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Aus der Abteilung für Radiodiagnostik der Radiologischen KlinikUniversitätskliniken, Homburg/SaarFakultät 2, Bereich Klinische Medizinder Universität des Saarlandes, Homburg / Saar.
Intravitalmikroskopische Vermessung der Leukozyten-Endothel-Interaktion nach Gabenichtionischer iodierter Röntgenkontrastmittel an Mäuse zur Untersuchung späteranaphylaktoider Nebenwirkungen
Dissertation zur Erlangung des Grades eines Doktors der Medizin
der Medizinischen Fakultät
der UNIVERSITÄT DES SAARLANDES
2002
vorgelegt von: Bernhard Lehnert
geboren am 27. März 1974 in Saarlouis
Inhaltsverzeichnis1. Zusammenfassung.........................................................................................................32. Einleitung: eigene Fragestellung...................................................................................5
2.1 Kontrastmittelentwicklung - Anfänge bis heute..........................................................52.2 Kontrastmittelnebenwirkungen....................................................................................82.3 Späte Anaphylaktoide Wirkungen - Begriff und Symptomatik...................................82.4 Späte Anaphylaktoide Wirkungen – Pathophysiologie.............................................122.5 Kontrastmittel und Endothel......................................................................................132.6 Leukozytenadhäsion als früher Schritt in Entzündungsreaktionen............................142.7 These der erhöhten Adhäsionsneigung nach KM-Injektion......................................152.8 Mögliche Nutzen.......................................................................................................162.9 Fragestellung der vorliegenden Arbeit.......................................................................16
3. Material und Methodik................................................................................................183.1 Tiermodell.................................................................................................................183.2 Verwendete Kontrastmittel........................................................................................193.3 Beobachtungsgruppen................................................................................................203.4 Zeitlicher Aufbau.......................................................................................................223.5 Narkose......................................................................................................................223.6 Intrajuguläre Injektionstechnik..................................................................................233.7 Verwendete intravital-Farbstoffe...............................................................................243.8 Lagerung der Maus....................................................................................................253.9 Mikroskopie...............................................................................................................263.10 Dokumentation........................................................................................................273.11 Auswertung..............................................................................................................30
4. Ergebnisse....................................................................................................................344.0 Aufbau der Ergebnisdarstellung................................................................................344.1 Anzahl der untersuchten Tiere ..................................................................................374.2 Tierorientiert-leukozytenbezogene Darstellung.........................................................394.3 Tierorientiert-flußbezogene Darstellung....................................................................414.4 Venenorientiert-leukozytenbezogene Darstellung.....................................................434.5 Venenorientiert-flußbezogene Darstellung................................................................464.6 Anhang: Tabellen zu Kapitel 4.2 bis 4.5...................................................................49
5. Diskussion...................................................................................................................536. Literaturverzeichnis ....................................................................................................567.Dank..............................................................................................................................588. Lebenslauf....................................................................................................................59
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1. Zusammenfassung
Hintergrund: Große klinische Studien konstatieren pseudoallergische Nebenwirkungen
auf nichtionische, iodierte Röntgenkontrastmittel, die mit sehr großer zeitlicher Latenz - bis
zu mehreren Tagen nach der Verabreichung - auftreten können. Deren epidemiologische
Erfassung erweist sich als sehr schwierig, ihre Pathophysiologie ist weitgehend ungeklärt.
Schwierig ist aus diesen Gründen auch, die Verträglichkeit verschiedener Kontrastmittel
bezüglich der Späten unerwünschten Nebenwirkungen zu vergleichen.
Die Symptomatik der o.g. Effekte ist entzündlicher Natur, ihre häufigste Lokalisation in
der Haut. Ein früher Schritt im Entstehen von Entzündungen spielt sich in der Interaktion
zwischen Leukozyten und Endothel ab. Immunkompetente Zellen, die im Blutstrom zum
Ort der Entzündung transportiert werden, verlassen den Blutstrom, indem sie zunächst am
Endothel „kleben“ bleiben, um dann das Endothel durchwandern, an den interstitiellen Ort
der Entzündung gelangen und Entzündungsmediatoren wie Histamin ausschütten zu
können.
Fragestellung: Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, ob es nach
Exposition mit nichtionischen, iodierten Röntgenkontrastmitteln – und hier wiederum im
Vergleich monomerer wie dimerer Präparate – tatsächlich auch nach mehr als 24 Stunden
noch zu einem Einfluß auf die Leukozyten-Endothel-Interaktion kommt. Insbesondere
sollen Daten unter in-vivo-Bedingungen, also mit realistischen Konzentrationen und
natürlicher Arzneimittelkinetik gewonnen werden. Dies könnte die tatsächliche Existenz
solch später Arzneimittelnebenwirkungen weiter untermauern und Grundlage für
weiterführende pathophysiologische Forschung sein. Nicht zuletzt könnte der Nachweis
solcher Effekte auch dem Vergleich der Toxizitäten verschiedener Präparate dienen.
Methoden: Als Modelltier wurden Albino-Nacktmäuse, als Modell die nicht traumatisierte
Haut des Ohrs verwendet. Die Tiere erhielten randomisiert isoosmolare Kochsalzlösung,
ein isoosmolares dimeres Kontrastmittel, ein isoosmolares monomeres Kontrastmittel oder
eine hyperosmolare Zubereitung des monomeren Kontrastmittels intravenös injiziert
(Details siehe Tab. 1.1).
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Kapitel 1. Zusammenfassung
Gruppe 1 Gruppe 2 Gruppe 3 Gruppe 4Art Kontrollgruppe Isoosmolar,
dimerIsoosmolarmonomer
Hyperosmolar,monomer
Präparat undMenge
NaCl 0,9%,8,56ml/kg KG
Iodixanol, Visi-paque® 150,8,56 ml/kg KG
Iomeprol,Imeron® 150,8,56 ml/kg KG
Iomeprol,Imeron® 300,4,28 ml/kg KG
Zahl der Tiere 4 5 5 8Tabelle 1.1 - Kontrastmittel in verschiedenen Untersuchungsgruppen
Zu drei verschiedenen Zeitpunkten, nämlich 24, 36 und 48 Stunden nach Kontrastmittel-
applikation wurde die Leukozyten-Endothel-Interaktion intravital-mikroskopisch
quantifiziert. Dazu wurde den Tieren zwei Farbstoffe, nämlich FITC-Dextran zur
Darstellung des Plasmaflußes und Rhodamin G6 zur Darstellung der Leukozyten
intravenös injiziert und unter dem Fluoreszenz-Auflichtmikroskop sowohl die Zahl der
frei fließenden Leukozyten als auch der temporär adhärenten, der an der Gefäßwand
entlang rollenden und der ortsfest an der Gefäßwand klebenden Leukozyten gezählt.
Ergebnisse: Eine Abnahme der Frei-Fließenden gegenüber der NaCl-Kontrollgruppe
konnte für das hyperosmolare Imeron®300 zu allen Zeitpunkten besonders deutlich
gezeigt werden. Für die isoosmolalen Kontrastmittel nicht nach 24, wohl aber nach 36
und 48 Stunden.
Folgerungen: Die gezeigte Tendenz der Leukozyten, selbst nach über 24 Stunden noch
vermehrt mit dem Endothel zu interagieren, zeigt, daß sich sehr späte proinflammatori-
sche Effekte von Kontrastmitteln auch unter Vitalbedingungen nachweisen lassen. Dies
stützt die These der Existenz klinisch relevanter Spätnebenwirkungen. Zugleich zeigt
die vorliegende Arbeit, daß sich diese Effekte auch mit kleinen Tierzahlen nachweisen
lassen. Der Einsatz des von uns verwandten Modells sowohl für die präklinische Erpro-
bung neuer Kontrastmittel als auch für die weitere Erforschung pseudoallergischer
Kontrastmittelnebenwirkungen und eventueller Gegenmittel sollte in Erwägung gezogen
werden.
Für einen stärkeren Effekt bei den dimeren KMs zeigt sich keine Anhalt.
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Kapitel 2. Einleitung: eigene Fragestellung
2. Einleitung: eigene Fragestellung
2.1 Kontrastmittelentwicklung - Anfänge bis heute
Wenige Wochen nach der ersten Veröffentlichung über die neuen Strahlen durch
Wilhelm Conrad Röntgen im Jahre1896 wurden schon Experimente unternommen,
außer Knochen mit der neuen Technik auch Weichteile durch das Einbringen
röntgendichter Stoffe abzubilden (z.B. HASCHEK, LILIENTHAL 1896). Bei den zunächst
verwendeten anorganischen Stoffen, wie z.B. Wismut- und Jodsalzen, stand das
Problem der Toxizität weit im Vordergrund. Schon im genannten Jahr formulierte
Becher das bis heute gültige Grundproblem der Kontrastmittelforschung: “Die
Aufnahme z.B. des menschlichen Magens in vivo nach Röntgen hat zur Voraussetzung,
daß man eine Lösung, die zwei Eigenschaften hat, ausmittelt: man muß sie, ohne
Schaden zu stiften, in den menschlichen Magen einbringen können; zugleich aber muß
sie noch für Röntgen’sche Strahlen undurchlässig sein.” (BECHER 1896).
Mitte der zwanziger Jahre erkannte man, daß man dem Jod seine Toxizität weitgehend
nehmen konnte, indem man es in organische Verbindungen brachte. Heute sind von
allen damals ausprobierten Elementen für wasserlösliche Röntgenkontrastmittel nur
Jodverbindungen in der Verwendung gebliebenen. Die Variation der organischen
Verbindungen ermöglichte eine rege Entwicklung mit zwei Zielen: eine hohe
Jodkonzentration im Zielorgan, und auch heute noch, das Jod in solchen chemischen
Verbindungen bereitzustellen, die für den Organismus möglichst wenig belastend sind.
Die zentrale Verbindung, auf der die entscheidenden Entwicklungsschritte aufbauten,
war die Triiodbenzoesäure. Unter anderem auch, weil der aromatische Ring eine hohe
Thermostabilität und damit unkompliziertes Autoklavieren ermöglichte (URICH 1995).
Ein Kontrastmittel erlaubt die Darstellung um so feinerer Strukturen (z.B. arteriosklero-
tische Plaques, Mikroaneurysmen), je größer die Jodkonzentration im darzustellenden
Raum (z.B. Blutgefäß) ist. Die Konzentration der Kontrastmittellösungen läßt sich aber
nicht beliebig steigern: Mit zunehmender Konzentration steigt die Zahl der Teilchen pro
Volumen, und damit auch die Osmolarität. Hyperosmolare Lösungen haben jedoch bei
intravasaler Anwendung eine ganze Reihe von Nachteilen, die zum Begriff der “Osmo-
toxizität” - als Gegenbegriff zur “Chemotoxizität” - geführt haben: darunter Schmerz an
der Injektionsstelle, Flüssigkeitsverschiebungen mit Wasserentzug aus Endothel- und
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Kapitel 2.1 Kontrastmittelentwicklung - Anfänge bis heute
Blutzellen sowie daraus folgenden Flußveränderungen und Ausschüttung von vasoakti-
ven Substanzen. Die Weiterentwicklung der Kontrastmittel bestand so zu einem wesent-
lichen Teil darin, hohe Jodkonzentrationen bei niedriger Osmolarität zu erreichen. Auf
molekularer Ebene bedeutet das, möglichst viele Jodatome in möglichst wenig gelösten
Teilchen. Das Maß hierfür ist der Quotienten R, die Zahl der Jodatome pro gelösten
Teilchen, den es möglichst hoch zu gestalten gilt. Die folgenden Schritte auf dem Weg
zu weniger Osmolarität und zugleich besserer Verträglichkeit zeigt die Abbildung 2.1
auf der Ebene der Strukturformeln. Die zunächst verwendeten Jodsalze wie NaI und KI
enthielten ein Jodatom und zerfielen in wässriger Lösung in zwei Teilchen: R = ½ = 0,5.
Die Salze der Triiodbenzoesäure enthielten drei Jodatome und zerfielen in zwei
Teilchen: R = 3/2 = 1,5. Durch die Entwicklung der nichtionischen triiodierten
Kontrastmittel war kein begleitendes Kation mehr nötig und das Molekül zerfiel in
wässriger Lösung nicht: R = 3/1 = 3. Bei der neuesten Entwicklung, den Dimeren der
triiodierten Kontrastmittel, befinden sich 6 Jodatome in einem nicht-dissoziierenden
Molekül. Mit einem R=6 lassen sich auch hohe Jodkonzentrationen, wie man sie z.B.
für Arteriographien braucht, in zum Blut isoosmolaren Präparaten herstellen. Man kann
sogar noch Elektrolyte wie Natrium und Kalzium hinzufügen, um physiologische
Vorgänge, z.B. die Reizleitung im Herzen, weniger zu stören und so weniger
Beeinflussung der Kontraktilität und geringere Gefahr des Kammerflimmerns zu
erreichen (ALMÉN 1995).
Die ionischen Monomere waren aufgrund der dissoziierten Carboxylsäuregruppe
-COO- H+ gut wasserlöslich. Die nichtionischen Kontrastmittel haben keine
dissoziierenden Bestandteile mehr und werden deshalb mit möglichst vielen polaren
Hydroxylgruppen -OH in den Seitenketten versehen. Eine gleichmäßige Verteilung
dieser Hydroxylgruppen über das Atom führt zu einer niedrigeren subarachnoidalen und
intravenösen Toxizität. Die langen Seitenketten bei nichtionischen Kontrastmitteln,
insbesondere bei Dimeren, bedingen jedoch zugleich eine Zunahme der Viskosität
(ALMÉN 1990). In der Abbildung 2.1 sind auch die Strukturformeln von Iodixanol und
Iomeprol enthalten, jeweils einem Vertreter der nichtionisch-monomeren und
nichtionisch-dimeren Kontrastmitteln. Sie werden in der vorliegenden Arbeit
beispielhaft für beide Gruppen untersucht.
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Kapitel 2.1 Kontrastmittelentwicklung - Anfänge bis heute
Abb. 2.1 a) - d) Entwicklungsstufen iodhaltiger Kontrastmittel e), f) Strukturformeln der
von uns verwandten Kontrastmittel Iomeprol (e) und Iodixanol(f). Die Pfeile
kennzeichnen für die chemische Stabilität (Iomeprol) bzw. für die Wasserlöslichkeit
(Iodixanol) besonders wichtige funktionelle Gruppen (siehe Kap. 3.2).
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I
I
I
RCH3-C0-NH
I
I
I
I
I
I I
I
I
R*
a) anorganische Salze (R=0,5):
b) ionischer, triiodierter Benzolring:(R=1,5)
c) nichtionischer Ring:(R=3)
d) nichtionisches Dimer:(R=6)
I
I
I
e) Iomeprol (Imeron ):
f) Iodixanol (Visipaque ):
I
I
I
RR
I
I
I
R
I
I
I
C=O C=O
Kapitel 2.2 Kontrastmittelnebenwirkungen
2.2 Kontrastmittelnebenwirkungen
Kontrastmittel sind atypische Pharmaka, da sie idealerweise keine pharmakologischen
Wirkungen haben und möglichst inert sein sollten. Der Begriff der Nebenwirkung wird
damit streng genommen etwas fragwürdig, als einfachere Sprachregelung sollen im
Folgenden die Unerwünschten Arzneimittelwirkungen der Kontrastmittel aber dennoch
als Nebenwirkungen bezeichnet werden. Der Schritt von den ionischen zu den nicht-
ionischen Verbindungen war mit einem bedeutenden Gewinn an Verträglichkeit verbun-
den: KATAYAMA 1990 fanden Akutreaktionen in 3,1% statt 12,7% der Patienten, behand-
lungsbedürftige Akutreaktionen in 0,04% statt 0,22%. 70% der von ihnen untersuchten
Kontrastmittelnebenwirkungen traten dabei innerhalb von 5 Minuten nach Injektion,
16% später als 5 Minuten auf (bei den restlichen 14% waren die Zeitpunkte nicht erfaßt
worden). Zusätzlich zu diesen Kontrastmittelreaktionen direkt im Anschluß an die
Untersuchung wird aber auch über Nebenwirkungen berichtet, die mit großer Verzö-
gerung von bis zu mehreren Tagen einsetzen. Da sie Gegenstand der vorliegenden
Arbeit sind, soll im Folgenden ausführlicher über sie berichtet werden.
2.3 Späte Anaphylaktoide Wirkungen - Begriff und Symptomatik
Unter Späten Anaphylaktoiden Nebenwirkungen verstehen wir unerwünschte
pharmakoinduzierte Effekte, die in ihrer Gestalt an klassische Kontrastmittel-
nebenwirkungen erinnern, aber mit einem großen zeitlichen Abstand zur Verabreichung
auftreten.
Die Natur der Späten Anaphylaktoiden Nebenwirkungen der iodhaltigen Kontrastmittel
ist epidemiologisch schwer zu fassen, da ihre Symptome unspezifisch, die
Durchführung von Doppelblind-Studien nicht zu rechtfertigen, und eben aufgrund ihres
späten Eintretens der Zusammenhang zwischen Auftreten und Kontrastmittelapplikation
schwer zu beweisen ist. Einige bedeutendere Arbeiten sollen im Folgenden
exemplarisch dargestellt werden. Die Darstellung erfolgt in chronologischer Folge.
• In der, nach eigener Aussage, ersten formalen Studie hierzu, wurden Patienten nach
Urographie Fragebögen mit geschlossenen Fragen zu Schmerzen im Bereich der
Injektion und zu Rash-Erscheinungen sowie offenen Fragen nach einem Kommentar
ausgehändigt. Die Patienten sollten sie frühestens eine Woche nach der
Untersuchung zurücksenden. In den 841 ausgewerteten Bögen fanden sich in der
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Kapitel 2.3 Späte Anaphylaktoide Wirkungen - Begriff und Symptomatik
offenen Frage bei 14% der Patienten eine ganze Reihe von Symptomen. Die
häufigsten waren Schwäche- bzw. Müdigkeitsgefühl (40 Fälle), Kopfschmerz (24
Fälle), Krankheitsgefühl oder Unwohlsein (23 Fälle), Magenschmerzen (10 Fälle),
Symptome der Oberen Atemwege (10 Fälle), Schwindel (9), Erbrechen (8), Übelkeit
(6), Gelenkschmerzen (6) usw. Späte Hautausschläge („rash“) zeigten sich bei 7%
der Frauen und 4% der Männer (PANTO 1986). Diese Effekte wurden als verspätete
Reaktionen auf die Gabe von Röntgenkontrastmitteln gedeutet und von da an in
verschiedenen Studien untersucht.
• YOSHIKAWA 1992 führten eine prospektive Studie durch, bei der den 2.052 erfassten
Patienten 17 Symptome zum Ankreuzen angeboten und darüber hinaus die Möglich-
keit zur freien Formulierung anderer Beschwerden geboten wurde. Sie nahmen mit
jedem Patient noch einmal Kontakt auf, um zu klären, ob er/sie diese Symptome
schon vorher hatte und zählten nur neu aufgetretene Symptome. Sie ermittelten eine
Frequenz von 8,0% aller Patienten. Im Vergleich zu nur 3,8% Patienten mit Sofort-
reaktionen. Auch sie fanden eine höhere Inzidenz bei Frauen (w/m=10,7%/5,7%).
Allerdings zählten sie als Spätreaktion einen Zeitraum von 30 Minuten bis 48
Stunden nach der Exposition. Die häufigsten Symptome waren Kopfschmerz, Rash,
Jucken, Übelkeit, Schwindel, allgemeine Abgeschlagenheit, Abdominalschmerzen,
etc. (YOSHIKAWA 1992)
• Im selben Jahr veröffentlichten BEYER-ENKE 1992 eine prospektive Studie, in der eine
Gruppe von radiologisch Untersuchten mit Kontrastmittelgabe mit einer Gruppe ohne
Kontrastmittelgabe verglichen wurde. Die Patienten glaubten, es ginge um Neben-
wirkungen der Röntgenuntersuchung selbst. Der Zusammenhang mit der Kontrast-
mittelgabe wurde ihnen nicht erklärt. In 499 zurückgelaufenen Fragebögen fanden
sich statistisch signifikante Unterschiede nur für Schmerz an der Injektionsstelle und
Diurese. Darüber hinaus fanden sie eine deutliche, wenn auch nicht signifikante Häu-
fung des Symptoms Benommenheit in der Kontrastmittelgruppe. Das in vielen
Studien häufig angegebene Symptom Kopfschmerz wurde auch bei ihnen häufig,
aber in beiden Kollektiven gleich häufig angegeben (z.B. am 2. -3. Tag in 3,0 vs.
3,1%). (BEYER-ENKE 1992)
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Kapitel 2.3 Späte Anaphylaktoide Wirkungen - Begriff und Symptomatik
• OLDHAM ET al. 1990 beschrieben, daß Patienten, die eine Interleukin 2 (IL-2)-
Immunotherapie hinter sich hatten, nach Kontrastmittelgabe Reaktionen zeigten, die
sie als ”Erinnerungsphänomene” an die IL-2 Nebenwirkungen beschreiben. Diese ge -
meinsam durch IL-2 und Röntgenkontrastmittel ausgelösten Reaktionen waren
Fieber, Frösteln, Rash, Übelkeit und Erbrechen, Urtikaria und andere. CHOYKE et al.
1992 fanden, daß Spätreaktionen, die zwischen 1 und 24 Stunden nach
Kontrastmittelapplikation auftraten, bei Patienten, die eine IL-2 Immunotherapie
hinter sich hatten, nicht nur 4mal so häufig auftreten, sondern in ihrem Auftreten
auch deutlich schwerwiegender sind. Die Häufung war statistisch signifikant für
Juckreiz, Erkältungssymptome und Rash, sowie Spätreaktionen insgesamt. Sie
fanden Reaktionen in 11,8% der Interleukinpatienten und in 3,9% der anderen
Patienten. IL-2 wird in der Tumortherapie des Melanoms und Nierenzellkarzinoms
verwendet, da es zur Proliferation tumorspezifischer T-Zellen führt, Lymphokin-
Aktivierte-Killerzellen (LAK-Zellen) moduliert und Natürliche Killerzellen (NK-
Zellen) zur Ausschüttung von IL-12 anregt, dem wichtigsten Wachstumsfaktor für
NK-Zellen. IL-2 Therapie ist reich an unerwünschten Nebenwirkungen. Die erhöhte
Inzidenz und der größere Schweregrad der KM-Nebenwirkungen in Patienten nach
einer solchen Immunstimulation läßt den Schluß zu, daß am Zustandekommen der
besagten Wirkung immunologische Effekte beteiligt sind.
• BEYER-ENKE 1996 verweist in einem kritischen Review noch einmal auf die Unzuver-
lässigkeit des Symptoms Kopfschmerz. Er berichtet über deutliche Unterschiede der
Inzidenz Später Nebenwirkungen zwischen Deutschland und Japan
(Japan>Deutschl.) und verweist darauf, daß verschiedene Autoren sehr unterschied-
liche Definitionen dafür anwenden, ab wann sie eine Reaktion als „spät“ bezeichnen.
In den von ihm zitierten Arbeiten variiert diese Grenze von „nach Verlassen der
Abteilung” bis ”mindestens 24 Stunden nach der Applikation”. Dies beeinträchtigt
die Vergleichbarkeit der bisherigen Studien erheblich. BEYER-ENKE 1996 bevorzugt
die 24 Stunden Definition. Zu diesem Zeitpunkt seien 99% des Kontrastmittels
wieder ausgeschieden. Er weist jedoch darauf hin, daß das verbleibende 1% in
absoluten Maßen für immunologische oder pharmakologische Verhältnisse immer
noch erheblichen Größenordnungen entspricht.
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Kapitel 2.3 Späte Anaphylaktoide Wirkungen - Begriff und Symptomatik
Zu den unterschiedlichen Inzidenzen später, anaphylaktoider Nebenwirkungen merkt
NIENDORF 1996 an, daß Patienten in verschiedenen Abteilungen natürlich auch ver-
schiedene Grunderkrankungen und Begleitmedikationen haben.
• YASUDA, MUNECHIKA 1998 verglichen die per Fragebogen ermittelten Spätreaktionen
(hier: 1 Stunde bis 7 Tage nach Untersuchung) von 907 Patienten mit nativer CT und
2370 mit kontrastmittelverstärkter CT-Untersuchung (nichtionische KM). Von den
Patienten, die Kontrastmittel erhielten, beschrieben 12,4% Späte Unerwünschte
Reaktionen, aber auch 10,3% in der Nativ-CT Kontrollgruppe (p=0,094). Da die
Reaktionen der Nativ-CT Gruppe keine Arzneimittelnebenwirkungen sein können,
schätzen die Autoren die Inzidenz der echten Kontrastmittelnebenwirkungen auf
12,4%-10,3%= 2,1%. In beiden Gruppen berichteten Frauen häufiger als Männer
über Spätreaktionen, so daß hierfür psychologische Ursachen vermutet werden
können.
In zwei Fällen kam es zu etwas schwereren Nebenwirkungen: Eine Patientin mit
schwerwiegender Urtikaria, die etwa 10 Stunden nach der Kontrastmittelgabe auftrat
aber nach einigen Stunden spontan wieder abklangt und ein Patient mit Blutdruck-
abfall um etwa 30mmHg am fünften Tag nach Exposition.
Betrachtet man die große Zahl durchgeführter Kontrastmitteluntersuchungen, so wird
klar, daß eine eingehende Untersuchung ihrer Nebenwirkungen auch dann obligat ist,
wenn die genannten Symptome primär meist nicht wirklich gravierend sind. Die
Patienten befinden sich bei Eintreten der Nebenwirkungen oft nicht mehr in
medizinischer Überwachung. Auch ein zunächst harmloser Schwindelanfall kann
beispielsweise im Straßenverkehr schwerwiegende Folgen haben. Durch den
gegenwärtigen Trend zu mehr ambulanter Patientenbetreuung wird dieses Argument an
Bedeutung noch gewinnen.
Dramatisch erscheint die Geschichte des Iotrolan, eines nichtionischen, dimeren
Röntgenkontrastmittels, dessen i.v.-Zubereitung Isovist® 280 nur wegen verspäteter,
allergoider Reaktionen wieder vom Markt genommen wurde wurde (Niendorf 1996).
Die Natur der Späten Kontrastmittelnebenwirkungen macht ihre epidemiologische
Erforschung sehr schwierig. Da ihre Symptome ausgesprochen vielfältig sein können,
haben die meisten Autoren beliebig jedes Symptom, das von den Patienten genannt
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Kapitel 2.3 Späte Anaphylaktoide Wirkungen - Begriff und Symptomatik
wurde, gesammelt. Da aufgrund der langen Zeiträume keine Objektivierung der
Symptome durch einen untersuchenden Arzt möglich ist, und da die beschriebenen
Beschwerden oft von eher geringfügiger Natur sind, sind psychologische Störeinflüsse
nicht nur nicht auszuschließen, sondern vielmehr zu erwarten. Die Geschlechts-
unterschiede in der Kontrollgruppe von YASUDA 1998 sowie die von BEYER-ENCKE 1996
betonten nationalen Unterschiede weisen deutlich auf diese Probleme hin.
2.4 Späte Anaphylaktoide Wirkungen – Pathophysiologie
Nachdem eine Klärung der Frage nach der Natur der Späten Anaphylaktoiden
Nebenwirkungen mit epidemiologischen Mitteln schwierig und nur zum Teil möglich
ist, müssen andere Wege zur Klärung des Problems beschritten werden. So könnte die
Aufklärung eines Pathomechanismus für die vermuteten Effekte zur Klärung beitragen.
Klar ist, daß die vorliegenden Reaktionen keine allergischen Reaktionen darstellen. So
sind zum einen keine Antikörper gegen Kontrastmittel bekannt, zum anderen führt eine
zweite Exposition nicht automatisch zu einer gleichen oder stärkeren Reaktion als die
Erstreaktion, wie man das bei einer Allergie erwarten würde (BETTMANN 1997). Diese
nicht-allergischen Zustände und Reaktionen werden auch als “Pseudoallergie”, “allergy-
like reaction” oder “anaphylaktoide” Reaktion bezeichnet. JUNG 1998 (S.47) gibt
beispielsweise die folgende Definition für “Pseudoallergie”:
“ Definition. Pseudoallergische Reaktionen zeigen klinisch die Symptome
einer Allergie, sind aber nicht immunologisch bedingt. Da eine Sensibili-
sierungsphase fehlt, können sie schon beim Erstkontakt mit der auslösenden
Substanz auftreten. Eine immunologische Erkennung des Fremdstoffes er-
folgt nicht, und damit gewinnen pathogenetisch neben einer direkten Hista-
minfreisetzung unspezifische und antikörperunabhängig aktivierbare Effek-
torsysteme (Arachidonsäuremetabolismus, Fibrinolyse, Kinninsystem, Kom-
plement) an Bedeutung.”
BETTMANN 1997 betont , daß das Fehlen einer immunologischen Erkennung durch Anti-
körper nicht bedeutet, daß nicht trotzdem Teile des Immunsystems eine bedeutende
Rolle in der Kontrastmittelreaktion spielen. Über die Pathomechanismen sowohl der
akuten, wie auch der verzögerten Nebenwirkungen von Röntgenkontrastmitteln besteht
weitgehend Unklarheit (BETTMANN 1997, MORRIS 1993). Die Aufklärung eines Patho-
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Kapitel 2.4 Späte Anaphylaktoide Wirkungen – Pathophysiologie
mechanismus führt in Zukunft vielleicht auch dazu, daß eine adäquate Vorsorge, Risiko-
erkennung und/oder Therapie möglich wird. Genauere Kenntnisse über die Natur der
genannten Effekte könnten auch eine bessere Einschätzung der Risiken neuer Stoffe
ermöglichen.
2.5 Kontrastmittel und Endothel
Den ersten und engsten Kontakt hat ein intravenös oder intraarteriell injiziertes
Kontrastmittel mit dem Blut und der Gefäßinnenwand, dem Endothel. Beide sind in das
vielseitige Spektrum der entzündlichen Reaktionen eingebunden: Das Blut, in Form der
Leukozyten, der Antikörper und des Komplementsystems, das Endothel als Quelle
vieler immunvermittelnder Stoffe z.B. auch als für die Chemotaxis von Leukozyten
wichtiges Zellsystem. Leukozyten emigrieren unter Interaktion mit dem Endothel aus
dem Blut ins Gewebe. Auswirkungen von Kontrastmitteln auf das Endothel sind in
großer Zahl beschrieben worden. Folgende Übersicht und Beispiele nach HAGEN 1994:
So wurde eine elektronenmikroskopische Lockerung des Zellgefüges, d.h. der Verbin-
dungen zwischen den Endothelzellen, schon 1959 dargestellt, konsekutiv erhöhte Per-
meabilität nachgewiesen, und die Ursache hierfür schwerpunktmäßig in der erhöhten
Osmolarität gefunden.
Durch Einfluß eines hyperosmolalen, ionischen Kontrastmittels reißt die intimale Ober-
fläche auf, es kommt zur Kernzerbröckelung und Schwellung. Die zellulären Grenzen
sind nicht mehr erkennbar, eine stärkere Ablagerung von Fibrin und Thrombozyten trat
auf(S.17). Auch nach Einwirken von nicht-ionischen Monomeren verändert sich der
normale elektronenoptische Aspekt der Endotheloberfläche von leicht geriffelt zu
stärkerer Furchenbildung sowie ein Anschwellen des Kerns(S.17). Im Vergleich alter,
hyperosmolar-ionischer Kontrastmitteln mit den neueren beschreibt HAGEN, daß neue,
niederosmolare Röntgenkontrastmittel (RKM) in der Interaktion mit der Gefäßwand und
speziell dem endothelialen Zellverband qualitativ den konventionellen gleichwertig,
quantitativ jedoch deutlich abgeschwächt sind(S.9).
”Ionische und nicht-ionische RKM fördern das fibrinolytische Potential insbesondere
des venösen Endothels - wahrscheinlich durch Aktivierung des endothelialen t-
pA”(S.22 )
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Kapitel 2.5 Kontrastmittel und Endothel
Zugleich zitiert HAGEN Hinweise darauf, daß durch Röntgenkontrastmittel induzierte
Gefäßschädigungen zu einer nachfolgenden Thrombose/Sklerose führen können.
Hierfür führt er beispielsweise eine Beschleunigung der Arteriosklerose in
Herzkranzgefäßen nach Koronarangiographie sowie Fibrinablagerungen nach
Phlebographien als Zeichen einer Endothelschädigung an(S.24). Funktionell werden
sowohl DNA- als auch Proteinsynthese in je nach Kontrastmittel unterschiedlichem
Maße unterdrückt(S.25). Röntgenkontrastmittel - auch nichtionische - fördern die
Freisetzung von Prostacyclin PGI2 aus dem vaskulären Endothel(S.27).
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, ob Kontrastmittelexposition mit
Leukozyten und Endothel zu einer vermehrten Affinität der beiden zueinander und
konsekutiv zu einer vermehrten Extravasation von Immunzellen führt.
2.6 Leukozytenadhäsion als früher Schritt in Entzündungsreaktionen
Immunitäts- und resistenzvermittelnde Leukozyten fließen im Blut und wandern am Ort
einer Entzündung ins Gewebe aus. Da Leukozyten aber nicht aktiv frei schwimmen,
wohl aber aktiv über Oberflächen wandern können, müssen sie vor einer chemotaktisch
gesteuerten, aktiven Bewegung den Blutfluß verlassen und an der Gefäßinnenfläche,
also dem Endothel fest machen. Dies wurde erstmals von DUTROCHE 1824 beschrieben;
erst seit den 80er Jahren findet die Klärung der dabei involvierten Vorgänge statt
(HARLAN 1992). Heute gilt die Leukozyten-Endothel-Adhäsion als früher und zentraler
Schritt im Zustandekommen einer Entzündungsreaktion (z.B. OSBORN 1990, HARLAN, LIU
1992). Endothelzellen der postkapillären Venolen präsentieren dazu spezielle Oberflä-
chenmoleküle, sogenannte Cell Adhesion Molecules (CAM). Diese können mit korre-
spondierenden Oberflächenmolekülen an Leukozyten so interagieren, daß der entspre-
chende Leukozyt am Endothel haften bleibt und so die Voraussetzung für eine spätere
Extravasation geschaffen wird.
Die endothelialen CAMs sind relativ aber nicht vollständig spezifisch für verschiedene
Leukozytenklassen. CAMs unterteilt man in folgende Gruppen: Selektine, Integrine und
die Immunglobulin-Superfamilie und Sonstige (ALBELDA et al. 1994). Die Wirkung der
Selektine scheint dabei als einzige auf das Gefäßsystem beschränkt, Integrine und
Mitglieder der Immunglobulinsuperfamilie vermitteln eine Reihe von Zell-Zell-Inter-
aktionen im ganzen Körper (TEDDER et al. 1995).
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Kapitel 2.6 Leukozytenadhäsion als früher Schritt in Entzündungsreaktionen
In Folge der veränderten Mikrozirkulationsverhältnisse zu Beginn einer Entzündungs-
reaktion kommt es zur Margination, d.h. zu einer Verlagerung der Leukozyten aus den
zentralen Bereichen des Blutstroms in die seitlichen, wodurch es zu vermehrten Kontak-
ten zum Endothel kommt. Die oben genannten Oberflächenmoleküle sowohl der
Endothelzellen als auch der Leukozyten, lassen eine Art Adhäsionsneigung zwischen
Endothel und Leukozyten entstehen, bei der ein Nacheinander verschiedener CAM-
Wirkungen zu verschiedenem Verhalten der Leukozyten führt. Die normalerweise frei
im Plasma schwimmenden Leukozyten werden zunächst unter dem Einfluß der
Selektine so an das Endothel gebunden, daß sie zwar weiterhin beweglich sind, ihre
Geschwindigkeit jedoch drastisch verringert wird. Sie rollen langsam am Endothel
entlang, wahrscheinlich, um eine Interaktion mit anderen lokalen, oberflächennahen
Mediatoren, wie dem IL-8 oder dem platelet-activating-factor (PAF) zu ermöglichen.
Das Rollen ist zumindest für Neutrophile Granulozyten ein passiver, nicht-
energieverbrauchender Vorgang (TEDDER et al.1995). Nach verschiedenen Zeiten des
Rollens wird durch ein aktivierendes Ereignis eine feste Verbindung zum Endothel
hergestellt, die keine Bewegung in Flußrichtung des Blutes mehr erlaubt. Hierfür sind
CAMs notwendig, die nicht zu den Selektinen gehören. Bei Neutrophilen beispielsweise
eine Interaktion zwischen CD18-Integrinen auf dem Leukozyten mit Molekülen der
Immunglobulinsuperfamilie auf der Endotheloberfläche. Nach dem festen Andocken an
die Gefäßwand kann, unter Einfluß eines chemotaktischen Gradienten, eine
Auswanderung ins extravasale Gewebe stattfinden (ALBELDA et al.1994).
Weil dieser Schritt in vielerlei Entzündungsreaktionen vorkommt, und da einige der be-
schriebenen Spätreaktionen auf Kontrastmittelgabe als inflammatorische Symptome er-
scheinen (Rash, Hautausschläge, Juckreiz,...), haben wir den Einfluß von
Kontrastmittelgabe auf die Leukozyten-Endothel-Interaktion nach 24 und mehr Stunden
im Tierversuch untersucht.
2.7 These der erhöhten Adhäsionsneigung nach KM-Injektion
Viele Symptome der Späten Unerwünschten Kontrastmittelwirkungen gehen mit
Entzündungserscheinungen der Haut einher (Hautausschläge, Rash, Juckreiz), andere
sind zumindest mit Immunprozessen vereinbar (Abgeschlagenheit, Schwächegefühl,
Atemwegsbeschwerden, Gelenkschmerzen, Schwindel). Auch spricht die erhöhte
Seite 15
Kapitel 2.7 These der erhöhten Adhäsionsneigung nach KM-Injektion
Inzidenz der Erscheinung nach Immunotherapie mit IL-2 (CHOYKE et al. 1992) für eine
Immunreaktion. Nicht zuletzt sind sich die Autoren der meisten großen Studien darüber
einig, daß eine allergische Vorgeschichte, also ein immunologisch besonderer Zustand,
ein Risikofaktor für die Späten Unerwünschten Wirkungen sind (z.B. YOSHIKAWA 1992).
Dieser Ansicht widersprechen allerdings OI et al 1997, die bei Iopamidol für späte
Nebenwirkungen keinen solchen Zusammenhang finden konnten.
Als Arbeitshypothese bietet sich also eine spät einsetzende Entzündungsreaktion an, die
mit einer vermehrten endothelial-leukozytären Adhäsionsneigung einhergehen sollte. Es
ist denkbar, daß die Verabreichung eines nichtionischen Kontrastmittels im Körper
Reaktionen auslöst, die mit unterschiedlicher zeitlicher Verzögerung eine vermehrte
Zelladhäsion auslösen. Diese vermehrte Zelladhäsion könnte dann in einem Teil der
Patienten auch zu einer vermehrten Extravasation von Leukozyten und zu einer zellulär
bedingten Immunreaktion führen, die die o.g. Symptome erklären. THORPE et al. 1998
haben einen unmittelbaren, konzentrationsabhängigen Einfluß iodierter Kontrastmittel
auf die Leukozyten-Endothel-Adhäsion in vitro nachgewiesen. Eine Untersuchung unter
intravitalen Umständen auch nach Zeiträumen von über 24 Stunden stellt die
vorliegende Arbeit vor.
2.8 Mögliche Nutzen
Nach dem Nachweis einer in-vivo-Zunahme der Leukozyten-Endothel-
Adhäsionsneigung wäre eine Klärung der beteiligten CAMs von großem Interesse, da es
in einer Vielzahl von Tiermodellen geglückt ist, durch Einflußnahme auf der Ebene der
CAMs Entzündungsreaktionen zu verhindern (mehr dazu z.B. in HARLAN 1992 S.133ff,
ALBELDA 1994). Neben einem Weg zur Klärung der Pathomechanismen der genannten
Wirkungen wäre mit dem Nachweis einer Kontrastmittel-vermittelten vermehrten
Leukozyten-Endothel-Adhäsion also zugleich ein Weg zu deren Vorbeugung und/oder
Therapie vorgeschlagen.
Sollte sich herausstellen, daß die mikroskopisch beobachtbare Zunahme der Zell-Zell-
Interaktionen mit dem Risiko von Arzneimittelnebenwirkungen korrelliert, so könnte
man diese Methode auch in der Entwicklung neuer Substanzen frühzeitig einsetzen.
Seite 16
Kapitel 2.9 Fragestellung der vorliegenden Arbeit
2.9 Fragestellung der vorliegenden Arbeit
Wie im bisherigen Text dargestellt, wurden späte Nebenwirkungen der an sich sehr gut
verträglichen nicht-ionischen Kontrastmitteln intensiv untersucht, die
zugrundeliegenden Pathomechanismen sind aber noch unklar (BETTMANN 1997). Die
beschriebene These der vermittelten Erhöhung der Adhäsionsneigung unterstellt, daß
nach Kontrastmittelgabe die Adhäsionsneigung zwischen Endothel und Leukozyten
generell erhöht sei. Wäre dies der Fall, müßten die beteiligten Mechanismen eingehend
untersucht werden, um Wege zur Früherkennung gefährdeter Patienten, vorbeugende
Maßnahmen oder gezielte Therapien zu entwickeln.
Die vorliegende Arbeit untersucht deshalb die Frage, ob es im Zeitraum zwischen 24
und 48 Stunden nach der intravenösen Verabreichung von nichtionischen iodierten
Röntgenkontrastmitteln zu einem generell vermehrten Rollen bzw. Haften von
Leukozyten an der Gefäßwand kommt.
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Kapitel 3. Material und Methodik
3. Material und MethodikUm den Einfluß verschiedener Kontrastmittel auf die Adhäsionsneigung zwischen
Endothel und Leukozyten zu untersuchen, wurden Mäusen verschiedene Kontrastmittel
injiziert und, nach einer gewissen Zeit, das Verhalten der Leukozyten zum Endothel
beobachtet. Die mikroskopischen Bilder wurden auf Videofilm festgehalten und
nachträglich ausgewertet. Dabei wurde gezählt, wieviele Leukozyten frei fließen,
wieviele temporär adhärent sind, wieviele rollen und wieviele stationär an der
Gefäßwand haften (siehe Abb. 2.2). Darüber hinaus wurde der Blutfluß durch die
verschiedenen Gefäße abgeschätzt. Diese Zahlen wurden zueinander in Beziehung
gesetzt und in den verschiedenen Gruppen verglichen. Um Normalwerte zu erhalten
wurde auch eine Gruppe mit isotoner Kochsalzlösung anstelle von Kontrastmitteln
mitgeführt.
3.1 Tiermodell
Als Tiermodell fand eine Adaptation des Albino-Nacktmaus-Modells nach Eriksson
1980 Verwendung. Hier können am lebenden Tier Blutgefäße einschließlich der in
ihnen befindlichen Leukozyten nicht-invasiv mikroskopisch untersucht werden.
Während bei anderen Tiermodellen zur in-vivo-Mikroskopie von Blutgefäßen, wie etwa
der Hamsterrückenhautkammer eine vorbereitende traumatische Manipulation nötig ist,
hat dieses Modell den Vorteil, daß vor und während der Untersuchung keinerlei
Manipulation am zu untersuchenden Gewebe nötig ist und damit auch kein Trauma
gesetzt wird, das auf die Durchblutung oder auf Immunreaktionen im Ohr einen
störenden Einfluß haben könnte. Details zum Versuchsaufbau in Kapitel 3.8 und 3.9.
Da bei diesem Verfahren durch die intakte Haut hindurch mikroskopiert wird, müssen
die Tiere frei von Fell und frei von Pigmenten, also Albino-Nacktmäuse sein. Die von
uns verwandten Tiere waren männliche ”SKH-1-Mäuse” von Charles River
Deutschland GmbH (Sulzfeld) mit einem Körpergewicht zwischen 20 und 30g. Beim
Mikroskopieren durch die Haut hindurch wirken die durchleuchteten Hautschichten
natürlich als unregelmäßige, lichtbrechende Medien. Dies führt zu gewissen
Unschärfeeffekten mit denen wir uns den Vorteil des atraumatischen Modells erkaufen
müssen.
Seite 18
Kapitel 3.2 Verwendete Kontrastmittel
3.2 Verwendete Kontrastmittel
Wie weiter oben schon erwähnt, wurden Iomeprol in Imeron® als Vertreter der mono-
meren nicht-ionischen und Iodixanol in Visipaque® als Vertreter der dimeren nicht-
ionischen iodierten Röntgenkontrastmittel untersucht. Im Folgenden sollen einige
Eigenschaften der beiden Präparate besprochen werden.
Iodixanol (Visipaque®)
Iodixanol war zusammen mit Iotrolan (in Isovist®, Schering) das erste wasserlösliches
Dimer im klinischen Gebrauch (ALMÉN 1995). Wie aus der Strukturformel in Abb. 2.1 zu
ersehen ist, trägt das Grundgerüst aus 35 Kohlenstoffatomen sechs Jodatome pro
Molekül, also R=6. Das Molekulargewicht beträgt 1.550 Dalton. Über das gesamte
Molekül sind neun Hydroxyl(-OH)gruppen verteilt, wobei die Hydroxylgruppe im
Bereich der Zentralbrücke zwischen den aromatischen Ringen (Pfeil in der Abbildung)
von besonderer Bedeutung für die gute Wasserlöslichkeit des Iodixanols ist. Es ist sogar
hydrophiler als die Monomere. In wässrigen Lösungen ist die Osmolarität selbst bei
einer Jodkonzentration von 350mg/ml noch deutlich unter der von Blut. Bei einer
Jodkonzentration von 320mg/ml (höchste als Visipaque® erhältliche Konzentration)
und einer Temperatur von 37°C hat die reine Iodixanollösung eine Osmolalität von
240mosm/kg verglichen mit 290mosm/kg bei Blut. Die Reduktion der Osmolalität
gegenüber den Monomeren ist dabei mehr als nur halbiert, wie man das bei der
Dimerbildung erwarten würde (EINVINDVIK, SJOGREN 1995). Zum Erreichen von
Isoosmolarität mit dem Blut enthält Visipaque®-Lösung zusätzlich noch Natrium- und
Calcium-Ionen. Visipaque® ist in Jodkonzentrationen von 150, 270 und 320 mg/ml auf
dem deutschen Markt erhältlich. Da hyperosmolare Kontrastmittel durch
Flüssigkeitseinstrom in die Gefäße noch intravasal verdünnt werden, entspricht die
Schattengebung von Iodixanol der von höher konzentrierten Monomeren. (SPENCER, GOA
1996) Die Viskosität des von uns benutzten Visipaque® 150 bei 37°C beträgt
1,7mPa*s (Fachinformation Stand Juli 1996).
Iomeprol (Imeron®)
Iomeprol gehört zu den 2.Generation nichtionischen Monomeren (ALMÉN 1995) mit
einer Jod/Teilchen-Ratio R=3. Die Strukturformel zeigt in einem Gerüst aus 17 Kohlen-
stoffatomen fünf Hydroxyl(-OH)gruppen in nahezu gleichmäßiger Verteilung (2+2+1)
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Kapitel 3.2 Verwendete Kontrastmittel
über die drei nichtiodierten Seitenketten. Das Molekulargewicht beträgt 777 Dalton.
Imeron® ist in Jodkonzentrationen von 150, 250, 300, 350 und 400mg/ml erhältlich.
Die von uns verwendeten Imeron® 150 und Imeron® 300 haben bei 37°C
Osmolalitäten von 301mosm/kg bzw. 521mosm/kg - also fast isoton und deutlich
hyperton - und Viskositäten von 1,4mPa*s bzw. 4,5mPa*s (Fachinformation Stand Juli
1996). Der Hersteller Byk Gulden (Konstanz) betont, daß durch ein verbessertes
Herstellungsverfahren kein Zusatz von EDTA als Schwermetallionenfänger in Imeron
notwendig ist. Eine Besonderheit von Iomeprol gegenüber anderen nichtionischen
Monomeren ist die in Abb. 2.1 durch einen Pfeil markierte Methylgruppe(-CH3) an
einem Stickstoffatom einer Seitenkette, die dem Molekül eine besondere chemische
Stabilität schenkt. (aus: imeron® das universelle Kontrastmittel in der Urologie, Ein
Leitfaden für das urologische Röntgen, Byk Gulden, ohne Jahresangabe jedoch
frühestens 1998, S.32f)
3.3 Beobachtungsgruppen
Um einen Vergleich zwischen monomeren und dimeren nichtionischen Kontrastmitteln
zu ermöglichen, wurden die Versuchstiere in folgende vier Beobachtungsgruppen ein-
geteilt.
Gruppe 1
Als Kontrollgruppe wurden die Tiere der Gruppe 1 denselben Haltungs-, Narkose- und
Untersuchungsbedingungen wie die der anderen Gruppen ausgesetzt. Statt eines
Kontrastmittels wurde diesen Tieren jedoch isotone Kochsalzlösung injiziert. Eine
substanzspezifische Wirkung durch Kochsalz ist auszuschließen; jeder in dieser Gruppe
auftretende Effekt ist nicht substanzspezifisch, umgekehrt ist jede Beobachtung in den
Kontrastmittelgruppen, der in Gruppe 1 nicht zu beobachten ist, mit hoher Wahrschein-
lichkeit einer Substanzwirkung zuzuschreiben.
Gruppe 2
Die Tiere der Gruppe 2 erhielten das dimere, nichtionische Kontrastmittel Iodixanol in
einer Konzentration von 305mg/ml entsprechend 150mg/ml Jod in Form des Präparates
Visipaque® 150 von Nycomed (Ismaning). Die Injektion ist, wie oben beschrieben,
blutisoosmolal.
Seite 20
Kapitel 3.3 Beobachtungsgruppen
Gruppe 3
Die Tiere der Gruppe 3 erhielten das monomere Kontrastmittel Iomeprol in
isoosmolarer Konzentration von 300,62mg/ml; mit 150mg/ml dieselbe Jodkonzentration
wie Gruppe 2, als Präparat Imeron® 150 von Byk Gulden (Konstanz). Die
Injektionslösung war leicht hyperosmolar.
Gruppe 4
Als monomeres Kontrastmittel in hyperosmolaler Zubereitung wurde den Tieren der
Gruppe 4 dasselbe Kontrastmittel wie denen der Gruppe 3, also Iomeprol, aber in der
doppelten Konzentration entsprechend 300 mg/ml Jod verabreicht. Das Präparat war
Imeron® 300. Wegen der doppelten Konzentration wurde jeweils nur das halbe Volu-
men, also dieselbe Jodmenge, verabreicht wie den Gruppen 2 und 3. Die Injektions-
lösung war deutlich hyperosmolar.
Dosierungen
Alle Tiere der Kontrastmittelgruppen erhielten dieselbe Jodmenge von 1,28g/kg Körper-
gewicht, die Tiere der Gruppe 1 (NaCl) erhielten dasselbe Volumen wie die Tiere der
Gruppen 2 und 3, nämlich 8,56ml/kg KG, die Tiere der Gruppe 4 dementsprechend
4,28ml/kg KG (siehe Tab. 3.1).
Gruppe 1NaCl
Gruppe 2(dimer)
Gruppe 3(monomer)
Gruppe 4(monomer)
Volumen 8,56ml/kg KG 8,56ml/kg KG 8,56ml/kg KG 4,28ml/kg KG
Jodmenge 0 1,28g/kg KG 1,28g/kg KG 1,28g/kg KG
Tab. 3.1 Volumen- und Jodmenge der initialen Injektion.
Gruppenvergleich
Unterschiede der Leukozytenadhäsion zwischen der NaCl-Gruppe und einer der
Kontrastmittelgruppen können nicht auf Haltung, Narkose oder Beobachtungsmethode
beruhen. Sie müssen folglich echte Substanzeffekte sein. Gruppe 2 und 3 unterscheiden
sich vernachlässigbar in der Osmolalität aber deutlich im Wirkstoff, eine signifikante
Abweichung der Beobachtungen der beiden Gruppen oder jeder der Gruppen von den
Werten der Gruppe 1 spräche für einen echten Effekt des Wirkstoffs bzw. der Wirk-
stoffe.
Seite 21
Kapitel 3.4 Zeitlicher Aufbau
3.4 Zeitlicher Aufbau
Jede Maus wurde zunächst zufällig einer der vier Beobachtungsgruppen zugeteilt. Unter
Narkose wurden den Tieren, je nach Gruppe, die oben genannten Kontrastmittel bzw.
die isotone NaCl-Lösung injiziert. Danach erhielt jedes Tier einen eigenen Stall, in dem
es die Narkose ausschlafen konnte, und in dem es bis zum Versuchsende verblieb.
Jeweils 24, 36 und 48 Stunden nach der Kontrastmittelapplikation wurden die Tiere der
weiter unten beschriebenen in-vivo-Fluoreszenzmikroskopie unterzogen, die dabei
gewonnenen Videoaufzeichnungen später nach späten Effekten der Kontrastmittelgabe
auf die Leukozyten-Endothel-Reaktion untersucht. Im Anschluß an die letzte
Mikroskopie wurden die Tiere mit einer intraperitonealen Applikation von Pentobarbital
(Narkoren®) getötet.
0 24h 36h 48h
KM/NaCL-Gabe
Mikroskopie mitVideoaufzeichnung
zeitlich getrennteAuswertung der Filme
Abb. 3.1 Zeitlicher Ablauf der Experimente.
3.5 Narkose
Die Narkose wurde sowohl vor der Kontrastmittelapplikation als auch vor den Beob-
achtungen initial mit einer intramuskulären (i.m.) Injektion von etwa 0,4ml einer
Mischung aus Ketamin (Ketavet®) plus Xylazin (Rompun®) im Verhältnis 8+1 einge-
leitet. Je nach erreichter Narkosetiefe und bei vorzeitigen Anzeichen von Erwachen
wurden individuell weitere i.m. Injektionen desselben Gemischs zur Narkosevertiefung
oder -verlängerung verabreicht.
COLANTUONI et al. 1984 haben nachgewiesen, daß verschiedene Narkosemittel die Mikro-
zirkulation in der Art beeinflussen, daß die natürlichen rhythmischen Kontraktionen der
glatten Gefäßmuskulatur gehemmt werden. Dies könnte zwar zur Störung unserer Beob-
achtungen führen, sollte aber auch zu einer größeren Konstanz der Flüsse in den beob-
achteten Gefäßen führen, und damit nützlich sein. Zudem ist unsere Untersuchung durch
die Kochsalzgruppe kontrolliert. Eine Narkose ist bei unserem Versuchsaufbau
zwingend erforderlich, um Bewegungen der Versuchstiere zu verhindern.
Seite 22
Kapitel 3.6 Intrajuguläre Injektionstechnik
3.6 Intrajuguläre Injektionstechnik
Die Injektion in die Schwanzvene ist wegen deren Kleinheit technisch schwierig und
unsicher. Da die Verabreichung der Kontrastmittel (bzw. der Kochsalzlösung) in der
vollen Dosis sicher intravenös geschehen sollte, wurde sie als Injektion in die zuvor
freipräparierte Vena jugularis interna durchgeführt. Diese ist großlumig und die
Injektion nach Präparation durch Beobachtung sicher zu überwachen. Eine vollständige
intravenöse Injektion gelang so ausnahmslos in allen Fällen. Die Präparation fand
teilweise unter einem Operationsmikroskop teilweise mit bloßem Auge statt. Zur
Technik:
Die narkotisierte Maus wurde in Rückenlage an den seitlich ausgestreckten
Vorderbeinen vorsichtig fixiert. Im Bereich des unteren Halses wurde zumeist an der
rechten Seite mit dem Skalpell ein querer Hautschnitt von etwa 5 bis 8mm Länge
angebracht. Durch vorsichtiges, abwechselnd spitz/stumpfes Präparieren wurde die V.
jugularis interna aufgesucht und mit zwei Seidenfäden angeschlungen. Gelegentliche,
präparationsbedingte Blutungen aus kleineren Gefäßen konnten mit einem
Watteträger(Wattestäbchen) abgesaugt werden und kamen spontan zum Stehen. Der
craniale Faden wurde weitmöglichst nach cranial geführt und so verknotet, daß der
Blutzufluß von cranial unterbunden war. Dieses Vorgehen verhinderte Blutungen aus
der großen, durch die folgende Injektion verletzten Vene. In den seltenen Fällen
kleinerer, individuell tief liegender Zuflüsse der V. jugularis wurden diese einzeln
angeschlungen und durch Verknotung unterbunden. In den weiter kaudalen Faden
wurde ebenfalls ein Knoten gelegt, dieser aber nicht lumeneinengend zugezogen. Unter
leichtem Zug an den beiden Enden des verknoteten cranialen Fadens konnte unter
Sichtkontrolle die nun freiliegende und durch den Fadenzug leicht gespannte Vene
punktiert und das Kontrastmittel respektive die Kochsalzlösung sicher und vollständig
injiziert werden. Nach Abschluß der Injektion wurde auch der Knoten im caudalen
Faden zugezogen und eine Blutung durch einen venösen Rückstrom verhindert. Das
durch die Injektion verletzte Venenstück war also durch eine Ligatur auf beiden Seiten
verschlossen. Die Fäden wurden unmittelbar über den Knoten abgeschnitten.
Abschließend wurde der Hautschnitt mit einer monofilen 7/0-Kunststoffnaht in
Einzelknopftechnik sorgfältig verschlossen. Dank der großen Wundheilungsfähigkeit
Seite 23
Kapitel 3.6 Intrajuguläre Injektionstechnik
bei Nagern waren die Wunden am nächsten Tag alle fest verschlossen und reizlos. In der
Regel konnten die Fäden in der nächsten Narkose gezogen werden.
3.7 Verwendete intravital-Farbstoffe
Ziel der Versuchsanordnung war die Beobachtung der Leukozyten in von Blut
durchflossenen Venen. Leukozyten und Blutfluß können beide durch geeignete
Fluoreszenzfarbstoffe sichtbar gemacht werden. Die beiden nachfolgend beschriebenen
Fluoreszenzfarbstoffe wurden den Tieren daher bei jedem der drei Beobachtungstermine
nach Eintritt der Narkose und vor dem Befestigen auf der Mikroskopierplattform in eine
Schwanzvene injiziert. Die Lagerung der Farbstoffe erfolgte in gefrorenem Zustand, die
Injektion nach Aufwärmen auf Raumtemperatur und Mischen der beiden Stoffe in einer
Spritze. Gelang die schwierige Injektion in die Schwanzvene nicht sofort und gelangte
ein Teil der Farbstoffe ins paravasale Gewebe statt in die Vene, so wurde von Fall zu
Fall, erst nach Mikroskopieversuch entschieden, ob mehr Farbstoff gegeben wurde.
FITC-Dextran
Der aus der Augenheilkunde bekannte Farbstoff Fluorescein emittiert bei Anregung
durch Licht von 476nm Wellenlänge Licht in einer Wellenlänge von 518nm (sekundäre
Fluoreszenz). Es wurde als Fluorescein-Iso-Thio-Cyanat an hochmolekulares Dextran
gebunden, 5%ig in einer Dosis von 200mg/kg KG, verwendet. Dieses verteilt sich
gleichmäßig im Blutplasma und gelangt nur langsam nach extravasal. Dadurch lassen
sich die Blutgefäße gut erkennen. Da sich die zellulären Bestandteile des Blutes nicht
anfärben, heben sie sich im Negativkontrast vom Plasma ab. Dadurch wird die Flußge-
schwindigkeit des Blutes meßbar (s.u.). Zugleich werden Arterien und Venen voneinan-
der unterscheidbar, da Arterien einen eher dünnen Durchmesser mit hoher
Flußgeschwindigkeit, dünne Venen aber eine geringe Flußgeschwindigkeit haben.
FITC-Dextran wird durch die Niere ausgeschieden, ein Teil des Fluoresceins wandert
aber in den Extravasalraum und wird hier nur sehr langsam ausgewaschen. Das führt
dazu, daß bei der zweiten und dritten Beobachtung zunehmend mehr Fluorescein extra-
vasal lag und die Bildqualität verschlechterte.
Rhodamin 6G
Die Anregungswellenlänge von Rhodamin liegt bei 547nm, die Emissionswellenlänge
bei 616nm. Rhodamin 6G bindet selektiv an Leukozyten. Es ermöglicht so, diese Zellen
Seite 24
Kapitel 3.7 Verwendete intravital-Farbstoffe
im Fluß zu beobachten und zu zählen. Da die FITC-Dextran-Darstellung die
Flußgeschwindigkeit abschätzen läßt, kann durch den Vergleich mit der
Geschwindigkeit eines Leukozyten bestimmt werden, ob er frei im Plasma
mitschwimmt oder ob er durch Zell-Zell-Kontakte zum Endothel gebremst wird. So
wird ein indirekter Schluß auf die Adhäsionsneigung zwischen Endothel und Leukozyt
möglich. Das Rhodamin 6G wurde ebenfalls in 5%iger Lösung mit 2mg/kgKG
appliziert.
3.8 Lagerung der Maus
Zum Mikroskopieren wird das Tier, Bauch nach unten, auf eine flache Grundplatte
gelegt und von oben durch ein halbrundes Gegenstück mit geringem Druck fixiert.
Neben der Maus ist auf der Grundplatte ein kleiner Tisch so angebracht, daß darauf ein
Ohr der Maus, ohne an seiner Basis abzuknicken, abgelegt werden kann. Wir haben
grundsätzlich immer das rechte Ohr verwendet. Das Mausohrmodell wurde von
ERIKSSON 1980 erstmals beschrieben. Bei unserem Aufbau handelt es sich um eine
Abwandlung nach Barker 1989 (und 1987), die durch das Ohr an der frontalsten, der
lateralsten und der caudalsten Stelle drei Fäden gezogen und das Ohr mit diesen an dem
Tisch fixiert haben. Um Störeinflüsse durch das mit den Fäden einhergehende Trauma
auszuschalten, wurden die Ohren bei unseren Versuchen statt durch Fäden nur durch die
Adhäsionskraft von Wasser auf dem Tisch festgehalten. Nachdem ein Tropfen Wasser
auf den Beobachtungstisch aufgebracht wurde, muß dazu das Ohr glatt aber ohne Zug
auf den Tropfen gelegt werden. Watteträger (Wattestäbchen) eignen sich dabei
hervorragend sowohl zum vorsichtigen Manipulieren des empfindlichen Ohres als auch
zum Absaugen von überschüssigem Wasser. Falten im oder Luftblasen unter dem Ohr
müssen bestmöglich vermieden werden. Unter Narkosebedingungen erreicht man so
eine hinreichende Stabilität um ein ruhiges Bild und eine sichere Führung mit dem
Kreuztisch zu sichern. Die gesamte Befestigung zeigt Abbildung 3.2, für deren
Erstellung ich Frau Anna Hoffmann (Neunkirchen) sehr zu Dank verpflichtet bin. Das
Ohr ist in dieser Anordnung einer Auflichtmikroskopie zugänglich, wegen der geringen
Stabilität dieser atraumatischen Ohrbefestigung war eine Narkose der Tiere bei der
Untersuchung unumgänglich.
Seite 25
Kapitel 3.8 Lagerung der Maus
Abb. 3.2: Lagerung der Maus zur Mikroskopie (Zeichnung: Anna Hoffmann, Neunkirchen).
3.9 Mikroskopie
Das umgebaute Spezialmikroskop der Firma Zeiss (Axiotech vario) erlaubt
Fluoreszenz-Auflichtmikroskopie in verschiedenen Spektralbereichen mit
Videodokumentation. Aus dem starken Licht einer Quecksilberdampflampe wird der
zum Anregen des jeweiligen Farbstoffs nötige Wellenlängenbereich durch einen Filter
isoliert und durch das Beobachtungsobjektiv von oben genau auf den eingestellten
Bereich des Mausohres geworfen. Trifft dieser auf den Farbstoff, so wird der Farbstoff
angeregt und sendet Licht in einer anderen, spezifischen Wellenlänge aus (sekundäre
Fluoreszenz). Dieses Licht wird von demselben Beobachtungsobjektiv wieder
aufgenommen und durch einen zweiten Filter, der wieder nur diese Wellenlänge
durchläßt, wahlweise ins Okular oder auf eine CCD-Kamera gelenkt. Da das anregende
und das emittierte Licht verschiedene Wellenlängenbereiche haben, und die beiden
Filter jeweils nur diesen Bereich durchlassen, kann nur von dem Farbstoff emitiertes
Licht gesehen werden. Alle Bereiche des Ohres, in denen sich kein Fluoreszenzfarbstoff
befindet erscheinen deshalb schwarz. Die beiden verwendeten Farbstoffe arbeiten
jeweils mit verschiedenen Lichtfrequenzen und brauchen deshalb zwei verschiedene
Seite 26
Kapitel 3.9 Mikroskopie
Filterkombinationen. Beide Filterpaare befinden sich an dem Mikroskop in einem
Filterschieber und können so, ohne den Beobachtungsbereich zu verändern, schnell
gewechselt werden. Je nach Stellung des Filterschiebers gelangt also entweder das
Plasma-Bild oder das Leukozyten-Bild in die CCD-Kamera (Kappa CF8/1 FMC). Die
Kamera wandelt das auftreffende Licht in ein Videosignal um, das mit einem S-VHS-
Rekorder (Panasonic AG-7355) aufgenommen und gleichzeitig auf einem Videomonitor
(Panasonic BT-H1450y) sichtbar gemacht wird. Gleichzeitig mit den Bildern wird ein
Zeitsignal (Timecode) auf dem Band aufgenommen. Zum späteren genauen Vermessen
der aufgenommenen Bilder und Zeiten ist der S-VHS-Rekorder mit einem Computer
verbunden. Der schematisierte Aufbau des Mikroskops ist in Abbildung 3.3 noch
einmal zusammengefaßt.
Abb. 3.3 Schematischer Aufbau des Mikroskops und der Videodokumentationseinheit.
3.10 Dokumentation
Nach Gabe der Farbstoffe und Lagerung der Maus auf der Grundplatte, wurde sie in das
Mikroskop gelegt, wo die gesamte Grundplatte mit dem Kreuztisch bewegt werden
kann. Die Beobachtung erfolgte auf dem angeschlossenen Monitor bei abgedunkeltem
Raum, das Videoband lief kontinuierlich mit. Die Empfindlichkeits- und der Kontrast-
einstellungen der Kamera wurden jeweils so eingestellt, daß ein jeweils subjektiv
optimal erscheinendes Bild entstand.
Zunächst wurde im Fluorescein-Bild eine geeignete Vene gesucht (Beispiel Abb. 3.4).
Dazu wurde das Ohr von vorne nach hinten S-förmig abgesucht, wobei der
Seite 27
CCD
Hg-Dampf-Lampe
Filter
Filt
er
Objektiv
Kapitel 3.10 Dokumentation
Tiefenbereich am Mikrotrieb durchfokussiert wurde, um möglichst das ganze Ohr zu
erfassen. Die Bereiche der Ohrwurzel sind wegen ihrer Dicke und großen Blutdichte
dabei nicht zu verwenden. Als geeignet bezeichnen wir dabei Venen, die in einem
hinreichend langen Stück in einer Schärfeebene verliefen, die nicht durch
darüberliegende Zellen oder Haarbälge (die auch bei unseren, an sich haarlosen, Mäusen
an der vorderen Ohrspitze vorhanden waren) unscharf wurden und die einen konstanten
Blutfluß aufwiesen. Es gibt einige Gefäße, in denen der Blutfluß intermitierend immer
wieder erlahmt. Bei der Betrachtung des Rhodamin-(Leukozyten-)Bildes (Beispiel Abb.
3.5) kann man in solchen Gefäßen nicht unterscheiden, ob ein Leukozyt stehen bleibt,
weil er temporär adhärent ist oder weil das ganze Blut temporär nicht fließt. Wir haben
deshalb nur solche Gefäße in unsere Untersuchung eingeschlossen, bei denen wir
aufgrund der Fluorescein-Bildes den sicheren Eindruck hatten, daß der Blutfluß konstant
war. Bei der zweiten und dritten Beobachtung fand sich ungleichmäßig verteiltes
Fluorescein im Extravasalraum. Hier wurde bei der Auswahl der Venen darauf geachtet,
daß das benachbarte Gewebe nicht stärker als nötig fluoreszierte, um die Messung des
Gefäßdurchmessers so wenig wie möglich zu stören. Außerdem durften keine zu
komplexen Gefäßkonvolute ausgewählt werden, um später die Leukozyten allein
aufgrund ihres Ortes eindeutig einem Gefäß zuordnen zu können. Vom Aspekt der
Schärfe her ließen sich die kaudalen Teile des Ohres meist besser darstellen als die
cranialen.
Nachdem eine Vene ausgewählt und optimal scharf gestellt war, blieb sie etwa 30
Sekunden im Bild. Damit wurde reichlich Bildmaterial für die spätere Messung der
Flußgeschwindigkeit gesammelt und das spätere Auffinden der relevanten Bilder auf
den Videos vereinfacht. Zugleich wurde natürlich auch über diesen repräsentativen
Zeitraum die Konstanz des Blutflußes beobachtet.
Nach dem Aufnehmen dieses Bildes wurden die Filter für das Rhodamin-Bild in den
Strahlengang eingeschoben und die Kamera an die dunkleren Lichtverhältnisse
angepaßt. Dadurch wurden die Leukozyten in dem vorher eingestellten Gefäß als weiße,
zumeist wandernde, Punkte sichtbar. Während der nächsten dreißig bis neunzig Sekun-
den wurden diese Leukozytenbilder nur auf Videoband aufgenommen. Das
Klassifizieren und Zählen der Leukozyten fand nie beim Mikroskopieren, sondern
Seite 28
Kapitel 3.10 Dokumentation
immer erst später anhand der Videobänder und mit der Möglichkeit des Zurückspulens
und der Zeitlupe statt.
Danach wurden wieder die Filter für das Fluorescein-Bild in den Strahlengang gescho-
ben, die Kamera an die Helligkeit angepaßt und eine neue Vene gesucht. Es wurde dabei
versucht, bei allen Tieren große, mittlere und kleine Venen zu untersuchen. Beim
Erreichen des kaudalen Endes des Ohres wurde die Beobachtung im allgemeinen abge-
brochen. Nur wenn erst wenig Bildmaterial gewonnen wurde und wir glaubten, weiter
vorne am Ohr doch noch weitere brauchbare Venen zu finden, wurden die cranialeren
Bereiche ein zweites Mal abgesucht.
Abschließend wurden die Tiere zum Aufwachen in eine möglichst reizarme Umgebung
gebracht.
Abb. 3.4 Darstellung eines venösen Gefäßes im Mausohr durch Fluoreszenz von imPlasma verteiltem Fluorescein.
Seite 29
Kapitel 3.10 Dokumentation
Abb. 3.5 Darstellung von Leukozyten im in Abbildung 3.4 dargestellten Gefäß durchFluoreszenzfärbung mit Rhodamin 6G.
3.11 Auswertung
Zeitlich getrennt von den Beobachtungen wurden die Videoaufnahmen nach geeigneten
Venen abgesucht. Wie die Bildgewinnung, so teilte sich auch die Auswertung in eine
FITC- und eine Rhodaminphase.
Auswertung der FITC-Bilder
Zunächst wurde jede Vene noch einmal daraufhin beobachtet, daß sie während der
gesamten FITC-Beobachtung einen konstanten Blutfluß aufwies. Dann wurde in einer
Zeitlupen- bzw. Einzelbilddarstellung eine Blutzelle (schwarze Aussparung im hellen
Fluorescein) gesucht, die sich über mehrere Bilder hinweg im Blutfluß verfolgen ließ.
Die folgende Auswertung fand computergestützt mit Hilfe der Software Lobulus® 2.0
von Medical Vision Systems statt.
1. Das erste Bild, auf dem die Zelle zu erkennen war, wurde digitalisiert, d.h. in ein auf
dem Computer darstellbares Format gebracht. In einem ersten Schritt, wurden auf
dem Bild Strukturen mit der Mouse nachzeichnen, anhand derer sich der dargestellte
Ausschnitt später exakt rekonstruieren ließ (in Schritt 5.).
Seite 30
Kapitel 3.11 Auswertung
2. In dem von der Zelle durchflossenen Stück der Vene wurden mit der Mouse mehrere
Gefäßdurchmesser eingezeichnet. Die Längen dieser Strecken wurden vom Computer
in Originallängen im Mausohr umgerechnet, und die verschiedenen Werte unterein-
ander gemittelt. Das Mittel aus den verschiedenen Strecken gilt von nun an als
Durchmesser der Vene.
3. Als letztes an diesem ersten Bild wurde die Position der zu verfolgenden Zelle
markiert.
4. Der Fluß der Zelle durch das Gefäß wurde dann über so viele Bilder wie möglich
verfolgt. Das letzte Bild, auf dem sich die Position der Zelle eindeutig erkennen ließ,
wurde wiederum digitalisiert und in Lobulus® wie folgt weiter behandelt.
5. Die nachgezeichneten Strukturen vom ersten Bild (siehe 1.) wurden nun in das
zweite Bild eingeblendet. Hatte sich der Bildausschnitt inzwischen leicht verschoben,
so deckte sich die Zeichnung nicht mehr mit den Bildstrukturen und die
Verschiebung wurde korrigiert.
6. Die inzwischen von der verfolgten Zelle (aus 3.) erreichte Position, sowie der Weg,
den sie durch das Bild gewandert war, wurden mit der Mouse markiert.
Aufgrund dieser Angaben zusammen mit dem Zeitsignal errechnete der Computer
folgende Werte:
1. Weg, den die Zelle zurückgelegt hatte, und die dafür benötigte Zeit.
2. Die Geschwindigkeit der Zelle, also Flußgeschwindigkeit in der Vene.
3. Aus der Flußgeschwindigkeit und dem Durchmesser der Fluß, also das Blutvolumen
pro Zeiteinheit.
Aufgrund der Bildunschärfe und der Täuschungsgefahr wurde diese Messung
mindestens dreimal pro Vene wiederholt und die Werte gemittelt. Lagen die Werte
weiter auseinander als subjektiv erreichbar schien, wurde die Messung weiter wiederholt
und schließlich alle Werte, die nicht als Ausreißer imponierten, gemittelt. Dennoch ist
insbesondere die Flußmessung aufgrund folgender Schwierigkeiten stark fehlerbehaftet:
(1.) Der durch Epithelartefakte besonders ungenaue Gefäßdurchmesser geht im Quadrat
in die Formel für die Flußmessung ein, und (2.) geht die von Lobulus® verwendete
Formel für den Fluß 2*4
* dvFπ= von einer gleich großen Flußgeschwindigkeit in
Seite 31
Kapitel 3.11 Auswertung
allen Bereichen der Vene aus. Mit zunehmendem Gefäßdurchmesser dürfte aber die
Flußgeschwindigkeit zentral größer sein als am Rand des Gefäßes (Grenzwert: laminare
Strömung). Die „leukozytenorientierten“ Messungen, in die diese Fehler der
Flußmessung nicht eingehen, sind also im Zweifelsfall zuverlässiger als die
„flußbezogenen“, in die Flüsse ein gehen (Begriffsdefinitionen „leukozyten-“ oder
„flußorientiert“ in Kapitel 4.0).
Auswertung der Rhodamin-Bilder
Im Gegensatz zu den FITC-Bildern erfolgte die Auswertung der Rhodamin-Bilder rein
visuell und bis auf die Längenmessung ohne Computerunterstützung. Jeder beobachtete
Leukozyt im Gefäß wurde einem der drei folgenden Typen zugeordnet und die Anzahl
der Leukozyten jedes Typs gezählt:
1. Frei-fließende Leukozyten waren solche, die mit hoher und weitgehend konstanter
Geschwindigkeit durch das Gefäß flossen. Zugleich alle Leukozyten, die nicht einem
anderen Typ zugeordnet wurden.
2. Temporär adhärent nennen wir Leukozyten, die zwar kurzfristig an der Gefäßwand
anhielten, um dann aber bald weiter frei zu fließen. Mehrfache temporäre Adhärenz
innerhalb eines Beobachtungsintervalls ist eher die Regel.
3. Roller nennen wir Leukozyten, die zwar durch ihren Kontakt zum Endothel gebremst
werden, sich aber mit verminderter Geschwindigkeit an ihm entlang bewegen. Zellen,
die während ihrer Beobachtung sowohl freies und/oder temporär adhärentes Verhal-
ten und Rollen gezeigt haben, wurden nach dem stärksten Grad erreichter Adhärenz
als Roller klassifiziert.
4. Leukozyten, die während der gesamten Beobachtungsspanne oder höchstens bis auf
einen vernachlässigbar geringen Anteil der Beobachtungszeit bewegungslos am En-
dothel hafteten nennen wir Sticker, nach dem englischen Wort to stick = kleben.
Eine schematische Darstellung dieser Verhaltensweisen findet sich in Abb. 3.6. Zudem
wurde die Beobachtungsdauer und die Länge des beobachteten Abschnitts festgehalten.
Zum Erreichen bestmöglicher Beobachtungsbedingungen wurde auch hier je nach
Bedarf Gebrauch von Zeitlupe, Einzel- und Standbildfunktion gemacht.
Seite 32
Kapitel 3.11 Auswertung
a) frei fließend b) temporäradhärent
c) rollend d) ortsfest "stickend"
Leukozyten-Endothel-Interaktion in der Intravitalmikroskopie:
EndothelBlut
Endothel
BM
Blut
Abb. 3.6: Schematische Darstellung der vier möglichen, lichtmikroskopisch beobachtbaren Ausprägungen
(Typen) der Leukozyten-Endothel-Interaktionen.
Seite 33
Kapitel 4. Ergebnisse
4. Ergebnisse
4.0 Aufbau der Ergebnisdarstellung
Die erhobenen Daten lassen sich auf verschiedene Arten miteinander verrechnen, um
einen Vergleich der verschiedenen Beobachtungsgruppen zu ermöglichen. Die verschie-
denen Rechnungen haben jeweils ihre Vor- und Nachteile und werden deshalb hier
nacheinander behandelt. Die Darstellung der Ergebnisse ist wie folgt aufgebaut:
Kapitel 4.1 nennt die Zahlen der jeweils untersuchten Tiere bzw. Venen.
Kapitel 4.2 bis 4.5 erläutern die verschiedenen Untersuchungen zur Adhäsionsneigung.
Die vier Kapitel ergeben sich aus zweimal zwei Ansätzen der Auswertung, die im
Folgenden als ”tierorientiert” versus ”venenorientiert” und ”leukozytenorientiert” versus
”flußorientiert” bezeichnet werden sollen.
1: leukozytenorientiert 2: flußorientiert
A: tierbezogen Kapitel 4.2 Kapitel 4.3
B: venenbezogen Kapitel 4.4 Kapitel 4.5
Tab. 4.0.1: Ordnung der Darstellungen in Kapitel 4.2 bis 4.5
A - Tierorientierte Darstellung: Unter der Annahme, daß der biologische Organismus
als Ganzes zu behandeln sei, und unter der Vorstellung, daß die Adhäsionsneigung
nach KM-Verabreichung im ganzen Tier zunimmt, werden die Meßwerte der
verschiedenen Venen jedes Tieres zunächst zu einem gemeinsamen Wert für das
jeweilige Tier gemittelt. Diese, die einzelnen Mäuse beschreibenden Werte, werden
dann jeweils für die Tiere einer Versuchsgruppe erneut gemittelt und die so
gefundenen Werte miteinander verglichen. Dadurch gehen die Messergebnisse von
Tieren, in denen wenige Venen ausgemessen wurden, gleichwertig zu solchen Tieren
ein, in denen viele Venen gemessen wurden.
B - Venenorientierte Darstellung: Unter der Annahme, daß die verschiedenen Venen
eines Tieres unabhängig voneinander ihre Adhäsionsneigung erhöhen können, ist
folgendes denkbar: Vielleicht erhöht sich -kontrastmittelabhängig- die
Adhäsionsneigung nur in einigen Venen der jeweiligen Tiere, bleibt aber in anderen
normal. Beim Prozeß der Mittelwertbildung innerhalb des Tieres könnte dieser Effekt
Seite 34
Kapitel 4.0 Aufbau der Ergebnisdarstellung
unsichtbar werden. Deshalb werden bei der venenorientierten Darstellung alle Venen
einer Untersuchungsgruppe gleichwertig gemittelt, egal in welchem Tier sie
beobachtet wurden.
1 - Leukozytenorientierte Darstellung: Da die Beobachtungen in verschieden großen
Gefäßen und über verschieden lange Zeiträume und Strecken erfolgte, müssen die er-
hobenen Daten, um vergleichbare Werte zu erhalten, durch geeignete Quotienten-
bildung normiert werden. Dies gelingt am einfachsten, indem man die Zahl der Leu-
kozyten eines Typs (z.B. Roller) an der Zahl der insgesamt in diesem Gefäß (in
diesem Zeitraum etc.) gezählten, nicht-stickenden Leukozyten normiert. Bei den
Stickern muß zusätzlich noch eine Normierung an der Gefäßstrecke und der Zeit vor-
genommen werden. Im Detail werden die Quoten in der leukozytenorientierten Dar-
stellung wie folgt gebildet:
FreieFreie
Freie Temp Roller
TempTemporäre
Freie Temp Roller
RollerRoller
Freie Temp Roller
StickerSticker
StreckeFreie Temp Roller
Zeit
_( . )
*
_( . )
*
_( . )
*
_*
. *
1 100
1 100
1 100
1 1000
=+ +
=+ +
=+ +
= + +
Die Multiplikation mit 100 bzw. 1000 dient dazu, handlichere Zahlen zu erhalten.
Die leukozytenorientierte Darstellung kommt ohne die Messungen im FITC-Bild aus
und enthält daher auch deren Fehler nicht. Sie funktioniert auch, wenn in
verschiedenen Tieren verschiedene Anteile der Leukozyten gefärbt werden, solange
alle Klassen von Leukozyten gleichmäßig angefärbt werden. Der sensitivste
Parameter für die Zunahme von Adhäsionsneigung ist die Abnahme von Freie_1, da
hier Zunahme von Temporären und Rollern zusammen eingeht. Statistische Tests
werden wir deshalb nur auf „Freie_1“ und „Sticker_1“ anwenden.
Seite 35
Kapitel 4.0 Aufbau der Ergebnisdarstellung
2 - Flußorientierte Darstellung: Bei der flußorientierten Darstellung werden die
Flußmessungen im FITC-Bild berücksichtigt. Es wird untersucht, wieviele Leu-
kozyten jeder Klasse pro Blutvolumen gezählt wurden. Im Detail wurden folgende
Quotienten aufgestellt:
FreieFreie
Zeit Fluss
TempTemporäreZeit Fluss
RollerRoller
Zeit Fluss
StickerSticker
Länge Fluss
_*
* .
_*
* .
_*
* .
_*
* . .
2 10 000
2 10 000
2 10 000
2 1000 000
=
=
=
=
Zeit*Fluß ist immer das jeweils beobachtete Blutvolumen. Die Zahl der Sticker ver-
ändert sich definitionsgemäß nicht mit der Zeit, wohl aber mit der Länge des beob-
achteten Venenabschnitts. Zugleich ist die Zahl der Leukozyten, die am Endothel
entlang fließen, und somit eine Chance haben, kleben zu bleiben, proportional zum
Fluß.
Diese Werte enthalten die Fehler der Flußmessung. Sie haben aber gegenüber der
leukozytenorientierten Darstellung folgenden Vorteil: Sollte es, im Rahmen einer
durch die KM’s hervorgerufenen Immunreaktion, zu einer Leukozytose kommen,
also zu einer Erhöhung der Leukozytenkonzentration, dann würde diese in der
flußorientierten Darstellung auffallen, während sie (bei gleicher Verteilung der
Leukozytenklassen) in der leukozytenoriertierten Darstellung weggekürzt würde.
Analog zur leukozytenorienterten Darstellung versprechen auch hier der „Freien“-
und „Sticker“-Index die besten Ergebnisse, daher werden wir auch hier statistische
Tests nur auf Freie_2 und Sticker_2 anwenden.
Da also sowohl die Ansätze A und B wie auch die Ansätze 1 und 2 jeweils Vorteile ha-
ben, und durch die jeweils andere nicht ersetzt werden können, wurden alle vier sich
daraus ergebenden Untersuchungen durchgeführt. Ihre Verteilung auf die folgenden Ka-
pitel ergeben sich aus Tab. 4.0.1.
Kapitel 4.6 enthält Wertetabellen zu den Grafiken.
Seite 36
Kapitel 4.0 Aufbau der Ergebnisdarstellung
Die grafische Datenaufbereitung in den tierbezogenen Kapiteln 4.2 und 4.3 erfolgt als
Balkengrafik. Die “Antennen” der Balken geben den Standardfehler des Mittelwertes
an.
Die grafische Datenaufbereitung in den venenbezogenen Kapiteln kann wegen der
hinreichend großen Zahl der untersuchten Venen (im Gegensatz zu relativ wenigen
Mäusen in der tierorientierten Darstellung) in Box&Whisker-Plots erfolgen. Der breite
mittlere Balken im Box&Whisker-Plot (kurz: Box-Plot) stellt den Median dar, die obere
und untere Grenze der Box das 3. bzw. 1. Quartil. Die senkrechten Linien, “Whiskers”,
decken einen Bereich ab, der 1,5 Interquartilsspannweiten jenseits des 1. bzw. 3.
Quartils umfaßt. Alle Werte außerhalb dieses Bereichs werden als Ausreißer
klassifiziert und extra als Punkte ins Diagramm eingetragen. Der Vorteil dieser
Darstellung liegt darin, daß man über die Lage des Medians hinaus einen Eindruck von
der Verteilung der Werte und von Ausreißern erhält.
4.1 Anzahl der untersuchten Tiere
Einige Tiere sind zwischen zwei Beobachtungsterminen gestorben, ohne daß die Todes-
ursache geklärt werden konnte. Bei anderen Tieren konnten zu wenigen Zeitpunkten
zwar Bilder gewonnen, diese wegen schlechter Qualität durch Extravasation oder
Epithelartefakte aber nicht ausgewertet werden. Zudem hatte die Gruppe 4-Imeron 300
mit der größten Jodkonzentration zu Beginn acht Tiere, alle anderen Gruppen fünf
Tiere.
In der Gruppe 1-NaCl wurde ein Tier von der Auswertung ausgeschlossen. Es zeigte
extrem hohe Stickerzahlen, deutlich über allen anderen untersuchten Tieren, sowohl der
eigenen als auch der Kontrastmittelgruppen. Da diese nicht durch das NaCl erklärt
werden können, müssen wir von einer Störgröße, z.B. einer Erkrankung der Maus
ausgehen.
Seite 37
Kapitel 4.1 Anzahl der untersuchten Tiere
Die Zahl der jeweils ausgewerteten Tiere und Venen ist in Tab. 4.1.1 aufgeführt, die
Gründe für ausgefallene Tiere in Tab. 4.1.2.
n = NaCl Visipaque 150 Imeron 150 Imeron 300 Summe(1) – nach 24 h 4 (25) 5 (28) 5 (30) 8 (52) 22 (135)(2) – nach 36 h 3 (13) 3 (16) 5 (28) 6 (41) 17 (98)(3) – nach 48 h 3 (12) 3 (12) 4 (32) 6 (44) 16 (100)
Tab. 4.1.1 Zahl der auswertbaren Mäuse nach Gruppe und Beobachtungszeitpunkt
geordnet, Zahl der ausgewerteten Venen in Klammern.
NaCl: 1 Tote, 1 von der Messung ausgeschlosseneVisipq: 1 Tote, 2 zu verschiedenen Zeiten Nicht-Messbare Im150: 1 Nicht-MessbareIm300: 1 Tote, 1 technischer Fehler.
Tab. 4.1.2 Gründe für das Ausscheiden von Tieren, sortiert nach Gruppen
Seite 38
Kapitel 4.2 Tierorientiert-leukozytenbezogene Darstellung
4.2 Tierorientiert-leukozytenbezogene Darstellung
Die zum Teil sehr großen Fehlerbalken in den Abbildungen sind durch die begrenzten
Tierzahlen bedingt. Insbesondere die Standardfehler in den Sticker-Auszählungen ma-
chen eine Interpretation der Abweichungen der Mittelwerte unsinnig.
Die Betrachtung der Frei-Fließenden zeigt folgendes: Nach 24 h zeigen Visipaque®150
und Imeron®150 genau so hohe Anteile Frei-Fließender wie NaCl (um die 90%). Ledig-
lich das hyperosmolale Imeron®300 zeigt eine deutliche Verschiebung der Leukozyten
weg von den Frei-Fließenden, hin zu Temporär-Adhärenten und Rollern.
Nach 36 h und 48 h zeigt sich eine Abnahme der Frei-Fließenden gegenüber der NaCl-
Gruppe in allen Kontrastmittelgruppen. Ein inflammatorischer Effekt der Röntgen-
kontrastmittel nach mehr als einem Tag liegt also vor!
Seite 39
Kapitel 4.2 Tierorientiert-leukozytenbezogene Darstellung
nach 24 h nach 36 h nach 48 h
FreiFließende
NaClVisipq 150
Imeron150Imeron300
0
20
40
60
80
100
NaClVisipq150
Imeron150Imeron300
0
20
40
60
80
100
NaClVisipq150
Imeron150Imeron300
0
20
40
60
80
100
TemporärAdhärente
NaClVisipq 150
Imeron150Imeron300
0
5
10
15
20
25
NaClVisipq150
Imeron150Imeron300
0
5
10
15
20
25
NaClVisipq150
Imeron150Imeron300
0
5
10
15
20
25
Roller
NaClVisipq 150
Imeron150Imeron300
0
5
10
15
20
25
NaClVisipq150
Imeron150Imeron300
0
5
10
15
20
25
NaClVisipq150
Imeron150Imeron300
0
5
10
15
20
25
Sticker
NaClVisipq 150
Imeron150Imeron300
0
10
20
30
40
NaClVisipq150
Imeron150Imeron300
0
10
20
30
40
NaClVisipq150
Imeron150Imeron300
0
10
20
30
40
Abb. 4.2.1: Tierorientiert-leukozytenbezogene Darstellung, also Daten jeder Maus gemittelt, danngemittelt unter den Mäusen. Leukozyten bezogen auf andere Leukozyten.
Seite 40
Kapitel 4.3 Tierorientiert-flußbezogene Darstellung
4.3 Tierorientiert-flußbezogene Darstellung
In die Flußmessung gehen verschiedene Fehler ein. Insbesondere Fehler bei der
Messung des Gefäßdurchmessers gehen quadratisch ein. Leider dürften gerade diese
durch FITC-Extravasation immer ungenauer werden. Niedrige Werte in dieser
Darstellung können außer durch niedrige Leukozytenzahlen natürlich auch durch hohe
Plasmaflußmengen, z.B. durch falsch große Gefäßdurchmesser, entstehen.
Bei den Frei-Fließenden nach 24 h fällt auf, daß mit zunehmender theoretischer
Toxizität (NaCl<Visipaque®<Imeron®150<Imeron®300) entweder weniger
Leukozyten oder höhere Flüsse auftreten. Nach 36 h weisen die Iomeprol-Gruppen
weniger freie Leukozyten oder höhere Flüsse auf als NaCl und Iodixanol.
Erstaunlich ist, daß sich die Frei-Fließenden nach 48 h auf einem gemeinsamen Niveau
um 0,2 bis 0,3 sammeln, daß deutlich unter dem NaCl-Wert nach 24 h liegt. Eine ein-
deutige Erklärung hierfür läßt sich nicht bestimmen.
Seite 41
Kapitel 4.3 Tierorientiert-flußbezogene Darstellung
nach 24 h nach 36 h nach 48hFreiFließende
NaClVisipq150
Imeron150
Imeron300
0,0
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
NaClVisipq150
Imeron150Imeron300
0,0
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
NaClVisipq150
Imeron150Imeron300
0,0
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
TemporärAdhärente
NaClVisipq150
Imeron150Imeron300
0,00
0,02
0,04
0,06
0,08
0,10
NaClVisipq150
Imeron150Imeron300
0,00
0,02
0,04
0,06
0,08
0,10
NaClVisipq150
Imeron150Imeron300
0,00
0,02
0,04
0,06
0,08
0,10
Roller
NaClVisipq150
Imeron150Imeron300
0,00
0,02
0,04
0,06
0,08
0,10
NaClVisipq150
Imeron150Imeron300
0,00
0,02
0,04
0,06
0,08
0,10
NaClVisipq150
Imeron150Imeron300
0,00
0,02
0,04
0,06
0,08
0,10
Sticker
NaClVisipq150
Imeron150Imeron300
0,0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
NaClVisipq150
Imeron150Imeron300
0,0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
NaClVisipq150
Imeron150Imeron300
0,0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
Abb. 4.3.1: Tierorientiert-flußbezogene Darstellung, also Daten jeder Maus gemittelt, dann gemittelt unterden Mäusen. Leukozyten bezogen auf Blutfluß.
Seite 42
Kapitel 4.4 Venenorientiert-leukozytenbezogene Darstellung
4.4 Venenorientiert-leukozytenbezogene Darstellung
Auch die venenorientierte Darstellung zeigt noch einmal deutlich, was schon in Kapitel
4.2 zu erkennen war: Das hyperosmolare Imeron®300 zeigt nach 24 h eine deutliche
Abnahme der Frei-Fließenden zugunsten von Temporär-Adhärenten und Rollern
(Abnahme der Frei-fließenden gegenüber der NaCl-Gruppe p=0,017). Auch bei den
Stickern_1 zeichnet sich eine höhere 75%-Perzentile und vor allem eine hohe Zahl
Ausreißer nach oben ab.
Zugleich zeigen sich bei den isoosmolaren Kontrastmitteln nach 24 h keine Verände-
rungen gegenüber der NaCl-Gruppe(p=0,946 und p=0,626). Erst nach 36 h und 48 h
zeigen alle Kontrastmittelgruppen verminderte Frei-Fließende Leukozyten und
vermehrte Temporär-Adhärente bzw. Roller. Zugleich findet sich bei dem Dimer
Visipaque®150 keine stärkere Reaktion als bei den Monomeren der Imeron®-Gruppen.
Irrtumswahrscheinlichkeiten für Verschiedenheit Freie_1von NaCl-Gruppe :
nach 24h nach 36h nach 48hVisipaque® 150 p=0,964 p=0,010 p=0,223Imeron® 150 p=0,626 p=0,013 p=0,040Imeron® 300 p=0,017 p=0,127 p=0,039Tab. 4.4.1 Irrtumswahrscheinlichkeiten für Verschiedenheit der Freien_1 von der NaCl-Gruppe beizweiseitigem Wilcoxon Rangsummentest mit SPSS.
In der Darstellung der Sticker_1 zeigt sich eine immens hohe Zahl an Ausreißern, insbe-
sondere in der Imeron®300-Gruppe. Prinzipiell kann natürlich auch von wenigen Gefä-
ßen eine Entzündungsreaktion ausgehen. Dieselben Venen können natürlich bei Mittel-
wertbildung und besonders Medianbildung versteckt werden. Dem recht einheitlichen
Bild der Grafik entsprechend fallen auch alle statistischen Tests negativ aus (Sticker_1 -
Imeron 300 nach 24h p=0,065, Imeron 150 nach 36h p=0,156, sonst deutlich größer.)
Seite 43
Kapitel 4.4 Venenorientiert-leukozytenbezogene Darstellung
444152 322830 121628 121325N =
Zeitpunkt der Untersuchung
nach 48h
nach 36h
nach 24h
FRE
IE_1
100
80
60
40
20
0
Gruppe
NaCl
Visipq150
Im150
Im300
Abb. 4.4.1: Venenorientiert-leukozytenbezogene Darstellung der frei-fließenden Leukozyten pro nicht-stickende Leukozyten.
444152 322830 121628 121325N =
Zeitpunkt der Beobachtung
nach 48h
nach 36h
nach 24h
TEM
P_1
100
80
60
40
20
0
Gruppe
NaCl
Visipq150
Im150
Im300
Abb. 4.4.2: Venenorientiert-leukozytenbezogene Darstellung der temporär-adhärenten Leukozyten pronicht-stickende Leukozyten.
Seite 44
Kapitel 4.4 Venenorientiert-leukozytenbezogene Darstellung
444152 322830 121628 121325N =
Zeitpunkt der Beobachtung
nach 48h
nach 36h
nach 24h
RO
LLE
R_1
100
80
60
40
20
0
Gruppe
NaCl
Visipq150
Im150
Im300
Abb. 4.4.3: Venenorientiert-leukozytenbezogene Darstellung der an der Gefäßwand rollenden Leukozytenpro nicht-stickende Leukozyten.
444152 322830 121628 121325N =
Zeitpunkt der Beobachtung
nach 48h
nach 36h
nach 24h
STI
CK
ER
_1
400
300
200
100
0
Gruppe
NaCl
Visipq150
Im150
Im300
Abb. 4.4.4: Venenorientiert-leukozytenbezogene Darstellung der nicht mobilen, adhärenten Leukozytengemäß Formel für Sticker_1 in Kap.4.0-1.
Seite 45
Kapitel 4.5 Venenorientiert-flußbezogene Darstellung
4.5 Venenorientiert-flußbezogene Darstellung
Bei der Betrachtung der Freien_2 in Kapitel 4.3 nach 24 h war der Mittelwert der NaCl-
Tiere deutlich höher als der der Visipaque®150-Tiere, allerdings bei hohem Standard-
fehler. In der Box-Plot-Darstellung der Freien_2 zeigt sich, daß dieser hohe Mittelwert
vor allem durch nur drei extreme Ausreißer bedingt war, (Dadurch auch der große Stan-
dardfehler), daß aber auch der Median deutlich über dem der anderen Gruppen liegt.
Es bleibt sonst aber bei der Feststellung, daß die NaCl-Werte nach 24 h deutlich höher
als nach 48 h sind, so daß von Störeinflüssen ausgegangen werden muß, die nicht ein-
deutig benannt werden können.
Zweiseitige Test auf Verschiedenheit der Freien_2 von der NaCl-Gruppe:
nach 24 h nach 36 h nach 48 hVisipaque®150 p=0,066 p=0,203 p=0,166Imeron®150 p=0,015 p=0,433 p=0,598Imeron®300 p<0,001 p=0,080 p=0,194
Die hohen Werte der Freien_2 in der NaCl-Gruppe führen offensichtlich zu
signifikanten Testergebnissen nach 24h.
Zweiseitige Test auf Verschiedenheit der Sticker_2 von der NaCl-Gruppe:
Nach 24 h Nach 36 h nach 48 hVisipaque®150 p=0,859 p=0,936 p=0,439Imeron®150 p=0,208 p=0,209 p=0,695Imeron®300 p=0,134 p=0,656 p=0,602
Deutlich unterschiedliche Sticker_2-Werte nach 24h sollen hier angesichts der großen
Schwankungen in den flußabhängigen Darstellungen und insbesondere der ungeklärt
hohen Freien_2 in dieser Gruppe zu dieser Zeit nicht überinterpretiert werden.
Seite 46
Kapitel 4.5 Venenorientiert-flußbezogene Darstellung
444152 322830 121628 121325N =
Zeitpunkt der Beobachtung
nach 48h
nach 36h
nach 24h
FRE
IE_2
6
5
4
3
2
1
0
Gruppe
NaCl
Visipq150
Im150
Im300
Abb. 4.5.1: Venenorientiert-flußbezogene Darstellung der frei-fließenden Leukozyten pro nicht-stickendeLeukozyten.
444152 322830 121628 121325N =
Zeitpunkt der Beobachtung
nach 48h
nach 36h
nach 24h
TEM
P_2
0,4
0,3
0,2
0,1
00,0
Gruppe
NaCl
Visipq150
Im150
Im300
Abb. 4.5.2: Venenorientiert-flußbezogene Darstellung der temporär-adhärenten Leukozyten pro nicht-stickende Leukozyten.
Seite 47
Kapitel 4.5 Venenorientiert-flußbezogene Darstellung
444152 322830 121628 121325N =
Zeitpunkt der Beobachtung
nach 48h
nach 36h
nach 24h
RO
LLE
R_2
0,4
0,3
0,2
0,1
00,0
Gruppe
NaCl
Visipq150
Im150
Im300
Abb. 4.5.3: Venenorientiert-flußbezogene Darstellung der an der Gefäßwand rollenden Leukozyten pronicht-stickende Leukozyten.
444152 322830 121628 121325N =
Zeitpunkt der Beobachtung
nach 48h
nach 36h
nach 24h
STI
CK
ER
_2
10
8
6
4
2
0
Gruppe
NaCl
Visipq150
Im150
Im300
Abb. 4.5.4: Venenorientiert-flußbezogene Darstellung der nicht mobilen, adhärenten Leukozyten gemäßFormel für Sticker_1 in Kap.4.0-1.
Seite 48
Kapitel 4.6 Anhang: Tabellen zu Kapitel 4.2 bis 4.5
4.6 Anhang: Tabellen zu Kapitel 4.2 bis 4.5
Tabellen zu 4.2 Tierorientiert-leukozytenorientierte ErgebnisseFreie_1 NaCl Visipaque 150 Imeron 150 Imeron 300(1) – nach 24 h 93,82 (2,24) 92,57 (3,37) 95,15 (1,76) 74,97 (9,58)(2) – nach 36 h 91,99 (3,16) 78,69 (5,35) 81,02 (5,00) 72,37(11,95)(3) – nach 48 h 87,25 (0,88) 80,55 (1,52) 69,97(12,10) 73,18 (6,54)
Temp_1 NaCl Visipaque 150 Imeron 150 Imeron 300(1) – nach 24 h 4,98 (1,56) 4,42 (2,28) 3,18 (1,13) 14,89 (4,80)(2) – nach 36 h 5,01 (1,65) 10,83 (5,42) 14,54 (5,86) 7,14 (2,81)(3) – nach 48 h 7,45 (1,67) 4,12 (2,08) 13,67 (6,03) 16,77 (4,35)
Roller_1 NaCl Visipaque 150 Imeron 150 Imeron 300(1) – nach 24 h 1,20 (1,03) 3,02 (1,43) 1,67 (0,70) 10,14 (5,63)(2) – nach 36 h 3,00 (1,78) 10,48 (2,65) 4,44 (2,41) 20,49(11,57)(3) – nach 48 h 5,29 (2,19) 15,33 (2,40) 16,36 (6,12) 10,05 (2,43)
Sticker_1 NaCl Visipaque 150 Imeron 150 Imeron 300(1) – nach 24 h 4,65 (4,65) 5,89 (4,23) 4,49 (3,72) 8,54 (4,39)(2) – nach 36 h 14,94(14,47) 10,42(10,14) 1,84 (1,53) 12,85 (6,76)(3) – nach 48 h 5,21 (5,21) 24,71(12,90) 6,01 (2,74) 17,62(15,67)Werte in Klammern sind Standardfehler des Mittelwertes. Der “wahre” Mittelwert liegt mit 68% Wahr -scheinlichkeit in einem Bereich, der um den Standardfehler um den angegebenen Wert liegt.
Tabellen zu 4.3 Tierorientiert-flußorientierte ErgebnisseFreie_2 NaCl Visipaque 150 Imeron 150 Imeron 300(1) – nach 24h 1,0003 (0,565) 0,5390 (0,206) 0,2812 (0,102) 0,0861 (0,021)(2) – nach 36h 0,7009 (0,638) 0,7118 (0,324) 0,0979 (0,027) 0,1077 (0,041)(3) – nach 48h 0,2195 (0,065) 0,2439 (0,173) 0,2806 (0,166) 0,2113 (0,089)
Temp_2 NaCl Visipaque 150 Imeron 150 Imeron 300(1) – nach 24h 0,0263 (0,005) 0,0324 (0,015) 0,0077 (0,003) 0,0230 (0,010)(2) – nach 36h 0,0263 (0,024) 0,0557 (0,018) 0,0164 (0,006) 0,0157 (0,009)(3) – nach 48h 0,0069 (0,003) 0,0109 (0,010) 0,0226 (0,007) 0,0305 (0,010)
Roller_2 NaCl Visipaque 150 Imeron 150 Imeron 300(1) – nach 24h 0,0063 (0,004) 0,0224 (0,014) 0,0050 (0,002) 0,0151 (0,009)(2) – nach 36h 0,0054 (0,004) 0,0894 (0,046) 0,0077 (0,005) 0,0241 (0,015)(3) – nach 48h 0,0040 (0,001) 0,0524 (0,029) 0,0257 (0,005) 0,0262 (0,007)
Sticker_2 NaCl Visipaque 150 Imeron 150 Imeron 300(1) – nach 24h 0,1502 (0,150) 0,2191 (0,168) 0,1896 (0,159) 0,1201 (0,056)(2) – nach 36h 0,1562 (0,088) 0,1220 (0,109) 0,0624 (0,061) 0,1286 (0,070)(3) – nach 48h 0,0961 (0,096) 0,4590 (0,402) 0,1526 (0,093) 0,4841 (0,407)Werte in Klammern sind Standardfehler des Mittelwertes. Der “wahre” Mittelwert liegt mit 68% Wahr -scheinlichkeit in einem Bereich, der um den Standardfehler um den angegebenen Wert liegt.
Seite 49
Kapitel 4.6 Anhang: Tabellen zu Kapitel 4.2 bis 4.5
Tabellen zu 4.4 Venenorientierte-leukozytenorientierte Ergebnisse
Zeitpunkt nach 24h
Freie_1: Median Interquartilbereich Mittelwert 95%KonfidenzNaCl 96,55 9,17 93,44 [90,16-96,72]Visipq 95,45 8,76 93,40 [89,92-96,88]Im150 96,71 7,44 95,45 [93,60-97,29]Im300 83,77 52,10 70,53 [63,92-81,14]
Temp_1: Median Interquartilbereich Mittelwert 95%KonfidenzNaCl 2,50 7,29 5,23 [2,26-8,20]Visipq 0,0 5,33 3,61 [1,03-6,20]Im150 1,29 4,54 3,06 [1,41-4,72]Im300 5,76 23,08 16,66 [9,96-23,36]
Roller_1: Median Interquartilbereich Mittelwert 95%KonfidenzNaCl 0,00 0,76 1,33 [-0,21-2,87]Visipq 0,00 6,36 2,99 [1,40-4,57]Im150 0,00 2,72 1,49 [0,49-2,49]Im300 0,00 12,17 10,81 [4,99-16,63]
Sticker_1: Median Interquartilbereich Mittelwert 95%KonfidenzNaCl 0,00 0,00 5,21 [-3,20-13,62]Visipq 0,00 0,00 3,94 [0,005-7,83]Im150 0,00 5,09 5,95 [-0,12-12,03]Im300 0,00 10,22 11,08 [4,78-17,37]
Zeitpunkt nach 36 hFreie_1: Median Interquartilbereich Mittelwert 95%KonfidenzNaCl 94,12 12,70 93,11 [88,22-97,99]Visipq 81,72 29,70 78,37 [69,45-87,29]Im150 83,33 21,01 81,31 [75,22-87,40]Im300 87,50 47,50 73,71 [63,83-83,60]
Temp_1: Median Interquartilbereich Mittelwert 95%KonfidenzNaCl 1,56 6,07 4,34 [0,83-7,85]Visipq 4,94 24,44 11,74 [4,28-19,20]Im150 7,66 28,32 14,12 [7,57-20,67]Im300 0,00 10,60 7,63 [2,96-12,30]
Roller_1: Median Interquartilbereich Mittelwert 95%KonfidenzNaCl 0,00 1,32 2,55 [-1,04-6,14]Visipq 7,41 13,26 9,89 [3,47-16,31]Im150 0,00 8,10 4,58 [1,88-7,27]Im300 0,00 39,35 18,66 [9,44-27,88]
Sticker_1: Median Interquartilbereich Mittelwert 95%KonfidenzNaCl 0,00 19,66 10,41 [-1,27-22,09]Visipq 0,00 17,58 11,72 [-0,23-23,68]Im150 0,00 0,00 1,69 [-0,70-4,07]Im300 0,00 0,00 14,35 [0,95-27,76]
Seite 50
Kapitel 4.6 Anhang: Tabellen zu Kapitel 4.2 bis 4.5
Zeitpunkt nach 48h:Freie_1: Median Interquartilbereich Mittelwert 95%KonfidenzNaCl 93,54 24,22 87,89 [80,33-95,43]Visipq 83,32 27,95 80,55 [70,29-90,81]Im150 79,31 36,87 71,03 [61,59-80,47]Im300 78,68 32,65 71,28 [63,89-78,68]
Temp_1: Median Interquartilbereich Mittelwert 95%KonfidenzNaCl 5,74 14,48 7,23 [2,54-12,58]Visipq 2,04 7,81 4,12 [0,53-7,71]Im150 3,83 17,80 13,08 [5,31-20,85]Im300 11,93 33,20 18,22 [12,07-24,38]
Roller_1: Median Interquartilbereich Mittelwert 95%KonfidenzNaCl 1,71 7,75 4,56 [0,69-8,43]Visipq 13,22 28,68 15,33 [6,70-23,96]Im150 8,71 26,70 15,89 [9,40-22,37]Im300 4,43 19,55 10,49 [6,7-14,28]
Sticker_1: Median Interquartilbereich Mittelwert 95%KonfidenzNaCl 0,00 14,37 9,12 [-2,00-20,24]Visipq 2,08 26,30 24,71 [-2,98-52,40]Im150 0,00 9,92 5,70 [1,88-9,53]Im300 0,00 11,70 25,51 [4,24-46,78]
Tabellen zu 4.5 Venenorientierte-flußorientierte Ergebnisse
Zeitpunkt nach 24h
Freie_2: Median Interquartilbereich Mittelwert 95%KonfidenzNaCl 0,534 0,730 0,969 [0,401-1,536]Visipq 0,267 0,896 0,491 [0,286-0,695]Im150 0,268 0,357 0,348 [0,224-0,471]Im300 0,063 0,101 0,086 [0,064-0,107]
Temp_2: Median Interquartilbereich Mittelwert 95%KonfidenzNaCl 0,014 0,041 0,027 [0,010-0,043]Visipq 0,000 0,044 0,027 [0,008-0,045]Im150 0,006 0,017 0,009 [0,005-0,013]Im300 0,004 0,030 0,025 [0,013-0,038]
Roller_2: Median Interquartilbereich Mittelwert 95%KonfidenzNaCl 0,000 0,002 0,007 [0,000-0,014]Visipq 0,000 0,004 0,022 [0,006-0,037]Im150 0,000 0,009 0,005 [0,002-0,008]Im300 0,000 0,012 0,016 [0,007-0,026]
Sticker_2: Median Interquartilbereich Mittelwert 95%KonfidenzNaCl 0,000 0,000 0,168 [0,000-0,396]Visipq 0,000 0,000 0,140 [0,000-0,292]Im150 0,000 0,183 0,252 [0,018-0,485]Im300 0,000 0,101 0,146 [0,052-0,241]
Seite 51
Kapitel 4.6 Anhang: Tabellen zu Kapitel 4.2 bis 4.5
Zeitpunkt nach 36 hFreie_2 Median Interquartilbereich Mittelwert 95%KonfidenzNaCl 0,073 0,338 0,659 [0,038-1,280]Visipq 0,228 1,237 0,631 [0,266-0,996]Im150 0,075 0,094 0,097 [0,067-0,128]Im300 0,044 0,080 0,104 [0,049-0,158]
Temp_2: Median Interquartilbereich Mittelwert 95%KonfidenzNaCl 0,000 0,019 0,024 [0,000-0,056]Visipq 0,041 0,079 0,056 [0,026-0,085]Im150 0,008 0,020 0,015 [0,007-0,024]Im300 0,000 0,005 0,017 [0,000-0,034]
Roller_2: Median Interquartilbereich Mittelwert 95%KonfidenzNaCl 0,000 0,000 0,006 [0,000-0,014]Visipq 0,030 0,162 0,078 [0,021-0,135]Im150 0,000 0,009 0,007 [0,000-0,015]Im300 0,000 0,029 0,021 [0,006-0,037]
Sticker_2: Median Interquartilbereich Mittelwert 95%KonfidenzNaCl 0,000 0,116 0,132 [0,000-0,337]Visipq 0,000 0,145 0,137 [0,000-0,281]Im150 0,000 0,000 0,056 [0,000-0,160]Im300 0,000 0,000 0,138 [0,001-0,267]
Zeitpunkt nach 48h:Freie_2: Median Interquartilbereich Mittelwert 95%KonfidenzNaCl 0,149 0,289 0,212 [0,094-0,331]Visipq 0,044 0,322 0,244 [0,000-0,533]Im150 0,100 0,332 0,287 [0,135-0,439]Im300 0,103 0,214 0,202 [0,113-0,291]
Temp_2: Median Interquartilbereich Mittelwert 95%KonfidenzNaCl 0,007 0,015 0,008 [0,003-0,013]Visipq 0,001 0,007 0,011 [0,000-0,024]Im150 0,008 0,027 0,022 [0,007-0,036]Im300 0,011 0,054 0,033 [0,019-0,047]
Roller_2: Median Interquartilbereich Mittelwert 95%KonfidenzNaCl 0,001 0,008 0,005 [0,000-0,009]Visipq 0,010 0,076 0,052 [0,000-0,109]Im150 0,014 0,050 0,026 [0,015-0,037]Im300 0,004 0,049 0,028 [0,015-0,040]
Sticker_2: Median Interquartilbereich Mittelwert 95%KonfidenzNaCl 0,000 0,183 0,168 [0,000-0,407]Visipq 0,003 0,529 0,459 [0,000-1,149]Im150 0,000 0,130 0,152 [0,000-0,345]Im300 0,000 0,198 0,691 [0,108-1,273]
Seite 52
Kapitel 5. Diskussion
5. DiskussionDie Darstellung der Ergebnisse der vorliegenden Arbeit (Kapitel 4) unterscheidet solche
Ergebnisse, in die die Bestimmung der Flußgeschwindigkeit eingegangen ist, von
solchen, die ohne die Bestimmung der Flußgeschwindigkeiten auskommen. Auf die
Schwierigkeiten der Flußbestimmung wurde in Kapitel 3.11 ausführlich eingegangen.
Es sei hier daran erinnert, daß wir den optischen Nachteil des Mausohrmodells, nämlich
das Mikroskopieren durch eine intakte Haut hindurch, bewußt in Kauf genommen
haben, um ein völlig intaktes, nicht durch chirurgische Manipulation alteriertes, Gewebe
untersuchen zu können. Es hat sich herausgestellt, daß die flußabhängigen
Untersuchungen sehr komplexe Ergebnisse zeigen, deren Ursachen sich ohne weiteres
nicht eindeutig benennen lassen.
Die Auswertung der Beobachtungen in der „Leukozytenorientierten Darstellung“ (Def.
Kapitel 4.0), also ohne Berücksichtigung der fehlerträchtigen Flußbestimmung, zeigt
jedoch für sich allein die von uns gesuchten Effekte. Sie soll daher alleiniger
Gegenstand der weiteren Diskussion sein.
Mikroskopische Untersuchungen der Einflüsse von Röntgenkontrastmitteln auf das
Endothel bezogen sich meist, wie die in HAGEN 1994 zitierten (siehe Kapitel 2.5), auf
morphologische, nicht funktionelle, Merkmale. Funktionell hat THORPE 1998 bereits
gezeigt, daß iodierte Röntgenkontrastmittel unter bestimmten Bedingungen eine ver-
mehrten Adhäsionsneigung zwischen Leukozyten und Endothel verursachen können. In
dieser Arbeit zeigte sich in Zellkulturen eine stark konzentrationsabhängige Erhöhung
der Adhäsionsneigung nach 20 Minuten, die nach 4 Stunden nicht mehr bestand. Die
Autoren betonen, daß wegen der ständig wechselnden Konzentration im Kreislauf, jede
Konzentration in einem Blutgefäß vorkommen kann. Ein Umstand, dem ein in-vitro-
Versuch mit definierten, konstanten Konzentrationen nicht gerecht werden kann.
Die vorliegende Arbeit hingegen präsentiert in-vivol-Daten, die unter anderem mit einer
natürlichen Arzneimittelkinetik entstanden sind, wie sie durch kontinuierliche Verdün-
nung und Ausscheidung durch die Niere entsteht.
Die klarsten Ergebnisse zeigt erwartungsgemäß die Untersuchung des Quotienten
Freie1=′ freie Leukozyten≤
′ freieΑ temporäreΑ rollende Leukozyten≤, die in Kapitel 4.4 ausführlich
Seite 53
Kapitel 5. Diskussion
dargestellt wird. Dieser Quotient gibt den Anteil der frei fließenden Leukozyten an allen
beweglichen Leukozyten wieder. Seine Abnahme bedeutet eine Zunahme der
Adhäsionsneigung zwischen Endothel und Leukozyten. Sie macht jedoch keine Aussage
über “Sticker”.
Eine solche Abnahme der Quotienten Freie_1 der Kontrastmittelgruppe gegenüber der
Kontrollgruppe (NaCl) fand sich am deutlichsten für die Gruppe der Mäuse, die das
hyperosmolare Imeron® 300 erhalten hatten (24h: p=0,017, 36h: p=0,127 und 48h:
p=0,039). Die bekannte höhere allgemeine Toxizität des hyperosmolaren
Kontrastmittels zeigt sich damit auch in unserem Modell.
Die Untersuchung der isoosmolaren Kontrastmittel zeigt eine signifikante Abnahme des
Quotienten Freie_1 erst nach 36h (Visipaque®150 p=0,010, Imeron®150 p=0,013). Die
klinisch beobachteten Späten Unerwünschten Nebenwirkungen treten aber sicher auch
früher auf.
Während die beiden isoosmolaren Kontrastmittel ein sehr ähnliches Verhalten nach 24
und nach 36 Stunden zeigen, scheint die Wirkung des dimeren Visipaque®150 schneller
wieder abzuklingen, so daß der Vergleich zum Freie_1 der NaCl-Gruppe nach 48h nicht
mehr signifikant (p=0,223) ist, während der der Imeron®150 Gruppe mit p=0,040 noch
signifikant bleibt (Die o.g. Irrtumswahrscheinlichkeiten sind in Tabelle 4.4.1 in Kapitel
4.4 zusammengefaßt).
Die Untersuchung des Quotienten Freie_1, wie sie oben dargestellt ist, schließt die frei
fließenden, die temporär adhärenten und die rollenden Leukozyten ein. Die ortsfest an
der Gefäßinnenwand haftenden Leukozyten (Sticker) finden hingegen ihre
Untersuchung im Quotienten Sticker_1. Für diesen konnten wir zu keinem Zeitpunkt
statistisch signifikante Abweichungen zwischen der NaCl- und den
Kontrastmittelgruppen finden. Da gerade die Sticker-Zahlen besonders großen
Schwankungen unterliegen, müßte man wohl deutlich größere Tierzahlen untersuchen,
um hier Effekte belegen zu können. In Kapitel 2.6 wurde bereits darauf hingewiesen,
daß für das Rollen der Leukozyten andere Cell Adhesion Molecules (CAMs)
verantwortlich sind als für das ortsfeste Haften (Sticken). Es wäre also möglich, daß
Röntgenkontrastmittel vor allem die Temporäre Adhärenz und das Rollen, nicht aber
Seite 54
Kapitel 5. Diskussion
das Sticken fördern. Möglicherweise stellen sie so eine Art Wegbereiter für andere
Noxen dar, die die schon rollenden Leukozyten zum Sticken bringen.
Zusammenfassend können wir festhalten: Die vorliegende Arbeit zeigt signifikante
Auswirkungen von Röntgenkontrastmitteln auf die Leukozyten-Endothel-Interaktion:
Ein vermehrtes Haften von Leukozyten am Endothel noch nach mehr als einem Tag
nach der Applikation stützt die These der Existenz Später Unerwünschter Wirkungen
von Röntgenkontrastmitteln. Entsprechend der klinischen Erfahrung einer höheren
Toxizität, sind diese Effekte bei dem hyperosmolaren Kontrastmittel am stärksten
gewesen. Für die These, daß sich beim dimeren Kontrastmittel Visipaque®150 stärkere
Effekte als beim Monomer Imeron®150 zeigen, konnten wir keinen Anhalt finden.
Eine Bestätigung einer vermehrten Anzahl ortsfest haftender Leukozyten gelang mit der
vorliegenden Zahl Tiere nicht. Die Frage, ob Kontrastmittel für sich zu einer vermehrten
ortsfesten Adhäsion von Leukozyten führen, oder ob sie lediglich einer solchen
ortsfesten Adhäsion durch vermehrte temporäre Adhärenz und Rollen den Weg bereitet,
bleibt damit vorerst offen. Weitere Studien sollten daher auf koinzidierende Noxen, wie
z.B. begleitende Medikamente, größeren Wert legen.
Zuletzt werfen unsere Ergebnisse die Frage auf, wie gut die medikamenten-induzierte
Leukozyten-Endothel-Interaktion in der Maus mit dem Auftreten Später Unerwünschter
Arzneimittelwirkungen im Menschen korreliert. Das von uns verwandte Modell könnte
ein preiswerter Weg sein, die Gefahr Später Arzneimittelnebenwirkungen schon früh in
der Entwicklung neuer Kontrastmittel abzuschätzen.
Seite 55
Kapitel 6. Literaturverzeichnis
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Kapitel 6. Literaturverzeichnis
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7. Dank
Ich danke Herrn Univ.-Professor Dr. med. Bernhard Kramann, Direktor der Abteilung
für Radio-Diagnostik, für die Unterstützung und daß ich an seinem Institut diese Arbeit
erstellen durfte.
Herrn FOA Dr. rer. nat. Günther Schneider für die Überlassung des Themas, die wissen-
schaftliche Betreuung und schnelle Hilfe bei allen auftretenden Problemen.
Frau Diane Wagner-Jochem, MTA, für die Hilfe bei der Durchführung der
chirurgischen Präparationen, und viele Stunden im Labor bei der Anleitung zu und
Begleitung bei allen praktischen Tätigkeiten mit den Tieren.
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8. Lebenslauf
Bernhard Konrad Wolfram Lehnert
Nordallee 12
66763 Dillingen (Saar)
geb. 27.03.1974 in Saarlouis
Schulausbildung:
1980-1984 Grundschule Odilienschule Dillingen
1984-1993 Staatliches Gymnasium Dillingen
1993 Abitur
Zivildienst:
1993-1994 Zivildienst in der Krankenpflege Caritas-Krankenhaus Dillingen, Ab-
teilung für Neurologie.
Studium:
Studium der Humanmedizin in Homburg ab Wintersemester 1994/95
10. 9. 1996 Ärztliche Vorprüfung (Physikum)
28. 8. 1997 Erster Abschnitt der Ärztlichen Prüfung
24. 3. 2000 Zweiter Abschnitt der Ärztlichen Prüfung
25. 4. 2001 Dritter Abschnitt der Ärztlichen Prüfung
seit 1. Juli 2001 Arzt im Praktikum an der Universitätsklinik und Poliklinik für
Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde in Homburg.
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