der Christus-Ershyfahrung als ein Leben nach dem Tode vom Himmel her zu empfinshyden freilich noch im Entwurf noch nicht voumlllig real

Geht es uns manchmal nicht recht aumlhnlich wie Paulus Wie seeshylen-los fernab von jeder Lebendigshykeit ganz und gar unchristlich empfinden wir manchmal den Umshygang und den Papierkrieg mit Beshyhoumlrden das Abspulen aumluszligerer Forshymen einer Familienfeier oder eines Gottesdienstes Sind nicht auch wir oft genug eingesperrt in den Gefaumlngnissen des Alltags in Winshydeln Waschen Kochen Kaufen im Schreiben Rechnen Diktieren Korrigieren im Einrichten und Ausmisten Wird unser Blick von alledem gefangen Oder oumlffnen wir uns fuumlr das Wesentliche das ja nur fuumlr das Herz fOr die Liebe sichtbar wird Winken wir muumlde

15 Auftrag 201

ab wenn uns etwas aus der Tiefendimension des Lebens ershygreifen will Oder lassen wir uns ergreifen

Fuumlr mich ist der zunaumlchst aumlrgershyliche Text wieder ein wenig zum An-griff geworden zum Angriff geshygen die Muumldigkeit und Resignashytion des Alltags jetzt - im Houmlren und Bedenken des Wortes

Elisabeth Ensse (aus Licht MaumlrzIApri1992)

Die Wuumlrde des Menschen ist unantastbar (Art 1 GG) Initiative fuumlr ein friedliches Zusammenleben mit allen Fremden Koumlnnen Sie sich vorstellen tage- ja wochenlang in einem Bunker zu leben beim explodieren der Granaten auf eine Feuerpause zu warten um Wasser zu holen Ihr Essen auf einem Propangaskoshycher im flackernden Licht einer Kerze zuzubereiten aumlngstliche und weinende Kinder in Ihren Arshymen zu bergen

In Beirut Libanon und heute auch in Kroatien koumlnnen Sie diese Erfahrungen sammeln rastlos umherzuziehen weil eine pluumlndernde und marodierenshyde Soldateska durchs Land zieht

toumltet und Doumlrfer und Felder vershynichtet Oder ein Kind in den Arshymen zu halten das von Hungershyoumldemen gezeichnet stirbt

In Aumlthiopien im Sudan und in Somalia koumlnnen Sie diese Erfahshyrungen machen in einem Land zu leben in dem sie einer nationalen Minderheit anshygehoumlren die unterdruumlckt und vershyfolgt wird In einem Land wo Sie um das Leben Ihrer Soumlhne bangen muumlssen die zur Teilnahme am Buumlrgerkrieg gezwungen werden wo Sie keine beruflichen Chancen keine religioumlse kulturelle soziale und politische Freiheit haben

In Sri Lanka koumlnnen Sie als Tashymile diese Erfahrung machen daszlig Sie vierzig Jahre und mehr als Deutsche auf all das verzichten muszligten was Sie im taumlglichen Leshyben hier bei uns schaumltzen oder auch nur tuumlr selbstverstaumlndlich halten z B Grundnahrungsmittel Medikamente gerechte Behandshylung und weil sie als deutsche Minderheit in staumlndiger Angst vor erneuter Verfolgung und Benachshyteiligung leben muumlssen

Was halten Sie davon Deutsche sind Militaristen Deutsche sind Arbeitstiere und

Perfektionisten Deutsche sind humorlos immer

nur grundsaumltzlich Deutsche koumlnnen nicht feiern Vorurteile die es gab und gibt

Aber es sind Vorurteile Vorurteile kommen aus Unkenntnis nicht zushylaumlssiger Verallgemeinerung fehshy

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lenden sozialen Kontakten aus ideologischer Verbohrtheit oft auch nur aus Gedankenlosigkeit

Was halten Sie jetzt davon Auslaumlnder werden haumlufiger krishy

minell als Deutsche Fluumlchtlinge nehmen uns die Arshy

beitsplaumltze weg Wir werden uumlberfremdet Asylbewerber leben in Wohnunshy

gen die wir dringend benoumltigen Fremde bedrohen unseren

Wohlstand Aussiedler werden bei der Arshy

beitsplatz- und Wohnungsvermittshylung bevorzugt

Auch das sind Vor-urteile Vorshyverurteilungen

Und die Wirklichkeit Auslaumlnder sind nicht haumlufiger

kriminell als Deutsche - im Geshygenteil

Bis zum 1 Juni 1991 durften Fluumlchtlinge 5 Jahre lang nicht arshybeiten und waren deswegen auf Sozialhilfe angewiesen Heute sorshygen die weitaus meisten der 119 Asylbewerber und gedulteten Ausshylaumlnder in Ennigerloh durch regelshymaumlszligige Arbeit fuumlr ihren Lebensunshyterhalt Wir werden nicht Obershyfremdet sondern DeutSChland liegt im Vergleich zu anderen euroshypaumlischen Staaten an 3 Stelle nach der Schweiz und Belgien Dashybei sind auch alle die noch Auslaumlnshyder die seit mehr als 30 Jahren voll integriert sind Sie nehmen uns auch nicht unsere Arbeit weg sondern tragen mit bei zu unserem

Auftrag 201

WOhlstand durch ihre Arbeit Steushyern und Sozialabgaben

Aussiedler sind Deutsche und haben auf dem Arbeitsmarkt keine besseren Chancen als Hiesige Durch unsere niedrige Geburtenrashyte sind wir in Deutschland auf Einshywanderer angewiesen Es gibt heushyte schon wieder Branchen die auf auslaumlndische Arbeitskraumlfte warshyten Asylbewerber leben in Notunshyterkuumlnften in Abriszlighaumlusern und in Wohncontainern

Aussiedler muumlssen lange auf eine angemessene Wohnung warshyten In Ennigerloh wohnen viele schon seit uumlber einem Jahr in Notshyunterkuumlnften z B wohnen am Kirschweg 12 Personen auf 95 Quadratmetern

Dieser Text ist einem Faltblatt des Betreuungskreises fuumlr Ausmiddot siedler und Asylbewerber der Pfarrgemeinde St Ludgerus Ennimiddot gerloh entnommen Mit demmiddot Faltshyblatt startete die Gemeinde eine Initiative und Unterschriftenmiddot sammlung Wir unterstuumltzen die Aktion Fluumlchtlinge und Aussiedler bei uns Gleichsam als Selbstvermiddot pflichtung heiszligt es in dem Aufruf

Was muumlssen wir tun Uns informieren uumlber die Beshy

weggruumlnde die Menschen veranshylassen aus ihrer Heimat zu fluumlchmiddot ten und auszuwandern

Uns informieren uumlber die tatshysaumlchlichen rechtlichen sozialen und wirtschafltichen Bedingunshygen unter denen Fluumlchtlinge Asylshy

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bewerber und Aussiedler bei uns leben Nie pauschal sondern difshyferenziert urteilen

Hetze Vorurteilen und gedanshykenlosem Daherreden entgegenshytreten Mit fremden Menschen die zu uns kommen Begegnung sushychen sie einladen sich einladen lassen helfen in den alltaumlglichen Dingen Fuumlr die Wuumlrde und Rechte von Fluumlchtlingen Asylbewerbern und Aussiedlern eintreten

Fremde in unsere Gemeinschafshyten Vereine und Verbaumlnde einlashyden aufnehmen

Wir Christen duumlrfen trotz aller Schwierigkeiten die Worte Jesu nicht vergessen Ich war fremd und obdachlos und ihr habt mich aufgenommen

(aus Mitteilungen tOr die Ptarrgemeinderaumlte im Bistum MOnster Januar 1992)

Sein Wort shyGottes Wort Unsere Worte shyMenschenworte Gedanken zur Gestaltung der Gottesdienste Situation vor dem Konzil

Lange vor dem Konzil gab es Gottesdienste fuumlr FrOhaufsteher Wanderer Sportler und alle jene die eine Arbeit an den Mitmenshyschen in die Pflicht rief Hausfraushy

en Bauern Straszligenbahner und anshydere mehr

In der schwach erleuchteten Kirshyche trat der Priester mit einem Meszligdiener - zuweilen auch mit dem Kuumlster - an den Altar Sie verweilten an den Stufen des Alshytars und begannen mit dem Stushyfengebet Zum Altare Gottes will ich treten Der Priester und mit ihm die Glaumlubigen versuchten Abshystand vom Getriebe der Welt zu geshywinnen und sich auf die Gemeinshyschaft mit Gott vorzubereiten

Gott Du bist meine Staumlrke Send mir Dein Licht Dort darf ich zum Altare Gottes treten Vertrau auf Gott ich darf Ihn wieshyder preisen

Und nach dieser Vorbereitung das gute Wort Introibo ad altare Dei - Zum Altare Gottes will ich treten in der Hoffnung auf die Gnade Gottes

Dann folgte das Schuldbekenntshynis die Bitte um Nachlaszlig der Suumlnshyden und das erloumlsende Misereashytur - Der allmaumlchtige Gott ershybarme sich Im Introitus und dem anschlieszligenden Kyrie wurde dann noch einmal Gottes Erbarshymen erbetet

Gloria Kirchengebet Lesung folgten um Im Evangelium den ershysten Houmlhepunkt zu finden Anshyschlieszligend an das Credo begann die Opfermesse Hier war der myshystische Houmlhepunkt die Wandlung Das Friedensgebet beendete dieshysen Teil und fuumlhrte zur Kommushynion Nach dem Segen schloszlig sich

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vielfach das Schluszligevangelium an ein Lobpreis auf die Groumlszlige des ewigen Gottessohnes und unserer Gotteskindschaft

Die Predigt im Anschluszlig an des Evangelium war eine Auslegung des heiligen Gotteswortes fuumlr unshysere Zeit Damit standen im Mittelshypunkt jeder Messe Sein Wort shyund Sein Opfer

Man muszlig aber auch festhalten daszlig das Evangelium auf Latein verlesen nur von verschwindend wenigen aufgenommen wurde Es blieb aber das andachtsvolle Hinshyhoumlren auf das Wort Gottes - auch wenn es nicht verstanden wurde Dem einfachen Menschen wurde jedoch deutlich hier geschieht etshywas das auszligerhab unseres alltaumlgshylichen Redens liegt hier geschieht etwas Heiliges Wenn dann der Priester noch einmal zwei oder drei Gedanken des goumlttlichen Worshytes in Bezug zum Alltag setzte war Nachdenklichkeit gegeben

Das Mysterium des heiligen Opshyfers verstaumlrkte das Bewuszligtsein Der Herr ist da - auch wenn man selbst nicht zur Kommunion ging Aber man bildete die geistige Einshyheit zum Opfer Christi

Miszligbrauch dieser Zeit war daszlig die Texte oftmals in lateinischer Spracne abgeleiert wurde und den inneren Gehalt nicht mehr spuumlren lieszligen So wurde bei sehr vielen Christen der Besuch des Gottesshydienstes zu einer Selbstdarstelshylung im geweihten Raum Man muszligte dabei gewesen sein

Nach dem Konzil Nun zieht der Priester ein beshy

gruumlszligt den Altar und dann die Geshymeinde Nach den Worten Im Namiddot men des Vaters kann er eine knappe Einfuumlhrung in die Feier geshyben Und diese Einfuumlhrung geraumlt dann - leider - sehr oft in eine fast vordergruumlndige weltliche Beshygruumlszligung

Natuumlrlich freut sich der Pfarrer daszlig er die Glaumlubigen um sich scharen kann Aber muszlig dann die Begruumlszligung im Stile Frank Eistshyners - nichts gegen ihn - sein So ein Unterhaltungstalent kann man nicht nachahmen Es fehlt der Eroumlffnung daszlig die Glaumlubigen ershykennen daszlig sich der Priester shywie im Stufengebet - auf die Heishylige Handlung vorbereitet Der Dienst vor der Majestaumlt Gottes ist das herausragende Ereignis Nur durch Gottes Gnade lebt der Mensch Das muszlig erfahrbar wershyden im Dienst vor Gott Es ist nur zu natuumlrlich daszlig man dann uumlber das Wort Gottes sehr viel sagen kann

Aber einmal kann man nicht soshyviel sagen wie die Menschen denshyken koumlnnen und zum anderen das Wort Gottes ist ja zu diesem Zeitmiddot punkt noch nicht gesprochen Und zum dritten warum die Glaumlubigen versammelt sind sollten sie wisshysen

Sehr abrupt folgt dann das allshygemeine Schuldbekenntnis Die Glaumlubigen sind eigentlich noch nicht darauf eingestimmt daszlig sie nun vor der Majestaumlt Gottes steshy

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hen Es ist ein alter weltlicher Brauch daszlig man zu den groszligen Herrschern - und auch zu Demoshykratien - durch eine Flucht von Vorzimmern marschieren muszlig um empfangen zu werden Andere Braumluche a la Hallo Kumpel oder ich bin da werden der Situation nicht gerecht Gott ist Anfang und Ende des Alls Wenn wir seine Werke auch - z B im Wetter shytaumlglich sehen und erfahren so ist doch diemiddot Hinwendung zum Houmlren nicht ohne innere Vorbereitung moumlglich Die Einstimmung auf das Geheimnis eines Wortes und seishynes Opfers ist nicht ausreichend vollziehbar

Statt dessen vernimmt man zushynaumlchst - wohlgemeint und sicher mit Liebe und Muumlhe vorbereitet shyMenschenwort Wenn auch der Hauptteil der Messe erhalten geshyblieben ist aber die Predigt wird oftmals umfangreich ausgedehnt Und der Kern das Wort Gottes wird nicht erkennbar Natuumlrlich dringen auf den Priester die Tagesshyerlebnisse ein Er ist ja in seinem ganzen Sein ein Kind der Zeit wie wir Nun aber muszlig er sich vom Allshytag loumlsen muszlig hineinhorchen in die Schrift - in das lebendige Wort Gottes So muumlszligte also die Predigt von Seinem Wort ausgeshyhen um dann vielleicht nur immer in einer Frage zu enden - Sein Wort in meiner Situation

Und jeder einzelne muszlig versushychen den Zugang zum heiligen Wort zu finden Die Fuumlrbitten arten zuweilen zu einer Schelte an allem

moumlglichen Miszligliebigen aus Du moumlgest den Unternehmern mehr Einsicht in unsere Freizeitfordeshyrungen geben usw

Nach mancherlei Versuchen ist es heute - Gott sei gedankt shywieder uumlblich die Wandlung im strengen Kanon zu vollziehen Dashydurch wird dieses heilige Gescheshyhen wieder das was es ist ein Myshysterium von Jesus Christus der Kirche aufgetragen es zu hOten und immer wieder neu zu feiern

In der Feier des Mysteriums der Wandlung des Brotes und Weines in Fleisch und Blut des Herrn ist Christus anwesend Aus dieser Realpraumlsenz erfolgt dann der Frieshydensgruszlig Christi Der Priester gibt diesen Gruszlig an die Gemeinde weishyter In der Gemeinde jedoch macht man ein froumlhliches Shakehands aus einem Friedwollen () Der Friedensgruszlig Christi bleibt am Alshytar Aber nur Gott gibt ja die Gnade des Friedens VergiBt man das

Nun gibt es noch etliche Fragen die man behandeln mOszligte Gottlob ist die Zeit vorbei da der Tisch des Herrn einem unaufgeraumlumten Warenlager aumlhnlich sah weil der geistliche Herr glaubte auf viele BUcher und Tableaus nicht vershyzichten zu koumlnnen Und auch einshygespielte Lichtbilder - so sinnvoll sie bei Meditationen sein koumlnshynen - sollten keinen Platz haben in der Messe

Es ist etwas anderes wenn Froumlmmigkeitsstrukturen anderer Voumllker eingebracht werden Sie hashyben aber keinen Raum wenn das

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Verstaumlndnis fehlen muszlig Dann beshysteht sogar die Gefahr daszlig der Dienst vor Gott zu einer FolkloreshyVeranstaltung werden kann Und leider besteht diese Gefahr auch bei manchen Gottesdiensten die Jugendliche gestalten Man bringt eigene Texte die zwar aus der Simiddot tuation des Dichters (oder der Dichter) irgendwann einen reashylen Grund hatten aber von den Glaumlubigen die an der Vorbereishytung keinen Anteil nehmen konnshyten nicht verstanden werden koumlnshynen Ebenso sind Kartons und Kisten als Steine des Miszligverstaumlndshynisses selten verstaumlndlich Auch sollte man selbst die eigenen lieshyder kennen und nicht den Inhalt durch KlangfOlIe der Technik ershysetzen

Was nun Wir muumlssen uns neu besinnen

auf die Gestaltung der Gottesdienshyste seit der Zeit da Christus den Juumlngern einen Rahmen vorgab Wir sollten dann untersuchen weishyche Traditionswerte in den vielen Jahrhunderten eingebracht wurshyden und welche Anregungen das Konzil einst gab

Und so heiszligt es in der Konstitushytion uumlber die Heilige Liturgie 1114 Die Mutter Kirche wuumlnscht sehr alle Glaumlubigen moumlchten zu der volshylen bewuszligten und taumltigen Teilnahshyme an den liturgischen Feiern geshyfuumlhrt werden und unter 11121 Bei dieser Erneuerung sollen Texshyte und Riten so geordnet werden daszlig sie das Heilige dem sie als

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Zeichen dienen deutlicher zum Ausdruck bringen und so daszlig das christliche Volk sie moumlglichst leicht erfassen und in voller taumltishyger und gemeinschaftlicher Teilshynahme mitfeiern kann

Denken wir an den Mittelpunkt aller liturgischen Handlungen dann ist das die heilige Messe Sie ist der Lobpreis des Volkes an den allmaumlchtigen Gott Sie ist aber auch das Sakrament der Einheit Das heilige Volk steht geeint mit Priestern und Bischoumlfen vor Gott Und zu diesem in seiner Gnade vershysammelten Volk spricht Gott durch Jesus Christus seine frohe Botschaft

Durch das Houmlren der Botschaft das Beten und Singen wird der Glaube genaumlhrt und das Herz zu Gott hingewendet Der Priester kuumlndet kraft seiner Berufung das Wort und deutet es in der Homilie aus So sind bereits die Grundeleshymente erkennbar Gesang Gebet Lesung aus den Heiligen BOchern BetraChtung des Lebens des Herrn und das helfende Wort des Prieshysters

Das innerste Geheimnis jeder Eucharistiefeier ist das heilige Mahl Diese Feier des Geheimnisshyses hat Christus seinen Juumlngern anvertraut Es ist das Opfer seines Leibes und Blutes Es ist das Opshyfer am Kreuz die Gedaumlchtnisfeier seines TOdes und die Feier seiner triumphalen Auferstehung Chrimiddot stus ist im Wort anwesend wenn zwei oder drei in seinem Namen versammelt sind Christus ist real

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anwesend in Brot und Wein wenn sie vom Priester als makellose Opshyfergabe in den Leib und das Blut Christi verwandelt sind Und der Leib Christi wird den Glaumlubigen gereicht als Staumlrkung auf dem Weg durch die Zeit zur immer innishygeren Vereinigung mit Gott und untereinander

Betrachtet man diese Bereiche des Dienstes vor Gott als eine Einshyheit dann wird deutlich daszlig sich auch die Teilnehmer an einer solshychen Feier auf die Heiligkeit der Handlung einlassen muumlssen

Worte Gesten und Gebaumlrden muumlssen mit dem Inhalt der Feier uumlbereinstimmen So sollte also die Arbeit an der Liturgie fOlgende Beshyreiche umfassen - Das Stufengebet als Vorbereishy

tung des Priesters und der Glaumlubigen ist neu zu beleben

- Die Begruumlszligung im Namen Gotshytes sollte ausreichen eine eishygene Begruumlszligung durch den Priester muumlszligte entfallen

- Eine Einfuumlhrung - oft eine vorshyweggenommene Predigt sollte entfallen oder zumindest sehr verkOrzt werden

- Die Predigt sollte sich auf eine Auslegung der Schrift und nicht auf Tagesereignisse konshyzentrieren (Ausnahmen sind moumlglich)

- Der Friedensgruszlig der Glaumlubishygen in der heute uumlblichen Geshyschaumlftigkeit sollte entfallen der Friede kommt vom Altar

- Die Glaumlubigen sollten den Wert der Fuumlrbitten erkennen und unshy

ter fertigen wohlgestalteten Texten auswaumlhlen koumlnnen

- Den Glaumlubigen sollte die Beshydeutung der Gebaumlrden und Geshysten wieder nahegebracht wershyden

- Die Glaumlubigen sollten sich so in den Ablauf der Messe vertieshyfen daszlig sie die ihnen zukomshymenden Teile des Meszlig-Ordinashyriums auch lateinisch spreshychen singen und innerlich vershystehen koumlnnen

Insgesamt sollte wieder mehr Ruhe und gespannte Aufmerksamshykeit auf Gottes Wort und Sein Heilshandeln entstehen Gott ist die Mitte - Anfang und Ende shyOben und Unten - und nicht die zufaumlllige Versammlung einiger die glauben daszlig sie als Gemeinde von unten zu Gott vorstoszligen mOszligten Wenn Gott nicht seine Gnade schenkt dann ist alles Tun vergebshylich

Helmut Fettweis

Heilige Messe Zauberei oder Humbug Beobachtungen bei einer Amtseinfuumlhrung in Ostshydeutschland

Zu DDR-Zeiten fanden hier im Clubraum der Kaserne in Bad Frankenhausen noumlrdlich von Ershy

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furt in Thuumlringen stramme linienshytreue Jubelfeste der Nationalen Volksarmee statt Heute am 26 Februar 1992 sind etwa 300 von dem Unrechtsregime produzierte Heiden und Neuheiden geshyspannt was da mit dem katholishyschen Pfarrer Ober die BOhne geshyhen soll Unter den Bundeswehrshysoldaten Ost befinden sich auch ein paar Zivilangestellte und Angeshyhoumlrige Kaum eine Handvoll der Anwesenden ist getauft noch weshyniger sind katholisch

Der 40jaumlhrige katholische MiIishytaumlrpfarer Hartrnut Gremler hat heushyte seinen groszligen Tag Er ist etwas nervoumls aber trotzdem freundlich und hilfsbereit Militaumlrdekan Heinshyrich Hecker aus Potsdam soll ihn in sein Amt einfuumlhren Gremler ist nach Paul-Michael Graefe (42) aus Eggesin und Arnold Heinz Pyka (51) aus Leipzig der dritte hauptshyamtliche katholische Militaumlrpfarshyrer in den neuen Bundeslaumlndern Zudem haben sich noch 20 Ostshypfarrer bereit erklaumlrt im Nebenamt die Bundeswehrsoldaten in den neuen Bundeslaumlndern seelsorgeshyrisch zu begleiten

Pfarrer Gremler weiszlig noch gar nicht wieviel Katholiken es eigentshylich in den sechs Kasernen in fOnf Standorten gibt die zu seinem Beshytreuungsbereich gehoumlren Doch das ist ihm auch nicht so wichtig Denn alle Soldaten haben Anshyspruch auf Seelsorge sagt er alle die sie haben wollen

Nun steht er vor den Soldaten Wie soll das gutgehen Wieso sitshy

zen die Heiden und Neuheiden (Originalton Gremler fOr Nichtgeshytaufte und Getaufte die bisher mit Christentum und Kirche absolut nichts am Hut hatten) hier in der improvisierten Kirche Wurden die Bundeswehrsoldaten Ost von ihshyren Kommandeuren West gar hershybefohlen Nun so direkt wohl nicht Mehrheitlich war schon Inshyteresse da Ein Gefreiter spricht aus was die meisten seiner Kameshyraden denken Wir wollen mal seshyhen wie das denn mit einer Messe so ablaumluft was der Pfarrer wohl fOr einer sein mag

Aber daszlig es der evangelische Oberstleutnant Ernst-Wilhelm Harshyder (46) der Kommandeur des Panshyzerbataillons 383 zumindest ganz gerne sehen wOrde wenn seine Soldaten zur Einfuumlhrung des kashytholischen Militaumlrpfarrers gehen wOrden ist den Anwesenden auch klar

Ein paar wenige unter den junshygen Maumlnnern halten die ganze Zeshyremonie im besonderen die Wandshylung von Brot und Wein zu Christi Leib und Blut fOr Zauberei und Humbug Sie albern denn auch anfangs ungeniert herum zur Ordshynung gerufen von ihren Kamerashyden die zumindest Toleranz forshydern Die groszlige Masse aber ist sichtlich beeindruckt von diesem Gottesdienst der fOr sie so ungeshywohnt ist Beeindruckt sind sie von der feierlichen Handlung den melodioumlsen Liedern und den beshywuszligt einfach gehaltenen und trotzshydem eindringlichen erklaumlrenden

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Worten der Predigenden Obwohl waumlhrend der Gebete ofshy

fensichtlich so etwas wie ein lnshysich-gekehrt-Sein zu spOren ist zeigt sich naumlmlich nach 40 Jahren Atheismus auch deutlich Unkenntshynis uumlber Form und Inhalte kirchlishycher Handlungen und des christlishychen Glaubens allgemein

Militaumlrdekan Heinrich Hecker der mit viel Engagement und Einshyfuumlhlungsvermoumlgen seit Januar des vergangenen Jahres die katholishysche Militaumlrseelsorge in einem zu 90 Prozent atheistischen Land aufshygebaut hat erklaumlrt den Zuhoumlrern die Unabhaumlngigkeit der Pfarrer Er will damit die Sorge vieler besonshyders evangelischer Christen entshykraumlften die eine zu starke Staatsshynaumlhe befuumlrchten Die Pfarrer sagt er seien nur Gott ihrem Gewissen und dem Militaumlrbischof verpflichshytet

Sowohl der lebenskundliche Unshyterricht als auch die Gottesdienshyste betont Hecker seien Angeboshyte Die Teilnahme freiwillig keine Pflicht Die Katholische Kirche stehe fuumlr alle offen auch fuumlr Nichtshychristen Und Pfarrer Hartmut Gremler der so gemuumltlich und fOrshysorglich zugleich wirkt aber einen festen Willen offenbart hofft daB trotz aller Unterschiede hier so etshywas wie eine Gemeinde entsteht in der man Freude und Freunde findet Anteil nimmt an den Sorgen und Noumlten und wo der Glaube Einshyzug haumllt

DaB dann anschlieBend an den Gottesdienst auch die einfachen

Soldaten am Empfang mit Bundesshyund Kommunalpolitikern mit Pershysoumlnlichkeiten des oumlffentlichen Leshybens der beiden christliChen Kirshychen und Offizieren teilnehmen durften ihr Bierchen bekamen und sich am kalten Buffet guumltlich tun konnten sorgte schon jetzt fuumlr etshywas Gemeinde

Sie haben trotzdem kein leichshytes Amt die drei hauptamtlichen Militaumlrpfarrer in den neuen Bunshydeslaumlndern Oft stoBen sie auf Gleichguumlltigkeit oder Ablehnung Aber mit der Praumlsenz waumlchst auch die Akezptanz Der Gefreite Heiko Trzeba (23) von der 4 Kompanie des Panzergrenadierbataillons 381 in Bad Frankenhausen muB da fuumlr Pfarrer Gremler ein Hoffnungsshyschimmer sein Trzeba ist wohl kashytholisch getauft hat aber noch nie eine Kirche von innen gesehen Er war beeindruckt und will am naumlchshysten Lebenskundlichen Unterricht teilnehmen Auch mit nach Lourshydes moumlchte er fahren Denn irshygendwie ist mir das doch alles ein biszligehen abgegangen

Heribert Lehmberger (aus Kompaszlig Nr 7 v 20392)

WOCHE FUumlR DAS LEBEN - -shy17-245 92

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Stand der Beratunshygen zum Schutz des ungeborenen Kindes

Die Vollversammlung der Deutshyschen Bischofskonferenz hat in eishyner Aussprache uumlber die Diskusshysion zum Schutz des ungeborenen Kindes nochmals ihre wiederholt dargelegte Position bekraumlftigt 1 Bei dem ungeborenen Kind hanshydelt es sich nach den Erkenntnisshysen der Wissenschaft um einen unverwechselbaren Menschen der mit allen menschlichen Eigenshyschaften ausgestattet ist und hershyanwaumlchst aumlhnlich wie auch das geborene Kind weiter waumlchst 2 Niemand hat das Recht diesem heranwachsenden Menschen das Recht auf Leben zu nehmen Das Recht auf Leben wird dem ungeboshyrenen Kind weder durch die Eltern noch durch die Gesellschaft noch durch den Staat verliehen Das Recht auf Leben ist ein elementashyres Menschenrecht 3 Der Staat hat die Pflicht mit den ihm zur Verfuumlgung stehenden Mitteln Leben zu schuumltzen Er muszlig deutlich zum Ausdruck bringen daszlig es sich bei einem Verstoszlig geshygen das Lebensrecht eines andeshyren Menschen um ein schweres Unrecht handelt Strafrecht das vor allem diesen Unrechtscharakshyter zum Ausdruck bringt und soshyziale Maszlignahmen muumlssen sich da-

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bei ergaumlnzen 4 Die Position der Kirche orienshytiert sich nicht an der Verurteilung derjenigen die gegenuumlber dem Leshybensrecht eines anderen schuldig geworden sind Sie orientiert sich am unbedingten Einsatz fuumlr das Leben 5 Die Kirche weiszlig um die Verstrikshykung in Schuld erfahrene Auswegshylosigkeit und Suumlnde Die Kirche steht zugeich zu ihrem Auftrag bei begangenem und bereutem Unshyrecht Vergebung und Versoumlhnung zu vermitteln 6 Die Kirche wird ihren Einsatz fuumlr das Lebensrecht aller Menshyschen - geborenen und ungeboshyrenen - nicht aufgeben Sie ist sich bewuszligt daszlig sie selbst die Gesellschaft und die Politik noch mehr dazu beitragen muumlssen ein kinderfreundliches Klima zu schafshyfen und Hilfen anzubieten damit Konflikte im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft vermieden oder geloumlst werden koumlnnen

(aus Pressedienst der DBK shyDokumentation vom 12392)

Woche fuumlr das Leben 1992

Die Vollversammlung hat beshyschlossen die im vergangenen Jahr erstmals veranstaltete Woshyche fuumlr das Leben auch in den Jahren 1993 und 1994 durchzufuumlhshyren In diesem Jahr steht die Woshy

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ehe fuumlr das Leben (17 bis 24 Mai) die am 16 Mai mit einer zenshytralen Veranstaltung in Dresden eroumlffnet wird unter dem Thema Fuumlr eine kinderfreundliehe Geshysellschaft

Wir wollen mit dieser Woche fuumlr das Leben immer wieder das Bewuszligtsein fOr den notwendigen Schutz des Lebens in allen seinen Phasen wachruumltteln Im letzten Jahr stand das Lebensrecht des ungeborenen Kindes im Mittelshypunkt In diesem Jahr geht es um eine kinderfreundliche Gesellshyschaft In den naumlchsten Jahren werden wir den Umgang mit dem behinderten und alten Leben beshysonders betonen

Die Europa-Sondersynode hat empfohlen in jedem Land jaumlhrlich einen Tag oder eine Woche fuumlr das Leben in allen Verbaumlnden und Pfarrgemeinden durchzufuumlhshyren und im Lauf der Zeit diesen Tag oder diese Woche auch geshymeinsam festzulegen

(aus Pressedienst der DBK shyDokumentation vom 12392)

Kirchentraumlume junger Menschen

Wir traumlumen von einem Gottesshydienst - in dem gesungen gelacht und

getanzt aber auch geweint werden darf

- in dem sich jeder alte und junshyge Menschen aktiv beteiligen

- in dem Gebete nicht runtergeshyleiert sondern auch neue selbstgestaltete Texte und Geshybete vorgetragen werden

- in dem z B durch die Fuumlrbitshyten die konkreten Anliegen der Gemeindemitgliede zur Sprashyche kommen

- in dem sich die Banknachbarn begruumlszligen und vorstellen

- in dem die Mitarbeiter und Mitshygestalter des Gottesdienstes namentlich erwaumlhnt werden

Wir traumlumen von einer Kirche - die sich der Politik und der buumlrshy

gerlichen Moral nicht anpaszligt sondern gemaumlszlig der Botschaft Jesu Christi Stellung nimmt in der Frauen die gleichen Chancen wie Maumlnner haben die durch demokratische Strukturen aufgebaut ist in der nicht nur Priester Bishyschoumlfe und der Papst das Sashygen haben in der Christen nicht durch Christen ausgegrenzt werden wie z B die wiederverheirateshyten Geschiedenen die ihre Menschlichkeit und dashymit auch ihre Fehlerhaftigkeit eingesteht die deutlich auf der Seite aller Unterdruumlckten und Benachtci ligten steht

Wir traumlumen von Priestern - denen man die froh machende

Botschaft auch ansieht die Herzlichkeit und Waumlrme in dieshyse Welt tragen

- die oumlfters ihren Kopf aus der

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Bibel heben und schauen ob die Gemeinde Oberhaupt noch da ist

- die mit und nicht fOr die Geshymeinde das Evangelium deushyten

- die bei ihren Predigten und bei ihrer Verkuumlndigung Zwischenshyfragen erlauben

Wir traumlumen von einer Gemeinde - in der Konflikte offen und fair

miteinander ausgetragen wershyden

- in der Jugendliche und Ershywachsene miteinander und nicht uumlbereinander sprechen

(unbekannter Verfasser)

Der Christ zwischen Angst und Vertrauen 1 Vorbemerkung

In Psalm 21 finden wir eine Forshymulierung die recht modern anshymutet und die wir in anderer Sinnshygebung in der Existenzphilosophie Martin Heideggers als Geworfenshyheit (Sein und Zeit) wiederentdekshyken In diesem Psalm klagt der Beshyter Vom Schoszlig meiner Mutter an bin ich auf dich mein Gott geworshyfen ein Rachen tut sich auf wishyder mich hingegossen bin ich in den Staub wie Wasser Du hast mich hinabgefuumlhrt zum Staub des Todes

WeQQ die HerausforderuQgeQ groumlszliger werdeQ

sagt die HoffQuQg die aus der Bibel kOIlIlt

werdet ilr ebeQfal1s waclseQ (Berthold Lutz)

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Gleich der naumlchste Vers laumlszligt ershykennen wer gemeint ist und wer die Tiefen der Angst im Gehorsam bis auf den Grund wird durchleishyden muumlssen nachdem er aus dem goumlttlichen Sein hinausgetreten ist in die Aumlngste dieser Welt Sie hashyben mir Haumlnde und Fuumlszlige durchshybohrt

Die Todesangst Jesu und seine Auferstehung sind unausloumlschlishyche Zeichen an denen sich diejeshynigen orientieren die im Dunkel ihshyrer Not dennoch Hoffende in der Geborgenheit Gottes sind und wisshysen daszlig Dunkelheit letztlich nur jenen zukommt die vom Licht der Liebe Gottes abgewandt leben wollen Der tiefste Grund der Angst wird in der letzten Vater-Unshyser-Bitte deutlich und fuumlhre uns nicht in Versuchung sondern reishyszlige uns hinweg von dem Boumlsen weil houmlchste Angst walten sollte wo Bodenlosigkeit des Glaubensshyabfalls droht

Das Christliche des einzelnen und der Gemeinschaft ist in der Angst unloumlslich verbunden mit der von Jesus Christus geforderten lieshybenden Sorge um den Naumlchsten auch den Feind (Joh 15 13 Rouml 5 10 Mt 5 41 Rouml 9 3) Es geht um die Mitverantwortung in dieser Welt und Ober den Tod hinaus

Es gibt heute eine Bosheit mit gutem Gewissen eine Finsternis die meint alles tun zu koumlnnen was mit Macht und Geld und ruumlckshysichtslosem Eigeninteresse moumlgshylich ist (auch das Toumlten der Ungeshyborenen im Mutterleib) Es handelt

sich um eine Bosheit die sich selbst abzuloumlsen gewillt ist von dem Erloumlsungswillen Gottes mit dieser Welt und dafOr eigene Maszligshystaumlbe der LOge und Menschenshyfeindlichkeit setzt Es ist jener schreckliche SchaUen von dem der Heilige Petrus spricht wenn er sagt der euch aus der Finsternis berufen hat in seine wunderbares Licht (2 Petr 2 9)

Aus Glaube Hoffnung und lieshybe und der seiner Kirche verheiszligeshynen Gnade will die in Kreuz und Auferstehung eingeborgene Angst mitsuumlhnend uumlberwunden und wo sie greifbar wird mitgetragen wershyden

Zwischen Angst und Vertrauen erwaumlchst dem Christen jener unshyuumlberbietbare OpUmismus der eben nur aus Glaubenswirklichkeit hervorgehen kann der die Geworshyfenheit ins Nichts entgegengeshysetzt ist

2 Was ist Angst Angst bezeichnet im Gegensatz

zur Furcht jenen Zustand der in einer Konfliktlage keinen Ausweg erkennbar macht

Furcht ist mehr an einen Gegenshystand gebunden der wenn seine Bedeutung entfaumlllt auch keine Furcht mehr ausloumlst

Angst entsteht zwischen mehreshyren Spannungspolen die jeder auf seine Weise Ausweglosigkeit und Ratlosigkeit suggeriert

Die Angst vor der Angst ist dashybei eine zusaumltzliche Komponente

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die die Ausweglosigkeit bis zum Zusammenbruch immer maumlchtiger erscheinen laumlszligt

Angst in ihren Tiefen Breiten und ihren schleichenden Dimenshysionen zeigt sich in verschiedenen Verkleidungen - als Instrument der Macht Herrshy

schaft Autoritaumlt und des Tershyrors

- als Begleiter von Krankheit und der Probleme im menschlishychen Miteinander

- als Schatten der Erziehung - als religioumlses Phaumlnomen - als Angst der Minderheit - als Antwort auf das Gescheshy

hen der Gegenwart z B menshyschenfeindliche Technik usw

- als Angst vor dem Tod - als Vorwissen um das Komshy

mende aber schon in der Angst Wirkende

- als Attribut unseres gesellshyschaftlichen Lebens (Ratlosigshykeit in der Rastlosigkeit Nuklemiddot arwaffen Kriege in der Welt Anonymitaumlt Konsumzwang und Isolierung Zerstoumlrung der Natur und der Umwelt)

Ist Angst ein Unwert oder beinshyhaltet sie vielleicht doch - wenigshystens als Warnzeichen als Ausloumlshyser houmlchster Aktivitaumlt oder als Beshyweggrund eigenes Schuldverhalshyten zu aumlndern - einen Sinn

Die Vielfalt mit der uns Angst begegnet laumlszligt vermuten daszlig es eine schlOssige Antwort gar nicht gibt oder vielleicht waumlre gerade darum die Antwort ganz einfach Aber wie lieBe sie sich finden

Auftrag 201

Gibt es vielleicht jenseits aller Kulturen jenseits aller Rationalishytaumlt einen Raum der in aller Angst frei von Angst ist der Flucht und Ruhepunkt zugleich ist

Wir mOssen einen Weg suchen der auch dem Christen gangbar ershyscheint und weder durch Fatalisshymus noch durch Ignoranz verstellt wird

3 Tiefen der Angst 1) Zunaumlchst Wie und wo wirkt

die Angst Angst weckt unaufhoumlrshyliches Wachsein das aus dem Vershyborgenen aufsteigt und dem weder Schlaf noch gesuchte Entspanshynung gewachsen sind Sie ist ein unausweichliches Wissen das sich brutal immer wieder in den Vordergrund schiebt alles wie ein feindlicher Nebel uumlberlagernd Leib Seele und Geist gleicherweishyse in Mitleidenschaft zieht tief in die Schichten der Person einshydringt

Das was dauernd belastet was scheinbar nicht ausgeraumlumt werden kann was die Selbstvorshywuumlrfe anheizt was als Spannung in einem Konfliktfeld existiert bleibend erscheint was schlieszligshylich als die Angst vor der Angst zushysaumltzlich bedrOckt den Atem nimmt Alles das ist Angst

2) Eigenwirksame Kraumlfte Geshygenstaumlnde Institutionen Gegeshybenheiten koumlnnen in der Vorstelshylungsweit so stark werden daszlig der ruhende Pol menschlicher Geistigshykeit keinen inneren Frieden zu schenken vermag

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Wo immer ein Mensch lebt gibt es fuumlr ihn mehrere Bezugsgroumlszligen - Der Lebensraum (als soziales

Feld) die innere Verfassung seines Lebensraumes die in diesem Lebensraum wirshykenden Kraumlfte die aumluszligeren Einfluszliggroumlszligen Grenzen Durchlaumlssigkeit Vershyschlossenheit des Lebensraushymes

- das Wissen um die Wirkkraft des Religioumlsen in sich selbst und die Art wie Welt Zeit und Raum gesehen werden (Weltshyanschauung)

- Wehrlosigkeit gegenuumlber der Angst

3) Abgesehen von den psychoshypatologischen Eigengesetzlichkeishyten wirken sich in einem sozialen Feld Ordnungen oder Unordnunshygen zu einem bestimmten Zeitshypunkt und mit der Gesamtheit der Fakten der Personen der Umwelt und des Verhalten zu- oder gegenshyeinander aus Die Gesamtheit der Fakten schlieszligt alle psychophysishyschen und psychobiologlischen Bedingungen sowie die Gegebenshyheiten soziologlischer oumlkonomishyscher und oumlkologlischer Art ein (Ausgehend von K Lewin Feldshytheorie S 31)

Ordnung wieder herzustellen das ist das was als ebenso starker Wunsch gegenwaumlrtig ist wie die Angst selbst

Angst entwickelt dabei eine Hemmschwelle durch die dieser Weg unmoumlglich erscheint Das

gibt dem Konflikt seine zerstoumlrenshyde Dimension

4) Die Wiederherstellung einer Ordnung und des Ruhens in sich selbst kann nur selten aus eigener Kraft gefunden werden

Es bedarf der Hilfe von auszligen es bedarf der Sprache des Ausshysprechens und Ansprechens es bedarf der Zuversicht daszlig die Last der Angst weichen kann daszlig jeshymand da ist der diese Angst vershysteht verstehen will mit tragen will Wege der Loumlsung finden hilft Der Christ weiszlig daszlig er mit den unshyverzichtbaren mitverantwortungsshyvollen Diensten der anderen rechshynen kann die noch festen Boden unter den Fuumlszligen haben Aber weiszlig er das im Einzelschicksal wirkshylich

5) Es gibt aber auch eine Angst wie sie uns im Alten und Neuen Teshystament entgegentritt die Angst derer fOr die Gott nicht existent und auch keine persoumlnlichkeitsshypraumlgende Wirklichkeit ist

Fuumlr diejenigen die das Antlitz Gottes aus lauterem Herzen sushychen duumlrfte es eigentlich keinen anderen Grund zur Angst geben als den Gott und den Glauben an ihn damit aber die Heilszuversicht zu verlieren Daruumlber aber wird spaumlter zu reden sein Indessen sind die Daseinsschwierigkeiten die soziale Not und Enge oft so groszlig und erscheinen objektiv manchmal so aussichtslos daszlig die Existenzangst das Leben selbst ins Unertraumlgliche draumlngt Die caritative Arbeit in den Geshy

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meinden zeigt wie unverziehtbar und aus den Forderungen Christi heraus notwendig die persoumlnliche und institutionelle Zuwendung in der Verantwortung fuumlreinander ist wie notwendig der Mut zur persoumlnshylichen Hilfe ist Es gibt aber auch eine Daseinsnot die aus zwishyschenmenschlichen Beziehungen entsteht und im Verborgenen zu ausweglosen Situationen anshywaumlchst Dann geht es nicht mehr um das Wollen sondern um das nicht mehr Bewaumlltigen koumlnnen

S) Die aus philosophischen Ershywaumlgungen gefaszligten Urteile Ober die Angst kommen in mannigfaltishygen Aussagen zum Ausdruck

Martin Heidegger spricht von der Geworfenheit (Sein und Zeit) Jean Paul Sartre vom Ekel (La Naushysee) Albert Camus von Absurdishytaumlt aber auch von ihrer Sinnlosigshykeit um Sinn zu finden (Der Myshythos des Sisyphos) Karl Jaspers erkennt die Zerrissenheit des Wertseins zwischen Existenz und Transzendenz (Der philosophische Glaube und Ursprung und Ziel der Geschichte) Ludwig Feuerbach lehrt die Selbstentfremdung durch Gott (Das Wesen des Chrishystentums und Kritik der HegeIshyschen Philosophie)

Friedrich Nietzsehe laumlszligt in der Froumlhlichen Wissenschaft den tollen Menschen sagen Wohin ist Gott Ich will es euch sashygen Wir haben ihn getoumltet Wir alle sind seine Moumlrder Der tolle Mensch sagt aber auch - man darf das nicht unterschlagen

Auftrag 201

Dies ungeheure Ereignis ist noch unterwegs und wandert - Ist es schon bei uns angekommen wershyden wir wohl fragen muumlssen

Fuumlr Kiriloff (Dostojewski Die Daumlmonen) entsteht Gott aus der Angst und Simone de Beauvoir reshysigniert Gott stahl mir die Erde (Die Mandarine von Paris)

7) Die Toumldlichkeit nicht wahr - genommener Angst naht sich dort wo der Mensch die Wahrheit von Kreuz und Aufersteshyhung leugnet und die SelbstlOge zum Teil seiner Existenz macht Die hieraus entstehende Dunkelshyheit und Verhaumlrtung des Herzens (Eph 4 18 und Hebr 3 8) geht so weit daszlig die bewuszligte Gottesleugshynung keinen Trost der Ober die Rastlosigkeit der Welt hinausshyweist annehmen will und kann Den Bekenntnissen fOr Ersatzziele mit negativem Glaubensinhalt stellt das Christentum das GlaushybenSbekenntnis an die Menschshywerdung Gottes entgegen Diese unteilbare Wahrheit ist in Gefahr zerredet zu werden und wird dashydurch dem Hinterfragen ausgelieshyfert

Die Frage nach der Wahrheit hat sich wieder neu auch der Theoloshygen aber leider nicht immer in klaumlshyrender Weise bemaumlchtigt E Husshyserl kommt in seinen Logischen Untersuchungen I TObingen zu der Uumlberzeugung daszlig der Kampf der Philosophie gegen die Wahrshyheit ein existentes Phaumlnomen ist (Vgl B Schwarz Wahrheit und Wissenschaft in Oumlsterr Klerusshy

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blatt 78 1968) Wort Gottes und Glaube der Kirche kann und darf nicht ohne Beruumlcksichtigung des Glaubensganzen hinterfragt wershyden (H KOng Christ sein und Existiert Gott sowie die sog Koumllner Erklaumlrung) Es ist ua merkwuumlrdig daszlig die Koumllner Erklaumlshyrung von Entmuumlndigung spricht aber katholische Muumlndigkeit nicht definiert und von ihren Verfechtern auch nicht angesprochen wird Man spricht gern von der Hiershyarchie der Wahrheiten aber man vergiszligt daszlig diese im Rahmen des Glaubensganzen gesehen werden muumlssen

4 Angst im Alten und Neuen Testament

1) Das Alte Testament beshyschreibt treffend die zweifache Wirkung der Angst Sie nimmt einshymal die Sicht auf die durch die Vernunft dargebotenen Hilfen Inshydem aber die Hoffnung verblaszligt entschwindet durch die Moumlglichshykeit die Ursache welche die Qual der Angst veranlaszligt zu erkennen (Weish 17 11)

Der Boumlse flieht auch wenn ihn niemand verfolgt (Spr 28 1) Wer Gott verachtet und das Boumlse sucht verliert das Gespuumlr fuumlr den Grund der Angst er irrt umher geshytrieben vom Traumgesicht der Seeshyle und wundert sich im Erwachen vor seiner Furcht vor nichts (Sir 401 - 7)

Die Unbelehrbaren verfallen imshymer tiefer in den Irrtum erkranshy

ken an laumlcherlicher Angst und werden gefesselt von der Finstershynis sich selbst zur Last (Weish 171-18)

2) Das ganze Alte Testament durchzieht aber auch der Gedanke an den troumlstenden Gott der von alshyler Angst heilt Fuumlrchte dich nicht denn ich erloumlse dich (Is 43 1) Gedenkt nicht mehr des Fruumlheshyren seht ich schaffe immer wieshyder neu Jetzt sprieszligt es merkt ihr es nicht (Is 43 18f) Und Wer in den Geboten Gottes treu verharrt fOrchtet sich zu keiner Zeit (Sir 22 23)

3) Auch das Neue Testament fahrt die Linie troumlstender Worte weiter um sie im Wissen uumlber das Heilswerk Jesu einmuumlnden zu lasshysen in eine neue Dimension des Geistes Gott gab uns nicht den Geist der Furcht und Verzagtheit sondern der Kraft und Liebe und der Besonnenheit (2 Tim 1 7) Furcht ist nicht in der Liebe sonshydern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus (1 Joh 4 18) Nur wer nicht liebt bleibt im Tode (1 Joh 314)

Wie oft macht Jesus bei den vier Evangelisten den Seinen Mut mit dem Wort Fuumlrchtet euch nicht In immer wieder neuen Aspekten schaumlrft er den Blick fuumlr die Wirkshylichkeit des Heils in der Wirklichshykeit der Welt tuumlr die Angst die aus der Gottlosigkeit und Suumlnde ershywaumlchst und tor die Liebe die im Tod zur Auferstehung und Vollenshydung reift

Der Tod Christi ist ein Tod des

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suumlndenlosen menschgewordenen Gottes in den der Mensch sich hineinfallen lassen kann und muszlig aber mit dem es keine Identitaumlt gibt Jesus schreitet einer Angst entgegen die nie ein Mensch wird ermessen koumlnnen Aber in dem Uumlberwinden dieser tiefsten und unergruumlndlichen Angst gebietet er Habt keine Furcht (H U v Balthasar)

4) Wer sich die Muumlhe macht die Aussagen des Alten und Neuen Testaments uumlber die Angst nachshyzulesen wird eine uumlberraschende Feststellung machen Angst ist eine Daseinsgroumlszlige und Gott macht in seinem Wort weder das Leid noch die Angst kleiner Es scheint dagegen Gott macht die Angst zu einem schoumlpferischen Wert wie eben Leid und Tod schoumlpferische Durchgaumlnge sind

Andererseits steht der sinnloshysen Angst das Vertrauen entgeshygen das Gott als Lebensvorausshysetzung schenkt und erwartet Wenn ihr in meinen Geboten lebt verleihe ich dem Land Frieden Ihr koumlnnt euch niederlegen ohne daszlig ihr euch aumlngstigen muumlszligt Ich schlage meine Wohnstaumltte in eurer Mitte auf (Mos 26 1 -13 und Ps 30)

Angefangen von dem Auftrag an Abraham gegen alle Hoffnung auf Gott zu vertrauen bis zum Auszug aus Aumlgypten und weiter bis zur Todesangst Jesu und seinem vershyzweifelten Schrei Mein Gott warshyum hast du mich verlassen fuumlhrt der groszlige Bogen der Heilsmitteishy

lung zur Auferstehung Hier wird auch der Sieg Jesu uumlber die Angst endguumlltig Die Vernichtung des letzten Feindes (1 Kor 15 26) ist das letzte Werk dieses Sieges

Die Zuversicht ist seitdem unendlich geworden Wenn unser Herz uns anklagt so ist Gott groumlshyBer als unser Herz (1 Joh 3 20) Dagegen sollte uns das Wort Wer nicht liebt bleibt im Tode (1 Joh 3 14) wirklich aumlngstigen weil wir hier taumlglich Schuldige werden

5) Die erste Liebe von der die Apokalypse in den sog Gemeindeshybriefen (Offbg 2 4) spricht meint einen immer wieder neuen schoumlpshyferischen Aufbruch zu Gott

Das einzige Gegengewicht geshygen die Angst ist die Liebe weil sie in ihrer vertikalen Dimension den Glauben und in der Breite die Hoffnung maszliglosen Vertrauens umfaBt Paulus definiert sie im ershysten Korintherbrief 13 1 - 8 Jesus fordert So sollt ihr einander lieshyben wie ich euch geliebt habe Der Apostel Judas Thaddaumlus fuumlgt genial einfach die Gnadenerweise Gottes zu einer Dreiheit zusamshymen Erbarmen Friede Liebe (Judasbrief) Es gibt eine Angst Gottes um diese Welt eine Sorge dessen der alles schoumlpferisch geshyordnet hat in seinen Haumlnden haumllt und neu verwandeln wird eine Sorshyge aus der die Macht der Kinder Gottes hervorgeht (Joh 1 12) die denen gegeben wird die Ihn aufshynehmen in einer Welt die das Licht von sich weist (H U v Balshythasar)

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6) Der legitime Ort mit Anshyspruch auf Verbindlichkeit vom Tod zu reden ist die Kirche und in ihr das Wort Jesu der Tod und Auferstehung als Heilsauftrag auf sich nahm Erst von hier kann Trost in der Antwortlosigkeit des Leids erwartet werden

Wer stirbt weiszlig daszlig es nach dem Hinscheiden keinen Ersatz fuumlr ihn geben wird daszlig die eigene Einmaligkeit verlischt um aus christlicher Sicht einen neuen Nashymen zu empfangen den nur der Empfaumlnger kennt (Offbg 17 5)

Die Endguumlltigkeit und das schweigende Versinken sind es die jene Angst hervorrufen die durch nichts aufgehoben werden kann als eben durch die glaumlubige Annahme der Unausweichlichkeit besser als durch das Hineinlegen des Lebens und Sterbens in die Hand Gottes um neues Leben zu empfangen Das Schweigen Gotshytes wird im Tod zum Beginn der verborgenen Begegnung mit der Ewigkeit in die uns die Erloumlsungsshytat Jesu hineinnehmen will Noch heut wirst Du mit mir im Paradiese sein (Lk 2343)

5 Die Angst des Soldaten Der Soldat der mit der Angst

kaumlmpft ist weder aumlngstlich noch feige Seine Angst entsteht exishystenziell aus der Notwendigkeit die unausweichlich ist das Leben einzusetzen

Er setzt dagegen den Mut des Geistes der die Pflicht beseelt

Eine Definition der Pflicht aber muumlszligte um diesem Zusammenshyhang gerecht zu werden die Beshygriffe Bereitschaft soldatisches Koumlnnen und das Vermoumlgen dieses Koumlnnen zu verwirklichen Tapfershykeit Umsicht und Entscheidungsshykraft Gewissen und Gehorsam Verantwortung und Wissen um die Gefahr enthalten Aus diesen die Persoumlnlichkeit praumlgenden Kraumlften faumlllt Licht auf jenes Wort aus eishynem Soldaten gesetz Furcht vor persoumlnlicher Gefahr entschuldigt eine Tat nicht wenn die soldatishysche Pflicht verlangt die Gefahr zu bestehen Die Krankenschweshyster der Polizeibeamte und der Feuerwehrmann z B setzen taumlgshylich auch ohne ein solches Wort im Hintergrund ihre Gesundheit ein um fuumlr andere da zu sein

Die Angst ist kein Gespenst Sie ist im militaumlrischen Bereich das Attribut moderner Kampfmittel Man darf es nicht zu gering veranshyschlagen daszlig die Bereitschaft sich fuumlr die Freiheit und das Gute einzusetzen diese konkreten Aumlngshyste aufzuwiegen vermag und sich staumlrker erweist als das bereitgeshystellte Verderben

6 Das Kind in der Angst 1 Eine kleine Geste fuumlhrt uns

an das Gemuumlt des Kindes heran wenn es eine Stoffpuppe oder ein Pluumlschtier liebevoll an sich druumlckt und dabei (neben der innigen Zushywendung) in kritischen Phasen seishy

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ner Entwicklung Trost in der Angst findet

Eltern sollten wissen daB die Entwicklung des Kindes nicht automatisch und reibungslos von einer Stufe zur anderen ablaumluft sondern daB das Kind mit jeder Entwicklungsphase neue Erfahshyrungen macht aber auch neue Aumlngste kennen lernt Je nach den gegebenen Umweltbedingungen und den Kraumlften des sozialen Felshydes in dem es lebt und in der Zushyoder Abwendung der Eltern lernt es diese Aumlngste zu Oberwinden oder bleibt ihnen unterschwellig manchmal zeitlebens ausgelieshyfert

2) Der Hilflosigkeit des Kindes steht die FOrsorge der Schutz und das Heilende elterlicher Freundshylichkeit gegenOber die das Kind in das Unbekannte des Lebens hinshyein begleitet Was wir Tapferkeit nennen ist fOr das Kind ein schrittshyweises Kennenlernen von Angst und Furcht und deren Uumlberwinshydung Nur Das muB man wissen Kinder koumlnnen aber das was sie als Unnennbares erleben nicht reshyflektieren

3) Die Neugiertreibt das Kind in das Abenteuer des Lebens Wie oft erfahren Eltern von ihren laumlngst ershywachsenen Kindern was sie alles an Erlebnissen durchgestanden haben aber im erernten Erkennen der Grenzen vor der verletztenden Gefahr bewahrt blieben

Der zusaumltzliche Druck auf das Kind durch die Angst vor Schuld und Strafe vor Alleinsein und Dunshy

kelheit belastet um so mehr als die Eltern keine Zeit mehr fOr die Kinder haben Modernes Spielzeug macht heute die Eltern entbehrshylich weil Kinder bei Video Fernshysehen und Computerspielen so gut aufgehoben sind Die Folgen geistiger und seelischer Art wershyden nicht ausbleiben

4) Wer in diese Welt hineingeshyboren wird und in immer neuen Leshybensringen Existenz erleben und verarbeiten muB bedarf der Fuumlhshyrung deren Ziel die angstfreie Beshygegnung mit Dingen und Menshyschen bei Urteilsfaumlhigkeit und Wissen um Grenzen sein sollte Ohne Geborgenheit in der kleinen Welt der Familie in der das Kind Liebe und Schutz erfaumlhrt Urteil Grenzen und Normen kennen lernt gibt es kein Erwachsenwerden das der Welt gewachsen ist Ohne wirkliches Kindsein wird niemand wirklich erwachsen sondern bleibt ewig pubertierend unershywachsen mit allen Aumlngsten und Hemmungen die hierin eingeshyschlossen sind Ohne Wissen um Grenzen kein Gewissen

5 Mit der Entwicklung reift das Denken durch Sprache Ein Kind muB lernen sich auszusprechen um seinen Aumlngsten seinem Erleshyben und seinen GefOhlen und Agshygressionen Ausdruck verleihen zu koumlnnen Das Kind sollte bei aller Fuumlhrung lernen positive aber auch negative Gegebenheiten seishyner kleinen Welt durchzustehen Das kann es nur wenn die Dinge vorher nOchtern beim Namen geshy

Auftrag 201 35

nannt werden Aumlngste duumlrfen weshyder verniedlicht noch groumlszliger geshymacht werden als sie natuumlrlichershyweise sind Das Maumlrchen des Kaishysers neue Kleider entkleidet die Dinge die ihm angehaumlngt worshyden sind von der Illusion um sie schlieszliglich zu sehen wie sie sind Merkwuumlrdigerweise konnte das nur ein Kind weil es unverbildet das Wirkliche der Dinge sah

6) Als Jesus die Kinder zu sich rief verband er an die Erwachseshynen gewandt kindliches Denken mit dem nuumlchternen Hinweis auf das Himmelreich um ihnen und den Erwachsenen ein letztes Ziel zu zeigen von dem her erst alles andere sinnvoll erscheint

Die Groszligen und so Klugen vershylieren leicht die Wirklichkeit aller Wirklichkeiten aus dem Blick weil sie vor lauter vorletzten Interessen fuumlr das Letztguumlltige blind geworshyden sind So bleiben sie mit ihren Aumlngsten in der Welt des Vorletzten allein und finden fuumlr sich und anshydere keinen Ausweg aus den Krishysen der Angst und der ihr vorangeshyhenden Konflikte

7 Der Christ in der Katastrophe

1) Der Christ in der Katastroshyphe dieser Gedanke soll uns nun in der Uumlberlegungen uumlber die Angst beschaumlftigen

Was sind Katastrophen Katashystrophen sind ploumltzliche lebensshybedrohende Ereignisse natuumlrlicher oder durch den Menschen geshy

schaffener Ursachen deren Wirshykungen Zerstoumlrung physischer seelischer politischer oumlkonomishyscher kultureller wirtschaftlicher oder anderer Art zur Folge haben Was bei Katastrophen sofort in den Mittelpunkt der Betroffenen und betroffen Auszligenstehenden geraumlt ist die Todesangst ist die Angst vor und in der Wucht zerstoumlshyrender Kraumlfte denen der Mensch wehrlos ausgeliefert ist

Kriege Erdbeben Lawinen Grushyben- und Flugzeugkatastrophen Epidemien usw bilden ein mehr oder weniger begrenztes Ereignisshyfeld in denen sich menschliches Verhalten der noch Lebenden von der laumlhmenden Lethargie uumlber houmlchste Erregung bis zur kopfloshysen Panik zeigen kann

Andererseits bricht dann eine Welle von Hilfsbereitschaft aus die sich mit Abklingen der ersten Schreckreaktionen oft als wenig organisationsgerecht erweist und im unbesonnenen Uumlbereifer an falshyscher Stelle erfolgt weil es an Uumlbersicht fehlt Wo sich aber Hilfsshybereitschaft und Sachverstand mit schnellen aber treffsicheren Entshyscheidungen verbindet ist Hilfe auch lebensrettend

Jeder kann in Katastrophen geshyraten der Christ wie der N ichtshychrist Alle haben Angst alle durchleiden die Gefahr entspreshychend physiologischer und geishystig-seelscher Ablaumlufe und alle zittern

Vielleicht ist es das Zusammenshytreffen von Demut und Vertrauen

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von Ergebenheit in das Unabaumlnshyderliche und Gebet von Selbstvershygessenheitmiddot und Umsicht was Pershysonen - selbst in Todesgefahr shyherausragend kennzeichnet wenn sie in houmlchster Gefahr an das Leshyben und den Schutz anderer denshyken Aber das muumlssen nicht unbeshydingt Christen sein Den aus dem Glauben eingeuumlbten Christen praumlgt vielleicht gerade in Todesnaumlshyhe noch etwas anderes das Wisshysen um eine letzte Eingeborgenshyheit in Gott Das Wort - vielshyleicht - mag hier angebracht sein weil niemand weiszlig wie er sich auch als Christ in auswegshylosen Grenzsituationen verhalten wird

Wer aber im Ganzen des Lebens stets das Ganze des Glaubens vershywirklicht hat wird in haumlrtestem Ausgeliefertsein Ober Seelenkraumlfshyte verfuumlgen die dann allen im Umshyfeld Betroffenen zugute kommen Berichte uumlber Katastrophenfaumllle jedenfalls lassen solch starkes Verhalten durchscheinen

2) Es fragt sich ob nicht das Toumlten der Kinder im Mutterschoszlig mit gutem Gewissen eine der groumlszligshyten Katastrophen unserer Zeit ist In den letzten zwanzig Jahren sind mindestens zehn Millionen Kinder allein in der Bundesrepublik hingeshymordet worden

Es ist aber auch zu fragen ob nicht die Geschichtslosigkeit mit der unsere Jugend aus der Schule entlassen wird ob nicht der Manshygel an religioumlsem Wissen und relishygioumlse Interessenlosigkeit von EIshy

tern und Schule eine Katastrophe groumlszligten Ausmaszliges mit unabsehshybaren Folgen ist Ist zu fragen ob nicht die emanzipatorische Paumldshyagogik einen katastrophalen Kahlshyschalg an Gemot Charakter und Ethik bedeutet und ihre Wirkung heute in immer offeneren Formen zeigt ob nicht das destruktive Gruppenverhalten der fruumlhen 60er Jahre ein Vakuum an innerer Chashyrakterstaumlrke hinterlassen hat in das immer wieder neue wirre Ideoshylogien Eingang finden Solange Frauen im Namen ihrer Freiheit und ihres Berufes die in ihnen wachsenden Kinder der Zerreiszligshymaschinerie (woumlrtlich gemeint) der Abtreibung preisgeben muumlssen sie sich nach den Beweggruumlnden des Toumltens fragen lassen Die Antshyworten enthuumlllen dann das ganze katastrophale Ausmaszlig des Verlushystes an Ehrfurcht vor dem Menshyschen und seiner Wuumlrde Einershyseits verweigern junge Menschen den Dienst mit der Waffe um nicht toumlten zu massen andererseits ist das Toumlten unschuldiger Kinder zur Gewohnheit geworden Die Hinshyrichtung der Kinder im Mutterleib ist eines der beschaumlmendsten Zeichen unserer Zeit

Das Toumlten mit guten Gewissen ist nicht weniger erschreckend als der Krieg mit seinen Folgeerscheishynungen

3) Schlieszliglich waumlre im kirchshylichen Raum daruumlber nachzudenshyken welch innere Selbstzerstoumlshyrung die Kirche durch theologishysches Hinterfragen der Glaubensshy

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und Lebensgrundlagen erleidet Die katastrophale Auswandeshy

rung aus der Kirche bis auf einen verbliebenen Rest derer die wirkshylich noch aus dem Glauben leben wollen zeigt daszlig Katastrophen nicht nur augenscheinlich und ploumltzlich lebensbedrohend wershyden sondern daszlig sie selbstgeshymacht mit der Zeit zur Entfaltung und zur erschreckenden Ausshysichtslosigkeit kommen zuminshydest im Bereich des sogenannten christlichen Abendlandes das ein atemberaubendes Vakuum bereitgestellt hat Letztlich muszlig unsere Uumlberlegung unserer Welt gelten Was haben wir eigentlich aus unserer Erde gemacht Waumllshyder Fluumlsse und Meere sterben Die Atmosphaumlre wird zunehmend geshyschaumldigt Die egoistische Selbstshybestaumltigung mit der die Gesundshyheit und das Leben von Hundertaushysenden ruumlcksichtslos geopfert wird deuten auf einen Verfall an Moral und Verantwortung so daszlig sich der Gedanke aufdraumlngt weishyche Katastrophe eigentlich groumlszliger ist die des zerstoumlrten Lebens oder die vorausgegangene Ursashyche seelenlosen Handeins

4) In unserer durchtechn isiershyten Welt ist ein Problem entstanshyden das scheinbar unloumlsbar ist das Problem der seelenlosen Orshyganisation das dem religioumlsen und der christlichen Weltanschaushyung entgegensteht ja verschlosshysen ist Der Christ weiszlig aber daszlig in der Rationalisierung des Dashyseins der Mensch ein Wesen von

Leib Seele und Geist bleibt und vor Gott fuumlreinander Verantworshytung fOr die Gesamtheit der Schoumlpfung traumlgt

Der Rausch des immer wieder Neuen und Machbaren und der Geshyschwindigkeit ist vernuumlnftigen Uumlberlegungen durch glaubensbeshywuszligte Motivation unzugaumlnglich Wo aber die Verantwortung vor Gott geschwunden ist dort kann sich nur noch ein Egoismus gegen den Menschen ausbreiten Alle sind durch die Seelenlosigkeit geshyfaumlhrdet und alle haben Angst vor den Rasern vor den Umweltkatashystrophen vor der Anonymitaumlt vor dem Alleinsein vor der Interesseshylosigkeit am Schicksal des andeshyren

Welches sind die Schritte die uns hier herausfuumlhren Wird diese Frage unbeantwortet bleiben und damit die Katastrophe ihren Lauf nehmen Denn eines ist sicher aus innerweltlichen Normen und Vorstellungen kommen wir aus der selbstgeschaffenen Situation der Welt nicht heraus So sind alle dieshyjenigen gefordert fuumlr die das Wort Frieden ohne ideologischen Inhalt wirklich noch Frieden bedeutet fuumlr die das Leben von Anfang an noch Wuumlrde und Freiheit und Sinn aus unumstoumlszliglichen Normen und jener letzten Wirklichkeit empshyfaumlngt die von Anfang an war (1 Joh)

Wer wird denen welchen Vershyantwortung Befugnisse und Macht uumlbertragen wurde diese Leshybenswirklichkeit abverlangen

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wenn sie selbst nicht von jener Geistigkeit gepraumlgt sind und die Waumlhler der so gern zitierte Souveshyraumln sich nicht mehr auf seine polishytisch-weltanschauliche Urteilsshykraft verlassen kann

Der Friede der immer wieder so eifrig besprochen und ersehnt wird kann nur ein Frieden sein dem sich alle unterwerfen und seishyne uumlbergeordneten Normen anershykennen Dazu aber muumlszligte ein uumlbershygeordnetes Wollen Gottes anershykannt werden Es waumlre nuumltzlich daruumlber nachzudenken was Paushylus inmitten der Aumlngste jener Tage bewogen hat das Wort zu spreshychen Der Friede Christi herrsche in euren Herzen (KoI3 15)

Wenn nichts mehr geht wird auch dieses Wort in Ursache und Wirkung wieder ernst genommen werden

8 Schluszliggedanken Angst ist ein Phaumlnomen das

Leib Geist und Seele gleicherweishyse in seine Wirkung einbezieht

Ihr gegenuumlber ist Heilung notshywendig die ebenfalls den ganzen lVIenschen erreichen muszlig

Alle beduumlrfen einander Aber in einem letzten Sinn ist unser Heil nur in dem erloumlsenden Gott beshygrOndet

maior est Deus corde nostro et cognoscit omnia (1 Joh 3 20) (Gott ist groumlszliger als unser Herz)

Das Alte Testament spricht in Sir 120 von der Furcht des Herrn als der Wurzel der Weisheit Tho-

Auftrag 201

mas von Aquin setzt ihr als der inshynersten Freude in Gott die Aceshydia die Unlust an Gott die er als schwere Suumlnde bezeichnet gegenshyuumlber (Thomas v Aquin Qu 632 Bd 4 D Thomasausgabe)

Gottesfurcht wird auch immer an erster Stelle dort genannt wo von den sieben Gaben des Geistes die Rede ist

Der Begriff lieszlige sich auch in anshydere Begriffe aufloumlsen z B wie sie in den Paulusbriefen im 1 Petrusshybrief im 1 Johannesbrief und im Judasbrief vorkommen Friede Liebe Wuumlrde Besonnenheit Urshyteilskraft Reinheit des Herzens Anbetung und Dienst Sie werfen ihr Licht auf jeden zuruumlck der sein Leben aus dem Wort Gottes aus Sakrament Eucharistie und Vershyantwortung fuumlreinander gestaltet weil es einen Freiraum von aller Angst auch in der Angst gibt naumlmshylich dort wo der Heilige Geist wirkt wo Glaube in Existenz als Entscheidung der Liebe uumlbergeht

Johannes Cofalka

Quellen

Arbeits und OrientierungshIlfen

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K Rahner Grundkurs des Glaubens Freishyburg 1979 J Ratzinger Theologische Prinzipienlehre MOnchen 1982 L v Holzschuher Psychologie Seebruck 1955 K Jaspers Psychopathologie Frankfurt 1961 H U v Balthasar Der Christ und die Angst Einsiedeln 1976 H Meyer Geschichte der abendlaumlnd Weltshyanschauung Paderborn 1960 Thomas von Aquin Summa Theol I q 78 a 4 die Innern Sinne Deutsch-Lat Thoshymasausgabe Bd 35 Heidelberg-Koumlln 1961 J Auer J Ratzinger Kleine Katholische Dogmatik Bd IX Regensburg 1984 H U v Balthasar Der Geist der Wahrheit (Theologik Bd 111) Johannes 1987 H SchOrmann Das Lukasevangelium Bd I Freiburg 1965 (Exegetische Ausfuumlhrungen auch Ober den Heiligen Geist als Dynamis und Geheimnis der Dreifaltigkeit) K Lewin Feldtheorie in den Sozialwissenshyschaften Stuttgart 1963

Gottes ungeduldige Toumlchter Abschied vom Patriarchat

Das Zentralkomitee der Deutshyschen Katholiken hat Uumlberlegunshygen vorgelegt wie es zu einer besshyseren Kommunikation in der Kirshyche kommen koumlnne Dialog statt Dialogverweigerung - wie in der Kirche miteinander umgehen lautet der Titel des Papiers

Einer der SChwerpunkte dieser Uumlberlegungen ist der Abschnitt uumlber die Stellung der Frau Er beshyginnt mit einer ungeschminkten Situationsanalyse die nachfolshy

gend abgedruckt und zur Diskusshysion gestellt wird

Frauen heute lieben ihre Kirche und leiden an ihr Das verbindet sie untereinander das verbindet sie mit ihren Schwestern und MOtshytern durch die Jahrhunderte das verbindet sie mit allen die in dieshyser Kirche kein Zuhause finden weil sie hier ihr unverwechselbashyres Leben nicht einbringen koumlnshynen keine Stimme haben offen oder versteckt unterdruumlckt und abshygewertet werden und ausgeshyschlossen sind von der Macht

Es war einmal die junge Kirche war frauenfreundlich

Ein Blick in die Geschichte shyohne Glorifizierung - zeigt daszlig seit den ersten Tagen des oumlffentlishychen Auftretens Jesu Frauen mit seinen befreienden Worten und Taten leben mit seiner Botschaft des nahen Gottesreiches Frauen nahmen in der Nachfolgegemeinshyschaft der Glaubenden als die ershysten Verkuumlnderinnen der Aufersteshyhung Jesu einen einmaligen Platz ein Ihnen kam unOberholbare Beshydeutung zu als Prophetinnen und Mystikerinnen als Gemeindeleiteshyrinnen als Heilende und Heilige als Menschen mit reichen Begashybungen und vielfaumlltigen Berufunshygen Frauen gruumlndeten Orden und Lebensgemeinschaften trugen zur Bildung der Unwissenden bei zur Linderung von Not zur Troumlshystung der Trauernden und zur Weishytergabe des Glaubens Sie entwikshy

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kelten vielfache Identifikationsmushyster und Lebensformen - auch fOr Frauen ohne Familie - die ihnen Selbstbestimmung ermoumlglichten Anerkennung und Sicherheit gashyben und sie mit Kraft und Mut ausshyruumlsteten Durch die individuelle Ausgestaltung ihrer Froumlmmigkeit wurden diese zu Meisterinnen der Seelenfuumlhrung und eroumlffneten so sich und anderen in der Kirche eishynen Raum in dem sie ihre Faumlhigshykeiten zur vollen Entfaltung brinshygen konnten und ihre Erwartungen an ein gelingendes Leben erfuumlllt sahen Die Schoumlnheit der Liturgie die Verlaumlszliglichkeit des Kirchenjahshyres die Strukturierung der Lebensshyzeit durch den Wechsel von Alltag und Festtag gaben Frauen hohe Befriedigung Die Verpflichtung zum Meszligbesuch war ihnen nicht nur Last sondern schuf ihnen auch Freiraum im ununterbrocheshynen Beschaumlftigtsein mit den Noumlshyten und Sorgen fOr Familie und Haus Die Uumlbernahme Gestaltung und Weitergabe von Brauchtum sprach ihre Kreativitaumlt und leshybensfreude an Die ihnen vorgegeshybenen Ordnungen in der Kirche hielten und stuumltzten sie sicher in Sinn- und Identitaumltskrisen Die Hochschaumltzung ihres Rates und ihrer Hilfe vermittelten ihnen das Gefuumlhl sinnerfuumlllten Daseins Und so ist es fuumlr manche Frauen auch heute noch

Die Unterdruumlckung der Frauen hat eine lange traurige Geschichte

Doch nicht nur dieses harmonishysche Bild gilt es vom Leben der Frauen in und mit der Kirche zu zeichnen Frauen wurden mit kirchlicher Billigung und sogar auf ihre Weisung hin grausam vershyfolgt nur weil sie Frauen waren Sie brannten als Ketzerinnen und Hexen Frauen wurden durch ein frOh ausgepraumlgtes und theoloshygisch legitimiertes dualistisches Menschenbild an Klischees geshybunden die ihren individuellen Beshygabungen und Berufungen nicht nur nicht entsprachen sondern ihshynen zuwiderliefen sie beschnitten und sie sogar zerstoumlrten Die Leshybenszyklen von Frauen ihre Erfahshyrungen Traumlume Traumlnen und lieshyder fanden kaum Eingang in liturshygie und Verkuumlndigung Frauen wurden zur Herrschaftssicherung von Maumlnnern miszligbraucht und auf ein asymmetrisches Geschlechtershyverhaumlltnis verpflichtet das dem eishynen das Amt und die Wuumlrden der anderen die Arbeit und den Gottesshylohn zusprach Die Lebensangst und Leibfeindlichkeit von Moumlnshychen und Theologen praumlgte die Verbindung von Frau - leib - Suumlnshyde und brachte ein ideOlogisch vershyengtes Marienbild hervor das Frauen entmuumlndigte und als Indishykator der Unterdruumlckungsgeshyschichte von Frauen gelten kann Frauen wurden nicht gehoumlrt und nicht verstanden wenn sie kirchlishyche Vorschriften und Riten als

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lieblos empfanden wenn sie sich wehrten gegen quaumllende und hershyabsetzende Beichterfahrungen wenn sie ausgeschlossen wurden und werden von kirchlichen Dienshysten Frauen wurden und werden zu Bruumldern Durch die Jahrhunshyderte - und auch heute noch shyerlebten Frauen sich in der Kirche als Objekte maumlnnlichen AIIshymachtsstrebens und maumlnnlicher Aggression aber auch maumlnnlicher Angst Trotzdem haben Frauen die befreiende Rede Jesu und seine revolutionaumlren Taten nicht vergesshysen Oft erst im Nach-Denken entdecken sie ihre Wunden entshydecken sie sich fast immer als Opshyfer und nur selten als Taumlterin Ihr Leiden hat tiefe Wurzeln

Die Geduld der Frauen geht zu Ende

Frauen warten nicht laumlnger weshyder in Gesellschaft noch in Kirche Sie holen Indiskretion und Verletshyzung Miszligachtung und Enttaumlushyschung ZurOcksetzung und Unshyfreiheit die ihnen als Frauen zugeshymutet worden sind aus dunklen und gut geMteten Verstecken In Frauenbewegungen Frauenvershybaumlnden Frauenorden gemeinsam mit anderen und allein Oberwinden sie Isolation Sprach- und Mutshylosigkeit und wehren sich Sie wershyden sich ihrer Zahl und ihrer Kraft bewuszligt Sie erkennen ihre Bedeushytung fOr das Leben in den Gemeinshyden und Ortskirchen und entdekshyken voller Staunen und Anerkenshynung die Leistungen ihrer Schweshy

stern und Muumltter Sie werden sich deren Mutes und Engagements beshywuszligt Sie lernen die eigene religioumlshyse Biographie kennen und gewinshynen Einsicht in die Lebenswege anderer Frauen Frauengeschichte und Frauengeschichten sind ihnen kein verborgener Schatz mehr weil sie sie befreien vom Staub und von der Erblindung durch die Jahrhunderte Kraft waumlchst ihnen zu zur generationen- und kulturshyuumlbergreifenden Solidaritaumlt Frauen gewinnen - auch in der Kirche shyan Selbst- und Verantwortungsbeshywuszligtsein an Autonomie und Solishydaritaumlt Sie weigern sich um einer ungestoumlrten Tradition willen einer geteilten Wirklichkeit fOr Maumlnner und Frauen zuzustimmen Sie wolshylen ihre reichen Lebensformen und Lebenserfahrungen in das Leben von Kirche und Gesellschaft einshybringen Sie finden und benennen ihre Wuumlnsche und Probleme ihre Forderungen und Plagen Frauen beginnen zu erzaumlhlen und rufen nach Gerechtigkeit nach Aussprashyche uumlber die Schuld des Sexismus die ihre Bruumlder und Vaumlter auf sich geladen haben Frauen geben sich nicht mehr mit beschwichtigenden oder drohenden Theorien und Theologien zufrieden Sie fordern den gleichen Anteil an Macht und Entscheidung Sie lassen sich nicht mehr BrOder nennen und nehmen Verwundungen in Kauf wenn sie im Bewuszligtsein ihrer Gotshytesebenbildlichkeit zu fragen und zu kaumlmpfen beginnen Frauen wolshylen auch und gerade in der Kirche

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eine auf Freiheit und Gerechtigshykeit gegruumlndete Pluralitaumlt die sie nicht mehr ausgrenzend als den groumlszligten Teil der Glaubenden beshynachteiligt Frauen rufen nach Geshygenseitigkeit und Symmetrie in Beziehungen von Maumlnnern und Frauen in der Kirche nach Beseitishygung diskriminierender Bibelausshylegung nach Abschaffung ungeshyrechter Rechtssaumltze und patriarshychater Strukturen

Die Zeit schoumlner Worte ist vorbei

Frauen heute waumlgen ihre Kraumlfte ab Sie sind in vielen Bereichen mehr und anders gefordert als ihre Muumltter Sie wollen und mOssen ihr Leben gestalten Oft suchen sie um ihrer Kinder willen den Bezug zum Religioumlsen aufrechtzuerhalshyten und zu pflegen Auch wollen Frauen in dieser Kirche ihr Berufsshyfeid finden und weiterentwickeln Doch wenn sie erleben daszlig die Kirche ihnen nicht den Lebensshyraum oumlffnen kann oder will den sie brauchen und einforden zieshyhen Frauen entschieden aus der Kirche aus Sie sind des Houmlrens auf zu kleine und zu enge Menshyschenworte mOde denn sie haben Gottes befreiendes Wort in ihrem Leben vernommen und seinen Aufshyruf zum Aufbruch

Der strukturellen Suumlnde der Unshyterdruumlckung von Frauen in der Kirshyche kann nicht mit EinzeImaszlignahshymen begegnet werden so richtig unerlaumlszliglich und angezeigt diese auch sind Ein neues Sehen Houmlren und Denken ist notwendig Solshy

ches Denken kann nur erworben werden durch die Anstrengungen von Frauen und Maumlnnern Nur sie zusammen koumlnnen aufarbeiten was beide beteiligten Gruppen an Wut Angst und Resignation belashystet Nur sie zusammen koumlnnen zu einem Dialog finden der beide beshyfreit und heilt und beide zu einem Leben im Sinne des Evangeliums fahrt Doch wie soll dieser Dialog gehen wie sind die Schritte die dorthin fuumlhren Sicher sind es fuumlr viele zunaumlchst getrennte Schritte Viele Frauen wollen und koumlnnen zunaumlchst nur alleine in der Geshymeinschaft gleich Betroffener ihre Geschichten erzaumlhlen ihre Verletshyzungen beklagen und betrauernmiddot Nur hier finden sie jenes Zuhoumlren das im Verstehen und Nachvollzieshyhen Solidaritaumlt wachsen laumlszligt Erst nach einer solchen Aussprache sehen sie auch jene neu die mit ihshynen in der Kirche leben - andere Frauen und Maumlnner Solche Anfaumlnshyge brauchen Unterstuumltzung und Zuspruch Frauen haben gelernt daszlig Taten und nicht Absichtsershyklaumlrungen notwendig sind eine neue Auslegung der Bibel insbeshysondere der SChoumlpfungsgeschichshyte das Ernstnehmen feministishyscher Theologie die Uumlberwindung sexistischer Sprache und patriarshychaler Sicht in liturgischen Buumlshychern Leseordnungen und kirchlishychen Verlautbarungen die Abshyschaffung der Diskriminierung von Frauen durch Recht und Verwalshytung die Schaffung von frauenshyund familienfreundlichen Arbeitsshy

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plaumltzen die Gleichbehandlung von Frauen bezuumlglich ihrer Aufstiegsshymoumlglichkeiten in kirchlichen Instishytutionen die Beteiligung von Fraushyen an allen Arbeiten und Diensten in den Gemeinden verstaumlrkte Solishydaritaumlt mit Frauen in belasteten Lebensverhaumlltnissen die Arbeit an einem neuen Frauenbild das endshylich zeigt daszlig es die Frau nicht gibt sondern nur Frauen jede auf ihre unverwechselbare und einmashylige Weise Gottes Bild Frauen wollen daszlig die Anstrengungen der Kirche auch auf fundamentale Aussagen zielen Sie wollen die Beendigung der Daumlmonisierung von Sexualitaumlt Eros und Fruchtshybarkeit die freie Entscheidungsshymoumlglichkeit uumlber die Gestaltung ihrer Familienform die Beendishygung der Glorifizierung sowohl der Jungfraumlulichkeit als auch der Mutshyterschaft die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Maumlnnern am Amt der Kirche nicht mehr Subordination sondern Ordinashytion

Frauen wissen mit untruumlglicher Sicherheit daszlig diese Fragen an ihre Kirche nicht laumlnger verdraumlngt werden und unbeantwortet bleishyben duumlrfen Sie spuumlren das Leben

AKTION GEGEN HUNGER UND KRANKHEIT IN DER WELT

5pendenkonto 556-505 Postgiro Koumlln

das hinter ihren kraftvollen und draumlngenden Anfragen steht Sie wissen um die Gefaumlhrdung der Universalitaumlt der Kirche wenn der Dialog zwischen Frauen und Maumlnshynern nicht gelingt wenn das alte Verhaumlltnis zwischen Herrschenshyden und Beherrschten nicht aufgeshybrochen wird Sie wissen aber auch daszlig genau an dieser Bruchshystelle der Samen des Evangeliums Platz finden wird der aufgehen wird als Geschenk des Frauen und Maumlnner befluumlgelnden Heiligen Geistes

Der gesamte Text Dialog statt Dialogverweigerung - wie in der Kirche miteinander umgehen Ist zu erhalten bei Zentralkomitee der Deutschen Katholiken Hochkreushyzallee 246 5300 Bonn 2

(aus Mann in der Kirche Febr1992)

Uumlber Bildung und Religion Einem Suchenden

Der Herrgott hat dir reiche Gashyben des Verstandes des Gemuumltes und einen gesunden unverbildeshyten Leib geschenkt Diese Gnade ist nur durch ein erfuumllltes Leben zu rechtfertigen Gesund an Leib und Seele zu sein und die ganze Vielshyfalt des menschlichen Geistes in sich aufnehmen zu dOrfen und doch - je laumlnger je mehr - die

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Weisheit jenes griechischen Philoshysophen zu erfahren der da beshykannte Ich weiszlig daszlig ich nichts weiszlig das ist wahrhaftig eine Gnade der man nur durch die Tat wuumlrdig werden kann

Es gibt so viele Menschen die tun sich etwas auf ihre sogenannshyte Bildung zugute Wie arm sind sie doch dran Sie haben nie beshymerkt daszlig der Grund aller echten Bildung die Bescheidenheit ist das Wissen darum wie sehr unser Weg von dem bestimmt wird was in uns angelegt ist Denn wahre Bildung ist ja nicht nach Examen meszligbar und seien sie alle sumshyma cum laude bestanden Der Eingebildete weiszlig nichts von der Kraft des Herzens die dem Geist verschwistert ist Geistesbildung solchermaszligen gekraumlftigt aber lobe ich mir und ich wuumlnsche dir einen rechten Hunger danach

Wenn ich mich nicht in dir taumlushysche beseelt dich der Drang den Dingen auf den Grund zu gehen dich nicht mit oberflaumlchlichen Ershyklaumlrungen zufrieden zu geben Recht so Laszlig dich nicht vertroumlshysten Forsche selbst suche nach der Wahrheit Es ist ein eigen Ding um dieses Suchen Du wirst es noch erfahren daszlig der Mensch der nicht vorzeitig abstumpft und in Selbstgenuumlgsamkeit versinkt sein Leben lang auf der Suche nach dieser Wahrheit bleiben muszlig Immer wieder werden sich ihm neue Raumltsel auftun immer wunshyderbarer wird ihm die Welt erscheishynen immer geringer das was er

wirklich von ihr weiszlig Immer beshyscheidener wird er werden vor Gott Denn am Ende wird der Raum fuumlr ihn weiter und leuchtenshyder werden der Raum der mit dem Willen nicht zu zwingen mit dem Verstande nicht zu fassen ist - Er ist die Welt des Glaubens die Relishygion

Hans Bahrs

KINDERshyFREUNDLICHE

GESELLSCHAFT

Auftrag 201 45

EUROPA

Europa hat Geschichte

Europa - gemessen am geshyographischen Umfang ist es mit 1001 Millionen Quadratkilometern der zweitkleinste Erdteil Gemesshysen an der Zahl seiner Bewohner ist Europa - nach Asien - der zweitgroumlszligte aller Erdteile 645 Milshylionen Menschen bewohnen diese reich gegliederte westliche Halbshyinsel der riesigen Festlandmasse Asiens Und weil Europa eigentlich nur ein Anhaumlngsel Asiens ist spricht man gelegentlich von Eushyroasien Gemeint ist damit das gesamte Festland von der fernoumlstshylichen Pazifik-KOste bis zum Atlanshytik in Portugal

Aus geographischer Sicht mag das auch stimmen Aber die Menshyschen die in diesem westlichen Teil des Riesenerdteils Eurasien leben haben ihre eigene ja ihre urshyeigene Geschichte

Europa - sagenhaft

Was den Namen Europa beshytrifft so spielt dabei die griechishysche Insel Kreta eine wesentliche Rolle In der griechische Sagenshywelt war Zeus der Vater aller Goumltshyter und Menschen In der Gestalt eines Stieres raubte er Europe die Tochter des Koumlnigs Agenor und trug sie auf seinem Ruumlcken nach

Kreta Dort stand er ploumltzlich als schoumlner JOngling vor ihr Einer ihshyrer Soumlhne heiszlig Minos Er war Koumlshy

nig von Kreta und seiner Mutter Europe wurden auf der MitteImeershyinsel goumlttliche Ehren zuteil Nach ihr wurde schlieszliglich der Erdteil Europa genannt

Europaumlische Geschichte in acht Minuten

In der Tat wurzelt die europaumlishysche Kultur weitgehend im griechishyschen und spaumlter roumlmischen Leshybensbereich Die Urspruumlnge gehen also bis in das 2 Jahrtausend vor Christi Geburt zuruumlck

Bis in das 5 Jahrhundert nach Christi Geburt war das Roumlmische Reich Traumlger dieser griechisch-roumlshymischen Kultur und in der Zeit der Voumllkerwanderung uumlbernahmen germanische Staumlmmme im Weshysten Europas die Vorherrschaft waumlhrend im Osten das Byzantinishysche Reich entstand

Mit der Gruumlndung des Fraumlnkishyschen Reiches verlagerte sich der politische Schwerpunkt aus dem Mittelmeerraum in den Norden Hier verschmolzen die Reste der antiken Kultur mit den germashynisch-christlichen Vorstellungen zur abendlaumlndischen Kulturr Im Fraumlnkischen Reich kam es zu eishynem Ausgleich der romanischen und germanischen Bevoumllkerungsshyteile und seine politischen Einshyrichtungen wurden zur gemeinsashy

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men Grundlage fast aller abendshylaumlndischen Staaten

Diese kulturelle Einheit Europas kam im 14115 Jahrhundert mit der Ausbreitung des tuumlrkischen Osmashynen-Reiches ins Wanken Der Abshywehrkampf gegen die Tuumlrken wurshyde zur Angelegenheit der gesamtshyen Christenheit der sich auch das Russische Reich in Moskau anshyschloszlig so daszlig auch Ruszligland seit Peter dem Groszligen Anschluszlig an das europaumlische Staatensystem gewann

Die europaumlischen Groszligmaumlchte

Die spanischen Eroberungskrieshyge in der Neuen Welt im 16 Jahrshyhundert und die Einbuszlige der habsshyburg ischen Vormachtstellung im 18 Jahrhundert lieszligen Frankreich schlieszliglich zur Groszligmacht wershyden Ludwig XIV der Sonnenkoumlshynig ist wohl der bekannteste Reshygent dieser Zeit Sein Prachtshyschloszlig in Versailles zeugt noch heute von der damaligen Macht des franzoumlsischen Koumlnigreichs

Die Beschraumlnkung der Habsburshyger auf ihre Hausmacht in Wien lieszlig Oumlsterreich neben Frankreich zu einer weiteren Groszligmacht in Europa werden Und das Interesshysengeflecht in Europa wurde noch dichter als im 18 Jahrhundert Preuszligen den Kreis der wie wir heute sagen worden Supermaumlchshyte erweiterte Vor allem Friedrich der Groszlige hat Preuszligen maumlchtig werden lassen

Inzwischen hatte Groszligbritanshynien die spanische Kolonialmacht

abgeloumlst und in London war man darauf bedacht auf dem Kontishynent das politische Gleichgewicht zu halten Das heiszligt die britische Krone foumlrderte Preuszligen um das Uumlbergewicht Frankreichs zu bremshysen

Gegen Ende des 18 Jahrhunshyderts schuf die Franzoumlsische Reshyvolution die ersten Voraussetzunshygen fuumlr die demokratischen Strukshyturen unserer modernen Staaten der Gegenwart So hat die Verfasshysung der Vereinigten Staaten von Amerika wesentliche Ideen der Franzoumlsischen Revolution (Freishyheit Gleichheit Bruumlderlichkeit) uumlbernommen

Aber der Kampf um die Vorshymachtstellung in Europa ging weishyter Mit der Absicht das kontinenshytale Europa nach dem Vorbild Karls des GroBen unter franzoumlsishyscher Vorherrschaft zu einigen ershyoberte Napoleon I fast ganz Zenshytraleuropa und machte es bis auf die Randgebiete zu denen vor alshylem Groszligbritannien als Hauptwishydersacher Napoleons gehoumlrte von sich abhaumlngig

Nach der Niederlage Napoleons gewann das russische Zarenreich vor allem im suumldoumlstlichen Europa starken Einfluszlig der im sogenannshyten Krimkrieg (1853-1856) durch Frankreich und Groszligbritannien zushyrOckgedraumlngt wurde

Der Beginn der Nationalstaaten

Gegen Ende des 19 Jahrhunshyderts gewann die Idee des Natioshy

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nalstaates immer breiteren Raum Im Suumldosten wurde sie vom Vorshydringen des russischen Panslawisshymus gefoumlrdert und in Mitteleuropa bekam sie 1871 ihr Gewicht durch die Gruumlndung des Deutschen Reishyches durch Otto von Bismarck

Zwar konnte der Friede nach dem deutsch-franzoumlsischen Krieg 1870 -1871 Ober gut 40 Jahre ershyhalten bleiben aber es war nicht zuletzt chauvinistischer Nationashylismus der 1914 zum Ersten Weltshykrieg fOhrte Dieser erste Weltkrieg hatte fuumlr Europa weitreichende hishystorische Konsequenzen Er beenshydete nach uumlber 3000 Jahren die Vormachtstellung Europas in der Welt

Das Ende europaumlischer Vormachtstellung

Welcher bedeutende Einschnitt in der Geschichte Europas sich zu Beginn unseres Jahrhunderts ershyeignete das kann man erst richtig und voll erfassen wenn man daran denkt daszlig dieser Erdteil Ober drei Jahrtausende die Weltgeschichte entscheidend bestimmt hat Und nun gibt es ploumltzlich andere Regioshynen dieser Erde die in der Lage sind die Geschicke unserer Welt maszliggebend zu gestalten

Als am 6 April 1917 die Vereinigshyten Staaten von Amerika dem Deutschen Reich den Krieg erklaumlrshyten trat damit erstmals eine auszligereuropaumlische Macht in Euroshypa auf Den USA schlossen sich die meisten mittel- und suumldamerishy

kanischen Staaten an und im Aushygust 1917 folgte schlieszliglich auch noch China Der Krieg hatte weltshyweiten Umfang angenommen Im gleichen Jahr traten nach der Nieshyderlage des russischen Zarenreishyches die Bolschewiki hervor und damit erschienen die beiden Maumlchte naumlmlich die USA und die Sowjetunion fast gleichzeitig auf dem europaumlischen Feld Ihnen sollte aus der Schwaumlchung Euroshypas dreiszligig Jahre spaumlter eine entshyscheidende Rolle auf diesem Konshytinent zufallen

Der Zweite Weltkrieg der durch Hitlers ungehemmte Gewaltpolitik ausgeloumlst wurde verschaumlrfte dieshyse Sitution noch Die Sowjetunion nach dem Ersten Weltkrieg noch zuruumlckgedraumlngt stieszlig nun bis Mitshyteleuropa vor und steigerte zushygleich ihren Einfluszlig in Asien Die Vereinigten Staaten von Amerika wurden nach dem offen ausgebroshychenen Gegensatz zwischen Ost und West zur Schutzmacht Westshyeuropas Seide Maumlchte die USA und die Sowjetunion traten als die beherrschenden Weltmaumlchte hershyvor und die europaumlischen Staaten durch die Opfer und Verluste des Krieges schwer getroffen waren zu selbstaumlndiger Politik kaum imshystande Hatte schon der Krieg von 191418 einen Machtverlust fuumlr Eushyropa gebracht so wurden die Staashyten Europas nun nach dem Zweishyten Weltkrieg zum politischen Feld der Weltmaumlchte deren Einfluszligbeshyreiche diesen Kontinent in seiner Mitte durchschneiden In seiner

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Mitte Das heiszligt mitten durch Deutschland

Aus der Sicht der kommunistishyschen Fuumlhrung der Sowjetunion nutzte Moskau die Chance die mittel- und sOdosteuropaumlischen Gebiete die der Sowjetunion durch die Ereignisse des Krieges zugefallen waren seinem Einfluszlig zu erhalten Mehr und mehr loumlste sich die Sowjetunion von ihren Kriegsverbuumlndeten und schloszlig dashymit auch ihre Besatzungszone von dem uumlbrigen Deutschland ab Es kam zur staatlichen Teilung Deutschlands und die Unmoumlglichshykeit der Verstaumlndigung zwischen Kommunismus und freiheitlicher Demokratie fuumlhrte zum Ost-Westshykonflikt Mit dem Beginn des Abshybaus des Eisernen Vorhangs des Symbols der Teilung Europas im Jahr 1989 zeichnet sich nun auch das Ende des Ost-West-Konshyflikts ab

Deutschland das geographische Zentrum Europas

3000 Jahre europaumlischer Geshyseichte das sind 3000 Jahre kulshytureller Bluumlte und Perioden voller Lebensqualitaumlt Das sind aber auch Jahrhunderte voller Unruhe gekennezeichnet durch immer wieshyderkehrende Kaumlmpfe um Vorshymachtstellungen Seien es die Unshyterwerfungskriege der Roumlmer geshygen die Gallier und Germanen oder seien es die Glaubenskriege des 17 Jahrhunderts oder die Beshyfreiungskriege des beginnenden

19 Jahrhunderts gegen Napoleon ganz zu schweigen von den bei den verheerenden Weltkriegen unseres Jahrhunderts

Deutschland das Zentrum Euroshypas war fast immer betroffen wenn es um gewaltsame Auseinshyandersetzungen ging Doch ist das so verwunderlich wenn man beshydenkt daszlig dieses Deutschland im Zentrum Europas liegt In der Tat ist es der geographische Mittelshypunkt eines Erdteils der von so vielen Voumllkerstaumlmmen bewohnt wird Eines Erdteils in dem allein an die 70 Sprachen gesprochen werden Schon immer gingen durch dieses Land alle wichtigen Handelswege Aber - und auch das muszlig erwaumlhnt werden - alle wichtigen Heerstraszligen fOhrten ebenfalls durch dieses zentraleushyropaumlische Gebiet

Wo liegen die Gruumlnde dafuumlr daszlig aus diesem Europa eine Oase des Friedens geworden ist Liegt es daran daszlig sich die Zentren der Weltpolitik verschoben haben Daszlig Europa heute nicht mehr die Rolle spielt wie in den Jahrhunshyderten zuvor Oder liegt es vielshyleicht daran daszlig die Politiker aus dem grauenhaften Zweiten Weltshykrieg endlich gelernt haben die richtigen Konsequenzen zu zieshyhen

Es gibt viele Gruumlnde dafuumlr daszlig in diesem Europa obwohl es noch manche Probleme gibt shyheute Frieden herrscht Nicht zushyletzt ist dies der Tatsache zu vershydanken daszlig es internationale lnshy

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stitutionen gibt in die die europaumlishyschen Staaten eingebunden sind Da ist z B das westliche Verteidishygungsbuumlndnis die NATO und da ist z B auch die Europaumlische Geshymeinschaft - kurz die EG

(aus Europa wird eins des Presshyse- und Informationsamtes der Bundesregierung)

Europa shyZu seinen geistigen und ethischen Grundlagen

Wenn wir uns mit den geistigen und ethischen Grundlagen Euroshypas befassen so wird unsere Aufshymerksamkeit zunaumlchst auf die Vershygangenheit gelenkt Woher stamshymen diese Grundlagen Europas Welches sind besonders wichtige Elemente europaumlischer Kultur und politischer Zivilisation Wenn dann am Schluszlig auch Ober die Rolshyle der Christen beim Aufbau Euroshypas zu sprechen sein wird lenken wir den Blick auf die Gegenwart und in die Zukunft verbunden mit einem Appell Denn nach wie vor ist die Substanz der europaumlischen Kultur und der europaumlischen pOlitishyschen Zivilisation christlich und deshalb sind die Christen berufen dies im politischen Alltag zur Gelshytung zu bringen es der Oumlffentlichshykeit neu verstaumlndlich zu machen und es zur Bewaumlltigung der noch bevorstehenden Aufgaben zu aktishyvieren

Zwischen europaumlischer Kultur und europaumlischer politischer Zivilishysation - wie eben geschehen shyzu unterscheiden das weicht von der verbreiteten Gewohnheit ab auch in bezug auf Staat und Politik von Kultur also von politischer Kultur zu sprechen Es ist jedoch geboten 10r den Begriff Zivilisashytion zu werben Er ist erstens dem Bereich von Staat und Politik geshymaumlszliger was schon die Herkunft des Wortes von civis und civishytas zeigt Zweitens hat Zivilisashytion bei uns Deutschen uumlber Geshynerationen als etwas Minderwertishyges gegolten Die Westeuropaumler hatten in unseren Augen nur Zishyvilisation wir Deutsche dagegen hatten etwas viel Houmlherwertiges naumlmlich Kultur Das war eine Verirshyrung die - um es ironisch auszushydruumlcken - nicht gerade fuumlr unsere politische Kultur sprach So vershydient der Begriff politische Zivilishysation eine ausdruumlckliche Rehashybilitierung Es lohnt sich seinen guten Sinn zu bedenken

Politische Einigung und christlishyches Erbe Europas

Warum eigentlich betreiben die Europaumler die pOlitische Einigung Europas Sachlich zutreffend und durchaus einleuchtend ist die Beshygruumlndung die gegenwaumlrtig im Vorshydergrund steht Vieles was in den letzten Jahrzehnten technisch moumlglich und wirtschaftlich noumltig geworden ist laumlszligt sich nicht mehr mit den Kraumlften des einzelnen Nashy

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tionalstaates und innerhalb seiner Grenzen verwirklichen Die Erforshydernisse der Luftfahrt und Raumshyfahrt z B die Versorgung der Beshyvoumllkerung auf dem nun einmal ershyreichten Anspruchsniveau eine ershyfolgversprechende Unterstuumltzung der Dritten Welt die Pflege der Umwelt das alles ist nur noch im Zusammenwirken der Staaten also im uumlbernationalen Rahmen zu bewaumlltigen

Blicken wir aber auch zuruumlck um zu sehen warum nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges die politische Einigung als notwendig erkannt und in begeisterter Aufshybruchsstimmung in Angriff geshynommen wurde Auch damals spielten die Erfordernisse der inshydustriellen Produktion und der Wirtschaft eine groszlige Rolle Die ershysten Schritte des Einigungswerkes wurden getan weil wir zur Uumlbershywindung der Not zur Beseitigung der Kriegsschaumlden zum Wiedershyaufbau der Staaten und Voumllker geshymeinsam ans Werk gehen muszligten Aber der fuumlr die Menschen uumlbershyzeugendste Grund war die Sorge vor einer erneuten Bedrohung der geistigen und politischen Freiheit Es war ihr Wille dieses gemeinsashyme nach dem Zusammenbruch der nationalsozialistischen Desposhytie wiedererlangte Gut gemeinsam zu sichern und zu verteidigen

Das gemeinsame und Gemeinshysamkeit stiftende kostbare Erbe der europaumlischen Voumllker die geistige Kultur und die politische Zivilisation Europas ist aber christshy

lichen Ursprungs und bis zum heushytigen Tag von christlicher Subshystanz Wir vergessen nicht das Erbe der Antike Doch hat das Chrishystentum dem so entscheidend Neues hinzugefuumlgt daszlig der Antishyke - historisch gesehen - eine hinfuumlhrende gewissermaszligen adshyventliche Bedeutung zugeschrieshyben werden muszlig Auszligerdem war ihre vielfaumlltige spaumltere Wirkung stets christlich vermittelt

Ganz in diesem Sinne schrieb der Erzbischof von Luxemburg und Praumlsident der Kommission der Bishyschofskonferenzen der Europaumlishyschen Gemeinschaft Jean Henshygen Die Kirche hat morgen wie gestern und heute die Aufgabe an die menschlichen und christlichen Werte die Fruumlchte griechischen Denkens roumlmischen Rechts und juumldischer Froumlmmigkeit zu erinshynern Diese drei Stroumlmungen hat die Kirche im Lichte des Evangeshyliums zu einem einzigen vereinishygen koumlnnen 1)

Die neuzeitliche Idee der Freiheit Ist christlichen Ursprungs

Christlichen Ursprungs ist vor allem die Freiheit wie wir sie heushyte verstehen Freiheit bedeutete in der Antike die Freiheit des Buumlrgers unter bzw gegenuumlber seinesgleishychen Der griechische Stadtstaat war das Gemeinwesen der Freien und Gleichen So war der Buumlrger frei gegenuumlber den einzelnen anshyderen Nicht frei war er dagegen gegenuumlber dem Herkommen der

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Sitte der Gewohnheit der Gesellshyschaft Das griechische Wort fuumlr Sitte Gewohnheit ist Ethos (woshyvon unser Wort Ethik sich ableishytet) Das Tun und Lassen des einshyzelnen war ethisch richtig wenn es dem Ethos der Gesellschaft entsprach Umgekehrt galt Was dem Ethos der Gesellschaft nicht entsprach war ethisch nicht richshytig Gewiszlig auch die Antike kannte schon die Person-Qualitaumlt des Menschen und das Gewissen als moralische Instanz man denke nur an Sokrates Aber dominierenshyder Maszligstab des rechten Verhalshytens des einzelnen waren Herkomshymen und Sitte der Gesellschaft Hans-Georg Gadamer hat das einshymal treffend formuliert Ethos habe bedeutet fraglos in der Einshydeutigkeit von Kult und Sitte aufshygehoben sein2)

Eine neue Art von Freiheit ist durch das Christentum in die Welt gekommen es ist Freiheit wie wir sie verstehen Nach christlichem Glauben naumlmlich muszlig sich jeder einzelne Mensch fOr sein Tun und Lassen im Juumlngsten Gericht vershyantworten als Person vor dem pershysoumlnlichen Gott Damit ist dieser einzelne prinzipiell vom Ethos der Gesellschaft freigestellt denn letztlich maszliggebliche Instanz ist jetzt der persoumlnliche Gott Die im Hinblick auf ihn gebotene Entshyscheidung kann fordern dem Hershykommen der Sitte der Gesellshyschaft gerade nicht zu folgen sich gegen deren Ethos zu entscheishyden Das ist der Ursprung der inshy

nerweltlichen Autonomie der indishyviduellen Person Es ist wichtig sich bewuszligt zu machen daszlig es die neue theonome Orientierung der Ethik war also ihre Orientierung an Gott die die innerweltliche Autonomie hervorgebracht hat shyund sie legitimiertl Weil der Mensch sich unmittelbar an Willen und Gebot Gottes orientiert ist er prinzipiell frei gegenuumlber der Geshysellschaft Ihr aber meine Bruumlder seid zur Freiheit berufen (Ga 513) Hegel bezeichnet das Christentum als Religion der Freishyheit3) Die Griechen und Roumlmer Platon und Aristoteles auch die Stoiker haben sie (die Idee der Freiheit) nicht gehabt Diese Idee ist durch das Christentum in die Welt gekommen4) Die Weltgeshyschichte sei seitdem Fortschritt im Bewuszligtsein der Freiheit5)

Aus der Herkunft dieser neuen Freiheit folgt daszlig der Mensch seishynem Wesen nach frei ist weil er Person ist Insofern ist er letztlich frei auch wenn er in unfreien Vershyhaumlltnissen leben muszlig Zwar ist es geboten die Freiheit auch in Geshysellschaft und Staat durchzusetshyzen also ein freies Leben zu ershymoumlglichen Nicht aber muszlig der Mensch erst befreit werden durch eine revolutionaumlre Veraumlndeshyrung der gesellschaftlichen Vershyhaumlltnisse

Freiheit als innerweltliche Autoshynomie der individuellen Person beshydeutet auch Faumlhigkeit und Berushyfung zur Selbstbestimmung Sie ist zunaumlchst Moralitaumlt im Sinne

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des Rechts als ethisch guumlltig nur anzuerkennen was man durch eishygene Anstrengung des Geistes und Gewissens als gut einsieht Sie ist sodann auch die Kompeshytenz sich auf eigene Faust uumlber den Sinn des Lebens und der Welt zu orientieren und daruumlber zu eigeshynen Uumlberzeugungen zu gelangen Das fuumlhrte unvermeidlicherweise dazu daszlig sich die Vielfalt untershyschiedlicher Auffassungen des Glaubensinhaltes ausbildete mitshyhin der gemeinsame Glaube sich in verschiedene Konfessionen zershyteilte

Ein anderer charakteristischer Tatbestand der Geschichte des christlichen Europas war die Saumlkushylarisierung auch sie war unvershymeidlich Man koumlnnte die Ursache als Paradoxon formulieren Die Saumlkularisierung des Christentums war Folge seiner Saumlkularisierung Damit soll gesagt sein In dem Maszlige in dem der christliche Glaushybe in die Gestaltung der Dinge der Welt einging geriet das christlishyche Denken seinerseits unter den Einfluszlig des Weltlichen Wir kenshynen eine derartige Wechselwirshykung schon aus der urchristlichen Zeit Die christliche Verkuumlndigung nahm im Zuge der Missionierung der griechischen Welt Elemente griechischen Denkens in sich auf Dabei war die Assimilierung so vollkommen daszlig wir Heutigen uns gar nicht mehr bewuszligt sind wieshyviel Griechisches sich im Wortlaut des Neuen Testaments findet Im Bereich von Staat und Politik war

mit der Freiheit der individuellen Selbstbestimmung die Raumltseltrashyge der europaumlischen Staatstheorie und Staatspraxis gestellt Wie kann die wesentliche Aufgabe des Staates die Stiftung und Gewaumlhrshyleistung des innergesellschaftlishychen Friedens geloumlst werden wenn einerseits der Buumlrger als Pershyson die Faumlhigkeit und den Anshyspruch hat sich uumlber den Sinn des Lebens und der Welt seine eigene Uumlberzeugung zu schaffen anderershyseits aber der innergesellschaftlishyche Friede eine fuumlr alle Buumlrger vershybindliche gemeinsame Sinnorienshytierung zur Voraussetzung hat Des Raumltsels Loumlsung ist daszlig der neuzeitliche Verfassungsstaat nur den einen Wert fuumlr absolut vershybindlich erklaumlrt der seinerseits den Anspruch auf Freiheit der indishyviduellen Selbstbestimmung Obershyhaupt erst begruumlndet das PersonshySein in unserem Grundgesetz als Achtung der Menschenwuumlrde und als Recht auf freie Entfaltung der Persoumlnlichkeit niedergelegt Dieshyser unbedingten VerpfliChtung auf das Prinzip Person als Dreh- und Angelpunkt der staatlichen Ordshynung und des oumlffentlichen Lebens kann sich kein Buumlrger unter Berushyfung auf seine Freiheit zur Selbstshybestimmung verweigern weil dieshyse ja in seiner eigenen personalen Natur wurzelt

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Der sittliche Sinn der weltanshyschaulichen Neutralitaumlt des Staashytes

Wenn ein Staat seiner Ordnung das Prinzip Person zugrunde geshylegt hat ist er nicht wertneutral Vielmehr verpflichtet er sich selbst und seine BOrger auf alle Werte und Wertungen die sich mit Notshywendigkeit und unmittelbar aus der personalen Natur des Menshyschen begrOnden Aber eben desshyhalb muszlig er weltanschaulich neushytral sein weil es zu der der Person geschuldeten Achtung gehoumlrt ihr auch die Freiheit zur selbstbestimshymenden Sinnorientierung zuzuershykennen So ist die weltanschaulishyche Neutralitaumlt des neuzeitlichen Verfassungsstaates sowohl Folge als auch Voraussetzung seiner spezifischen Wertorientierung

Historisch war die weltanschaushyliche Neutralitaumlt des Staates Vorshyaussetzung fOr die Uumlberwindung der konfessionellen BOrgerkriege Sie ermoumlglichte trotz der Feindshyschaft zwischen den Konfessioshynen den innergesellschaftlichen Frieden indem sie die GOltigkeit der staatlichen Ordnung und die Loyalitaumlt der Buumlrger unabhaumlngig von Fragen machte uumlber die es geshygensaumltzl iche Wahrheitsoberzeushygungen gab Allerdings war auch damit ein wichtiger Schritt auf dem Wege der Saumlkularisierung geshytan Doch aus heutiger Sicht steishylen wir fest daszlig gerade der weltanshyschaulich neutrale (aber nicht wertneutrale) Staat dem christlishy

ehen Glauben in besonderer Weishyse entspricht weil er die Freiheit des Buumlrgers unmittelbar zu Gott gewaumlhrleistet Dagegen ist der inshytegral-christliche Staat dem christshylichen Glauben nicht gemaumlszlig Denn erstens kann er die freie Entscheishydung gegen den Glauben (welche Voraussetzung der freien Entshyscheidung dafOr ist) aus GrOnden der Staatsraison nicht dulden und zweitens lehrt die Erfahrung daszlig das Christentum wenn man es zur Zivilreligion macht zur Ideologie verkommt Uumlbrigens Wenn heute weitgehend Frieden zwischen den Konfessionen herrscht so hat das sicher seinen Grund auch darin daszlig wir gelernt haben den andeshyren in seiner Uumlberzeugung ernst zu nehmen

Die Bedeutung der Aufklaumlrung

Es ist eine historische Auszeichshynung unserer Zeit daszlig begriffen ist daszlig der weltanschaulich neushytrale Staat und der christliche Glaube einander nicht ausschlieshyszligen sondern foumlrdern Wie ist es dann aber zu erklaumlren daszlig sie einshyander lange Zeit als Gegner vershystanden Weit verbreitet ist die Vorstellung der neuzeitliche Staat sei ein Werk der Aufklaumlrung und dies sei der Grund der Gegnershyschaft gewesen Dies ist jedoch zu bezweifeln weil erstens der neushyzeitliche Staat nicht erst in der Zeit der Aufklaumlrung entwickelt wurde und weil zweitens Aufklaumlrung shyrecht verstanden - nichts Unshy

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christliches ist Das Prinzip des freiheitlichen Staates ist von christlicher Herkunft und Subshystanz sein Konzept wurde laumlngst vor der Aufklaumlrung gefunden und seine klassische Theorie betrachshytete es noch als selbstverstaumlndshylich daszlig der Souveraumln den Geboshyten Gottes unterworfen sei Bei Bodin war der Souveraumln zwar nicht an die eigenen Gesetze wohl aber an das von Gott stammende Recht gebunden und Hobbes verpflichshytete noch jeden Buumlrger auf das Beshykenntnis Jesus is the Christ Aufklaumlrung aber ist die klare Einshysicht uumlber die Wirklichkeit der von Gott geschaffenen Welt und sie ist Muumlndigkeit in dem Sinn daszlig der Mensch von seiner Faumlhigkeit zur Selbstbestimmung Gebrauch macht und seiner Pflicht zur Selbstveranwortung genuumlgt

So kann man in der Aufklaumlrung den Grund der Religions- und Kirshychenfeindlichkeit nicht sehen wohl aber im Rationalismus also jener reduzierten und entstellten Auffassung von Vernunft die meinte Glauben und Transzenshydenzerfahrung als vernunftwidrig verwerfen zu muumlssen Dieser Rashytionalismus ging zwar mit der Aufshyklaumlrung einher ist aber keinesshywegs notwendig mit ihr verbunshyden Heute ist dieser beschraumlnkte Rationalismus zumindest aus der ernst zu nehmenden Diskussion verschwunden

Der Durchgang durch die Aufshyklaumlrung hat den christlichen Glaushyben nicht widerlegt sondern reifer

Auftrag 201

werden lassen Auszligerdem hat sich die christliche Freiheit gewissershymaszligen im Modus der Aufklaumlrung als Prinzip der Gestaltung der Welt durchgesetzt wenn auch auf vershyworrenen Wegen Wer das Vershydienst der Aufklaumlrung nicht wahrshyhaben wollte muumlszligte dem erreichshyten Stand geistiger Kultur und poshylitischer Zivilisation eine Absage erteilen Das Gegenteil ist aber geshyboten Wir muumlssen die christliche Substanz dieser Kultur und Zivilishysation neu beleben um uns deren Errungenschaft zu erhalten ohne ihren Gefahren zu erliegen - Eleshymente dieser aus christlicher Subshystanz entfalteten europaumlischen Kultur und Zivilisation sind vor alshylem Gerechtigkeit Solidaritaumlt und Subsidiaritaumlt

Gerechtigkeit

Zur Gerechtigkeit bekennen sich unsere beiden groszligen Volksshyparteien in ihren Grundsatzproshygrammen gleichermaszligen Doch was dann Ober die Gerechtigkeit zu lesen ist laumluft auf ein Lob der Gleichheit hinaus Jedenfalls fehlt eine einigermaszligen zureichende Aussage was unter Gerechtigshykeit zu verstehen ist Das mag daran liegen daszlig es nicht leicht ist zu bestimmen was Gerechtigshykeit ist vielleicht aber mangelt es unserer Zeit auch an Verstaumlndnis tuumlr Gerechtigkeit

Gleich sind alle Menschen vor Gott gleich sind sie in ihrem Pershyson-Sein und - davon abgeleishy

Auftrag 201 55

tet - auch vor dem Gesetz Im uumlbshyrigen jedoch will keiner mit den anshyderen gleich sein sondern jedershymann legt Wert darauf anders zu sein als die anderen Gleich wolshylen die Menschen immer nur in bezug auf etwas sein und zwar auf etwas Gutes gleich wohlhashybend gleich gesund gleich geshyschaumltzt von anderen etc Wo das aber der Fall ist wollen sie keinesshyfalls gleich bleiben sondern sie streben danach die anderen zu uumlbertreffen Also begruumlndet das Person-Sein einerseits den Anshyspruch auf Gleichbehandlung vershybittet sich andererseits aber (und verbietet) Gleichmacherei Alle Personen erheben und haben gleishychen Anspruch daszlig man jeder in ihrer Besonderheit gerecht wird

Das zu leisten ist Sache der Geshyrechtigkeit Zugang zu ihrem Vershystaumlndnis eroumlffnet das Symbol der Justitia die Waage Auch bei ihr ist Gleichheit im Spiel naumlmlich der Gleichstand der beiden Waagshyschalen Jedoch geht es hier nicht um ein Vergleichen zweier Persoshynen in bezug auf eine Groumlszlige (gleich wohlhabend gleich angeshysehen) sondern um den Ausgleich zwischen zwei Groumlszligen in bezug auf eine Person Die Waagschalen sollen im Gleichstand sein z B zwischen Leistung und Lohn (geshyrechter Lohn) oder Schuld und Strafe (gerechte Strafe) oder Vershydienste und Fehler (gerechte Beurshyteilung) oder Lasten und Unterstuumltshyzung (gerechte Behandlung) Der Sinn von Gerechtigkeit besteht

also darin jedermann und jedem Fall in seiner Besonderheit geshyrecht zu werden Mithin setzt Geshyrechtigkeit Verschiedenheit vorshyaus Knuumlpfen wir daran die Frage an warum unsere Zeit sich mit der Gerechtigkeit schwer tut und desshyhalb dazu neigt sie auf Gleichheit zu verkuumlrzen so koumlnnte vielleicht folgendes der Grund sein Bei der Gleichheit ist das in bezug worauf sie gegeben ist identisch mit dem Maszligstab nach dem sie beurteilt wird Vergleicht man also z B zwei Tuumlrme in bezug auf ihre Houmlhe so ist Houmlhe auch der Maszligstab nach dem wir gegebenenfalls festshystellen daszlig sie gleich hoch sind

Das kann jedermann fuumlr sich alshylein feststellen Bei der Gerechtigshykeit dagegen bedarf es eines allgeshymein anerkannten und allgemeinshyverbindlichen Maszligstabes nach dem zwei unterschiedliche Groumlszligen wie z B Leistung und Lohn in ein richtiges Verhaumlltnis zueinander gesetzt werden damit die beiden Waagschalen in den Gleichstand kommen Gerechtigkeit hat also etwas mit Richtigkeit zu tun Gleichheit dagegen nicht Aber wir tun uns heutzutage schwer darshyuumlber was das Richtige sei Konshysens zu finden Es kommt hinzu daszlig es fuumlr die Entscheidung was gerecht ist einer bevollmaumlchtigshyten Instanz bedarf Denn jedershymann kann zwar selbst entscheishyden ob er mit anderen in bezug auf etwas gleich ist doch kann nieshymand in bezug auf sich selbst Geshyrechtigkeit uumlben Geschwaumlcht ist

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aber auch unser Vertrauen zu Inshystanzen die uumlber das was richtig ist zu entscheiden haben

Solidaritaumlt

Bei der Solidaritaumlt ist in unseshyrem Zusammenhang vor allem darshyan zu erinnern daszlig wir verpflichtet sind von unserer Freiheit nur solishydarisch Gebrauch zu machen Anshylaszlig zu Solidaritaumlt ist immer eine gewisse Gemeinsamkeit man denke etwa an nationale Solidarishytaumlt Klassen-Solidaritaumlt die Solidashyritaumlt der Angehoumlrigen einer Famishylie Solidarisch denken und hanshydeln heiszligt dann so handeln wie es solche Gemeinsamkeit fordert und foumlrdert Im Falle der Freiheit bestimmt sich die Gemeinsamkeit wie fOlgt Erstens sind alle frei inshysofern das Frei-Sein ein Moment des Person-Seins ist Zweitens wurzelt darin der Anspruch eines jeden seine Freiheit auch zu betaumlshytigen und darin von anderen nicht beeintraumlchtigt zu werden Der Anshyspruch der Freiheit ist seiner Quashylitaumlt nach aumluszligerst individuell seishyner Quantitaumlt nach jedoch aumluszligerst allgemein Jedermann beanshysprucht individuelle Freiheit und hat ein Recht darauf Drittens ist die Freiheit des anderen nicht bloszlig die Grenze die der Betaumltigung der eigenen Freiheit gesetzt ist sonshydern sie ist daruumlber hinaus Vorausshysetzung der Aktualisierung der eishygenen Freiheit Es sind diese Geshymeinsamkeiten die den solidarishyschen Gebrauch der Freiheit for-

Auftrag 201

dem Was besagt das praktisch Erstens gilt das was in Artikel 14 des Grundgesetzes uumlber das Eishygentum (ein klassisches Freiheitsshyrecht) ausdruumlcklich gesagt ist Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen fuumlr alle Freiheitsrechte Jeder Freishyheitsgebrauch ist sozialpflichtig Was ergibt sich daraus z B fuumlr den Gebrauch der Freiheit der Meishynungsaumluszligerung Darf man andeshyren ihre Sinnorientierung zerstoumlshyren die fuumlr sie Voraussetzung ihrer Persoumlnlichkeitsbildung ist Im Beshyreich der Intellektualitaumlt scheint man nichts dabei zu finden wenn einzelne ihre Uumlberlegenheit hemshymungslos gegen ihre Mitmenshyschen ausspielen Zweitens ist zu beachten daszlig sich das Maszlig an Freiheit das in einem Staat vershywirklicht ist nicht nach dem Maxishymum bestimmt das einzelne erreishychen sondern nach dem allgemeishynen Niveau das fuumlr alle erreicht ist Es kann daher ein Gebot der Solidaritaumlt sein die Freiheit einzelshyner etwas zu beschneiden wenn dadurch das allgemeine Niveau der Freiheit gehoben werden kann

Subsidiaritaumlt

Nach dem Grundsatz der Subsishydiaritaumlt sollen gesellschaftliche und politische Aufgaben nur dann einer groumlszligeren Gemeinschaft zushygewiesen werden wenn sie die Kraumlfte und Moumlglichkeiten einer kleineren Gemeinschaft uumlberforshydern Demnach sollte z B ein Bunshy

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desland nur das Obernehmen was in kommunaler Selbstverwaltung nicht geleistet werden kann und die Zentralgewalt eines Bundesshystaates sollte nur fOr diejenigen Angelegenheiten zustaumlndig sein die mit den den Laumlndern verfuumlgbashyren Mitteln nicht erledigt werden koumlnnen Dieses Beispiel fOhrt uns auf das Feld auf dem die Subsishydiaritaumlt sowohl allgemein politisch als auch im Hinblick auf Europa besondere Bedeutung hat das Feld des Foumlderalismus Foumlderalisshymus heiszligt Bundesgenossenshyschaft und bezieht sich insbesonshydere auf die Bundesgenossenshyschaft von Staaten Sie bilden eishynen Bund wenn sie sich aus freier autonomer EntSCheidung einer geshymeinsamen Ordnung unterstellen und eine Handlungseinheit bilden Wenn die Autonomie bei den einshyzelnen beteiligten Staaten bleibt spricht man von einem Staatenshybund wenn sie zwischen diesen Staaten und dem Gesamtstaat aufgeteilt ist von einem Bundesshystaat An der Europaumlischen Geshymeinschaft koumlnnen wir beobachshyten wie die Tendenz der Entwickshylung von staatenbOndischen Anshyfaumlngen auf ein bundesstaatliches Ziel zulaumluft

Am Foumlderalismus zeigt sich wie der Grundsdatz der Solidaritaumlt seishyne notwendige Ergaumlnzung im Grundsatz der Genossenschaft findet Von ihm ist heute weniger die Rede als von der Subsidiaritaumltj aber auch er hat eine politisch beshydeutende weit in die Geschichte

zurOckreichende Tradition Bei dem Wort Genossenschaft denshyken wir heute wohl nur an Berufsshygenossenschaften oder Einshykaufsgenossenschaften uauml Eishygentlich aber handelt es sich um eine Grundform nicht nur gesellshyschaftlicher sondern vor allem auch politischer ZusammenshyschlOsse naumlmlich um die Rechtsshygemeinschaft unter Gleichen In der Genossenschaft gibt es keine Uumlber- und Unterordnung sondern sie beruht auf dem Prinzip der Geshygenseitigkeit Das historische Mushysterbeispiel ist die alte Eidgenosshysenschaft der Schweizer Genosshysenschaftliches Recht ist das moshyderne Voumllkerrecht weil seine Beshyachtung nicht von einer Obergeshyordneten Gewalt erzwungen wershyden kann sondern darauf angeshywiesen ist von den Staaten freiwillig beachtet und eingehalshyten zu werden

Die Wirkkraft des Gedankens der Subsidiaritaumlt erweist sich geshygenwaumlrtig in einer erstaunlichen Wiederbelebung der europaumlischen Regionen Regionen sind Leshybenskreise die entweder uumlber die Grenzen von zwei oder drei Natioshynalstaaten hinweg oder aber innershyhalb eines Nationalstaates ein geshywisses Eigenleben entfalten In der Regel sind sie landschaftlich oder sprachlich zuweilen auch hishystorisch eine Einheit wie z B die Bretagne Katalonien das Timler Alpengebiet oder der badischshynordschweizerische Raum Solanshyge der Nationalstaat auf der Houmlhe

58 Auftrag 201

seiner Macht stand lieszlig er die Vershywirklichung regionaler Eigenstaumlnshydigkeit nicht zu er war auch in der Lage die speziell regionalen Angeshylegenheiten im Rahmen seiner zentralen Ordnung und Verwalshytung mit zu erledigen In dem Maszlige aber in dem mehr und mehr Zustaumlndigkeiten von den Nationalshystaaten auf die Europaumlische Geshymeinschaft uumlbergehen ist die Reshygion auf den Nationalstaat wenishyger angewiesen und gewinnt ihm gegenuumlber an Spielraum fuumlr eigeshyne Gestaltung

Foumlderalismus Genossenshyschaftsprinzip und Regionalismus sind Formen der Verwirklichung der Subsidiaritaumlt Ein politisch endguumlltig vereinigtes Europa ist nur moumlglich bzw kann nur dann von Dauer sein wenn es die je beshysonderen Eigenheiten der Natioshynen Staumlmme und regionalen Geshymeinschaften nicht auszuloumlschen versucht sondern zu erhalten und zu pflegen hilft

Politische Freiheit setzt Offenheit zur Transzendenz voraus

Es gehoumlrt zur Natur des freiheitshylichen Staates daszlig er uumlber die letzten Voraussetzungen seines Bestehens nicht verfuumlgen kann und Verfuumlgung auch nicht anstremiddot ben darf Diese letzten Voraussetshyzungen sind die Grundwerte des menschlichen Lebens und die pershysonale Natur des einzelnen Menshyschen Die Grundwerte insbesonshydere Freiheit Gerechtigkeit und

Gleichheit werden nicht vom Staat gestiftet sondern sind ihm vorgegeben Er muszlig sich an ihnen orientieren und auf seine Weise zu ihrer Verwirklichung beitragen Doch ist er dafuumlr nicht allein zushystaumlndig sondern es ist dies jedem Menschen als Aufgabe der indivishyduellen Lebensfuumlhrung gestellt Zwar fassen wir Freiheit Geshyrechtigkeit und Gleichheit vorshyzugsweise als politische Forderunshygen auf aber wir muumlssen uns beshywuszligt halten daszlig sie ihren Urshysprung vor aller Politik haben und daszlig ihre menschenmoumlgliche Vershywirklichung niemals allein mit den Mitteln des Staates zu leisten ist sondern die Freiheit selbstbeshystimmten Wollens der einzelnen BOrger voraussetzt

So weisen also die Prinzipien des neuzeitlichen Verfassungsshystaates uumlber diesen hinaus Das bedeutet daszlig der Staat mit der GeshyWaumlhrleistung der Grundrechte nicht nur einen Bereich der Privatshyautonomie aus seiner Zustaumlndigshykeit ausgrenzt sondern einen Beshyreich anerkennt der innerweltshylicher Verfuumlgbarkeit uumlberhaupt entzogen ist Es ist dies gewissershymaszligen das Quellgebiet menschenshywuumlrdigen Lebens

Schlechthin unverfuumlgbar ist auch die personale Natur des einshyzelnen Menschen Der neuzeitliche Verfassungsstaat versteht sich als Produkt des Selbstverstaumlndnisses und des Wollens seiner Buumlrger Jeshydem einzelnen dieser Buumlrger ershykennt er einen Status innerweltlishy

59 AuHrag201

cher Autonomie zu in den einzushygreifen oumlffentlicher Gewalt untershysagt ist Der Buumlrger seinerseits leishytet aus seiner Autonomie eine orishyginaumlre Kompetenz der Mitgestalshytung des Staatslebens und der Krishytik an der politischen Ordnung ab auszligerdem einen Vorbehalt des Geshywissens gegenuumlber allen Anspruumlshychen welche Gesellschaft und Staat an ihn stellen Das alles waumlre nicht denkbar und nicht zu rechtfertigen wenn der einzelne nicht mehr repraumlsentierte als bloszlig sein privates Ich Das heiszligt politishysche Freiheit setzt voraus daszlig der Mensch sein Wollen und Handeln letztlich auf eine der Gesellschaft und dem Staat uumlbergeordnete Leshygitimation zuruumlckfOhrt Wir hatten das eingangs unter dem Aspekt festgestellt daszlig es die theonome Orientierung der Ethik ist welche die innerweltliche Autonomie der Person begrOndet und legitimiert

Aus alledem ergibt sich daszlig der Staat wenn er freiheitlich sein soll sich offen halten muszlig zur Transzendenz Da er weltanschaushylich neutral sein muszlig muszlig es bei dieser sehr allgemeinen Feststelshylung offen zur Transzendenz bleiben So wenig er dieser gegenshyuumlber indifferent sein darf so wenig darf er daruumlber bestimmte Aussashygen machen Wohl aber muszlig er den Kirchen - oder wie es konseshyquent weltanschaulich neutral in unserer Verfassung heiszligt den Reshyligionsgesellschaften - diejenishyge oumlffentliche Stellung zuerkenshynen auf die sie Anspruch haben

um Transzendenz institutionell zu repraumlsentieren Sache der Kirchen ist es dann die transzendente Wirklichkeit inhaltlich bestimmt und verbindlich zu verkuumlnden und zu vermitteln

Das gilt was um des Heiles wilshylen selbstverstaumlndlich sein sollte auch im Interesse der pOlitischen Freiheit Die Kirche dient ihr nicht durch sozial praktische Umtriebigshykeit sondern durch die Pflege der transzendenzbezogenen Elemente der Religion der Lehre der Glaushybenswahrheiten der Gottesverehshyrung und des sakramentalen Leshybens Nur so kann sie den Menshyschen helfen in ihrem Transzenshydenzbezug bewuszligter sicherer und lebendiger zu werden

Menschenwuumlrde

Die Freiheit wie wir sie versteshyhen und wie sie durch das Chrishystentum in die Welt gekommen ist war jahrhundertelang dasjenige Element der personalen Natur des Menschen das im Mittelpunkt des politischen Denkens und der polishytischen Auseinandersetzungen stand Vor diesem Hintergrund ist es bemerkenswert und nachdenshykenswert daszlig in unserem Jahrshyhundert insbesondere seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges ein anderes Element naumlmlich die Wuumlrshyde der Person als SchlOsseIbeshygriff hervorgehoben wird So gruumlnshydet die allgemeine Erklaumlrung der Menschenrechte der Vereinten Nashytionen auf der Anerkennung der

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allen Mitgliedern der menschlishychen Familie innewohnenden Wuumlrshyde und unser Grundgesetz beshyginnt mit dem Bekenntnis zur Menshyschenwuumlrde Auch dieses Erkenshynen und Begreifen der dem Menshyschen eingeborenen Wuumlrde vershydankt die Welt der Tradition des Christentums in diesem Fall seishynem Ausgang von der Heilsgeshyschichte des Volkes Israel Denn eingeboren ist die Wuumlrde dem Menschen weil Gott ihn nach seishynem Ebenbild geschaffen hat Wer sich auf eine innerweltliche Beshystimmung der Menschenwuumlrde beshyschraumlnken will stellt fest daszlig sie die Substanz und der Wert ist die der Mensch einfach dadurch beshysitzt daszlig er Mensch ist Er muszlig sich seine Wuumlrde nicht erst verdieshynen indem er sich in irgendeiner Weise bewaumlhrt Im Gegenteil Er kann seine Wuumlrde nicht verlieren auch wenn er versagt boumlse ist sich schuldig macht sich verweishygert usw Die menschliche Exishystenz behaumllt ihre von Gott eingeshystiftete Wuumlrde auch in ihren Abshygruumlnden und in ihrer Entstellung

Was folgt daraus wenn anstelle der Freiheit die Menschenwuumlrde in den Dreh- und Angelpunkt unseres Lebens ruumlckt Zunaumlchst ist festzushystellen daszlig die Idee der Freiheit dadurch in keiner Weise an Bedeushytung verliert Denn die Menschenshywuumlrde schlieszligt die Tatsache daszlig der Mensch frei ist weil er Person ist in vollem Umfang mit ein Doch stellt sie dieses eine Element Freishyheit in den Gesamtzusammen-

Auftrag 201

hang aller Elemente personaler Existenz Das zeigt sich z B an der Moumlglichkeit daszlig man aus menshyschenwuumlrdigen Gruumlnden auf Freishyheit verzichten kann etwa einem anderen Menschen zuliebe Auch gibt es eine Wuumlrde des Dienens und des Gehorsams vorausgeshysetzt beides wird aus freiem eigeshynem Entschluszlig geleistet - Wichshytig ist ferner daszlig bei der Freiheit der Anspruch des Ich dominiert wenngleich bei rechtem Bedenken zu erkennen ist daszlig - wie schon gesagt - die Freiheit des anderen nicht nur Grenze sondern sogar Voraussetzung der eigenen Freishyheit ist Dagegen dominiert im Beshygriff der Menschenwuumlrde von vornshyherein der Anspruch des anderen gegen mich Dem Recht der freien Entfaltung der eigenen Persoumlnlichshykeit steht die Pflicht gegenuumlber die Wuumlrde des anderen zu achten und nicht anzutasten - Dritshytens hat der Freiheitsanspruch seine spezifischen Moumlglichkeiten der Verirrung Egozentrik moralishyscher Subjektivismus Beliebigkeit des Meinens und Verhaltens waumlhshyrend die Orientierung an der Menshyschenwuumlrde gewissermaszligen per definitionem die Moumlglichkeit der Verirrung ausschlieszligt - Schlieszligshylich ist die Verantwortung fuumlr den Mitmenschen die dem Freiheitsshyanspruch ausdruumlcklich entgegenshygesetzt werden muszlig im Verstaumlndshynis der Menschenwuumlrde von vornshyherein mitenthalten Das beherrshyschende Beispiel dafuumlr ist unsere Mitverantwortung fuumlr die Menshy

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sehen der Dritten Welt sie ergibt sich nicht unmittelbar aus dem Prinzip Freiheit wohl aber aus der Anerkennung der Menschenshywuumlrde

Die europaumlische politische Zivilishysation ist Gemeingut aller europaumlishyschen Voumllker

Wie die aus dem Christentum hervorgegangene Denk- und Leshybensweise uumlberhaupt so ist auch die aus christlichem Ursprung entshywickelte politische Zivilisation dem Bewuszligtsein aller europaumlishyschen Voumllker eingepraumlgt Gerade bei der Aufloumlsung der sowjetkomshymunistischen Oberherrschaft in Ostmitteleuropa erleben wir wie selbstverstaumlndlich den Menschen dort die Vorstellungen und eine Gesittung geblieben sind die man als westlich zu bezeichnen pflegt Insbesondere bei den Poshylen Tschechen Slowaken und Unshygarn reicht die Tradition der Freishyheitsliebe und des verfassungsshystaatlichen Wollens bis weit ins 19 Jahrhundert zuruumlck Sie hat sich nach dem Zweiten Weltkrieg als so stark und bestimmend ershywiesen daszlig sie der totalitaumlren Dikshytatur nicht nur nicht erlag sondern es sogar vermochte deren volle Durchsetzung zu verhindern ja ihr gewisse moderate Zuumlge zu verleishyhen In keinem dieser Laumlnder war die kommunistische Herrschaft so ideologisch verbissen wie in der DDR Mit dem Ende der sowjetshykommunistischen Oberherrschaft

aber war von heute auf morgen reshypublikanische Staatlichkeit voll gegenwaumlrtig Wir machen uns wohl noch gar keine rechte Vorshystellung welche Staumlrkung Euroshypas die Ruumlckkehr dieser Staaten in die Gemeinschaft der freien Voumllker bedeutet wieviel sie beitragen werden zur Erfuumlllung der Aufgaben Europas in der Welt

Die Grundgedanken der europaumlishyschen politischen Zivilisation hashyben sich uumlber die ganze Welt vershybreitet haben sich jedoch noch laumlngst nicht durchgesetzt Zwar darf man einen Fortschritt darin sehen daszlig kaum mehr ein Regime es wagt das Bekenntnis zu Menshyschenwuumlrde Freiheit Rechtsshystaatlichkeit Demokratie und Geshywaltlosigkeit zu unterlassen doch Praxis und Wirklichkeit sind nach wie vor erfuumlllt von Unterdruumlckung menschenunwuumlrdigen Lebensbeshydingungen Folter Krieg und Buumlrshygerkrieg Die Gebote der menschlishychen Solidaritaumlt und der Naumlchshystenliebe machen die Europaumler mitverantwortlich dafuumlr gegen all diese Not Armut Unwissenheit und dieses Elend anzugehen Und es fehlt Europa nicht an den Mitshyteln der Bildung Politik und Wirtshyschaft um trotz tausendfacher Schwierigkeiten Hemmnisse und Widerstaumlnde das Leben derer die doch ihre Bruumlder und Schwestern sind menschlicher zu machen Das ist uumlberdies auch eine Vorausshysetzung fuumlr die Foumlrderung des Friedens in der Welt denn Frieden kann es ohne verwirklichte Freishy

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heit Willen zur Gerechtigkeit und ein Mindestmaszlig an Lebensqualishytaumlt nicht geben Freiheit des Glaushybens und Freiheit der Rede Freishyheit von Not und Freiheit von Furcht so hat es Praumlsident Rooseshyvelt 1941 in einer Botschaft an den Kongreszlig der Vereinigten Staaten von Amerika am Beginn des Kampshyfes gegen die nationalsozialistishysche Bedrohung der Welt formushyliert Das entspricht christlich-eushyropaumlischer Tradition und hat bleishybende Guumlltigkeit

Der Beitrag der Christen zur Einishygung Europas

Was bedeutet das alles fuumlr die Rolle der Christen bei der politishyschen Einigung Europas Papst Pius XII hat einmal gesagt das Christentum habe die Seele der europaumlischen Voumllker am tiefsten geformt5l und Papst Paul VI beshymerkte In der Tat gehoumlrt die christliche Tradition ganz wesentshylich zu Europa Selbst in jenen Menschen die nicht unseren Glaushyben teilen selbst dort wo der Glaube verschuumlttet oder ausgeshyloumlscht ist sind die menschlichen Spuren des Evangeliums weiterhin anzutreffen und stellen nunmehr ein gemeinsames Erbe dar das wir im Interesse der Entfaltung des einzelnen Menschen fruchtbar machen sollen 7) Der Bevollmaumlchshytigte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland Bischof Binder schreibt in einem Aufsatz Es laumlszligt sich nicht leugnen daszlig

Auftrag 201

die Voumllker Europas eine vom Chrishystentum gepraumlgte gemeinsame Geschichte haben Von der Ent- wicklung der Bildungseinrichtunshygen bis hin zum Sozialwesen von der Entwicklung der individuellen Freiheitsrechte bis hin zu den Vorshystellungen vom Gemeinwohl shyuumlberall laumlszligt sich das Urgestein christlichen Wirkens und Lebens nachweisen 8)

Auf unsere Frage bezogen heiszligt das Die fuumlr die politische Einishygung Europas erforderliche geshymeinsame ideelle Grundlage muumlsshysen wir nicht erst schaffen sonshydern die Voumllker Europas haben sie mit ihrer christlich gepraumlgten geistigen Kultur und politisch-sittshylichen Zivilisation schon seit je als gemeinsamen Besitz als ein Gutshyhaben auf das sie heute zuruumlckshygreifen koumlnnen Es ist nicht so daszlig wir erst Europa denken koumlnnten um dann in einem zweishyten Schritt festzustellen daszlig dazu gewisse Gemeinsamkeiten hinzushykommen Sondern die Individualishytaumlt Europas in der Geschichte der Menschheit ist uumlberhaupt nichts anderes als das Resultat der Wirshykung der christlichen Botschaft in der Welt sowie der christlich vershymittelten Antike Wohl aber muumlsshysen wir wachsam sein damit wir das gemeinsame Erbe der europaumlishyschen Voumllker nicht verlieren Das scheint in einer zwar negativ geshywendeten jedoch treffenden Beshymerkung des deutschen Sozialshytheoretikers JOrgen Habermas ausgedruumlckt zu sein Er sprach mit

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Bezug auf den modernen demokrashytischen Verfassungsstaat einmal von der Gefahr einer Erosion der nicht reflektierten Randbedingunshygen dieses Systems

Um diese nicht-reflektierten Randbedingungen geht es wenn wir uumlber die Rolle des Christenshytums bei der Einigung Europas sprechen Freiheit und Menschenshywuumlrde als Prinzipien unserer politishyschen Ordnung sind naumlmlich nicht so rein innerweltlich zu begruumlnden und zu gewaumlhrleisten wie die proshyfane Staatstheorie es erscheinen laumlszligt Sie setzen vielmehr wie wir sahen die theonome Orientierung voraus die das Christentum in die Welt gebracht hat Die profane Staatstheorie wie auch die Praxis der europaumlischen Staaten sind jeshydoch so angelegt daszlig diese fOr sie im Grunde unentbehrliche theonoshyme Orientierung zur nicht-reflekshytierten Randbedingung verkuumlmshymern koumlnnte und von Erosion beshydroht ist Diesen Erosionsprozeszlig aufzuhalten die wahren Vorausshysetzungen von Freiheit und Menshyschenwuumlrde zu bedenken und neu zur Geltung zu bringen das ist der spezifische politische Beitrag der Christen zur politischen Einigung Europas

Hans Buchheim

(aus Kirche und Gesellschaft Nr 175 hermiddot ausgegeben von der Kath Sozialwismiddot senseh Zentralstelle Moumlnchengladbach)

Anmerkungen

Bei diesem Heft handelt es sich um die ermiddot weiterte Fassung eines vom Verfasser bei

der Europaumlischen Begegnung 1990 in Otmiddot tobeuren gehaltenen Vortrags

1) Projekt Europa Dezember 1988 S 4 2) Hans-Georg Gadamer Platons dialektimiddot

sehe Ethik - Hamburg 1968 S 211shy3) GWF Hegel Rechtsphilosophie sect 18

Zusatz 4) GWF Hegel Enzyklopaumldie sect 482 5) GWF Hegel Philosophie der Weltgemiddot

schichte Einleitung I 1 c 6) Europaumlische Einheit und europaumlischer

Geist Ansprache vom 15 Maumlrz 1953 in AF Utz u J F Groner (Hrsg) Aufbau und Entfaltung des gesellschaft Leshybens Soziale Summe Pius XII 11 Bd 2 Auf FreiburgSchweiz 1962 Nr 3895

7) BotSChaft an den Europarat in Straszligmiddot burg vom 26 Januar 1977 in Papst Paul VI Wort und Weisung im Jahr 1977 Kevelaer 1978 S 157

8) In epdmiddotDokumentation 878 v 132 1978 S 41

Zur Person des Verfassers

Dr Hans Buchheim Professor der Politikmiddot wissenSChaft an der Universitaumlt Mainz Vormiddot sitzender der Kommission Politik Verfasshysung Recht des Zentralkomitees der deutmiddot sehen Katholiken

Ergebnisse Ulld

Schluszligfolgerungen des Europa-Studienshytages (Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofsshykonferenz 1991)

Ein Studientag hat nicht die Aufshygabe unmittelbar zu konkreten Ershygebnissen und Schluszligfolgerungen zu fuumlhren Es geht vielmehr darum

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einen Problembereich ausfOhrlich zu besprechen Aus diesem Grunde wurden die bei der Herbstshyvollversammlung im September vergangenen Jahres angesprocheshynen Handlungsziele systematisch zusammengefaszligt und der jetzigen Vollversammlung vorgelegt Mit dem Rat der Europaumlischen Bishyschofs konferenzen (CCEE) und der Kommission der Bischofskonfeshyrenzen der Europaumlischen Gemeinshyschaft (ComECE) haben wir wichtishyge Instrumente fuumlr ein gemeinsashymes kirchliches Handeln auf euroshypaumlischer Ebene 1 Auf der Grundlage des Erfahshy

rungsaustausches bei der aushyszligerordentlichen Bischofssynshyode (1991) und bei den europaumlishyschen Bischofssymposien soll auf ein gemeinsames europaumlishysches Handeln hingewirkt wershyden

2 Im Bereich der Menschenshyrechtsfragen und der Friedensshyethik sowie der Umweltprobleshymatik sollen angesichts der neuen Situation in Europa die bestehenden Bemuumlhungen der Deutschen Bischofskonferenz gemeinsam mit dem Heiligen Stuhl und den anderen europaumlishyschen Bischofskonferenzen gezielt fortgefuumlhrt werden Hierbei ist eine enge Zusamshymenarbeit mit dem Rat der Eushyropaumlischen Bischofskonferenshyzen (CCEE) vorgesehen

3 Oie Zusammenarbeit der fuumlr soziale Fragen zustaumlndigen Kommissionen der Bischofs-

Auftrag 201

konferenzen der Europaumlischen Gemeinschaft soll vertieft wershyden Dabei sollen vor allem die Bischofskonferenzen Ost- und Mitteleuropas einbezogen wershyden

4 Im Bildungs- und Erziehungsshywesen soll die kirchliche Zushysammenarbeit mit dem Ziel eishyner besseren Koordination ausgebaut und vertieft werden

5 Oie bereits bestehenden Forshymen der Koordination der kirchlichen Hilfswerke sollen auf europaumlischer Ebene harshymonisiert werden Oie Kirchen in den Laumlndern Ost- und Mittelshyeuropas muumlssen dabei in die Bewuszligtseinsbildung einbezoshygen werden

6 Oie Hilfe fOr die Kirche in Mitshytel- und Osteuropa wird als eine gemeinsame europaumlische Aufgabe gesehen Zur Umsetshyzung dieser Hilfe sollen konshykrete Koordinationsstrukturen angestrebt werden

7 Oie Kirche in Deutschland wird ihre oumlkumenischen Erfahrunshygen in die Entwicklung oumlkumeshynischer Perspektiven in Europa einbringen

(aus Pressedienst der DBK-Dokushymentation vom 123 92)

AKTION GEGEN HUNGER UND KRANKHEIT IN DER WELT

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65 Auftrag 201

Die Volksgruppell m einem vereinten Europa Vorbemerkung

Soweit im folgenden von Volksshygruppen in Europa die Rede ist sind solche sprachlichen oder ethshynischen Minderheiten gemeint die eine eigene kulturelle Identitaumlt beshysitzen und ihren angestammten Sitz in dem jeweiligen Staat hashyben in dem sie eine Minderheit bilshyden Nicht eroumlrtert werden Fragen von auslaumlndischen Arbeitern Fluumlchtlingen Aussiedlern oder Asylanten die in juumlngerer Zeit in europaumlischen Laumlndern Aufnahme gefunden haben

I Einleitung

1 Die friedliche Uumlberwindung des Ost-West-Gegensatzes hat eishynen wichtigen Gefahrenherd fuumlr den Weltfrieden uumlberwunden und den Europaumlern die saumlkulare Chanshyce eroumlffnet in Zukunft frei und in Frieden miteinander zu leben Zushygleich wurden durch den Umbruch von der kommunistischen Diktatur in die Freiheit zahlreiche tiefgreishyfende Probleme und Konflikte ofshyfengelegt die bis dahin untershydruumlckt waren

2 Dazu gehoumlrt die Situation vieshyler Volksgruppen die ihre kulturelshyle und politische Selbstbestimshymung nicht wahrnehmen konnten und sich als Minderheit erheblich

benachteiligt gefOhlt haben Fuumlr sie wie fuumlr alle anderen Minderheishyten gilt daszlig Freiheit Frieden und Demokratie in Europa ohne einen rechtlich und faktisch geregelten und garantierten Minderheitenshyschutz nicht gedeihen koumlnnen

3 Demokratie wie Minderheishytenschutz gruumlnden in der Fordeshyrung nach rechtlicher und politishyscher Sicherung der gleichen Wuumlrshyde aller Menschen ihrer persoumlnlishychen und sozialen Integritaumlt Fuumlr Katholiken wie fuumlr Christen allgeshymein fOlgt diese Forderung aus dem Glauben an ihre gemeinsame Gotteski ndschaft

4 Zur Wahrung der persoumlnlishychen Integritaumlt gehoumlrt die freie Herausbildung der individuellen und sozialen Identitaumlt In bezug auf Volksgruppen d h auf Mindershyheiten die sich in der Regel von der im Staat lebenden Mehrheit oder von anderen Minderheiten vor allem durch eine eigene Sprache und eine sich in ihr bezeugende hishystorisch-kulturelle Gemeinsamkeit unterscheiden und haumlufig eine tershyritoriale Verbundenheit teilen gilt es vor allem diese Elemente ihrer Identitaumlt rechtlich und politisch abzusichern und diesbezuumlglich poshylitische soziale oder oumlkonomische Diskriminierungen auszuschlieshyszligen Angesichts der Wanderungsshybewegungen in Europa wird diese Aufgabe sich nicht nur fuumlr traditioshynelle historisch in Europa geshywachsene Volksgruppen sondern auch fuumlr neue ethnisch-kulturelle Gruppierungen stellen

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5 Die Versuche des 19 und 20 Jahrhunderts das Zusammenleshyben der Voumllker durch ihre - ethshynisch moumlglichst homogene - nashytionalstaatliche Organisation zu regeln sind teilweise gescheitert und koumlnnen nicht mehr zur Loumlsung gegenwaumlrtiger und kuumlnftiger Proshybleme beitragen Die Vision des zukOnftigen gemeinsamen Europa kann sich daran nicht mehr orienshytieren

6 Vielversprechend ist statt dessen eine zunehmende Koopeshyration und Integration zwischen den Staaten und zwischen den geshysellschaftlichen Gruppen innershyhalb der Staaten Sie sieht von geshywachsenen historisch-kulturellen Identitaumlten nicht einfach ab und Obersieht nicht das damit haumlufig verbundene Konfliktpotential geshygenseitiger Vorurteile Sie arbeitet beharrlich an ihrer Uumlberwindung und macht den Reichtum der aus der Vielfalt erwachsen kann fruchtbar

7 Angst beguumlnstigt Gewalt und zerstoumlrt Die rechtliche und soziale Sicherung und gegenseitige Anershykennung der kulturellen Identitaumlt von Individuen und Gruppen ist der beste Weg solche Angst zu Obershywinden Wir leben in vielen Voumllkern und reden in vielen Zungen und wir sind zugleich ein Volk Gottes

11 Bestandsaufnahme

1 In den derzeit 33 Staaten Euroshypas werden noch Ober 70 verschieshydene Sprachen gesprochen wobei

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die Zahl derer die diese Sprachen als Muttersprache gebrauchen von einigen Dutzend Menschen (Ushyvisch Manx) bis zu Dutzenden von Millionen reicht (russisch deutsch englisch) Deutsch wird z B heute von seit Jahrhunderten bestehenshyden Volksgruppen auch auszligerhalb der deutschsprachigen Laumlnder (Deutschland Oumlsterreich Schweiz Luxemburg Liechtenstein) in weishyteren 10 Staaten gesprochen (Daumlshynemark Belgien Frankreich Itashylien Tschechoslowakei Polen Rushymaumlnien Sowjetunion Ungarn Jushygoslawien) Waumlhrend das wiedershyvereinigte Deutschland bei knapp 80 Millionen Einwohnern nur drei kleine bodenstaumlndige Minderheishyten mit je einigen Zehntausenden Angehoumlrigen hat (Daumlnen Sorben Friesen) betraumlgt die Zahl der Anshygehoumlrigen nationaler Minderheiten in Frankreich (Okzitanier die deutschsprachige Bevoumllkerung in Elsaszlig und Lothringen Bretonen Korsen Katalanen Basken Flashymen) oder in Spanien (Katalanen Galizier Basken) mehrere M illioshynen

2 Der bisherige Ost-West-Geshygensatz in Europa hat lange eine realistische Beurteilung der Lage der Volksgruppen erschwert Unshyterdruumlckung von Minderheiten schien es fuumlr viele Westeuropaumler nur im kommunistischen Osten zu geben wobei man Minderheitenshyfragen in Frankreich ebenso nicht wahrhaben wollte wie in Italien wo zwar im Norden manche Minshyderheiten anerkannt sind (Franzoshy

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sen im Aostatal SOdtiroler Sloweshynen in Triest) im SOden die Frage nach den Rechten der Minderheishyten aber nicht gestellt wird (Albashyner Griechen) Andererseits hat ein ehemals sozialistisches Land wie Ungarn schon vor der politishyschen Wende viel fOr seine Volksshygruppen getan (Deutsche Slowashyken SOdslawen Rumaumlnen)

3 Die Allgemeine Erklaumlrung der Menschenrechte der Vereinten Nashytionen vom 10 Dezember 1948 (Arshytikel 2) und die Konvention des Eushyroparates zum Schutze der Menshyschenrechte und Grundfreiheiten vom 4 Februar 1950 (Artikel 14) sashygen sehr wenig Ober Rechte von Volksgruppen Auch der Internashytionale Pakt uumlber buumlrgerliche und politische Rechte vom 19 Dezemshyber 1966 beschraumlnkt sich in Artikel 27 darauf zu erklaumlren In Staaten mit ethnischen religioumlsen und sprachlichen Minderheiten darf Angehoumlrigen solcher Minderheiten nicht das Recht vorenthalten wershyden gemeinsam mit anderen Anshygehoumlrigen ihrer Gruppe ihr eigenes kulturelles Leben zu pflegen Ihre eigene Religion zu bekennen und auszuOben oder sich ihrer eigenen Sprache zu bedienen

Die Dachorganisation der euroshypaumlischen Minderheiten die Foumlshyderalistische Union der Europaumlishyschen Volksgruppen (FUEV) vershyabschiedete 1967 zwoumllf Hauptshygrundsaumltze fuumlr ein Volksgruppenshyrecht die 1985 auf dem Nationalishytaumltenkongreszlig in Genf in Zusamshymenarbeit mit dem Internationalen

Institut fuumlr Nationalitaumlten und Reshygionalismus (INTEREG) neugefaszligt wurden Im Europaumlischen Parlashyment haben am 317198442 Abgeshyordnete einen Antrag auf die Kodishyfizierung eines europaumlischen Volksgruppenrechts eingebracht Im Zuge des Helsinki-Prozesses haben die Signatur-Staaten der KSZE-Schluszligakte vom 1 August 1975 in ihrem Dokument vom 29 Juni 1990 in Kopenhagen Rechte fOr alle nationalen Minderheiten garantiert In ihrer Charta von Pashyris fuumlr ein neues Europa vom 24 November 1990 bekraumlftigten die Staats- und Regierungschefs dieshyse Erklaumlrung (siehe Anhang) Sie ist die bisher am weitestgehende Erklaumlrung zu den Minderheitenshyrechten ohne daszlig der Begriff der Minderheit naumlher definiert wird Im deutsch-polnischen NachbarshysChaftsvertrag vom 1761991 wird auf diese Formulierung zuruumlckgeshygriffen Sie werden damit erstmals in einem voumllkerrechtlich verbindlishychen Vertrag verankert Das Exshypertentreffen der KSZE uumlber natioshynale Minderheiten vom 1920 Juli 1991 in Genf hat diese Aussagen noch erweitert und praumlzisiert

111 Die Rolle der Kirche

1 Beim Schutz von Minderheishyten und fuumlr das friedliche Zusamshymenleben von Volksgruppen kommt der Kirche eine groszlige Beshydeutung zu da Grundsaumltze christshylicher Soziallehre wie Solidaritaumlt und Subsidiaritaumlt gefordert sind

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Der Gott Abrahams Isaaks und Jakobs ist der Gott aller Voumllker denn schon die Religion des Alten Testamentes ist universal angeshylegt Die Erloumlsungstat Christi geshyschah fuumlr alle Voumllker denen er seishyne Apostel aussandte um sie zu lehren Gehet hin und lehret alle Voumllker Seit den Anfaumlngen respekshytiert die Kirche die verschiedene kulturelle Identitaumlt von Voumllkern und Volksgruppen was in den fruumlshyhen Bibeluumlbersetzungen und Liturshygiesprachen (Griechisch Syrisch Koptisch Latein Gotisch usw) zum Ausdruck kommt Alle Voumllker sind gemeinsam Kinder Gottes

2 In diesem Jahrhundert haben die Paumlpste immer wieder die Rechshyte von Minderheiten verteidigt die aus dem Recht der Person abgeleishytet werden Der Friedenspapst Beshynedikt XV betonte daszlig die Kirche katholisch nicht lateinisch grieshychisch oder slawisch sei und unshyterstuumltzte dabei auch die vom Volkstum gepraumlgten Teilkirchen der oumlstlichen Riten Johannes XXIII verteidigt in seiner Enzyklika Pacem in terris klar die Rechte von Volksgruppen

Aumlhnlich aumluBerte sich Papst Paul VI Die katholische Kirche nimmt die Rechte der Menschen und Voumllker sehr ernst gleichzeitig auch die Bedingungen der Freishyheit der Menschenwuumlrde der ethshynischen Gleichberechtigung der Gerechtigkeit und der Verantwortshylichkeit die zu ihrer vollen Entshywicklung erforderlich sind In seishyner Enzyklika Populorum progres-

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sio erklaumlrte er 1967 Reich und arm jedes Volk hat seine Kultur die sie von den Verfahren uumlbershynommen hat Institutionen fOr das materielle Leben Werke geistigen Lebens kuumlnstlerischer denkerishyscher religioumlser Art Sofern sie wahre menschliche Werte darstelshylen waumlre es ein groszliger Fehler sie aufzugeben Ein Volk das dies tut gibt den Grund seines Lebens hin Das Wort Christi Was nOtzt es dem Menschen wenn er die ganze Welt gewinnt aber seine Seele vershyliert gilt auch fuuml r die Voumllker

Johannes Paul 11 hat zum Weltshyfriedenstag 1989 den Schutz der Minderheiten verlangt wobei sein Ausgangspunkt die Personalitaumlt des Menschen ist Bei vielen Minshyderheiten hat die Kirche Entscheishydendes fuumlr die Erhaltung der Kulshytur und der Sprache von Volksshygruppen geleistet Oft war die Kirshyche der letzte Hort des Volkstums und wurden Minderheitensprashychen im Gottesdienst in der Preshydigt und in der Katechese noch geshybraucht wenn Schulen und Vershywaltung bereits zur Staatsprache uumlbergegangen waren Es darf aber auch nicht verschwiegen werden daszlig manche Teil-Kirchen bisweishylen nationalistischer Versuchunshygen erlegen sind und gegenuumlber Minderheiten mit anderer sprachlishycher und kultureller Identitaumlt uumlbershysahen und noch immer uumlbersehen daszlig sie Glied der Weltkirche sind die allumfassend katholisch ist

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IV Unsere Aufgaben

1 Information und Kommunikashytion

a) Den meisten Europaumlern ist die Tatsache daszlig es in Europa zahlreiche nationale Mindershyheiten gibt bisher kaum ins Bewuszligtsein geruumlckt Daszlig in den Haupttouristengebieten Spaniens das Spanische nicht die Muttersprache der Einheishymischen ist und daszlig das Katashylanische unter der Herrschaft Francos offiziell nicht erlaubt war kam vielen Europaumlern ebensowenig zum Bewuszligtsein wie die Tatsache daszlig Wales zwar eine eigene Fuszligballmannshyschaft stellt das Walisische aber als Muttersprache ausshystirbt Deutsche erfuhren erst von Gastarbeitern aus Jugoslashywien daszlig diese nicht Jugoslashywisch sprachen sondern z B Kroatisch Serbisch oder Sloshywenisch In den Schulen und in der Erwachsenenbildung mOszligshyten daher die Minderheiten geshybOhrende Beachtung finden Dies sollte geschehen um dashybei aufzuzeigen daszlig auch durch die kleinen Voumllker Euroshypas mit ihren Sprachen und Kulturen zum kulturellen Reichtum Europas beigetragen wird und dieser Kontinent seishyne Groumlszlige und Staumlrke durch Vielfalt in der Einheit hat

b) Allein objektive Information ist in der Lage Vorurteile abzushybauen die auf seiten der Angeshy

houmlrigen groszliger Voumllker besteshyhen Sind nationale Minderheishyten wirklich eine Gefahr fOr den Staat in dem sie leben Sind sie illoyal usw Zahlreishyche positive Beispiele belegen das Gegenteil wie z B Finnshylandschweden oder die Deutshyschen in Belgien Objektive Inshyformationen zeigen auch am Beispiel geloumlster Volksgrupshypenprobleme wie in den meisten Minderheitengebieten echtes europaumlisches Bewuszligtshysein herrscht und daszlig Mindershyheiten nicht trennen muumlssen sondern BrOckenfunktionen zwischen den Staaten haben koumlnnen und zur Entfaltung Eushyropas beitragen Gerade die politische Wende in Ostmitteleuropa bietet uns neue Moumlglichkeiten zur Inforshymation und Kommunikation Der Wegfall der diktatorischen Regime hat auch den nationashylen Minderheiten neue Freiheishyten geschenkt Die Aufhebung der Visum-Pflicht fuumlr einige Staaten ermoumlglicht uns neue Formen der Begegnung und vertieftes Kennenlernen

c) Objektive Information hilft aber auch den nationalen Minshyderheiten keine politischen Irrshywege einzuschlagen Auch kleine Volksgruppen haumlngen gelegentlich einem uumlbersteishygerten Nationalismus an Sie erliegen manchmal der Gefahr ihre kulturellen oder nationashylen AnsprOche zu verabsolutieshy

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ren Solche Absolutsetzung wurzelt oft in einer starken Vershyunsicherung die durch Inforshymationen und Kontakte mit anshyderen Volksgruppen abgebaut werden kann Solchen Grupshypen kann sachliche Informashytion Ober Volksgruppenprobleshyme im europaumlischen Rahmen zeigen daszlig Autonomie und Selbstbestimmung nicht autoshymatisch mit Separationsrecht gleichgesetzt werden muumlssen

d) In ihrer Erklaumlrung vom 8 Maumlrz 1987 haben die Praumlsidenten der Bischofskonferenzen Euroshypas an die katholischen Glaumlushybigen an alle Christen und an die Menschen guten Willens in ganz Europa appelliert den Frieden durch Vertrauen und Wahrheit zu foumlrdern Sie wieshysen darauf hin daszlig der Mangel an Informationen einer der Gruumlnde fuumlr mangelndes Vershytrauen der Voumllker untereinanshyder ist Es kommt deshalb darshyauf an Kontakte und Gespraumlshyche auf allen Ebenen zu foumlrshydern Der Verkehr der Menshyschen uumlber die Grenzen hinshyweg der Austausch von Inforshymationen und Meinungen sind unverzichtbare Beitraumlge um wechselseitiges Vertrauen zu begruumlnden und auf eine sicheshyre Grundlage zu stellen Die Bishyschoumlfe riefen die Kirche in den Laumlndern Europas auf dazu ihshyren Beitrag zu leisten und sie plaumldierten fuumlr mehr Kontakte unter den Glaumlubigen Priestern

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und Bischoumlfen der Ortskirchen des Ostens und des Westens Auch Information uumlber Geshyschichte Tradition und Rechte von Minderheiten gehoumlrt zu der Aufgabe die geleistet werden muszlig Kontakte und Gespraumlche dienen der Information Noch nie war die Chance so groszlig wie heute Grenzen durch Informashytion und Kommunikation zu uumlberwinden Die Medien der oumlfshyfentlichen Meinungsbildung uumlberwinden Grenzen sie koumlnshynen einen neuen Sinn fuumlr die Sprache des anderen schaffen und kulturelle Informationen vermitteln die Vorurteile abshybauen Sie koumlnnen aber auch bestehende Vorurteile verstaumlrshyken Demokratie und Informashytionsfreiheit gehoumlren untrennshybar zusammen Aber die Freishyheit der Information muszlig geshylernt werden Wir rufen alle die in den Medien gestaltend mitshywirken auf sich ihrer Verantshywortung bewuszligt zu sein Die Inshyformationen uumlber die mit uns lebenden Minderheiten muumlsshysen bessere Kenntnis und ein vertieftes Verstaumlndnis voneinshyander erreichen Sich neu entshyfaltende Informationsnetze (europaumlische Nachrichtensenshydungen grenzuumlberschreitende Sendungen) sollten hier einen konstruktiven Beitrag leisten Die Kirche muszlig mit ihren Moumlgshylichkeiten im publizistischen Bereich dabei mithelfen Miszligshytrauen zwischen Angehoumlrigen

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des gleichen Glaubens aber unterschiedlicher Nationalitaumlt und Kultur zu uumlberwinden

2 Grenzaberschreitende Zusamshymenarbeit und Regionalismus

Die meisten nationalen Mindershyheiten in Europa wohnen an Grenshyzen (Daumlnen in Suumldschleswig shyDeutsche in Nordschleswig Italieshyner in Istrien - Slowenen in Triest Franzosen im Aostatal Elshysaumlsser usw) Auch kleine Voumllker ohne Staat sind oft auf verschieshydene Staatswesen verteilt Katalashynen und Basken leben in Spanien und Frankreich beiderseits der Grenzen Provenzalen in Frankshyreich und Italien Slowenen in Jushygoslawien Italien Oumlsterreich und Ungarn Viele dieser Minderheitenshyprobleme sind erst nach den beishyden Weltkriegen entstanden Gerashyde wir Deutsche sind auf Grund der historischen Entwicklungen und Ereignisse der letzten 50 Jahshyre verpflichtet uns fuumlr positive Loumlshysungen der Minderheitenfragen einzusetzen Als ein Volk das seit der Reformation kirchlich geteilt ist spuumlren wir auch wie konfesshysionelle Vielfalt die Minderheitenshyprobleme Europas noch mehr difshyferenziert Da sich die KSZE-Signashyturstaaten zur gegenseitigen Anershykennung der Grenzen in Europa verpflichten ist grenzuumlberschreishytende Zusammenarbeit heute ein Gebot der Stunde Positive Ansaumltshyze dazu gibt es innerhalb der EG in der Euregio wo im Dreilaumlndereck

Niederlande-Belg ien-Deutsch land bei Aachen die Zusammenarbeit auf verschiedenen Gebieten uumlber die noch bestehenden Grenzen ershyfolgt In der Regio Basilensis und der Arge Alp (Arbeitsgemeinschaft Alpenlaumlnder) geschieht dies durch Einbeziehung Schweizer Kantone und Oumlsterreichischer Bundeslaumlnshyder auch uumlber die Grenzen der Eushyropaumlischen Gemeinschaft hinaus In der Arge Alp Ost sind bereits vor der Wende im Osten damals noch sozialistische Laumlnder in diese Koshyoperation einbezogen worden Poshysitive Ansaumltze sind auch bei der in Angriff genommenen Zusammenshyarbeit zwischen Bayern Sachsen und BOumlhmen festzustellen Hier ist auch die Kirche gefordert Die Dioumlshyzesen Klagenfurt Ljubljana Goumlrz und Udine haben seit Jahren fuumlr katholische Oumlsterreicher Sloweshynen Italiener und Furlaner eine Basis der Zusammenarbeit gefunshyden Gerade die Kirchen sind heushyte aufgerufen die Zusammenarshybeit Ober die Grenzen hinweg zu foumlrdern und den Menschen zu zeishygen daszlig Christen dieses Europa in einer Solidaranstrellgung mitgeshystalten koumlnnen und muumlssen

Diese grenzuumlberschreitende Zushysammenarbeit ist untrennbar vershybunden mit der Chance des Regioshynalismus Dort wo Minderheiten seit langer Zeit ansaumlssig sind hashyben sich in Europa starke regionashyle Besonderheiten entwickelt Oft kam es zu einem gesunden Nebenshyund Miteinander von verschiedeshynen Volksgruppen und Sprachen

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manchmal wurde fuumlr die Bewohner das regionale Bewuszligtsein (durch eigene Verwaltung u auml) staumlrker als die nationale oder sprachliche Zushygehoumlrigkeit In einem Europa der Regionen muszlig darauf aufgebaut werden Beispiele sind (oder waren bis zu der nach 1945 erfolgten Vershytreibung und Auswanderung) Boumlhmiddot men Maumlhren Oberschlesien Sieshybenbuumlrgern die Vojvodina die Bushykowina und andere Regionen In ihnen herrschte Zwei- und Mehrshysprachlichkeit der Einwohner in Schule Verwaltung und Kirche Auch heute sind die Bewohner solshycher Regionen und von Grenzgeshybieten gefordert die Sprachen der Nachbarn zu lernen und sie zu beshyherrschen

V Auf dem Weg zum vereinten Europa

Die gleichzeitigen Entwicklunshygen in Mittel- und Osteuropa desshysen Staaten sich fuumlr Demokratie und Menschenrechte oumlffnen somiddot wie in der Europaumlischen Gemeinshyschaft die sich fester zusammenshyschlieszligt bergen Chancen und Rimiddot siken zugleich Die Frage der Minshyderheiten und Volksgruppen stellt sich in neuem Licht Nicht zuletzt hat die KSZE mit ihren Erklaumlrunshygen uumlber die Menschliche Dimenshysion der KSZE von Kopenhagen im Juli 1990 und der Charta von Paris fuumlr ein neues Europa des gleishychen Jahres sowie mit ihrem Exmiddot pertentreffen Ober nationale Minshyderheiten vom Juli 1991 dazu beishy

getragen In der EG oumlffnen sich uumlber das sogenannte Schengener Abkommen die Grenzen immer mehr Menschen kommen leichter zueinander als je zuvor Nachbarshyschaftsvertraumlge sollen fruumlher feshyste oft umstrittene Grenzen obershywinden Je offener die Grenzen je besser gelebte Nachbarschaft Gemiddot gensaumltze mindert um so eher sind Gemeinsamkeit und Vielfaft als Boden der europoaumlischen Kultur zu sichern

Gewiszlig gibt es keine Einheitsmoshydelle die uumlberall zutreffen Zu vermiddot schieden sind die jeweiligen histoshyrischen Urspruumlnge die Groumlszligenordshynungen sowie die pOlitischen und kulturellen Lebensbedingungen in den einzelnen Laumlndern

Ein internationales Rahmenshywerk koumlnnte jedoch Grundsaumltze niederlegen die schon jetzt in alshylen funktionierenden Minderheishytenregelungen enthalten sind In den sich entwickelnden alten und neuen Regionen Europas koumlnnen geoumlffnete Grenzen Vorurteile und kulturelle Barrieren abbauen Zushynaumlchst allerdings koumlnnen sie auch neue Probleme schaffen wie die Fluumlchtlingsstroumlme zeigen Kern almiddot ler Aussagen muszlig aber die Reshyspektierung der individuellen wie der Gruppenrechte sein ebenso die Forderung daszlig nur der Wille zur friedlichen Loumlsung die Spanshynungen uumlberwinden kann Die Entshyscheidung uumlber die Zugehoumlrigkeit zu einer Volksgruppe oder Mindershyheit muszlig dem einzelnen Oberlasshysen bleiben Das Recht auf indivishy

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duelle Selbstbestimmung darf nicht durch sogenannte objektive Kriterien wie Herkunft Sprache Wohnort und andere eingeshyschraumlnkt werden Die Praxis hat zur Genuumlge gezeigt daszlig solche soshygenannten objektiven Kriterien von der Mehrheit oder dem Staatsshyvolk nur zu oft zum Nachteil des einzelnen und der Minderheit insshygesamt angewendet werden Plushyralismus hat Europa gepraumlgt und nur Demokratie kann wie keine anshydere Staatsform diesen auf Dauer garantieren und damit unsere groshyszligen Traditionen absichern Die Toleranz darf keine leere Huumllse bleiben

Wir katholische Christen sind aufgerufen unseren eigenen speshyzifischen Beitrag zu leisten Rasshysismus und uumlberspitzter Nationashylismus haben unseren Kontinent in die groumlszligten Kriege des Jahrhunshyderts gefuumlhrt Dabei sind auch Voumllshyker gleichen Glaubens in eine totashyle Konfrontation geraten und uumlber Millionen Menschen ist unendlishyches Leid gebracht worden In eishynem neuen sich in Frieden und Freiheit einigenden Europa sollten Katholiken dazu beitragen auch gegenuumlber Minderheiten jene ethishysche kulturelle und geschichtlishyche Solidaritaumlt zu entfalten die Grenzen und Schranken Europas zu uumlberwinden und die heute unshyerhoumlrte Friedenschance der groszligen europaumlischen Solidaritaumlt voumlllig zu nutzen (Konferenz der Praumlsidenshyten der Europaumlischen Bischofskonshyferenzen in Dieburg 1987)

Anhang

Die bisher am weitestgehende internationale Erklaumlrung duumlrften die Aussagen der KSZE vom Juni 1990 in Kopenhagen sein Auch wenn es sich hierbei nicht um eishynen voumllkerrechtlichen Vertrag hanshydelt aus dem Minderheiten Anshyspruumlche ableiten koumlnnen kann man daraus immerhin auf die Aufshyfassung der Unterzeichnerstaaten zu dieser Frage schlieszligen und Ruumlckschluumlsse tor die kuumlnftige Entshywicklung ziehen Es heiszligt dort

(33) Die Teilnehmerstaaten wershyden die ethnische kulturelle sprachliche und religioumlse Identitaumlt nationaler Minderheiten auf ihrem Territorium schOtzen und Bedinshygungen fuumlr die Foumlrderung dieser Identitaumlt schaffen Sie werden diesbezuumlglich die notwendigen Maszlignahmen ergreifen und zwar nach entsprechenden Konsultatioshynen in Einklang mit den Entscheishydungsverfahren des jeweiligen Staates wobei diese Konsultatioshynen Kontakte mit Organisationen oder Vereinigungen solcher Minshyderheiten einschlieszligen

Jede dieser Maszlignahmen wird mit den Prinzipien der Gleichheit und Nicht-Diskriminierung in beshyzug auf die anderen Buumlrger des beshytreffenden Teilnehmerstaates in Einklang stehen

(34) Die Teilnehmerstaaten wermiddot den sich darum bemuumlhen Angehoumlshyrigen nationaler Minderheiten unshygeachtet der Notwendigkeit die offizielle Sprache oder des betrefshy

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fenden Staates zu erlernen in Einshyklang mit den anwendbaren natioshynalen Rechtsvorschriften entspreshychende Moumlglichkeiten fuumlr den Unshyterricht ihrer Muttersprache oder in ihrer Muttersprache sowie wo immer dies moumlglich und notwenshydig ist fuumlr deren Gebrauch bei Beshyhoumlrden zu gewaumlhrleisten

Im Zusammenhang mit dem Unshyterricht von Geschichte und Kultur in Bildungseinrichtungen werden sie auch die Geschichte und Kulshytur der nationalen Minderheiten beruumlcksichtigen

Sie wurde noch bekraumlftigt durch die Charta von Paris fuumlr ein neues Europa vom 24111990 der KSZEshyKonferenz in Paris In dem Kapitel Leitsaumltze fuumlr die Zukunft heiszligt es unter der Uumlberschrift Menschlishyche Dimension Wir sind entshyschlossen den wertvollen Beitrag nationaler Minderheiten zum Leshyben unserer Gesellschaften zu foumlrshydern und verpflichten uns deren Lage weiter zu verbessern Wir beshykraumlftigen unsere tiefe Uumlberzeushygung daszlig freundschaftliche Beshyziehungen zwischen unseren Voumllshykern sowie Friede Gerechtigkeit Stabilitaumlt und Demokratie den Schutz der ethnischen kulturellen sprachlichen und religioumlsen Identishytaumlt nationaler Minderheiten und die SChaffung von Bedingungen fuumlr die Foumlrderung dieser Identitaumlt erfordern Wir erklaumlren daszlig Frashygen in bezug auf nationale Mindershyheiten nur unter demokratischen Bedingungen befriedigend geloumlst werden koumlnnen Ferner erkennen

Auftrag 201

wir an daszlig die Rechte von Angeshyhoumlrigen nationaler Minderheiten als Teil der allgemein anerkannten Menschenrechte uneingeschraumlnkt geachtet werden muumlssen Im Beshywuszligtsein der dringenden Notwenshydigkeit im Hinblick auf nationale Minderheiten die Zusammenarbeit zu verstaumlrken und deren Schutz zu verbessern beschlieszligen wir ein Expertentreffen Ober nationale Minderheiten vom 1 bis 19 Juli 1991 in Genf einzuberufen

Wir sind entschlossen alle Forshymen von Haszlig zwischen Rassen und Volksgruppen Antisemitisshymus Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung irgendeines Menshyschen sowie von Verfolgung aus religioumlsen und ideologischen Gruumlnden zu bekaumlmpfen

Von der Kommission 10 Europa des ZdK einstimmig beschlossen (aus ZdK Dokumentation vom 25991)

Festung Europa Die Vollendung des Binnenmiddot marktes in der EG bringt den 240 Millionen Europaumlern bare Vorteile Doch der wirtschaftmiddot liche Profit geht - wieder einmal - auf Kosten der Armen in der Dritten Welt

Am 1 Januar 1993 wird der Euroshypaumlische Binnenmarkt Wirklichkeit Europa ist dann - zumindest wirtshyschaftlich - grenzenlos

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Leon Brittan EG-Kommissar aus Groszligbritannien Das ehrgeishyzigste Vorhaben das die Europaumlishysche Gemeinschaft seit ihrer Gruumlndung in Angriff genommen hat

Groszlige Worte vor realem Hintershygrund Der Europaumlische Binnenshymarkt wird nahezu dreimal so groszlig sein wie der japanische und immer noch knapp doppelt so groszlig wie der amerikanische Binnenmarkt Die 342 Millionen Verbraucher die dann miteinander schrankenlos konsumieren und handeln koumlnnen werden zusammen eine Kaufkraft von rund fuumlnf Billionen (eine Fuumlnf mit zwoumllf Nullen) Mark repraumlsenshytieren

Alleine die Vollendung des Binshynenmarktes wird so prognostishyziert der im Auftrag der EG-Komshymission erstellte Cecchini-Bericht zu einer einmaligen zusaumltzlichen Zunahme des Bruttoinlandsproshyduktes in der EG von 45 bis sieben Prozent fuumlhren erstreckt uumlber fuumlnf bis sechs Jahre Der Binnenmarkt als gigantisches Konjunkturproshygramm

Europa mit nur 646 Prozent der Weltbevoumllkerung auf 154 Prozent der Welt-Landflaumlche ist damit der absolute Wirtschaftsgigant schlechthin Nie hat es auf dem Globus eine auch nur aumlhnlich groshyszlige wirtschaftliche Potenz gegeshyben kommentiert das Deutsche Institut fuumlr Wirtschaftsforschung (DIW) - Truumlbe Aussichten fuumlr die Bewohner der Entwicklungslaumlnshyder

Die koumlnnen ab 1993 endguumlltig einpacken scherzt ein hoher BrOsseler EG-BOrokrat uumlberhebshylich und beweist damit nur daszlig er wie so viele andere - zumindest aus moralischem Blickwinkel shynoch gar nicht begriffen hat was dieser EG-Monolith im Weltgefuumlge anriChten wird Die Verlierer in dieshysem Machtpoker der Groszligen steshyhen schon heute fest Es sind und bleiben die Entwicklungslaumlnder Der gemeinsame Markt wird fuumlr sie zur Tragoumldie Nicht weil er etwas ganz Neues Gefaumlhrliches waumlre sondern weil Europa - geeint shynoch perfekter weitermachen wird als bisher Die Entwicklungslaumlnder haben schon in den vergangenen Jahren einen bitteren Vorgeshyschmack bekommen Vor allem weil die EG-Staaten wirtschaftlich ja schon laumlnger zusammenruumlcken sank der Anteil der aumlrmsten Laumlnshyder am Weltexport alleine zwishyschen 1981 und 1991 von 14 auf heute 03 Prozent

Der einheitliche Europaumlische Binnenmarkt wird diesen Abwaumlrtsshytrend noch beschleunigen erwarshytet auch das DIW Diese Erkenntshynis ist logisch und zudem nicht neu Wir Europaumler haben nur die zweifelhafte Faumlhigkeit solche Ershykenntnis wider allen Verstand zu verdraumlngen sagt Frans Andriesshysen niederlaumlndischer EG-Auszligenshykommissar

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Abschottung gegen Waren von auszligen

So hatte die EG-Wirtschaftspolishytik schon immer fatale Auswirkunshygen auf den Welthandel und die Beziehungen zu den Entwicklungsshylaumlndern Schlieszliglich ist die EG von ihrem Ansatz her ja auch eine nach auszligen durch Zoumllle und Vershyordnungen abgeschottete Feshystung Ein nahezu unuumlberwindlishyches Hindernis fuumlr Guumlter die man in die Festung nicht hineinlassen will Handelsabkommen mit den Entwicklungslaumlndern wie etwa die Lome-Abkommen dienen da nur als Feigenblaumltter

Und je groumlszliger die EG seit ihrer Gruumlndung 1955 wird um so wenishyger braucht sie Waren und Dienstshyleistungen von auszligerhalb Italiens EG-Kommissar Carlo Ripa di Meshyana Es gibt so gut wie nichts was es nicht innerhalb Europas zu ernten zu produzieren oder zu foumlrshydern gaumlbe Dabei spielt die Rentashybilitaumlt keine Rolle

Innerhalb der Festung Europa werden Landwirte beispielsweise kraumlftig subventioniert So koumlnnen sie garantierte Abnahmemengen zu festgeschriebenen Preisen proshyduzieren Wettbewerbsfaumlhige Konshykurrenz von auszligerhalb der EG die zu deutlich niedrigeren Weltmarktshypreisen anbieten koumlnnte wird gleichzeitig von den Maumlrkten der EG ferngehalten

Fast um die Haumllfte (42 Prozent) so hat die US-Agrarbehoumlrde juumlngst errechnet koumlnnten die europaumli-

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sehen Verbraucher billiger einkaushyfen wenn sie uumlber kuumlnstlich hochshygehaltene Preise nicht die staatlishychen Zuwendungen an die Landshywirte finanzieren muumlszligten - Ein Mechanismus uumlbrigens der auch unserer Landwirtschaft nur scheinbar dient Er zwingt naumlmlich Europas Bauern immer mehr zu produzieren um uumlberleben zu koumlnshynen

Aber nicht nur die Abschottung gegen Agrarimporte macht die EG zum Henker der Dritten Welt Durch die hohen garantierten Preishyse in der Europaumlischen Gemeinshyschaft produzieren Europas Landshywirte Unmengen an Uumlberschuumlsshysen die regelmaumlszligig auf die Weltshymaumlrkte geworfen werden Durch Dumpingpreise verdraumlngen sie auch auszligerhalb der EG noch die Erzeugnisse der Entwicklungslaumlnshyder

Dem Wettbewerb mit Europa shyegal ob in Europa oder auszligershyhalb - ist eben niemand gewachshysen resuumlmiert denn auch Carlo Ripa di Meana - er meint es stolz kaum nachdenklich

Verschuldung als Schlinge um den Hals

Alle Entwicklungslaumlnder zusamshymen sind heute mit niemals zushyruumlckzahlbaren 245 Billionen Mark bei den Industrienationen vershyschuldet Auszligerdem zahlen sie an Tilgung und Zinsen 43 Milliarden Dollar mehr als die Reichen als sie aus ZuschOssen oder Krediten

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erhalten Das heiszligt nichts anderes als Die Lage der Entwicklungslaumlnshyder wird auch nach 1993 immer hoffnungsloser weil sie immer abshyhaumlngiger werden Doch das ist nicht die einzige Hiobsbotschaft fuumlr die Laumlnder der Dritten Welt Auch die Oumlffnung Osteuropas wird sich negativ fuumlr sie auswirken

Wir haben doch nur noch Aushygen fuumlr den Osten der Suumlden intershyessiert uns doch gar nicht mehr gesteht Willy Brandt Vorsitzender der Nord-Suumld-Kommission selbstshykritisch ein Die Europaumlische Geshymeinschaft arbeitet ausschlieszligshylich daran noch maumlchtiger zu wershyden Der neueste Plan Eine giganshytische Freihandelszone zwischen der EG und Osteuropa soll binnen zehn Jahren realisiert werden

Und den EG-Verantwortlichen laumluft das Wasser im Mund zusamshymen wenn sie an all die ungeahnshyten Moumlglichkeiten denken die sich durch den Zusammenbruch des Ostblocks und des Comecon jetzt fuumlr sie eroumlffnen Millionen billigshyster Arbeitskraumlfte und riesige Abshysatzchancen fuumlr EG-Waren - und das unmittelbar vor der eigenen Haustuumlr

Lukrative Geschaumlfte mit Osteuropa

Wen interessiert da noch daszlig marokkanische Bauern alljaumlhrliCh auf Millionen Tonnen natuumlrlich unter der Sonne gereiften preisshyguumlnstigen Gemuumlsen und Fruumlchten sitzenbleiben weil die Europaumlishy

sehe Gemeinschaft ihren Verbraushychern lieber Lebensmittel aus kuumlnstlich beheizten zigfach teureshyren hollaumlndischen Treibhaumlusern aufdraumlngt

Der Grund Nach wie vor macht der die dicksten Gewinne der seishyne eigenen Maumlrkte gegen Konkurshyrenzprodukte abschottet die fremshyden Maumlrkte aber als Absatzbasen nutzt

Dieses Problem verschaumlrft sich fuumlr die Entwicklungslaumlnder dashydurch daszlig sie Industrieguumlter bei uns meist gegen Devisen kaufen muumlssen Devisen aber koumlnnen sie kaum erwirtschaften wenn wir sie bei uns nichts verkaufen lassen Wir haben dafuumlr eine verbluumlffend einfache Hilfestellung gefunden Wir nehmen statt Devisen goumlnnershyhaft unveredelte Rohstoffe zu Preishysen die wir mehr oder weniger selbst festlegen So erhalten wir sie viel billiger als wenn wir der Dritten Welt erlauben wuumlrden sie zu veredeln und uns dann Halbshyfertig- oder Fertigprodukte teurer zu verkaufen Ein Teufelskreis aus dem aus eigener Kraft die Laumlnder der Dritten Welt nicht mehr entshykommen koumlnnen

Hans Joachim Hofmann

(aus missio aktueI292)

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Migration in Europa Europa - vom Auswanderungsshyzum Einwanderungskontinent

Sehr lange ist es noch nicht her da war Europa der Kontinent der Auswanderung Mehr als 200 Jahshyre lang wanderten Polen und Iren Englaumlnder und Franzosen Italieshyner und Deutsche in groszliger Zahl aus in das Land der unbegrenzten Moumlglichkeiten nach Nordamerishyka Doch auch Suumldamerika Aushystralien afrikanische und asiatishysche Kolonialgebiete waren Ziele europaumlischer Zuwanderung und dies nicht nur aus den genannten Laumlndern sondern auch aus Spashynien Portugal Holland Be~gien ja eigentlich aus allen europaumlischen Laumlndern Im heutigen - gedanshykenlosen oder boumlsartigen Sprachgebrauch wuumlrde man diese Auswanderer uumlberwiegend als Wirtschaftsfluumlchtlinge bezeichshynen

Das Blatt hat sich gewendet Deshymokratisierung Befriedung und ein unerhoumlrter wirtschaftlicher Aufschwung haben West- und Mitshyteleuropa seit den 50er Jahren grundlegend veraumlndert und erfaszligshyten nach und nach auch Suumldeuroshypa Selbst aus den Randgebieten aus Irland Portugal Sizilien wanshydern immer weniger Menschen aus Spanien und Italien sind zu neuen Zielen der massiven Einshywanderung von Suumlden und Osten

Auftrag 201

geworden Hunderttausende ethnishysche Griechen wandern - wie die deutschen Aussiedler - aus Ruszligshyland und anderen Laumlndern in die Heimat ihrer Vorfahren zuruumlck In den alten und neuen Laumlndern Suumldshyamerikas Afrikas und des asiatishyschen Kontinents insbesondere aber auch in Osteuropa und den auseinanderstrebenden Staaten der ehemaligen Sowjetunion beshystimmen politische Instabilitaumlt ethnische religioumlse soziale Konshyflikte und Kriege gewaltige gesellshyschaftliche Umbruumlche sowie katashystrophale wirtschaftliche Bedinshygungen vielfach die Lebenssituashytion der Menschen Europa und Nordamerika heiszligen ihre Traumlume die sie anders als noch vor wenishygen Jahrzehnten taumlglich im Fernshysehen vor Augen haben nur wenishyge Flugstunden oder Reisetage mit Bahn oder Schiff entfernt Wo Not oder Verfolgung druumlckend und die Zukunft in der Heimat ohne Hoffnung ist bleibt die Hoffnung auf Hilfe und Schutz durch die rechtsstaatlichen geordneten wohlhabenden westlichen Demoshykratien Hunderttausende versushychen jedes Jahr nach Europa zu fliehen Ihre Zahl wird steigen soshylange Bedraumlngnis und Not bleiben denn unsere Welt waumlchst weiter zusammen Sie sind keine Verbreshycher ebensowenig wie die Europaumlshyer Verbrecher waren die aus ihrem Elend ins Gelobte Land Amerika ausgewandert oder vor Verfolgung und Krieg nach Schweden Groszligshybritannien oder Amerika geflohen

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sind Das Recht dahin zu wanshydern wo man ertraumlgliche Lebensshybedingungen findet ist vom Zweishyten Vatikanischen Konzil und der Katholischen Soziallehre mehrshyfach ausdruumlcklich betont worden Und in der Eigentumsfrage lautet der allererste Grundsatz - noch vor dem Recht auf Privateigenshytum - daszlig die Guumlter der Welt eine allgemeine Bestimmung fuumlr das Leben aller Menschen haben daszlig in der Not alle Guumlter gemein sind

Migrationspolitik von der nationashylen zur europaumlischen Ebene

Die Frage der Migration der Auslaumlnder- und Fluumlchtlingspolitik sind heute keine nationalen Frashygen mehr in Europa Mit der Vollshyendung des Europaumlischen Binnenshymarktes und dem Wegfall der inshynergemeinschaftlichen Grenzen stellt sich unwiderruflich der Zeitshypunkt ein wo Asylbewerber Fluumlchtlinge und Zuwanderer in jeshydem Land der EG gleichzeitig auch potentielle Zuwanderer in den anshyderen Laumlndern sind wo die Harmoshynisierung der europaumlischen Politik in diesem Feld nicht weiter aufshyschiebbar bleibt

Doch viele Menschen in Europa sind tief beunruhigt Sie haben Angst vor den vielen Fremden sorshygen sich um die Finanzierbarkeit des Sozialstaates fuumlrchten aus Wohnungen und Arbeitsplaumltzen verdraumlngt zu werden

Zwischen der Verantwortung fOr unsere Zukunft und fuumlr die Glaubshy

wuumlrdigkeit unserer Werte in der zushysammenwachsenden Welt und den Aumlngsten oft auch dem beshyrechtigten Aumlrger der Bevoumllkerung darf die Politik nicht Kopf und Herz verlieren Sie muszlig Angst und Aumlrger der Menschen ernst nehshymen Aber sie muszlig ihnen auch die Wahrheit zumuten und darf sie nicht aus der Verantwortung fuumlr die Zukunft entlassen Vor allem muszlig sie uumlberzeugende Loumlsungen fuumlr die Probleme an den Wurzeln von Flucht und Zuwanderungsbeshywegungen aufzeigen

An den Anfang einer verantwortshylichen und realistischen Gesamtshykonzeption zur Migration in Euroshypa gehoumlrt die Antwort auf grundshysaumltzliche Fragen - Ist es richtig daszlig wir alle Menshy

schen hier aufnehmen und ihshynen helfen

- Koumlnnen wir das Oberhaupt vershykraften Soll Europa ein offener Kontishynent sein - oder muumlssen wir uns abschotten gegen eine arme und von Unruhen geshyschOttelte Welt

- Und weiter Was geschieht heute mit den Menschen die als Auslaumlnder zu uns kommen und unter uns leben Finden sie hier eine Heimat werden sie integriert was muumlszligte geaumlnshydert werden

- Schlieszliglich - wie koumlnnen wir die Zustimmung der Bevoumllkeshyrung tor eine vernuumlnftige und verantwortliche Migrationsshyund Fluumlchtlingspolitik in den

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europaumlischen Laumlndern gewinshynen die auf mittlere und lange Sicht unabdingbar tur die Handlungsfaumlhigkeit der Politik in diesem Bereich ist

Die Verwirrung ist groszlig nicht nur bei der Bevoumllkerung auch in der Politik Was fehlt ist ein Geshysamtkonzept das einsichtig und praktikabel erscheint das Vertraushyen schafft Und dazu muumlssen wir uns zunaumlchst diesen Grundfragen zuwenden Also zuallererst Ist Mishygration etwas Gutes oder etwas Schlechtes Brauchen wir Grenshyzen oder muumlssen wir die Grenzen uumlberwinden

Natuumlrliche und kuumlnstliche Grenzen

Ich moumlchte hier einige ganz pershysoumlnliche Erfahrungen an den Anshyfang stellen Ich kann mich erinmiddot nern daszlig ich als Kind immer ein prickelndes Gefuumlhl in der Magenshygegend hatte wenn ich mich der Grenze naumlherte Wenn mein Groszligshyvater mit uns sonntags einen Ausshyflug nach Belgien oder Holland machen wollte dann waren wir aufgeregt und neugierig Erst muszligshyte man ja uumlber die Grenze hinuumlbershykommen Das war gar nicht so selbstverstaumlndlich Man muszligte ja Ausweise vorzeigen der Zoumlllner lief ums Auto herum guckte hershyein und fragte etwas und wenn man dann druumlben war war alles anders Die Farben der Daumlcher wamiddot ren anders die Doumlrfer die Schilder waren anders die Leute sprachen eine andere Sprache und zogen

andere Kleider an Als ich noch kleiner war da verlief fuumlr mich die Grenze rund um unser Dorf Im Nachbardorf in Altstaumltten waren die Menschen ein biszligehen anders fremd fuumlr uns Die Kinder aus dieshysem Nachbardorf kannten ein paar andere Worte andere Lieder anshydere Spiele Man muszligte irgendwie vorsichtig sein wenn man ihnen begegnete denn manchmal reamiddot gierten sie anders als man das geshywohnt war Es war immer ein kleishynes Abenteuer

Was fangen wir aber nun an mit einer Welt in der all diese Grenzen verschwinden Grenzen die unsemiddot re Heimat bewahren Grenzen deshyren Uumlberwindung uns den Zugang zum Fremden zum Anderen und manchmal auch zum Geheimnisshyvollen erst eroumlffnen Was fangen wir also an mit einer Welt der Einshyheitskultur in der das Eigene also die Heimat bald genausowenig mehr existiert wie das Fremde von dem man fasziniert ist und lernen kann wenn man den Zugang dazu gefunden hat

Ich glaube es ist klar daszlig unser Leitbild nicht die totale Vermimiddot schung aller Kulturen der totale Wegfall aller Grenzen sein kann Was aber wenn diese Grenzen als Grenzen von Kulturen als Grenzen von Lebensraumlumen nicht mehr beshystehen Sollen wir kuumlnstliche Grenzen errichten Sollen wir um auf Europa zuruumlckzukommen eine Wagenburg Europa errichten nicht nur als Hort von Freiheit von Rechtsstaatlichkeit und Wohlshy

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stand sondern auch zur Wahrung unserer Identitaumlt als Waffe zum Schutz unserer Heimat

Die Herausforderungen

Jeder der heute sehen und denshyken kann weiszlig daszlig dies keine Loumlshysung ist Wir muumlssen uns heute eishyner fOnffachen Herausforderung im Hinblick auf die Wanderung und Flucht von Menschen aus eishynem zum anderen Land aus einem zum anderen Kontinent stellen

Kulturelle Vielfalt bewahren

Wir muumlssen so leben lernen daszlig die Welt die sich an unserem Leshybensstil orientiert ihn uumlbernehshymen kann ohne unterzugehen Ich will versuchen darzustellen was sich hinter dieser Herausfordeshyrung verbirgt Glauben wir eigentshylich allen Ernstes daszlig wir uumlber laumlngere Zeit verhindern koumlnnen daszlig sich die Menschen in heute noch aumlrmeren Laumlndern mit den taumlglichen Bildern und Fernsehbilshydern unseres Wohlstandes vor Aushygen mit aller Macht daraum bemuumlshyhen unser Lebensniveau zu erreishychen Ist es uns eigentlich wirkshylich klar daszlig das eine Katastrophe waumlre wenn die Menschen in der ganzen Welt unser Lebensniveau unser Wohlstandsniveau erreishychen wOrden unseren Lebensstil haben wuumlrden den wir heute hashyben Unser westlicher Rohstoffshyund Energieverbrauch uumlbertragen auf die gesamte Weltbevoumllkerung wuumlrde die Erde innerhalb einer Geshy

neration zu einer oumlkologischen Kashytastrophe fuumlhren Wo sind denn unsere Bemuumlhungen einen Wohlshystands- und Fortschrittsbegriff auch mit dem klugen Einsatz aller wissenschaftlichen und technishyschen Moumlglichkeiten zu entwikshykein und darauf aufbauend konshykrete Lebensformen zu entwickeln und bei uns vorzuleben die auch tor die ganze Welt Bestand haben koumlnnten Die also auch nachgeshymacht werden koumlnnten die irgendshywann einmal in der ganzen Welt praktiziert werden koumlnnten ohne daszlig es eine Katastrophe gibt Denn wir werden auf Dauer nicht verhindern koumlnnen daszlig die andeshyren Laumlnder die Menschen in den anderen Laumlndern nachziehen Die naumlchste grundsaumltzliche Frage Hashyben wir eigentlich erfaszligt was es bedeutet daszlig wir mit rasenden Schritten auf eine gesellschaftlishyche Monokultur zusteuern in der sich von Alaska bis nach Feuershyland von Portugal bis nach Korea vom Nordkap bis nach Kapstadt die gleichen Denkmuster die gleishychen Formen des Wirtschaftens und des Verbrauchens des Zushysammenlebens und der Kommunishykation zwischen den Menschen durchsetzen In der Landwirtshyschaft und in der Oumlkologie kennen wir heute die verheerenden Folgen von MonOkulturen einseitige Beshyanspruchung und damit Erschoumlpshyfung der natuumlrlichen Ressourcen VerSChwinden der Artenvielfalt Anfaumllligkeit fuumlr Schaumldlingsbefall und vieles mehr Hat eigentlich

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niemand Angst vor einer weltweishyten gesellschaftlichen Monokulshytur

Und wenn uns die kulturelle Vielfalt fuumlr das Uumlberleben der Menschheit wie auch fuumlr die Entshyfaltungsmoumlglichkeiten des einzelshynen Menschen unverzichtbar zu sein scheint wenn wir aber gleichshyzeitig die Naturgewalt des Streshybens der Menschen nach einem Leben ohne materielle Not erkenshynen in dieser einsgewordenen Welt wie sehen dann unsere Loumlshysungsvorschlaumlge aus fuumlr den polishytischen und wirtschaftlichen Rahshymen einer Weitentwicklung zur Uumlberwindung von Not bei Uumlberleshyben kultureller Vielfalt Ich kenne solche Vorschlaumlge bis jetzt nicht Aber was vielleicht schlimmer ist ich kenne auch im politischen Beshyreich keine relevanten und wirklich aktuellen Diskussionen uumlber diese Fragen

Wann wollen wir eigentlich dashymit beginnen solche Fragen in unshyseren politischen Dringlichkeitsshykatalogen mit der houmlchsten Priorimiddot taumltsstufe zu versehen Vielleicht in 30 Jahren wenn kulturelle Vielshyfalt nur noch ein Thema der Museshyen und Religionshistoriker ist

Fluchtursachen bekaumlmpfen

Wir muumlssen mit groszliger Konseshyquenz die Ursachen von erzwungeshyner Flucht und Migration in aller Welt bekaumlmpfen Hunger Not Unshyfreiheit Menschenrechtsverletshyzungen Krieg Umweltzerstoumlrung

Auftrag 201

Dies ist eine langfristige Aufgabe Aber sie muszlig jetzt angegangen werden Und nicht mit Worten sondern mit Taten mit klaren Strashytegien houmlchster Prioritaumlt und auch mit zusaumltzlichen Mitteln Das ershyfordert viele einzelne Maszlignahmen - Menschenrecht geht vor natioshy

nale Souveraumlnitaumlt Das Recht auf Intervention im Falle schwerwiegender anhaltender MenschenreChtsverletzungen ist in den Statuten der UNO und regionaler Gremien der Zushysammenarbeit von Staaten zu verankern Fuumlr solche Intervenshytionen sind geeignete Instrushymente zu schaffen

- Hunger ist eine der schwersten Beeintraumlchtigungen von Menshyschenwuumlrde In einem Stufenshyplan muumlssen bis Ende des Jahrzehnts alle Handeisbeshyschraumlnkungen und -erschwershynisse fuumlr Guumlter aus Entwickshylungslaumlndern abgebaut wershyden Die Foumlrderung produktivishytaumltsorientierter Armutsbeshykaumlmpfung und Selbsthilfe aus den EntwiCklungShilfeetats ist zu vervielfachen Durch groszligzuumlshygige und differenzierte Entshyschuldungshilfen muumlssen in weiten Teilen der Dritten Welt die Fundamente fuumlr eigenstaumlnshydige gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung wieder neu gelegt werden Die Zielparameter in den Sanieshyrungskonzepten des internatioshynalen Waumlhrungsfonds muumlssen ergaumlnzt werden damit in Zushy

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kunft gesellschaftliche Zusamshymenbruumlche und Sanierungskrishysen im Zusammenhang mit Hilshyfen des Waumlhrungsfonds vershymieden werden

Die Vergabe von Entwicklungsshyhilfe an die Regierungen in Entshywicklungslaumlndern muszlig davon abshyhaumlngig gemacht werden daB dieshyse ihren Buumlrgern ein Mindestmaszlig an politischer und wirtschaftlicher Freiheit einraumlumen und nicht die Uumlberwindung von Armut durch zentrale Kommandowirtschaft blockieren Denn ohne Freiheit gibt es keine Entwicklung

Durch konsequente internatioshynal abgestimmte Kontrolle des Waffenexportes muszlig die Ansammshylung und Wiederbeschaffung von Waffen fuumlr Kriege verhindert wershyden Entwicklungshilfe auf staatlishycher Ebene muszlig solchen Regierunshygen verweigert werden die zum Schaden ihres Landes uumlberdurchshyschnittlich hohe Anteile des Volksshyeinkommens fuumlr die Militaumlrhausshyhalte verwenden

Durch die Zusage einer raschen Assoziierung und einer spaumlteren Vollmitgliedschaft in der E~rop~ishysehen Gemeinschaft sowie em konkretes und groszligzuumlgiges Hilfsshykonzept fuumlr den gesellschaftlichen Umbau und wirtschaftlichen Aufshybau Osteuropas muszlig den Menshyschen in den ehemals kommunistishyschen Laumlndern einschlieszliglich d~r Laumlnder der ehemaligen Sowjetumshyon die Perspektive fuumlr eine lebensshyw~rte Zukunft in ihrer Heimat eroumlffnet werden

Hilfe bei Katastrophen

Wir muumlssen denjenigen die kurzfristig Hilfe brauchen in ihrer Heimat helfen - oder in ihren Nachbarregionen wenn sie schon geflohen sind Dies gilt sowohl fuumlr Natur- oder technische Katastroshyphen wie fuumlr Hungersnoumlte und Kriege Sonst werden wir sie nicht davon abhalten koumlnnen in zu groshyBer Zahl zu uns zu kommen Auch dies erfordert konkrete Maszlignahshymen - Auf internationaler Ebene muszlig

eine humanitaumlre Eingreifeinshyheit gebildet werden die bei Naturkatastrophen technimiddot sehen Groszligunfaumlllen und bOrshygerkriegs- oder hungerbedingshyten Fluchtwellen innerhalb von Stunden mit dem Aufbau wirkshysamer Hilfsstrukturen am Kashytastrophenort oder in unmittelshybarer Nachbarschaft beginnen kann

- Neben den Voraussetzungen fuumlr unverzOgliche Uumlberlebensshyhilfe in solchen Katastrophenshyfaumlllen muumlssen auch die rechtlishychen und operationellen Vorshyaussetzungen fuumlr den militaumlrishyschen Schutz solcher Hilfsakshytionen gegen Uumlbergriffe und Angriffe geschaffen werden

Aufnahme fuumlr alle die Schutz brauchen

Wir muumlssen denen Schutz geshyben die SChutz brauchen Damit dies auch in der Praxis unserer Laumlnder moumlglich ist muumlssen die

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Verfahren zur Unterscheidung von Schutz- und Hilfsbeduumlrftigen kurz fair und zwischen den westlichen Demokratien abgesprochen sein Daruumlber hinaus muszlig die Definition der SchutzbedOrftigkeit realishystisch der Rechtsstatus der Schutzbeduumlrftigen im Interesse ihshyrer gesellschaftlichen Integrierbarshykeit klar sein Im einzelnen heiszligt dies - Die Definition eines politishy

schen Fluumlchtlings muszlig in allen Laumlndern (insbesondere auch in Deutschland wo der Art 16 des Grundgesetzes sehr reshystriktiv interpretiert wird) wieshyder nach den Kriterien der Genshyfer Fluumlchtlingskonvention ershyfolgen Der Ausschluszlig von Folshyteropfern oder von verfolgten schutzsuchenden Menschen aus Buumlrgerkriegslaumlndern ist zyshynisch und fuumlhrt bei der Bevoumllshykerung die dies ja im einzelnen nicht erfaumlhrt und die abgelehnshyten Fluumlchtlinge als Wirtshyschaftsfluumlchtlinge ansieht zur weiteren Fluumlchtlingsfeindshylichkeit denn diese Menschen duumlrfen dann ja trotz der Ablehshynung als politische Fluumlchtlinge nicht abgeschoben werden

- Auch Verfolgungsfluumlchtlinge aus von Krieg und Buumlrgerkrieg betroffenen Laumlndern muszlig vorshyuumlbergehend Schutz und Aufshynahme gewaumlhrt werden wenn sie nicht in kriegsfreien Zonen ihrer Heimat oder in direkter Nachbarschaft SChutz finden Fuumlr die Aufnahme solcher

Auftrag 201

Fluumlchtlinge sind zwischen den EG-Staaten prozentuale Quoshyten und finanzielle Ausgleichsshyleistungen abzusprechen

- Wer als anerkannter politishyscher Fluumlchtling oder als Fluumlchtling mit voruumlbergehenshydem Bleiberecht laumlnger als 3 Jahre in Europa weilt muszlig das Recht auf einen unbefristeten Aufenthalt hier haben auch wenn sich die Verhaumlltnisse in seinem Heimatland danach veraumlndern Wer keine Lebensshyperspektiven hier hat kann sich kaum integrieren Die Folshygen davon aber sind Belastunshygen des Zusammenlebens und die Foumlrderung von Fremdenshyfeindlichkeit

Zusammenleben mit Menschen aus verschiedenen Kulturen

Wir muumlssen lernen mit Menshyschen verschiedener Kulturen in unseren Heimatlaumlndern gut zushysammenzuleben seien es Fluumlchtshylinge oder Auslaumlnder die wir als Arbeitskraumlfte hereingeholt oder hereingelassen haben Dieses Zushysammenleben von Menschen aus unterschiedlichen Kulturen ist in fast allen europaumlischen Laumlndern insbesondere auch in DeutSChshyland eine schlichte Tatsache der wir uns nicht verschlieSen koumlnnen Trotzdem verursachen Begriffe wie Multikulturelle Gesellschaft oder auch der Hinweis darauf daszlig unsere europaumlischen Gesellschafshyten seit Jahren de facto Einshy

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wanderungslaumlnder gewesen sind und es wohl auch in Zukunft bleishyben werden groszlige Aggressioshynen - bei Politikern wie in der Beshyvoumllkerung Wer den Widerstand und die Aggressivitaumlt die in dieshysen Diskussionen aufbricht vershystehen will der muszlig sich vor allem die Frage auch nach unserer eigeshynen kulturellen Situation stellen In seinem Werk Die Stadt in der Wuumlste laumlszligt der franzoumlsische Dichshyter Antoine de Saint-Exupery einen arabischen Nomadenfuumlrsten der seinen Sohn uumlber die Erziehung und verantwortliche FOhrung des Volkes belehrt sagen Wenn ich dich also in deiner Kindheit so wie die anderen geformt habe wirst Du die gleichen Gesichter wie die Leute des Volkes entdecken die gleichen Regungen der Liebe ershyfahren und so werdet ihr verbunshyden sein Denn ich weiszlig jetzt daszlig die Liebe wiedererkennen heiszligt und daszlig dies die Erkenntnis der Gesichter bedeutet die sich durch die Dinge hindurch ablesen lassen

Die Gemeinsamkeit erster praumlshygender Lebenserfahrungen durch die Woumlrter und Begriffe der gleishychen Sprache durch gleiche Geshybete und Feste die gefeiert wershyden durch die gleichen Jahreszeishyten die gleichen FrOchte die gleishychen Tagesablaumlufe schafft eine inshynere Verbundenheit ein Sichvershystehen ein Grundempfinden von Sicherheit zwischen den Menshyschen einer Region eines Landes das den roten Faden das Ruumlckshy

grat einer lebendigen Kultur bildet Und wo die Heranwachsenden ih- rerseits wiederum ein Heim schafshyfen in dem dieses Leben von der naumlchsten Generation erfahren ershylebt wird - bei allen Veraumlnderunshygen in Einzelheiten die sich in den Jahren ergeben - da gewinnt dieshyse Kultur Stabilitaumlt vermittelt den Menschen Geborgenheit gibt ihshynen eine innere Heimat

Wer glaubt hier handele es sich um konservative Romantik um poshylitikferne Gefuumlhlsduselei der hat uumlberhaupt nicht verstanden von welch zentraler Bedeutung diese auf Heimat gruumlndende lebendige Kultur fOr die Offenheit einer Geshysellschaft gegenuumlber Fremden fuumlr Toleranz und Demokratiefaumlhigkeit ist Wir wissen heute daszlig ein Kind um so eher und um so staumlrker in der Lage ist selbstbewuszligt und neugierig auf die Welt rundherum auf die Dinge Pflanzen Tiere und Menschen zuzugehen je mehr es in seinen ersten praumlgenden Leshybensjahren Geborgenheit bedinshygungslose Liebe Sicherheit erfahshyren hat Groszligzuumlgigkeit Angstfreishyheit die Faumlhigkeit sich hinzugeshyben im Engagement zu lieben hashyben hier ihre Wurzeln Koumlnnte es nicht sein daszlig die Krise unserer eigenen Kultur die Unsicherheit und Fremdheit der Menschen in den europaumlischen Gesellschaften untereinander angesichts des Vershyfalls gemeinsamer Lebenserfahshyrungen gemeinsamer Werte anshygesichts des Fehlens von Geborshygenheit und wirklicher Heimat weshy

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sentliche Ursachen fOr die Angst und Aggressivitaumlt vieler Menschen gegenOber den Fremden den Ausshylaumlndern sind Vor allem wenn man bei diesen Auslaumlndern gerashydezu riechen kann daszlig sie sicher sind geborgen in einer lebendishygen uns fremden Kultur daszlig sie - im Gegensatz zu unserer inshyneren Heimatlosigkeit - ihre Heishymat in sich tragen (und sofort um sich herum verbreiten in ihren Wohnungen bei ihren Festen in ihren Wohnvierteln)

Da wo Heimat nicht mehr als Geborgenheit im Alltag erlebbar ist wo die Selbstverstaumlndlichkeit der Teilnahme an einer lebendishygen oft nicht zuletzt auch durch einen einheitlichen Sprachraum definierten Kultur fehlt erhalten die abstrakten Begriffe Nation und Volk losgeloumlst von der Realitaumlt des Lebens eine fast magische Bedeutung und stroumlmen in dieses Vakuum ein ohne doch die Sehnshysucht der Menschen nach Heimat und Sicherheit stillen zu koumlnnen Und das vermehrt auf tragische Weise die Gefahren die sich aus unserer kulturellen Krise ergeben

Irrwege der Auslaumlnderpolitik

Doch was ergibt sich aus alldem fuumlr unsere Realitaumlt einer Gesellshyschaft mit Menschen aus vielen Kulturen Was ist zu tun Wie solshylen wir mit dieser Realitaumlt umgeshyhen wie sie gestalten

Sehen wir uns zunaumlchst einmal an wie es nicht geht Als wenn

Auftrag 201

die Zerstoumlrung des Oumllbaumes gleichbedeutend mit der Liebe zur Zeder waumlre schreibt Saint-Exushypery in seiner Stadt in der WOshyste Die Unterdruumlckung die geshysellschaftliche oder politischshyrechtliche Diskriminierung des eishygenstaumlndigen kulturellen Lebens der Auslaumlnder die unter uns leben ist kein Mittel um die Lebendigshykeit und Orientierunskraft unserer eigenen Kultur fuumlr die Menschen in unserem Land zu foumlrdern oder zu schuumltzen Im Gegenteil Bei geshy

nauerem Hinsehen erkennen wir daszlig das Bild des Baumes das den Oumllbaum mit der Zeder verbindet auch in der Zeder schweren Schashyden erleidet wenn wir - um sie zu schOtzen - den Oumllbaum zerstoumlren wollten Die Unterdruumlckung des kulturellen Lebens von Menschen ist Unterdruumlckung ihrer Person denn ihre Kultur ist unverzichtbashyrer Bestandteil ihres Seins und wie koumlnnten wir noch an die Guumllshytigkeit der grundlegenden Werte unserer eigenen Kultur glauben shydie Wuumlrde der menschlichen Pershyson seine Freiheit sein Recht auf Entfaltung - wenn wir im Zusamshymentreffen mit Menschen anderer Kultur dagegen verstieszligen Folge waumlre eine immer heillosere Zerstoumlshyrung unserer auf dem christlichshyhumanistischen Verstaumlndnis vom Menschen gruumlndenden Kultur uno serer Sinn- und Weltorientierung die wir zu schuumltzen vorgeben durch offensichtliche Unglaubwuumlrshydigkeit Als weitere Alternative wird die Abgrenzung gehandelt

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vor allem in der Asyl- und Fluumlchtshylingspolitik Lassen wir noch einshymal Saint-Exupery zu Wort komshymen Ich entsinne mich was mit den 3000 Fluumlchtlingen aus der Bershyberei geschah als sie mein Vater in einem Lager noumlrdlich der Stadt unterbrachte Er wollte nicht daszlig sie sich mit den Unseren vermischshyten Da er guumltig war speiste er sie und versah sie mit Stoffen mit Zucker und Tee Als Entgelt fuumlr seishyne groszligmuumltige Gabe verlangte er jedoch keine Arbeit von ihnen Wer haumltte sie aber fuumlr gluumlcklich halten koumlnnen Sieh nur sagte mein Vater sie werden zu Vieh und beginnen sachte zu faulen Nicht in ihrem Fleisch aber in ihshyren Herzen Denn alles verlor fuumlr sie seinen Sinn

Treffender als in diesem vor eishynem halben Jahrhundert skizziershyten Bild laumlszligt sich die Art und Weishyse wie wir in vielen Laumlndern Euroshypas mit Asylbewerbern und den sogenannten De-facto-Fluumlchtlinshygen umgehen kaum beschreiben Die Sache hat ja ihre eigene Logik Ein unverbundenes Nebeneinanshyder verschiedener Kulturen ist in unserer dichtbesiedelten kompleshyxen hochgradig arbeitsteiligen Gesellschaft ja gar nicht mehr moumlglich wenn ich den Auslaumlndern einen klaren rechtlichen Status volle Bewegungsfreieit innerhalb unseres Staatsgebietes und Arshybeitserlaubnis zugestehe Die rasche Vermischung ist dann unshyvermeidbar - was nicht heiszligt daszlig nicht Unterschiede - Religion

Traditionen Lebensweise - bei Kerngruppen der Zuwanderer uumlber Generationen hinweg bestehen bleiben koumlnnen aber zwischen ihshynen und der eingesessenen Bevoumllshykerung bilden sich immer breitere Bruumlcken

Abgrenzung erfordert Diskrimishynierung deren Folge aber - gerashyde wo es um Arbeit geht - ist kulshyturelle Zerstoumlrung eine Erfahrung von der bei uns nicht mit Arbeitsshyverboten belegte Fluumlchtlinge sonshydern auch die bei der Arbeitsaufshynahme diskriminierten Auslaumlnder aus N icht-EG-Staaten betroffen sind Abgrenzung heiszligt in unserer Gesellschaft notwendige Zerstoumlshyrung der fremden Kulturen friedlishyches Zusammenleben aber erforshydert vor allem die nicht diskrimishynierte Integration der Auslaumlnder in das Arbeitsleben Wer auf das Fakshytum des Zusammenlebens von Menschen verschiedener Kulturen in unserer Gesellschaft mit Abshygrenzung und Diskriminierung reashygiert der legt einen Sprengsatz an unsere gesamte Gesellschaft Auslaumlnder die erlebt werden als nicht integrierte auf Kosten der Steuerzahler herumlungernde Schmarotzer als verzweifelte Unshyderdogs gefangen im Dreieck von psychischem Verfall Kriminalitaumlt und Aggression werden zu Recht von der Bevoumllkerung als Bedroshyhung empfunden und stellen den idealen Naumlhrboden fuumlr rechtsexshytreme Wahlerfolge dar

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Kulturelle Erneuerung

Aber heiszligt nicht Integration und daraus folgend Vermischung tatshysaumlchliche Bedrohung des gewachshysenen Bestandes unserer Kultur So fragen manche Tatsaumlchlich ist die Frage einer Behauptung von Werten Traditionen und Lebensshyweisen aber nicht nur eine Frage von Quantitaumlten Auch die Diskusshysion uumlber Mehrheitskultur und Minderheiten-Kulturen ist - im Hinblick auf das politische Hanshydeln - unergiebig In dem Maszlige wie sich Elemente unserer Kultur als lebendig erweisen - Sprache Wertvorstellung Lebensweishysen - werden sie Ober die Geshynerationen hinweg auch die Zugeshywanderten praumlgen Wo aber nichts mehr ist da gibt es auch nichts zu schuumltzen und hier koumlnnen wir gluumlcklich sein wenn kulturelle Einshyfluumlsse der Auslaumlnder bei uns wirkshysam werden das Vakuum fOlien denn der einzelne Mensch der nach Orientierung nach Lebensshyformen nach Lebenssinn sucht wird kaum danach fragen ob das worin er dies findet einen deutshyschen franzoumlsischen italienishyschen oder asiatischen Stammshybaum hat

Doch machen wir uns keine illushysionen Gerade weil unsere Kultur in der Krise steckt ihre Bindungsshykraft stark abgeschwaumlcht ist weil ausufernder abstrakter Nationalisshymus im Vakuum innerer Heimatshylosigkeit gedeiht ist die Gefahr der intoleranten der aus Angst ge-

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borenen aggressiven und irratioshynalen Reaktion auf das Faktum unshyserer Gesellschaft mit Menschen aus verschiedenen Kulturen nicht gering Wenn dies aber bestimshymend wuumlrde kaumlmen wir in ein ausshysichtsloses Dilemma an dessen Ende Nihilismus und Unfreiheit stuumlnden

Doch machen wir uns keine illushysionen Gerade weil unsere KUltur in der Krise steckt ihre Bindungsshykraft stark abgeschwaumlcht ist weil ausufernder abstrakter Nationalisshymus im Vakuum innerer Heimatshylosigkeit gedeiht ist die Gefahr der intoleranten der aus Angst geshyborenen aggressiven und irratioshynalen Reaktion auf das Faktum uno serer Gesellschaft mit Menschen aus verschiedenen Kulturen nicht gering Wenn dies aber bestimshymend wuumlrde kaumlmen wir in ein ausshysichtsloses Dilemma an dessen Ende Nihilismus und Unfreiheit stuumlnden

Groszlig sind deshalb die Aufgashyben die vor uns stehen und groszlig ist unsere Verantwortung - Wir muumlssen den weiteren Zushy

zug von Menschen aus fremshyden Kulturen in unser Land beshyhutsam steuern um in der preshykaumlren Stimmungslage in der sich ein groszliger Teil unserer desorientierten Bevoumllkerung befindet die Menschen nicht zu uumlberfordern Eine groszligzuumlgishyge Aufnahme verfolgter Fluumlchtshylinge und die Aufnahme enger Familienangehoumlriger von hier lebenden Auslaumlndern sind zur

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Zeit neben der Offenheit innershyhalb der Europaumlischen Geshymeinschaft und der Zuwandeshyrung der Aussiedler das einzishyge was moumlglich ist auch wenn wir bald wieder Zuwanderung brauchen werden

- Wir muumlssen alle Anstrengunshygen darauf richten durch eine auf die Entfaltung und lnshypflichtnahme der einzelnen Person geriChtete Politik (Fashymilie und Wohnen Bildung und soziales Handen humane Arshybeit und verantwortliches Wirtshyschaften) allmaumlhlich die Chanshycen der Menschen wieder zu verbessern zu Geborgenheit Heimat und damit Selbstsishycherheit und Offenheit zu finshyden Denn nur wenn wir uns selbst in unseren Gesellschafshyten wieder zu Hause fuumlhlen und unsere Heimat mit kritishyscher engagierter Liebe sehen und gestalten werden wir faumlshyhig die Chancen der Begegshynung mit Menschen aus andeshyren Kulturen in unseren eigeshynen Laumlndern zu nutzen

Ohne ein Mindestmaszlig an soziashylem Konsens werden wir in unseshyrer Gesellschaft der kulturellen Vielfalt in naher Zukunft unfaumlhig zum Zusammenleben wird unser Staat unregierbar Doch dieses Mishynimum an Uumlbereinstimmung zwishyschen den Menschen unterschiedshylicher kultureller Herkunft und unshyterschied I icher Wertvorstell u ngen ist nur erreichbar wenn es gelingt alle Minderheiten ohne Diskrimishy

nierung in die gesellschaftliche Diskussion und die politische Meishynungsbildung einzubeziehen Ich erkenne nur eine einzige Ordnung an sagt Saint-Exupery Meine Ordnung besteht in der allgemeishynen Zusammenarbeit die sich mit Hilfe eines jeden einzelnen vollshyzieht und er faumlhrt fort Zwinge sie zusammen einen Turm zu baushyen so wirst Du sie in Bruumlder vershywandeln Willst Du jedoch daszlig sie sich hassen so wirf ihnen Korn vor Denn eine Kultur besteht aus dem was von den Menschen gefordert wird und nicht aus dem was sie geliefert erhalten

Zusammenfassend ist zu sagen Eine Welt der Heimatlosigkeit der Massenwanderung und Entwurzeshylung von Menschen ist politisch voumlllig unsteuerbar und wird untershygehen Sie ist auch unmenschlich denn der Mensch traumlgt in seinem Herzen die Sehnsucht nach Heishymat nach Vertrautheit und Kontishynuitaumlt Aber wenn Menschen ihre Heimat verlassen weil das Leben dort nicht mehr moumlglich ist dann helfen in unserer einsgewordenen Welt auch politische Grenzen nicht mehr dann helfen Polizei Gesetz und Militaumlr nicht mehr weishyter Wer vor dem Nichts flieht hat auch vor der Drohung mit Gefaumlngshynis mit Abschiebung oder Tod keishyne Angst Nur wenn wir erreichen daszlig die Menschen in ihren Laumlnshydern und in ihren angestammten Kulturen wieder uumlberleben und Heimat finden dann koumlnnen wir hoffen daszlig die Wanderungsbeweshy

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gungen auf Groumlszligenordnungen beshyschraumlnkt bleiben die verkraftbar sind und die den wohlhabenden Gesellschaften auch helfen nicht zu erstarren

Peter Koumlppinger

(aus Caritas Heft 21992)

Zur Festigung des Friedens beitragen

Vor Teilnehmern interkonfessioshyneller Militaumlrseelsorger Europas hielt Papst Johannes Paul 11 am 6 Februar in Nordamerika eine Rede Hier ein Auszug

Liebe Militaumlrseelsorger Ihr vershytretet viele Religionsgemeinschafshy

ten und ich begruumlszlige euch mit den Worten des Apostels Paulus Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater (KoI12)

Unsere Begegnung gibt mir Zushyversicht und Hoffnung weil ich die Pastoral arbeit unter den Soldaten immer als einen wichtigen Aufgashybenbereich angesehen habe

Eure Konferenz die sich zum dritten Mal trifft gibt mir nach dem vielversprechenden Beginn in Stuttgart und der zweiten Zusamshymenkunft in Luumlbeck die Gelegenshyheit nochmals meine lebendige Wertschaumltzung fuumlr die wichtige seelsorgliche Arbeit auszudrOkshyken die ihr unter dem Militaumlr und deren Familien leistet

Mit einem Blick auf die Liste der dreiundzwanzig Nationen die in

Auftrag 201

dieser Konferenz vertreten sind stelle ich mit Freude fest daszlig die Anwesenheit der Militaumlrseelsorger sich in den Laumlndern Mittel- und Osteuropas aUSbreitet

In der christlichen Welt gab es immer eine beachtliche Tradition der Militaumlrseelsorge fuumlr das Mitishytaumlrpersonal Der Respekt und die Achtung der katholischen Kirche fuumlr die Militaumlrdienstleistenden ist klar in den Worten des zweiten Vashytikanischen Konzils in der Pastoshyralkonstitution Gaudium et spes ausgedruumlckt Dort lesen wir Wer aber als Soldat im Dienst des Vashyterlandes steht soll sich als Dieshyner der Sicherheit und Freiheit der Voumllker betrachten Er traumlgt durch die rechte Ausuumlbung seines Dienshystes wahrhaft zur Festigung des Friedens bei (GS 79)

Die Apostolische Konstitution Spirituali militum curae vom 21 April 1986 die Taumltigkeiten der Kirshyche in diesem Bereich regelt stellt Militaumlrordinariate den Teilkirchen oder Dioumlzesen gleich und vershygleicht den geistlichen Beistand den die Seelsorger in den Kasershynen Lagern Militaumlrschulen und -akademien geben mit der in Pfarshyreien geleisteten Arbeit

Eurer pastoralen Sorge ist eine groszlige Zahl junger Menschen anshyvertraut und auch eine groszlige Zahl dienstleistender Maumlnner und Fraushyen die in ihren Laumlndern als Huumlter der Souveraumlnitaumlt und wo es notshywendig ist der internationalen Ordnung und des Friedens selbst dienen

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Als Seelsorger seid ihr euch der Bedeutung des Wortes Gottes in der Formung der menschlichen Gewissen und Herzen bewuszligt und in der Anleitung zu Gedanken des Friedens und zum richtigen Geshybrauch der Freiheit

Auf dem fruchtbaren Boden der Freiheit des Gewissens muumlszligt ihr uumlberreich saumlen so daszlig in dem milishytaumlrischen Bereich die Personen auf eine Weise handeln die tiefe Ehrfurcht vor Gott widerspiegelt und folglich unverbruumlchlichen Reshyspekt fuumlr die Wuumlrde und die Rechshyte anderer Personen

Der gegenwaumlrtige Moment der Geschichte stellt eine besondere Herausforderung fuumlr die Militaumlrshyseelsorger dar

Vor euch liegt die Aufgabe anmiddot dere in menschlichen und geistshylichen Werten zu erziehen und ihmiddot nen zu helfen Ethik uumlber Technoshylogie zu stellen Maumlszligigung uumlber Leidenschaft den Sinn fuumlr Geshyrechtigkeit und Bruumlderlichkeit uumlber Haszlig und Unterdruumlckung

Frieden ist ein wertvolles und zerbrechliches Gut das Gott dem Menschen seinem Gewissen und seinem Verstand anvertraut

Fuumlr euch ergeben sich daraus zwei notwendige Pflichten Die ershyste ist die Pflicht durch die Gewismiddot sensbildung eine authentische Sehnsucht nach Frieden zu naumlhshyren Die zweite Pflicht ist unablaumlsshysig fuumlr den Frieden zu beten daszlig Gott dieses Geschenk den Menshyschen unserer Zeit gewaumlhren moumlge

Bei unzaumlhligen Gelegenheiten habe ich oumlffentlich fOr den Frieden gebetet und zum Friedensgebet aufgerufen in juumlngster Zeit waumlhshyrend des Golfkrieges und des Konshyflikts in Jugoslawien Fuumlr Gott ist nichts unmoumlglich (Lk 1 37) Wenn menschliche Anstrengungen zu scheitern scheinen kann die Kraft des Geistes Gottes tief in den Hershyzen der Menschen wirken Haszlig ausloumlschen und Liebe entflamshymen

Frieden kann manchmal unermiddot reichbar erscheinen aber wir sind aufgerufen ihn allzeit zu ersehnen im Vertrauen auf Gottes Verheishyszligung Betet deshalb denn damit werdet ihr den groumlszligten Dienst an den Menschen leisten die eurer seelsorglichen Aufgabe anvertraut sind die Menschen die an der Front stehen wenn das friedliche Zusammenleben zerstoumlrt wird und Krieg ausbricht

Liebe Seelsorger sowohl im Krieg als auch im Frieden seid imshymer und nur Hirten der Seelen Seid denen nahe die euch anvermiddot traut sind Helft ihnen mit eurem Gebet und ermahnt sie mit Groszligshyherzigkeit die ihnen anvertraute Aufgabe zu erfuumlllen und gegebeshynenfalls mit dem Opfer ihres Leshybens zu gewaumlhrleisten daszlig die anmiddot deren in Sicherheit und Frieden lemiddot ben

(aus LOsservatore Romano vom 14292 nach Kompaszlig Nr6 v 6392)

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Pax europaea Uumlber vier Jahrzehnte lang hat

der amerikanische Atomschirm shydie pax americana - uns Euroshypaumler vor jedem Krieg geschuumltzt Da schon jeder Uumlbergriff etwa in BershyUn den Dritten Weltkrieg haumltte ausloumlsen koumlnnen durfte es auch solche Konflikte nicht geben Nun aber hat sich durch den Wegfall der Ost-West-Konfrontation die politische Welt radikal veraumlndert und das heiszligt wie Peter Glotz richshytig bemerkt Kleine Kriege sind wieder moumlglich Sie sind nicht nur moumlglich sie sind in Suumldslawien bereits ausgebrochen Man kann die heutige Situation kaum besser beschreiben als dies atto von Habsburg kuumlrzlich getan hat Wer haumltte schon in den herrlichen Tashygen des Jahres 1989 als eine Zwingburg nach der anderen fiel gedacht daszlig wir nur zwei Jahre spaumlter auf europaumlischem Boden Verbrechen und ein Genozid erleshyben muumlssen das uns an Hitler Stalin und Pol Pot erinnert noch dazu begleitet vom mitschuldigen Schweigen jener die nicht genug hervorheben koumlnnten daszlig die Greuel der Vergangenheit nie wieshyderkehren duumlrften (siehe deutmiddot sehe Tagespost vom 8101991)

Die Tatsache der wir jetzt ins Auge schauen muumlssen ist daszlig wir auf den Sturz der Mauern auf die Freiheit nicht vorbereitet washyren - nicht in Europa und schon gar nicht in DeutSChland das noch 1987 einen Honecker in Bonn mit

Auftrag 201

Ehren und Fanfaren empfangen hat

Nun stehen wir im wahrsten Sinne hilflos vor dem groszligsershybisch-kommunistischen Aggresshysionskrieg gegen das tapfere aber wehrlose kroatische Volk Alle Sitshyzungen Erklaumlrungen und Hoffshynungen christlicher Gremien helshyfen da ja gar nichts verschleiern nicht einmal die Verhoumlhnung Eushyropas (Erich Laumlufer)

In dieser Situation sollten wir uns auf das zweite Vatikanische Konzil besinnen das schon vor eishynem Vierteljahrhundert zur absolushyten Aumlchtung des Krieges die Einshysetzung einer Autoritaumlt gefordert hat die uumlber wirksame Macht vershyfuumlgt um fuumlr alle Sicherheit Wahshyrung der Gerechtigkeit und Achshytung der Rechte zu gewaumlhrleisten (Gaudium et spes 82)

Wie diese wirksame Macht nun aufgebaut werden soll ob

Frisch amp Fromm Oie Katholische Presse gibt erfrischend

andere Antworten auf aktuelle Zei1frageo Ihr Fundoment ist und bleibt der christliche Glaube

Und der ist uumlberraschend vielseitig Uumlberzeugen Sie sich selbst doyon

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93 Auftrag 201

deutsch-franzoumlsisch oder als EGshyoder Nato-Variante ist Sache der Politiker zu entscheiden Daszlig sie so schnell wie moumlglich kommen sollte ist ein eminent christliches Anliegen sollen wir in unserer beshyquemen Fernsehsesselposition nicht mitschuldig werden an Mord und Vertreibung Fuumlr die Gewaumlhrshyleistung dieser pax europaea sind wir aber nun selbst verantshywortlich - und werden wir Deutshysche uns da aus welchen Gruumlnden auch immer aus der Gemeinshyschaft der dafuumlr verantwortlichen VOumllker heraushalten koumlnnen

Ihr Bischof + Johannes (aus NIMM Nr 36 vom 71191 geshykuumlrzt durch Red)

Neuevangelisierung Europas Gemeinsam schaffen wirs

Die Aufgabe ist groszlig Wir alle sind gefordert - Priester wie Laishyen Christen jeder Konfession Bishyschof Dr Josef Homeyer schildert seine Eindruumlcke von der Bischofsshysynode Hier Auszage aus seinem Schreiben an die in der Seelsorge Taumltigen in seinem Bistum Hildesshyheim

Die wichtigsten Erfahrungen

Der Osten hat mehr und tiefer gelitten als wir erahnen

Persoumlnlich habe ich bis zu dieshyser Synode meine Meinung uumlber das Leben der Kirche in den Laumlnshydern Mittel- und Osteuropas waumlhshyrend der letzten 40 Jahre vor allem von den Erfahrungen in Polen geshybildet Es mag mit meiner fruumlheren Taumltigkeit als Sekretaumlr unserer Bishyschofskonferenz zusammenhaumlnshygen in dieser Zeit habe ich zwar jeshydes Jahr fast alle erreichbaren Laumlnder in Mittel- und Osteuropa besucht vor allem aber um vieles haumlufiger Polen nicht zuletzt weshygen unserer Versoumlhnungsbemuumlshyhungen Auf dieser Synode erst ist mir ploumltzlich deutlich geworden daszlig die Geschichte der Kirche in Polen waumlhrend der letzten 40 Jahshyre voumlllig exzeptionell ist im Geshysamt der Laumlnder Mittel- und Osteushyropas Wer Polen kennt versteht noch laumlngst nicht was sich in den uumlbrigen Laumlndern Mittel- und Osteushyropas ereignet hat

Die Berichte der Bischoumlfe aus der Tschechoslowakei aus Unshygarn Rumaumlnien vor allem aber aus den baltischen Laumlndern bis zur Ukraine und den uumlbrigen Laumlndern der Sowjetunion waren erschuumltshyternd und ich vermag sie nicht annaumlhernd wiederzugeben Es ist darum gebeten worden diese Beshyrichte in einer eigenen Publikation herauszugeben Manchen Bischoumlshyfe waren nicht imstande ihre Ershylebnisse zu berichten Es vershyschlaumlgt einem den Atem wenn etwa ein Bischof aus der Ukraine von den drei Phasen der Verfolshygung der Kirche in der Ukraine beshy

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richtet und von der zweiten Phase sagt er koumlnne daruumlber wenig sashygen da er in dieser Zeit 10 Jahre im Gefaumlngnis verbracht habe Was hinter diesem einen Satz stand konnte man aufgrund der anderen Berichte erahnen

Immer wieder wurde in diesen Berichten deutlich Ich habe schreckliche Angst gehabt bis ich dann eines Tages vor Gericht stand Eine Sicherung nach der anshyderen wurde mir genommen Schlieszliglich war ich nach vielen Folterungen Qualen und inneren Noumlten allein und verzweifelt Aber immer deutlicher erahnte ich was mit Jesus Christus wirklich war und wer Gott ist Ihn habe ich erst dann verstanden Gluumlck kam in mir auf und eine ungeahnte Sichershyheit keineswegs allein zu sein Unshyfaszligbare Kraft erfOllte mich die Welt wurde fuumlr mich anders licht Ich konnte den konkreten leidenshyden Mensch ernst nehmen mittrashygen Es ist schlimm erst in diesem Laumluterungsprozeszlig habe ich Gott erfahren und begriffen welche Freiheit er schenkt und was Freishyheit ist

Einer schloszlig seinen schockieshyrenden Bericht Aber Bruumlder vershysteht mich nur nicht falsch ich bin wahrhaft kein Heiliger Aber ich wollte nur sagen Die Verfolgung ist eine Gabe Gottes man lernt dann beten

Immer wieder verwahrten sich Bischoumlfe aus dem Osten sie als Helden und Heilige zu bezeichnen Es habe gewiszlig solche gegeben

Auftrag 201

aber viel mehr Schwaumlche Einer beshyrichtete Wenn ich an meine Geshyspraumlche denke mit den zwei Polizishysten Ich war allein und hatte furchtbare Angst Was ich dort geshysagt habe und was ich nicht geshysagt habe - ich muszlig jeden Tag daran denken und schaumlme mich zutiefst

Wie ein Grundakkord durchzog viele Berichte Der Kommunismus ist vorerst gefallen aber seine schrecklichen Wunden sind noch da werden noch lange da sein Nicht nur daszlig wir keine Kirchen haben und sehr haumlufig im Freien bei Wind und Wetter den Gottesshydienst feiern muumlssen nicht nur daszlig wir einfach keine Raumlume und Mittel haben Menschen zu vershysammeln viele Menschen selbst sind einfach kaputt in ihrem Menschsein verwundet es gibt keine GrundOberzeugungen mehr alle Substrukturen in unserer Geshysellschaft sind zerstoumlrt viele sind desorientiert nicht wenige haben wirklich auf den Kommunismus gesetzt und von ihm gelebt nun stehen sie vor einer schrecklichen Leere unsere ganze Situation ist aumluszligerst zerbrechlich eine Uumlbershywindung dieser Lage ist kaum in Sicht das kann zu autoritaumlren und freiheitsfeindlichen Entwicklunmiddot gen fuumlhren hoffentlich nicht wieshyder zum Kommunismus die Geshyfahr ist jedenfalls noch laumlngst nicht gebannt

Andererseits gibt es in vielen der genannten Laumlnder schon eine staumlrkere Hinwendung zur Kirche

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Nicht nur in Ruszligland und in der Ukraine wo von 100 bis 200 Ershywachsenentaufen in jeder Kirche an jedem Sonntag berichtet wird sondern etwa auch in Ungarn wo die Zahl der Gottesdienstbesucher wie auch die Zahl der Anmeldunshygen der Priesteramtskandidaten sich verdoppelt hat

Uumlbrigens hat es mich persoumlnlich in den ersten Berichten aus dem Osten ein wenig irritiert mit weishychem Nachdruck diese dem Papst und seinen Vorgaumlngern fuumlr ihren Dienst und ihr Zeugnis waumlhrend der letzten Jahrzehnte dankten Bald wurde folgendes deutlich Das Wissen um die Weltkriche fOr die der Papst als erster Zeuge Jesu Christi steht hat vielen Chrishysten in den Laumlndern Mittel- und Osteuropas offensichtlich ungeshyheure Kraft zum Widerstand und zum Ertragen und Durchhalten vershymittelt Dies sei ihnen gerade in der Begegnung mit den Christen anderer Kirchen deutlich geworshyden

Insgesamt waren die Berichte der Bruumlder aus dem Osten tiefe Zeugnisse elementarer authentishyscher religioumlser Erfahrungen Solshyche Zeugnisse die wir dort erfahshyren durften uumlberzeugen machen einen still verbinden und schaffen eine neue Realitaumlt

Was die Kirche des Westens in das neue Europa einzubringen hat

Gewiszlig waren wir aus dem Weshysten ob solcher Berichte zunehshy

mend kleinlaut und nicht wenig beshyschaumlmt Es waren dann die Bruumlder aus dem Osten die uns nach entshysprechenden Aumluszligerungen dieser Art unsererseits fast erregt sagshyten Houmlrt auf euren Wohlstand und auch eure religioumlse Situation madig zu machen Was ihr in den letzten 100 Jahren und in den letzshyten 40 Jahren heruumlbergebracht habt ist fuumlr uns ermutigend und gibt uns Hoffnung Euer Wohshystand birgt sicher auch Gefahren aber er ist doch zunaumlchst ein Geshyschenk und nicht zuletzt die Frucht der geistigen Entwicklung der letzten 100 Jahre Die Freiheitsbewegung seit der Aufklaumlrung hat sich aber weitshyhin - aufgrund vieler Miszligvershystaumlndnisse auf allen Seiten - geshygen das Christentum durchsetzen muumlssen aber war doch zutiefst vom Evangelium inspiriert und hat hoffnungsvolle Entwicklungen einshygeleitet das Wachwerden der Subjektivitaumlt und Freiheit des Menschen des einzelnen hat die Menschenrechte klarer erkennen lassen und ihnen zum Durchbruch verholfen zur Entwicklung von Wissenschaft und Technik und schlieszliglich zur Wirtschaft gefOhrt zur Demokratie usw usw

Das 11 Vatikanische Konzil hat diese Subjektivitaumlt der geistigen Entwicklung der letzten 100 Jahre zum Ausgangspunkt genommen das Evangelium und die Tradition neu zu lesen und zur Wiederentshydeckung der urchristlichen Comshymunio-Eccesia gefuumlhrt in der jeshy

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der einzelne Getaufte und Gefirmshyte auch als Gesandter verstanden und ernst genommen wird Ihr habt im Westen von daher die Bibelbeshywegung die liturgische Bewegung usw aufgegriffen von einem neushyen Verstaumlndnis von Kirche und Geshymeinde her der neue Zugang so vieler einzelner zum Wort Gottes die Entfaltung der verschiedenen Dienste in der Liturgie die Mitarshybeit so vieler Laien in der Gemeinshyde und in der Gesellschaft die Beshyreitschaft so vieler mit der Kirche in der Dritten Welt zu teilen

Gewiszlig gibt es bei euch auch Schattenseiten Irritationen unshyschwer verstaumlndliche Verluste (Anshybetung Buszligsakrament) auch Trennung der Spreu vom Weizen usw aber es gibt doch die Sehnmiddot sucht nach religioumlser Vertiefung nach einer neuen Art KircheGeshymeinde zu sein Das alles ist fOr uns im Osten ermutigend wir moumlchten von euch lernen mit euch teilen

So ging nach meinem Empfinshyden ein immer tieferes Ahnen durch die ganze Synode Wir hashyben tatsaumlchlich einander viel zu sagen und mitzuteilen unsere sehr unterschiedlichen Erfahrunshygen sollten wir austauschen und wirklich dabei voneinander lernen Wir muumlssen auf neue Art Kirche sein Immer haumlufiger fiel die Forshymel daszlig diese neue Art Kirche zu sein heiszligen muumlsse Freiheit in Gemeinschaft Freiheit zu der Christus uns befreit hat die uns befaumlhigt zur Gemeinschaft befaumlshy

higt anders naumlmlich solidashyrisch miteinander umzugehen in der Gemeinde im Bistum im Land in Europa und vor allem auch daruumlber hinaus Aber das alshyles muszlig mit einer Umkehr von uns selbst beginnen

(aus Mann in der Kirche Febr 1992)

Offenheit VershyStaumltldtlis Dialog und Kooperation Familienpolitische Thesen fuumlr Europa

Vom 10 bis 14 Dezember 1991 veranstaltete die Arbeitsgemeinshyschaft der katholischen Familienshyorganisationen in Europa unter Feshyderfuumlhrung des Familienbundes der Deutschen Katholiken eine Fachkonferenz zum Thema Euroshypa - Aufgabe und Verantwortung fOr Familienorganisationen Die Vertreter von katholischen Famishylienorganisationen aus 14 Staaten Europas beschaumlftigten sich zum einen mit Ansaumltzen einer europaumlishyschen Familienpolitik zum andeshyren mit dem Engagement der kashytholisChen Verbaumlnde beim Internashytionalen Jahr der Familie

Zur Einfuumlhrung in die Thematik stellte Mill Majerus vom Ministere de la Familie et de la SOlidarite Luxembourg nachfolgende famimiddot

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lienpolitische Thesen fuumlr Europa vor die von den Praumlsidenten und anderen Repraumlsentanten der kashytholischen Familienorganisatioshynen als Leitlinien fuumlr ein kuumlnftiges Engagement in Europa begruumlszligt wurden

Wir tun uns schwer mit der Definishytion von Familie

Wir erleben heute eine veraumlndershyte Familie in einem gewandelten Umfeld Vielfach tun wir uns schwer dabei den Begriff Famillie in einer fuumlr unsere Zeit gOltigen und konsensfaumllhigen Art abzugrenshyzen

Der diesbezuumlgliche Versuch eishyner Arbeitsgruppe des Katholishyschen Akademikervereins in Lushyxemburg schlug fehl Es gelang nicht in einer fOr alle annehmbashyren Formel gleichzeitig Ideal und Wirklichkeit zu erfassen der Vielmiddot falt der gelebten Modelle gerecht zu werden die Unterschiedlichkeit der sukzessiven Phasen im Eheshyund Familienzyklus auszudruumlcken Aus Angst davor der Beliebigkeit das Wort zu reden warenmiddot manche Vorschlaumlge sehr restriktiv der Wunsch real gelebte Familien nicht auszusondern fuumlhrte zu Forshymulierungen die Familie zum letztlich aussagelosen Allershyweltskonzept werden lieszligen

Das Verstaumlndnis von Familie ist nach den Worten von Max Wingen Voraussetzung und Ergebnis zushygleich der Familienpolitik Insoshyfern bleibt die Frage nach den konshy

stitutiven Elementen der Familie relevant In dem gesellschaftlishychen Kontext einer unleugbaren Entkoppelung von Ehe und Familie scheinen mir folgende fuumlnf Komshyponenten wichtig - Gruppe von Menschen mit enshy

gen affektiven Banden die moumlglicherweise miteinander verwandt verheiratet oder vershyschwaumlgert sind

- Anwesenheit von wengistens zwei Generationen (Eltern und Kinder)

- Wohn- Lebens- und Solidargeshymeinschaft gemeinsames Wirtschaften und gegenseitige personale Verantwortung (mit den Worten von Max Wingen)

- gemeinsame Rituale (Gestalshytung des Alltags Kommunikashytion Spiele Feste feiern Glaushybe)

- gemeinschaftliche Ausrichshytung der Kontakte mit der Aushyszligenwelt

Das Konzept Familie muszlig inhaltshylich aufgefuumlllt werden

Oft steht der Begriff Familie fOr ein verschwommenes Zerrbild von Waumlrme und Gluumlck - die Familie als Zufluchtsideal vor der rauhen Alltagsrealitaumlt In wissenschaftlishychen Diskursen steht vor allem die auseinandergebrochene Familie als Ursache menschlichen Leids und Versagens hoch im Kurs Im uumlbrigen aber ist Familie - besonshyders im Bereich der Politik - vieshylen eher suspekt Das Engagement

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fuumlr Familie gilt oft als ideologishysche Restaurationstendenz konshyservativer Elemente die den geshysellschaftlichen Wandel beharrshylich zu ignorieren versuchen Auszligerdem ist die Frage berechtigt inwiefern angesichts unleugbarer Fakten Familie denn uumlberhaupt noch Perspektive habe

Mit dem Sozialethiker Professhysor Rauscher kann man bedauern daszlig auch Katholiken zu wenig uumlber die Bedeutung der Familie reshyflektiert haben Zu oft wurde die Frage nach dem Sinn der Familie buumlndig mit wohltoumlnenden Formeln beantwortet die nun viele als hohlklingende Floskeln abtun

Wer das Plaumldoyer um Schutz und Foumlrderung der Familie durch die Allgemeinheit mitfuumlhrt kommt an der Auseinandersetzung um den Wert der Familie nicht vorbei In der pluralen Gesellschaft sind konsensfaumlhige Antworten dabei gleichermaszligen unverzichtbar und schwierig

Als diskussionsanregende Arshybeitsthesen seien einige Aspekte genannt - Die Familie ist die elemenshy

tarste Versorgungszelle Nach wie vor uumlbernehmen die meishysten Familien personal und soshyzial wichtige Leistungen Sishycherung der Generationenfolshyge hauswirtschaftliche Funkshytionen Erzlehungs- und Bilshydungsauftrag Sorge um das koumlrperliche seelische und soshyziale Wohl ihrer Mitglieder

- Familie ist eine gesellschaftli-

Auftrag 201

ehe Grundzelle die sich bisshylang ihr Recht auf autonome Entwicklung und Eigendynashymik erhalten konnte In einer Gesellschaft in der immer haumlushyfiger Prozesse zentral gesteushyert werden leistet die Institushytion Familie einen wesentlishychen Beitrag zum Erhalt freishyheitlicher Grundrechte Ihr geshywissermaszligen sakral verankershytes Privileg auf Unantastbarshykeit und Narrenfreiheit macht sie zum unverzichtbaren Gegenspieler rational konzishypierter und quasi allmaumlchtiger Zentralgewalten

- Familie ist die Grundzelle des emotionalen Erlebens und praumlgt so wesentlich den Aufshybau und die Entwicklung der menschlichen Persoumlnlichkeit Dieser Aspekt bekommt um so mehr Gewicht durch den rezenshyten Wandel um Ehe und Famishylie Das Gleiten von den eher sozialen und wirtschaftliChen Funktionen hin zu emotionalen und affektiven Momenten Ehe und Familie werden zum bevorshyzugten Ort menschlicher Erfuumllshylung und GIUumlcksfindung In ihshyrer Familie erfahren Menschen Liebe Zuwendung Anerkenshynung aber auch Enttaumlushyschung Frust Leid und Einshysamkeit In der Familie lernen Menschen miteinander umzushygehen werden Partnerschaft und Kommunikation erprobt werden Rivalitaumlt und Solidarishytaumlt erlebt

Auftrag 201 99

- Familie ist die primaumlre Vermittshylerin der tradierten Kulturguumlter Dies gilt fuumlr Sitten und Braumlushyche Menschen- und Gesellshyschaftsbilder politische und philosophische Meinungen aumlsthetische und ethische Maszligshystaumlbe religioumlse Vorstellungen uvam In der pluralen Gesellshyschaft gilt nicht nur die Vershymittlungsmission der Familie in diesem Bereich Familie wird mehr und mehr auch zum Ort der Auseinandersetzung und Konfrontation der Meishynungsbildung sowie des frei eingegangenen Engagements fuumlr bestimmte Werte und Ideashyle

Der ideelle und materielle Wert des geleisteten Beitrags der Famishylien laumlszligt sich nur schwer ermesshysen In etwa greifbar wird er oft nur dort wo Familie grob versagt hat

Von der impliziten zur expliziten Familienpolitik

Max Wingen beschreibt Famishylienpolitik als das bewuszligte und planvoll ordnende zielgerichtete oumlffentliche Einwirken auf Struktur und Funktionen der Familie Bisshylang gibt es auf europaumlischer Ebeshyne bescheidende Ansaumltze zu einer strukturierten Famifienpolitik Alshylerdings haben Gemeinschaftsposhylitiken in anderen Bereichen sehr bemerkenswerte Einfluumlsse auf das Ehe- und Familienleben Dies gilt fuumlr wirtschaftliChe Fragen Geshysundheitspolitik soziale Sichershy

heit Umweltprobleme Erziehung und Arbeitsrecht Kritische Beobshyachter stellen fest keine europaumlishysche Familienpolitik sei eben auch eine Form der Familienpolishytik und fordern zu Recht eine reflektierte und systematische Handlungsweise

Wer eine Familienpolitik fuumlr Eushyropa verlangt traumlgt auch der zushynehmenden internationalen Vershynetzung der Probleme Rechnung Ein beredtes Beispiel hierfuumlr ist die FIOchtiingsfrage Das politishysche militaumlrische wirtschaftliche oder oumlkologische Geschehen in den fuumlnf Kontinenten SChafft den Kontext in dem Familien sich entshyfalten - in Europa und in jedem einzelnen Mitgliedsland Die Ershykenntnis daszlig alles in allem liege und auch umgekehrt (zynische Anmerkung eines Freundes) rechtfertigt keineswegs eine zenshytralistisch ausgerichtete Familienshypolitik Die diesbezuumlglichen Erfahshyrungen in anderen Bereichen stimshymen eher nachdenklich Auszligerdem gilt es den regional sehr untershyschiedlichen soziokultureen Trashyditionen Rechnung zu tragen Beshysonders Familienpolitik braucht unterschiedliche Entscheidungsshyund Handlungsebenen

Persoumlnliche plaumldiere ich auf EGshyEbene fuumlr ein sehr behutsames Vorgehen das eher passiv ausgeshyrichtet bleibt und sich minimale Ziele gibt - Bedeutung und Wert von Ehe

und Familie erkennen - Daten und Fakten um Ehe und

100 Auftrag 201

Familie zusammentragen und auswerten

- Gemeinschaftspolitiken auf ihre familienrelevanten Dimenshysionen hin analysieren negatishyve Auswirkungen verhindern oder kompensieren

- ehe- und familienfoumlrdernde Maszlignahmen auf nationaler reshygionaler und lokaler Ebene ohne dazu selbst Aktionsinitiashytiven zu ergreifen

- den internationalen Austausch im familien politischen Bereich foumlrdern und die Laumlnder ermutishygen den dabei gewonnenen Ershykenntnissen Rechnung zu trashygen

Organisatorische Prinzipien der Familienpolitik

Familienpolitik braucht Konzepshyte die sich an einigen grundlegenshyd~n organisatorischen Prinzipien ausrichten Die hier folgenden Ausfuumlhrungen gelten als Diskusshysionsbeitrag und erheben keinesshywegs den Anspruch auf Ausfuumlhrshylichkeit

Globale Ausrichtung

Familienpolitik darf nicht vershykuumlmmern zum Alibi Ich habe beshyreits darauf hingewiesen daszlig Entshyscheidungen Maszlignahmen oder Handlungen in sehr unterschiedlishychen Bereichen familienrelevante Aspekte beinhalten Familienpolishytik ist dementsprechend ein breitshygefaumlChertes Anliegen mit konkreshy

ten Auswirkungen in fast allen poshylitischen Entscheidungen

Systematische Vorgehensweise

Auch wenn es um spezifische Anliegen und Sorgen geht sollten die angestrebten Maszlignahmen die Gesamtheit der familialen Grundshyfunktionen im Blick haben Einseishytigkeit traumlgt zur VerkOmmerung beshystimmter Familienfunktionen bei und verkuumlrzt die Wahlmoumlglichkeishyten bei der Gestaltung des Famishylienlebens Viele sprechen hier auch vom Prinzip der Flexibilitaumlt das es zu sichern gilt

Wohl der Gemeinschaft und Freishyheit des einzelnen

Das Wohl der familialen Einheit sowie die Rechte des einzelnen auf Selbstverwirklichung sind komplementaumlre Anliegen Verantshywortung und Freiheit sind nur dort unvereinbar wo sie in extremer Einseitigkeit gefordert werden

Mehrgliedrige Traumlgerschaft

Eine dynamische und phantashysievolle Familienpolitik fuszligt auf dem Engagement sehr untershyschiedlicher Traumlger Regierungen regionale und kommunale Instanshyzen Kirchen Gewerkschaften Arshybeitgeber Medien und Verbaumlnde

Subsidiaritaumlt

Familienpolitik steht im Dienst der familialen Autonomie stuumltzt das Eigenvermoumlgen der Familien

101 Auftrag 201

und ermutigt ihre Selbstinitiativen Ein wichtiges Anliegen hierbei ist die Foumlrderung der inner- und zwishyschenfamilialen Solidaritaumlt Ohne der Willkuumlr das Wort zu reden sollshyte Familienpolitik von einem moumlgshylichst breitgefaszligten Familienkonshyzept ausgehen eine Vielfalt von fashymilialen Gestaltungsmoumlglichkeishyten gewaumlhrleisten Dies gilt beishyspielsweise bei der Frage nach der Vereinbarkeit von Familie Erzieshyhung und Beruf

Familien brauchen Freiheit und Frieden

Familienpolitik hat nur Chanshycen wenn sie eingebunden bleibt in das Bemuumlhen um Freiheit Frieshyden und Solidaritaumlt

Manche Zeichen der Zeit stimshymen sehr nachdenklich Soziale Unsicherheit wirtschaftliche Reshyzession und weitgehende Orientieshyrungslosigkeit sind mitverantwortshylich fuumlr das Zunehmen von Fremshydenhaszlig Nationalismus und Rechtsextremismus Wir muumlssen annehmen daszlig zu einem Zeitshypunkt da die kommunistischen Diktaturen definitiv zusammenbreshychen Freiheit und Demokratie leishyder keine selbstverstaumlndlichen Werte sind

Obschon unsere europaumlischen Laumlnder zu den wohlhabensten Nashytionen der Welt zaumlhlen leben in unserer Mitte Millionen armer Fashymilien (14 der Gesamtbevoumllkeshyrung) die in vielen Bereichen ausshygesondert sind Unsere komplex

gestaltete Gesellschaft stellt Anshyforderungen denen Menschen vershymehrt nicht mehr entsprechen koumlnnen

Viele Anzeichen sprachen dafuumlr daszlig die jetzigen Migrationswellen nur die Spitze eines gewaltigen Eisberges darstellen Experten geshyhen davon aus daszlig in den komshymenden Jahrzehnten riesige Fluumlchtlingsstroumlme auf unsere Laumlnshyder zukommen Bedingt sind diese durch politische militaumlrische wirtshyschaftliche und oumlkologische Gegeshybenheiten

Erkenntnisse und Prognosen die uns selbstverstaumlndlich in unseshyren politischen Entscheidungen und Aktionen fordern Dabei geishyten u a folgende Erwaumlgungen - Unsere Solidaritaumltspolitik

braucht neue Horizonte Nach den Jahrzehnten des ungeshybremsten Aufschwungs steht moumlglicherweise das Jahrhunshydert des Teilens an Das Teilen nimmt sehr unterschiedliche Formen an so unsere Bereitshyschaft houmlhere Preise fuumlr Imshyportguumlter aus armen Laumlndern zu zahlen Individuelle und nashytionale Egoismen sind dabei immer weniger vertretbar Die Probleme der Vierten und der Dritten Welt werden heute spaumltestens aber morgen geshywollt und ungewollt auch zu unseren Problemen

- Der Einsatz finanzieller und materieller Mittel ist keinesshyweg ausreichend Es geht nicht zuletzt auch um die Beshy

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reitschaft Aumlrmere und Schwaumlshychere in die gesellschaftlichen Prozesse aktiv und verantwortshylich mit einzubeziehen Wer Arme zu sozialen Almosenshyempfaumlngern macht sondert sie aus und entmOndigt sie wird mitschuldig am sozialen Unshyfrieden

- Es stellt sich auch die Frage nach der Gestaltung unserer Lebensbedingungen Orientieshyren wir uns dabei auch kOnftig am hektischen Rhythmus des technisCh Machbaren und wirtshyschaftlich Erstrebenswerten Oder sind wir endlich bereit Maszligstaumlbe anzuwenden die fashymilienfreundlich sind kindgeshymaumlszlig altengerecht umweltvershytraumlglich und menschlich zushymutbar

- Die Befuumlrchtung gilt daszlig wir insgesamt die uns gegebenen Moumlglichkeiten und Mittel ethisch nicht aufzuarbeiten vermoumlgen Als Beispiel sei hier die rasante Entwicklung im Beshyreich der Biogenetik angefuumlhrt Hierbei geht es gewiszlig um sehr viel die Wahrung fundamentashyler Rechte und Werte die in eishyner freien Gesellschaft unvershyaumluszligerlich sein sollten Es ist dringend notwendig individushyelle und kollektive Prozesse zu foumlrdern die Menschen zu beshywuszligten und verantwortlichen Entscheidungen befaumlhigen

Die Politik der Solidaritaumlt hat alshylerdings ganz eigennuumltzige Aspekshyte die in der gaumlngigen Auseinan-

Auftrag 201

dersetzung nicht selten untershyschlagen werden Das System unshyserer sozialen Sicherheit basiert auf dem sogenannten Generatioshynenvertrag Die Uumlberalterung unshyserer Bevoumllkerung hat schon laumlngst einen komplementaumlren Auslaumlndervertrag unumgaumlnglich gemacht ansonsten waumlre das jetshyzige Niveau der Sozialleistungen nicht mehr zu halten Das Statistishysche Landesamt in Luxemburg hat z B kOrzlich errechnet daszlig bei den augenblicklichen Geburtenshyquoten ein weiterer betraumlchtlicher Anstieg auslaumlndischer Arbeitnehshymer noumltig ist

Familienpolitik darf nicht zur Soshyzialpolitik verkuumlrzt werden

Familienpolitik gibt sich spezifishysche Ziele - Paare ermutigen Kinder zu hashy

ben - soziale Gerechtigkeit fuumlr die

Familien anstreben - Familien entlasten die Kinder

erziehen oder Alte Kranke Beshyhinderte und Sterbende pfleshygen

- autonome und verantworshytungsbewuszligte Entscheidungsshyprozesse bei Paaren und Eltern foumlrdern

- inner- und zwischenfamiliaumlre Sol idaritaumltsnetze staumlrken

- ein kindgerechtes und famishylienfreundliches Umfeld schafshyfen

- die Rechte der einzelnen Famishylienmitglieder schuumltzen

- Familien in besonderen Notlashy

103 Auftrag 201

gen spezifische Hilfe gewaumlhshyren

- Kinderzulagen u Familienbeishyhilfen

- Steuererleichterungen - Wohnungshilfen - familienfreundliche Staumldteplashy

nung - Erziehungsgeld fOr nicht beshy

rufstaumltige Eltern - Ausbau und M itfinanzierung

soziofamilialer Einrichtungen hervorgehoben seien Kindershytagesstaumltten Heime Ferienshydienste Familienbildungsanshygebote Beratungsstellen Konshysumentenschutz

- Foumlrderung unterschiedlicher familienfreundlicher Maszlignahshymen Freizeit Sport Spiel Kulshytur Medien Verkehr

Eines der spezifischen familienshypolitischen Anliegen soll hier beshysonders herausgestrichen werden die Anerkennung und Wuumlrdigung der Familien- Erziehungs- und Pflegearbeit Viele Humanwissenshyschaftler bestaumltigen daszlig Familie der prioritaumlre Ort der Erziehung ist Auch betonen sie immer wieder Muumltter und Vaumlter seien dabei gleishychermaszligen unverzichtbar Geronshytologen unterstreichen ihrerseits den Wunsch alter kranker oder sterbender Menschen moumlglichst lange in der vertrauten Umgebung ihrer Familie bleiben zu dOrfen Es geht mir keineswegs darum das Recht beider Eltern auf eine gesishycherte Erwerbstaumltigkeit zu hintershyfragen Doch sollte das Prinzip der freien und flexiblen Entscheidung

gewahrt bleiben Dies ist in vielen europaumlischen Laumlndern nicht gegeshyben Wer sich vorrangig in seiner Familie der Erziehungs- oder Pfleshygearbeit widmet verzichtet auf ein zusaumltzliches Einkommen hat keishyne direkten RentenansprOche finshydet gesellschaftlich kaum Anershykennung kann nur selten auf entshylastende Dienstangebote zu ruumlckshygreifen Inner- und zwischenfamishyIiale Solidaritaumlt wird so fast systeshymatisch hintertrieben Eine konseshyquente ehrliche Familienpolitik sollte auch folgende Maszlignahmen beinhalten - hauswirtschaftliche Bildungsshy

angebote fuumlr alle Familienmitshyglieder

- Ausweitung des Erziehungsshygeldes

- volle Anerkennung der Erzieshyhungs- und Pflegejahre bei der Berechnung der Rente (Beishytragsleistung durch die oumlffentshyliche Hand)

- Foumlrderung der Initiativen im Bereich der Nachbarschaftsshyhilfe

- Ausbau der Heimhilfedienste und anderer familienentlastenshyder Angebote (z B Ferienbetshyten fuumlr Pflegebeduumlrftige Spielshynachmittage)

Keine europaumlische Familienpolitik ohne die Familien

Die Verwirklichung familienpolishytischer Konzepte auf EG-Ebene braucht die Kooperation engagiershyter Politiker und kompetenter Fashy

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milienwissenschaftler sowie vor allem den Beitrag der Familien und ihrer Verbaumlnde

Familienpolitik auf europaumlishyscher Ebene darf sich keinesfalls verselbstaumlndigen oder zu einer weiteren potentiellen Machtposishytion fuumlr Beamte oder Experten deshygenerieren Es ist unablaumlssig hier nochmals die subsidiarische Rolle der unterschiedlichen Zentralgeshywalten zu betonen

Die Schaffung aufwendiger Strukturen auf EG-Ebene scheint mir wenig ergiebig Notwendig alshylerdings ist es den Familien in Eushyropa eine effiziente Lobby zu geshyben Und sei es nur um den gewalshytigen Druck maumlchtiger Wirtshyschaftskonzerne wenigstens teilshyweise zu bremsen

Ganz ohne Handlungsinstrushymente kommt man gewiszlig nicht aus es sei denn man beschraumlnke sich auf gutgemeinte Absichtsershyklaumlrungen

Persoumlnlich stelle ich mir folgenshyde Einrichtungen vor (EG-Ebene) - eine dem EG-Kommissionspraumlshy

sidenten zugeordnete Famishylienabteilung die das familienshypolitische Handeln der Komshymission koordiniert ein nach dem Muster des Wirtshyschafts- und Sozial rats funktioshynierender Familienrat der EG in ihm vertreten waumlren vor alshylem die Familienverbaumlnde dann auch Familienwissenshyschaftler Politiker und Beamshyte er sollte die Politik der EG auf ihre familienrelevanten

Auftrag 201

Aspekte hin analysieren gegeshybenenfalls familienpolitische Aktionsprogramme vorschlashygen

- der Ausbau der Europaumlischen BeobachtersteIle fOr Familienshypolitiken zum Familienwisshysenschaftlichen EG-Institut es sollte nicht nur Fakten samshymeln und wissenschaftlich abshygesicherte Ergebnisse zusamshymentragen auf wissenschaftlishycher Basis sollte es an der Ausshywertung bestehender Maszlignahshymen sowie an der Erarbeitung potentieller Handlungskonzepshyte beteiligt sein es haumltte ebenshyfalls den Auftrag familienwisshysenschaftliche Kolloquien mit unterschiedlichen Themen anshyzubieten

- der regelmaumlszligige Austausch und die enge Zusammenarbeit der in den EG-Laumlndern zustaumlnshydigen Ressortminister

Es ist jedenfalls unabdingbar die Anerkennung den Schutz und die Foumlrderung von Ehe und Familie auch in den Roumlmischen Vertraumlgen zu verankern

Eine in unserem Rahmen vielshyleicht noch wichtigere Ebene ist der Europa-Rat Ich moumlchte hier nur kurz nochmals zwei Ideen aufshygreifen die unserem Kreis auch von Herrn Jans und Dr Greib ins Gespraumlch gebracht wurden - die Charta der Rechte der Fashy

milie - die Direktive Ober Minimalleishy

stungen im Bereich der Famishylienzulagen

Auftrag 201 105

Das Internationale Jahr der Fashymilie werte ich als einen unschaumltzshybaren Anlaszlig unsere Anliegen zu bedenken zu formulieren und dashyfuumlr einzutreten Wenn wir die Geleshygenheit nicht nutzen sind wir seishyber schuld

Der spezifisch christliche Beitrag

Beim Aufbauwerk des europaumlishyschen Hauses haben Christen sishycherlich einen wesentlichen Beishytrag zu leisten Dies gilt nicht zushyletzt im Bereich des Engagements um Ehe und Familie

Die Kirchen sehen in Ehe und Familie ein besonders wertvolles Gut wuumlrdigen sie nicht nur als Ort menschlicher Erfuumlllung sondern auch als Zeichen der goumlttlichen Guumlte und Barmherzigkeit

Das Gelingen von Ehe und Famishylie allerdings ist gekoppelt an tiefere menschliche Werte aus deshynen sich bestimmte Handlungsshynormen ableiten Christen werden von daher auch familienpolitische Konzepte kritisch an der Wert- und Normenfrage uumlberpruumlfen (vgl Ponmiddot tificium Consilium pro Familia Stellungnahme zum Internationashylen Jahr der Familie Mai 1990)

Ich bin uumlberzeugt daszlig Christen in verschiedenen Fragen um Ehe und Familie besonders sensibel reagieren - Der Schutz des ungeborenen

des kranken oder des schwashychen Lebens

- der Wunsch ungezaumlhlter lieshybender sich einander vorbeshyhaltlos zu schenken

- die Bindungsangst vieler Menshyschen

- die Not der in ihrer Liebe geshyscheiterten Menschen der Anspruch auf Vollkommenshyheit sowie auch das Wissen um die menschliche Begrenztshyheit

- die Sorge und Verantwortung um sozial Ausgesonderte

Christen stehen vorerst in der Verpflichtung sich auch untereinshyander mit den Fragen um Ehe und Familie offen auseinanderzusetshyzen Die akuten Probleme Ihrer Zeit stellen sie dabei vor keine leichte Aufgabe Auf dem Hintergrund der kirchlichen Tradition heiszligt es die Frohbotschaft von Jesus Christus immer neu zu aktualisieren In der pluralen Welt sind Christen soshydann gefordert ihren Beitrag zu gesellschaftlich konsensfaumlhigen Loumlsungen zu leisten Dies kann nur glOcken in einer Atmosphaumlre von Offenheit Verstaumlndnis Dialog und Kooperation

In diesem Zusammenhang moumlchte ich abschlieszligend die Arshybeitsgemeinschaft der katholishyschen Familienorganisation in Eushyropa zu ihren wertvollen Initiatishyven begluumlckwuumlnschen

(aus Stimme der Familie Nr2 92)

106 Auftrag 201

KIRCHE UND STAAT

Zur Lage der katholischen Militaumlrseelsorge

Zur Lage der katholischen Milishytaumlrseelsorge haben wir einen Beshyricht des Militaumlrbischofs Erzbishyschof Dr Johannes Dyba entgeshygengenommen

Am 1 Januar 1990 ist fOr die kashytholische Militaumlrseelsorge ein neushyes Statut in Kraft getreten das im Einvernehmen vom Heiligen Stuhl Bundesregierung und Deutscher Bischofskonferenz die bewaumlhrte Struktur der Militaumlrseelsorge beshystaumltigt und Ergaumlnzungen in Detailshyfragen enthaumllt

Die Seelsorge fuumlr Soldaten wird weiterhin von hauptamtlichen Milishytaumlrpfarrern auf Zeit wahrgenomshymen die mit dem jeweiligen Ortsshypfarrer zusammenarbeiten Besonshyderes Gewicht kommt dabei der Zusammenarbeit mit dem evangeshylischen Militaumlrseelsorger zu die haumlufig sehr intensiv ist

Die Golfkrise und der Golfkrieg haben die Militaumlrseelsorge im vershygangenen Jahr vor unerwartete Aufgaben gestellt und erhebliche Spannungen moralischer und psychischer Art bei den Soldaten ihren Familien und in der deutshyschen Oumlffentlichkeit hervorgerushyfen Die Militaumlrgeistlichen waren damals in besonderer Weise zur

geistig-ethischen Orientierung und spirituellen Begleitung der Soldaten und ihrer Angehoumlrigen gefordert in besonderem Maszlig von den Soldaten die am Einsatz im Rahmen der Buumlndnisverpflichtunshygen teilgenommen haben Die seelsorgliche Hilfe wurde stark in Anspruch genommen auch von kirchenferneren Soldaten

Von seiten des Bundesministeshyriums der Verteidigung werden von den Militaumlrseelsorgern theoloshygisch und ethisch qualifizierte Beishytraumlge zu sittlichen Grundfragen zur Friedens- und Sicherheitspolimiddot tik erwartet Besonders in den neushyen Bundeslaumlndern bedarf die Milimiddot taumlrseelsorge der Unterstuumltzung durch den Orts- und Ordensklerus als Standortpfarrer im Nebenamt Aufgrund der extremen Diasporashysituation sind hier neuartige Moshydelle der Zusammenarbeit hauptshyund nebenamtlicher Standortpfarshyrer erforderlich

Trotz der Verringerung der Streitkraumlfte ist weiterhin eine groshyszlige Anzahl von Standorten durch Militaumlrgeistliche zu besetzen Die Deutsche Bischofskonferenz wird daher die Ordensoberen bitten sich weiterhin und verstaumlrkt an der Seelsorge fuumlr die Soldaten zu beshyteiligen

In den neuen Bundeslaumlndern beshyteiligt sich die evangelische Kirshyche nicht an der Militaumlrseelsorge Dies ist nach Ansicht der Vollvershy

107 Auftrag 201

sammlung besorgniserregend weil die Seelsorge an Soldaten von beiden Kirchen bisher wahrgeshynommen wurde Es ist bedauershylich daszlig diese Gemeinschaft dershyzeit nicht gegeben ist Die Vollvershysammlung brachte die Hoffnung zum Ausdruck daszlig sich die evanshygelische Kirche in den neuen Bunshydeslaumlndern nicht der Seelsorge an Soldaten entzieht

(aus Pressedienst der DBK-Dokushymentation v 12392)

Unabhaumlngigkeit ist garantiert Keine Aumlnderung des Seelsorgevertrages

Das Fehlen der bewaumlhrten Zushysammenarbeit mit den evangelishyschen Militaumlrpfarrern im Osten Deutschlands beklagt der Generalshyvikar der Katholischen Militaumlrseelshysorge Dr Ernst Niermann Dageshygen seien der katholische und der evangelische Militaumlrpfarrer in den Kasernen der alten Bundeslaumlnder fuumlr Soldaten in gleicher Weise praumlshysent und erreichbar Diese Koopeshyration geschehe im Interesse der SOldaten und habe sich hervorrashygend bewaumlhrt

Beide Pfarrer boumlten fuumlr Soldaten ihrer Konfession Sprechstunden Gottesdienste und Lebenskundlishychen Unterricht an Und gerade an

letzterem scheiden sich offenshysichtlich die Geister Denn vor alshylem die evangelischen Kirchen in den neuen Bundeslaumlndern beshyfuumlrchten eine zu groszlige Staatsnaumlhe der Militaumlrseelsorge die sich beshysonders beim Lebenskundlichen Unterricht zeige

Dies allerdings laumlszligt Dr Niershymann nicht gelten Er fuumlhrt als Beishyspiel die Themen des letzten Jahshyres auf die sich ausschlieszliglich als Lebenshilfe bei zwischenmenschshylichen Problemen der Solaten und deren Familien und mit der Weltshyverantwortung der Kirche befaszligshyten Es sei ein Gewinn fuumlr die Seelshysorge betonte Niermann daszlig dieshyse Themen von dem Evangelishyschen Kirchenamt fuumlr die Bundesshywehr und dem Katholischen Milishytaumlrbischofsamt in Zusammenarshybeit mit dem Bundesministerium der Verteidigung festgelegt wershyden und im Dienstplan in den Kashysernen erscheinen Die Beratunshygen mit den leitenden Soldaten aus dem Ministerium haumltten durch entsprechende Anregungen zu eishyner praxisnaumlheren Formulierung der Themen gefuumlhrt Die Themenshyfindung betonte Dr Niermann ist Sache der Kirche

Der Militaumlrpfarrer als Durchfuumlhshyrender koumlnne dabei Hilfen zur Beshywuszligtseins- und Gewissensbildung der Soldaten leisten die trotz Dienstplan keinesfals gezwungen werden am Lebenskundlichen Unshyterricht teilzunehmen Zudem bieshyte der Lebenskundliche Unterricht auch kirchenfernen SOldaten die

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Moumlglichkeit zu einer ersten Begegshynung mit dem Pfarrer

Dr Ernst Niermann lobt den Seelsorgevertrag Die derzeit gelshytende rechtliche Vereinbarung zwishyschen katholischer Kirche und dem Staat garantiere den Militaumlrshypfarrern die notwendige Unabhaumlnshygigkeit in der Bundeswehr die sie als Seelsorger brauchen Die Beshywegungsfreiheit des Militaumlrpfarshyrers in den Kasernen und Sichershyheitsbereichen der Bundeswehr werden durch seine Stellung als Beamter auf Zeit gewaumlhrleistet Er finde alle erforderlichen Arbeitsshymoumlglichkeiten und Kommunikashytionsmittel vor Und darauf wolle man nicht verzichten

Dr Niermann erinnerte an die Aktion Kurdenhilfe waumlhrend der Golfkrise im vergangenen Jahr Nur auf Grund der geltenden rechtshylichen Vereinbarungen sei es moumlgshylich gewesen daszlig Militaumlrbischof DDr Johannes Dyba kurzfristig und flexibel Militaumlrpfarrer zur Beshytreuung der Soldaten mitschicken konnte Sie seien auch die Vorausshysetzung dafOr daszlig die Entscheishydung uumlber die seelsorgerische Beshygleitung im konkreten Fall wirklich in der Hand des Bischofs bleibt und nicht an Sach- oder Organisashytionszwaumlngen scheitert

Heribert Lemberger (aus Kompaszlig Nr 6 v 6392)

Auftrag 201

Immer ein offenes Ohr fuumlr die Menschen Staat und Kirche wuumlrdigen Engagement von Erzbischof Kredel

Bonn 25292 (KNA) Zahlreiche Vertreter aus Staat und Kirche hashyben dem Bamberger Erzbischof EIshymar Kredel zu seinem 70 Geburtsshytag gratuliert und vor allem sein seelsorgerisches Wirken hervorgeshyhoben Immer haben Sie fuumlr die Fragen und Sorgen der Menschen ein offenes Ohr und verstehen es ihnen mit Rat und Orientierungsshyhilfe zur Seite zu stehen schreibt Bundeskanzler Helmut Kohl in einem am Montag in Bonn veroumlfshyfentlichten GI uumlckwunschschreishyben Besonders dankte er Kredel fuumlr seine langjaumlhrige Arbeit als Mishylitaumlrbischof fuumlr die Bundeswehr

Der Erzbischof habe dazu beigeshytragen daszlig die Seelsorge fOr die Soldaten einen festen Platz in der Gesellschaft habe und daszlig sich unsere jungen Staatsbuumlrger in Uniform mit Fragen von geistiger Dimension und von ethischer Beshydeutung auseinandersetzen unshyterstreicht der Bundeskanzler Dies sei ein Friedensdienst im wahren Sinne des Wortes auf den wir nicht verzichten koumlnnen Bunshydesinnenminister Rudolf Seiters (CDU) wuumlrdigte in seinem GIOckshywunschschreiben den Bamberger

Auftrag 201 109

Erzbischof als einen Seelsorger der wie kein anderer in seiner Pershyson hohe wissenschaftliche Bilshydung soziales Engagement mit reiner seelsorgerischer Erfahrung vereint Seiters unterstreicht durch Ihr segensreiches Wirken zum Wohle ihres Bistums und darshyuumlber hinaus haben Sie sich die Zushyneigung und Anerkennung vieler Menschen in unserem Lande ershyworben

Bei einem Festakt in Bamberg nannte der Muumlnchener Kardinal Friedrich Wetter seinen Amtsbrushyder einen prophetischen Mahshyner der sein Bistum nicht als Aufshyseher verwalte sondern wie ein guter Hausvater fuumlr die Dioumlzese Sorge trage Der Nachfolger Kreshydels als Militaumlrbischof Erzbischof Johannes Dyba uumlberbrachte GrOshyszlige und Gluumlckwunsche der Soldashyten (denen sich die Redaktion des Auftrag anschlieszligt) Kredel habe den Militaumlrseelsorgevertrag fuumlr die Bundeswehr in beispielhafter Weishyse mit Leben gefuumlllt Die bayerishysche Justizministerin Mathilde Berghofer-Weichner (CSU) lobte das untruumlgliche Gespuumlr Kredels fOr das Daseinsrecht von Staat und Kirche

Der gebuumlrtige Nuumlrnberger 1950 zum Priester geweiht hat sowohl auf wissenschaftlichem als auch auf seelsorgerischem Gebiet Ershyfahrungen gesammelt Seine Stushydien in Rom schloszlig er als Lizentiat der biblischen Wissenschaften ab als wissenschaftlicher Assistent war er am Exegetischen Seminar

der Universitaumlt Muumlnchen taumltig Die Pfarreien Freienfels und Hollfeld waren dann die Stationen seines Wirkens als Pfarrer 1967 in das Bamberger Metropolitankapitel gewaumlhlt waren seine Taumltigkeitsshyfelder die Erwachsenenbildung die Jugendseelsorge und die Carishytas 1977 ernannte Papst Paul VI Elmar Maria Kredel zum Erzbishyschof von Bamberg 1978 erfolgte die Ernennung zum katholischen Militaumlrbischof fuumlr die Deutsche Bundeswehr ein Amt das Kredel bis Ende 1990 innehatte In dieser Zeit errichtete er das Institut fuumlr Theologie und Frieden das einen wichtigen Beitrag zum besseren Verstaumlndnis der heutigen kirchlishychen Friedenslehre leistet Als Mishylitaumlrbischof hat sich Kredel immer wieder vor die Soldaten gestellt und den ethisch begruumlndeten Dienst des Soldaten fuumlr die Geshymeinschaft verteidgt Stets suchte der Erzbischof das persoumlnliche Gespraumlch mit den Soldaten und nahm sich ihrer Sorgen an (aus NIMM Nr 67 vom 262 5392)

1Iamparl~ (JfJl IN DIRI IININWILT

Postgiro Koumlln 556-505

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Vom schwierigen Umgal1g mit der Vergangenheit Hat sich die katholische Kirshyche im Griff des SED-Staates befunden - Das Dilemma der Historiker

In unserer Ausgabe vom 11 Jashynuar 1991 hat Helmut Matthies sich mit den Beziehungen der Evangelischen Kirche zum DDRshyStaatssicherheitsdienst befaszligt Heute setzt der Freiburger Historishyker Ulrich Kluge die Diskussion um die Aufarbeitung der kirchenshypolitischen Vergangenheit der DDR fort Kluge ist Professor fuumlr NeuereNeueste Geschichte und fOr Wirtschafts- und Sozialgeshyschichte an der Albert-LudwigsshyUniversitaumlt Freiburg i Br und Gastprofessor an der Technischen Universitaumlt Dresden Seine Ausshyfuumlhrungen basieren auf dem weitshygehend unveroumlffentlichten Mateshyrial aus den Akten des DDRshyStaatssekretariats fOr Kirchenfrashygen und Zeitzeugen-Interviews Kluge bemuumlht sich in erster Linie um Aufbau und politische Methoshydik der DDR-Kirchenpolitik Hiershybei geht es hauptsaumlchlich um Strukturen und Wirkungszusamshymenhaumlnge erst dann um Personen und ihre Verantwortung

Kein Tag vergeht ohne daszlig spektakulaumlre Einzelheiten uumlber das Verhaumlltnis von SED-Staat und

Auftrag 201

Kirchen insbesondere von Staatsshysicherheitsdienst und evangelishyscher Kirche in der Oumlffentlichkeit bekannt werden Wann und weishyche Einzelheiten aus der katholishyschen Kirche die Schlagzeilen zieshyren scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein Die Behauptung die DDR sei im Herbst 1989 einer protestantischen Revolution zum Opfer gefallen will heute nicht mehr so uumlberzeugen wie noch vor einem Jahr Leiser als fruumlshyher klingt der Vorwurf gegenuumlber der katholischen Kirche als schweigende Kirche Daszlig sie jeshydoch in Kontakten mit staatlichen Kirchen- und Sicherheitsbehoumlrden schweigend gewesen sei daran wird inzwischen gezweifelt In den oumlffentlichen Verlautbarungen einshyzelner Jurisdiktionsbezirke schwingt Besorgnis um die Glaubshywuumlrdigkeit der eigenen Verganshygenheit und Integritaumlt von Mitarshybeitern deutlich mit

Der Staat brach in die Kirche ein

Warum ist die wissenschaftlishyche Aufarbeitung des Verhaumlltnisshyses zwischen Staat und Kirche so schwer An der Aufarbeitung des Verhaumlltnisses von SED-Staat und Kirche sind zur Zeit die verschieshydensten Interessenten mit untershyschiedlichsten Motiven beteiligt vor allem Journalisten Hobby-Hishystoriker Mitarbeiter des Beaufshytragten der Bundesregierung fuumlr die Unterlagen des Staatssichershyheitsdienstes Gauck Nur vereinshy

111 Auftrag 201

zelt wagen sich professionelle Hishystoriker an die komplizierte Mateshyrie obwohl der Weg in die Archive der ehemaligen DDR und an einst unerreichbare Aktenbestaumlnde entshyscheidend kuumlrzer geworden ist Aber selbst dem hartgesottenen Berufshistoriker der viel Zeit seishynes Berufslebens zwischen archishyvierten Aktenbergen zugebracht hat wird die Arbeit an den staatlishychen Kirchenakten zu einer Qual Warum Es ist nicht die Fuumllle der zu bewaumlltigenden Papiere es sind auch nicht die zuweilen unzulaumlngshylichen Zustaumlnde in den Archiven Es ist der Blick in ein politisches Beziehungsgeflecht zwischen Staat und Kirchen der selbst boumlse Ahnungen von Hoffnungen ganz zu schweigen verwirft Wie bringt man die uumlberquellenden Informashytionen uumlber Kircheninterna in eishynen Zusammenhang Selbst wo Zweifel am Wahrheitsgehalt der behoumlrdlichen Zuschreibungen zu Lasten einzelner Kirchenvertreter unmittelbar beim Lesen entsteshyhen bleibt ein Rest von Betroffenshyheit und Trauer Ober den Einbruch des Staates in die kirchliche Geshymeinschaft

Die eigentliche Aufgabe des Hishystorikers erschoumlpft sich jedoch nicht in der Sammlung und Aufarshybeitung der selektierten Informashytionen Sie darf sich auch nicht darin erschoumlpfen sonst geriete der Historiker zwangslaumlufig zum nachtraumlglichen Moderator der SED-Kirchenpol itik bestenfalls zum Subunternehmer Gaucks Zushy

gegeben Nie war die Versuchung so groszlig in aktuelle Geschehnisse gestaltend einzugreifen nie war die Gelegenheit so verfaumlnglich sich in der Medienoumlffentlichkeit mit Namen belasteter Kirchenpershysoumlnlichkeiten zu bruumlsten Die Ausbeute eines mehrwoumlchigen Aktenstudiums ist in der Tat beshytraumlchtlich Sie reicht von Namensshylisten aus den Kirchen von der Fuumlhrungsspitze bis zur Basis (Bishyschoumlfe beider Kirchen Praumllaten Ordensmitglieder Weltgeistliche Pastoren Synoden- und Konsistoshyrialmitglieder) uumlber befremdende Details aus der Theologie-Professhysorenschaft Berlins und Erfurts bis zu Vorgaumlngen in der katholishyschen Laienbewegung In allen Faumlllen aber geht es um ausnutzbashyre Schwaumlchen der Kirche ihres Personen- und Institutionsgefuumlshyges weniger um ihre Staumlrken

Der Historiker unserer Tage beshyfindet sich in einem tiefen Dilemshyma das keine Parallele kennt Durch die Beschaumlftigung mit der DDR-Kirchenpolitik insbesondere mit der Kirche im Sozialismus drohen dem Wissenschaftler inneshyre und aumluszligere Freiheit als Grundshyvoraussetzung fuumlr einen diskusshysionsfoumlrdernden Forschungsershyfolg abhanden zu kommen Dafuumlr gibt es mehrere Gruumlnde Ein beshysonderer Grund liegt darin daszlig die traditionelle Grenze zwischen Journalismus und Zeitgeschichtsshyschreibung nicht mehr in aller Einshydeutigkeit besteht Ein anderer Grund liegt in dem Maszligstab mit

112 Auftrag 201

dem der Historiker an die Beurteishylung der kirchenpolitischen Vershygangenheit geht In diesem Punkt verzahnen sich wissenschaftliche Interessen und Tagespolitik beshysonders eng Bundespraumlsident von Weizsaumlcker hat kuumlrzlich erklaumlrt daszlig lIder Umgang mit der DDRshyStaatsmacht immer eine schmale Gratwanderung (bedeushyte) Er warnte in diesem Zusamshymenhang vor dem moralischen Rigorismus bei der Suche nach vermeintlichem oder tatsaumlchshylichem Fehltritt auf diesem Weg

Der Blick in die SED-Staats- und Parteiakten offenbart eine Vielzahl dieser Fehltritte Akten koumlnnen sehr leicht zur Waffe gegen die Kirche im allgemeinen geschmieshydet werden Aber besonders die staatlichen Kirchenakten muumlssen den Charakter behalten den ihnen die staatlichen Kirchenbehoumlrden gaben Erfolg oder Miszligerfolg des atheistischen SED-Regimes zu doshykumentieren Kirche und Glauben aus dem Lebenshorizont der Menshyschen in der DDR systematisch herauszudraumlngen Dazu wird noumltig sein die freiwilligen und ahnungsshylosen Helfer auf kirchlicher Seite ebenso in den Zeugenstand zu bitshyten wie die bewuszligten Taumlter und die unschuldigen Opfer der zerstoumlrerishyschen Kirchenpolitik Keineswegs aber gebOhrt den Christen aus der ehemaligen DDR der Vorzug allein und ohne westdeutsche Beteilishygung an die Aufarbeitung ihrer kirshychenpolitischen Vergangenheit zu gehen Schlieszliglich geht es ungeshy

achtet der kirchenpolitischen Geshyographie darum daszlig Christen in beiden Teilen Deutschlands von der verlorenen Einheit der Kirche betroffen waren Zudem gerieten auch die Christen aus der Bundesshyrepublik Deutschland in das Blickshyfeld und sogar unter den Druck der Uumlberwachungsbehoumlrden Auch als DDR-Besucher blieb man nicht von Schikanen verschont die man sich durch das offene Bekennen des Glaubens zuzog

Konflikte der historischen Forschung

Aes das zusammengenommen macht die gemeinsame Aufarbeishytung an der DDR-Vergangenheit beider Kirchen so schwierig Mehr noch Versuche mit namentlich in den Akten aufgefuumlhrten Persoumlnshylichkeiten Ins klaumlrende Gespraumlch zu kommen gerieten zuweilen mit dem Vorwurf der Schnuumlffelei schnell in die Sackgasse In einem besonders eklatanten Fa wurde durch Androhung eines Riesenshyrechtsstreits versucht Quellenshymaterial von der Veroumlffentlichung auszusparen Unwillkuumlrlich fragt man sich ob der allein um das strukturierende Verstehen bemuumlhshyte Historiker nicht aktuelle oumlkumeshynische Belange tangiert und nicht Kritik an der einen Kirche den inshyterkonfessioneen Frieden mit der anderen Kirche stoumlren koumlnnte Es bleiben zuruumlck Resignation und Betroffenheit Ober die enge Vershyflechtung von Geschichte und Geshy

113 Auftrag 201

genwart sie macht jedes Bemuumlshyhen um klaumlrende Distanz zum Unshytersuchungsgegenstand zunichte Distanz ist noumltig denn sie erlaubt es nicht die DDR-Kirchenakten als nachtraumlgliche Legitimation fOr akshytuelles Unbehagen an der Institushytion Kirche und einzelnen Persoumlnshylichkeiten zu benutzen Uumlberall dort wo sie nicht erreicht wird feishyern Kirchenpolitiker wie Klaus Gysi wie Loumlffler Flint Goumltting Weise Kalb und Dohle spaumlte Sieshyge So bleibt zu hoffen daszlig die kirshychenhistorische Forschung bald aus der Zone der Sensationsbilshydung herauskommt Danach erst beginnt die von serioumlsem Erkenntshynisinteresse getragene Arbeit der Fachleute Und wenn es dann zum Konflikt kommt dOrfte er sich um den Forschungsansatz drehen Beshyreits jetzt zeichnen sich die zentrashylen Fragen ab die gleichermaszligen fuumlr beide Kirchen in der DDR bis 1989 und im DeutSChland der Geshygenwart gOltig sind Wieviel glaushybenszerstoumlrenden Sozial ismus vermochte die SED-Kirchenpolitik in die Kirchen zu bringen Welcher Mittel bedienten sich dabei Staat und Partei Auf welche Erfahrunshygen mit der jeweils anderen Glaushybensgemeinschaft in der DDR und den Kirchen im Ostblock griffen Staat und Partei zuruumlck Wie konnte aus der propagierten Kirshyche im Sozialismus mehr und mehr Sozialismus in der Kirche werden Erst unzweifelhafte Antshyworten auf diese Fragen werden uumlber die Glaubwuumlrdigkeit beider

Kirchen im allgemeinen einzelner Repraumlsentanten im besonderen in der Kirchenoumlffentlichkeit entshyscheiden

In welchem staatlichen Bezieshyhungsgeflecht befand sich die kashytholische Kirche Der Organisashytionsaufbau zur kirchenpolitishyschen Lockung und Lenkung wurshyde systematisch seit 1957 mit der Gruumlndung des Staatssekretariats fuumlr Kirchenfragen entwickelt Mehr und mehr verlagerten sich bis zum Ende der DDR 1989 die kirchenposhylitischen Entscheidungen vom staatlichen Sektor (Ministerrat) in die Zustaumlndigkeit der Partei (Zenshytral komitee und Politbuuml ro) waumlhshyrend das Ministerium fuumlr Staatssishycherheit systematisch in die Rolle einer kirchenpolitischen Exekutive hineinwuchs Hinter den Verbinshydungsstraumlngen und Zahlenkuumlrzeln stehen Namen und Funktionen Abhaumlngigkeiten und Zugestaumlndshynisse taktische Winkelzuumlge und kirchenpolitischer Opportunisshymus Es stehen dahinter aber auch - und das betrifft in erster Linie die Pfarrgemeinden kirchlishyche Hilfsorganisationen und Orshydensgemeinschaften - Angst und Einsamkeit unerschuumltterlicher Glaube und praktizierte Naumlchstenshyliebe

Viele Geistliche und viele glaumlushybige Katholiken kamen mit diesem Apparat direkt oder indirekt merkshylich und unmerklich in Beruumlhrung Nicht in jedem Fall insbesondere in Teilen der katholischen Laienshybewegung die bis zum Dezember

114 Auftrag 201

1990 ihre DDR-Identitaumlt zu wahren beabsichtigten wurde darin die zerstoumlrerische Widerspruumlchlichshykeit einer Kirche im Sozialismus erkannt oder konnte erkannt wershyden Die Analyse der kirchenpolitishyschen Quellen gestattet folgenden Forschungsansatz Langfristig rangen in der SED-Kirchenpolitik Ideologen und Pragmatiker um den bestimmenden Einfluszlig Die Abhaumlngigkeit des Regimes von aushyszligenpolitischer Anerkennung und wirtschaftlicher Unterstuumltzung vershytrug sich nicht mit einem Kirchenshykampf nach nationalsozialistishyschem Muster Die sozial- und wirtshyschaftspolitisch immer schwaumlcher werdende DDR verwies die kirshychen- und religionsfeindlichen Ideologen vorlaumlufig auf die Resershyvebank Taktische Zugestaumlndnisse an die Kirchenfuumlhrung dienten nicht dem echten Ausgleich Spaumlshytestens seit der Geheimkonferenz der Staatlichen Aumlmter fuumlr Kirshychenangelegenheiten in den soziashylistischen Laumlndern in Budapest (2627 Juni 1967) wies das Signal in eine kirchenpolitische Zukunft an deren Ende der kirchenfreie Ostblock stehen sollte Thesenarshytig lassen sich folgende Schwershypunkte der kommunistischen Kirshychenpolitik fOr die kommenden Jahrzehnte herausstellen - Die katholische Kirche befinshy

det sich seit dem 11 Vatikanum in einem Zustand ausnutzbarer WidersprOchlichkeit

- In den RGW-Staaten haumllt ein permanenter Konflikt zwishy

sehen der politischen Stellungshynahme der glaumlubigen Staatsshybuumlrger und den Nichtglaumlubishygen an

- Die Wirkung des staumlndigen fortschrittlichen Einflusses auf die glaumlubigen Seelen wird imshymer groumlszliger

- Der Vatikan geraumlt immer mehr unter den Druck radikalisierter katholischer Massen in den fortschrittlichen linksgerichteshyten Laumlndern

Die neue Taktik hieszlig innerer Kirchenkampf nicht Wandel durch Annaumlherung sondern Zershystoumlrung der Kirche durch sich selbst Die Ideologen der Deutshyschen Bundesrepublik faszligte der Direktor des polnischen Amtes fuumlr Kirchenfragen Alexander Szkarshyzynszki zusammen treten an die Stelle derjenigen franzoumlsischen Ideologen die das Episkopat des Radikalismus angeklagt hat Im Dialog treten diese westdeutshyschen Ideologen als Quelle der Freiheit auf

Vrich Kluge (aus Deutsche Tagespost v29292)

Kannst du kein Stern am Himmel sein

sei eine Lampe im Haus

(Arabisches Sprichwort)

115 Auftrag 201

Beitrag der Konfeshyrenz der OIC zur Synode der europaumlishyschen Bischoumlfe in Flo~l)eze~ber 1991 Der Beitrag der OlC zum Auftrag der Kirche in Europa

Die Organisation International Catholic - OIC - sind Vereinishygungen von Glaumlubigen die vom Heiligen Stuhl anerkannt und unshyterstuumltzt werden Sinn und Zweck dieser Vereinigungen ist es auf alshylen Gebieten des weltlichen Leshybens auf denen sie taumltig sind soshywohl auf oumlrtlicher als auch auf inshyternationaler Ebene gemeinsam Zeugnis von der Botschaft des Evangeliums abzulegen

Die meisten OIC haben regioshynale mehr oder weniger formelle Strukturen die es ihnen erlauben spezielle europaumlische Projekte im Geiste ihres Gruumlnders und im Rahshymen internationaler Programme zu verwirklichen

Seit Ende des 2 Weltkrieges konnten sich die OIC in den westeuropaumlischen Laumlndern frei entfalten und ihre Ziele erreichen In den osteuropaumlischen Laumlndern war dies nicht der Fall Wie die Voumllker wie die Kirche hatten sie unter Trennung und Zwang zu leishyden

Im Westen

Die OIC haben in juristischer Hinsicht einen doppelten Status zum einen den kirchlichen Status einer Vereinigung von Glaumlubigen innerhalb der Kirche und zum anmiddot deren den zivilrechtlichen Status einer internationalen legal gebilshydeten Vereinigung Auf dieser Grundlage bringen die OIC geshymeinsame christliche Wertvorstelshylungen in die Gesellschaft ein und zwar auf allen Ebenen und in allen Aufgabenbereichen Erziehung und Jugendarbeit gesellschaftlishyche Kommunikation soziale und humanitaumlre Aufgaben Gesundshyheitswesen Berufswelt Sozialshyund Wirtschaftswissenschaften Kultur Friedenssicherung

Die OIC haben fast alle eine beratende Funktion im Europarat sind in den verschiedenen Arbeitsshygruppen nicht-staatlicher Organishysationen vertreten und werden bei Bedarf zu Konsultationen heranshygezogen

Mehrere OIC unterhalten Vershybindungen zur Kommission der Europaumlischen Gemeinschaft Sie sind direkt an bestimmten Projekshyten der EG beteiligt wie zum Beishyspiel Kampf gegen die Armut Proshyjekte in Entwicklungslaumlndern Beshyrufsausbildung wirtschaftliche und soziale Studien

Bei diesen zwischenstaatlichen europaumlischen Organisationen wie auch bei den Organisationen der Vereinten Nationen in Paris Wien Genf Rom und New York koumlnnen

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die OIC Wertvorstellungen des Evangeliums die die Grundlage ihshyrer Arbeit sind einbringen Da sie am weltlichen Leben teilnehmen sozusagen vor Ort sind wissen sie uumlber Beduumlrfnisse und Wuumlnsche an der Basis Bescheid und koumlnshynen sie weitergeben

Auf der anderen Seite unterrichshyten die Vertreter der OIC bei zwishyschenstaatlichen und n icht-staatshylichen Organisationen die Mitglieshyder der OIC uumlber die Taumltigkeit dieser Organisationen und staumlrken somit das Bewuszligtsein fuumlr die Notshywendigkeit einer Solidaritaumlt zwishyschen den europaumlischen Laumlndern und zwischen Europa und der uumlbrishygen Welt

Das fOhrt zu diversen Initiativen die je nach Art der OIC untermiddot schiedliche Gebiete betreffen Hier seien nur einige Themen von allgemeinem Interesse erwaumlhnt Hunger Emigranten Kampf gegen die Armut Umwelt Bevoumllkerungsmiddot probleme Arbeitslosigkeit Uumlberleshygungen zu Wissenschaft und Ethik Erziehungs- und Bildungsshywesen Drogenproblem NordmiddotSuumldmiddot Gefaumllle und natuumlrlich OstmiddotWest-Bemiddot ziehungen

Im Osten

Eine freie Gemeinschaft im Osten gab es in der Vergangenheit nicht schon gar nicht eine freie katholische Gemeinschaft Die namiddot tionalen Zweige der OIC wurden abgeschafft

Die Bischoumlfe im Osten haben uns gesagt wie die Katholiken

Auftrag 201

trotz aller Leiden Zerstoumlrungen und Massaker diese Finsternis uumlberstanden haben Ihr Glaube hat dazu beigetragen daszlig die Hoffmiddot nung nicht ganz aufgegeben wurshyde und die Barmherzigkeit in Jeshysus Christus weiterlebte Wir wisshysen jetzt daszlig einige OIC im Untergrund weiterwirkten wenn auch unter sehr schweren Bedinshygungen

Obwohl in ihrer Substanz sehr geschwaumlcht haben die OIC vermiddot sucht und machmal sogar mit Ershyfolg gewisse Kontakte zu halten Korrespondenzen weiter zu fuumlhren Informationen ja sogar Arbeitsshyprogramme zu uumlbermitteln

Solche Demarchen die sehr vormiddot sichtig eingeleitet werden muszligten waren immer schwierig in manmiddot ehen Laumlndern voumlllig unmoumlglich Dazu kommt daszlig vier Jahrzehnte lang sind und die Partner von 1950 oft nicht mehr lebten Trotzdem hat man sich jetzt in bruumlderlicher Verbundenheit und voller Hoffshynung wieder gefunden Obwohl das OIC-Netz im Osten voumlllig neu aufgebaut werden muszlig sind erste Faumlden fOr einen Austausch geshysponnen und konkrete Projekte eingeleitet worden

Die Situation heute und ein Ausshyblick in die Zukunft

Eine der ersten Maszlignahmen die - zumindest in den meisten Laumlndern - seit letztem Jahr moumlgshylich sind ist die Organisation pershysoumlnlicher Begegnungen

117 Auftrag 201

- Einladungen zu Konferenzen und Seminaren die in westeushyropaumlischen Laumlndern abgehalshyten werden

- persoumlnliche Besuche im Osten und umgekehrt

- Freizeiten und Treffen von Jushygendlichen

Austauschprojekte erfordern wenn sie erfolgreich sein wollen mehr Vorbereitung Die OIG muumlsshysen sicherlich auch technisches Know-how weitergeben sie muumlsshysen aber vor allem gemeinsam Uumlberlegungen uumlber ihr Engageshyment in der Kirche anstellen

Schon jetzt sind einige Projekte angelaufen Austausch von Lehshyrern Begegnungen von Firmenshychefs usw

Im Rahmen der Drogenbekaumlmpshyfung sind Lehrgaumlnge fuumlr katholishysche Aumlrzte und medizinisches Pershysonal sowie fuumlr Erzieher geplant die obdachlose Jugendliche beshytreuen

Schlieszliglich haben die meisten OIG Vertretungen in den Laumlnshydern die ihre Freiheit wiedergeshywonnen haben eingerichtet bzw_ wieder eingerichtet Der Wiedershyaufbau nationaler Vereinigungen braucht dagegen Zeit Sie muumlssen dem tatsaumlchlichen Evangelisieshyrungsbedarf sowie der Entwickshylung im nationalen Bereich entshysprechen Die internationale Vershyeinigung muszlig aber auch Mittel und Wege finden die neuen Zweige zu unterstuumltzen damit sich ihre Taumltigkeit in die pastoralen Zielvorshystellungen die auf dieser Synode

festgelegt werden nahtlos einshyfuumlgt

JOrgen Bringmann

Erklaumlrung von Rom zum Internationashylenjahr der Familie 1994

Die 29 Generalversammlung der OIG-Konferenz - beschlieszligt den Auftrag der Arshy

beitsgruppe Familie zu erneushyern und zu staumlrken indem sie dieser Arbeitsgruppe Vorrang einraumlumt und sie mit den Mitshyteln ausstattet die sie braucht um den kollektiven und spezieshylen Beitrag der Internationalen Katholischen Organisationen zur Vorbereitung und Durchshyfuumlhrung des Internationalen Jahres der Familie 1994 durch geistige Orientierung und aktishyve Unterstuumltzung zu vervollmiddot staumlndigen ersucht alle OIG ihren spezielshylen Beitrag zum Internationashylen Jahr der Familie im Rahshymen ihrer Mitgliedschaft festmiddot zulegen und der Arbeitsgruppe die Ergebnisse mitzuteilen ersucht alle OIG im Rahmen der Glaubensverkuumlndigung den Belangen und Moumlglichkeishyten der Familien besondere Aufmerksamkeit zu schenken und Aktivitaumlten fOr das Internashy

118 Auftrag 201

-

-

-

tionale Jahr der Familie anzushyregen unterstuumltzt nachdruumlcklich die Arbeit der zwei bestehenden Unterarbeitsgruppen in Wien und Paris sowie die Bildung weiterer Unterarbeitsgruppen in New York Genf und Straszligshyburg fordert die OIC-Generalsekreshytaumlre auf die Koordinierung und Praumlsenz ihrer Vertretungen bei den UN der UNESCO und dem Europarat im Hinblick auf die Vorbereitungen fuumlr das Intershynationale Jahr der Familie in diesen internationalen Greshymien zu verstaumlrken fordert die Arbeitsgruppe auf ihre Zusammenarbeit mit andeshyren nichtstaatlichen Organisashytionen und den jeweiligen Famiddot milienausschOssen nichtstaatmiddot ficher Organisationen weiter zu intensivieren und den Inforshymationsaustausch und die Zushysammenarbeit mit dem Paumlpstshy

~ 1492[A1992

lichen Rat fuumlr die Familie der federfuumlhrenden Stelle des Heishyligen Stuhls tur die Vorbereishytung des Internationalen Jahshyres der Familie weiterzuentshywickeln

- unterstotzt die Erarbeitung und Veroumlffentlichung einer OICshyBroschuumlre uumlber die Familie fOr das Internationale Jahr der Famiddot milie mit dem Ziel die Aufshymerksamkeit verstaumlrkt auf die Probleme und Staumlrken der Fashymilie zu lenken und die immashyteriellen Werte zu foumlrdern durch die Familien im Rahmen der Programme und Aktivitaumlten fOr das Internationale Jahr der Familie unterstuumltzt werden

- fordert die Moumlglichkeit zu pruumlshyfen die Familie und die Ziele des Internationalen Jahres der Familie 1994 in Thematik und Programm der naumlchsten Geneshyralversammlung 1993 aufzushynehmen

JOrgen Bringmann

I ll

Ich bin betroffen von Ungerechtigkeit und Tod damals aber ich bin floch mehr betroJJim von Ungerechtigkeit und Tod heute - weil ich heute etwas

GulClTIZdagegen tun kann

Auftrag 201 119

GESELLSCHAFT NAH UND FERN

Diese Truumlmmer haben Zukunft

Im Jahr 1992 erinnern wir uns an die Kolumbusfahrt in die Neue Welt Dabei wird auch von der Rolshyle der Kirche und ihrer Missionare die Rede sein Licht und Schatten kennzeichneten ihren Weg durch die Geschichte dieses Erdteils Zu den hellen Seiten gehoumlrt zweifelshylos die Arbeit der Jesuiten in den Indianerreduktionen Ihre Ruinen stehen in Paraguay Argentinien Bolivien und Suumldbrasilien Eine dieser alten Missionssiedlungen liegt am Rio Parana wo alte Geshybaumlude aus der Jesuitenzeit noch immer benutzt werden

Rein statistisch gesehen sind die Indios am Ufer des Rio Parana eine unbedeutende Groumlszlige Was ist schon eine Huumltte von knapp 1 Meshyter 80 Houmlhe gegen die 70 Meter hohe Zentrale des in der Naumlhe entshystehenden Staudammes von Yacyshyreta Doch fast nichts Was ist schon die Umsiedlung von 14 Inshydiofamilien aus dem Volk der Mbya gegen den neuen Staushydamm der Zehntausenden Arbeit und Hunderttausenden Strom brinshygen will Doch fast nichts Und deshalb sind die Indios am Ufer des Rio Parana rein statistisch geshysehen so unbedeutend daszlig man bereit ist sie ohne Gewissensbisshyse auszuloumlschen

Und genau deshalb kuumlmmert sich Padre Franz Xaver Mader zushysammen mit den SChwestern seishynes P1arrteams um die Interessen dieser Menschen Ihm wuchs dashymit eine Aufgabe zu die seine Pfarrei bereits vor gut 200 Jahren beSChaumlftigte der Einsatz fuumlr die Ureinwohner dieses Landes deshynen der Wildwuchs des Fortshyschritts die Lebensgrundlagen zershystoumlrt Es geht uns dabei nicht darshyum sagt er diese Leute moumlgshylichst schnell zu taufen Sie wollen sich ihre angestammte Lebensshyform und ihre Braumluche bewahren ihre Mythen und ihr Weltbild Doch das ist schwer denn der Stausee uumlberschwemmt die Inseln wo sie bisher lebten

Ein bluumlhendes Gemeinwesen

Seit Weihnachten 1987 arbeitet der aus St Engelmar im Bayerishyschen Wald stammende Priester der Dioumlzese Regensburg in Parashyguay in dem 2500 Einwohner zaumlhshylenden Pfarrort St Cosme und Dashymian Den Namen bekam die Pfarshyrei im Jahre 1760 als sich einige Jesuiten zusammen mit weit Ober tausend Eingeborenen dort seszligshyhaft machten In uumlber dreiszligig Reshyduktionen so nannte man diese Doumlrfer betreuten sie damals rund 200000 Indios Sie wollten die Urshyeinwohner vor den Sklavenjaumlgern und Ausbeutern schuumltzen ihnen

120

gOnstige Lebensbedingungen vershyschaffen sowie sie zu selbstbeshywuszligten und uumlberzeugten Christen erziehen Zwischen 1761 und 1768 stieg die Zahl der in San Cosme leshybenden Indios von 1593 auf 3346 Doch 1767 wurden die 2600 taumltigen Jesuiten vertrieben Wie sehr San Cosme bluumlhte zeigt die Abschluszligshyinventur 25044 Rinder 2945 Wildshypferde 638 Reitpferde 1792 Ochshysen 8050 Schafe Mit dem Zwangsauszug der Missionare beshygann der unaufhaltsame Niedershygang auch dieser Reduktion

Wiederbelebung San Cosme ist einzigartig denn

sie ist die einzige Jesuitensiedshylung in ganz Paraguay von der einshyzelne Gebaumlude bis in unsere Tage noch genutzt werden Und weitere Gebaumlude die heute Ruinen sind versucht P Mader wieder aufzushybauen Da war doch einmal Leben in den Mauern sagt er sich also muumlszligte da auch wieder Leben hinshyeinzubringen sein Die pastoralen und baulichen Wiederbelebungsshyversuche laufen inzwischen auf Hochtouren Die Gebaumlude sollen wieder ein geistliches Zentrum beshyherbergen in dem die Noumlte der Zeit genauso effektiv angepackt werden wie vor 200 Jahren Und der Anfang ist schon gemacht Jeshyden Freitag nach der Abendmesse treffen sich beispielsweise einige Frauen um eine Unterschriftenakshytion gegen das vor kurzem im Dorf eroumlffnete Bordell fOr die Staushydammarbeiter zu besprechen

Auftrag 201

Einige Politiker verdienen sich damit eine goldene Nase erlaumlushytert P Mader die Situation Doch die Christen von San Cosme sind nicht bereit sich das von denen da oben widerstandslos gefallen zu lassen

Ein anderes Problem steckt tief in den Herzen der Menschen selbst der Aberglaube Wir haben hier im Dorf drei Zauberer weiB P Mader die regelmaumlszligig dienstags und freitags ihre Zaubertage hashyben Dieser Kult sitzt ganz tief in den Menschen

Nicht nur deshalb steht die Vershytiefung des Glaubens im Zentrum der Arbeit von Xaver Mader Er will in den restaurierten Gebaumluden Kashytecheten heranbilden die die Kinshyder nicht nur auf die Erstkommushynion vorbereiten Wir brauchen Geshymeindeleiter die sonntags WortshygotteSdienste halten und das Geshymeindebewuszligtsein foumlrdern

Ein Haus voller Leben Beim Rundgang durch das alte

Jesuitenkolleg treffen wir Schweshyster Benilde Sie spricht 224 Jahre nach dem Auszug der ersten Misshysionare mit einigen Jugendlichen uumlber die Kirche als Leib Christi der durch seine Glieder Heil und Erloumlsung in die Welt bringen will Glaube ist eben nicht Brauchtumsshypflege sondern Anleitung zum Handeln Ihre Mitschwester Julia versuchte vormittags 23 Kindern die Gestalt Jesu nahezubringen der ein Freund der Armen und Schwachen war

121 Auftrag 201

Waumlhrenddessen singen auf dem Vorplatz 40 Kinder ein Lied uumlber Abraham den Vater des Glaubens Die alten Jesuiten sie empfaumlnden gewiszlig groszlige Freude koumlnnten sie das alles miterleben Hatten doch paraguayische Experten das endshygUumlltige Aus fuumlr die alten Gemaumluer bereits beschlossen Und zwar mit dem Argument daszlig etwas das schon lange eine Ruine gewesen sei nicht restauriert werden duumlrfe ohne die Geschichte zu verfaumllshyschen

Doch da waren Pfarrer und Arshychitekt entschieden anderer Meishynung Eine lebendige Kirche keishyne toten Ruinen schrieben sie groszlig auf ein Transparent auf der Frontseite der Kirche San Cosme soll leben diese Truumlmmer haben Zukunft

P Roger Gerhardy OSA

Adveniat unterstuumltzt die Arbeit von P Xaver Mader in Paraguay Falls Sie ebenso einen Beitrag dazu leisten wollen spenden Sie bitte an folgende Kontonummer Bishyschoumlfliche Aktion ADVENIAT Sparkasse Essen (BLZ 36050105) Kto-Nr213900

(aus Licht Nr 192)

Christen in Staaten unter islamischer Vorherrschaft Hochachtung fuumlr die Muslime

bezeigt das Zweite Vatikanische Konzil in seiner Erklaumlrung uumlber das Verhaumlltnis der Kirche zu den nichtshychristlichen Kirchen vom 28 Oktoshyber 1965 In Nr 3 Die Religion des Islam heiszligt es im Kontext dazu woumlrtlich Mit Hochachtung beshytrachtet die Kirche auch die Mosshylems die den alleinigen Gott anbeshyten den lebendigen und in sich seienden den barmherzigen und allmaumlchtigen den Schoumlpfer des Himmels und der Erde der zu den Menschen gesprochen hat Sie muumlhen sich selbst seinen verborshygenen Ratschluumlssen sich mit ganshyzer Seele zu unterwerfen so wie Abraham sich Gott unterworfen hat auf den der islamische Glaube sich so gern beruft Jesus den sie allerdings nicht als Gott anerkenmiddot nen verehren sie doch als Propheshyten denn sie ehren seine jungfraumlushyliche Mutter Maria die sie bisweishylen auch in Froumlmmigkeit anrufen uumlberdies erwarten sie den Tag des Gerichtes an dem Gott alle Menshyschen auferweckt und ihr Vergelmiddot ter ist

Daher haben sie eine hohe Achshytung vor dem sittlichen Leben und verehren Gott besonders durch Gebet Almosen und Fasten Da Jeshydoch im Laufe der Jahrhunderte

122 Auftrag 201

nicht wenige Zwistigkeiten und Feindschaften zwischen Christen und Moslems entstanden sind ershymahnt die heilige Synode alle daszlig sie das Vergangene beiseite lasshysen sich aufrichtig um gegenseitishyges Verstehen bemuumlhen und geshymeinschaftlich die soziale Geshyrechtigkeit die sittlichen Guumlter soshywie Frieden und Freiheit fuumlr alle Menschen schuumltzen und foumlrdern

Das Vergangene beiseite zu lassen ist leider bis heute nicht gelungen Im Gegenteil Neue Spannungen sind aufgetreten hashyben Schwierigkeiten im Gefolge die das Zusammenleben mit Musshylimen immer kritischer werden Jasshysen

Spaumltestens mit der schiitischen Revolution 1979 im Iran die Schah Reza Pahlewi seines Throshynes beraubte und Ayatollah Khoshymeini aus dem franzoumlsischen Exil an die Spitze eines theokratischen Staates fuumlhrte dOrfte den Abendshylaumlndern wieder beWUszligt geworden sein welche Massen mobilisierenshyde Macht in Religion im allgemeishynen und im Islam im besonderen liegt

Die Dialogbereitschaft des Vatishykans hat auf seiten der Mohammeshydaner nie ein entsprechendes Echo gefunden Sofern sich Konshytakte ergeben hatten waren diese meist schwach und Belastungen keineswegs gewachsen

Die islamische Renaissance und der Einfluszlig des Ayatollah Khoshymein machten dann die Kontakte noch schwieriger erschwerten

aber auch den wenigen dialogwillishygen Muslimen sich mit den Kathoshyliken einzulassen

Bei seinen Pastoralreisen nach Afrika hat Papst Johannes Pauill stets die Begegnung auch mit muslimischen Fuumlhrern gesucht Doch der Erfolg dieser Begegnunshygen war kaum nennenswert In dieshysem Zusammenhang berichtete Erich B Kusch Zwar untershystreicht der Papst immer wieder die echten religioumlsen Werte des Islam der Respekt und Anerkenshynung von seiten der Christen vershydient muszlig aber gleichzeitig zugeshyben daszlig der Dialog in diesem Aushygenblick nicht einfach sei und nicht von allen gewuumlnscht werde Es sei Oberhaupt schwierig so der Papst Gespraumlchspartner und eine gemeinsame Sprache zu finden Und mancherorts wuumlrden Rechtsshygleichheit und Kulturfreiheit vershyweigert 1)

Nichtsdestotrotz sagte Johanshynes Paul 11 Anfang Januar 1992 bei seiner Ansprache vor Diplomashyten raumlume die katholische Kirche dem Dialog mit dem Islam Vorrang ein Aber es besteht im Vatikan kein Zweifel daran daszlig die Probleshyme des Dialogs mit dem Islam insshybesondere auch durch den Golfshykrieg bedingt heute groumlszliger sind als je zuvor

1) Erich B Kusch Gewandeltes Verhaumlltmiddot nis - die katholische Kirche und der Isshylam - in Die Neue Ordnung Nr 5 1990 Kusch ist Zeitungs- und Rundfunkshykorrespondent in Rom

123 Auftrag 201

Der Islam ist eine militante und agshygressive Religion

ist kaumlmpferisch ausgelegt Wo die Muslime die Macht besitzen und die Sharia herrscht sind alle Nichtmuslime Unglaumlubige sind Christen Buumlrger 2 Klasse

Hier aber schreibt Hubertus Janas liegt der Hauptproblemshypunkt im Verhaumlltnis zwischen Chrishysten und islamischem Staat Gilt die Sharia so sind nur Muslime volle Rechtspersonen Christen und Juden erhalten den Status von Schutzbefohlenen (dhimmi) weil sie aus der Religion Abrahams hershyvorgegangen und somit Leute des Buches sind alle anderen Menshyschen kommen gar nicht vor Fuumlr Christen also bedeutet Leben unshyter der Sharia zuerst unter einem fremden religioumlsen Gesetz leben zu muumlssen weil dieses zugleich auch Gesetz des Staates geworshyden ist der auch der ihre ist Die Sharia schlieszligt sie dann natuumlrlich ~uch vom Zugang zu oumlffentlichen Amtern sowie von politischen Entshyscheidungsprozessen aus und entshyzieht ihnen weitgehend den Schutz des Gesetzes schraumlnkt die Ausshyuumlbung des Kultes und der Religion bis zur voumllligen Aufhebung ein hebt auch die Freiheit der Berufsshywahl fuumlr Christen auf bestimmt das Verhaumlltnis innerhalb der Ehe unterstuumltzt jede Art missionashyrischer Taumltigkeit von Muslimen waumlhrend sie sie fuumlr andere gerade~ zu apriori ausschlieszligt und erlegt dem dhimmi zu allem noch schweshy

re Lasten auf Auf diese Weise werden Christen in konsequent isshylamischen Staaten zu sozial polishytisch und auch wirtschaftlich marshyginalisierten Buumlrgern zweiter Klasshyse zu bestenfalls geduldeten Randexistenzen die dann im schlimmsten Fall auch massashykriert vergewaltigt oder in die Sklaverei verkauft werden 2)

Die Christen im Iran

waren und sind immer noch eine verschwindende Minderheit Seit der Machtergreifung Khomeinis hat ihre Zahl staumlndig abgenomshymen Unter der Herrschaft Schah Reza Pahlewis lebten annaumlhernd 300000 Christen im Iran heute sind es weit weniger als 200000

1988 veroumlffentlichte Otmar Oehshyring in Mission aktuell nachsteshyhende Angaben Die groumlszligte Grupshype der Christen ist die der etwa 120000 orthodoxen Armenier Dann folgen 30000 Nestorianer 5000 Protestanten und 4000 Anglishykaner Die Zahl der Katholiken ist seit dem Sturz des Schahregimes von 40000 auf 18000 zuruumlckgeganshygen 12000 Chaldaumler 3000 katholishysche Armenier und rund 300 roumlshymisch-katholische Christen 3)

Alles in alem sind die Christen des Iran eine Minderheit von vielshyleicht noch 05 der Gesamtbeshyvoumllkerung Die herrschenden Mulshy

2) Hubertus Janas Die Situation der Chrishysten in islamischeen Staaten in Der Dom Nr 18 vom 5591 paderborn

3) MISSIO aktuell 388 Aachen

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lahs forcieren die Islamisierung des Landes mit dem Ziel die nichtshymuslimischen Religionsgemeinshyschaften aus dem oumlffentlichen Leshyben zu verdraumlngen sie setzen alles daran die Christen kulturell zu isoshylieren

Soweit roumlmisch-katholische Geistliche im Iran arbeiten sind dies durchweg Auslaumlnder die vorshynehmlich die zumeist aus Auslaumlnshydern zusammengesetzten Angehoumlshyrigen ihrer Kirche betreuen Vielshyfach betreuen diese Priester aber auch chaldaumlische Christen da die chaldaumlische Kirche uumlber keinen eishygenen Priesternachwuchs mehr verfUgen kann

Die Arbeit der roumlmisch-katholishyschen Geistlichen kann nur aufgeshynommen werden wenn diese eine Aufenthalts- und Arbeitsgenehmishygung besitzen die sie alle sechs Monate erneuern lassen muumlssen Die Aufenthalts- und Arbeitsgeshynehmigung wird nur erteilt wenn die Antragsteller die schikanoumlse Befragungsprozedur des Ershad Islami der staatlichen Behoumlrde fuumlr islamische Orientierung uumlberstehen

Der Islamisierung sind auch die christlichen Kinder in ihren Schushylen unterworfen Die Lehr- und Lernmittel werden zensiert und sind islamisch durchwoben Die im Religionsunterricht zu verwenshydenden BOcher schrecken vor eishyner Diffamierung des Christenshytums nicht zuruumlck Sofern man Oberhaupt noch christliche Schushylen unterhaumllt fungieren Muslime

Auftrag 201

mit als Leiter In den oumlffentlichen Schulen muumlssen Kinder am islamishyschen Religionsunterricht teilnehshymen In der Welt der Arbeit tun sich Christen immer schwerer Kaum daszlig sie noch in Fabriken oder Buumlros Beschaumlftigung finden gibt es auch im Handel immer weshyniger Verdienstmoumlglichkeiten Von Aumlmtern im Staatsdienst werden Christen generell ferngehalten Christliche Mission findet nicht mehr statt Wer zum Christentum uumlbertreten will wird strafrechtlich verfolgt hat gegebenenfalls sogar die Todesstrafe zu fuumlrchten Wer dagegen zum Islam konvertiert wird belohnt

Im Iran herrscht das klassische islamische Rechtssystem das die Gesellschaft in zwei Klassen teilt Vollbuumlrger sind nur Muslime Nichtmuslime werden mehr oder weniger nur geduldet Das aber haumlngt zumeist vom Willen derer ab die die politischen Verhaumlltnisshyse bestimmen und die staatlichen Institutionen beherrschen Im Iran herrschen die Mullahs fuumlr sie sind die Christen Unglaumlubige die aus dem oumlffentlichen Leben verdraumlngt werden muumlssen Verfolgungen sind dabei nicht auszuschlieszligen

Die Christen in der Tuumlrkei

bilden - wie im Iran - eine vershyschwindend kleine Minderheit Geshygenwaumlrtig leben 100000 Christen unter insgesamt 50 Millionen Musshylimen

Auftrag 201 125

Die aggressive Renaissance des Islam hat auch in der TOrkei Veraumlnshyderungen in Staat und Gesellshyschaft zum Nachteil der Christen bewirkt

Offiziell schreibt Ludwig Hashygemann bekennt sich ja der Staat zum Laizismus und will kein islamischer Staat sein Zwar geIshyten nach der tuumlrkischen Verfasshysung islamischer und christlicher Glaube als gleichberechtigt doch die Wirklichkeit sieht anders aus Durch Eintrag in ihren Personalshyausweis werden Christen als Nicht-Muslime registriert Christ sein und Tuumlrke sein schlieszligen sich folglich aus Dashydurch sind sie doppelt mindershywertig als Nicht-Muslime und als Nicht-Tuumlrken Angesichts der Rechtspraxis ist die Durchsetzung ihrer verfassungsmaumlszligigen Rechte erheblich verschlechtert ja aufshygrund des nationalistischen Fanashytismus oft grundsaumltzlich ershyschwert bis unmoumlglich Es besteht ihnen gegenuumlber weder gesellshyschaftlich noch in der Verwalshytungspraxis Akzeptanz Als Anshyschlag auf den islamischen Glaushyben wird die Arbeit der Kirchen geshybrandmarkt und als versteckter Versuch deklariert die Tuumlrkei zu einem christlichen Land zu machen

Strafverfolgung wegen angebshylich antituumlrkischer Propaganda sind nicht selten Zu Beginn des Jahres 1989 warnten uumlber Wochen hinweg Zeitungen mit Massenaufshylage in ihren Schlagzeilen vor den

angeblichen Zielen christlicher Kirchen Solche Propagandafeldshyzuumlge vergiften natuumlrlich die Atmoshysphaumlre zwischen Christen und Muslimen und es mehren sich die Nachrichten uumlber Angriffe und Uumlberfaumllle auf Christen zumal in laumlndlichen Gebieten besonders im Suumldosten der Tuumlrkei wo der Isshylam noch staumlrker verwurzelt ist als in den Groszligstaumldten zwar bieten die Anonymitaumlt der Groszligstaumldte und die starke Praumlsenz der Polizei den nichtmuslimischen Minderheishyten dort einen gewissen persoumlnlishychen Schutz in der Provinz hingeshygen sind sie den Schikanen des wiedererstarkenden Islamismus ausgesetzt der zunehmend Einshyfluszlig auf die Politik gewinnt Obshywohl die Tuumlrkei ihrer Verfassung nach ein laizistischer Staat mit strikter Trennung von Religion und Politik ist - sie steht damit im Geshygensatz zum islamischen Erbe - wird in Ruumlckbesinnung auf dieses Erbe die Einheit der Religion heute mehr und mehr als Garant fuumlr den inneren Zusammenhalt des Staashytes betrachtet 4)

Wie schwierig sich das Zusamshymenleben zwischen Christen und Muslimen im Suumldosten der TOrkei gestaltet hat Dr Otmar Oehring MISSIO-Projektreferent fuumlr die Kirshyche im Orient und muslim ische

4 Ludwig Hagemann Zum Aufbruch des Islam - eine Stellungnahme christlimiddot cherseits Hintergruumlnde Bedenken und Anfragen - Aussichten in Der Ismiddot lam in Bewegung Paulusverlag Freishyburg Schweiz 1991

126

Laumlnder in einem Interview veroumlfshyfentlicht in MISSION aktuell 190 anschaulich dargestellt Die musshylimischen Staatsangehoumlrigen in dieser Region versuchen schon seit langem die Christen zum Weggang zu bewegen ja sie sogar durch Mord auszurotten Es ist beishyspielsweise vorgekommen - wie wir gerade auf dieser Reise wieder gehoumlrt haben - daszlig bereits Mitte

der sechziger Jahre in vielen Doumlrshyfern von der kurdisch-muslimshysehen Bevoumllkerung die Weinstoumlkshyke christlicher Familien abgeshyschnitten wurden Getreidefelder wurden kurz vor der Ernte angeshyzuumlndet Tiere auf der Weide vergifshytet Kinder vor allem Maumldchen wurden vergewaltigt 5) Wie beshynachteiligt die Christen in der TUumlfshykei ganz allgemein sind erklaumlrt Otshymar Oehring wie folgt Christen haben zum Beispiel nicht die Moumlgshylichkeit alle Berufe zu ergreifen die ihre muslimischen Mitbuumlrger ausuumlben koumlnnen Sie sind fast gaumlnzlich ausgeschlossen vom Staatsdienst Sie koumlnnn keine Lehshyrer und in der Regel auch nicht Rechtsanwaumllte werden

Kinder von Christen muumlssen am islamischen Rel igionsunterricht teilnehmen und werden dort nicht selten wegen ihres Glaubens vershyhoumlhnt Sie werden als unreine Unshyglaumlubige bezeichnet mit denen man keinen Umgang pflegen sollshyte Die Christen werden vielerorts regelrecht wie Aussaumltzige behanshydelt u6)

Der religioumlse Pfichtunterrricht

Auftrag 201

auch fuumlr christliche Kinder 1982 in die tuumlrkische Verfassung aufgeshynommen verstieszlig gegen die Richtshylinien in Absatz 167 des abschlieshyszligenden KSZE Dokuments vom 1511989 wonach die Freiheit der Eltern zu achten ist die religioumlse und sittliche Erziehung ihrer Kinshyder in Uumlbereinstimmung mit ihren eigenen Uumlberzeugungen sicherzushystellen Da die Tuumlrkei dieses Doshykument mitunterzeichnet hat soshywie aufgrund etlicher auslaumlndishyscher Proteste gedraumlngt wurden die christlichen Kinder vom islashymischen Religionsunterricht 1990 wieder befreit Im Sommer desselshyben Jahres wurde der Pflichtuntershyricht naumlmlich abgeschafft (L Hashygemann)

Festzuhalten ist Vor mehr als dreiszligig Jahren begann in der Tuumlrshykei der Exodus der Christen Anshyfaumlnglich kamen sie als Gastarbeishyter spaumlter zumeist als Asylanten Nirgends ist ihre Zahl so verringert worden wie hier

Die Welt des Islam erstreckt sich einmal in einem

breiten Guumlrtel der von Marokko

5) MISSIO aktuell 1190 Aachen Dr Otmar Oehring hat 1989 eine Informations-Reishysegruppe besetzt aus Politik und Kirshychein die TOrkei geleitet

6) Ebd 7) Vgl Anm 4 8) Arbeitshilfe Nr 63 vom 30489 Sekretashy

riat der Deutschen Bischofskonferenz Bonn

9) Aus Gemeinsamer Hirtenbrief der kashytholischen Bischoumlfe des Sudan vom 27 Juni 1984 in Stimme der Weltkirche Nr_ 22 Bonn 1984

127 Auftrag2Q1

am Atlantischen bis nach Pakishystan am Indischen Ozean reicht zum anderen erstreckt sie sich uumlber weite Teile Asiens und Suumldshyostasiens Auch die zentralasiatishyschen Republiken der ehemaligen UdSSR gehoumlren heute zu den Kernshygebieten des Islam Die Muslime die heute in Europa leben sind zushymeist Gastarbeiter oder Asylanshyten

Die Zahl der Muslime betraumlgt insgesamt rund 1 Miliarde davon Sunniten 700 bis 800 Millionen Schiiten uumlber 100 Millionen Der Isshylam ist eine der groszligen Weltrelishygionen die ihren Glauben dynashymisch wenn es nicht anders geht auch militant verbreitet In den Laumlndern in denen der Islam Staatsreligion ist und die Institushytionen beherrscht sieht er keine Veranlassung sich mit den christshylichen Kirchen zu arrangieren Eine ruumlhmliche Ausnahme bildet allerdings Gambia das kleine Land an der Westkuumlste Afrikas Von den 800000 Einwohnern Gamshybias bekennen sich 90 zum Isshylam 25 umfaszligt die katholische Kirche Nirgendwo auf der Welt ist das Verhaumlltnis zwischen Christen und Muslimen so spannungsfrei Gambia schreibt Toni Goumlrtz in MISSIO aktuell ist nicht ergriffen von dem Sog der rund 20 islamishysche gepraumlgten Staaten in Afrika die sich die Ausrottung des Chrishystentums auf ihre Fahnen geshyschrieben haben Im Gegenteil Ohne die katholische Kirche gaumlbe es heute kaum ein Schulsystem in

Gambia Und die Schuumllerinnen und SchOler in den katholischen Lehrshyanstalten sind fast alle Muslime Bischof Michael J Cleary der seishynen Sitz in der Hauptstadt Banjul hat Sechs unserer Stammesminishyster sind ehemalige Schuumller von mir 10) Leider macht das Beishyspiel Gambia nicht Schule Wie es anderwaumlrts bestellt ist dafOr einishyge Beispiele - Seit Mitte 1987 wird in Sierra

Leone der erste islamische Rundfunksender betrieben der taumlglich vier Stunden lang die Lehren des Islam in Englisch Franzoumlsisch und Tulani verkuumlnmiddot det

Hauptziel des Senders Die muslimische Bevoumllkerung in den westafrikanischen Staaten reshyligioumls zu unterweisen und christlishyche Missionierungsversuche zu stoppen (MISSIO aktuell 288) - Seit 1979 streiten die Mudjaheshy

din in Afghanistan im Namen Allahs tor ihr Land Ein Land (nahezu 100 muslimisch) in dem auch Kinder kaumlmpfen und sterben tor einen Heiligen Krieg

- In Pakistan ist der Islam Staatsreligion 972 der BeshyVOumllkerung sind Muslime Die Christen machen 14 der Geshysamtbevoumllkerung von 10541 Milionen aus Politik und GeshyseIschaft sind islamisch vershyflochten Seit 1990 ist vordringshyliche Aufgabe der Regierung

10) MISSIO aktuell 691 Aachen

128 Auftrag 201

die Islamisierung aller Leshybensbereiche Im Januar 1991 wurde die Sharia (wieder) als geltendes Recht eingefuumlhrt Fuumlr die Christen gibt es kaum noch eine Moumlglichkeit gesellshyschaftlich und wirtschaftlich aufzusteigen

- Im Irak sind die Christen eine miszligachtete Minderheit sie bilshyden das untere Ende der soziashylen Rangordnung Bezeichshynend ist was der christliche Lehrer Hirmiz feststellt Wir Christen koumlnnen weder mit Arabern noch mit Kurden leshyben Wir sind fuumlr sie Unglaumlubishyge und deshalb betrachten sie und als minderwertig Seit Maumlrz 1991 sind mehr als 190000 irakische Christen auf der Flucht Offensichtlich wolshylen die Machthaber im Irak alle Christen des Landes verweishysen sie leben zwischen Flucht und Tod Genaue Zahlenangashyben feh len (vg I M ISSIO aktuell 591) In Saudi-Arabien fuumlhren die Christen ein Katakombendashysein Hier ist der christliche Glaube strikt verboten auch bei Auslaumlndern Gottesdienste koumlnnen und duumlrfen nicht abgeshyhalten werden Kein katholishyscher Priester darf offiziell das Land betreten Religioumlse christliche Embleme duumlrfen nirgendwo auch im privaten Bereich nicht gezeigt werden Uumlber die Situation der Christen in Saudi-Arabien urteilt Bishy

schof Bernardo Gremoli der fuumlr das apostol ische Vikariat Arabien zustaumlndig ist drashystisch und treffend Die dortishyge Einschraumlnkung der Relishygionsfreiheit stehe im Widershyspruch zu den von der UNO anshyerkannten Menschenrechten und zu den Abmachungen von Helsinki ja sogar zu den Erklaumlshyrungen des islamischeen Rashytes Und angesichts der Toleshyranz vor allem in westlichen Laumlndern fuumlgt der Bischof hinzu Es scheint uns nicht richtig daszlig der Islam fortfaumlhrt Moscheen und Bekenntnisshyzentren in der ganzen christlishychen Welt einschlieszliglich Roms zu bauen und sich noch groumlszligerer Rechte zu ershyfreuen waumlhrend er den Chrishysten diese grundlegenden Menschenrechte nicht zubilshyligt 11)

11) MISSIO aktue 391 Aachen 1984 wurde in Rom in Anwesenheit des

damaligen italienischen Staatspraumlsimiddot denten Sandor Pertini und Vertretern des Vatikans der Grundstein fuumlr die neue Moschee gelegt Der Bau der Momiddot schee soll nicht allein religioumlsen Zwekmiddot ken dienen sondern wie die islamische Gesellschaft hofft auch ihren politishyschen Einfluszlig in Italien staumlrken (Erich B Kusch vgl Anm 1) Die Moschee hat ein 42 Meter hohes Minarett Der Bau sollte Ende 1991 fertiggestellt sein Die Zahlenangaben sind weitgehend dem Informationsheft Die Situation der Christen in islamischen Staaten entshynommen Kirche in NotlOstpriesterhilfe in Deutschland e V Muumlnchen

Auftrag 201 129

Abschlieszligend bleibt festzuhalshyten Der Islam ist und bleibt eine der groumlszligten Herausforderungen Er gewinnt zunehmend an Kraft auch in Europa Es ist nicht zu uumlbersehen daszlig die Christen in isshylamisch gepraumlgten Staaten aller Achtung zum Trotz die die christlishychen Kirchen dem Islam zollen weithin und mehr denn je ausgeshygrenzt oder verfolgt werden

Der Islam glaubt und vertritt daszlig er Juden- und Christentum (die beiden anderen Buchreligioshynen) uumlberboten und abgroumlst habe Diese Auffassung es ist vor allem die der muslim ischen Fundamenshytalisten stoumlrt oder verweigert jeshydes Gespraumlch zwischen den Relishygionen Ich kann nicht die beunrushyhigende Lage von Christen in beshystimmten Laumlndern verschweigen wo der Islam die Religion der Mehrheit ist sagt Papst Johanshynes Paul 11 in seiner Neujahrshysansprche 1990 im Vatikan vor dem diplomatischen Corps Denshynoch raumlume die katholische Kirche dem Dialog mit dem Islam Vorrang ein wie der Papst bei seiner Anshysprache vor Diplomaten Anfang Januar 1992 unterstrich Wie ernst und wichtig dies Papst Johannes Paul 11 ist hat er wiederum bei seishynem achten Pastoralbesuch in Afrika vom 19 bis 26 Februar beshywiesen So traf er sich zweimal mit muslimischen Fuumlhrern und Wuumlrshydentraumlgern im Senegal und einmal in Guinea

Papst und Vatikan verkennen darOber sicherlich nicht daszlig der

Islam sich als Weltreligion in seishynen fOnf groszligen Kulturgebieten in den arabischen Staaten in der TOrkei in der iranisch-indischen und in der malaysisch-indonesishysehen Region sowie in Afrika nicht nur behauptet sondern auch ausshydehnt

Wilhelm Lehmkaumlmper

Bischof Lehmann gruumlszligt Muslime zum Ende des Ramadan

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Bischof Karl Lehmann hat in einer Gruszligbotshyschaft zum Ende des muslimishyschen Fastenmonats Ramadan daran erinnert daszlig noch immer Menschen unter den Folgen des Golfkrieges litten In der am Mittshywoch in Bonn veroumlffentlichten Ershyklaumlrung weist Lehmann zugleich darauf hin daszlig neue Konfliktherde entstanden seien wo christliche oder muslimische Minderheiten ihre Rechte einklagten Dazu zaumlhlshyten Aserbeidschan Sudan oder Malaysia Daneben gebe es aber auch Grund zu Zuversicht und Hoffnung So wuumlrden zwischen Isshyrael und Palaumlstina Friedensvershyhandlungen gefuumlhrt und in Malta haumltten sich Christen und Muslime getroffen um gemeinsame Loumlsunshygen fuumlr das Fluumlchtlingsproblem zu finden In Europa suchten Vertreshy

130

ter der christlichen Kirchen erstshymals konkret nach Moumlglichkeiten die Mitarbeiter in der pastoralen Arbeit fOr die interreligioumlse Begegshynung mit Muslimen auszubilden Lehmann macht darauf aufmerkshysam daszlig der Fastenmonat in dieshysem Jahr zeitgleich mit der oumlsterlishychen Buszligzeit begangen werde Die Muslime haumltten waumlhrend ihrer Fashystenzeit die Abhaumlngigkeit des GeshysChoumlpfes vom Schoumlpfergott neu meditiert die Christen haumltten sich durch Fasten Gebet und Hilfen fuumlr die Armen auf die Heils- und Erloumlshystungstat Jesu Christi geistig vorshybereitet (KNA vom 25392)

Die Demokrashytisierung in der CSFR-Armee

Seit dem kommunistischen Putsch hat es mit der Zeit eine stramm moskauhoumlrige Armee in der CSSR gegeben die - im Vershygleich mit der pOlnischen oder unshygarischen ja auch rumaumlnischen Armee - kaum aus der Reihe tanzte Es gab nur wenige Offizieshyre die im Jahre 1968 den Kurs des Prager FrOhlings mitmachten Und es dominierten unter den Berufsshysoldaten die Tschechen zumal das Gros der Tschechen stets proshyrussisch und antideutsch war

Im Januar 1990 wurden 5000 von Unverbesserlichen aus dem houmlshyheren Offizierskorps entlassen 20

Auftrag 201

Prozent der Offiziere blieben den spaumlter eingesetzten Uumlberpruumlfungsshykommissionen fern Resultat dieshyser Kommissionen 9460 Offizieshyre - das sind 15 Prozent - wurshyden aus der Armee entfernt

Von den 157 Generalen wurden 87 entlassen oder gingen von alshylein Entfernt wurden alle jene Offishyziere die irgendwie aktiv an der Niederwerfung des Prager Fruumlhshylings beteiligt waren Es kam ein neues Militaumlrgesetz daszlig auch den Ersatzdienst zulieszlig Infolgedessen wechselten 14000 Rekruten zum Ersatzdienst uumlber

Ende 1991 wurden zwei der vier Militaumlrgymnasien aufgeloumlst Die neue Militaumlrdoktrin verpflichtete sich zur Entmilitarisierung beizushytragen keine terriorialen Anspruumlshyche an die Nachbarn der CFSR zu stellen Sie verzichtete auf atomashyre Bewaffung der CSFR und vershykuumlndete die Bereitschaft an Frieshydensmissionen der UN teilzunehshymen

Die Sicherheitsorgane der Arshymee wurden reformiert und wurshyden in drei Sektionen aufgeteilt Militaumlrische Sicherheitspolizei Mishylitaumlrische Ordnungspolizei und Mishylitaumlrische Verkehrspolizei

Allerdings Die Ruumlstungsindushystrie bleibt aus Devisen- und Exshyportgruumlnden - und natuumlrlich die Arbeitslosigkeit im Visier - vielshyfach unberuumlhrt Bislang wurden naumlmlich 683 Prozent der produshyzierten Waffen Panzer ete Munishytion militaumlrische Geraumlte exporshytiert

131 Auftrag 201

Waumlhrend der ethnische Konflikt zwischen Tschechen und Slowashyken in der Armee sozusagen bisshyher nur unter der Decke schwelte ist er jetzt ausgebrochen Die Sloshywaken waren unter den Berufssolshydaten nur mit 347 Prozent unter der Generalitaumlt nur mit 32 Prozent unter den Militaumlrattaches mit 30 und in der leitenden Militaumlrverwalshytung nur mit 22 Prozent vertreten 58 Prozent der Slowaken vertreten heute den Standpunkt daszlig eine vereinigte tschechoslowakische Armee nicht notwendig ist Und seit Januar 1991 gibt es eine sepashyrate Assoziierung Slowakischer Soldaten Die slowakische Teilreshygierung fordert zumindestens eine Slowakische Heimwehr und daszlig slowakische Rekruten mehrheitshylich auf dem Territorium der Sloshywakei ihren Wehrdienst ableisten sollten

Von einer organisierten Militaumlrshyseelsorge houmlrt man in der CSFR vorerst nichts Die Tschechei ist ja uumlberwiegend ein atheistisches Missionsland Anders sieht es bei den Slowaken aus die uumlbershywiegend stark in der katholischen Kirche verwurzelt sind Man houmlrt daszlig bei es bei ihnen solche Bestreshybungen gibt Die Slowaken werden in dieser Hinsicht stark von den Polen inspiriert Das Verhaumlltnis zwischen Polen und Slowaken soshywie der polnischen und slowakishyschen Kirche kann als traditionell herzlich bezeichnet werden

Joachim Georg Goumlrich

Polens Armee Wenn der Saulus zum Paulus wird

Preis I des Laienautorenwettbeshywerbs Vom Kommunismus zur Kommunion der polnischen Reshygionalzeitung Kurier Podlaski ershyhielt der Ex-Politoffizier der Resershyve Maciej Siembieda dessen Aufshysatz so manchen Landsmann ershyheiterte Jedenfalls schlug dieser so ein daszlig sich einige andere Pushyblikationen um die Nachdrucksshyerlaubnis bemuumlhten

In seinem Aufsatz Integration schilderte Siembieda wie er unshylaumlngst einer Reserveuumlbung ins einshystige Schulungszentrum fuumlr Politshyoffiziere in Warschau Folge leishystete das inzwischen seine Beshyzeichnung gestrichen hat und fuumlr die neuen Erziehungsoffiziere da ist auch der Reserve Die Maumlnner die hier einst das Referenten-Noshytizbuch des ZKs der KP buumlffelten buumlffeln jetzt den Katechismus Dort wo einst das Konterfei des KP-Chefs hing gruumlszligt jetzt das des neuen Feldbischofs

In den Vorlesungen sei die Theshymatik Errungenschaft der ruhmshyreichen Sowjetarmee und der mit ihr verbuumlndeten polnischen Volksshyarmee verschwunden Hingegen erfahre man jetzt viel vom polshynisch-bolschewistischen Krieg 191920 sowie dem Wunder an der Weichsel wo 1920 die Polen die Rote Armee Tuchatschewskis von

132 Auftrag 201

dannen jagte Ferner vom Schickshysal der polnischen Offiziere in somiddot wjetischer Gefangenschaft den Siegen der Heimatarmee AK und der polnischen General-AndersmiddotArmiddot mee im Westen

Und Derselbe Chorleiter der noch vor nicht allzu langer Zeit ein Lied einbleute wonach den fashyschistischen deutschen Hunden Rache geschworen wurde uumlbt jetzt normale und fromme Solmiddot datenlieder ein die einst verboten waren Derselbe Chorleiter erklaumlrt auf Anfrage daszlig es keine Rache mehr geben wird Ein Hauptmann wird deutlicher Die Bundeswehr sei eine gute nette und moderne Armee die dieselben Grundsaumltze hat wie wir folglich ist die Kameshyradschaft mit ihr voumlllig angeshybracht Das Hauptreferat uumlber die Bundeswehr hielt uumlbrigens ein junshyger Leutnant in Bundeswehrgeshyfangenschaft mokiert sich der Autor will heiszligen der Mann bildet sich bei der Bundeswehr heran wofuumlr er noch monatlich 65 DM Tashyschengeld bekommt

Hinzugefuumlgt sei nur noch daszlig jedoch die meisten einstigen Politmiddot offiziere gehen muszligten Jetzt kuumlnshydigte Polens neuer und erster zivishyler Verteidigungsminister Dr Jan Parys nach dem Hinauswurf seimiddot nes Vorgaumlngers aus der Armee Vishyzeadmiral Piotr KOlodziejczyk an daszlig alle Generale und Admirale gehen muumlssen die sowjetische Militaumlrakademien absolviert und russische Frauen (zumeist Geneshyralstoumlchter) haben Sie seien damiddot

durch befangen und haumltten auszligershydem ein gestoumlrtes Verhaumlltnis zur polnischen Kirche

Joachim Georg Goumlrlich

Sicherung des Frieshydens vordringlich Dem Zentrum Innere FOhrung und dem Bundeswehrzentralkrankenshyhaus in Koblenz stattete Militaumlrbishyschot Johannes Dyba am 5 Deshyzember einen ersten Besuch ab

Der Kommandeur des Zentrums Flottillenadmiral Ulrich Hundt und seine Bereichsfeiter informiershyten den Gast uumlber Aufgaben und Auftrag des Zentrums uumlber Erfahmiddot rungen mit der Integration ehemashyliger NVAmiddotSoldaten und uumlber gemiddot genwaumlrtige Bewegungen und Promiddot bleme innerhalb der Truppe Die Lehrgangserfahrungen zejgten eine Veraumlnderung der Werteordshynung in Kernpunkten der Inneren Fuumlhrung so Oberst Udo Meyermiddot Sommer Die geringe oumlffentliche Anerkennung die Schwierigkeiten in der Sinnvermittlung und eine unshygewisse Zukunftsperspektive lieshyszligen Probleme in der Bundeswehr sichtbar werden Mehr Selbstbeshystimmung und weniger Disziplin mehr Mitwirkung und weniger Reshygelungen seien gefordert Militaumlrshybischof DDr Johannes Dyba zog eine Parallele zum innerkirchlimiddot chen Bereich Auch da sei die Sinnvermittiung schwieriger gemiddot

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worden und die Christen weitaus kritischer als fruumlher Doch gelte es eine Antwort auf die SInnfrage unshyserer Zeit zu finden und fuumlr Frieden und Gerechtigkeit einzustehen

In einer Gespraumlchsrunde mit inshyteressierten Soldaten darunter Lehrstabsoffiziere Unteroffiziere wie auch Wehrpflichtige die unter Moderation des nebenamtlichen Militaumlrgeistlichen Professor Dr Karl-Heinz Ditzer Fragen an den Militaumlrbischof richten konnten sprach sich Erzbischof Dyba fuumlr die Notwendigkeit einer internatioshynalen Weltfriedensordnung aus Die Deutschen duumlrften sich nicht aus der Gemeinschaft der fuumlr den Frieden verantwortlichen Voumllker heraushalten sondern muumlszligten fuumlr die Gewaumlhrleistung einer pax eushyropaea einstehen so Militaumlrbishyschof Dyba Schon das Zweite Vashytikanische Konzil habe in dem Konzildokument Gaudium et spes eine mit entsprechenden Mitteln ausgestattete internatioshynale Autoritaumlt zur Sicherung des Friedens gewuumlnscht

Flottillenadmiral U A Hundt vershyabschiedete seinen hohen Gast mit den Worten er habe einen Prieshyster und Mitmenschen kennengeshylernt der in der Gelassenheit des christlichen Glaubens handele

Ein Anliegen von Erzbischof Dyshyba war es auch das Bundeswehrshyzentralkrankenhaus in Koblenz kennenzulernen wozu er sich am Nachmittag Zeit nahm Generalshyarzt Dr Hans-Dieter Schmidt stellshyvertretender Amtschef und Chef

des Stabes des Sanitaumltsamtes der Bundeswehr in Bonn-Beuel sowie leitende Aumlrzte des Krankenhauses besuchten mit Militaumlrbischof Dyba Patienten der Abteilung fOr Unfallshychirurgie Das Bundeswehrzentralshykrankenhaus ist bekannt fuumlr seine qualifizierte medizinische Versorshygung Bei Katastrophenfaumlllen (wie damals in Ramstein) wird im Pershysonalaustausch mit anderen Kranshykenhaumlusern fOr genuumlgend Platz geshysorgt Sieben Patienten aus Tschernobyl hatten 1990 die Moumlgshylichkeit sich in Koblenz behanshydeln zu lassen berichtete Professhysor Dr Juumlrgen Lenz Leiter der Abshyteilung Chirurgie und stellvertreshytender Chefarzt

Erzbischof Dyba hatte schon bei der letzten Soldatenwallfahrt nach Lourdes Begegnungen mit kranshyken Soldaten aus Koblenz Im Bunshydeswehrkrankenhaus hat diese Wallfahrt einen festen Platz Soshywohl Militaumlrpfarrer Josef Matheis wie auch Aumlrzte und Krankenshyschwestern begleiten jedes Jahr ihre Patienten in einer Krankenshymaschine nach Lourdes Bei seishyner Verabschiedung bedankte sich Militaumlrbischof Dyba herzlich fuumlr die freundliche entgegenkomshymende Aufnahme bei den Patienshyten Aumlrzten und beim Pflegepersoshynal

Marlene BeyeJ

(aus Kompaszlig Nr 2 v 10192)

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Ein Italiener konshytrolliert die Verteishylung der Hilfsguumlter Von den alltaumlglichen Schwieshyrigkeiten der Caritas bei ihrer humanitaumlren Arbeit in Mosshykau

Moskau in diesen Tagen Vor den Geschaumlften stehen die Menshyschen in langen Schlangen Mehl Milch und Fleisch sind knapp und vor allem teuer Von Tag zu Tag verliert der Rubel an Wert Und die Preise klettern nach oben Es gebe zwar keine Hungerkatastrophe meint JOrgen Weyandt der Chef des Roten Kreuzes in Moskau aber die Zahl der Armen nehme unshyaufhoumlrlich zu Auch im zweiten Jahr der Ruszliglandhilfe sind Flugshyzeug- und Lastwagentransporte mit HilfsgOtern aus vielen Laumlndern Europas unerlaumlszliglich

Die Europaumlische Gemeinschaft engagiert sich bei der humanitaumlshyren Hilfe ebenso wie die Wohlshyfahrtsverbaumlnde Angefangen vom Zehn-Kilogramm-Paket mit Mehl Hefe Reis Milchpulver Schmalzshyfleisch Kaumlse und Tee bis hin zu medizinischem Geraumlt belief sich allein die Unterstuumltzung des Deutshyschen Caritasverbandes im vershygangenen Jahr auf dreizehn Millioshynen Mark In diesen Wochen wershyden wieder fuumlr mehrere Millionen

Mark lebensmittel bereitgestellt Die Standardfrage ob die Waren tatsaumlchlich ihre Adressaten erreishychen beunruhigt Spender wie Helshyfer Denn im vergangenen Winter waren immer wieder Pakete spurshylos verschwunden Hilfsguumlter tauchten dann ploumltzlich in staatlishychen oder privaten Geschaumlften auf - fOr teures Geld angeboten Der russischen Mafia wie im Land die Spekulanten der alten und neushyen Kader genannt werden waren Tuumlr und Tor geoumlffnet Und mancher Apparatschik so wurde gemutshymaszligt hielt dabei bereitwillig die Klinke

Einer der verhindern will daszlig sich aumlhnliches wiederholt ist Anshytonio Santi Der achtundvierzigjaumlhshyrige Diakon aus Mailand gruumlndete vor vier Monaten die Moskauer Cashyritas Der Italiener kennt die Menshytalitaumlt der Menschen und spricht ihre Sprache Er lebt schon seit langem in der russischen Hauptshystadt Als der Eiserne Vorhang das Land noch isolierte gelangte der sich zur Bewegung der Arbeitershypriester zaumlhlende Diakon bereits als Ingenieur nach Moskau Er arshybeitete in einer Maschinenfabrik lebte mit den Arbeitern zusammen und gab sich auch als Christ zu ershykennen Die Folge Santi wurde vom da mal igen sowjetischen Geshyheimdienst KGB entdeckt und ausshygewiesen Seit einigen Monaten ist er jedoch wieder da Von seishynem Orden erhielt er den Auftrag sich um die Gruumlndung der Caritas zu kuumlmmern

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Offiziell besteht die russische Caritas seit November vorigen Jahres Doch schon vorher war der quirlige Santi hinter den Kulissen aktiv Kurzerhand uumlberredete er eishynen italienischen Geschaumlftsmann ihm die Cafeteria seines Firmenshysitzes in der Innenstadt von Mosshykau zu uumlberlassen Seither befinshydet sich dort das Caritas-Buumlro Nashymenslisten Papiere und Akten lieshygen hier verstreut auf dem Tisch Staumlndig klingelt das Telefon Zwei Sekretaumlrinnen vervollstaumlndigen Listen vergleichen organisieren Mittendrin sitzt Antonio Santi Der hagere Mann in Jeans und Pullshyover hat alles im Griff Im Moment laufen hier die Vorbereitungen fuumlr die Paketaktion der deutschen Cashyritas Bis April sollen 70000 Pakete im Wert von fast zwei Millionen Mark verteilt werden Das organishysieren wir

Die Behoumlrden der Stadt bereiten den Hiltsorganisationen die meisten Schwierigkeiten Es sei ein einziger Papierkrieg stoumlhnt Santi Alles was man mache muumlsshyse angemeldet und bezahlt wershyden Um jede Auskunft muumlsse er kaumlmpfen und immer wieder warshyten - dazu habe er keine Geduld schlieszliglich sei er Italiener Die Beshyhoumlrden hier seien nur entgegenshykommend wenn sie direkt bei der Verteilung mitmachen koumlnnten shydoch das will Santi nicht Sein Grund Mehr als 21000 Pakete verschwanden im letzten Winter allein dadurch daszlig offizielle Steishylen fuumlr die Verteilung Stadtbezirke

genannt haben die nicht existiershyten - 21000 von mehreren hunshyderttausend aus Westeuropa Die deutsche Caritas bezweifelt dieshysen Verlust Sie garantiere dafuumlr daszlig alle von ihr aus Deutschland versandten Pakete im vorigen Winshyter ihre Adressaten erreicht haumltshyten heiszligt es in der Freiburger Zenshytrale Dies sei auch mit einem Rieshysen-Aufwand kontrolliert worden Santi verweist auf Schwierigkeiten mit falschen Namenslisten und gefaumllschten Unterschriften Was Maifa ist weiszlig ich als Italiener beshystens redet er sich in Rage Er zeigt auf einen groszligen Stadtplan an der Wand Mit einem Leuchtshystift hat er die Stadt in zehn Dishystrikte eingeteilt Wir koumlnnen nur sicher sein daszlig die humanitaumlre Hilfe ankommt wenn wir sie selbst verteilen

Santi arbeitet mit acht festen und zwanzig ehrenamtlichen Mitshyarbeitern In dieses Team setzt er sein Vertrauen Zu ihm zaumlhlen Nashytascha lagiel und Juri Anatolishywitsch Pawlowski Die acht undshyzwanzigjaumlhrige Mathematikerin ist erst seit kurzem bei der Moskauer Caritas Zusammen mit dem zweishyundvierzigjaumlhrigen Juri der als Pfleger in einem Zentrum fOr beshyhinderte Kinder arbeitet betreut sie einen der groumlszligten Distrikte im SOden der Metropole Der Vorteil der beiden sie sind in diesem Beshyzirk zu Hause Sie wissen wer hier wohnt und wer Hilfe braucht Durch Mundpropaganda erfahren sie wem es schlecht geht Natashy

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scha und Juri erstellen daraufhin Listen gehen zu den Leuten und lassen sich Unterschriften geben Gleichzeitig uumlberpruumlfen sie die ofshyfiziellen Listen die die Stadtparlashymente der Caritas geben und konshytrollieren wem Hilfe zusteht Der Vergleich macht es moumlglich

In unserem Distrikt gibt es viele kinderreiche Familien die in groshyszliger Not sind berichtet Natascha Sie selbst hat es gelegentlich auch schwer ihren kleinen Sohn zu versorgen Ich weiszlig was es in Moskau heiszligt Kinder groszligzuzieshyhen in der Freizeit immer wieder Schlange zu stehen und dann doch nur mit Graupen oder Reis nach Hause zu kommen weil das Geld mal wieder nicht reichte Die taumlgliche Enttaumluschung war Grund fOr sie bei der Caritas mitzuarbeishyten - ehrenamtlich wie Juri auch Der ist eigentlich aus Wut zur Carishytas gekommen Er habe sich geshyschaumlmt sagt er als er sah wie imshymer wieder Sachen aus den Pakeshyten die fuumlr arme Menschen beshystimmt gewesen seien in den Geshyschaumlften auftauchten Fuumlr Natashyscha und Juri ist solche Arbeit neu Freiwillige Selbsthilfe auf kirchlicher Basis hat es in der fruumlshyheren Sowjetunion nie gegeben Jetzt sind sie mit Feuereifer dabei

Antonio Santi bemerkt das Es ist so wichtig die Menschen hier zur Mithilfe zu ermutigen Wer helshyfen will muszlig direkt zu den Leuten gehen Sonst funktioniert nichts Santis Ziel die eigene Verteilershystruktur der Caritas soll rasch grei-

Auftrag 201

fen und beispielhaft sein Langfrishystig denkt der Diakon sogar an den Aufbau von Lebensmittellagem in denen Beduumlrftige Hilfe erhalten Noch eines ist Santi wichtig Hilfe zur Selbsthilfe Das Problem ist daszlig die Gesellschaft und die Menshyschen systematisch zerstoumlrt worshyden sind Es ist schwierig jemanshyden fuumlr etwas zu begeistern Zu oft schon sind alle Hoffnungen der Menschen enttaumluscht worden Vieshyle haben keine mehr Was sie hashyben Angst vor der Zukunft DerC ritas-Chef hat festgestellt daszlig sich die Menschen aus Unsichershyheit passiv verhalten und sich wehren Verantwortung zu uumlbershynehmen

Darin sehen die alten Kader ihre Chance Sie gewinnen wieder Oberwasser und geben Anweisunshygen So gesehen habe sich im Land nicht viel geaumlndert auch wenn es jetzt wieder Ruszligland heiszligt meint Santi nachdenklich In dieser Mentalitaumlt laumlge die eigentlishyche Schwierigkeit aller Hilfsorgashynisationen Die Menschen seien dazu erzogen worden auf Autoritaumlshyten zu houmlren Die aber gebe es im bisherigen Sinne nicht mehr Santi will deshalb immer mehr Menshyschen zur Mitarbeit auffordern dashymit sie eine Perspektive haben shyNach Moskau gereist ist Hermann Herwig Referatsleiter beim Deutshyschen Caritasverband in Freiburg Mit Santi uumlberlegt er wie die Infrashystruktur der Caritas auch in andeshyren Gebieten des Landes aufgeshybaut werden kann Dort warten die

Auftrag 201 137

Menschen mindestens ebenso auf Hilfe

Anja Iven

(aus Deutsche Tagespost vom 3392)

Der wahre Wert des Geldes Symbolik in stabiler Waumlhrung am Beispiel der Deutschen Mark Erstaunlich genug ist jene Unwisshysenheit wie sie bei (in anderen Beshyreichen) selbst hochintelligenten Persoumlnlichkeiten uumlber das Geld vorherrscht hier speziell uumlber die Deutsche Mark Da reduziert man fuumlr gewoumlhnlich ihre Realitaumlt auf den bedruckten Schein und vershysieht ihn der in der Tat nichts anshyderes darstellt als ein von der Quashylitaumlt her vorzuumlgliches und grafisch kuumlnstlerisch gestaltetes Stuumlck Pashypier dennoch und haumlufig genug mit den negativsten Attributen An dieses Papier werden alle nur denkbaren gedanklich wie geistig von der Geschichte doch laumlngst absorbierten lIegativa geknuumlpft die dem Puritanisch-Abstrakten dem man sich offenbar verpflichshytet glaubt so angenehm entgegenshykommen Ausbeutung und Geld ershyscheinen da ebenso synonym wie Geld und schnoumlde Gewinnsucht shygleichbedeutend mit houmlchst anruumlshychiger pekunaumlrer Unmoral

Eklatantes Unwissen

Das kam mit der Vereinigung beider deutscher Teilstaaten beshysonders deutlich - und nicht nur von enttaumluschter oumlstlicher auch von verbluumlffter westlicher Seite shyzum Ausdruck dazu nicht selten verletzend und von daher bereits entlarvend genug Sittlich verworshyfen ist im Maszligstab falschverstanshydener puritanischer Strenge wie er gerade in der Verbindung mit dem Geld gerne angelegt wird jeshyner (so die Faustregel) von dem vermuten werden konnte daszlig er ausschlieszliglich von der fragwuumlrdishygen Lockung der Deutschen Mark motiviert die Mauer quer durch Deutschland gezogen in ihrer unshyertraumlglichen Stupiditaumlt endlich niederriszlig Doch gerade in dieser eishygentuumlmlich-plastischen Einschaumltshyzung fand die eklantante Unwisshysenheit uumlber die fraglos veraumlndershyte Stellung einer Waumlhrung in heutishygen GesellSChaftssystemen ihren nur zu deutlichen Ausdruck

Umfassender als Philosophie

Eine stabile Waumlhrung sagt ebenso umfassend etwas uumlber den Gesamtzustand nicht nur uumlber den materiellen einer Gesellshyschaft aus wie ein unstabile oder gar eine real wertlose Geld spieshygelt - wie sonst kein anderes Symbol es je derart eindeutig vershymoumlchte - den Zustand von Polishytik Kultur und Humanitaumlt einer Reshygion in der es gilt und zwar in hushyman-moralisch zu wertender Quashy

138 Auftrag 201

litaumlt Es druumlckt umfassender als das jede Philosophie vermoumlchte exakter und einleuchtender zushydem den geistigen Standort dieshyser Gesellschaft aus ihre sozialshypolitische Reife oder aber ihre utoshypisch-ideologische Unreife

Gespiegelte Wertlosigkeit

Nie zuvor wurde das derart klar deutlich als in der houmlchst desolashyten Waumlhrung DDR-Mark Sie gab in ihrer Wertlosigkeit ein Abbild jeshynes desolaten Zustandes der Reshygion hinter der Mauer auf allen nur denkbaren Gebieten menschlicher Daseinsaumluszligerung wieder wie er sich nach Verschwinden dieser Miszligwaumlhrung dann selbst aufdeckshyte und noch weiter deprimierend aufdeckt

Geld und Ware

Eine geordnete Waumlhrung wie die Deutsche Mark zeugt in ihrem real begrifflichen Wert fuumlr jene dashyhinterstehenden Produkte die der Buumlrger damit tatsaumlchlich erstehen also kaufen kann Sie ist von dieshyser Produktenzu- und Anweisung nicht zu trennen Jeder Geldschein steht fuumlr Ware die sich damit kaushyfen laumlszligt und die adaumlquat der Qualishytaumlt der Waumlhrung entspricht Das ist die zwar am ehesten begreifbashyre aber beileibe nicht die einzige und schon gar nicht die ausshyreichende Wertzuweisung die eishynem stabilen Geldschein zushykommt Der Aufschwung der deutshyschen Wirtschaft seit Einfuumlhrung

der Deutschen Mark bestand nicht allein und ausschlieszliglich in der Produktion bis dahin schmerzlich vermiszligter materieller Notwendigshykeiten

Treibende Kraft Wille des Neubeginns

Das damals und alsbald so vom Ausland her gedeutete und mit Ludwig Erhard verknuumlpfte Deutshysche Wirtschaftswunder wurde nicht in erster Linie vom Wunsch nach Wohlstand ausgeloumlst den niemand voraussagen konnte treishybende Kraft war der Wille des Neushybeginns das Verlangen eine neue humanitaumlre Gesellschaft aufzubauen die in der Lage sein muumlsse das wiedergutzumachen was eine alte moralisch tief abgeshysunkene in den gerade vergangeshynen zwoumllf Jahren an Ungluumlck und Zerstoumlrung verursachte Der giganshytische Wiederaufbau aus deprishymierenden Anfaumlngen heraus war in erster Linie ein moralisch motishyvierter durch Ethik gestatzter und von glaumlubigem Optimismus dynashymisch getragener Versuch einer menschenwuumlrdigen Zukunft die im Wohlstand nur eine TeiierfOIshylung und nicht einmal die primaumlre sah

Kulturell wissenschaftliche und soziale Wertausweisung

Dieser Versuch gelang nur desshyhalb - und dies kann nicht genug betont werden - weil sich eine unstreitig aus Erfahrung dynashy

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misch-sittlich motivierte Gesellshyschaft freiwillig in die monetaumlre Disziplinierung begab Gerade di~shyse Selbstbeschraumlnkung steht In

krassem Gegensatz zum Attribut gedankenloser Verschwendung wie sie historisch falsch nicht seIshyten behauptet und der Gesellshyschaft unbesehen zugeschrieben wird Wer im stabilen Geld nichts als die Moumlglichkeit materieller Beshyreicherung sieht begreift einmal nichts vom exakt gleichberechtigshyten Anteil der kulturellen wissenshyschaftlichen und sozialen Wertshyausweisung die sich in ihm manimiddot festiert und gefaumlhrdet zum andeshyren damit eklatant diese Stabilitaumlt Humane Wertungen wie Freiheit Menschenrechte Gleichberechtishygung die ohne Einschraumlnkung auf freiheitlich-demokratische Gesellshyschaften anzuwenden sind finden im stabilen Geld ebenso ihre Symshybolik wie die soziale Hilfsbereitshyschaft die untrennbar mit diesen Wertungen verknuumlpft ist Denn nur mit Hilfe des stabilen Geldes kann - nicht nur im Katastroshyphenfall - wirksam und ebens nicht nur materiell auch humanIshytaumlr wirksam geholfen werden Die unzaumlhligen international uumlbershygreifgenden kulturellen und frieshydensfoumlrdernden Initiativen Begegshynungen und Gespraumlche - auch sie werden durch die Stabilitaumlt eishyner Waumlhrung erst wirksam ermoumlgshylicht und spiegeln in dieser Moumlgshylichkeit zuruumlck Instabilitaumlt Wertshylosigkeit des Geldes wuumlrgt solche Initiativen ab

Ebenso durch Ketten wie durch instabile Waumlhrung

Die Philosophie nennt Freiheit und Menschenwuumlrde als houmlchste gesellschaftspolitisch-relevante Ziele Sie zu erreichen und durchshyzusetzen bedarf es ebenso stabishyler humanitaumlrer wie materieller BeshyzOge So kann der Unfreie oder Sklave durch Ketten wie durch eine instabile eine wertlose Waumlhshyrung gefesselt also versklavt wershyden Wer Arbeit mit wertlosem Geld verguumltet betreibt Sklaverei Die Deutsche Mark ist durch ihre innere Stabilitaumlt kein Papier von anrOchigem Charakter sie ist Ausshyweis freiheitlicher humaner soshyzialer und kultureller Repraumlsenshytation einer Gesellschaft die durch das Feuer ihrer selbstvershyschuldeten Geschichte gegangen ist und daraus die noumltigen Konseshyquenzen zog Wer Geld ausshyschlieszliglich materiell versteht und daraus die zwangslaumlufig schieflieshygenden Schluumlsse zieht wird die Grundursache der Aufloumlsung inhushymaner unterdrQckender und egoshy istischer Machtstrukturen wie wir sie gerade erlebten und erlebe~ in ihrem tatsaumlchlichen Wesen nicht begreifen koumlnnen

Wollgang Altendorf

Man sieht nur mit dem Herzen~~

dau~esentliche ist fUr die Augen unsichtbari

(Sain t-Exupery)

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Seniorenshybeauftragter

Aller Anfang ist nicht immer schwer Schwierig ist aber oft der Beginn Die Idee kam und wurde langsam zu einem noch unbenannshyten aber schon fest bestimmbashyren Gedanken Behinderte Kinder und aumlltere Menschen haben geshymeinsame Probleme Kinder und Behinderte haben eine Lobby Seshynioren sind reif geworden das macht sie bescheiden und vershystaumlndnisvoll gegen Benachteilishygungen Sie schweigen meist auch dann noch wenn ihnen Unrecht getan ihr Menschsein verletzt wird Dabei ist es uumlberwiegend nicht boumlser Wille sondern nur Unshykenntnis der die im reifen Alter stehenden politischen Verantwortshylichen zu Entscheidungen veranshylaszligt die aumllteren Mitmenschen Proshybleme bereiten

Was also war zu tun Ein etwas mOhseliger und vor allem langwieshyriger Prozeszlig muszligte begonnen wershyden um die politischen Verantshywortlichen zu veranlassen die Idee aufzugreifen die nun auch eishynen Namen hatte einen Seniorenshybeauftragten zu ernennen Der gute Wille war sofort spOrbar das Verstaumlndnis fuumlr die Aufgabe aber muszligte geweckt werden Den Durchbruch gab sicher auch das Argument der Kostenlosigkeit Der Versuch der nichts kostet ist polishytischen Menschen gut eingehend Also geschah das Wunder Alle

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Parteien der Stadt waren einstimshymig der Meinung wir versuchen es mit einem Seniorenbeauftragten

Nach nur ganz kurzer Zeit hatte der Gedanke Fuszlig gefaszligt Schon nach einem halben Jahr ist jedershymann Oberzeugt Es war eine shymeine - gute Idee Die ersten Gedanken erweisen sich als richshytig Ein Seniorenbeauftragter muszlig unabhaumlngig sein und bleiben vom Rat und seinem politischen Tagesshygeschaumlft und auch von der Verwalshytung der Kommune Wichtig ist die Unabhaumlngigkeit einerseits die nur bei ehrenamtlicher Taumltigkeit erhalshyten werden kann und andererseits das Verstaumlndnis der Seniorenproshybleme das nur ein Senior haben kann Viele Moumlglichkeiten den aumllshyteren Mitbuumlrgern das Leben zu ershyleichtern erschlieszligen sich dem Seniorenbeauftragten der dem gleichen Bevoumllkerungskreis angeshyhoumlrt besser und einfacher als auch gutmeinenden Politikern und Wisshysenschaftlern

Nicht zu unterschaumltzen ist dabei auch die Unsicherheit aumllterer Mitmiddot buumlrger gegenuumlber Aumlmtern und deshyren Beauftragten deshalb sollte ein Senior gewaumlhlt werden dem leichter Probleme erlaumlutert und Wuumlnsche vorgetragen werden koumlnshynen Eine der Hauptaufgaben des Seniorenbeauftragten ist es Mittshyler zwischen Senioren und Rat und Verwaltung zu sein Bei ihm koumlnshynen die Wuumlnsche und Anregungen der Senioren gesammelt werden und dann den politisch Verantshywortlichen und den mit der Ausshy

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fuumlhrung und Verwaltung Beaufshytragten vorgestellt werden Auch die Vermittlung von Entscheidunshygen in den Kommunen und des Geshysetzgebers ist Aufgabe des Senioshyrenbeauftragten Groszlig ist zur Zeit das Interesse an der geplanten Reshygelung der Pflegekosten und viele Informationen dazu werden vom Seniorenbeauftragten erwartet

Die praktische Arbeit eines Seshyniorenbeauftragten ist anderershyseits fuumlr den Senior eine natuumlrshyliche und recht befriedigende Taumlshytigkeit Ohne Kostenaufwand nenshynenswerter Art lassen sich viele Dinge regeln die Aumllteren Kindern und Behinderten das Leben leichshyter und lebenswerter machen Loshybenswerte und stolz vorgefuumlhrte Maszlignahmen der Verkehrsberuhishygung sind vor allem im Winter nicht nur fuumlr Autofahrer eine Bremshyse Wer Kinder mit ihren Raumldern auf dem Schulweg auf vereisten Katzenbucheln stuumlrzen sieht der versteht sehr schnell daszlig Senioshyren im Winter das Haus lieben Sehen macht klug Kinderwagen Kleinkinder auf Raumldern und Senioshyren leiden unter Kopfsteinpflaster Rundbuckeln und auch den so unshysinnig hohen Bordsteinkanten Hashyben wir denn alle vergessen daszlig Bordsteine nur deshalb so hoch notwendig waren damit Pferdeshyfuhrwerke nicht schleudernd die Fuszliggaumlnger gefaumlhrdeten Heute genuumlgen doch zweieinhalb Zentishymeter zur Abgrenzung der Fahrweshyge von den FUszligwegen Damit ershyreicht man auch daszlig alle Behinshy

derten mit Rollstuumlhlen die Straszligen uumlberqueren koumlnnen auch fuumlr Kinshyderwagen ist das viel leichter geshyworden und selbst die Autofahrer werden es begruumlszligen es schont die Reifen Damit soll aber nicht die Aufforderung verbunden werden den parkenden Wagen Vorrang zu geben vor Fuszliggaumlngern Rollstuhlshyfahrern und den Kindern die eishygentlich auf den Buumlrgersteigen radfahren sollten Eine einfache Erklaumlrung gibt es auch fuumlr das Nicht annehmen von manchen Baumlnken Sie haben keine Seitenshylehnen Schon aus Vorsicht wershyden kranke und aumlltere Menschen eine solche Bank meiden Sie koumlnnten sie ohne Hilfe nicht mehr verlassen Eine Zughilfe durch eine zumindest einseitige Seitenshylehne ist ein Muszlig Baumlnke sollten auch so aufgestellt werden daszlig nicht alle in der prallen Mittagsshysonne stehen und vor allem an den Plaumltzen wo aumlltere Mitmenschen eine Pause benoumltigen auch natuumlrshylich auf groszligen und vor den Friedshyhoumlfen Warum werden Briefkaumlsten nicht an Altersheimen angeshybracht Den Senioren werden lang Wege zugemutet die fuumlr juumlngere Mitmenschen einfacher zu bewaumllshytigen sind Auch bei der Aufstelshylung von Laternen und Leuchten sollte an die Aumllteren gedacht wershyden deren Augen nicht mehr so gut sind und die dazu auch haumlutishyger an der Nachtblindheit leiden

Ein ganz wichtiges und auch leishydiges Problem sind die Wohnvershyhaumlltnisse Wer baut sollte daran

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denken daszlig er sehr gerne sehr alt werden moumlchte und deshalb schon in den besten Jahren an die vielen Kleinigkeiten denken die beim Rohbau praktisch kostenshylos zu bedenken sind um jede Wohnung altersgerecht zu mashychen Das sind z B breitere Tuumlren gute Ausleuchtung Handlaumlufe an beiden Seiten der Treppen Aufshystellung der Muumllltonnen an ebenen Plaumltzen damit sie auch von schwaumlcheren Mitmenschen beshywegt werden koumlnnen vergroumlszligerte Badezimmer und die Moumlglichkeishyten im Alter benoumltigte Hilfsmittel aufzustellen vor allem auch elekshytrisch anzuschlieszligen gehoumlren ebenso dazu wie eine Kuumlche die auch im Alter noch funktionsgeshyrecht ist Ein weites Feld fuumlr den Seniorenbeauftragten tut sich hier auf die Wohnungsberatung in der Form von Hinweisen und Rat auf die nun meist nachtraumlgliche Umshygestaltung der Wohnung in eine alshytersgerechte Meist ist der dafuumlr notwendige Aufwand viel geringer als angenommen wird Er steht vor allem in keinem Verhaumlltnis zu den Kosten die sonst eine fruumlhere Unshyterbringung in einem Alten- oder Pflegeheim mit sich bringen wOrshyden Schon Kleinigkeiten brinshygen viel Ein KrOckennutzer ist dankbar fuumlr Halter an den Einshygangstuumlren Wer einmal gesehen hat wie problematisch es ist mit zwei Kruumlcken eine Tuumlr aufzuschlieshyszligen wenn eine Hand benoumltigt wird und die Kruumlcke dann zwischen die Beine geklemmt werden muszlig der

weiszlig um das Problem das mit Pfennigbetraumlgen zu loumlsen ist Alte Menschen begruumlszligen es wenn Beshyleuchtung auf Annaumlherungsautoshymatik umgestellt wird und die Klinshygelanlage lauter oder auf Lichtzeishychen umzustellen ist Auf diesem Gebiet gibt es stets mehr und Neushyes deshalb wirkt es geradezu unshyerschoumlpflich

Haben meine Leser schon einshymal die Beobachtung gemacht wie sich Aumlltere und Schwache umshysehen wenn sie in ihre Wohnung kommen und beim Platzanbieten dann so gerne einen Stuhl waumlhlen weil die modernen Sitzgelegenheishyten nur fOr junge und sportliche Menschen eine leichte Aufstehshymoumlglichkeit bieten Auch ein Gaumlshystebett kann vorObergehend auf eine vernuumlnftige Seniorenhoumlhe geshybracht werden Man schiebt einshyfach zeitweilig Kanthoumllzer unter und erreicht dann schnell und einshyfach eine bequeme Ein- und Aufshysteig houmlhe von z B 48 cm

Wer Menschen achtet und helshyfen will wo Hilfe ohne groumlszligere Muumlhe moumlglich ist der wird unshyschwer erkennen ein Seniorenbeshyauftragter ist eigentlich in jeder Kommune ein Muszlig und ohne Koshystenaufwand realisierbar wenn ein geeigneter Senior - ob Mann oder Frau gefunden wird Und wo gibt es die nicht Der Anteil der Senioren an der Bevoumllkerung hat eine Groumlszlige erreicht die bald die der 25jaumlhrigen uumlbertrifft Ob man es beklagt oder nicht es bleibt die Tatsache bestehen daszlig sich die

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Schwergewichte in Richtung auf das Seniorenalter verlagern Dies kann sich auch rasch in der Politik zeigen denn obwohl die Aumllteren durch Lebenserfahrung klug geshyworden den Juumlngeren Arbeit und Politik gerne uumlberlassen und zushymeist auch nicht zu Radikalitaumlt neigen wollen sie doch nicht nur verwahrt und betreut werden sonshydern in ihren spezifischen Probleshymen und Noumlten ernst genommen werden

Wie einfach war es einstmals Ehret das Alter Wenn heute shyganz modern - der aumlltere Mensch nicht mehr um Rat gefragt wird und jung sein in ist sollte sich zumindest die Einstellung verbreishyten die in unserer Stadt Niedershykassel verspuumlrbar ist Alle Parteien und auch die in der Verwaltung Taumlshytigen sind guten Willens und beshyreit Anregungen und Wuumlnsche der Senioren ernst zu nehmen und ihshynen Rechnung zu tragen wo imshymer es moumlglich ist

Willy Trost

Ein alter Traum wird Wirklichkeit

Missionsschwester Eusebia die Schwester des Poinger Pfarrers AIshyfons Langwieder die im Sommer vergangenen Jahres hier auf Heishymatbesuch war feierte am 6 Janushyar dJ zusammen mit acht weiteshyren Missionsschwestern in Alivalshy

NorthSuumldafrika ihr diamantenes Profeszligjubilaumlum (60 Jahre)

Sie wurde am 9 Juli 1911 in Teishysendorf geboren 1928 trat sie in das Kloster der Schwestern vom Heiligen Kreuz in Metzingen im Schweizer Kanton Zug ein Schon ein Jahr spaumlter wurde sie in die Mission entsandt Sie kam in das Provinzhaus des Ordens nach Alishyval in Suumldafrika wo sie als Lehreshyrin ausgebildet wurde Danach wurde sie in das Herschelgebiet berufen das 1976 in die Unabhaumlnshygigkeit entlassen wurde Hier half sie mit am Aufbau einer Mittelshyschule tor Farbige 54 Jahre lang wirkte sie hier erfolgreich als Schulleiterin und Oberlehrerin ehe sie eine Krankheit zwang dieshyse Taumltigkeit aufzugeben Heute lebt Schwester Eusebia im Altersshyheim Fatima in Alival-North Pfarshyrer Langwieder nahm das Profeszligmiddot jubilaumlum zum Anlaszlig um seine Schwester zu besuchen Damit hatte er auch Gelegenheit seinen alten Traum Afrika kennenzulershynen zu verwirklichen

Nach dieser Feier reiste Pfarrer Langwieder zusammen mit seinem Reisegefaumlhrten dem Pfarrer Matshythias Bartl aus Bruckmuumlhl etwa 4000 km kreuz und quer durch Suumldafrika

Zu seinen herausragenden Ershylebnissen zaumlhlte ein Besuch bei Lawrence Erzbischof Henry einem Farbigen in Kapstadt Zusammen mit dem Erzbischof und begleitet von vielen Gespraumlchen fuhren die beiden Pfarrer aus Oberbayern

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durch dessen Dioumlzese Natuumlrlich stand die Frage der Apartheid im Vordergrund des Interesses Von Rassentrennung konnte Pfarrer Langwieder allerdings in der Prashyxis nichts erkennen Die Katholishysche Kirche steht in Suumldafrika fest auf eigenen Beinen erzaumlhlt der Poinger Seelsorger Er stellte auch fest daszlig es um den Priestern achshywuchs nicht schlecht bestellt sei

Als besonders erfreulich empshyfand Pfarrer Langwieder daszlig alle christlichen Kirchen am Kap der guten Hoffnung eng zusammenarshybeiten Die Kirchenleitungen trefshyfen sich regelmaumlszligig am Runden Tisch um anstehende Fragen geshymeinsam zu klaumlren Kein engstirshyniges konfessionelles Denken Schwerpunkte der kirchlichen Arshybeit sind das Schulwesen und die Sozialarbeit Jedem Buumlrger in Suumldshyafrika stehe jeder Beruf offen Auch Farbigen ist der Besuch eishyner Universitaumlt freigestellt

Ein besonderes Interesse beshystand fuumlr Pfarrer Langwieder darshyin ob er Projekten begegnet die von Miserior gefoumlrdert und ausgeshybaut wurden oder werden Er wurshyde mehr als fuumlndig Miserior hat als es hier vor 30 Jahren begann vornehmlich Mittel in den Ausbau des Gesundheitswesens auf dem Land und in die Volksbildung geshysteckt

Ein weiterer Schwerpunkt kirchshylicher Arbeit ist es ferner die Schwarzen aus den sogenannten Locations zu holen und ihnen ein bOrgerliches Leben zu ermoumlglishy

ehen Wenn ein Schwarzer eine beshystaumlndige Arbeit nachweise erhalshyte er uumlber einen kloumlsterlichen Konshyvent ein Haumluschen mit Wohn- Schlafraum Kuumlche und NaszligzeIle zugewiesen Mit Garten bezahlt er hierfuumlr 40 bis 60 Rand (30 - 50 Mark) im Monat an Miete Ist die Anschaffungssumme des Haumlushyschens abbezahlt dann geht es in das Eigentum der Familie uumlber Eine ideale Art um Wohneigenshytum zu schaffen

Als reines Vergnuumlgen bezeichshynete Pfarrer Langwieder die Fahrshyten durch die schier unendlichen Weiten des wunderschoumlnen Lanshydes Gut ausgebaute Straszligen weshynig Verkehr saubere Ortschaften gesundes Klima

Eine landschaftliche Perle ist die Kap-Provinz In Kapstadt seishyber kann man sich verlieben

Die Lebenshaltungskosten lieshygen ein gut Stuumlck tiefer als bei uns Die Kuumlche orientiert sich an der englischen Speisenkarte

Zwei Tage hielt sich Pfarrer Langwieder im Koumlnigreich Lesoshytho auf Dieses Land ist landshyschaftlich wunderschoumln Durchshyschnittliche Seehoumlhe etwa 1700 m Lesotho ist ein einziger Luftkurort und waumlre das gegebene Urlaubsland wenn es nicht so weit weg liegen wuumlrde Die Menschen sind dort etwas scheu aber freundlich Der Service in den Loshykalen entspricht etwa dem eines mittleren Gaststaumlttenbetriebes unshyserer Breiten

Das alte Stammesdenken ist

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nach wie vor fest im Volk verwurshyzelt Auch der Witchdoctor (Zaushyberdoktor) hat seinen festen Platz

Pfarrers Langwieders groszliger Wunsch ist noch einmal in seinem Leben Suumldafrika zu sehen

Arthur Schopf

EINE NEUE STADT ERSTEHT

91 Deutscher KatholikentagKarlsruhe 17-21 Juni 1992

~ ZdK

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AUS GKS UND PGR

Handreichung zum Jahresthema der GKS 1992 Vorwort

Die GKS will in der Kontinuitaumlt der thematischen Zwei-Jahresshyschritte im naumlchsten Jahr die beshygonnene Europaarbeit fortsetzen Mit diesen Worten wies der Bunshydesvorsitzende der GKS Oberstshyleutnant i G Paul Schulz bei der Zentralen Versammlung 1991 in Heiligenkreuztal auf das Jahresshythema 1992 hin

Zwischenzeitlich wurde das Thema in den Gremien ausformushyliert und Professor Dr Grulich Professor fuumlr Kirchengeschichte an der Johannes-Gutenberg-Unishyversitaumlt Mainz fuumlr die Erarbeitung der vorliegenden Handreichung gewonnen

Neben der offenkundigen politishyschen Aktualitaumlt draumlngt die Theshymatik des 91 Deutschen Katholishykentages - insbesondere der 5 Themenkreis Unterwegs zur eishynen Welt - zur Auseinandersetshyzung mit diesen Fragen

Mit dem kompromiszliglosen Wir bauen mit haben wir uns als kashytholische Soldaten ganz bewuszligt in die Pflicht nehmen lassen Dabei ist tor einen engen west-orientiershyten Europabegriff kein Platz er

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muszlig im Geist der internationalen Friedensgottesdienste der Soldashytenwallfahrt nach Lourdes und der Begegnung von Soldaten aus Ost und West am Bild der Schwarzen Madonna im Kloster Jasna Gora in Tschenstochau anlaumlszliglich des Beshysuches von Papst Johannes Paul 11 in seiner Heimat Polen im vershygangenen Jahr sowie durch die Laumlnder- Kultur- Sprach- und Konshyfessionsgrenzen uumlberwindende Kraft des christlichen Bekenntnisshyses erweitert werden Europa als Teil der einen Welt so ist kathoshylisch = alles umschlieszligend geshymeint

Die Handreichung will Hilfe fuumlr die Bau-Taumltigkeit in den GKSshyKreisen sein sie soll InitialzOnshydung geben und Basiswissen vershymitteln auf dem die weitere Arbeit aufbauen kann Fuumlr die Art und Weise der Vertiefung Abrundung und Erweiterung des Themas gibt das Handbuch der GKS vielfaumlltige Hinweise Eines muszlig uns allen aber klar sein

Mitarbeit in der Mission ist als ApostOlat von uns Laien zuallershyerst und zugleich am wirkungsvollshysten mutiges und engagiertes Leshyben und Bekenntnis unseres Glaushybens So lassen sich Grenzen in den Herzen uumlberwinden so wird Gotteserfahrung moumlglich Dazu sollten wir auf die Kraft des geshymeinsamen Gebetes bauen und

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versuchen Neuevangelisation zu mehr als einem Schlagwort zu machen In diesem Sinne endet auch der eingangs zitierte Hinweis auf das Jahresthema 1992 Geshygenwaumlrtig haben Soldaten die Chance Avantgarde Vorhut der Kirche zu sein Nutzen wir diese Chance und setzen wir ein Zeichen der Treue in unserer Kirche

Paul Brochhagen

Europa bauen in der einen Welt Wir bauet1 mit Einleitung

Zwiespaumlltig ist unsere Haltung zum Begriff Mission Im Zeitalter der Annaumlherung ja Zusammenarshybeit der Religionen war der Misshysionsbegriff eine Zeit lang fast vershypoumlnt Galt es nicht aus einem gushyten Hindu einen besseren aus eishynem Muslim einen guten Muslim zu machen Die christlichen Misshysionare wurden als Maumlnner im Geshyfolge der kolonialen Eroberer als Fremde gesehen die uumlberseeishyschen Kulturen ihren europaumlishyschen Stempel aufdruumlcken oder gar ein europaumlisches Gewand uumlberziehen wollten

Nun spricht man vom Missionsshyland Europa und von einer NeushyEvangelisierung unseres Kontishynents Dabei wird der Begriff der Neu-Evangelisierung inzwischen

mit ebenso inflationaumlrer Haumlufigshykeit und wenig hinterfragter Selbstverstaumlndlichkeit gebraucht wie der Name Europa Dieses war bis zur KSZE (Konferenz fuumlr Sichershyheit und Zusammenarbeit in Euroshypa) 1975 und bis vor dem Fall der Mauer sowie der Abschaffung des Eisernen Vorhangs gleiChgesetzt mit dem westlichen nicht kommushynistischen Teil unseres Kontinenshytes Namen wie Europa-Rat Euroshypaparlament oder Europaumlische Gemeinschaft bezeichneten imshymer nur den westlichen kleinen Teil Europas

Wir wollen im Folgenden fragen 1 Ist Europa ein Missionsland 2 Was steckt hinter dem Begriff des Christlichen Abendlands bzw wie christlich ist Europa 3 Welche Rolle spielt die Katholishysche Kirche Deutschlands in dieshysem Europa 4 Welches Europa wollen wir baushyen 5 Welche Aufgaben liegen vor uns Wie bauen wir Europa mit

In einem Anhang drucken wir Auszuumlge aus einigen Dokumenten mit kirchlichen Aussagen zum Thema und geben weiterfuumlhrende Literatur an

1 Ist Europa ein Missionsland

Viele Christen in Europa waren sich auch fruumlher immer der Spanshynung bewuszligt die zwischen der Tatsache bestand daszlig bis vor kurshyzem die meisten Europaumler getaufshy

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te Christen waren die Praxis ihres Handels und das Leben des Glaushybens dem aber oft nicht entsprach In Frankreich wo seit dem antishykirchlichen Kampf der Franzoumlsishyschen Revolution betraumlchtliche Bevoumllkerungsschichten und ganze Landstriche fortschreitend entshychristlicht waren erhob sich schon im Zweiten Weltkrieg die Frage ob dieses Land das einst stolz darauf war die aumllteste Tochshyter der Kirche genannt zu werden nicht schon laumlngst ein Missionsshyland sei In Deutschland hat als ershyster der Jesuit Ivo Zeiger 1948 festshygestellt daszlig Deutschland als rushyfendes Missionsland vor uns liegt Er wurde damals wegen dieses harten Wortes angegrifshyfen man warf ihm vor er beleidishyge damit die Katholische Kirche in seiner Heimat und er zerstoumlre das Interesse an der Weltmission Auf dem 72 Deutschen Katholikentag 1948 in Mainz hielt Zeiger einen viel beachteten Vortrag Ober Die religioumls-sittliche Lage und die Aufshygabe der deutschen Katholiken

Vieles von dem was Zeiger dashymals nach dem Zusammenbruch der nationalsozialistischen Ideoloshygie feststellte gilt auch fOr die heutige Zeit nach dem Zusammenshybruch des Marxismus-Leninismus in Ost- und Ostmitteleuropa Misshysionssituationen erfordern Misshysionsmethoden stellte Zeiger dashymals fest Das heiszligt erstens arshybeiten in Armut arbeiten mit beshyscheidenen Mitteln Wir mOssen arm und bescheiden wieder vorne

anfangen wie eine Missionskirshyche Als zweite Forderung nennt Zeiger Mehr soziale Aufgeshyschlossenheit und Liebe in unseshyren eigenen Reihen Die dritte Forderung aus der Missionssituashytion heraus war fuumlr ihn Der Kashytholizismus muszlig von unten her wieder neu gebaut werden Als letztes forderte er eine neue Halshytung voll Stolz und Mut fOr die Zushykunft

Entwicklung nach dem 11 Weltkrieg

Im Zusammenbruch des Krieges und der Not der Nachkriegszeit war nicht abzusehen daszlig sich durch das seit langem bereits sprichwoumlrtliche Wirtschaftswunshyder in Deutschland die Frage nach der Armut und eines bescheidenen Neuanfangs fuumlr die Kirche bald nicht mehr stellte Wie nie zuvor entwickelte die Kirche gerade seit den 50er Jahren eine rege Taumltigshykeit baute Kirchen Pfarrhaumluser Heime Kindergaumlrten Schulen und andere Bi Idungseinrichtungen Das war noumltig weil sich durch die Millionen von Heimatvertriebenen aus dem Osten die konfessionelle Struktur Deutschlands voumlllig geshywandelt hatte Wo seit der Reforshymation oft kein katholischer Prieshyster mehr gesehen wurde entstanshyden nun neue katholische Pfarreishyen Dioumlzesen wie Hildesheim vermiddot vielfachten ihre Katholikenzahl Gleichzeitig aber muszligten die Vershyantwortlichen in der Kirche mit

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dem immer wachsenden Wohlshystand auch einen staumlndig fortshyschreitenden Ruumlckgang von Relishygioumlsitaumlt und Bindung an die Kirche feststellen Die religioumlse Sinngeshybung hat fuumlr immer weitere Leshybensbereiche an Bedeutung eingeshybuumlszligt Wir sprechen von Saumlkularishysierung Unser Bewuszligtsein und unshyser Denken ist immer mehr vershyweltlicht worden Man scheint Gott nicht zu brauchen Houmlchstens ist er noch notwendig in den Grenzsituationen schwerer Krankshyheit und im Angesicht des Todes Im Alltag brauchen die meisten Menschen wie sie meinen keinen Gott und keine Kirche Im alten Eushyropa ist der Prozeszlig der Entchristlishychung so weit fortgeschritten daszlig man ernsthaft an eine zweite Vershykuumlndigung denken muszlig

So schreibt der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz der Bischof von Mainz DDr Karl Lehshymann zu dieser Entwicklung in seishynem Hirtenwort Was heiszligt NeushyEvangelisierung Europas in der oumlsterlichen Buszligzeit 1991

Zahlreiche soziologische Untershysuchungen haben das seit Jahrshyzehnten bestaumltigt Den Ruumlckgang der Gottesdienstbesucher der Taufen der geistlichen Berufe konnten auch die einzelnen Pfarshyreien selbst feststellen Groszlig anshygelegte Befragungen verschiedeshyner Institute haben zusaumltzlich ershygeben daszlig auch die persoumlnliche Glaubensuumlberzeugung der Glaushybe an einen persoumlnliChen Gott an das Leben nach dem Tode an die

Gottheit Jesu Christi und andere Glaubenswahrheiten drastisch zushyruumlckging Noch mehr galt und gilt das fuumlr die Morallehre der Kirche die anzunehmen und zu bejahen immer weniger katholische Chrishysten bereit sind

Die Kirche war sich dieser Saumlkushylarisierung schmerzhaft bewuszligt Papst Johannes XXIII versuchte deshalb das aggiornamento und berief das 2 Vatikanische Konzil das in verschiedenen Dekreten die Rolle der Kirche in der heutigen Welt als pilgerndes Gottesvolk oder Licht der Voumllker behandelshyte Dieses Konzil verstand sich als Reformkonzil das im Geist des Evangelismus mit dem Blick auf das Heute die Kirche erneuern wollte Papst Paul VI richtete 1975 sein Apostolisches Schreiben Evangelii nuntiandi an den Epishyskopat den Klerus und alle Glaumlushybigen der Katholischen Kirche uumlber die Evangelisierung in der Welt von heute

In dieser Zeit fielen die Bemuumlshyhungen der Politiker um die Einshyheit Europas wobei allerdings wie bereits erwaumlhnt nur die westlishyche nichtkommunistische Haumllfte des Kontinentes gesehen wurde Am 29 Juni 1977 haben die Bishyschofskonferenzen Europas ein Wort zu Europa herausgegeben in dem sie die geschichtliche Rolle Europas betonten den Willen zur Einigung hervorhoben und auf Grundrechte und Grundpflichten hinwiesen Sie stellten fest daszlig die Abkehr von Gott als dem

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Herrn und Schoumlpfer zu menschlichem Niedergang Krieg und Gewalt gefuumlhrt hat Viele Menshyschen auch in unserem Land sind dem Materialismus verfallen In der Folge religioumlser Entwurzelung greifen trotz wachsenden Wohlshystandes Resignation Depression und Angst um sich

Chancen durch den politischen Umbruch im Osten Europas

Es bedurfte aber bei uns einiger entscheidender Ereignisse um die Missionsnotwendigkeit in Europa in ihrer ganzen Weite zu erfassen Dies geschah vor allem durch die Folgen der politischen Wende des Jahres 1989 als die unnatuumlrliche Teilung Deutschlands und Euroshypas unerwartet beendet und fuumlr viele Oberraschend augenscheinshylich wurde wie weit in vier bzw fOnf Jahrzehnten die Entchristlishychung Ost- und Ostmitteleuropas und in uumlber sieben Jahrzehnten in der ehemaligen Sowjetunion fortshygeschritten war Die bedeutende Rolle die dabei der erste slawishysche Papst fuumlr diese Wende spielshyte kann nicht hoch genug angeshysetzt werden Der Pole Johannes Paul 11 hatte sich im Gegensatz zu den Politikern nie mit der Teilung Europas als Folge der Absprachen waumlhrend der Konferenz von Jata abgefunden Er hatte schon bei seiner Reise als Papst nach Gneshysen am Grab des hl Adalbert die Einheit des Kontinents betont und mit der Proklamierung der Slawen-

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apostel Cyrill und Method zu Kronshypatronen Europas diese groszligen Missionare dem hl Benedikt dem Vater des Abendlandes zur Seishyte gestellt

Der Papst hatte auch klar den Marxismus-Leninismus als Uumlbel genannt ja als Schande unseres Jahrhunderts Wie tief diese Ideoshylogie die Seelen der Menschen zershystoumlrt hatte wird heute immer mehr sichtbar

1985 erinnerte Johannes Paul 11 in seinem Rundschreiben Slavoshyrum Apostoli zum 1100 Todestag des hl Method an das Werk der Evangelisierung der beiden Bruumlder aus Saloniki von deren Charisma er hoffte es werde sich in unserer EpOChe in neuer Fuumllle zeigen und neue Fruumlchte tragen Der Papst wuumlrdigte dabei Cyrill und Method wegen ihrer klaren Stellung in all jenen Konflikten die damals die slawischen Gemeinschaften auf ihrem Weg zu staatlicher Organishysation erschuumltterten sie machten sich dabei die Schwierigkeiten und Probleme zu eigen die nicht zu vermeiden waren fOr Voumllker die ihre eigene Identitaumlt unter dem mishylitaumlrischen und kulturellen Druck des neuen roumlmisch-germanischen Reiches verteidigten und versuchshyten jene Lebensformen zuruumlckzushyweisen die ihnen fremd schieshynen Cyrill und Method sind fuumlr den Papst zwei Verbindungsringe eine geistige BrOcke zwischen Ost und West die einen entscheidenshyden Beitrag zur Bildung Europas leisteten und zwar nicht nur in

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der religioumlsen christlichen Geshymeinschaft sondern auch fuumlr seishyne gesellschaftliche und kulturelle Einheit An Grundhaltungen in Ost und West als von den zwei Fluumlshygeln einer Lunge durch die Europa atmet Bei seinem ersten Besuch in der Tschechoslowakei hat im April 1990 der Papst in Velehrad in Maumlhren das der Tradition nach der Bischofssitz des hl Method gewesen sein soll als Reaktion auf den Umbruch in Osteuropa eine Sonderversammlung der Bishyschofssynode fuumlr Europa angeshykuumlndigt die ab 28 November bis zum 13 Dezember 1991 nach Weshygen der Neuevangelisierung Euroshypas fragte das sich nun den Bishyschoumlfen vom Atlantik bis zum Ural als neues Missionsland darstellt Die Grundlagen einer Neuevangeshylisierung hat der Heilige Vater in seiner Enzyklika Redemptoris Missio uumlber die fortdauernde Guumllshytigkeit des missionarischen Aufshytrages vom 7 Dezember 1990 deutshylich aufgezeigt Der Paumlpstliche Rat fOr den Interreligioumlsen Dialog und die Kongregation fuumlr die Evangelishysierung der VOumllker haben am 19 Mai 1991 unter dem Titel Dialog und Verkuumlndigung Uumlberlegungen und Orientierungen zum Interrelishygioumlsen Dialog und zur Verkuumlndishygung des Evangeliums Jesu Chrishysti geboten Wie sich 1979 die 3 Vollversammlung des lateinamerishykanischen Episkopates mit der Evangelisierung ihres auf dem Pashypier katholischen Kontinentes in Gegenwart und Zukunft beschaumlfshy

tigte so haben Ende 1991 die euroshypaumlischen Bischoumlfe ihre Konzeptioshynen vorgelegt Die Tatsache daszlig unter ihnen Maumlnner waren die in Gefaumlngnis und Arbeitslager litten und als Geheimbischoumlfe wirkten ist dabei ebenso von Bedeutung wie das Faktum daszlig es 1991 in Teilen Europas wieder auch vom Staat anerkannte Bischoumlfe gab wo seit den zwanziger und dreiszligishyger Jahren dieses Jahrhunderts keinerlei kirchliche Struktur mehr auszliger einzelnen Gemeinden vorshyhanden war Unter dem Titel Dashymit wir Zeugen Christi sind der uns befreit hat betonte die Sonshyderversammlung im Schluszligdokushyment die gegenwaumlrtige historische Stunde fuumlr den christlichen Glaushyben Europas und wies auf Wege der Neuevangelisierung hin Fast im Schatten der Bischofssynode hatte vom 12 bis 18 November 1991 in Santiago de Compostela (Spanien) die tonfte Europaumlische oumlkumenische Begegnung zwishyschen der Konferenz Europaumlischer Kirchen (KEK) und dem Rat der Eushyropaumlischen Bischofskonferenzen (CCEE) stattgefunden Im Bericht der Praumlsidenten dieser Versammshylung Dean John Arnold und Carlo Maria Kardinal Martini wird das Ausmaszlig der christlichen Verantshywortung angesichts des Evangeshyliums hervorgehoben und die Uumlbershyzeugung ausgesprochen daszlig das Evangelium in Europa Zukunft habe Schon erheben sich auch neshygative ja feindliche Stimmen die von einer Rekonfessionalisierung

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einer Ruumlckkehr der Katholen oder von Proselytenmacherei spreshychen Es gibt aber auch falschen Triumphalismus in katholischen Kreisen der nur den scheinbaren Sieg Ober den atheistischen Marshyxismus sieht dabei aber nicht wahrhaben will daszlig es noch nicht der Glaube oder die Religion ist die das Vakuum in den Seelen aufshygetollt und erfuumlllt haben

2 Was steckt hinter dem Begriff des christlichen Abendlandes shyoder Wie christlich ist Europa

Ohne Zweifel ist das Christenshytum eine der wesentlichsten Kraumlfshyte die Europa und seine Kultur entscheidend mitgestaltet ja nach einem Wort von Papst Pius XII die Seele seiner Voumllker am tiefsten geformt haben Zur Geshyschichte dieses Kontinents und seiner Entfaltung gehoumlrt das misshysionarische Wirken groszliger Heiliger wie Benedikt KOlumban Bonifashytius Cyrill und Method Ansgar und Adalbert Diese Missionare haben auf Dauer das Antlitz Euroshypas entscheidender gepraumlgt als dies groszlige Herrscher Eroberer oder Heerfuumlhrer taten

Der erste Bundespraumlsident des jungen Nachkriegsdeutschland Theodor Heuss sagte Ober Euroshypa es stehe gleich Saumlulen auf drei Huumlgeln auf der Akropolis dem Kashypitol und Golgotha Es habe also eine hellenistische eine roumlmische und eine auf Jesus Christus zushyruumlckzufuumlhrende christliche Grundshy

lage wobei letztere die bei den anshyderen integrierte

Leider ist es durch die Entfremshydung zwischen Ost und West nach der groszligen Kirchenspaltung des Jahres 1054 zur Fehlleistung eishyner ganzen Kulturepoche Euroshypas gekommen als jenes zaumlhleshybige oft wiederholte Kulturbeshywuszligtsein und Geschichtsbild etlishycher Generationen ja sogar das Selbstverstaumlndnis der roumlmischen Kirche praumlgende Diktum (Ernst Nittner) von den drei anderen Saumlushylen entstand von Antike Christenshytum und Germanentum die den Bau Europas tragen bzw von den drei Wurzeln aus denen das Abendland gewachsen sei Der Osten Europas kommt in beiden Bildern von den drei Huumlgeln und von den drei Saumlulen zu kurz sei es der slawische Osten sei es die beshysondere Geistigkeit oumlstlichen Chrishystentums das in Osteuropa mehr vom Slawenturn gepraumlgt ist als vom Griechentum

Als Papst Pau VI 1964 den hl Benedikt zum Patron Europas und zum Vater des Abendlandes erhob ging er davon aus daszlig nach dem Ende des alten Westroumlmishyschen Reiches und nach dem Ende der Voumllkerwanderung die Geshyburt Europas anzusetzen ist Karl der Groszlige ist bereits von Zeitgeshynossen als verehrungswordige Zierde Europas als Pater Euroshypae bezeichnet worden

Doch sein Reich dieses junge Europa war noch ein Kleineuropa kleiner als die EWG das Europa

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der sechs GrOndungsmitglieder der heutigen EG da damals unter Karl dem Groszligen ganz Suumld italien noch unter byzantinischer Herrshyschaft war allerdings die Gebiete der heutigen Schweiz und die Grenz-Marken in Oumlsterreich und Nordspanien dazugehoumlrten Dazu kam daszlig in Konstantinopel der alte roumlmische Reichsgedanke weiterlebte und dieses Faktum zum Dualismus Rom-Byzanz fuumlhrshyte Der polnische Historiker Oskar Halecki kommt sogar zum Schluszlig daszlig die Errichtung des Reiches Karl des Groszligen kein Schritt Inteshygration eines groumlszligeren christlishychen Europas war sondern zushynaumlchst den damals bereits vorhanshydenen Ost-West-Dualismus noch erneuerte und verstaumlrkte

Dazu kam daszlig die unstreitbar groszligartige Leistung Karls des Groshyszligen ohne Kontinuitaumlt war ja nach dem Tod des Kaisers Niedergang und Zerfall kamen ehe Otto I mit seiner Kaiserkroumlnung im Jahre 962 an Karl den GroBen anknuumlpfte Dashybei konnte er allerdings das Reich Karls nicht erneuern sondern nur im Ostfrankenreich dem spaumlteren Deutschland das Ende des karoshylingischen Staates machtpolitisch weiterfuumlhren

Die Missionierung Osteuropas Doch gerade in dieser Zeit des

Zerfalls des Reiches Karls des Groszligen im 9 Jahrhundert faumlllt die Mission der Slawenapostel Cyrill und Method Ihr Hauptwirkungsgeshybiet ist Maumlhren und Pannonien die

alten Hauptdurchzugsgebiete der Voumllkerwanderung Mit seinem Wahlspruch ora et labora (bete und arbeite) mit der Gruumlndung von Kloumlstern und der Pflicht der Seszligshyhaftigkeit der Moumlnche hatte SI beshynedikt die Unruhe der Voumllkerwanshyderung gebaumlndigt und uumlberwunshyden Seit dem Jahre 863 missioshynierten Cyrill und Method die Mitshypatrone Europas in Gebieten die nicht zum Roumlmischen Reich und nicht zum Reich Karls des Groszligen gehoumlrt hatten Die eigentliche Inteshygration Europas ist nicht nur von Reichsgedanken her erfolgt nicht von der Zugehoumlrigkeit zum Impeshyrium (sei es byzantinisch sei es fraumlnkisch-roumlmisch) sondern durch Mission und Christianisierung durch welche griechisch-roumlmische Kultur zunaumlchst in das Groszligrnaumlhrishysche Reich dann in andere slawishysche Staatswesen aber auch bald in das nichtslawische Reich der Ungarn eindrang Mit dem Chrishystentum wurde das Erbe der Antishyke von jungen Voumllkern uumlbernomshymen die sich auBerhalb des Impeshyriums entwickelten so wie ein Jahrhundert zuvor unter Bonifashytius das gleiche in unserer Heimat geschah und spaumlter im Norden durch Missionare wie Ansgar ershyfolgte Durch die Christianisieshyrung durch die Uumlbernahme des kulturellen Reichtums der roumlmishyschen und griechischen Antike entstand in einem langen Entwickshylungszeitraum Europa

In seinem geistvollen Vortrag Ober Cyrill und Method - Schutzshy

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heilige Europas schreibt Ernst Nittner uumlber die Zeit des 10 Jahrshyhunderts als nach der Vertreibung der Schuumller des heiligen Method nach dessen Tode diese eine neue Wirkungsstaumltte in Bulgarien fanshyden und nach dem Ende des GroBshymaumlhrischen Reiches auf Teilen seines Bodens ein christlicher unshygarischer Staat entstand

Die Geburt Europas war abgeshyschlossen West und Ost waren inshytegriert in die europaumlische Geshymeinschaft des Denkens und Glaubens

Griechische Philosophie und die roumlmischen Kriterien von Recht und Ordnung waren uumlberhoumlht durch die christliche Heilsbotschaft durch das neue Bild von Gott und Mensch

Im Westen - aber keineswegs nur fuumlr den Westen - hatte St Beshynedikt den kultursoziologischen Imperativ des Ora et labora mit der Absage an ausschlieszligliche Kontemplation ebenso wie an leishystungsbesessenes Robotertum eingebracht

Cyrill und Method hatten bei den slawischen Voumllkern - aber keineswegs nur fuumlr sie - die Freishysetzung volkhafter Kraumlfte fOr das Wirken der Kirche den Gedanken des Glaubens und Verkuumlndens aus der ethnischen Voraussetzung des Betens und Eucharistiefeierns in der Muttersprache hinzugefOgt Man sagt daszlig hier eigentlich antishyzipiert wurde was tausend Jahre spaumlter durch das Zweite Vatikanshyum verwirklicht wurde

Geburtsstunde Europas

Wir koumlnnen also von einer Geshyburtsstunde Europas sprechen muumlssen uns dabei aber immer wieshyder vor Augen halten daszlig auch dashymals Europa nie wirklich eine Einshyheit war weder regional noch imshyter den Bedingungen des Heiligen Roumlmischen Reiches Deutscher Nation (David Seeber) Es lebte immer in Spannungen und Gegenshysaumltzen in Konflikten und Auseinshyandersetzungen Selbst wenn es (nach den Worten des Papstes) durch das Christentum mit beiden Lungen atmete war dies doch zeitshyund perspektivenverschoben Eushyropa ist eben ein anders beschatshyfener Kontinent als wir ihn in den uumlblichen Europa-Sonntagsreden praumlsentiert bekommen schreibt David Seeber in einem Leitartikel der Herder-Korrespondenz im Sepshytember 1991 als dieses Europa sich lange als nicht handelndes Subjekt im Jugoslawienkrieg ershywies als zu schwach um als geshysamteuropaumlisches Ordnungseleshyment oder auch nur als friedensshystiftender Moderator auftreten zu koumlnnen Zwar hat Europa immer existiert aber nur in seiner Vielshyfalt wobei die Vielfalt politisch kulturell geistig und regional war Seine Geschichte nach der Geshyburtsstunde ist gekennzeichnet von MachtansprOchen und Geshywalt von Kaumlmpfen mit Siegen und Niederlagen die bereits im Mittelshyalter und in der frOhen Neuzeit nicht erst 187071 oder in den beishy

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den Weltkriegen dieses Jahrhunshyderts Feindschaft zwischen den Voumllkern als den Traumlgern Europas schufen

Wie die Trennung von Ost- und Westkirche im Jahre 1054 haben weitere Kirchenspaltungen wie die der Reformation zu erneuter Trenshynung gefOhrt Auch wenn sie nicht die europaumlischen Dimensionen hatten wie nach 1517 durch Lushyther so haben auch andere religioumlshyse Konflikte (denken wir an die Hussitenkriege) zu Feindschaft und Auseinanderleben gefahrt Ein trauriger Houmlhepunkt dieses Geshygeneinander war sicher der Dreishyszligigjaumlhrige Krieg als Mitteleuropa Aufmarschplatz von Armeen aus weiten Teilen Europas von Spashynien bis Schweden war

Gemeinsamer Urgrund Dennoch blieb diesem Europa

ein gemeinsamer Urgrund das Christentum Nicht zufaumlllig haben groszlige Geister vor 200 Jahren in eishyner der unseren vergleichbaren Zeit nach den Wirren und Fehlentshywicklungen der Franzoumlsischen Reshyvolution ihre Blicke von Aufklaumlshyrung Rationalismus und Materiashylismus abgewandt und versucht sich an Grundwerten des mittelalshyterlichen Europa zu orientieren Der Dichter Novalis der eigentlich Friedrich Karl von Hardenburg hieszlig und als Leiter der Bergwerke in Sachsen von Haus aus ein Nashyturwissenschaftler war hat dashymals eine Schrift verfaszligt Die

Christenheit oder Europa Er meinte damit keinen Gegensatz sondern voumlllige Identitaumlt Fuumlr Noshyvalis ist Europa nach seiner Hershykunft christlich es wird christlich sein oder gar nicht mehr existieshyren Nicht umsonst nennen wir Noshyvalis einen Vertreter der Romantik aber dennoch mOssen wir uns heushyte auf die christlichen Grundwerte zurOckbesinnen auf denen Europa aufbaut Das Christentum hat jeshynen gewaltigen Integrationsproshyzeszlig vollbracht der Europa seine christlich-humanistische Praumlgung gab Der Integrationsprozeszlig zeigt sich in Begriffen wie Menschenshywuumlrde Unantastbarkeit der Pershyson Freiheit Gerechtigkeit Solishydaritaumlt Gemeinschaft und persoshynelle Verantwortung auf die aber kein christlicher Monopolanshyspruch besteht und die auch von Nichtchristen geachtet und gelebt werden Diese Werte stammen aus dem Schatz der Antike aus vorshychristlicher Zeit als ethnische Forshyderungen eines Sokrates Plato oder Aristoles an die Menschen Diesen Werten hat das Christenshytum die transzendente Hinwenshydung auf den Erloumlsergott den SChoumlpfer allen Lebens hinzugeshyfuumlgt was wir an Grundwerten menschlicher Existenz wie Freishyheit - Menschlichkeit - Geshyrechtigkeit besonders sporen Sie gehoumlren seit der griechischen Philosopie zum Wesen Europas wurden aber durch das Christenshytum besonders ausgeformt und zaumlhlen gerade heute zu den W9shy

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sentlichen Grundlagen eines neushyen Europas

Wenn dieses Europa Missionsshyland ist so ist eine Bestandsaufshynahme seiner noch vorhandenen christlichen Substanz notwendig In Prozenten ausgedruumlckt ist der Anteil der auf Christus Getauften in den letzten Jahrzehnten gewalshytig zuruumlckgegangen Zwar gab es in Europa mit den Juden und seit der Neuzeit auch durch die Muslishyme auf dem Balkan starke nichtshychristliche Bevoumllkerungsgruppen In Osteuropa zaumlhlten bis zum Hoshylocaust die Juden noch Millionen Die Sonderversammlung der Bishyschofssynode spricht im Schluszligshydokument von der besonderen Beshydeutung des Judentums dessen Glauben und Kultur ein konstitushytiver Teil der Entwicklung der euroshypaumlischen Humanitaumlt sind Die Versammlung stellt auch die Wichtigkeit der Beziehungen zu den Muslimen fest nicht nur weshygen vergangener Ereignisse sonshydern auch im Blick auf unsere Zushykunft zumal eine starke Wandeshyrungsbewegung aus den Islamishyschen Nationen stattfindet M iIshylionen von Muslimen gibt es seit langem im europaumlischen Teil Ruszligshylands auf dem Balkan in Bulgashyrien Albanien und Jugoslawien doch war mit Ausnahme des erst nach den Balkankriegen 191213 entstandenen jungen Staates Alshybanien die uumlberwaumlltigende Mehrshyheit der europaumlischen Bevoumllkeshyrung christlich Gewiszlig war es oft nur ein Kulturprotesfantismus

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oder Kulturkatholizismus im Osten auch eine Kulturorthodoxie Man wurde getauft gefirmt oder konfirmiert kirchlich getraut und begraben~ Aber man wuszligte um das geistige Erbe des Christentums von dem man auch als Atheist noch zehrte

Entchristlichung und Saumlkularisierung

Heute ist das anders Wenn von der Wiedervereinigung Deutschshylands im Jahre 1989 fuumlr die alte Bundesrepubulik noch 44 Proteshystanten und 471 Katholiken anshygegeben wurden so war das beshyachtlich 64 waren sonstige Konfessionen darunter 25 Millioshynen Muslime (meist Tuumlrken) aber auch Hunderttausende von Orthoshydoxen als griechische oder jugoshyslawische (serbische mazedonishysche) Gastarbeiter Die eigentliche Zahl von Atheisten war also relativ gering Nach der Wiedervereinishygung bekennen sich nur 73 der Deutschen zu einer christlichen Konfession weil der neue Mensch des Marxismus-Leninismus der von jeder Entfremdung frei sein sollte auch frei wurde von der Abshyhaumlngigkeit von Gott Was die Zahl von 73 Christen in Deutschland nicht ausdruumlckt ist das Ausmaszlig der Entchristlichung der mittleren und juumlngeren Generation Wenn die waumlhrend der ersten Nachshykriegszeit Geborenen auch in der ehemaligen DDR noch zu uumlber 90 getauft wurden so muumlssen

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die Prozentsaumltze der in der letzten Jahren und heute Getauften ershyschreckend niedrig sein um auf nur 73 Christen zu kommen Und es ist so In den neuen Bundeslaumlnshydern sind noch 21 der Buumlrger evangelisch und 36 katholisch D h daszlig nicht einmal ein Viertel der Bevoumllkerung christlich ist In Staumldten wie Erfurt mit reicher christlicher Tradition einem Bishyschof einem Priesterseminar vershyschiedenen Kloumlstern und anderen kirchlichen Einrichtungen werden von 100 Neugeborenen nur fuumlnf geshytauft davon drei protestantisch und zwei katholisch Als die DDR 1949 gegruumlndet wurde bekannten sich uumlber 90 der Erfurter Buumlrger als Christen

Halten wir dagegen Zahlen aus der Mission in Uumlbersee Im afrikashynischen Ruanda gibt es 50 Kashytholiken und 12 Protestanten in Swasiland sind uumlber 60 Chrishysten in Uganda die Haumllfte der Beshyvoumllkerung

Aumlhnliche Zahlen wie aus der ehemaligen DDR wenn auch nicht so kraszlig gibt es auch aus dem uumlbshyrigen Ostblock In der CSFR beshykennen sich nur noch 40 der Beshyvoumllkerung als Christen Doch ist zu entscheiden ob ein Bekenntnis zur Kirche nur aumluszligerlich ist weil sich das Volk mit der Nationalkirshyche identifiziert die in schwerer Zeit die Rechte des Volkes vertrat oder ob das Bekenntnis bereits als echter Ausdruck lebendigen christlichen Glaubens gewertet werden kann der auch in der Zeit

der Atheisierung und des Kirchenshykampfes lebendig blieb

Verluste hat das Christentum aber auch im Westen Europas ershylitten Bei den Lutheranern Skandishynaviens und den Anglikanern in Groszligbritannien ist christliche Subshystanz ebenso von der Erosion durch den praktischen Materialisshymus bedroht wie die katholischen Laumlnder Suumldeuropas von der Saumlkushylarisierung betroffen sind In Frashygen der Abtreibung oder Ehescheishydung hat weder in Italien noch in Spanien die Kirche eine Mehrheit der Bevoumllkerung hinter sich

Vormarsch nichtchristlicher Religion

Mit dem Ruumlckgang des Chrishystentums waumlchst gleichzeitig durch Wanderbewegungen der Anshyteil nichtchristlicher Religionen (Islam) ja konvertieren ehemalige Christen zu neuen Religionen (Hara-Krishna Vereinigungskirche ua) Vor allem der Islam entwikshykelt in Europa eine Missionsstrateshygie die nach dem Ende des Ostshyblocks noch offensiver wird Bisshyher lebten die alteingesessenen Muslime Europas bis auf Grieshychenland Zypern und der Tuumlrkei unter kommunisterischer Herrshyschaft Es gibt in diesen Laumlndern folgende Zahlen von Muslimen 1 GUS-Staaten (Europaumlischer Teil) Ober 12 Millionen Muslime 2 Jugoslawien uumlber 4 Millionen Muslime 3 Albanien uumlber zwei Millionen (Sunniten und Bektaschi)

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4 Bulgarien Ober eine Million 5 Rumaumlnien etwa 50000 6 Polen einige Tausend

Von diesen Laumlndern war in Albashynien den Muslimen wie auch den anderen Konfessionen jede RelishygionsausObung verboten In der Sowjetunion in Bulgarien und Rushymaumlnien wurde der ISlam diskrimishyniert und unterdruumlckt In Jugoslashywien konnte dagegen schon 1977 in Sarajevo mit massiver arashybischer Hilfe eine Islamische Theologische Fakultaumlt gegruumlndet werden Auszligerdem bestehen dort die Koranschulen (Medresen) in Sarajevo (mit serbokratischer Unshyterrichtssprache) in Pristina (fuumlr Albaner) und Skopje (fuumlr Tuumlrken und Mazedonier) Die Muslime im ehemaligen Jugoslawien haben heute eine eigene Presse und geshyben Dutzende von religioumlsen Buumlshychern heraus Im zerfallenen Jugoshyslawien wird vor allem in der Repushyblik Bosnien-Herzegowina den Muslimen mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden muumlssen Eine aumlhnliche Entwicklung vOllzieht sich heute in der ehemaligen Soshywjetunion Bulgarien und Albashynien Manche Staaten der GUS hashyben islamische Mehrheiten Sollshyten alle Staaten der GUS Mitglied der KSZE werden bedeutet dies eishynen entscheidenden Schritt des Isshylams nach Europa

Auszliger in Griechenland (140000) und Zypern (152000 Muslime) sind die muslimischen Gruppierungen in Europa Folgen juumlngst erfolgter Auswanderungen 1991 kann man

fOr Europa folgende Zahlen angeshyben Deutschland 25 Millionen

Muslime Frankreich 21 Millionen Groszligbritannien 1 Million Niederlande 300000 Belgien 250000 Italien 200000 Spanien 80000 Schweiz 70000

Der Streit um den Bau eine riesishygen Moschee in Rom hat der Weltshyoumlffentlichkeit gezeigt daszlig selbst in der Stadt des Papstes die Lehre Mohammeds vertreten ist Das Centro Islamico Culturale dltalia in Rom verfuumlgt uumlber eine Sonnshytagsschule und gibt monatlich ein Bulletin (in italienischer und englishyscher Sprache) heraus

In Spanien gibt es seit 1980 wieshyder aktive Moscheen Damals uumlbergab der kommunistische Buumlrshygermeister von Cordoba den Musshylimen eine alte Moschee die aber Jahrhundete hindurch als Kirche gedient hatte 1982 wurde in Pedro Abad bei Cordoba eine zweite Moshyschee eroumlffnet Eine weitere entshystand in Madrid In der Schweiz beshystehen Moscheen ua in Zuumlrich und Genf In Genf hat das Islamishysche Zentrum zahlreiche Schriften in Franzoumlsisch publiziert was die Islamische Gemeinschaft in der deutschsprachigen Schweiz von Zuumlrich aus in deutscher Sprache tut

Dieser europaumlische Islam wird heute in weltweite Missionsplashynungen einbezogen das zeigen

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uumlberregionale islamische Organishysationen wie der Islamic Council of Europe in London und der Moshyscheenrat fuumlr Europa in BrUumlsse

Ein Vergleich der Erfolge des Isshylams mit der christlichen Mission dieses Jahrhunderts faumlllt eindeushytig zu ungunsten des Christenshytums aus Waumlhrend das Christenshytum z B in rein islamischen Laumlnshydern wie Saudi-Arabien den arashybischen Emiraten oder dem Jemen (auch in Afghanistan) nie Fuszlig faszligshyte gibt es heute Millionen von Muslimen in Westeuropa In vielen muslimischen Laumlndern ist die Zahl der Christen erschreckend zuruumlckshygegangen z B in der Tuumlrkei aber auch in Algerien In einem muslishymischen Land wie Somalia das Jahrhunderte hindurch italienisch war gibt es heute weniger Katholishyken (2500) als Muslime in Luxemshyburg (3000) Gerade solche Vershygleiche zeigen den Vormarsch des Islam Die Zahl der Muslime in Oumlsterreich und der Schweiz ist groumlshyszliger als die Zahl der Katholiken in Kuwait oder Lybien es gibt in Belshygien mehr Muslime als Christen in Bangladesh ganz zu schweigen von den Millionenzahlen der Muslishyme in Deutschland Frankreich und Groszligbritannien

3 Welche Rolle spielt die katholishysche Kirche Deutschlands in diemiddot sem Europa

Die Lage Deutschlands in der Mitte unseres Kontinentes vershypflichtet uns deutsche Katholiken

besonders beim Aufbau eines neushyen Europas und bei seiner Neushyevangelisierung Die Teilung Euroshypas in Ost und West war auch 40 Jahre lang eine Teilung unseres Vaterlandes das erst seit dem 3 Oktober 1990 wieder geeint ist So wie wir in Deutschland nun zusamshymenwachsen und eine gemeinsashyme Zukunft gestalten soll auch die Zukunft eines gemeinsamen Europas erstehen Dabei ist das vereinte Deutschland in einer unshygleich besseren Lage als Europa Es spricht eine gemeinsame Sprashyche und blickt auf eine gemeinsashyme Geschichte zuruumlck waumlhrend die Voumllker Osteuropas gegenuumlber Westeuropa sprachlich isoliert sind und keine Hilfe vom Westen erwarten koumlnnen die der Hilfe der alten fuumlr die neuen deutschen Bunshydeslaumlnder entspricht

Zwei Tatsachen sind es auszliger seiner Lage in Mitteleuropa die Deutschland bei der Neuevangelishysierung des Missionslandes Euroshypa zu besonderer Aufgabe berushyfen a seine Erfahrungen mit dem Zushysammenbruch einer menschenvershyachtenden Ideologie 1945 und b seine Verflechtungen mit ganz Europa durch deutsche Volksgrupshypen im Osten

a Der bereits zitierte P Ivo Zeishyger stellte auf dem Mainzer Kathoshylikentag 1948 fest daszlig die katholishysche Kirche Deutschlands damals in ihrem aumluszligeren Gefuumlge und mashyteriellen Bestand von der gleichen Not betroffenmiddot war wie das Volk

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selbst Dagegen sei sie von einem inneren Zusammenbruch vershyschont geblieben da weder der Kirche als solcher noch dem einshyzelnen glaumlubigen Katholiken eine Weltanschauung zerbrach die er begeistert angenommen haumltte Im Gegenteil der christliche Glaube hat sich als richtig erwieshysen und kann sich erneut in Freishyheit erweisen In dieser Hinsicht steht die Kirche heute fester da als noch vor Jahren Die harte Pruumlfung war eine Laumluterung und wie alles Kreuz Christi ein heiliger Segen

Das gilt auch fOr die katholische Kirche nach dem Zusammenbruch der marxistisch-leninistischen Ideologie in Osteuropa In Laumlndern wie der Tschechoslowakei wuchs die Autoritaumlt der Kirche durch ihre Haltung in der Verfolgung und ihr Einstehen fuumlr die Rechte der Menshyschen Trotz der Schwaumlche einzelshyner Kirchenglieder die den Verlokshykungen des Regimes oder seinen Drohungen erlagen war die kathoshylische Kirche in den meisten Ostshyblockstaaten die einzige Institushytion die sich nicht mit dem Reshygime liierte Wie 1945 hat auch das Jahr 1990 eine neue Lage fuumlr kirchshyliches Leben und Wirken gebracht Die Voraussetzungen waren grundlegend veraumlndert der mateshyrielle Bestand auch die inneren Grundgegebenheiten der Menshyschen Dazu P Zeiger 1948 Kein Bedauern kein Klagen nach dem guten Alten bringt uns jene Vorshyaussetzungen wieder zuruumlck Wenn wir glauben wollten die wie-

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dergekehrte Freiheit erlaube ein einfaches Wiederaufnehmen der Arbeit an der Stelle wo sie uns aus der Hand geschlagen wurde wuumlrshyden wir uns einer tiefen Taumlushyschung hingeben und mOszligten uumlber kurz oder lang eine noch tiefere Enttaumluschung erleben

Es ist daher von Nutzen daszlig wir eine moumlglichst klare und ehrliche Bestandsaufnahme vornehmen

Das sind mutige Worte geweshysen die auch heute die Kirchenshymaumlnner im Osten beherzigen muumlsshysen Die Lage 1992 ist eine andere als in den Jahren da in Ruszligland nach 1917 und in den Satellitenshystaaten die Verfolgung begann Die territoriale Kircheneinheit war zerstoumlrt und die Geschlossenheit der Gemeinden durchbrochen Auch nach 1945 waren die Glaumlubishygen dafOr nicht vorbereitet ebenso wenig wie 1989 auf den Fall der Mauer Aber die Kirche stellte sich die Aufgabe nicht nur im zerschlagenen Deutschland Sie erhelt materielle und geistge Hilfe aus dem Ausland zum Beishyspiel aus den USA und von den Kashytholiken Flanderns die mit den Kashypellenwagen des Speckpaters P Werenfried van Straaten auch pershysonelle Hilfe in die Diaspora sandshyten Die Offenheit mit der P Zeishyger 1948 vor der OumlffentliChkeit eishynes KathOlikentages Beispiele zur Vertiefung der Forderungen zog verdient auch heute Beachtung

b Nach dem Zweiten Weltkrieg hat das zerstoumlrte Deutschland 15 Millionen Deutsche aus dem

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Osten aufgenommen die seit Jahrhunderten vom Finnischen Meerbusen im Norden bis zum Schwarzen Meer mit Europaumlern anshyderer Nationalitaumlt und Muttersprashyche meist in Eintracht und guter Nachbarschaft lebten Millionen von Deutschen sprachen die Sprashychen ihrer Nachbarn Estnisch Lettisch Litauisch Russisch Polshynisch Ukrainisch Tschechisch Slowakisch Ungarisch Rumaumlshynisch Slowenisch Serbisch und Kroatisch In vielen dieser alten Siedlungsgebiete war Europa als multikulturelle Einheit in der Vielshyfalt vorweggenommen auch in den Kirchen wo in gemischtsprashychigen Pfarreien und Dioumlzesen der Multinationalitaumlt und ethnischen Vielfalt Rechnung getragen wurde Der Eiserne Vorhang hat nach Flucht Vertreibung und Umsiedshylung der meisten dieser Deutschen aus dem Osten diese Gebiete zu einer terra incognita gemacht Ihre Sprachen und ihre Kultur wurde vernachlaumlssigt ihre Geschichte und Literatur kaum beachtet Auch in der Kirche und in der kirchlichen Erwachsenenbildung herrschte bis zur Wende von 1989 mehr Intershyesse fuumlr Suumldafrika und Chile als fuumlr die Kirchenverfolgung in litaushyen oder in der Tschechoslowakei Unsere Jugend beschaumlftigt sich mit der Theologie der Befreiung und mit Basisgruppen in Lateinshyamerika nicht aber mit der Theoloshygie des Uumlberlebens im Ostblock oder mit Basisgruppen in Ungarn

Die Kirche in der ehemaligen

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DDR hatte in der Vergangenheit viele Kontakte zu den einzelnen katholischen Kirchen Osteuropas bis hin zu den verschleppten Deutshyschen in Zentralasien und Sibirien Diese Erfahrungen gilt es heute zu nutzen und zu vertiefen vor allem weil die Kirche der DDR von Anshyfang an als kleine Herde die Diashysporasituation erlebte als christlishyche Gemeinschaft in atheistischer Umwelt zu leben Deutsche Kathoshyliken aus dem Osten wurden in der Bundesrepublik Wegbereiter der Versoumlhnung mit den Nachbarvoumllshykern z B die sudetendeutsche Akshykermanngemeinde mit den Tscheshychen Deutsche und polnische Bishyschoumlfe sprachen bereits vor 25 Jahren am Ende des 2 Vatikashynums die wichtigsten Aufgaben an Vergebung und Bitte um Vergeshybung In einem Europa das mit dem Zerfall von Vielvoumllkerstaaten wie der ehemaligen Sowjetunion oder Jugoslawien neuen Nationashylismus aufgebrochene alte Feindshyschaft ja sogar Krieg wiederershylebt werden wir die Aufgabe zu versoumlhnen und Frieden zu stiften sehr ernst nehmen muumlssen

4 Welches Europa wollen wir baushyen

In ihrem Brief zur Versoumlhnung mit dem tschechischen Volk schreiben die deutschen Bischoumlfe In unseren Tagen hat eine demoshykratische Revolution in Mittel- und Osteuropa die kuumlnstlich zwischen den Voumllkern aufgeriChteten Barrieshy

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ren niedergerissen Europa als geistige Einheit wird fuumlr uns uumlbershyall dort erlebbar wo Grenzsperren fallen und die Menschen die jahrshyhundertelang gewachsene Zusamshymengehoumlrigkeit benachbarter Staaten und Landschaften mit neuem Leben erfOllen

Europa der Menschen Als Christen bauen wir ein Euroshy

pa der Menschen nicht der Techshynokraten oder ein Europa egoistishyscher Staaten die ihre Privilegien verteidigen Die Pastoralkonstitushytion des Zweiten Vatikanums Gaudium et spes gibt uns dazu Mut wenn sie in Artikel 3 sagt daszlig die auf die Liebe Jesu Christi aufshygebaute Gemeinschaft des Volkes Gottes durch die Gnade jene Heilsshykraumlfte einbringen kann die auf beshysonders wirksame Weise helfen koumlnnen die menschliche Person zu retten und die Gesellschaft nach dem Maszlig der Menschenwuumlrshyde aufzubauen

Die Forderungen nach der Achshytung der Menschenwuumlrde der Kampf um die Menschenrechte waren die staumlrkste Kraumlfte bei der Umgestaltung im Osten in dem wir heute die Folgen einer kollektishyvistischen Ideologie zu bewaumlltigen haben Menschenwuumlrde ist seit der Antike eine wesentliche Fordeshyrung europaumlischen Denkens Sie ist nur in der Anerkennung des anshyderen in der Gemeinschaft also in Solidaritaumlt durchsetzbar Sie setzt voraus daszlig Menschen fuumlreinander

Auftrag 201

einstehen etwa in der sozialen Sishycherung Unser neues Europa wird dafuumlr sorgen muumlssen daszlig die Prinshyzipien der Solidaritaumlt und Subsishydiaritaumlt nicht nur erhalten sondern ausgebaut werden

Europa der Voumllker

Wir bauen ein neues Europa nicht der Staaten sondern seiner Voumllker Die Versuche des 19 und 20 Jahrhunderts Nationalstaaten zu schaffen sind meist gescheishytert Die Anerkennung aller Voumllker und Volksgruppen und der Schutz nationaler Minderheiten ist eine Voraussetzung europaumlischen Zushysammenlebens und schlieszligt jede Diskriminierung aus Wie in allen Missionslaumlndern kommt dabei auch im Missionsland Europa der Kirche eine groszlige Bedeutung zu Der Gott Abrahams Isaaks und Jashykobs ist der Gott aller Voumllker In diesem Jahrhundert haben die Paumlpste immer wieder die Rechte kleiner Voumllker auch in Europa vershyteidigt Johannes Paul 11 hat zum Weltfriedenstag 1989 den Schutz der Minderheiten verlangt wobei sein Ausgangspunkt die Personalishytaumlt des Menschen ist Wenn TeilshyKirchen bisweilen nationalistishyschen Versuchungen erliegen und gegen Ober anderen Gruppen mit anderer sprachlicher oder kulturelshyler Identitaumlt uumlbersehen daszlig sie Glied der Weltkirche sind dann muszlig im Interesse Europas daruumlber informiert und nach einer Loumlsung gesucht werden

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5 Welche Aufgaben liegen vor uns Wie koumlnnen wir mitbauen

Europa ist Missionsland - wie koumlnnen organisiert Laien mittun beim Aufbau dieses neuen Euroshypa

Der heute schon legendaumlre Gruumlnder der Ostpriesterhilfe der Nachkriegszeit P Werenfried van Straaten hat fruumlher bei Aufrufen fuumlr die verfolgte Kirche von einer dreifachen Solidaritaumlt gesproshychen a) der Solidaritaumlt des Gebetes b) der Solidaritaumlt der Information c) der Solidaritaumlt der Hilfe

Er sprach schon vor Jahrzehnshyten davon daszlig nicht nur die vershyfolgte Kirche im Osten eine Kirche in Not sei sondern auch die Kirche des Westens War vor der Wende die Kirche im Osten durch die Vershyfolgung atheistischer Machthaber bedroht so erfolgte die Bedrohung der Kirche im Westen vor allem durch Saumlkularisierung und praktishyschen Materialismus Nachdem heute sogar in Albanien das sich 1967 zum ersten atheistischen Land der Welt erklaumlrt hatte die VerfOlgung beendet ist bleiben alle Kirchen des Missionslandes Europa Kirchen in Not die Gebet Information und Hilfe brauchen

a Gebet Benedikt Cyrill und Method

sind Patrone Europas aber wann haben wir ihre Fuumlrsprache fOr unshyseren Kontinent und seine Probleshy

me angerufen Patronat im alten Sinne war nicht ein einseitiges Verhaumlltnis des Schutzes sondern ein Treueverhaumlltnis wechselseitishyger Verpflichtungen Das heiszligt daszlig wir uns nicht nur auf ihre Fuumlrshysprache verlassen sie betend um Hilfe anrufen sondern auch aktiv fuumlr das eintreten wofuumlr sie Leitshybild des Handeins sind

Gebetesstunden Wallfahrten zu ihren Ehren die Benennung von Gruppen Organisationen ja auch Pfarreien und Kirchen nach den Patronen Europas und anderer eushyropaumlischer Heiliger - das sind Mittel die wir als Glaumlubige atheishystischen Europaumlern voraus haben

Die Gemeinschaft Katholischer Soldaten kann hier vorangehen Zu den groszligen europaumlischen Heiligen gehoumlren auch Soldaten wie der hl Martin Von Pannonien bis Gallien also vom heutigen Ungarn bis nach Frankreich spannt sich der Bogen seines Lebens und Wirshykens Als Patron der alten Dioumlzese Mainz die im Mittelalter zu den groumlszligten Kirchenprovinzen des Reishyches gehoumlrte verbreitete sich seishyne Verehrung Ober ganz MitteIeushyropa

Themen bzw Auftrag fOr eine Arbeitsgruppe oder einen GKSshyKreis koumlnnte die Erstellung von Texten fuumlr eine Gebetsstunde zur Verehrung europaumlischer Heiliger sein Wenn wir an die zahlreichen Friedensgebete waumlhrend des Golfshykrieges 1991 denken dann ist das Fehlen solcher Gebete waumlhrend des Kroatienkrieges beschaumlmend

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b Informationen Nie wurde so viel informiert wie heute aber auch nie so einseitig Betrachten wir die Informationsshybroschuumlre der EG schauen wir an was in Programmen der Erwachseshynenbildung geboten wird so finshyden wir wenig zum Thema der geistigen Grundlage Europas Die kirchliche Bildungsarbeit hat gute Angebote uumlber die Kirche in der Dritten Welt wenig aber uumlber den ehemals kommunistischen Teil unseres Kontinentes Aus der Unshykenntnis uumlber diese Gebiete resulshytiert auch die Hilflosigkeit mit der wir heute der Entwicklung im Osten begegnen Hier ist ein vershystaumlrktes Informationsangebot uumlber die Lage der Kirche im Osten Europas ein Gebot der Stunde In Vortraumlgen und Seminaren durch Besuche und Exkursionen (verbunshyden mit Wallfahrten) kann und muszlig die Geschichte und Kirchenshygeschichte Europas nahegebracht werden damit wir aus der Verganshygenheit lernen und die heutige Lage verstehen koumlnnen Die Oumlffshynung der Grenzen seit 1989 vor alshylem die Abschaffung der Visashypflicht fuumlr eine Reihe oumlstlicher Laumlnder bietet hier neue Chancen Auch wir im Westen werden beshyreichert wenn wir lernen und ershyfahren wie druumlben Kirche lebenshydig war und Christen unter oft exshytremen Bedingungen ihr Christshysein zu leben im Stande waren auch unter Opfern

Auch hier kann die GKS voranshygehen und Vortraumlge und Seminare

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uumlber den Osten seine Kirchen und Kulturen anbieten In katholischen Laumlndern wie Polen Litauen oder Kroatien gibt es heute wieder kashytholische Militaumlrseelsorge Begegshynungen mit Kameraden aus den Laumlndern sind moumlglich Gemeinsashyme Wallfahrten zu den groszligen Wallfahrtsstaumltten sollen nicht auf Lourdes und Tschenstochau beshyschraumlnkt werden sondern koumlnnen bei guter Vorbereitung und sachshykundiger Fuumlhrung auch ins litaushyische Wilna zum Marienheiligtum im Tor der Morgenroumlte nach Maria Bistrica als dem Nationalheiligshytum der Kroaten oder nach Brezje dem slowenischen Lourdes bei Ljubljana (Laibach)

c Hilfe Schon 1977 stellten die Eurpaumlishy

sehen Bischoumlfe in ihrem gemeinshysamen Hirtenbrief fest Soziale Ungerechtigkeiten muumlssen beseishytigt werden Wir mOssen bereit sein staumlrker als bisher mit andeshyren zu teilen Als Christ handeln heiszligt der Habsucht und dem Machthunger entsagen und uneishygennuumltzig und ohne Erwartung eishynes Lohns fuumlr andere dasein Als Christ leben heiszligt so leben daszlig auch alle anderen leben koumlnnen

Die Sonderversammlung der Bishyschofssynode in Rom spricht von einer Herausforderung nicht nur fuumlr die einzelnen Christen und Geshymeinden sondern auch fuumlr die Staaten die auf humanere Weise aufgebaut werden muumlssen

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Wir wissen daszlig nicht einmal in einer Familie Menschen miteinanshyder leben koumlnnen ohne dem Egoshyismus Zuumlgel anzulegen So wird es auch in Europa sein wo Entwickshylungshilfe kein Almosen sein darf sondern bruumlderliche Hilfe sein muszlig Diese Hilfe darf sich nicht nur auf das Materielle beschraumlnshyken sondern muszlig das Wichtigste sein was Europa zu geben hatte die Vermittlung der im christlishychen Glauben begruumlndeten und verwurzelten Grundwerte ohne die ein dauerhafter Friede nicht moumlgshylich ist

In Westeuropa haben Bischofsshykonferenzen und Pastoralsynoden Strategien der Neu-Evangelisieshyrung entwickelt Im Osten hatten die Kirchen nur die Kult-Freiheit Mission und Apostolat ja sogar karitative Taumltigkeit der Kirche war als religioumlse Propaganda verboten Laienmitarbeit in der Kirche war auszliger in der DDR in kaum einem ehemals kommunistischen Land moumlglich oft ganz untersagt Die Moumlglichkeiten der Kommunikashytion die wir heute haben werden dabei unsere Hilfe ermoumlglichen auch wenn dabei die vom Osten an uns im Westen herangetragenen Bitten unsere Kraumlfte zu uumlbersteishygen scheinen

Wie im wirtschaftlichen Bereich wird auch im missionarischen eine europaumlische Solidaritaumltsanstrenshygung noumltig sein Wie Bundeslaumlnshyder und politische Gemeinden muumlssen auch Pfarrgemeinden und Dioumlzesen Patenschaften uumlbernehshy

men ebenso Kloumlster Orden und katholische Verbaumlnde um den Bruumldern und Schwestern drOben zu helfen und die Evangelisierung zu ermoumlglichen

Diese Hilfe muszlig auch die GKS leisten durch Partnerschaft mit Kameraden im Osten oder Uumlbershynahme von Patenschaften fuumlr Geshymeinschaften katholischer Soldashyten in diesen Laumlndern In manchen Faumlllen wie in Ruszligland oder andeshyren Staaten der GUS koumlnnen GKSshyKreise humanitaumlre und sozial-karishytative Aktionen durchfuumlhren inshydem sie Lebensmittel- Kleidershyoder Medikamententransporte orshyganisieren Die Bundesgeschaumlftsshystelle in Bonn ist dabei bei der Vershymittlung von Kontakten und Adresshysen behilflich

Die Zukunft liegt in der Zusammenarbeit Auf jeden Fall wird das Christenshytum beim Mitbau Europas daran gemessen werden wie Christen miteinander umgehen Die Bishyschofsversammlung in Rom hat klar betont daszlig die Neuevangelishysierung Europas das gemeinsame Werk aller Christen ist und wie sehr davon die Glaubwuumlrdigkeit der Kirchen im neuen Europa abshyhaumlngt Die fuumlnfte oumlkumenische Versammlung in Santiago hoffte daszlig Gott uns faumlhig macht auf unshyserem Kontinent ein gemeinsames ZeugniS zu geben Im Abschluszligshybericht heiszligt es daszlig die derzeitige Entwicklung in Europa neue Ausshydrucksformen unseres christlishy

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chen Zeugnisses verlangt und ofshyfene Fragen stellt

Wie koumlnnen wir in Anbetracht der groszligen intellektuellen Stroumlshymungen im heutigen Europa zur Inkulturation des christlishychen Lebens beitragen und so die Vitalitaumlt des Evangelismus unter Beweis stellen Wie koumlnnen wir in die groszligen ethischen Streitgespraumlche im heutigen Europa eingreifen Wie koumlnnen wir der Gefahr eishynes Eurozentrismus entrinnen der unsere weltweite Solidarishytaumlt untergraumlbt Wie koumlnnen wir die positiven Werte nationaler Identitaumlt unshyterstuumltzen und zugleich den Zerrformen eines uumlberzogenen Nationalismus entgegentreshyten

Nur in einem Rahmen und in eimiddot nem Klima der Liebe hat sich die Evangelisation in Europa zu vollshyziehen Gerade in einer Zeit in der in vielen Teilen der Welt der relishygioumlse Faktor Konflikte zu radikalishysieren droht statt sie zu mildern sind oumlkumenischer Frieden und Zusammenarbeit ein Gebot der Stunde

Rudolf Grulich

Anhang

Weiterfuumlhrende Literatur a) Kirchliche Dokumente - Allgemeines Katechetisches Direktoshy

rium vom 11 April 1971 - Apostolisches Schreiben Evangelii

Nuntiandi Papst Pauls VI an den Epi-

Auftrag 201

skopat den Klerus und alle Glaumlubigen der Katholischen Kirche Ober die Evanshygelisierung in der Welt von heute vom 8 Dezember 1975

- Apostolisches Schreiben Catechesi Tradendae Papst Johannes Pauls 11 Ober die Katechese in unserer Zeit vom 16 Oktober 1979

alle in Nachkonziliare Texte zu Katechese und Religionsunterricht - Arbeitshilfen 66 hrsg vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz Kaiserstraszlige 163 5300 Bonn 1 Bonn 1989

- Rundschreiben Slavorum Apostoli von Papst Johannes Paul 11 an die Bimiddot schoumlfe die Priester die Ordensgemeinmiddot schatten und alle Glaumlubigen in Erinneshyrung an das Werk der Evangelisierung der heiligen Cyrill und Method vor 1100 Jahren vom 2 Juni 1985 (= Verlautbamiddot rungen des Apostolischen Stuhls 65 hrsg vom Sekretariat der Deutschen Bimiddot schofskonferenz Kaiserstr 163 5300 Bonn 1 Bonn 1985) Enzyklika Redemptoris Missio Papst Johannes Pauls 11 uumlber die fortdauernmiddot de Guumlltigkeit des missionarischen Aufmiddot trages vom 7 Dezember 1990 (= Vermiddot lautbarungen des Apostolischen Stuhls 100) Was heiszligt Neu-Evangelisierung Euromiddot pas Hirtenwort des Bischofs von Mainz DDr Karl Lehmann zur oumlsterlishychen Buszligzeit 1991 Dialog und VerkOndigung Uumlberlegunmiddot gen und Orientierungen zum Interrelimiddot gioumlsen Dialog und zur Verkundigung des Evangeliums Jesu Christi Hg vom Paumlpstlichen Rat fuumlr den Interreligioumlsen Dialog veroumlffentlicht am 1905 1991 (= Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 102) Auf Dein Wort Austausch Erkundung und gemeinsame Uumlberlegungen im Eushyropa von heute FOnfte Europaumlische oumlkumenische Begegnung Santiago 1991 Damit wir Zeugen Christi sind der uns befreit hat Erklaumlrung der Bischofssynshyode - Sonderversammlung fOr Europa vom 13 Dezember 1991

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b) Ausgewaumlhlte Literatur - Evangelisation in der Welt von heute

Themenhefte der Zeitschrift Concimiddot lium Nr 134 Mainz 1978

- Cyrill und Method - SChutzpatrone Eumiddot ropas Beitraumlge 5 Kleine Reihe des Inmiddot stitutum Bohemicum Muumlnchen 1981 W Hering (Hg) Aspekte der Evangelimiddot sierung Erfahrungen und Aufgaben Umburg 1989

- Evangelisierung Themenheft der Zeitmiddot schrift Lebendige Katechese Beihefmiddot te zur Lebendigen Seelsorge 11 Jahrmiddot gang Dezember 1989

- W Klaiber Ruf und Antwort Biblische Grundlagen einer Theologie der Evangemiddot lisation StuttgartmiddotNeunkirchenmiddotVluyn 1990 Der Verfasser ist Bischof der Evangelischmiddotmethodistischen Kirche

Wehrbereich 11 shyVerabschiedung Wehrbereichsdekan Dr Eduard Quiter

Aufgrund der positiven Erfahmiddot rung sollte an dem bestehenden Konzept der Militaumlrseelsorge um der Menschen willen festgehalten werden hat Weihbischof Heinrich Pachowiak von Hildesheim am 10031992 in Hannover gefordert Seine Ansprache hatte folgenden Wortlaut

Mit Ablauf dieses Monats wershyden Sie in den Ruhestand treten Ich darf Ihnen im Namen des Bishyschofs von Hildesheim Dr Josef Homeyer sowie im Namen des Bishyschofs von Osnabruumlck Dr Ludwig

Averkamp und des Officials in Vechta Dr Max Georg Freiherr von Twickel die z Zt alte bei der Fruumlhjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Freising sind herzliche Gruumlszlige uumlberbringen Zugleich danken Ihmiddot nen die Bischoumlfe fuumlr ihren durch viele Jahre waumlhrenden Einsatz in der Militaumlrseelsorge Der Wehrbeshyreich 11 umfaszligt ja die Laumlnder Nieshydersachsen und Bremen Sie hashyben sich als Wehrdienstdekan imshymer in guter Zusammenarbeit mit den zustaumlndigen Ordinaten beshymuumlht die Militaumlrseelsorge aufzushybauen und durchzutragen

Sehr geehrte Damen und Hershyren es ist ein unumstrittener Grundsatz daszlig der Soldat ein Recht auf Seesorge hat Dieses allgemeine Recht findet seine Beshystaumltigung in den Rechtsgrundlashygen und Organisationsstrukturen der Militaumlrseelsorge Aus der Sicht der katholischen Bischoumlfe haben sich diese bewaumlhrt und beduumlrfen daher auch keiner Veraumlnderung

Dabei kennt die Militaumlrseelsorge den Militaumlrgeistlichen im Hauptshyamt und den Militaumlrgeistlichen im Nebenamt Beide ergaumlnzen einanshyder Aber damit das geschehen kann bedarf es - um es einmal so auszudruumlcken - eines Mindestshymaszliges an hauptamtlicher Orgashynisation der Militaumlrseelsorge Im Lebenskundlichen Unterricht in der Arbeitsgemeinschaft fuumlr Offishyziere und Unteroffiziere in den Beshysuchen unmittelbar am Arbeitsshyplatz des Soldaten in Kaserne

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Uumlbungsplatz und Manoumlver eroumlffnet sich fOr den Seelsorger ein weites Feld ein Feld das ohne den Seelshysorger der unmittelbar der Truppe zugeordnet ist sinnvoll nicht abshygedeckt werden kann Wir braushychen daher den Militaumlrseelsorger im Hauptamt

Ich selbst habe bei meiner mehr als 20jaumlhrigen Taumltigkeit als Beaufshytragter der Deutschen Bischofsshykonferenz fOr die katholische Seeishysorge im Bundesgrenzschutz eine ganz aumlhnliche Erfahrung gemacht Natuumlrlich kenne ich den Untershyschied zwischen Bundeswehr und Bundesgrenzschutz sowohl in der Aufgabensteilung in der Struktur wie auch in der politischen Anbinshydung und vor allem auch in der Groumlszligenordnung Aber es ist nicht zu leugnen daszlig bei Verbaumlnden die truppen maumlszligigen Charakter haben die Seelsorger in moumlglichst enger Verbindung zur Truppe ihren Dienst tun sollten damit sie das Leben der Truppe auch von innen her kennen und nicht nur solche sind die eben doch nur gelegentshylich dazu kommen koumlnnen Dabei verkenne ich den Wert und die Vershydienste der Militaumlrseelsorger im Nebenamt keineswegs und es ist dankenswert daszlig auch Pfarrer die mit der Seelsorge in ihrer Gemeinshyde oft mehr als ausgelastet sind zusaumltzlich den Dienst als nebenshyamtliche Militaumlrseelsorger zu leisten bereit sind

Die Gestaltung des Lebensshykund lichen Unterrichtes die Beshygegnung in Arbeitsgemeinschaf-

Auftrag 201

ten die Bemuumlhung den Soldaten auch in seinem ureigensten Beshyreich wie nicht zuletzt auch durch eigene Militaumlrgottesdienste anzushysprechen mag aumluszligerlich meszligbar sein Aber es gibt einen weiten Beshyreich der sich nicht niederschlashygen kann in Zahlen und Statistishyken Gerade da wo der einzelne als einzelner angenommen wird mit seinen - vielleicht sehr geheishymen - Fragen Noumlten und Sorgen ist Seelsorge nicht mehr aumluszligerlich meszligbar Aber sie ist notwendig

Unsere Militaumlrpfarrer moumlchten ihren Dienst tun fOr das Ganze und fuumlr den einzelnen und sie moumlchten es tun in guter Partnerschaft Dashybei kommt der guten und bewaumlhrshyten Zusammenarbeit der Seelsorshyger beider Konfessionen ein beshysonderes Gewicht zu Die gegenshyseitige Hilfe und Unterstuumltzung ist von einem ganz groszligen Wert Muszlig betont werden daszlig es bei all dem nicht um moralische Aufruumlstung gehen kann damit ein geringfOgishyges Werkzeug staatlicher Gewalt zur Verfuumlgung steht Es geht um das schon eingangs erwaumlhnte Recht des Soldaten auf Seelsorge In der Ausuumlbung ihrer Seelsorge sind die Militaumlrpfarrer an staatlishyche Weisungen nicht gebunden sondern sind ausschlieszliglich ihren kirchlichen Vorgesetzten verantshywortlich

Wenn wir heute einen Militaumlrshyseelsorger verabschieden so tun wir es mit groszliger Dankbarkeit fuumlr seinen Dienst in den vergangenen Jahren ja Jahrzehnten Der Dank

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moumlge aber auch allen Militaumlrseelshysorgern gelten die unverdrossen ihren Dienst tun Der Dank gilt auch all denen die ihnen dabei helfen und nicht zuletzt denen die durch ihr Verstaumlndnis und ihre Akshytivitaumlt an einer fruchtbaren Militaumlrshyseelsorge mitgewirkt haben Die Zukunft mag vielleicht manche Veraumlnderung bringen Die bewaumlhrshyten Rechtsgrundlagen und erprobshyten Organisationsstrukturen der Militaumlrseelsorge sollten alle Vershyaumlnderungen uumlberleben - um der Menschen willen

(aus NIMM Nr 9 vom 19031992)

Ehrung fuumlr Oberst a D Fettweis

Mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande fOr seine Verdienste um das Allgemeinwohl wurde Oberst a D Helmut Fettweis (71) ausgeshyzeichnet Seit mehr als 25 Jahren vertritt der Geehrte die ethischen Grundlagen des Soldatenberufs in den Medien Zudem waren seine ehrenamtlichen Taumltigkeiten mit Grund fuumlr die hohe Auszeichnung So war der am 1 Juni 1920 in Duumlsshyseldorf geborene Offizier 1961 Mitshybegruumlnder des Koumlnigsteiner Offishyzier Kreises (KOK) ab 1962 im Bundesvorstand des KOK der 1970 zur Gemeinschaft Katholishyscher Soldaten (GKS) erweitert wurde Er wirkte bei den Koumlnigshy

steiner Offiziersbriefen mit engashygierte sich in der Katholischen Laishyen- und Pressearbeit betonte die Bonner Buumlrgermeisterin Waltraud Christians bei der Verleihung

Aber auch seine Unterstuumltzung fuumlr die Militaumlrseelsorge und seine Verdienste um den Auftrag sollen nicht vergessen sein Zeichen dashyfuumlr war die 200 Nummer des Aufshytrags im Januar dieses Jahres Wahrlich ein stolzes Jubilaumlum in 32 Jahren Wir gratulieren Oberst a D Helmut Fettweis zur Ausshyzeichnung und wuumlnschen ihm Gotshytes Segen sowie noch eine lange Schaffenskraft

(aus Kompaszlig Nr 4 v 07 02 1992 Red)

Festakademie Weltshyfriedenstag 9 Januar 1992 in Bonn Begruumlszligungsansprache Exzellenz meine sehr verehrten Damen und Herren liebe Kameraden Freunde und Mitglieder der GKS

Am 1 Januar 1992 jaumlhrte sich zum 25 Male der einst von Papst Paul VI eingerichtete und seither jaumlhrlich in der ganzen Weltkirche begangenemiddot Welttag des Friedens Wir katholischen Soldaten nehshymen seit Jahren diesen Tag zum

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Anlaszlig um in vielfaumlltiger Art und Weise uns auf die Aufgabe zu beshysinnen den Frieden in der Welt zu foumlrdern

Wir die Gemeinschaft Katholishyscher Soldaten Bonn begehen den Welttag des Friedens 1992 trotz des bedruumlckenden Krieges im zerbrechenden Jugoslawien trotz der in der Weltoumlffentlichkeit fast vergessenen Kriegen in den andeshyren Regionen dieser Welt trotz der Not und des Elends in den armen Laumlndern dieser Welt in einer Zeit groszliger Hoffnungen Nachdem der militante atheistische Staatssoshyzialismus sowjetischer Praumlgung zusammengebrochen ist und sich im Osten allmaumlhlich neue Demoshykratien herausbilden waumlchst die Zuversicht daszlig der uumlberwundene Ost-West-Konflikt Kraumlfte mobilishysieren koumlnnte die sich verstaumlrkt dem Aufbau einer friedlicheren Welt widmen daszlig die nun eingeleishyteten Abruumlstungsmaszlignahmen Mitshytel freisetzen moumlgen die mehr als bisher zur Linderung von Not und Elend eingesetzt werden daszlig sich bei den Verantwortlichen der Nashytionen die Einsicht in die gemeinshysame Verantwortung fuumlr die Erhalshytung der Schoumlpfung durchsetzt

Wenn uns in diesem Jahr der Heilige Vater dazu aufruft mit den Glaumlubigen aller Religionen vershyeint fOr den Aufbau des Friedens taumltig zu sein stellt sich fuumlr uns die Frage nach den praktischen Konshysequenzen dieses Aufrufs Wo und wie koumlnnen wir Christen und BOrshyger unseres Staates Friedensstifshy

ter in diesem Sinne sein Wo und wie koumlnnen wir daruumlber hinaus als Soldaten der Bundesrepublik Deutschland gemeinsam mit den Glaumlubigen anderer Religionen am Aufbau des Friedens mitwirken Stellt dieser Aufruf nicht letzIich eine Uumlberforderung unserer beshygrenzten Kraumlfte und Mittel dar

Wir wollen heute daruumlber nachshydenken und versuchen Antworten zu finden Es ist uns als Gemeinshyschaft Katholischer Soldaten eine groszlige Ehre daszlig Sie sehr verehrter Herr Erzbischof sich bereit erklaumlrt haben uns Ihre Gedanken zur diesjaumlhrigen Botschaft des Heilishygen Vaters darzulegen und mit uns uumlber die Bedingungen und Moumlgshylichkeiten des Aufbaus einer friedshylichen Welt nachzudenken Ich beshygruumlszlige Sie recht herzlich in unseshyrem Kreis

Unsere Festakademie soll dazu dienen mit allen die guten Wilshylens sind zu Jahresbeginn kurz inshynezuhalten zu reflektieren und dann gestaumlrkt uns den Herausforshyderungen des neuen Jahres zu stellen Wir haben dazu wiederum Gaumlste aus Politik Kirche Verwalmiddot tung Verbaumlnden Organisationen Schulen und natuumlrlich nicht zuletzt der Bundeswehr eingeladen Ich heiszlige Sie alle recht herzlich willshykommen

Gestatten Sie mi r stellvertreshytend fuumlr Sie alle die ich nicht einshyzeln begruumlszligen kann besonders willkommen zu heiszligen - den Abteilungsleiter ROstungsshy

projekte

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Herrn Ministerialdirektor Dr Wolfgang Burr

- den Chef des Fuumlhrungsstabes der Streitkraumlfte Herrn Generalmajor Peter Haarmiddot haus

- den Chef des Fuumlhrungsstabes des Heeres Herrn Generalmajor Winfried Weick

- den Chef des Fuumlhrungsstabes der Luftwaffe Herrn Generalmajor Detlef Wiemiddot bel

- als Vertreter des Inspekteurs der Marine Herrn Kapitaumln zur See Willi Reiss

- den Amtschef des Sanitaumltsamshytes der Bundeswehr Herrn Generalstabsarzt Dr Volmiddot ker Gabarek

- den ehemaligen Oberkommanshydierenden der NATO-Streitkraumlfshyte Europa Mitte Herrn General a D FranzmiddotJomiddot seph Schulz und mit Ihnen alle aktiven und ehemaligen SOldaten der Bunshydeswehr

Aus dem kirchlichen Bereich beshygruumlBe ich - den Leiter des Katholischen Mishy

I itaumlrbischofsamtes Herrn Militaumlrgeneralvikar Dr Ernst Niermann

- als Vertreter des evangelischen Mi I itaumlrgeneraldekans Herrn Militaumlrdekan P Lothar Matz

- den evangelischen Standortshypfarrer Bonn

Herrn Militaumlrpfarrer Horst Ritmiddot ter

und mit Ihnen alle Angehoumlrigen des Katholischen Militaumlrbischofsshyamtes und Generalvikariats des Katholischen Militaumlrbischofs der Bundeswehr des evangelischen Kirchenamts sowie alle evangelishyschen Christen der Bundeswehr

Es ist mir auch eine besondere Freude - den Vorsitzenden der Zentralen

Versammlung der Katholischen Soldaten Herrn Oberstleutnant Heinrich Havermann

- den Praumlsidenten des Apostolat Militaire International Herrn Oberst i G Juumlrgen Bringshymann

- unseren Bundesvorsitzenden Herrn Oberstleutnant i G Paul Schulz

- den Vorsitzenden des Katholishykenrates Bonn Herrn Oberst a D Helmut Fettmiddot weis

- die Stadtvorsitzende der Kath Frauengemei nschaft Deutschshylands Frau Ingrid Golas willkommen zu heiBen

Als Vertreter uns nahe stehenshyder Verbaumlnde und Organisationen begruumlBe ich daruumlber hinaus - als Vertreter des Bundesvorsitshy

zenden des Deutschen Bundesshyweh rverbandes Herrn Leutnant d R Michael Althoff und Frau Barbara Koumlnitz

- Hauptgeschaumlftsfuumlhrerin der

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Deutschen Atlantischen Geshysellschaft

Mit einschlieszligen in die Begruumlshyszligung moumlchte ich - die Teilnehmer aus den beshy

nachbarten GKS-Kreisen - die Angehoumlrigen der Presse und nicht zuletzt - den Hausherrn des Collegium

Josephinum Herrn Pater Dietger Demuth

Ich bitte um Nachsicht sollte ich jetzt den einen oder anderen Vertreter einer Behoumlrde eines Vershybandes oder Organisation in meishyner namentlichen Begruumlszligung vershygessen haben Ihnen allen gilt zum Schluszlig mein ganz besonderer Willshykommensgruszlig

Lassen Sie mich an dieser Stelle noch einmal unseren heutigen Ehshyrengast den ApostolisChen Nunshytius in Deutschland Herrn Erzbishyschof Dr Lajos Kada begruumlszligen und Ihnen Exzellenz nun das Wort erteilen

Paul E Vosseler

Festvortrag von Erzbischof Dr Lajos Kada Apostolischer Nuntius

Liebe MitbrOder sehr geehrte Damen und Herren

Seit 25 Jahren begeht die kathoshylische Kirche Anfang Januar den Weltfriedenstag Seit 25 Jahren wendet sich der Papst mit einer Botschaft die an den Friedensshyauftrag der Kirche und jedes ehri-

Auftrag 201

sten erinnert an Glaubende und an alle Menschen guten Willens

Aus einer Zusammenstellung dieser Botschaften entstaumlnde ein ausfuumlhrlicher Traktat uumlber die vielshyfaumlltigen Aspekte des Friedens und uumlber die Wege die zum Frieden fuumlhren Wie diese paumlpstlichen Frieshydensbotschaften unter verschieshydenartigen Perspektiven ihr Theshyma behandeln zeigen schon die Titel der letzten Jahre Entwickshylung und Solidaritaumlt zwei Schluumlssel zu Frieden (1987) Relishygionsfreiheit - Bedingung fuumlr friedliches Zusammenleben (1988) Um Frieden zu schaffen Minderheiten achten (1989) Frieshyde mit Gott dem Schoumlpfer Friede mit der ganzen Schoumlpfung (1990) Wenn Du den Frieden willst achshyte das Gewissen jedes Menschen (1991)

In einer Situation in der so viele konkrete Friedensaufgaben draumlnshygen nimmt der Papst nicht so unshymittelbar unnd direkt zu den aktuelshylen Problemen Stellung wie man nach seinen Aumluszligerungen zum Golfkrieg oder zum schlimmen Konflikt in Jugoslawien erwarten koumlnnte Vielmehr laumldt er ein die aktuellen Friedensaufgaben beshywuszligt aus einer vertieften Perspekshytive anzugehen Sie werden von eishynem Punkt her beleuchtet den gutshygemeinte Geschaumlftigkeit leicht uumlbersieht der dennoch das Werk des Friedens zutiefst bedingt In einem fuumlr die ganze Botschaft trashygenden Begriff wird diese Perspekshytive deutlich Die Ereignisse die

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sich um uns herum in atemberaushybender Geschwindigkeit entwikshykein werden in eine houmlhere sittshylich-religioumlse Schau gebracht Dies ist gewiszlig nicht zufaumlllig Und bei naumlherem Hinschauen paszligt es sehr wohl in die neue politische Landschaft betrifft sogar die groshyszligen pOlitischen Friedensherausshyforderungen in ihrem Kern

Mit einigen Uumlberlegungen zur gegenwaumlrtigen politischen Lage darf ich beginnen Zwar ist der OstshyWest-Konflikt der nicht nur in Eushyropa sondern in der ganzen Welt die politischen und geistigen Ausshyeinandersetzungen der letzten Jahrzehnte entscheidend praumlgte grundsaumltzlich beendet Aber die Folgen werden noch lange zu spuumlshyren sein Das Ende der Konfronshytation hat alle ehemaligen Kontrashyhenten in die Krisis gebracht das heiszligt vor grundlegende Entshyscheidungen gestellt

Die loumlsung all der praktischen Probleme von der Bewaumlltigung der Arbeitslosigkeit bis zur Uumlberleshybenshilfe fuumlr weite Teile Osteuroshypas wird zutiefst damit zusammenshyhaumlngen ob und in welchem Maszlige sich die neue politische Ordnung Europas und der Welt an der gleishychen Wuumlrde aller Menschen an Recht auf Selbstbestimmung aller Voumllker und an der Verpflichtung zu einem umfassenden Gemeinwohl orientiert Dies aber wird nicht nur von den Politikern abhaumlngen sonshydern auch von den Buumlrgern und dashyvon was ihnen die universale Menshyschenwuumlrde bedeutet wie tief sie

sich mit deren Konsequenzen identifizieren und gereChte Politik nicht als Zumutung und Verarshymung erleben

Wie soll ein auch im Westen vershybreiteter Immanentismus hier Antshyworten bereitstellen Er haumllt comshymon sense fuumlr genuumlgend Entshyscheidend und hinreichend seien praktikable Verfahren auf die man sich einige Im uumlbrigen defishyniere Politik sich als die Faumlhigkeit eigene Interessen effizient durchshyzusetzen Letzte Fragen nach Wahrheit und Gerechtigkeit nach Grund und Umfang sittlicher Vershypflichtung nach Tugend und lashyster nach Haszlig oder Liebe seien beliebige Privatsache fOr effektive Friedenspolitik gar abtraumlglich da sie Interessen- in Wertekonflikte verwandelten wenn nicht gar zu Glaubenskriegen eskalieren lieshyszligen Wer seinen Glauben oumlffentshylich bekennt wer politische oder oumlkonomische Konsequenzen aus ihm oumlffentlich aumluszligert wird in manshychen Kreisen bereits als Fundashymentalismus-gefaumlhrdet betrachshytet

Auch in der ehemals kommunishystischen Welt treffen wir auf die Krisis die Notwendigkeit sich neu zu entscheiden Nach dem Zushysammenbruch der kommunistishyschen Regime in Osteuropa bleibt in den Koumlpfen vieler unserer Mitshybuumlrger ein Zusammenhang zwishyschen Glauben und engagierter Friedensarbeit uneinsichtig In dieser Situation sind Systeme geshyfragt von denen grundlegendes

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menschliches Sinn- und ethisches Orientierungswissen erwartet wershyden kann Und hier steht die Kirshyche stehen die Kirchen und die Weltreligionen vor der Aufgabe die immer schon ihre eigene raishyson detre ausmachte Darum der Aufruf an uns Glaumlubige uns der Eigenart unseres Friedensengageshyments bewuszligt zu werden die unshyserem Glauben entstammt und dafuumlr Zeugnis abzulegen

Auf diesem Hintergrund stellen sich mir drei Fragen 1 In welchem Verhaumlltnis sehen wir unser FrieshydensbemOhen mit unserem Glaushyben 2 Wie deuten wir jene die unseren Glauben nicht teilen mit denen wir aber in einem umfassenshyden Friedensprozeszlig notwendigershyweise kooperieren muumlssen 3 Wie gelingen uns gemeinsame Schritte zum Frieden hin

1 Der Friede Gottes der alle Vershynunft uumlbersteigt (Phi 24) ist Funshydament christlicher Friedensbemiddot muumlhungen

Was motivierte den heiligen Pashyter Maximilian Kolbe sein Leben tor einen Familienvater einzusetshyzen Es war nicht das rein quantishytative Kalkuumll daszlig der Mitgefangeshyne tOr Frau und Kinder zu sorgen hatte Als Pater Kolbe freiwillig in den Hungerbunker des Konzentrashytionslager Auschwitz ging beshystimmte ihn die feste Uumlberzeushygung Jesus Christus hat durch sein Leben seinen Kreuzestod und seine Auferstehung radikal

den Haszlig und das Unrecht unserer Welt uumlberwunden

Christlicher Friedenseinsatz naumlhrt sich aus der Glaubensgewiszligshyheit daszlig wir als Werkzeuge seishynes Friedens nicht nur unsere nashytuumlrliche menschliche Kraft anzbieshyten haben nicht nur unsere moralishysche Faumlhigkeit zu einer gerechten tapferen maszligvollen und klugen Lebensfuumlhrung Die Herrschaft Gottes uumlber Jahrhunderte vom Volk Israel erwartet ist unter uns Wirklichkeit geworden Das Reich Gottes ist Realitaumlt in der Geshyschichte der Menschen Und es kam zu uns aus Gnade als Angeshybot zuvorkommender goumlttlicher Liebe nicht aufgrund unserer moshyralischer Vorleistung

Dies wird deutlich in Lehre und Praxis Jesu Die Armen und Hunshygernden preist er selig denn ihshynen gehoumlrt das Himmelreich Ihshynen wird das Reich angeboten von denen niemand unterstellt daszlig sie es sich verdient haumltten Der Gott den Jesus verkOndigt beschenkt bewuszligt Arme und Unshyterdruumlckte Und zu Zoumlllnern und SOndern gesellt sich Jesus sehr zum Miszliggefalien der Angesehenen und der Groszligen Wiederum wird die Art deutlich wie Gottes Herrshyschaft innerlich ansetzt - als zushyvorkommende Liebe und vorausshysetzungslose Barmherzigkeit geshygenuumlber allen

Das Gleichnis vom unbarmherzishygen Knecht macht deutlich weishyche Handlungskonsequenzen es hat wenn man sich dieser frohen

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Botschaft in Glauben und Hoffshynung anvertraut Der Knecht kann nicht die Barmherzigkeit seines Herrn in Anspruch nehmen und zushygleich gegenuumlber seinem Mitshyknecht unbarmherzig verbleiben

Doch das Reich Gottes uumlberforshydert unsere Kraumlfte nicht Die Liebe Gottes ist eingegossen in unsere Herzen Ein neues Herz ermaumlchshytigt uns zu einer neuen Praxis

Hier knuumlpft die diesjaumlhrige Frieshydensbotschaft des Heiligen Vaters an Dem Frieden sind Glaumlubige in Zeugnis Tat und Gebet verpflichshytet wollen sie nicht die innere Koshyhaumlrenz ihres Glaubens gefaumlhrden und in jenem Widerspruch des unshybarmherzigen Knechtes enden der Barmherzigkeit empfangen wollte ohne selbst barmherzig zu werden

Breiten Raum nimmt in der Botshyschaft gerade das Gebet ein Und das hat seinen guten Grund Im Gebet verbleibt Innerlichkeit nicht Selbstzweck Vielmehr erfahren wir in dieser Vertiefung Motivashytion Orientierung und Kraft fuumlr weiteres Friedenshandeln

Einer Welt in der Gott selbst sich durch die Inkarnation seines Sohnes engagierte schuldete auch der Glaumlubige volles Engageshyment Glaumlubige setzen sich fuumlr den Frieden ein nicht obwohl sondern weil sie an Gott glauben In der beshytenden Begegnung mit Gott erfahshyren sie den tiefsten Grund ihres weltlichen Einsatzes

Die Spannung zwischen grundshylegender sittlicher Pflicht und allshy

taumlglicher Praxis wird gerade im Gebet zum Thema Vor Gott dem Herrn und Vater aller (S 8) werden dem Beter die Distanzen zum Proshyblem in die Menschen sich zueinshyander begeben die Ausgrenzen und Gruppierungen in denen sie sich gefangen halten Es wird der Widerspruch deutlich daszlig Gott dessen Naumlhe sucht von dem ich mich entferne daszlig Gott den in sein Reich ruft den ich uumlbersehe Die Botschaft hat recht im Gebet werden Ungleichheiten Unvershystaumlndnis Groll und Feindseligkeishyten uumlberwunden (S 8)

Schlieszliglich werden Kleinmut oder gar Mutlosigkeit im Gebet als das erkannt und uumlberwunden was sie fuumlr einen Glaumlubigen sind Zweishyfel am goumlttlichen Heilswillen Vershytrauensverlust gegenuumlber der Beshygnadigung durch Glaube Hoffshynung und Liebe Verweltlichung ais ob es Gott nicht gaumlbe Wie den Propheten des Alten Testashymentes wird uns im Gebete beshywuszligt daszlig nicht menschliche Sprachgewalt und Gestaltungsshykraft Garant des Weltfriedens sind sondern daszlig uns goumlttliche Kraft geschenkt und anvertraut ist Diese Erfahrung gibt uns Mut und Halt

Das Gebet fuumlhrt uns nun auch zur zweiten Frage die wir uns oben gestellt haben In der Frieshydensbotschaft 1992 spielt das geshymeinsame Friedensgebet von Asshysisi eine gewichtige Rolle Dort trashyfen sich auf Einladung des Heilishygen Vaters am 27 Oktober 1987

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hohe Repraumlsentanten der groszligen Weltreligionen zum Gebet Daszlig dies auch ein hohes Politikum ausshymachte haben die Medien weltshyweit erkannt Wenn an der Frieshydenspolitik Glaumlubige und Nichtshyglaumlubige beteiligt sind muumlssen wir Christen uns fragen auf weishycher Basis wir mit allen zusamshymenarbeiten koumlnnen ohne daszlig unshyser Glaube Christus ist unser Friede bedeutungslos wuumlrde

2 Alle Menschen sind verpflichtet den Frieden zu erstreben

Die Friedensbotschaft 1992 lenkt den Blick auf zutiefst Verbinshydendes aller Religionen und aller Menschen Die Aussage Frieden zu bezeugen fuumlr ihn taumltig zu sein und zu beten ist einem kohaumlrenshyten religioumlsen Verhalten eigen (5 5) gilt also nicht nur fuumlr christlishychen Glauben Im Hinweis auf den zentralen Stellenwert von shashy10m im Judentum und von sashylam im Islam sehen wir hierfuumlr den ersten Beleg Diese Linie fuumlhrt geradewegs zum gemeinsamen Gebet in Assisi Die Glaumlubigen alshyler Weltreligionen beten um den Frieden und stehen so vor Gott Und die Botschaft geht noch einen Schritt weiter indem sie an die Erklaumlrung uumlber das Verhaumlltnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen des Zweiten Vatikanishyschen Konzils erinnert

Dort hatten die Konzilsvaumlter geshylehrt daszlig auch andere Religionen nicht selten einen Strahl jener

Auftrag 201

Wahrheit erkennen lassen die alle Menschen erleuchtet (5 8) Darshyum fordert christlicher Glaube nicht die Ablehnung all dessen was anderen Religionen wahr und heilig ist Sehr wohl aber - und so faumlhrt die Konzilserklaumlrung fort - massen wir Christus vershykuumlnden und bezeugen in dem die Menschen die Falle des religioumlsen Lebens finden in dem Gott alles mit sich versoumlhnt hat Unser Glaushybe lebt nicht aus der Negation anshyderer Religionen sondern weiszlig sich als Fuumllle dessen was dort ein Stuumlck weit auch vorhanden ist In vollem Wissen um das Trennenshyde wird schon in der Konzilserklaumlshyrung unsere Aufmerksamkeit auf das Gemeinsame gelenkt Diese Richtung verfolgt auch die Frieshydensbotschaft 1992

Sie zeugt so von der begruumlndeshyten Hoffnung in einer eher pessishymistischen Welt Und wie sie uns Christen zu einer houmlheren sittlichshyreligioumlsen Schau der Friedensaufshygabe einlaumldt so auch alle Glaumlubishygen Indem sich die Religionen parteilicher und politischer Instrushymentalisierung entziehen (vgl S 9) sich uumlber ihre religioumlsen Fundashymente austauschen und dort Geshymeinsamkeiten entdecken erbrinshygen sie einen spezifischen Beitrag zum Frieden

Die Botschaft 1992 ist zwar an die Glaumlubigen adressiert doch anshydere Menschen guten Willens bleiben nicht unerwaumlhnt Mehr als eine schoumlne Floskel ist die Aussashyge daszlig der Einsatz tuumlr den Frieshy

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den jeden Menschen guten Wilshylens (betrifft) (S 4) Sie wird theoshylogisch begruumlndet Das Streben nach Frieden ist der menschlichen Natur angeboren (S 4) Entshyscheidende Friedenswerte werden bereits vom Naturgesetz empfohshylen Sie sind nicht Arkanwissen der Religionen werden von diesen vielmehr in Erinnerung gerufen (S 5) Diese tiefste Einheit aller Menschen ist nicht Ergebnis empishyrischer Feldforschung Sie ergibt sich aus dem Glauben an den Schoumlpfergott der den Menschen nach seinem Bild geformt hat Und Bild (imago) Gottes ist auch der gefallene Mensch geblieben wenngleich er in der Suumlnde der Gottaumlhnlichkeit (similitudo) vershylustig ging

So wird die diesjaumlhrige Frieshydensbotschaft gepraumlgt durch ein dreistufiges Modelt in dem nieshymand als friedensuntauglich abgeshyschrieben wird Alte Menschen gushyten Willens - die Glaumlubigen - wir Christen Selbstverstaumlndlich wird ein Atheist oder ein Moslem dieshyses Modell anders schichten Dies sei ihm unbenommen wenn er nur die je anderen nicht zum Feind des Friedens erklaumlrt sondern ihnen auch in seinem Denk- und Glaushybenssystem einen Platz einraumlumt der Respekt und gemeinsames Handeln hin zum Frieden ermoumlgshylicht Darum darf die neuerliche Einschaumlrfung der Religionsfreiheit (vgl S 11 f) in dieser Botschaft nicht fehlen

Das dreistufige Modell jedenshy

falls praumlgt die Botschaft Als Menschen als Glaumlubige und mehr noch als Christen muumlssen wir uns verpflichtet fuumlhlen diese Werte der Gerechtigkeit zu leben die in dem obersten Gebot der Liebe ihre Kroumlnung finden Liebe deinen Naumlchsten wie dich selbst (Mt 2239 Mk 1231 Lk 1027) Alle sind verpflichtet zu einem Leben der Gerechtigkeit und der Liebe Christen am meisten da die Nachshyfolge des liebenden und barmhershyzigen Gottes zum Kern ihrer Botshyschaft gehoumlrt

Daher koumlnnen wir die dritte Frashyge nach unserer Friedenspraxis anschlieszligen

3 Gemeinsam den Frieden in Geshyrechtigkeit bauen

Friedenspraxis muszlig sich mit den Problemen und berechtigten Beshystrebungen der Menschen und der Voumllker (S 11) befassen Dem kann jedermann zustimmen Dasselbe gilt auch wenn es schon konkreter heiszligt Bei der Friedensarbeit gehe es um die Achtung und Fordeshyrung der wesentlichen Werte des Menschen Und dann werden sie genannt - nicht in Anlehnung an einen der gaumlngigen Menschenshyrechtskataloge sondern offenshysichttlieh in bewuszligter Akzentsetshyzung aus der Sicht der Aumlrmsten und der Verfolgten Friede ist vershybunden mit dem Recht auf das Leben in allen Phasen seiner Entshywicklung mit dem Recht auf Anershykennung unabhaumlngig von Rasse

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Geschlecht und religioumlser Uumlbershyzeugung mit dem Recht auf die tor das Leben notwendigen materielshylen Guumlter mit dem Recht auf Arshybeit und die gerechte Verteilung ihrer Fruumlchte fOr ein geordnetes und solidarisches Zusammenleshyben (S 11) Dies sind Sprache und Anliegen der Armen es handelt sich um die dringlichsten Frieshydenswerte um Grundfragen intershynationaler Gerechtigkeit

Diesen Grundfragen haben wir uns als Menschen als Glaumlubige und noch mehr als Christen zu stellen den Problemen elementarshyster Gerechtigkeit An ihnen hat sich zu zeigen was die Verpflichshytung zum obersten Gebot der lieshybe tor einen Christen ausmacht

So richtet sich die Botschaft auch an die Verantwortlichen der Nationen (S 12) Sie sollen den Ursachen die Konflikte zu Kriegen eskalieren lassen zuvorkommen (S 13) Dies erfordert eine Politik der Gerechtigkeit die allen und an erster Stelle denen zum Besten gereicht die von den Ketten des Elends des Hungers und des Leishydens gefesselt sind (ebd) Wieshyderum faumlllt auf wie der Akzent auf den berechtigten AnsprOchen der Aumlrmsten liegt

Staumlrker als solche Forderungen an die Politiker wird in dem Text der Weg des taumlglichen Zusamshymenlebens (S 10) betont Die Botshyschaft waumlhlt dabei bewuszligt einen tugendethischen Ansatz bei dem es um grundlegende und eigentshylich jedermann einsichtige morali-

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sehe Haltungen und Einstellungen geht Gelassenheit Ausgeglishychenheit Uumlberwindung der Triebe Erfuumlllung von Haltungen wie Vershystehen Verzeihen hochherzige Hingabe Oben einen friedensstifshytenden Einfluszlig unter den Menshyschen der eigenen Umgebung und der eigenen religioumlsen und zivilen Gesellschaft aus (ebd) Es hanshydelt sich folglich um das persoumlnlishyche Vorbild (das) in konseshyquenten Handlungen und Verhalshytensweisen auch noch auszligen projishyziert wird (ebd) Diese PraxisshySprache eines an Gerechtigkeit und Liebe ausgerichteten Lebens ist universal verstaumlndlich An ihr werden Glaubwuumlrdigkeit und Atshytraktivitaumlt unseres Glaubens beshymessen Tragen wir als Christen an unserem Platz zu einer Zivilisashytion der Liebe bei Geben wir dashyvon Zeugnis daszlig gelungenes Leshyben sich nicht im Haben erfOllt daszlig Teilen nicht arm macht daszlig Solidaritaumlt allenfalls vordergruumlnshydig Verzicht bedeutet

Jene tiefe Schau der Friedensshyprobleme zu der uns die Botschaft 1992 einlaumldt verbleibt nicht im uno politischen Raum reiner Innerlichshykeit Sie betrifft die Grundlagen von Friedenspolitik und damit die neuen Chancen die sich uns im Jahr 1992 eroumlffnen Sie haumllt alle Glaumlubigen aller Religionen wie auch Nicht-Glaumlubige an die Funshydamente des Friedens - Geshyrechtigkeit und Liebe - zur Maxishyme ihrer alltaumlglichen PraxiS zu machen

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Frieden verlangt nach Orndung und daher auch nach Autoritaumlten die Recht gegen Aggressoren efshyfektiv durchzusetzen vermoumlgen In diesem Kontext sehen und werten Sie meine sehr verehrten Mitglieshyder der Gemeinschaft Katholishyscher Soldaten Ihren Dienst shyzum Schutz einer umfassenden und stabilen Friedensordnung Wer immer an der Schwertgewalt des Staates teilhat von der schon Paulus im Brief an die Roumlmer spricht muszlig in besonderer Weise dafar Sorge tragen daszlig dieses SChwert nur gegen Rechtsbrecher eingesetzt wird Darum ist der Schrei nach umfassender Solidarishytaumlt und internationaler Gerechtigshykeit fuumlr den Soldaten nichts Beshyrufsfernes oder gar -fremdes Geshyrade wer teilhat an der Schwertgeshystalt des Staates bedarf jener Kraft und jenes Halts den wir Chrishysten im Gebet finden Als betende und nach Gerechtigkeit duumlrstende Christen begeben wir uns auf den Friedensweg zu dem Christus unshyser Friede uns befaumlhigt

Zum Schluszlig moumlchte ich kurz an zwei Beispielen die Aktualitaumlt der diesjaumlhrigen Friedensbotschaft unterstreichen Wenn ich an die blutigen Auseinandersetzungen in Nordirland denke oder an die traushyrigen Streitigkeiten uumlber die KirshychengUter die zwischen Orthodoshyxen und mit Rom unierten Katholishyken des orientalischen Ritus in der Ukraine und in Rumaumlnien ausgeshytragen werden dann wuumlnsche ich mir Wuumlrden doch diese Christen

zunaumlchst miteinander beten und dann Gespraumlche miteinander fahshyren die vom Geist des gemeinsashymen Gebetes getragen sind Dageshygen erlebte ich vor einigen Tagen in Budapest wie die Stadt von Jushygendlichen der verschiedenen Nashytionen Rassen und Religionen geshyradezu wimmelte Etwa sechzigshybis achtzigtausend junge Leute waren der Einladung der Kommushynitaumlt von Taize gefolgt Im Mittelshypunkt des Treffens stand der Geshydanke der Versoumlhnung Als ich eine der Groszligveranstaltungen mitshyerleben konnte war ich von dem Verhalten der jungen Menschen tief beeindruckt von ihrem stillen Meditieren ihrem Beten und Sinshygen Ich bin sicher daszlig sie in ihre Heimat mit versoumlhntem Herzen zushyruumlckkehren ermutigt sich dort fuumlr dieselbe Versoumlhnung einzusetzen die das Wesen des Friedens ist Wer von Ihnen die Sie mir jetzt so geduldig zugehoumlrt haben schon eine der groszligen Friedenswallfahrshyten nach Lourdes miterlebt hat wird meinen Eindruck aus Budashypest bestaumltigen So wird die diesshyjaumlhrige Friedensbotschaft des Helshyligen Vaters verwirklicht Glaumlubige sind vereint im Aufbau des Frieshydens Ermutigen wir einander beshytend redend handelnd Schritte auf diesem Friedensweg zu tun Von Reinhold Schneiders Worten lieszligen sich seit der bedraumlngenden Zeit des Zweiten Weltkrieges imshymer wieder glaubende Menschen zu einem solchen Dienst am Frieshyden auffordern

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Allein den Betern kann es noch gelingen Das Schwert ob unseren Haumlupshytern aufzuhalten Und diese Welt den richtenden Gewalten Durch ein geheiligt Leben abzushyringen

Weltfriedenstag 1992 in MUllster

Auch im Jahr 1992 hatte die Kashytholische Militaumlrseelsorge und die Gemeinschaft Katholischer Soldashyten (GKS) im Standort Munster zur Feier des Weltfriedenstages einshygeladen

Wegen der raumlumlichen und zeitshylichen Gegebenheiten koumlnnen nicht alle katholischen Soldaten im Wehrbereich 11 an dem Soldashytengottesdienst an laumlszliglich des Weltfriedenstages in der Bischofsshystadt Hildesheim teilnehmen Deshalb wird seit 3 Jahren fOr alle katholischen und interessierten Soldaten aus den Standorten Munshyster - Faszligberg sowie dem geshysamten Bereich der 3 Panzerdivishysion ein SOldatengottesdienst in der St Michael-Kirche dem Heishydedom in Munster gefeiert mit einer anschlieszligenden Begegnung aller Teilnehmer im Soldaten heim

Hauptzelebrant des diesjaumlhrishygen SOldatengottesdienstes war Pfarrer Adolf Pohner Dioumlzesanpraumlshyses der Katholischen Maumlnnervershybaumlnde in der Dioumlzese Hildesheim

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Die Gemeinschaft Katholischer Soldaten (GKS) im Wehrbereich 11 ist seit dem Jahr 1974 Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft katholishyscher Maumlnnerverbaumlnde in der Dioumlshyzese Hildesheim - AGKM - der neun Maumlnnerverbaumlnde angehoumlren und arbeitet aktiv mit

Als weitere Zelebranten wirkten mit Militaumlrpfarrer JOrgen Goumlde shyLuumlneburg - der niederlaumlndische Militaumlrpfarrer P G M L Vermeushylen ofm conv von der 41 (N L) Panshyzerbrigade aus Seedorf und der Standortpfarrer von Munster -Faszligberg Militaumlrpfarrer Heinrich Theisen der seit vielen Jahren auch die Standorte Buxtehude shyHamburg-Fischbeck und RotenshyburglWuuml mit betreut

Das Mottomiddot des diesjaumlhrigen Weltfriedenstag lautet

Glaubende vereint tar den Aufbau des Friedens

So haUe es auch doppelte Symshybolkraft daszlig Father Ghristopher Gook der anglikanische MilitaumlrshygeistliChe der 7 (Brit) Panzerbrishygade in Soltau bei diesem Soldashytengottesdienst mitzelebrierte Die Altardienste wurden von Mitglieshydern des GKS-Kreises Munster geshysteilt

Der Gottesdienst und die anmiddot schlieszligende Begegnung im Soldashytenheim wurde musikalisch durch eine Blaumlserbesetzung des Heeresshymusikkorps 3 aus LOneburg mitgeshystaltet

Auf Anregung von Militaumlrpfarrer Heinrich Theisen der im Obrigen

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auch die katholischen Zivilgemeinshyden Munster und Faszligberg betreut wurde die Kollekte dem Soldatenshyhilfswerk der Bundeswehr uumlbershywiesen

Der Hausherr der St-MichaelshyKirche Militaumlrpfarrer Heinrich Theisen konnte zu Beginn des Gottesdienstes nicht nur seine mitzelebrierende Mitbruumlder begruumlshyszligen sondern neben vielen Soldashyten auch Persoumlnlichkeiten aus dem militaumlrischen kommunalen und oumlffentlichen Bereich

Pfarrer Adolt Pohner stellte seishyne bedenkenswerte Predigt unter den Gedanken daszlig es auf der Welt nur dann Frieden geben kann wenn die Religionen untereinanshyder Frieden halten Am Anfang des religioumlsen Friedens aber ein Schuldbekenntnis und die Botshyschaft zur Umkehr stehen muumlsse Ebenso habe religioumlser Fanatisshymus mit Religion nichts zu tun Er machte aber auch deutlich daszlig die Bibel nicht dator da sei sie dem anderen um die Ohren zu schlagen sondern man muumlsse daraus Kraft und Freude sChoumlpfen tor ein sinnvolles Leben in Solidashyritaumlt und Gemeinschaft Dioumlzesanshypraumlses Adolf Pohner ging in seiner Predigt aber auch auf die vielfashychen Kriege und Unruhen auf der ganzen Welt ein und stellte dabei fest daszlig die weltweite Entspanshynung einen groszligen Daumlmpfer erhalshyten habe Die Gegenwart biete dashyfuumlr genuumlgend traurige Beispiele Auf das Thema des Tages eingeshyhend zitierte er den gemeinsamen

Aufruf der katholischen Verbaumlnde Wir sind aufgerufen insbesondeshyre den Beitrag zu eroumlrtern den die Religionen fuumlr die Verwirklichung des Friedens leisten koumlnnen

Ohne Religion sei den Bemuumlshyhungen um den Frieden jedoch kein groszliger Erfolg beschieden Als religioumlser Mensch wisse er daszlig Frieden von Gott gewollt und geshyliebt sei Daraus schoumlpfe er seinen inneren Frieden und es gebe ihm Kraft und Bereitschaft auch andeshyren ihre Existenzberechtigung zushyzugestehen ihre Eigenart und Anshydersartigkeit zu ertragen und sich uumlber ihr Dasein zu freuen so Pfarshyrer Pohner weiter

Nach dem Gottesdienst in der St-M ichael-Kirche versammelten sich nochmals alle Teilnehmer im Soldatenheim in Munster

Feldjaumlger und Polizeibeamte reshygelten an diesem Tag gemeinsam den Verkehr vor der Kirche auf dem Weg zum und vor dem Soldashytenheim

Zu Beginn der Begegnung im festlich geschmOckten groszligen Saal des SOldaten heimes begruumlszligshyte Militaumlrpfarrer Heinrich Theisen nochmals alle Anwesenden

Ein besonderer Gruszlig galt dem BOrgermeister der Stadt Munster Affred Schroumlder und dem erst vor kurzem gewaumlhlten Stadtdirektor Klaus Westerkowski

In seiner Begruumlszligung sagte Milishytaumlrpfarrer Heinrich Theisen u a Mein erster Gruszlig gilt dem Dioumlshy

zesanmaumlnnerseelsorger Pfarrer Adolf Pohner aus der Bischofsshy

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stadt Hildesheim Vor Ihnen haben schon der Militaumlrgeneralvikar und Apostolische Protonotar Dr Niermiddot mann und vor dem der ehemalige Dechant dieses Dekanates und jetshyzige Dompfarrer Wolfgang Ostshyhaus diesen Gottesdienst mit uns gefeiert Aber welch ein Untershyschied in der politischen Landmiddot schaft und Atmosphaumlre

1990 das fassungslose Staunen uumlber die Entwicklung in Mittel-Ostshyeuropa und besonders im oumlstlimiddot chen Teil unseres Vaterlandes Die Freude und Dankbarkeit daruumlber daszlig Ideologien entlarvt wurden Diktaturen zerbrachen Demokrashytien langsam entstanden und der Friede nicht nur in Europa sonshydern in der ganzen Welt ein Stuumlck sicherer geworden war und dann wenig spaumlter der Golfkrieg dessen oumlkologische Spuren wir weiszlig Gott noch spuumlren obwohl ich manchshymal glaube daszlig dieser Golfkrieg in den Herzen und Koumlpfen vieler nicht mehr vorhanden zu sein scheint

Und wiederum wenige Monate spaumlter die kriegerischen Auseinanshydersetzungen in Jugoslawien und Georgien Und dann der Zusamshymenbruch des Warschauer Pakshytes der Untergang der UdSSR und das Selbstaumlndigwerden der Staashyten der ehemaligen UdSSR

Ich danke Ihnen Herr Pfarrer Pohner daszlig Sie meiner Bitte geshyfolgt sind diesen Gottesdienst mit uns zu feiern Ein besonderer Gruszlig gilt auch den Frauen unserer Soldaten die zu einem nicht uner-

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heb lichen Teil auch Verantworshytung in der Seelsorge uumlbernomshymen haben wenn das nach auszligen auch nicht immer so erscheint

Die Anregung zu diesen Soldashytengottesdiensten an laumlszliglich des Weltfriedenstages kam im Jahr 1975 von Soldaten und wird nach wie vor auch hier in Munster von der Gemeinschaft Katholischer Soldaten mitgetragen

Mein Gruszlig gilt auch der Presse Ich kann mir vorstellen daszlig es nicht einfach ist manchen Ihrer Leser verstaumlndlich zu machen daszlig SOldaten Ober alle Grenzen der Nashytionen und Konfessionen hinweg um den Frieden in der Welt beten Ich danke Ihnen daszlig Sie heute bei uns sind

Werden wir aber nicht leichtsinshynig der Friede ist wie eine zarte Pflanze die staumlndig der Sicherung und Foumlrderung bedarf Bedenken wir aber auch Gewalt ist die schlechteste Antwort auf die schweren menschlichen Probleme dieser Zeit

FOr die anwesenden Soldaten sprach der stellvertretende Komshymandeur der Kampftruppenschule 2 Oberst Ulrich Rozmyslowski Auf das Thema des von Papst Joshyhannes Paul 11 verkuumlndeten Weltshyfriedenstages 1992 eingehend stellte er ua fest daszlig Weltfrieshydenstage fuumlr die Soldaten auch imshymer Tage der Selbstbesinnung und Standortbestimmung seien Die Bundeswehr geraumlt ohne eigeshynes Zutun oder gar Verschulden oft in das Zentrum innenpolitishy

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scher Kontroversen Ober die Sishycherheitspolitik Die Nachruumlshystungsdebatte der frOhen 80er Jahre oder der Golfkrieg haumltten dashybei besonders herausgeragt Taushysende Friedensbewegter haumltten in jenen Auseinandersetzungen von vornherein die Soldaten aus der Gemeinde der Glaubenden vershyeint fuumlr den Aufbau des Friedens ausgeschlossen Es sei schon inshyteressant der Frage nachzugehen warum der so nahe Krieg in J ugoshyslawien die Friedensbewegung nicht auf die Straszlige gezwungen habe erklaumlrte Oberst Rozmyslowsshyki

Frieden in Wuumlrde und Freiheit beduumlrfe der Sicherheit so stellte der Oberst fest Deshalb so frage er sich manchmal als Soldat wie es denn die Kirche mit uns haumllt Er spielte damit auf die unentshyschlossene Haltung einiger Evanshygelischer Landeskirchen zur Milishytaumlrseelsorge an

Als letzter Redner bei dieser Beshygegnung im Soldatenheim dankte der Vorsitzende des GKS-Kreises Munster Oberstabsfeldwebel Wolfgang Moock allen Anwesenshyden fuumlr ihr Kommen und Mittragen dieser Veranstaltung zum Weltfrieshydenstag sowie im besonderen dem langjaumlhrigen Vorsitzenden und spaumlteren Geschaumlftsfuumlhrer der Geshymeinschaft Katholischer Soldaten (GKS) im Wehrbereich 11 fOr die wiederholte Organisation der Feier des Weltfriedenstagesin einem der groumlszligten Standorte der Bundeswehr

Im weiteren Verlauf seiner AusshyfOhrungen sagte Moock u a Mit dem Wunsch den Weltshyfriedenstag hier und in aller Welt auch in Zukunft mit Soldaten feishyern zu koumlnnen danken wir allen die den Gedanken des Weltfrieshydenstages mittragen Seit 8 Jahshyren fuumlhrt der Bischof von Hildesshyheim Dr Joset Homeyer im Dom oder in der Basilika St Godehard in Hildesheim an laumlszliglich des Weltshyfriedenstages fOr die Soldaten der Bundeswehr einen Friedensgotshytesdienst durch An diesem Gotshytesdienst konnten aufgrund der langen Anmarschwege die Soldashyten der 3 Panzerdivision kaum teilshynehmen Deshalb auch die Idee fuumlr diesen Personenkreis zusamshymen mit den Soldaten der Standshyorte Munster und Faszligberg einen SOldatengottesdienst im HeideshyDom in Munster durchzufuumlhren Im einzelnen dankte Oberstabsshyfeldwebel Wolfgang Moock dem Hauptzelebranten des Soldatenshygottesdienstes Pfarrer Adolf Pohshyner allen Geistlichen die die HI Eucharistie mitgefeiert haben Mishylitaumlrpfarrer Heinrich Theisen fOr sein Engagement und die erfreushyliche Zusammenarbeit den Weltshyfriedenstag auch im Jahr 1992 in diesem Rahmen feiern zu koumlnnen Oberst Ulrich Rozmyslowski fuumlr seine klaren Ausfuumlhrungen allen Kommandeuren und Chefs fuumlr die Unterstuumltzung bei der Vorbereishytung und Durchfuumlhrung der Feier zum Weltfriedenstag der Blaumlsershybesetzung des Heeresmusikkorps

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3 fOr den vorzOg lichen Einsatz in Munster den Vertretern der Presshyse aber auch dem Heimleiter-Eheshypaar des Soldatenheimes fOr die Unterstuumltzung und nicht zuletzt den Feldkoumlchen und Soldaten des Panzergrenadierlehrbataillons 92 fuumlr die gut schmeckende Erbsenshysuppe

Zum Schluszlig gab Wolfgang Moock zu bedenken Wenn Soldashyten Frieden sagen dann meinen sie einen Frieden in Freiheit Geshyrechtigkeit und Wuumlrde Dabei ist ihnen sehr wohl bewuszligt daszlig dieshyser den Menschen anvertraute Friede ein Gottesgeschenk ist

Ein gut schmeckender Erbsenshyeintopf serviert von freundlich und adrett auftretenden Soldaten des Panzergrenadierlehrbataillons 92 vereinten noch laumlngere Zeit die Teilnehmer an dem Soldatengotshytesdienst und der Begegnung zu anregenden Gespraumlchen

Von dem SOldatengottesdienst in der St-Michael-Kirche und der anschlieszligenden Begegnung im SOldatenheim in Munster anlaumlszligshylieh des Weltfriedenstages 1992 wurde ein Video-Film hergestellt der beim BundesgeschaumlftsfOhrer der Gemeinschaft Katholischer Soldaten (GKS) ausgeliehen wershyden kann

Ebenso liegt ein Organisationsshyplan mit Anregungen in schriftshylicher Form vor die Feier des Weltfriedenstages vorzubereiten durchzufuumlhren und nachzubereishyten EmU Kladiwa

Tagung der Geneshyralversammlung der Organisation Intershynational Catholic OIC in Rom vom 07-14 Dezember 1991 Tagebuch eines Vertreters des Apostolat Militaire International AMI

Der Autor dieses Berichtes wollshyte weniger die Einzelheiten der Konferenz darlegen - sie sind im Protokoll nachzulesen - als vielshymehr auch einmal das Drumhershyum einer solchen Veranstaltung einschlieszliglich der Unzulaumlnglichshykeiten schildern Eine solche Dienstreise als Praumlsidiumsmitshyglied des AMI beschert aber auch bleibende Erlebnisse wie die Papst-Audienz Die kameradshyschaftlichen Kontakte mit den AMI-Freunden in diesem Falle der Schweizer Garde des Vatikans und Vertretern der italienischen Arshymee lassen wiederum viele der kleinen Unannehmlichkeiten vershyblassen Eine Grippe vergeht wieshyder die Erinnerung an die geshymeinsamen Stunden mit den AMshyFreunden und OIC-Delegierten bleibt (bt)

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Anreise

Diaspora Priestermangel weite Anfahrtswege in das katholische Deutschland Wir im Norden sind einiges gewohnt wie konnte uns da noch eine im Winter ausgefalleshyne Heizung in der Deutschen Bunshydesbahn von Flensburg bis DOsshyseldorf stoumlren

Die erste Uumlbernachtung Der Abflug am darauffolgenden

Tag - ein Samstag - von Duumlsselshydorf nach Rom verzoumlgerte sich nur unwesentlich um zwei Stunden in Italien streikten die Fluglotsen

Aber dann Der durch AMIshyFreunde in Rom organisierte Transport zur Unterkunft in der Casa Generalizia dei Fratelli delle Scuole Cristiane in der Via Aurelia klappte vorzuumlglich

Sonntag Noch vor dem FrOhstuumlck sind

wir eingeladen zur Teilnahme an einem internationalen Gottesshydienst im Hause im Saal Johanshynes Pauill

Danke - endlich mal wieder im Gottesdienst der - auch wenn ich die Predigt in franzoumlsischer Sprache nicht verstehe - mir das Gefuumlhl vermittelt in einer Gemeinshyschaft um den Altar zu stehen shyunser Mittelpunkt ist Christus

Die Besichtigung von st Peter als Sonntagvormittag-Programm

Wir genieszligen den Sonnenschein und die damit verbundene Waumlrme

Um 1200 Uhr lauschen wir der

kurzen Ansprache des HI Vaters die er vom Fenster seines Arbeitsshyraumes aus haumllt und wenden uns dann nach dem Segen des Papshystes profaneren Dingen zu Reshystaurantsuche davon gibt es eine Vielzahl nur Plaumltze zu finden fuumlr uns wir haben Gluumlck

Coonnell Naldi der Vertreter des AMI in Italien wohnhaft an der Peripherie Roms hatte uns fOr den NaChmittag zu sich nach Hause eingeladen

Bei der Ruumlckfahrt zur Untershykunft die houmlchstens zwanZig Mishynuten dauern sollte verfaumlhrt sich der Fahrer des Dienstwagens Wir fahren uumlber eine Stunde kreuz und quer durch Rom

Ergebnis Abendessen im Haus verpaszligt Also bei kaltem Wind ershyneute Suche nach einem Ristoshyrante gluumlcklicherweise fanden wir noch eines bevor Haumlnde und Gesicht eine tiefblaue Faumlrbung anshynahmen

Nach Ruumlckkehr ist es zwar beshyreits 2300 Uhr aber das Haus wird um 2400 Uhr geschlossen jedoch wir stehen fast eine halbe Stunde vor dem Tor bis uns ein Gast entdeckt und einlaumlszligt Vom Pfoumlrtner keine Spur ob er auf Ronde ist Der Praumlsident des AMI betaumltigte sich dann tor geraushyme Zeit als Tuumlrschlieszliger besser noch Tuumlroumlffner

Montag Beginn des Kolloquiums des

OIC

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Der Praumlsident des OIC der Aumlgypter A Fahim begruumlszligt die Anshywesenden

Diese Vorbereitungskonferenz wird in die Generalversammlung uumlbergehen an der dann 89 Vertreshyter und Vertreterinnen von 41 intershynationalen kath Vereinigungen teilnehmen werden

Die Einstimmung erfolgt durch Gebete und Lieder in vielen Sprashychen

Tom Hili UNO Genf haumllt einen Grundsatzvortrag uumlber die wirtshyschaftliche und religioumlse Entwickshylung in der Welt sowie den derzeitishygen Stand aus der Sicht der Vershyeinten Nationen

Der Nachmittag dient der Erarshybeitung verschiedener Themen in Arbeitsgruppen

Unsere Damen und Herren wermiddot den mit Pkw zum Wohltaumltigkeitsshytee mit Bazar abgeholt der von Vertreterinnen der PASFA organishysiert wurde Damen der obersten militaumlrischen politischen und wirtshyschaftlichen Kreise waren bei dieshysem Tee zugegen

Abendessen wieder gemeinsam mit den Ehefrauen in Trastevere Fierramoseca GemOtlich und urig ist dieses Lokal und es ist warm

Ruumlckkehr zum Haus Der Pfoumlrtshyner ist erneut auf Ronde wir steshyhen wieder vor dem Tor andere Gaumlste gesellen sich zu uns (die Gruppe der Dolmetscher) Und wieshyder sind wir voumlllig durchgefroren

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Dienstag

Termine mit Radio Vatikan und dem Kommandanten der Schweishyzer Garde werden vereinbart fuumlr eishynen Kurzbesuch u a Vorstellung des Praumlsidiums AMI (zumindest ein Teil davon)

Heute ist der Tag der Luftfahrt in Italien Radio Vatikan berichtet auf UKW in deutscher Sprache Auf dem Flugplatz Fiumicino haumllt der HI Vater fuumlr 6000 geladene Gaumlste einen Gottesdienst

Wir sind abends zu einem Dinshyner in den italienischen Army Offishycers Club geladen

Heute war Gelegenheit einige Einkaumlufe in Rom zu taumltigen Unter sachkundiger Leitung einer Dame der PASFA kreuzten wir die Strashyszligen um Via Condotti bei den Spashynischen Treppen Im Rahmen dieshyser Einkauf tour (Tortur) gelangten wir dann in das Museum des BekleidungskOnstlers Valentino Raumlumlich etwas abgesetzt von seishynen Geschaumlften hat er hier in der Naumlhe der Spanischen Treppe in eishyner ehemaligen Schule eine Ausshystellung all der Bekleidungsstuumlkshyke die er seit Anfang der 60er Jahshyre geschaffen hat und die teilweishyse von ihren Traumlgerinnen spaumlter an ihn zuruumlckgegeben wurden Ausshyerlesene Stocke von Jaqueline Onassis Brook Shields Audrey Hephurn der Beghum viele der kleinen Groumlszligen und auch ganz Groszligen sind hier vertreten Fotoshygrafieren verboten Daszlig es dabei blieb dafuumlr sorgte die Beobachshy

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tung durch elektrische und menschliche Uumlberwachung

Beim Einstieg in den Bus der Ushynie 46 der uns zuruumlckbringen sollshyte machten uns Einheimische gleich darauf aufmerksam unsere Wertsachen eng an uns zu halten diese Buslinie sei beruumlchtigt fuumlr die vielen Diebstaumlhle

Mittwoch

Auf Einladung unserer italienishyschen AMI-Freunde begeben wir uns mit einem Militaumlrbus nach Suumlshyden vorbei an Latina uumlber die Sushyper-Strada zur Abtei Fossanova Im 9 Jahrhundert wurde diese Beshynediktiner-Abtei gegruumlndet 1134 wurde sie von Innozenz 11 an die Zisterzienser uumlbergeben Hier starb Thomas von Aquin

Der geistliche Beirat der italienishyschen Vertreter des AMI ist Don Uonello Torosani Sein militaumlrishyscher Standort ist in Sabaudia am Mar Tirreno etwa 30 km suumldlich von Latina

Nach einer kurzen Begruumlszligung durch den Kommandeur dieser Flugabwehrraketen-Schule (Hawk) zeigte uns Don Uonello voller Stolz - und das zu Recht - seine kleine Kirche und an hand von Schriften eine Vielzahl der Aktivishytaumlten seiner Gemeinde Wenn an Wochenenden von 150 Kirchenbeshysuchern - Soldaten - die Rede ist manchmal sogar zwei Gottesshydienste angeboten werden muumlsshysen aufgrund der Vielzahl der Kirshyehenbesucher so klingt das fuumlr

norddeutsche Ohren traumhaft Allerdings muszlig man hierfuumlr sichershylich auch die Person von Don Lioshynello verantwortlich machen er versteht es zu uumlberzeugen und seinen Soldaten voranzugehen

Was die Arbeit im Apostolat Mishylitaire International angeht wershyden wir von Don Lionello sicher noch houmlren

Don Uonello gab dann noch eine wahre Begebenheit uumlber Joshyhannes XXIII (Roncalli) zum beshysten Als Bischof war Roncalli bei dem damaligen franzoumlsischen Praumlshysidenten de Gaulle zu einem Empshyfang geladen sein Platz beim Esshysen war gegenuumlber der Frau eines russischen Diplomaten Diese Dame mit ihrem weiten Ausschnitt wollte anscheinend Bischof Ronshycalli provozieren Sie bat Roncalshyli - nicht einen der Lakaien - um etwas Obst aus der Schale Ronshycalli nahm einen Apfel und legte ihn vor sie hin Die Frage Warum geben Sie mir gerade einen Apshyfel beantwortete Bischof R folshygendermaszligen Bereits im Parashydies erkannte Eva als sie den Apshyfel nahm daszlig sie nackt war

Donnerstag

Das KOlloquium ist beendet es beginnt die Generalversammlung des oie

Das Apostolat Militaire Internashytional AMI als (beitragszahlendes) Neumitglied des oie hatte seinen Praumlsidenten Oberst i G Juumlrgen Bringmann Bonn und einen der

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zwei Vizepraumlsidenten Oberstabsshybootsmann Guumlnter Thye Flensshyburg entsandt

Die Vertreterinnen und Vertreter der internationalen kath Verbaumlnde kamen aus allen Erdteilen Suumldshyamerikaner waren ebenso vertreshyten wie Afrikaner von der Elfenshybein kuumlste Nordamerikaner aus Kanada Inder Thais Iren und und und

Nach der Begruumlszligung der annaumlshyhernd 90 internationalen Vertreter und dem Bericht des Praumlsidenten wurde die Abfahrt der Busse beshykanntgegeben zu einem Empfang mit den Kardinaumllen und Bischoumlfen die zur Zeit der Synode in Rom weilten Hier trafen wir u a auch den Vizepraumlsidenten des Weltshylaien rates Bischof Dr Cordes

Freitag

Beginn dieses Vormittags mit intern Gebeten und Gesaumlngen dann wurde die Konferenz verspaumlshytet fortgesetzt

Es folgte die Vorstellung der Kandidaten und einzelnen Grupshypen fuumlr die Wahlen zum - Praumlsidenten des OIC - Comite de Continuite - Geschaumlftsfuumlhrer des oie - Mitgliedschaft im oie

Fuumlr 1230 Uhr war eine Audienz beim HI Vater eingeplant Grund genug die Konferenz zu unterbreshychen

Geleitet durch Schweizer Gardishysten begaben wir uns im Vatikan in den Saal Sala Dei Consistorio

Auftrag 201

Hier in dem mit Wandteppichen stoffverkleideten Waumlnden und mit kunstvollen Schnitzerein an der Holzdecke versehenen Saal warshyten wir gespannt auf das Erscheishynen des Hf Vaters

Das Einschalten der Deckenflutshylichter kuumlndigte sein Kommen an Er wurde begruumlszligt und informiert uumlber die derzeitige Tagung des OIC durch den Praumlsidenten Mr Fahim Die Antwort des Papshystes - gehalten in franzoumlsischer Sprache - bezog sich auf den Inshyhalt der Begruumlszligung er wuumlrdigte die Arbeit des OlC und schloszlig mit dem paumlpstlichen Segen Anschlieshyszligend hatte jeder Teilnehmer Geleshygenheit persoumlnich einige kurze Worte mit dem HI Vater zu wechshyseln bevor wir dann zum Gruppenshyfoto gebeten wurden

Fuumlr die beiden Vertreter des AMI-Praumlsidiums schloszlig sich in der Unterkunft der Schweizer Garde ein Besuch bei dem Kommandanshyten der Schweizer Garde Oberst Buchs an

Nachdem ein Vertreter der Schweizer Garde kurzfristig die Teilnahme an der AMI-Konferenz 91 in Flensburg absagen muszligte stellte Oberst Buchs eine Teilnahshyme 1993 in Rom in Aussicht Eine Teilnahme in Bogota 92 scheint aus KostengrQnden nicht moumlglich

Nach dem Besuch der Waffenshyund Kleiderkammer der Schweizer Garde fahren wir zuruumlck zur Untershykunft und storzen uns erneut bis zum fruumlhen Abend in die Sitzung des OIC

Auftrag 201

Die verschiedenen katholischen Zentren berichteten Ober ihre Ershyfahrungen und Vorstellungen wie auch Forderungen

Zentrum Genf tiefer gehende intensivere Kontakte zu anderen Organisationen - Informationen Ober deren

Strukturen und Arbeitsweise - Denkweise zu bestimmten Theshy

men - Wie stark ist die Vereinigung

was repraumlsentieren sie Zentrum New York 16 internationale Organisatioshy

nen arbeiten zusammen mit dieshysem Zentrum

Einige Aktivitaumlten werden er waumlhnt - monatlich 2 Besprechungen zu

kirchlichen oder allgemein inshyteressierenden Themen zushysaumltzlich auch sogenannte Briefings aus aktuellem Anshylaszlig z B Auslandsreisen des Papstes

- Referenten der United Nationes werden hierzu eingeladen

- Gespraumlche Diskussionen Seshyminare werden mit allen religioumlshysen Richtungen durchgefuumlhrt (Hindus Juden etc) Ober z B Internationales Jahr der Famishylie aus Sicht der unterschiedshylichen Religionen

Das Wissen voneinander Obershyeinander ist zu gering Die Inforshymation uumlber die katholische kirchshyliche Arbeit muszlig breiter gestreut werden Fuumlr diese Arbeit bekommt das Zentrum jaumlhrlich von den Bishyschoumlfen 4000 $ Die Zusammenarshy

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beit der internationalen katholishyschen Organisationen mit dem Zentrum New York ist nicht optishymal

Vorgestellt wurde ein VideoshyFilm (28 Minuten) uumlber internatioshynale katholische Organisationen

Finanziert wurde dieser in vielen Sprachen existierende Film durch die UNO und durch amerikanische Bischoumlfe

Ein Exemplar wurde dem HI Vashyter uumlberreicht

Sonnabend Nun nicht zu vergessen die

wichtigsten Punkte der Wahlen Jeder internationale (stimmbeshyrechtigte) Verband hatte nur eine Stimme somit waren maximal 28 Stimmen moumlglich

Neuer (und alter) Praumlsident wurshyde A Fahim

Rudy Ruegg (Schweiz) wurde als Generalsekretaumlr von Paul Morand abgeloumlst

Rudy Ruegg schied aus Altersshygruumlnden aus

FOrdas Apostolat Militaire Intershynational AMI war die Stimmenzahl fOr die Wahl in das Comite de Conshytinuite entscheidend zumal geshyrade bei dieser Wahl mit Gegenshywind gerechnet wurde - eben geshygen Vertreter einer internationalen Organisation von Soldaten

Mit 17 Ja-Stimmen 6 Nein 4 Enthaltungen galten wir als geshywaumlhlt und entsenden somit einen Vertreter des Praumlsidiums AMI in das Comite das zwischen den Geshy

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neralversammlungen des OIC die Arbeit fortfuumlhrt

Zusammen mit allen anwesenshyden Priestern zelebrierte Msgr Bishyschof Dr Cordes - Vizepraumlsident des Weltlaienrates - einen Gotshytesdienst wiederum im Saal Jashyhannes Paull

Kurz vor der offiziellen Beendishygung dieser Tagung hieszlig es hurtig Koffer packen und mit dem shydankenswerterweise - bereitgeshystellten Dienstwagen der italienishyschen Armee brausten wir dann durch quirlige und verkehrsreiche roumlmische Straszligen zum Flughafen Leonardo da Vinci

Ruumlckreise Puumlnktliche Ankunft bedeutet

noch lange nicht rechtzeitiger Abshyflug Die einstuumlndige Verspaumltung lieszlig dann jede Hoffnung schwinden von Duumlsseldorf einen Nachtzug nach Hamburg und Flensburg zu bekommen

Also wieder einmal sehr spaumltes Belegen eines Hotelzimmers dashyfuumlr aber am Sonntag fruumlh aus den Federn denn der Zug nach Flensshyburg wartet nicht auf uns Wir aber auf ihn Mit zweistuumlndiger Verspaumltung fahren wir dann gen Norden Natuumlrlich haben saumlmtlishyche Anschluszligzuumlge HamburgshyAltona bereits verlassen Wir warshyten auf den naumlchsten Zug und beshysichtigen zwischenzeitlich den Bahnhof

Endlich - es ist Abend - wir

Auftrag 201

sind (mit einer Grippe) zu Hause Eine ereignisreiche interessante aber auch sehr anstrengende Woshyche ist vorbei Jetzt gilt es das Ershylebte zu verarbeiten

Guumlnter Thye

GKS - Bereich See Wochenende der Begegnung

Waumlhrend einer Dienstreise zum Marinekommando Rostock im Okshytober des letzten Jahres kam es neben den rein dienstlichen Belanshygen auch zu Gespraumlchen Ober die Millitaumlrseelsorge ihre Strukturen gesetzliche Grundlagen und ihre Laienbewegungen sowie - was auf aufmerksame Zuhoumlrer stieszlig shyuumlber die anhand von Beispielen aufgezeigten vielfachen und vielshyseitigen Aktivitaumlten auf nationashylem sowie internationalem Gebiet

Religion geschweige denn Milishytaumlrseelsorge war und ist fuumlr viele Angehoumlrige der ehemaligen Natioshynalen Volksarmee - NVA - eine Vokabel mit der sie gar nichts oder kaum etwas anzufangen wisshysen Aus dieser Erkenntnis heraus dem Interesse Ober das Thema mehr houmlren und eigene Gedanken einshybringen zu wollen resultierte dann aus dieser Gespraumlchsrunde der Vorschlag ein Wochenende der Begegnung fuumlr Soldaten der eheshymaligen NVA und deren Famifien sowie Mitgliedern der Gemeinshy

191 Auftrag 201

schaft Katholischer Soldaten GKS zu veranstalten

Pilotprojekte haben ihren eigeshynen Werdegang in diesem Falle allerdings dank der Unterstuumltzung des Bundesvorstandes der Geshymeinschaft Katholischer Soldashyten des Katholischen Militaumlrbishyschofsamtes und nicht zu vergesshysen des Kommandeurs Marineshykommando Rostock der unsere Gruppe das Gaumlstehaus der ehemashyligen NVA im Ostseebad Nienhashygen fOr dieses Wochenende zur Verfuumlgung stellte lief die Vorbereishytung und Durchfuumlhrung reibungsshylos

In gespannter Erwartung trafen sich dann am letzten Wochenende im Februar insgesamt zwanzig Soldaten einschlieszliglich ihrer Eheshyfrauen und Kinder den Versuch zu wagen von Mensch zu Mensch eine Bruumlcke zu bauen Nicht unershywaumlhnt bleiben soll daszlig auch der Kommandeur des Marinekommanshydos Flottillenadmiral Otto Ciliax und Frau sowie der Bundesvorsitshyzende der Gemeinschaft Katholishyscher Soldaten Oberstleutnant i G Paul Schulz und Frau an diesem Wochenende teilgenommen hashyben

Nach der BegrOszligung fOlgten zwei Taumlnze Jiffy Mixer und Seven Jumps bei denen der haumlufige Wechsel des Tanzpartners und die gymnastischen Uumlbungen zur Ershyheiterung beitrugen

So geloumlst teilweise noch auszliger Atem stellten wir - jeder fuumlr sich - uns gegenseitig vor einshy

schlieszliglich unseres dienstlichen Werdeganges und soweit gegeshyben auch den als aktiver Laie in der katholischen Militaumlrseelsorge

Der Beitrag einer Teilnehmerin (Krankenschwester in einer Sanishytaumltsstaffel und Ehefrau eines Solshydaten der ehemaligen NVA) Ober dieses Wochenende soll fuumlr sich sprechen nur soviel sei noch ershyWaumlhnt

Die folgenden Stunden bis Sonntag zur Abreise waren angeshyfuumlllt mit Fragen und Antworten Gespraumlchen mit kleineren Grupshypen oder auch z B bei Spaziergaumlnshygen in dem das Haus umgebenden Forst und am Ostseestrand nur unter vier Augen Jede Minute war lehrreich ich behaupte einmal fuumlr beide Seiten

Einige Fragen und Aussagen zur Verdeutlichung - Wie laumlszligt sich Religion und Bunshy

deswehr (Christ und Soldat) miteinander vereinbaren hinshysichtlich Du sollst nicht toumlten

- Ich bin ein Suchender koumlnnen Sie mir - oder wer kann es shyhelfen

- Wir haben uns heimlich kathoshylisch trauen lassen

- Ich bin heimlich getauft wormiddot den mein Vater war Offizier (in der Sowjet-Armee)

- Kommunion Konfirmation gibt es Gemeinsamkeiten mit der Jugendweihe

- Kann ein Glaumlubiger seine Proshybleme leichter beWaumlltigen als ein Unglaumlubiger

192

- Ein Glaubender hat etwas zum Festhalten wir

Der Sonnabendnachmittag war fuumlr einen Ausflug nach Bad Dobeshyran zur Besichtigung des Muumlnsters vorgesehen

Die Stadt Doberan verdankt ihre Existenz zwei wichtigen Entscheishydungen des damaligen mecklenshyburgischen Fuumlrstenhauses

der Gruumlndung des Zisterzienser Klosters gegen Ende des 12 Jahrshyhunderts und der Errichtung des ersten deutschen Seebades am Heiligen Damm 1793

Der Chronist Helmold von Boshysau vermerkte noch 1170 Meck-

Das Muumlnster zu Bad Doberan

Auftrag 201

lenburg ist ein Land des Mangels und des Hungers wo der Sitz des Satans und aller boumlsen Geister ist

Pribislav Herr Mecklenburgs lenkte die Geschicke des Landes in bessere Bahnen Das Land entshywickelte sich positiv in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht Das 1171 errichtete Kloster wurde beshyreits 1178 wieder voumlllig dem Erdboshyden gleichgemacht hervorgerufen durch einen Familienstreit um die Teilung der Herrschaft im Lande

Nikolaus von Rostock sorgte dashyfuumlr daszlig im heutigen Bad Doberan 1186 die Zistersienser einen neuen Anfang machen konnten

Der Backsteinbau wurde zOgig aufgebaut und 1232 konnte das MOnster geweiht werden Bis 1522 haben Moumlnche in ihm das Lob Gotshytes gesungen seitdem tut es nun die lutherische Kirchengemeinde

Der allgemeine Niedergang Ende des 15 und Anfang des 16 Jahrhunderts setzte auch dem Kioshyster sehr zu

Ein Ausspruch aus jener Zeit vermittelt den richtigen Eindruck Reiten und rauben ist keine Schande das tun die Besten im Lande

Es wurde gepluumlndert demoliert und abgerissen was zu haben war

Der 30jaumlhrige Krieg fuumlgte der Kirche und dem Klostergebaumlude schwere Schaumlden zu Herzog Adolf-Friedrich verwendete Geldshybuszligen fuumlr den Erhalt der Kirche 1656 wurde dann mit den ersten Baumaszlignahmen begonnen

Auftrag 201 193

Im 1 Weltkrieg muszligte eine von zwei Glocken an die Ruumlstungsinshydustrie abgegeben werden Die aumllshyteste Glocke Mecklenburgs sie stammt aus dem Jahre 1301 bleibt Doberan erhalten

Zum Schutz gegen Bomber und Feuer aber auch gegen Pluumlndeshyrung wird 1942 das gesamte Invenshytar eingebunkert Auf Befehl des sowjetischen Stadtkommandanshyten wird es 1946 wieder aufgestellt und der Oumlffentlichkeit zugaumlngig gemacht

Die letzte groszlige Generalrestaushyrierung der Kirche fand 1964 shy1984 statt und wurde mit staatshylichen Mitteln gefoumlrdert

Beeindruckt von dem Besuch dieses wunderschoumlnen Gottesshyhauses in Backsteingotik und seishyner von dem Kirchenfuumlhrer so anshyschaulich vorgetragenen Geshyschichte fuhren wir zuruumlck nach Nienhagen

Die uumlberaus angeregten Diskusshysionen dieses Wochenendes warshyfen eine Unmenge von Fragen und Problemen auf

Ein Wochenende allein reicht beileibe nicht aus Die Gruppe - darin waren sich alle einig shywuumlnscht dringend eine Fortsetshyzung Sie ist geplant

Die Aufgeschlossenheit dieser Gruppe die Atmosphaumlre des Gaumlshystehauses nebst der guten Kuumlche und die reizvolle Landschaft in dieshysem Teil von Meckenburg-Vorshypommern haben wesentlich dazu beigetragen daszlig diese Veranstalshy

tung der GKS ein voller Erfolg wurshyde

Guumlnter Thye

Bericht uumlber ein Wochenende der Begegnungen in Nienhagen

Ende des Jahres 91 genauer geshysagt im Dezember erhielten wir eine Einladung von der GKS untershyschrieben von Oberstabsbootsshymann Thye

Was ist GKS Wer ist OStBtsm Thye

Auf unser Anfragen sagte man uns GKS das ist die Gemeinshyschaft Katholischer Soldaten

Wir hatten noch nie etwas von so einer Gemeinschaft gehoumlrt

Sollten wir ehemalige DDR-Buumlrshyger und Heiden jetzt bekehrt wershyden

Es gab schon viele Fragen beim Eintreffen der Einladungen und so fuhren wir voller Erwartungen und Neugier aber auch mit einer Porshytion Skepsis nach Nienhagen Bis 1800 Uhr trafen dann alle Teilshynehmer ein

Nach einer zwanglosen Begruumlshyszligung und Abendbrot kam dann das erste Beschnuppern

Einige lustige Scherztanzschritshyte loumlsten die Beklemmung und Vershykrampfung auf beiden Seiten

Es folgte eine kurze Vorstellung jedes einzelnen und dann war da auch schon ein reges Gespraumlch im Gange

194 Auftrag 201

Das Spektrum der Themen war sehr breit gefaumlchert

Was war die Jugendweihe Wie verlief sie Was macht die GKS Wie vertraumlgt sich Christsein mit dem Soldatenberuf Wie lebte es sich hinter der Mauer Wie ist jetzt das Zusammenarbeiten von Ossi und Wessi

Es wurde offen in einer groBen Runde aber auch zu zweit und zu dritt gesprochen diskutiert und phiIosoph iert

Nach dem gemeinsamen FrOhshystuumlck am Samstag wurde bei eishynem Strandspaziergang die Proshyblematik des vorherigen Abends wieder aufgegriffen

Die Gespraumlche wurden diesmal ganz individuell gefuumlhrt

Persoumlnliche Meinungen und Ershyfahrungen wurden ausgetauscht

Dabei zeigte sich aber auch eine unterschiedliche Praumlgung bei der Einschaumltzung und Beurteilung von gesellschaftlichen christlichen und auch nur ganz alltaumlglichen Ershyeignissen

Nach einem vorzuumlglichen Mitshytagessen fuhren wir gemeinsam nach Bad Doberan

Dort besichtigten wir das Dobeshyraner Muumlnster ein in Norddeutschshyland sehr bekanntes Bauwerk Durch eine Fuumlhrung erfuhren wir viel Interessantes uumlber diese eheshymalige Klosteranlage und auch uumlber die geschichtliche Entwickshylung dieser Region

Nach dem Kaffeetrinken trafen wir uns alle wieder in der gemuumltlishychen Ecke

Zur Sprache kamen Probleme wie die Zusammenarbeit zwischen Bundeswehrangehoumlrigen und eheshymaligen NVA-Soldaten Vereinbarshykeit von Berufstaumltigkeit der Frau und Kindererziehung und auch die Frage ob ein glaumlubiger Mensch Probleme des Alltags besser verarshybeiten kann als ein Nichtglaumlubishyger

Wir haben alle versucht geshymeinsam Antwort auf die vielen Fragen zu finden was nicht immer einfach war

Nach dem Abendbrot fanden wir uns alle zu einem kleinen Umtrunk zusammen An diesem Abend der sehr lang wurde haben wir viel erzaumlhlt und reichlich gelacht

Wir vergaszligen alle daszlig wir Osshysis und Wessis sind Wir waren einfach nur eine Runde froumlhlicher Leute die sich gut verstanden

In der Nacht hatte der Wind aufshygefrischt

Trotzdem lieszligen wir uns nach dem Fruumlhstuumlck nicht aufhalten und spazierten am Strand Richshytung Heiligendamm Unser Ziel war der Heilige Damm Ober desshysen Entstehung wir im Doberaner MOnster erfahren hatten

Jedoch hatten wir die Entfershynung den Wind und das Gehen am steinigen Strand unterschaumltzt So schafften wir es nicht ganz bis an den Heiligen Damm

Waumlhrend dieser Zeit wurde wieshyderum in kleinen Gruppen oder auch ganz persoumlnlich gesprochen

Viele Fragen blieben natuumlrlich

Auftrag 201 195

aufgrund der kurzen Zeit die wir miteinander verbringen durften ohne Antwort bzw wurden nicht bis zu Ende diskutiert

Nach dem Mittagstisch und eishyner Tasse Kaffee zog Herr Thye das Resuumlmee des Treffens

Es war fuumlr alfe ein Bereicherung und eine sehr schoumlne Erfahrung

Alle Teilnehmer waren sich einig daszlig dies nicht eine einmalishyge Maszlignahme bleiben sollte sonshydern daszlig wir uns zu einem spaumlteshyren Termin nochmals zusammenshyfinden

Vielleicht koumlnnte man dieses VVochenende der Begegnung zushysammenfassen indem man sagt aus einem Gegeneinander uumlber ein Nebeneinander wurde ein Miteinshyander

Monika Henig (Marinesanitaumltsstaffel Rostock)

Wallfahrt nach Sanshytiago de Compostela Liebe Freunde

Spanische Soldaten haben uns eingeladen auch in diesem Jahr mit ihnen ein Stuumlck des VVeges nach Santiago de Compostela zu gehen VVir haben diese Einladung angenommen und nehmen mit 20 Personen an dieser Pilgerfahrt teil

Das Programm ist wie folgt vorshygesehen 8 Juli Treffen in Bonn

9 Juli Zugfahrt uumlber Paris nach leon anseh Fuszligwallfahrt durch Asturien naeh Sanshytiago de Compostela

21 shy 23 Juli Aufenthalt in Sanshytiago de Compostela

23 Juli Ruumlckfahrt uumlber Paris nach Bonn bzw Karlsruhe

Der Teilnehmerpreis (Anteil an den Kosten) betraumlgt pro Person GVVDL 250 - DM A 1 - 4 300 - DM A5 - 8 350- DM A 9 - 12 375 - DM abA 13 400 - DM

Ich bitte Sie diese VVallfahrt beshykanntzugeben Interessenten ershyhalten von mir weitere Informatioshynen Die Plaumltze werden in der Reishyhenfolge der Anmeldung vergeshyben

Mit freundlichen GrOszligen Walter HOtten

Weihe eines Bischofshykoadjutors fuumlr den Militaumlrbischof von Oumlsterrreich

Am Sonntag dem 2 Februar 1992 wurde in der St-Georgs-Kashythedrale in der Burg zu VViener Neustadt der bisherige Militaumlrpfarshyrer an der Theresianischen Militaumlrshyakademie Militaumlrdekan Mag

196 Auftrag 201

Msgr Christian Werner durch den Militaumlrbischof von Oumlsterreich Dr Alfred Kostlecky zum Titularbishyschof von Eca (in Apulien) und zu seinem Bischofkoadjutor geweiht Mitkonsekratoren waren der fruumlheshyre Militaumlrvikar und Bischof von St POumllten Altbischof Dr Franz Zak zu dessen Dioumlzese MiJitaumlrdekan Msgr Werner gehoumlrte und dessen Nachfolger Bischof Dr Kurt Krenn

Nach dem Kirchenrecht ist mit dem Amt des Bischofkoadjutors das Recht auf Nachfolge verbunshyden

Die Bischofsweihe fand in Anshywesenheit des Bundespraumlsidenten Dr Kurt Watdheim des Erzbishyschofs von Wien Dr Hans Hershymann Kardinal Groer des Nuntius DDr Donato Squicciarini des Bunshydesministers tuumlr Landesverteidishygung Dr Werner Fasslabend eishynes groszligen Teils des Bischofskolshylegiums sowie der militaumlrischen und zivilen Spitze des Bundesminishysteriums fuumlr Landesverteidigung und des Bundesheeres statt

In seiner Predigt verwies Militaumlrshybischof Dr Alfred Kostelecky ausshydruumlcklich auf die Schutzfunktion des oumlsterreichischen Soldaten und auf die Legitimaumlt des Soldashytenseins wie sie in einigen Schriftstellen zum Ausdruck kommt und auch durch Gaudium et spes festgestellt wird Er wies aber auch auf die Moumlglichkeit hin dem Frieden in anderer Weise zu dienen

Der neue Militaumlrbischofkoadjushy

tor ging in seiner Ansprache nach der Bischofsweihe auf den Beitrag der oumlsterreichischen Soldaten im Rahmen der friedenssichernden und friedenserhaltenden Operatioshynen der Vereinten Nationen ein die durch die Verleihung des Frieshydensnobelpreises im Jahr 1988 geshywuumlrdigt worden sind

Er betonte den Auftrag an das Bundesheer zur Friedenserhaltung im Sinne der Bundesverfassung Aufgabe der Militaumlrseelsorge sei es den Friedensgedanken den Soldaten aller Dienstgrade naheshyzubringen Mi I itaumlrbischofkoadjushytor Mag Werner ging dann auch auf das Anliegen der Katholischen Jugend ein den Zivildienst als Beishytrag zum Frieden anzuerkennen Hier soll ein Nebeneinander und Miteinander wenn auch auf untershyschiedlichen Wegen moumlglich sein

Im folgenden soll nun der Leshybensweg unseres Militaumlrbischofshykoadjutors skizziert werden

Bischofkoadjutor Mag Msgr Christian Werner wurde am 27 April 1943 in Gogolin (Oberschleshysien) geboren und verbrachte seishyne Kindheit und Jugendzeit in Wien Nach der Reifepruumlfung im Jahre 1962 arbeitete er ein Jahr bei der oumlsterreichischen Post- und Teshylegraphenverwaltung und entshyschied sich dann fOr die Offiziersshylaufbahn Er absolvierte von 1964 bis 1967 die Theresianische Milishytaumlrakademie und wurde bald nach seiner Ausmusterung als Erziehershyoffizier bei den Zoumlglingen des MiIishy

197 Auftrag 201

taumlrrealgymnasiums eingesetzt Hier begann er mit dem Studium

der Theologie das er im Priestershyseminar der Dioumlzese St Poumllten fortsetzte

Bischof Dr Franz Zak der zu dieser Zeit auch das Amt des Milishytaumlrvikars ausuumlbte weihte ihn am 29 Juni 1977 zum Priester Mag Christian Werner war die ersten drei Jahre dann aber nicht in der Dioumlzese St Poumllten sondern in der Erzdioumlzese Wien als Kurat an der Probsteikirche in Wien er lIeushystadt - dem damaligen Sitz von Weihbischof Florian Kuntner - taumlshytig

Im Jahr 1980 entschied sich Mag Werner dann fuumlr die Militaumlrshyseelsorge und wurde Militaumlrpfarrer beim Militaumlrkommando Niedershyoumlsterreich in St Poumllten

Mit 1 Januar 1986 wurde Militaumlrshysuperior Mag Christian Werner zum Militaumlrpfarrer an der Theresiashynischen Militaumlrakademie in Wiener Neustadt bestellt

Zu dieser Funktion gehoumlren nicht nur die Seelsorge lebensshykundlicher Unterricht und Wehrshyethik im Rahmen der Offiziersausshybildung sondern auch das Amt des Kirchenrektors an der St-Geshyorgs-Kathedrale der Bischofskirshyche des Militaumlrbischofs von Oumlstershyreich

Als kirchengeschichtlich intershyessant sei hier angemerkt daszlig Mishylitaumlrbischof Dr Kostelecky in Wieshyner Neustadt zwei Bischofskirshychen hat die St-Georgs-Kathedrashyle in der Burg - die Bischofskirshy

che des Militaumlrbischofs - und die Propsteikirche den fruumlheren Dom von Wiener Neustadt die seine Bishyschofskirche als Titularbischof von Wiener Neustadt ist Wiener Neustadt war von 1459 bis 1784 Bistum - und hat da der letzte Bishyschof von Wiener Neustadt auch

CHRISTUS PAX NOSTRA

Der Weinstock im roten Feld symbolishysiert den Familiennamen Werner (abshy

geleitet von Weinherr) Rechts oben das rote Tatzenkreuz im goldenen Feld Das Abzeichen des St Georg Ritterordens welches zum Wappen des Beistums Wiener Neushy

stadt wurde Rechts unten Kreuz und Oumllzweig beshyziehen sich auf den Wahlspruch des ershysten Militaumlrbischofs der Republik

Oumlsterreich Pax et Iustitia Der Wahlspruch lautet CHRISTUS PAX NOSTRA (Christus ist unser

Friede)

198

das Amt des Miltaumlrvikars innehatshyte damit eine enge Verbindung zur Mi I itaumlrseelsorge

An der St-Georgs-Kathedrale die traditionell auch der Bevoumllkeshyrung offensteht hat sich unter Militaumlrdekan Mag Msgr Christian Werner ein sehr lebendiges Geshymeindeleben entwickelt Hier war es vor allem die Art wie er die Gotshytesdienste gestaltete die ihm rasch seine Gemeinde gewann Durch sein herzliches und offenes Zugehen auf seine Pfarrangehoumlrishygen fand er vor allem rasch zu den Kindern und Jugendlichen Seine Liebe zur Musik und seine uumlbershyzeugende VerkOndigung des Worshytes Gottes praumlgten die Feier des Gottesdienstes

Die Arbeitsgemeinschaft kathoshylischer Soldaten wuumlnscht Militaumlrshybischofkoadjutor Mag Msgr Wershyner fuumlr sein neues Amt den Segen Gottes (Die Redaktion des Aufshytrags schlieszligt sich diesen Wuumlnshyschen an) Seine Ernennung wurde in der Militaumlrdioumlzese allgemein mit Dankbarkeit und Freude aufgeshynommen

Michael Haubl

Katholisches Militaumlrbischofsamt beim Katholikentag vertreten

Europa bauen in der Einen Welt - zum Thema des diesjaumlhri-

Auftrag 201

gen Katholikentages bietet die Kashytholische Militaumlrseelsorge die Geshymeinschaft Katholischer Soldaten sowie das Apostolat Militaire Inshyternational in Zusammenarbeit mit der franzoumlsischen Militaumlrseelsorge ein vielfaumlltiges Programm an Milishytaumlrgeistliche Mitarbeiter der Kurie des Katholischen Militaumlrbischofs und die Gemeinschaft Katholishyscher Soldaten haben interessanshyte Moumlglichkeiten der Begegnung vorbereitet

Am Freitag dem 19 Juni findet in der Karlsruher St Michaelskirshyche ein Internationaler SoldatenshygotteSdienst mit dem Thema Mit Gott versoumlhnt - FOr den Frieden in der Welt und anschlieszligend eine Stunde der Begegnung statt Der Kathol ische Mi I itaumlrbishyschof Erzbischof Johannes Dyba zelebriert diese Meszligfeier Er hat die katholischen Militaumlrbischoumlfe und Soldaten aus 13 verschiedeshynen west- und osteuropaumlischen Nationen zum Katholikentag einshygeladen Den Soldaten soll dashydurch nicht zuletzt die Moumlglichkeit gegeben werden in Gemeinschaft ihren Glauben auf dem Weg in ein sich einigendes Europa zu bezeushygen

In der Halle der Bistomer laden Mitarbeiter im Jurisdiktionsbeshyreich des KatholiSChen Militaumlrbishyschofs zur Information Ober die Mishylitaumlrseelsorge ein

Auch die Podiumsgespraumlche der Gemeinschaft Katholischer Soldashyten greifen das Thema Europa auf Europas Soldaten als Weltpolizishy

2 Auftrag 201

AUS GKS UND PGR Handreichung zum Jahresthema der GKS 1992 (Paul Brochhagen) 146 Europa bauen in der einen Welt Wir bauen mit (Rudolf Grulich) 147 Wehrbereich 11 - Verabschiedung Wehrbereichsdekan Dr Eduard Quiter 167 Ehrung tOr Oberst a D Fettwels 169 Festakademie Weltfriedenstag 9 Januar 1992 in Bonn 169

BegrOszligungsansprache (Paul E Vosseler) 169 Festvortrag von Erzbischof Dr Lajos Kada Apostolischer Nuntius 172

Weltfriedanstag 1992 in Munster(Emii Kladiwa) 180 Tagung der Generalversammlung der Organisation International Catholic OIC In Rom vom 7 -14 12 1991 (Ganter Thye) 184 GKS-Bereich See 190

Wochenende der Begegnung (Ganter Thye) 190 Bericht uumlber ein Wochenende der Begegnungen in Nienhagen (Monlka Henig) 193

Wallfahrt nach Santiago de Compostela (Walter Hatten) 195 Weihe eines Bischofkoadjutors fQr den Militaumlrbischof von Oumlsterreich (Michael Haubi) 195 Katholisches Militaumlrbischofsamt beim Katholikentag vertreten (Marlene Beyei) 198

Auftrag 201 199

sten - Dienst und Auftrag des Soldaten heute Da der diesjaumlhrishyge Katholikentag erstmals wieder gesamtdeutsch ist soll auch die Eingliederung der ehemaligen NVA-Soldaten in die deutSChe Bundeswehr nicht unerwaumlhnt bleishyben In einem Kleinforum Lust und Frust an der deutschen Einshyheit wird anhand von Erfahrungen aufgezeigt wie die Problematik des deutsch-deutschen Zusamshymenwachsens aufgefangen wershyden koumlnnte

Die Katholische Militaumlrseelsorshyge veranstaltet ein Werkstattgeshyspraumlch mit dem Titel Kinder des kalten Kriegs - wo ist unsere Zushykunft Junge SOldaten aus westshy

und osteuropaumlischen Laumlndern taushyschen ihre Erfahrungen als christshylich orientierte Soldaten angeshySichts des Endes der Ost-Westshykonfrontation aus und suchen nach Modellen fOr eine europaumlishysche Friedensordnung

Im Themenkreis 111 Stadt der ofshyfenen Tore fOhrt das Katholische Militaumlrbischofsamt eine TalkshyShow zum Thema Versoumlhnung und Zusammenarbeit an einer geshymeinsamen Friedensordnung durch

Marlene Beyel (aus REPORT Informationen rund um den Katholikentag 292)

Zeter und Mordio Srhreien hilf1 nicht wenn die Kirche in den Medien wieder einmal durch den

Kokoo gezogen wird Unterstuumllzen Sie lieber die gemeinnuumltzige Arbeit des Kolholiltichen Prembundes Wir sorgen dafuumlr da6 die Stimme des Glaubens in

den Medien nicht unlergehl

Ih erbitte noumlhere Informationen

Katholilcher Pre~bund eV AdellOuerallee 134 5300 Bonn 1

auftrag ist das Organ der GEMEINSCHAFT KATHOLISCHER SOLDATEN (GKS) und erscheint vierteljaumlhrlich

Herausgeber GEMEINSCHAFT KATHOLISCHER SOLDATEN (GKS)

Redaktion Klaus Brandt Oberst leutnant verantwortlicher Redakteur Helmut Fettwejs Obers t a O Redakteur Wilhelm Lehmkaumlmper Oberstleutnant a D Gesellschaft und Kirche

Brief-Zuschriften Klaus Brandt Redakteur Post fach3003035060 Berg Gladbach 1

Uumlberweisungen auf Konto Nr 2532786 BLZ 38040007 Commerzbank Bonn Zweigs telle Adenauerallee oder 165035-506 Pos tscheckamt Kouml ln - Generalshyvikariat des Katholischen Mi litaumlrbi schofs - Vermerk Spendenkonto der GKS

Nachdruck auch austugsweise nur mit Quellenangabe und mit Genehmigung der Redaktion

Druck Koumll len Druck amp Verlag GmbH SChoumlntalweg 5 5305 BonnmiddotOedekoven

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  • AUFTRAG-201-apr-1992 Titelblatt
  • INHALTSVERZEICHNIS
  • BESINNLICHES
    • Die Glaumlubigen vereint im Aufbau des Friedens - Botschaft von Papst Johannes Paul ll zur Feier des 25 Weltfriedenstages 1992
      • Sittliche und religioumlse Natur des Friedens
      • Den Geist von Assisi wiederbeleben
      • Die Kraft des Gebets
      • Oumlkumenischer Dialog und inter-religioumlse Beziehungen
      • Der Weg der zuruumlckgelegt werden muss
      • Gemeinsam den Frieden in Gerechtigkeit bauen
      • Notwendige Unterstuumltzung von seiten der Verantwortlichen der Nationen
      • Ein besonderes Wort fuumlr die Christen
        • Gottes Wort als Kraftquelle - Erzbischof Dyba ruft zu lebendigem Umgang mit der Bibel auf
        • Das geistliche Wort (Walter Theis)
        • Bibel-Weg im April (Elisabeth Enssle)
        • Die Wuumlrde des Menschenist unantastbar (Art 1 GG) - Initiative fuumlr ein friedliches Zusammenleben mit allen Fremden
          • Koumlnnen Sie sich vorstellen
          • Was halten Sie davon
          • Was halten Sie jetzt davon
          • Und die Wirklichkeit
          • Was muumlssen wir tun
            • Sein Wort - Gottes Wort Unsere Worte - Menschenworte (Helmut Fettweis)
              • Situation vor dem Konzil
              • Nach dem Konzil
              • Was nun
                • Heilige Messe Zauberei oder Humbug - Beobachtungen bei einer Amtseinfuumlhrung in Ostdeutschland (Heribert Lehmberger)
                • Stand der Beratungen zum Schutzdes ungeborenen Kindes (DBK)
                • Woche fuumlr das Leben 1992 (DBK)
                • Kirchentraumlume junger Menschen
                • Der Christ zwischen Angst und Vertrauen (Johannes Cofalka)
                  • 1 Vorbemerkung
                  • 2 Was ist Angst
                  • 3 Tiefen der Angst
                  • 4 Angst im Alten und NeuenTestament
                  • 5 Die Angst des Soldaten
                  • 6 Das Kind in der Angst
                  • 7 Der Christ in der Katastrophe
                  • 8 Schluszliggedanken
                  • Arbeits und OrientierungshIlfen
                    • Gottes ungeduldige Toumlchter - Abschied vom Patriarchat (MidK)
                      • Es war einmal Die junge Kirche war frauenfreundlich
                      • Die Unterdruumlckung der Frauen hat eine lange traurige Geschichte
                      • Die Geduld der Frauen geht zu Ende
                      • Die Zeit schoumlner Worte ist vorbei
                        • Uumlber Bildung und Religion - Einem Suchenden (Hans Bahrs)
                          • EUROPA
                            • Europa hat Geschichte
                              • Europa - sagenhaft
                              • Europaumlische Geschichte in acht Minuten
                              • Die europaumlischen Groszligmaumlchte
                              • Der Beginn der Nationalstaaten
                              • Das Ende europaumlischerVormachtstellung
                              • Deutschland das geographische Zentrum Europas
                                • Europa - Zu seinen geistigen und ethischen Grundlagen (Hans Buchheim)
                                  • Politische Einigung und christliches Erbe Europas
                                  • Die neuzeitliche Idee der Freiheit ist christlichen Ursprungs
                                  • Der sittliche Sinn der weltanschaulichen Neutralitaumlt des Staates
                                  • Die Bedeutung der Aufklaumlrung
                                  • Gerechtigkeit
                                  • Solidaritaumlt
                                  • Subsidiaritaumlt
                                  • Politische Freiheit setzt Offenheit zur Transzendenz voraus
                                  • Menschenwuumlrde
                                  • Die europaumlische politische Zivilisationist Gemeingut aller europaumlischenVoumllker
                                  • Der Beitrag der Christen zur Einigung Europas
                                  • Anmerkungen
                                  • Zur Person des Verfassers
                                    • Ergebnisse und Schlussfolgerungen des Europa-Studientages bei der Herbstvollversammlung der DBK 1991
                                    • Die Volksgruppen in einem vereinten Europa (ZdK)
                                      • Vorbemerkung
                                      • I Einleitung
                                      • II Bestandsaufnahme
                                      • III Die Rolle der Kirche
                                      • IV Unsere Aufgaben
                                        • 1 Information und Kommunikation
                                        • 2 Grenzuumlberschreitende Zusammenarbeit und Regionalismus
                                        • V Auf dem Weg zum vereinten Europa
                                          • Anhang
                                            • Festung Europa Die Vollendung des Binnenmarktes in der EG bringt den 240 Millionen Europaumlern bare Vorteile Doch der wirtschaftliche Profit geht - wiedereinmal - auf Kosten der Armen in der Dritten Welt (Hans Joachim Hofmann)
                                              • Abschottung gegen Waren von auszligen
                                              • Verschuldung als Schlinge um den Hals
                                              • Lukrative Geschaumlfte mit Osteuropa
                                                • Migrationin Europa - vom Auswanderungs- zum Einwanderungskontinent (Peter Koumlppinger)
                                                  • Migrationspolitik von der nationalen zur europaumlischen Ebene
                                                  • Natuumlrliche und kuumlnstliche Grenzen
                                                  • Die Herausforderungen
                                                  • Kulturelle Vielfalt bewahren
                                                  • Fluchtursachen bekaumlmpfen
                                                  • Hilfe bei Katastrophen
                                                  • Aufnahme fuumlr alle die Schutz brauchen
                                                  • Zusammenleben mit Menschen aus verschiedenen Kulturen
                                                  • Irrwege der Auslaumlnderpolitik
                                                  • Kulturelle Erneuerung
                                                    • Zur Festigung des Friedens beitragen
                                                    • Pax europaea (Johannes Dyba)
                                                    • Neuevangelisierung Europas - Gemeinsam schaffen wirs (MidK)
                                                      • Die wichtigsten Erfahrungen
                                                      • Was die Kirche des Westens in das neue Europa einzubringen hat
                                                        • Offenheit Verstaumltndnis Dialog und Kooperation - Familienpolitische Thesen fuumlr Europa
                                                          • Wir tun uns schwer mit der Definition von Familie
                                                          • Das Konzept Familie muss inhaltlich aufgefuumlllt werden
                                                          • Von der impliziten zur expliziten Familienpolitik
                                                          • Organisatorische Prinzipien der Familienpolitik
                                                          • Familien brauchen Freiheit und Frieden
                                                          • Familienpolitik darf nicht zur Sozialpolitik verkuumlrzt werden
                                                          • Keine europaumlische Familienpolitik ohne die Familien
                                                          • Der spezifisch christliche Beitrag
                                                              • KIRCHE UND STAAT
                                                                • Zur Lage der kath Militaumlrseelsorge (DBK)
                                                                • Unabhaumlngigkeit ist garantiert - Keine Aumlnderung des Seelsorgevertrages (Heribert Lemberger)
                                                                • Immer ein offenes Ohr fuumlr die Menschen - Staat und Kirche wuumlrdigen Engagement von Erzbischof Kredel (NIMM)
                                                                • Vom schwierigen Umgang mit der Vergangenheit - Hat sich die kath Kirche im Griff des SED-Staates befunden - Das Dilemma der Historiker (Ulrich Kluge)
                                                                  • Der Staat brach in die Kirche ein
                                                                  • Konflikte der historischen Forschung
                                                                    • Beitrag der Konferenz der OIC zum Auftrag der Kirche in Europa (Juumlrgen Bringmann)
                                                                      • Im Westen
                                                                      • Im Osten
                                                                      • Die Situation heute und ein Ausblick in die Zukunft
                                                                        • Erklaumlrung von Rom zum Internationalen Jahr der Familie 1994 (Juumlrgen Bringmann)
                                                                          • GESELLSCHAFT NAH UND FERN
                                                                            • Diese Truumlmmer haben Zukunft (Roger Gerhardy OSA)
                                                                              • Ein bluumlhendes Gemeinwesen
                                                                              • Wiederbelebung
                                                                              • Ein Haus voller Leben
                                                                                • Christen in Staaten unter islamischer Vorherrschaft (Wilhelm Lehmkaumlmper)
                                                                                  • Hochachtung fuumlr die Muslime
                                                                                  • Der Islam ist eine militante und aggressive Religion
                                                                                  • Die Christen im Iran
                                                                                  • Die Christen in der Tuumlrkei
                                                                                  • Die Welt des Islam
                                                                                    • Bischof Lehmanngruumlszligt Muslime zum Ende des Ramadan (KNA)
                                                                                    • Die Demokratisierung in der CSFR-Armee (Joachim Georg Goumlrlich)
                                                                                    • Polens Armee Wenn der Saulus zum Paulus wird (Joachim Georg Goumlrlich)
                                                                                    • Sicherung des Friedens vordringlich (Marlene Beyel)
                                                                                    • Ein Italiener kontrolliert die Verteilung der Hilfsguumlter - Von den alltaumlglichen Schwierigkeiten der Caritas bei ihrer humanitaumlren Arbeit in Moskau (Anja Iven)
                                                                                    • Der wahre Wert des Geldes - Symbolik in stabiler Waumlhrung am Beispiel der Deutschen Mark (Wollgang Altendorf)
                                                                                      • Eklatantes Unwissen
                                                                                      • Umfassender als Philosophie
                                                                                      • Gespiegelte Wertlosigkeit
                                                                                      • Geld und Ware
                                                                                      • Treibende Kraft Wille des Neubeginns
                                                                                      • Kulturell wissenschaftliche und soziale Wertausweisung
                                                                                      • Ebenso durch Ketten wie durch instabile Waumlhrung
                                                                                        • Seniorenbeauftragter (Willy Trost)
                                                                                        • Ein alter Traum wird Wirklichkeit (Arthur Schopf)
                                                                                          • AUS GKS UND PGR
                                                                                            • Handreichung zum Jahresthema der GKS 1992 (Paul Brochhagen)
                                                                                              • Vorwort
                                                                                              • Europa bauen in der einen Welt Wir bauen mit (Rudolf Grulich)
                                                                                                • Einleitung
                                                                                                • 1 Ist Europa ein Missionsland
                                                                                                  • Entwicklung nach dem11 Weltkrieg
                                                                                                  • Chancen durch den politischen Umbruch im Osten Europas
                                                                                                      • 2 Was steckt hinter dem Begriff des christlichen Abendlandes - oder Wie christlich ist Europa
                                                                                                        • Die Missionierung Osteuropas
                                                                                                        • Geburtsstunde Europas
                                                                                                        • Gemeinsamer Urgrund
                                                                                                        • Entchristlichung und Saumlkularisierung
                                                                                                        • Vormarsch nichtchristlicher Religion
                                                                                                          • 3 Welche Rolle spielt die kath Kirche Deutschlands in diesem Europa
                                                                                                          • 4 Welches Europa wollen wir bauen
                                                                                                            • Europa der Menschen
                                                                                                            • Europa der Voumllker
                                                                                                              • 5 Welche Aufgaben liegen vor uns
                                                                                                                • Wie koumlnnen wir mitbauen
                                                                                                                  • a Gebet
                                                                                                                  • b Informationen
                                                                                                                  • c Hilfe
                                                                                                                    • Die Zukunft liegt in der Zusammenarbeit
                                                                                                                      • Anhang
                                                                                                                        • Weiterfuumlhrende Literatur
                                                                                                                          • a) Kirchliche Dokumente
                                                                                                                          • b) Ausgewaumlhlte Literatur
                                                                                                                            • Wehrbereich II Verabschiedung Wehrbereichsdekan Dr Eduard Quiter (NIMM)
                                                                                                                            • Ehrung fuumlr Oberst aD Fettweis (Kompass)
                                                                                                                            • Bonn Festakademie Weltfriedenstag am 9 Januar1992
                                                                                                                              • Begruumlszligungsansprache (Paul E Vosseler)
                                                                                                                              • Festvortrag von Erzbischof Dr Lajos Kada Apostolischer Nuntius in Deutschland
                                                                                                                                • 1 Der Friede Gottes der alle Vernunftuumlbersteigt (Phil 24) ist Fundament christlicher Friedensbemuumlhungen
                                                                                                                                • 2 Alle Menschen sind verpflichtet den Frieden zu erstreben
                                                                                                                                • 3 Gemeinsam den Frieden in Gerechtigkeit bauen
                                                                                                                                    • Munster Weltfriedenstag 1992 (Emil Kladiwa)
                                                                                                                                    • Tagung der Generalversammlung der Organisation International Catholic OIC in Rom vom 07-14121991 (Guumlnter Thye)
                                                                                                                                    • GKS - Bereich See
                                                                                                                                      • Wochenende der Begegnung (Guumlnter Thye)
                                                                                                                                      • Bericht uumlber ein Wochenende der Begegnungen in Nienhagen (Monika Henig)
                                                                                                                                        • Wallfahrt nach Santiagode Compostela (Walter Huumltten)
                                                                                                                                        • Weihe eines Bischofkoadjutors fuumlr den Militaumlrbischof von Oumlsterrreich (Michael Haubl)
                                                                                                                                        • Katholisches Militaumlrbischofsamt beim Katholikentag vertreten (Marlene Beyel)
                                                                                                                                          • IMPRESSUM
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