Aus der Zahnklinik 1 Zahnerhaltung und Parodontologie der ...
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Aus der Zahnklinik 1 – Zahnerhaltung und Parodontologie
der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Direktor: Prof. Dr. A. Petschelt
Einfluss verschiedener Spülprotokolle auf den Haftverbund der
Sealer Hybrid Root SEAL und ActiV GP
zum Wurzelkanaldentin
Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde
der Medizinischen Fakultät der
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
vorgelegt von
Jonas Plum
aus Aachen
Gedruckt mit Erlaubnis der
Medizinischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg
Dekan: Prof. Dr. med. Dr. h. c. Jürgen Schüttler
Referent: Prof. Dr. med. dent. Roland Frankenberger
Koreferent: Prof. Dr. med. dent. Anselm Petschelt
Tag der mündlichen Prüfung: 26. September 2012
1 Zusammenfassung .............................................................................................. 1
2 Summary .............................................................................................................. 3
3 Einleitung ............................................................................................................. 5
4 Literaturübersicht ................................................................................................ 7
4.1 Endodontische Spüllösungen ............................................................................ 7
4.2 Wurzelkanalfüllung .......................................................................................... 13
4.2.1 Wurzelkanalkernmaterial ......................................................................... 15
4.2.2 Wurzelkanalfüllpasten (Sealer) ................................................................ 16
5 Ziel der Studie .................................................................................................... 22
6 Material und Methoden ...................................................................................... 23
6.1 Schematische Darstellung des Versuchsablaufs ............................................. 23
6.2 Auswahl und Vorbereitung der Probenzähne .................................................. 24
6.3 Aufbereitung der Wurzelkanäle ....................................................................... 24
6.4 Herstellung der Probenblöcke ......................................................................... 25
6.5 Vorbereitung der Spreader .............................................................................. 27
6.6 Abschlussspülprotokolle .................................................................................. 28
6.7 Einbringen von Sealer und Spreader ............................................................... 28
6.8 Messaufbau .................................................................................................... 30
6.9 Statistische Auswertung .................................................................................. 32
6.10 Bewertung der lichtmikroskopischen Untersuchung der Frakturmodi .............. 33
7 Ergebnisse ......................................................................................................... 35
7.1 Vergleich der Scherfestigkeit von Hybrid Root SEAL und ActiV GP ................ 35
7.2 Ergebnisse der Haftwerte in Gruppe A: ActiV GP ............................................ 36
7.3 Ergebnisse der Haftwerte in Gruppe B: Hybrid Root SEAL.............................. 38
7.4 Ergebnisse der Auswertung der Frakturmodi................................................... 39
8 Diskussion.......................................................................................................... 41
8.1 Diskussion der Methodik ................................................................................. 41
8.2 Diskussion der Ergebnisse .............................................................................. 47
8.3 Schlussfolgerung ............................................................................................. 53
9 Literaturverzeichnis ........................................................................................... 54
10 Abkürzungsverzeichnis ..................................................................................... 62
11 Anhang ............................................................................................................... 64
11.1 Messergebnisse .............................................................................................. 64
11.2 Materialliste ..................................................................................................... 67
12 Danksagung ....................................................................................................... 68
13 Lebenslauf .......................................................................................................... 69
1
1 Zusammenfassung
Hintergrund und Ziele
Bei Wurzelkanalbehandlungen werden verschiedene endodontische Spüllösungen mit
unterschiedlichen Eigenschaften eingesetzt. Die Verbundfestigkeit zwischen der
Wurzelfüllung und dem behandelten Wurzelkanaldentin kann durch Spüllösungen
beeinflusst werden. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, den Einfluss von vier
verschiedenen Spülprotokollen auf die Haftkraft von zwei Wurzelkanalfüllpasten
(Sealern) am Kanalwanddentin zu untersuchen. Mittels eines Pull-out-Versuches wird
die Scherfestigkeit des glasionomerbasierenden Sealers ActiV GP und des
selbstätzenden methacrylatbasierenden Sealers Hybrid Root SEAL vergleichend
beurteilt.
Material und Methode
Für die Studie wurden 80 extrahierte humane Zähne mit gerader Wurzel und nur einem
Wurzelkanal an der Schmelz-Zement-Grenze dekapitiert und maschinell mit einem
drehmomentbegrenzten Motor auf ISO 60 aufbereitet, auf eine Arbeitslänge von 8 mm
gekürzt und randomisiert in acht Gruppen à 10 Wurzeln unterteilt, als Zwischenspülung
diente Natriumhypochlorit (NaOCl). Je nach Untergruppe (1 bis 4) wurde nach einem
der vier Abschlussspülprotokolle gespült:
1) NaOCl (3 %)
2) Zitronensäure (40 %) / NaOCl (3 %)
3) Zitronensäure (40 %) / NaOCl (3 %) / Ethanol (96 %)
4) Zitronensäure (40 %) / NaOCl (3 %) / Natriumascorbat (10 %) / Aqua dest.
Nach Trocknung mit Papierspitzen wurden die Kanäle mit ActiV GP (Gruppe A) oder
Hybrid Root SEAL (Gruppe B) sowie einem experimentellen Stahlspreader (ISO 55)
gefüllt. Gemessen wurden die Scherfestigkeitswerte nach zweiwöchiger
Aushärtungsphase bei 23 °C und 100 % Luftfeuchtigkeit mithilfe eines Pull-out-Tests
und der Universalprüfmaschine. Bei einer Prüfgeschwindigkeit von 2 mm/min wurde
die maximale Kraft bis zum adhäsiven Versagen ermittelt. Zudem fand eine Bewertung
der Frakturmodi mittels einer lichtmikroskopischen Untersuchung an den
experimentellen Spreadern statt.
2
Ergebnisse
Hybrid Root SEAL (Gruppe B) zeigte unabhängig vom Spülprotokoll signifikant
(p < 0,001) höhere Haftfestigkeitswerte am Dentin als ActiV GP (Gruppe A). Die
alleinige Schmierschichtentfernung durch Spülen mit Zitronensäure und NaOCl bei
ActiV GP (Gruppe A2; Mittelwert: 0,17 MPa) ergab nicht nur die signifikant
schlechtesten Haftfestigkeitswerte innerhalb der gesamten ActiV GP-Gruppe, sondern
auch die niedrigsten in der gesamten Studie. Die Haftfestigkeit von ActiV GP am
Dentin scheint von der Entfernung des Smear layers und anschließender Spülung mit
Alkohol (Gruppe A3; Mittelwert: 0,95 MPa) oder Natriumascorbat und Aqua dest.
(Gruppe A4; Mittelwert: 0,79 MPa) zu profitieren, da bei diesen beiden Spülprotokollen
die höchsten Haftfestigkeitswerte innerhalb der Gruppe A gemessen wurden.
Innerhalb der Hybrid Root SEAL-Gruppe zeigte sich kein signifikanter Unterschied
zwischen den verschiedenen Spülprotokollen. Den höchsten Haftfestigkeitswert
innerhalb der Gruppe B sowie in der gesamten Studie erreichte das abschließende
Spülen mit Natriumascorbat und Aqua dest. nach Entfernung des Smear layers
(Gruppe B4; Mittelwert: 9,77 MPa). Den niedrigsten Scherfestigkeitswert, welcher
jedoch nicht signifikant war, wurde in der Hybrid Root SEAL-Gruppe bei der
abschließenden Trocknung durch Alkohol festgestellt (Gruppe B3; Mittelwert:
8,75 MPa).
Es konnte kein Zusammenhang zwischen den auftretenden Frakturmodi und den
gemessenen Scherfestigkeitswerten nachgewiesen werden.
Schlussfolgerungen
Unter den Bedingungen dieser Studie zeigte Hybrid Root SEAL eine signifikant höhere
Dentinhaftung als ActiV GP und könnte damit unter Umständen das Langzeitergebnis
der endodontisch behandelten Zähne verbessern. Basierend auf den Ergebnissen der
vorliegenden Studie ist bei ActiV GP die alleinige Schmierschichtentfernung ohne
anschließende Trocknung des Wurzelkanals mit Alkohol oder nachfolgendes Spülen
mit Natriumascorbat und Aqua dest. nicht empfehlenswert. Der methacrylatbasierende
Sealer Hybrid Root SEAL wird durch die verschiedenen Spülprotokolle nicht signifikant
in der Haftkraft am Dentin beeinflusst.
3
2 Summary
Objective
There are numerous endodontic irrigation solutions being applied during root canal
treatment each of which with different properties. The solution itself may exert influence
on the cohesion between the root filling and the treated root canal dentine. This study’s
objective is to determine the effect of four different irrigation protocols upon two root
canal sealers’ adhesive strength to the root canal dentine. A pull-out-test is performed
to analyse the shear bond strength between the glass-ionomer-based sealer
(ActiV GP) and the self-etching methacrylate-based sealer (Hybrid Root SEAL).
Materials and Methods
For this study 80 humane teeth were selected. Each tooth was previously not
endodontically treated, exhibited a single linear root canal and was free of caries. The
teeth were sectioned at the cemento-enamel junction. Afterwards, the root-canals were
mechanically conditioned with a torque-limited motor to ISO 60 using crown-down
technique. The 8mm trimmed specimens were randomly divided into eight samples of
10 roots each. NaOCl was continuously used for intermediate-irrigation. Depending on
the subgroups (1-4) a defined final irrigation protocol was applied:
1) NaOCl (3 %)
2) citric acid (40 %) / NaOCl (3 %)
3) citric acid (40 %) / NaOCl (3 %) / alcohol (96 %)
4) citric acid (40 %) / NaOCl (3 %) / sodium ascorbate (10 %) / distilled water
After final flushing and drying with paper points the roots were obturated with ActiV GP
sealer (group A) or Hybrid Root SEAL (group B). An experimental spreader of size
ISO 55 was applied. The teeth were stored for two weeks in 100% humidity at 23°C for
the setting to complete. Afterwards, the specimens were subjected to a pull-out-test
using a universal testing machine at a test speed of 2.0 mm/min. The maximum force
required to dislodge each spreader was recorded. Subsequently, fracture modes on the
experimental spreader were evaluated using a light microscope.
4
Results
Hybrid Root SEAL (group B) showed significantly (p < 0.001) higher bond strength to
dentin than ActiV GP (group A) regardless of the irrigation protocol. The solitary smear
layer removal by rinsing with citric acid and sodium hypochlorite for ActiV GP (group
A2, average: 0.17 MPa) showed the lowest shear bond strength values of all ActiV GP-
groups with great significance. Furthermore, it exhibited the worst results in the entire
study. The bond strength of ActiV GP to the dentine seems to benefit from the removal
of the smear layer and the rinsing with alcohol (group A3, average: 0.95 MPa) or
distilled water and sodium ascorbate. (group A4, average: 0.79 MPa).
Within the Hybrid Root SEAL-group there was no significant difference between the
varied irrigation protocols. The most prominent bond strength value both within group B
and the study as a whole proved to be the final rinse with distilled water and sodium
ascorbate after removal of the smear layer (group B4, average: 9.77 MPa). The lowest
shear strength value, which however proved not statistically significant, was measured
in the Hybrid Root SEAL-group after the final drying with alcohol (group B3,
average: 8.75 MPa).
No correlation appeared between the occurring fracture modes and the measured
shear bond strengths.
Conclusions
Within this study Hybrid Root SEAL showed a significantly higher dentine bonding
compared to ActiV GP. Hence, Hybrid Root SEAL may improve the long-term outcome
of endodontically treated teeth than the glass-ionomer-based sealer. Without drying the
root canal with alcohol or a subsequent rinsing with sodium ascorbate and distilled
water ActiV GP exhibits significantly degraded bonding results. Therefore, solitary
smear layer removal without further irrigation protocols cannot be recommended for
ActiV GP. The self-adhesive sealer Hybrid Root SEAL’s adhesion to dentine is not
influenced by the different irrigation protocols.
5
3 Einleitung
Tiefe kariöse Läsionen des Zahnes sind mögliche Ursachen für eine irreversible
bakterielle Infektion der Pulpa. Das Ziel einer erfolgreichen Wurzelkanalbehandlung ist
zum einen die Elimination dieser mikrobakteriellen Infektion im Wurzelkanal, denn die
Bakterien sind die Ätiologie der apikalen Parodontitis und somit der Hauptgrund eines
Versagens der endodontischen Therapie. Zum anderen ist das Ziel die Prävention vor
einer Reinfektion durch einen dauerhaft dichten apikalen und koronalen Verschluss
des Wurzelkanals [58].
Das Wurzelkanalsystem wird mittels Spüllösungen und Instrumenten, sogenannten
Feilen und Räumern, chemomechanisch aufbereitet. Das Instrumentieren sorgt für
einen Abtrag des infizierten Kanalwanddentins sowie für eine Erweiterung und
Ausformung des Wurzelkanals für die anschließende Wurzelkanalfüllung. Die Aufgabe
der eingesetzten Spüllösungen ist es, das nekrotische Gewebe aufzulösen, den Kanal
von Dentinspänen zu reinigen, eine antibakterielle Wirkung zu entfalten sowie die an
der Kanalwand durch Instrumentierung entstehende Schmierschicht zu entfernen.
Diese Schmierschicht besteht aus organischen und anorganischen Anteilen sowie
Bakterien [79,93]. Natriumhypochlorit (NaOCl) gilt als die Standardspüllösung in der
Endodontie und erfüllt nahezu alle Anforderungen bis auf das Auflösen anorganischer
Materialien. Zum Entfernen der anorganischen Anteile haben sich sogenannte
Chelatorspüllösungen wie Ethylendiamintetraacetat (EDTA), Zitronensäure und
BioPure (MTAD) bewährt [146].
Die abschließende Wurzelkanalfüllung soll den Kanal komplett und dauerhaft
versiegeln (engl. seal). Dazu wird heutzutage als Goldstandard Guttapercha, ein
plastisches kautschukartiges Material, mit einem cremigen langsam erhärtenden
Sealer eingesetzt. Die Guttapercha bildet dabei den festen Kern. Die Aufgabe des
Sealers ist es, in alle Anteile des Kanalsystems einzudringen, dort auszuhärten und
den Wurzelkanal zu verschließen [72]. Um einen guten Verschluss zu erhalten und die
Wurzel zu stabilisieren, wie die Zahnkrone durch eine adhäsive Füllung, wurden Sealer
auf Kunststoffbasis entwickelt. Diese haften adhäsiv am Dentin und sollen die Wurzel
von innen heraus stabilisieren [138].
Hybrid Root SEAL ist ein kunststoffbasierender Sealer der neuesten Generation.
Dieser wurde durch die Kombination aus dem sauren Methacrylat 4-Methacryl-
oxyethyltrimellitanhydrid (4-META) und einem moderat gefüllten, fließfähigen Komposit
als ein selbstätzender, selbstadhäsiver single-step-Sealer entwickelt [17].
6
ActiV GP dagegen ist ein auf Glasionomerzement basierendes
Wurzelkanalfüllungssystem. Durch den Gebrauch von speziellen Guttaperchastiften,
welche mit Glasionomer-Partikeln ummantelt sind, soll ActiV GP angewandt in der
single-cone-Technik ein Monoblocksystem kreieren [82].
Spüllösungen können einen Einfluss auf den Verbund zwischen Dentin und
Wurzelkanalfüllung nehmen. Das Entfernen der Schmierschicht durch Chelatoren führt
beispielsweise bei dem Sealer AH 26 zu einer Erhöhung der Haftwerte und einer
Verringerung der Mikroleckagen [32,45]. Natriumhypochlorit und Wasserstoffperoxid
können durch Oxidationsschichtbildung an der Dentinoberfläche inhibitorisch auf die
Polymerisation von adhäsiven Sealern wirken und so den Verbund zum Dentin
schwächen. Der Einsatz von Reduktionslösungen wie Natriumascorbat kann diesem
Effekt entgegenwirken und die Haftwerte bei mit NaOCl behandeltem Dentin signifikant
erhöhen [138]. Das Spülen des Kanals mit Alkohol beschleunigt das Trocknen durch
erhöhte Wasserverdunstung, führt zu einer signifikant besseren Sealerpenetration der
Dentintubuli und verringert Mikroleckagen [119].
Die Verbundhaftkraft von Sealern am Dentin wurde bereits in verschiedenen Studien
durch Messung der Scherhaftkraft in Micro-Push-out-Tests untersucht.
Ziel dieser Arbeit ist es, in einem Pull-out-Test den adhäsiven methacrylatbasierenden
Hybrid Root SEAL-Sealer und den glasionomerbasierenden ActiV GP-Sealer auf ihre
Verbundfestigkeit zum Kanalwanddentin nach Anwendung verschiedener
Spülprotokolle zu untersuchen.
7
4 Literaturübersicht
4.1 Endodontische Spüllösungen
Einer der wichtigsten Aspekte der endodontischen Behandlung ist das Reinigen,
Aufbereiten und Desinfizieren des Wurzelkanalsystems mithilfe endodontischer
Spüllösungen [12]. Die derzeitigen Methoden zum Aufbereiten des Wurzelkanals
hinterlassen dabei alle eine Schmierschicht („smear layer“) an der Dentinwand des
Wurzelkanals, dessen Vorhandensein erstmals von McComb und Smith beschrieben
wurde [79]. Diese Schicht setzt sich aus organischen sowie nichtorganischen
Materialen und Bakterien zusammen [28,123]. Der Smear layer hat an der Dentinwand
durchschnittlich eine Dicke von 1 bis 2 µm und dringt bis zu 40 µm in die Dentintubuli
ein [74]. Wird dieser nicht entfernt, so wird die Penetration der Tubuli mit intrakanalären
Medikamenten und desinfizierenden Spüllösungen verhindert. In der Literatur wird
zudem diskutiert, dass der Smear layer die Adhäsion zwischen einigen
Wurzelfüllmaterialien und dem Dentin der Wurzelkanalwand negativ beeinträchtigen
kann [132]. So zeigten sich beispielsweise bei AH 26 erhöhte adhäsive Kräfte und
verringerte Mikroleckagen bei vorheriger Entfernung der Schmierschicht im Vergleich
zu Proben, bei denen dies vorher nicht geschah. Diese negative Beeinflussung der
Sealereigenschaften in Abhängigkeit vom Smear layer konnte hingegen bei anderen
Sealern wie z. B. Ketac Endo nicht festgestellt werden [32,45,130].
Nach Torabinejad et al. gibt es zehn Eigenschaften, welche die verwendeten
Spüllösungen aufweisen sollten, um allen Anforderungen an eine ideale endodontische
Spüllösung gerecht zu werden [132].
Die Spüllösung sollte:
1. den kompletten Smear layer beseitigen
2. das Dentin und ihre Tubuli desinfizieren
3. nach Anwendung einen antibakteriellen Effekt aufrecht erhalten
4. zulassen, dass mikrobielle Wirkstoffe aus der Lösung die Dentintubuli
penetrieren können
5. keine antigene, toxische oder karzinogene Wirkung auf die zahnumgebenden
Gewebszellen haben
6. keinen negativen Effekt auf die physikalischen Eigenschaften des freiliegenden
Dentins haben
7. keinen negativen Einfluss auf die Versiegelungseigenschaften von
Füllungsmaterial haben
8
8. den Zahn nicht verfärben
9. einfach in der Handhabung sein
10. relativ preisgünstig sein
In der Endodontie kommen verschiedene Spüllösungen zum Einsatz, dazu zählen
Natriumhypochlorit (NaOCl), Chlorhexidindigluconat (ChX), Zitronensäure,
Ethylendiamintetraacetat (EDTA), BioPure (MTAD), Alkohol (OH), Natriumascorbat und
Wasserstoffperoxid (H2O2).
Im Folgenden wird näher auf einige wichtige Spüllösungen eingegangen.
Natriumhypochlorit
Natriumhypochlorit (NaOCl) in einer Konzentration von 0,5 bis 5,25 % ist heute eine
der Standardspüllösungen beim Aufbereiten von Wurzelkanälen. Dabei macht man
sich sowohl die gewebsauflösende als auch die desinfizierende Wirkung von NaOCl
zunutze. NaOCl löst die organischen Anteile im Wurzelkanalsystem wie beispielsweise
nekrotisches Gewebe, vitale Restpulpa und Prädentin sehr wirkungsvoll auf und zeigt
gleichzeitig eine gute antibakterielle Wirkung gegen die meisten endodontischen Keime
mit Ausnahme von Enterococcus faecalis (E. faecalis) [16,52,143]. Wie jedoch in
einigen Studien gezeigt wurde, kann NaOCl bei alleiniger Anwendung die
anorganischen Anteile des Smear layers nicht effektiv auflösen bzw. entfernen.
[16,102,141].
Die Applikationsmenge, die Lösungskonzentration und die Einwirkzeit einerseits sowie
andererseits die Temperatur der Lösung und die mechanische Bewegung haben beim
Applizieren eine Wirkung auf die Effektivität der Spülung mit NaOCl [12].
Bei Untersuchungen von NaOCl-Lösungen unterschiedlicher Konzentration (0,5 % bis
5,25 %) hinsichtlich ihrer Fähigkeit Gewebe auszulösen zeigten verschiedene Studien,
dass 0,5 %ige NaOCl-Lösung signifikant schlechter gewebsauflösend wirkt als 1-, 2,5-
oder 5 %ige Lösung. Keine statistisch signifikanten Unterschiede gab es hingegen bei
Vergleich der 1-, 2,5- und 5 %igen Lösung untereinander [12,134]. Nach Hand et al. ist
5,25 %ige NaOCl-Lösung jedoch hinsichtlich des Auflösens von nekrotischem Gewebe
statistisch signifikant der 2,5 %igen, 1 %igen oder 0,5 %igen NaOCl-Lösung
überlegen [52]. Allerdings erweisen sich hohe Konzentrationen von NaOCl bei
Überpressung durch erhöhte inflammatorische Reaktion im periapikalen Gewebe als
nachteilig [143].
9
Cunningham und Balekjian untersuchten den Effekt von Temperatur auf 2,6 %ige und
5,2 %ige NaOCl-Lösung bei Raum- und Körpertemperatur (21° / 37° C) hinsichtlich der
Eigenschaft Kollagen aufzulösen. Dabei zeigte sich, dass die erwärmte 2,6 %ige
NaOCl-Lösung (37° C) genauso effektiv Kollagen auflöst wie 5,2 %ige NaOCl-Lösung
bei 21° C oder 37° C [27].
Das Aktivieren der NaOCl-Spüllösung im Wurzelkanal durch Ultraschall kann die
Effektivität der Spülung hinsichtlich der Debridentfernung [22] und der
Bakterienelimination [117] erhöhen. Die Wirkung dabei beruht auf dem akustischen
Strömungsphänomen (sog. „acoustic streaming“) [7]. Durch die hochfrequent
schwingende Feile zur Erzeugung des Ultraschalls wird die NaOCl-Lösung bis in die
apikalen Anteile des Wurzelkanals transportiert, der Flüssigkeitsaustausch im Kanal
verbessert und gleichzeitig die Spüllösung erwärmt [42]. Ob die durch
Ultraschalleinsatz aktivierte NaOCl-Lösung jedoch zu einer kompletten
Schmierschichtentfernung führt, wird in der Literatur nicht eindeutig beantwortet [137].
Chlorhexidindigluconat
Chlorhexidindigluconat (ChX) wird in einer Konzentration zwischen 0,2 % und 2 %
verwendet,wirkt stark antiseptisch und ist gut bioverträglich. Es findet insbesondere als
finale Zusatzspülung bei Endorevisionen Verwendung, da ChX sehr wirkungsvoll die
bei der Endorevision häufig auftretenden grampositiven Bakterien wie z. B. E. faecalis
eliminiert [146]. Zudem besitzt ChX, resultierend aus seiner Affinität zur
Zahnhartsubstanz, eine anhaltende antimikrobielle Aktivität, die sogenannte
Substantivität [106].
Als eine Hauptspüllösung im endodontischen Standardprozedere ist ChX ungeeignet,
da es weder das nekrotische Gewebe auflöst noch das Kanalsystem chemisch reinigt.
Außerdem liegt bei Erstinfektion des Kanalsystems meist ein gramnegatives
Bakterienspektrum vor, gegen das ChX wenig Wirkung zeigt [146]. In einer
randomisierten klinischen Studie zeigten Zamany et al., dass eine Zusatzspülung mit
Chlorhexidin eine verbesserte Desinfektion des Wurzelkanalsystems zur Folge hat
[145]. Beachtet werden muss, dass bei Anwesenheit von NaOCl die Spülung mit
Chlorhexidin eine orange-braune Ausfällung produziert, welche dazu neigt, die
Dentintubuli zu verschließen [20]. Des Weiteren ist diese Ausfällung, sog.
Parachloranilin, ein hoch toxisches und potenziell karzinogenes Material [14].
10
Chelatorspüllösungen
Zur Entfernung der anorganischen Anteile der Schmierschicht werden in der
endodontischen Therapie seit Jahrzehnten Chelatkomplexbildner verwendet. Die
bekanntesten und geläufigsten unter ihnen sind Ethylendiamintetraacetat (EDTA) und
Zitronensäure [43]. Das Funktionsprinzip dieser Lösungen ist, dass der Chelator mit
den Calciumionen der Hydroxylapatitkristalle des Dentins über eine nicht-ionische
Bindung reagiert und so die Calciumionen aus dem Dentin herauslöst [21,142].
Dadurch kommt es zu einer Demineralisierung und Erweichung des Smear layers und
des kanalären Dentins [16].
Wie bei Natriumhypochlorit hängt die Effektivität der Chelatoren von einigen Faktoren
wie beispielsweise der Konzentration, der Applikationsmenge /-dauer und dem pH-
Wert ab.
So zeigte sich in einem In-vitro-Versuch, dass einminütiges Spülen mit 15 %iger
EDTA-Lösung genauso effektiv ist wie dreiminütiges Spülen mit nur 8 %iger EDTA-
Lösung [97]. Eine Applikationsdauer von einer Minute bis hin zu zehn Minuten wird in
der Literatur diskutiert [108]. Calt und Serper zeigten jedoch, dass eine einminütige
Spülung mit 17 %iger EDTA-Lösung ausreicht, um die Schmierschicht komplett zu
entfernen, bei zehnminütiger Applikation wurden exzessive Erosionen am inter- und
peritubulären Dentin beobachtet. Die Autoren empfehlen deshalb bei Verwendung von
10 ml 17 %iger EDTA-Lösung mit einem pH-Wert von 7,4 nicht länger als eine Minute
das Wurzelkanalsystem zu spülen [21].
EDTA als alleinige Spüllösung kann weder Restpulpa auflösen noch Prädentin aus den
uninstrumentierten Teilen der Wurzelkanalwand entfernen. Deshalb sollte im klinischen
Alltag EDTA als alleinige Spüllösung nicht zur Anwendung kommen [16].
Beim Vergleich von EDTA und Zitronensäure in Bezug auf die Effektivität der
Schmierschichtentfernung wurde in mehreren Studien berichtet, dass es keine
signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Chelatorspüllösungen gibt
[48,96,108]. Andere Studien kamen jedoch sehr wohl zu dem Schluss, dass
Zitronensäure (1 %ig und 10 %ig) effektiver dekalzifiziert als 17 %ige EDTA-Lösung
[73] bzw. dass die Dentinlöslichkeit in 0,5 M (Molar); 1 M und 2 M Zitronensäure höher
ist als in 0,5 M EDTA [142]. Zitronensäure wirkt dabei auch weniger zytotoxisch
gegenüber dem periapikalen Gewebe als EDTA [8,10] und zeigt eine geringere Anzahl
an Entzündungszellen im Tierversuch im Vergleich zu EDTA [144].
11
Bis heute wurde bei keiner endodontischen Spüllösung die Fähigkeit nachgewiesen,
sowohl die organischen als auch die anorganischen Anteile zuverlässig aufzulösen
[43]. So wird, um alle Anteile aus dem Kanalsystem zu entfernen, heute häufig eine
Wechselspüllösung aus einer Chelatorspüllösung (EDTA oder Zitronensäure) und
NaOCl benutzt [16,139,141]. Da EDTA und Zitronensäure stark mit NaOCl
interagieren, reduziert sich das in der NaOCl-Lösung befindliche Chlor und die Lösung
wird ineffektiv gegenüber Bakterien und nekrotischem Gewebe [147]. So wird
empfohlen, während der Aufbereitung nur mit NaOCl zu spülen, erst nach Abschluss
der Instrumentierung EDTA/Zitronensäure zu benutzen und schließlich nach
Schmierschichtentfernung eine finale Spülung mit einer antiseptischen Lösung wie
z. B. NaOCl oder Chlorhexidin durchzuführen [146].
2003 stellte Torabinejad in einer Studie MTAD vor, eine neue Abschlussspüllösung, die
desinfizierend im Wurzelkanal wirken und gleichzeitig die Schmierschicht entfernen
sollte. Es handelt sich dabei um eine Mischung aus Doxycyclin (Tetracyclinisomer),
Zitronensäure und Tween 80 (Emulgator). In der Studie diente NaOCl als
Zwischenspülung in geringerer Konzentration (1,3%) als gewöhnlich. Bei Vergleich mit
EDTA zeigten sich gute schmierschichtentfernende Eigenschaften, MTAD entfernte die
Schmierschicht komplett ohne zu Erosionen an den Tubuli zu führen [131,133]. MTAD
wies dabei in einigen Studien im apikalen Drittel eine bessere Wirkung auf als
EDTA [86,133]. Eine andere Studie konnte im apikalen Drittel keine signifikanten
Unterschiede feststellen [77].
In einer Studie von Tay et al. zeigte sich, dass bei MTAD eine 5 bis 6 µm dicke
Hybridschicht aus demineralisiertem Dentin und AH Plus entstanden ist, im Vergleich
zu einer Hybridschicht von nur 1 bis 2 µm bei EDTA [125]. Bei einer mikrobiellen
Undichtigkeitsuntersuchung zeigte MTAD ebenso wie EDTA deutlich längere
bakterielle Penetrationszeiten als Proben, die nur mit NaOCl gespült wurden [46].
Uneinigkeit herrscht in der Literatur über die antimikrobielle Wirksamkeit von MTAD im
Zusammenspiel mit NaOCl. Einige In-vitro-Studien deuten auf eine effektivere
Elimination von Bakterien des Wurzelkanals durch MTAD hin [90,115,116], andere
untermauerten diese Ergebnisse nicht: teilweise wirkt EDTA gleichermaßen gut wie
MTAD gegen E. faecalis [62], teilweise sogar besser [59]. Es wird vermutet, dass die
initiale Spülung mit NaOCl die antimikrobielle Wirkung von MTAD verringert [124].
Malkhassian et al. untersuchten daraufhin in einer randomisierten doppelblinden
klinischen Studie die antibakterielle Wirksamkeit von MTAD. Nach Aufbereitung des
Wurzelkanals verglichen sie das Bakterienlevel nach alleiniger NaOCl-Spülung mit
dem Level an Bakterien, welches nach Abschlussspülung mit MTAD bzw. nach einer 7-
12
tägigen medikamentösen Einlage mit 2 %igem ChX vorlag. Sie kamen zu dem
Ergebnis, dass weder MTAD noch ChX die Anzahl an Bakterien signifikant reduzierte,
verglichen mit dem Level, welches direkt nach der Aufbereitung des Kanals gemessen
wurde [76].
Es wurde von Verfärbungen bei mit MTAD gespültem, lichtexponiertem Dentin
aufgrund von Tetracyclin-Einlagerungen berichtet. Der dabei stattfindende fotooxidative
Zerfallsprozess ist vermutlich auf die oxidierende Wirkung von NaOCl zurückzuführen.
Möglichweise kann dieser Effekt durch Spülen des mit NaOCl behandelten Dentins mit
einem Reduktionsmittel wie Ascorbinsäure oder Natriumascorbat vor der Applikation
des MTAD verhindert werden [127].
Natriumascorbat
Die antioxidative Wirkung von Natriumascorbat kann auch bei einem anderen
negativen Effekt vorteilhaft genutzt werden. So wurde festgestellt, dass NaOCl die
Verbundfestigkeit zwischen manchen adhäsiven Kunststoffen und Wurzel- [91] bzw.
Kronendentin [39] reduziert. NaOCl wie auch H2O2 sind potente biologische
Oxidationsmittel und können inhibitorisch auf die Polymerisation von Adhäsiven wirken
[23,67]. Natriumascorbat reagiert als Reduktionsmittel mit dem Sauerstoff aus dem
NaOCl in einer Redoxreaktion und unterbindet so den hemmenden Einfluss von
Sauerstoff auf die Polymerisation [138]. Das Spülen mit Natriumascorbat bei mit NaOCl
behandeltem Dentin führt zu signifikant höheren Verbundfestigkeitswerten als
alleiniges Spülen mit NaOCl. Durch das Nachspülen mit Natriumascorbat konnten im
Vergleich zu unbehandeltem Dentin ähnliche Haftwerte erzielt werden [23,67,84,138].
Es wurde ebenfalls berichtet, dass der Gebrauch von Natriumascorbat die durch
NaOCl und H2O2 verursachten Mikroleckagen reduziert [92].
Alkohol
Als Abschlussspülung sollte Alkohol genutzt werden. In einer Konzentration von 70 bis
96 % sorgt er für ein beschleunigtes Trocknen des Wurzelkanalsystems durch schnelle
Verdunstung. Des Weiteren reduziert Alkohol dabei die Oberflächenspannung der
Wurzelkanalwand und erleichtert die Penetration des Sealers in die Dentintubuli
[34,54,98]. In einer Studie wurde festgestellt, dass 95 %iges Ethanol als
Abschlussspülung zu einer signifikant besseren Sealerpenetration mit Roth 801-Sealer
führt. Gleichzeitig ergab sich in einem Fluid-flow-Modell eine signifikante Reduktion der
Undichtigkeit [119].
13
Laser
Eine weitere Methode zur Entfernung der Schmierschicht und zur Eliminierung des
restlichen Gewebes aus dem apikalen Anteil des Wurzelkanals ist der Einsatz eines
Lasers [122]. Es gibt verschiedenste Laser auf dem Markt, darunter den Argon-Laser
und den CO2-Laser, welche zum Verschmelzen und Rekristallisieren des Dentins
führen können [132]. Takeda et al. zeigten, dass der Er:YAG-Laser im Vergleich zu
EDTA, Zitronensäure und dem CO2-Laser am effektivsten den Smear layer entfernt
und zudem offene Dentintubli hinterlässt. Der Laser demineralisiert dabei weder das
Dentin wie etwa EDTA und Zitronensäure, noch schmelzt oder rekristallisiert er es
[123]. Mit der relativ großen Lasersonde in den kleinen Kanalraum zur Entfernung des
Smear layers zu gelangen ist aktuell eines der Hauptprobleme beim Einsatz von
Lasern [137].
4.2 Wurzelkanalfüllung
„Das Ziel einer Wurzelkanalfüllung ist es, das gesamte Kanalsystem auf Dauer
möglichst hermetisch zu verschließen, um das Eindringen von Mikroorganismen oder
Flüssigkeiten zu verhindern“ [55]. Entscheidend dabei ist die gute Randdichtigkeit und
somit der Verschluss des koronalen und apikalen Bereichs, der akzessorischen Kanäle
sowie der offenen Dentintubuli [42].
Ein ideales Wurzelfüllmaterial sollte folgende Kriterien erfüllen (modifiziert nach
Grossman (1976) [51]):
leichte Applizierbarkeit
langsames Abbinden
keine Schrumpfung
gutes apikales und laterales Versiegeln, hermetische Abdichtung
gute Adhäsion an der Kanalwand
Flüssigkeitsundurchlässigkeit
Röntgenopazität
kein Verfärben der Zahnhartsubstanz
steril oder leichte Sterilisierbarkeit
leichte Entfernbarkeit
Unresorbierbarkeit in Gewebsflüssigkeit
Biokompatibilität
14
bakteriostatische oder bakterizide Wirkung
kein Auslösen einer Immunantwort im Gewebe
keine mutagene und kanzerogene Wirkung
In der Regel ist heutzutage die Wurzelkanalfüllung eine Kombination aus einem (halb -)
festen Wurzelkanalkernmaterial in Form eines bzw. mehrerer Wurzelstifte - meist
Guttapercha - und einer cremigen erhärtenden Wurzelkanalfüllpaste (Sealer).
Kernmaterialen
modern Guttaperchastifte Kunststoffstifte
historisch
Metallstifte Silberstifte Titanstifte Goldstifte
Pastenfüllmaterialen (Sealer)
modern erhärtende Pasten
- auf Epoxidharz-Basis - auf Methacrylat-Basis
historisch
erhärtende Pasten - auf ZnO-Eugenol-Basis - auf Glasionomerzement-Basis - CaOH2-haltig - auf Silikon-Basis - Calciumsalicylate
Tab. 1: Einteilung der Wurzelfüllmaterialien
Eine hermetische Abdichtung des Kanalsystems kann ohne Sealer nicht erreicht
werden, da die Guttapercha nicht direkt am Dentin haftet [72]. Ziel des Sealers ist es
dabei, die irregulären Räume zwischen Wurzelkanalwand und dem Kernmaterial
auszufüllen und abzudichten. Weichbleibende Wurzelkanalpasten sind zum definitiven
Verschluss eines Wurzelkanals ungeeignet, ebenso die alleinige Verwendung eines
Sealers ohne Wurzelstift [111].
15
4.2.1 Wurzelkanalkernmaterial
Guttaperchastifte
Guttapercha ist das bekannteste, gängigste und dadurch auch das am besten erprobte
Wurzelkanalfüllmaterial. Es wurde schon vor mehr als 100 Jahren in die Endodontie
eingeführt. Guttaperchastifte erfüllen weitgehend alle Anforderungen an ein ideales
Füllmaterial wie Biokompatibilität, chemische Stabilität, geringe Techniksensibilität,
leichte Entfernbarkeit bei Revisionen sowie gut Röntgenopazität. Einer der größten
Nachteile in der Praxis ist jedoch der Mangel an Steifigkeit insbesondere bei kleinen
Stiftgrößen sowie die Schrumpfung nach Erhitzung.
Die Rohguttapercha wird aus dem eingedickten, flexiblen Saft tropischer Bäume
gewonnen [58]. Friedman et al. untersuchten die Zusammensetzung mehrerer auf dem
Markt befindlicher Guttaperchastiftsysteme und analysierten ihre Zusammensetzung
(Tab. 2) [40].
Bestandteile des Guttaperchastifts Anteil Aufgabe
Guttapercha 18 – 22 % Matrixbildner
Zinkoxid 59 – 76 % Füllstoff
Wachse/Kunststoffe 1 – 4 % Erhöhung der Plastizität
Metallsulfate 1 – 18 % Röntgenkontrastmittel
Tab. 2: Zusammensetzung von Guttaperchastiften
Guttapercha kann in kristalliner α- oder β-Form sowie in einer amorphen Phase
vorkommen. Die Guttaperchastifte liegen in der gestreckten β-Phase vor, durch
Erhitzen auf 40 bis 49 °C entsteht die ursprüngliche α-Phase, die auch bei
thermoplastischen Verfahren zur Wurzelkanalfüllung zum Einsatz kommt. Anhaltende
Erwärmung auf 57 bis 59 °C führt zum Übergang der kristallinen Form in die amorphe
Form. Dies wird klinisch relevant, wenn die amorphe Phase genutzt wird, um die
flüssige Guttapercha in den Wurzelkanal zu applizieren. Dabei gilt: Je höher die
Erwärmung der Guttapercha, desto größer die Schrumpfung bei Abkühlung. Zur
Minimierung der Schrumpfung ist es wichtig, mit dem Plugger die erwärmte
Guttapercha mit mäßigem Druck zu kondensieren [13,58].
Reine Guttaperchastifte wirken langsam und nur schwach antimikrobiell [83]. Um die
antimikrobielle Wirkung signifikant zu verbessern und die Guttaperchastifte als
interkanaläres Medikament einzusetzen, wurden mit Calciumhydroxid oder
16
Chlorhexidin aktivierte Guttaperchastifte eingeführt. Ebert et al. zeigten in einem
simulierten Wurzelkanalmodell, dass das Wachstum von E. faecalis nur geringfügig
von Calciumhydroxid-haltiger Guttapercha begrenzt wurde, aber die Chlorhexidin-
haltigen „active points“ alle E. faecalis-Bakterien nach fünf Stunden eliminiert
hatten [31].
Silberstifte
Silberstifte neigen zur Korrosion. Dabei bilden sich Silbersalze, die sich als zytotoxisch
erwiesen haben [47]. Aus diesen Gründen ist der Anwendungsbereich von Silberstiften
in der modernen endodontischen Therapie sehr limitiert und es gibt heutzutage kaum
noch eine Indikation oder Rechtfertigung für ihren Einsatz [58].
4.2.2 Wurzelkanalfüllpasten (Sealer)
Sealer auf Epoxidharz-Basis
Epoxidharz-Sealer sind seit über 50 Jahren in Form von AH 26 und dessen
Folgeprodukt AH Plus in der Endodontie etabliert. Die Sealer weisen gute Adhäsion an
Dentin und Guttapercha, Dimensionsstabilität sowie gute versiegelnde Eigenschaften
auf [72,109]. Bei Anmischung des Pulver-/Flüssigkeitssystem und während der
Abbindereaktion setzt AH 26 Formaldehyd frei, hierbei zerfällt das im Pulver
enthaltende Hexamethylentetramin in Ammoniak und Formaldehyd. Formaldehyd wirkt
nekrotisierend, neurotoxisch und potenziell allergen [64,118]. Bei AH Plus wurde die
Mixtur so verändert, dass nun Amine eine Polymerisation ohne die Bildung von
Formaldehyd ermöglichen. Gleichzeitig weist es alle Vorteile des Vorgängers auf, wie
beispielsweise gute Röntgenopazität, Biokompatibilität, geringe Löslichkeit und
niedrige Schrumpfung [58]. Zusätzlich zeigt AH Plus eine geringere Zytotoxizität als
AH 26 [57].
17
Sealer auf Glasionomerbasis: ActiV GP
Wegen seiner Adhäsionsfähigkeit an das Zahnhartgewebe wurde Glasionomerzement
(GIZ) als Sealermaterial in die Wurzelkanaltherapie eingeführt [25]. Dabei reagieren die
Carboxygruppen aus der Polyacrylsäure des Glasionomerzement ionisch mit den
Calciumionen der Dentinmatrix, so dass ein chemischer Verbund entsteht [71].
ActiV GP (Brasseler USA, Savannah, Georgia, USA) ist ein glasionomerbasierender
Wurzelkanalsealer (Abb. 1). Dieser Sealer wird von Brasseler USA in einem Set mit
Glasionomer-ummantelten und oberflächlich aktivierten Guttaperchastiften als
„ActiV GP Obturation System“ vermarktet. Dabei entsteht laut Hersteller durch die
„wahre“ single-cone-Technik eine Monoblockabdichtung des Wurzelkanals, d. h. Stift
und Sealer bilden eine lückenlose Einheit. Dadurch, dass das Glasionomer über
ionische Bindungen am Dentin haftet, sind laut Brasseler keine Primer zur
Haftvermittlung nötig. Auch auf eine Konditionierung der Wurzeldentinoberfläche durch
Spüllösung kann verzichtet werden [4]. ActiV GP Sealer wird als Pulver-/
Flüssigkeitssystem zum selbstständigen Anmischen vertrieben. Er besteht
hauptsächlich aus Polyacrylsäure und Barium-Aluminiumsilikat-Glaspulver (genaue
Bestandteile siehe Tab. 5; S. 29) [3].
Abb. 1: ActiV GP Sealer (Pulver und Flüssigkeit)
18
Verschiedene aktuelle Studien beschäftigen sich mit den Haftkräften, der
Frakturresistenz, der Dichtigkeit und der Toxizität von ActiV GP im Vergleich zu
anderen gängigen Sealer wie zum Beispiel AH Plus, AH 26 und Epiphany. Die
Ergebnisse lassen sich wie folgt darstellen:
Fisher et al. untersuchten in einem Mikropush-out-Test die Dentinhaftkraft der Sealer
ActiV GP, AH Plus, Epiphany, Kerr EWT und EndoREZ. Dabei zeigte AH Plus die
beste Haftkraft von allen getesteten Materialien, ActiV GP und Kerr EWT wiesen
jedoch ebenfalls signifikant höhere Haftkräfte auf als die Sealer Epiphany und
EndoREZ [37]. Die Frakturresistenz der mit ActiV GP-Guttapercha / ActiV GP-Sealer
gefüllten Zähne war nicht höher als bei Zähnen, die mit AH Plus/Guttapercha-Technik
gefüllt wurden. Signifikant niedrigere Frakturresistenzen wiesen Zähne auf, welche
entgegen Herstellerangaben mit normaler Guttapercha abgefüllt und lateral
kondensiert wurden [61]. Beim Glukosefiltrationstest erreichte ActiV GP als
Monoblockkonzept keine besseren Ergebnisse in Bezug auf die Mikroundichtigkeit als
das konventionelle AH Plus-/ Guttapercha-System [60]. Monticelli et al. wiesen eine
höhere Flüssigkeitsundichtigkeit von ActiV GP als von AH Plus in den apikalen
Kanalabschnitten (6; 9 und 12 mm) nach. Des Weiteren entdeckten sie im
Rasterelektronenmikroskop inhomogene Ummantelungen des ActiV GP-Stifts mit dem
Sealer [82]. In einer zweiten Studie von Monticelli et al. zur Undichtigkeit von ActiV GP,
dieses Mal in Zusammenhang mit Bakterienpenetration, kamen die Autoren zu dem
Ergebnis, dass ActiV GP nicht dauerhaft apikal gegen bakterielle Undichtigkeiten
versiegeln kann [81]. Bei einer In-vitro-Untersuchung der Zytotoxizität im Vergleich zu
AH 26 wurde festgestellt, dass frisch angemischtes ActiV GP eine geringere
Zytotoxizität aufweist als AH 26, jedoch im abgebundenen Zustand ActiV GP
zytotoxischer ist als AH 26. AH 26 gilt ausgehärtet als unbedenklich und ActiV GP als
gering zytotoxisch. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass es sich dabei um eine In-
vitro-Untersuchung an L929-Zellen handelte [30]. In einer Langzeitstudie wurde
nachgewiesen, dass Glasionomer-Sealer im Bindegewebe von Ratten gut toleriert
werden [65].
19
Sealer auf Methacrylat-Basis
Bis heute wurden vier Generationen von methacrylatbasierenden
Wurzelkanalzementen vorgestellt. Der Vertreter der ersten Generation ist Hydron.
Hydron, hauptsächlich aus 2-Hydroxyethyl-Methacrylat (HEMA) bestehend, kam bald
nach Markteinführung in Verruf, da die Biokompatibilität sowie die physikalischen und
klinischen Eigenschaften deutlich schlechter waren als vom Entwickler angenommen.
So zeigten einige Studien bei Anwendung von Hydron deutliche Undichtigkeiten
[87,104]. Nicht ätzende, dual härtende, hydrophile Methacrylatsealer wie z. B.
EndoREZ bilden die zweite Generation. Die dritte Generation stellen die
selbstätzenden Systeme dar, bestehend aus einem selbstätzenden Primer und einem
dualhärtenden Sealer, Beispiele hierfür sind FibreFill RCS, Resilon, Epiphany und
RealSeal. Als momentan vierte und letzte Generation wurden die selbstätzenden,
selbstklebenden und dualhärtenden Sealer entwickelt, darunter Hybrid Root SEAL,
MetaSeal und RealSeal SE. Die Kombination aus Ätzmittel, Primer und Sealer in
einem All-in-one-System reduziert die Applikationszeit und soll das Auftreten von
Fehlern zwischen den einzelnen Bonding-Schritten verhindern [63].
Hybrid Root SEAL
Der in dieser Studie untersuchte Sealer Hybrid Root SEAL (J. Morita Europe GmbH,
Dietzenbach, Deutschland) wurde von Sun Medical in Japan entwickelt und wird auch
unter dem Namen MetaSeal (Parkell Inc., Edgewood, NY, USA) in den USA vertrieben
(Abb. 2; S. 20). Hierbei handelt es sich um einen dualhärtenden, selbstätzenden
Wurzelkanalsealer, welcher somit keinen separaten, selbstätzenden Primer zur
Haftung am Wurzeldentin benötigt. Der Hersteller geht davon aus, dass sein Produkt
durch Ausbildung einer Hybridschicht sowohl an Wurzelkanaldentin als auch an
Guttapercha haftet und so für eine gute Dichtigkeit sorgt, zudem sei Hybrid Root SEAL
einfach und praktisch in der Anwendung und besitze eine ausgezeichnete
Biokompatibilität [1]. Dieser neuartige Sealer basiert auf einem Monomethlyacrylat-
Gemisch, eine Kombination aus HEMA und 4-Methacryloxyethyltrimellitanhydrid (4-
META) [5]. 4-META ist ein adhäsives saures Monomer zur Dekalzifizierung der
Zahnsubstanz und durchdringt laut Herstellerangaben dabei den Smear layer zur
Ausbildung einer Hybridschicht [2].
20
Abb. 2: Hybrid Root SEAL (Pulver und Flüssigkeit)
In jüngster Zeit wurden in mehreren Studien Eigenschaften des Hybrid Root SEAL im
Vergleich zu anderen selbstätzenden sowie nicht ätzenden Sealern untersucht, die
sich wie folgt zusammenfassen lassen:
Hybrid Root SEAL weist eine niedrigere Viskosität als AH Plus auf und besitzt eine
neunmal kürzere Abbindezeit [78]. Mehrere Studien zeigten, dass MetaSeal bzw.
Hybrid Root SEAL höhere Haftkräfte, also besseren Verbund zum Wurzelkanaldentin,
bei Push-out-Tests besaßen als andere Sealer auf Methacrylat-Basis wie RealSeal,
RealSeal SE, Epiphany und Epiphany SE [11,26,120]. Babb et al. zeigten zudem, dass
die Haftkraftwerte des nicht ätzenden Kunstharzsealers EndoREZ deutlich niedriger
lagen [11]. Lawson et al. hingegen veröffentlichten, dass bei dem ebenfalls nicht
ätzenden Sealer AH Plus-Jet die Push-out-Kräfte deutlich über denen von MetaSeal
lagen, insbesondere wenn die warme vertikale Kondensationstechnik zur
Wurzelkanalfüllung eingesetzt wurde. Dabei machten die Autoren jedoch deutlich,
dass MetaSeal ursprünglich nicht für diese Technik entwickelt wurde. Als ein weiteres
Ergebnis der Studie zeigte sich, dass die Hybridschichtformation im Dentin mit
MetaSeal entweder sehr dünn, lückenhaft oder nicht vorhanden war [70]. Dagegen
beschrieben Pinna et al. das Vorhandensein einer Hybridschicht, wenn EDTA als
Abschlussspülung benutzt wurde. Bei der Spüllösung NaOCl fand sich hingegen keine
21
Hybridschicht. Dies erklärt auch die deutlich schlechteren Dichtigkeitswerte bei den
Tests mit NaOCl als Abschlussspülung [100]. In einem In-vitro-
Flüssigkeitstransportmodell-Test über 24 Wochen zeigte Hybrid Root SEAL
vergleichbare Dichtigkeitswerte wie RealSeal und AH Plus, sowohl in Anwendung mit
Guttapercha als auch mit Resilon [17]. Die Haftung von selbstätzenden Ein-
Komponenten-Sealern (RealSeal SE und Hybrid Root SEAL), von RealSeal und von
AH Plus an Guttapercha und Resilon wurde in einem Scherkraftversuch von Stoll et al.
untersucht. Hierbei wurde gezeigt, dass Hybrid Root SEAL und RealSeal SE deutlich
höhere Scherkräfte aushielten als die übrigen Sealer. Die Autoren erklärten dies mit
der möglichen Bildung einer adhäsiven Verbindung der selbstätzenden Ein-
Komponenten-Wurzelkanalsealer zu Guttapercha und Resilon [121]. Die Zytotoxizität
von MetaSeal ist aufgrund des sauren Monomers 4-META in der ersten Woche im
Vergleich zu AH Plus hoch. Diese nimmt jedoch über die Zeit ab, so dass MetaSeal
nach vier Wochen als nicht toxisch betrachtet werden kann [9,99].
22
5 Ziel der Studie
Das Abschlussspülprotokoll in der Endodontie kann Einfluss auf die Haftfestigkeit
zwischen Sealern und Wurzelkanaldentin nehmen. Ziel dieser Studie ist es, zu
evaluieren, ob der glasionomerbasierende Sealer ActiV GP und der
methacrylatbasierende Sealer Hybrid Root SEAL durch verschiedene Spülprotokolle in
ihren Haftwerten zum Dentin beeinflusst werden.
Da keine Vergleichsstudien in Bezug auf die Scherfestigkeitswerte dieser Sealer in
Abhängigkeit verschiedener Spüllösungen existieren, sollen diese in der hier
vorliegenden In-vitro-Studie anhand eines Pull-out-Tests bestimmt werden.
Anschließend werden die Frakturmodi der einzelnen Versuchsproben bewertet. Diese
Analyse dient dazu, festzustellen, ob ein Zusammenhang zwischen den Frakturmodi
und den ermittelten Haftwerten besteht.
23
6 Material und Methoden
6.1 Schematische Darstellung des Versuchsablaufs
Aufbereitung auf ISO 60, je 2ml Spüllösung laut Endspülprotkoll
einbetten mit Parallelometer in Epoxidharz
maschinell aufbereitet, Zwischenspülung mit NaOCl
säubern und dekapitieren
trocknen, abfüllen und Spreader applizieren
80 Zähne mit gerader Wurzel
80 einkanalige Wurzeln
80 Wurzeln ISO 50,
Arbeitslänge 8 mm
80 Probenblöcke
20 x
Z
itro
nensäure
/
NaO
Cl / N
atr
ium
-A
scorb
at / A
qua
dest.
B
4 H
ybrid R
oot S
EA
L
A 4
ActiV
GP
20 x
Zitro
nen
- säure
/ N
aO
Cl /
Eth
anol
B3 H
ybrid R
oot S
EA
L
A3
ActiV
GP
20 x
Z
itro
nen
- säure
/ N
aO
Cl
B2 H
ybrid R
oot S
EA
L
A2
A
ctiV
GP
20 x
NaO
Cl
B1 H
ybrid R
oot S
EA
L
A1
A
ctiV
GP
Abb. 3: Schematische Darstellung des Versuchsablaufs und Gruppenaufteilung
24
6.2 Auswahl und Vorbereitung der Probenzähne
Für die Studie wurden extrahierte humane Zähne jeden Alters verwendet. Diese
wurden nach der Extraktion bis zum Beginn der Versuche in 0,5 %iger Chloramin-T-
Lösung (Zahnklinik 1, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen) gelagert.
Zähne mit geraden, nicht frakturierten kariesfreien Wurzeln mit intakt ausgebildetem
Apex, d. h. abgeschlossenes Wurzelwachstum bzw. ohne Wurzelresorptionen, wurden
für die Studie ausgewählt. Nach grober Säuberung wurden mittels Scaler (Hu-Friedy,
Chicago, IL, USA) und Skalpell (B.Braun, Tuttlingen, Deutschland) der noch
vorhandene Faserapperat, das Granulationsgewebe und die Konkremente entfernt. Die
gesäuberten Zähne wurden nun an der Schmelz-Zement-Grenze mithilfe eines
diamantierten grünen Schleifers (Meissinger, Neuss, Deutschland) und eines roten
Winkelstücks (W&H, Bürmoos, Österreich) dekapitiert. Anschließend wurden seitlich
drei bis vier Retentionsrillen in den wandstarken oralen und vestibulären Bereich des
koronalen Dentins hinein präpariert um die Haftung der Zahnwurzel im Epoxidharz zu
vergrößern (Abb. 4, S. 25).
6.3 Aufbereitung der Wurzelkanäle
Die Kanäle wurden vollrotierend maschinell mit Crown-down-Technik mit dem
drehmomentkontrollierendem Motor VDW Silver (VDW, München, Deutschland) und
FlexMaster-Instrumenten (VDW, München, Deutschland) aus Nickel-Titan zunächst bis
zur Größe ISO 50 bei einer maximalen Aufbereitungslänge bis ca. 1 mm vor dem Apex
aufbereitet. Als Zwischenspülung diente nach jedem Instrumentenwechsel 3 %ige
NaOCl-Lösung.
Zum Erreichen der standardisierten Wurzelkanallänge von 8 mm wurden die
aufbereiteten Wurzeln an einem Trimmer unter Kontrolle mit einer bei 8 mm markierten
ISO 50 Masterfeile gekürzt. Die Zwischenlagerung der so behandelten Wurzeln sowie
später der Klötzchen und Proben fand in destilliertem Wasser statt, um ein
Austrocknen des Dentins zu verhindern.
25
6.4 Herstellung der Probenblöcke
Die bis ISO 50 aufbereiteten und auf 8 mm Wurzelkanallänge gekürzten Wurzeln
wurden mittels eines Parallelometers und der dort eingespannten FlexMaster-
Masterfeile (ISO 50) senkrecht zur Tischplatte ausgerichtet. Eine Silikonform mit
rechteckiger Hohlform sorgte für eine dimensionsgleiche Herstellung aller 80
Epoxidharzblöcke. Das verwendete selbstpolymerisierende Epoxidharz Technovit 4071
(Heraeus Kulzer, Wehrheim, Deutschland) wurde in einem Pulver-
Flüssigkeitsverhältnis von 2:1 nach Herstellerangaben angemischt und im zähflüssigen
Zustand in die Silikonform eingebracht (Abb. 5, S. 26). Nun erfolgte unter größter
Vorsicht die zügige Absenkung des Parallelometers mitsamt der an der Masterfeile
fixierten Wurzel in die Masse bis zum koronalen Ende der Wurzel (Abb. 6, S 26), ohne
dass es zu einer Kontamination des Wurzelkanaleingangs mit dem Epoxidharz kam
(Abb.7, S. 27).
Auf diese Weise entstanden rechteckige Probenblöcke mit einer Parallelität zwischen
Masterfeile, Kanal und Epoxidharzblock. Diese Parallelität diente dazu, dass beim
späteren Auszugsversuch nur vertikale Kräfte und keine unerwünschten horizontalen
Kräfte auftraten.
Abb. 4: Aufbereiteter, gekürzter und mit Retentionsrillen versehener Probenzahn
26
Abb. 6: Absenken des Probenzahns in das flüssige Technovit
Abb. 5: Probenzahn in Masterfeile eingespannt, Technovit wird in die Form gegossen
27
6.5 Vorbereitung der Spreader
Für den Versuchsaufbau wurden Stahlspreaderrohlinge (Densply, Konstanz,
Deutschland) der Größe ISO 25 auf die Größe ISO 55 adjustiert und anschließend
nach Einprobe auf Tug-fit-Passung verwendet. Diese wurden vor dem Einsetzen
entgratet, entfettet und anschließend die Oberfläche zunächst mit Korundbestrahlung
(Rocatec-Pre, 3M ESPE, Seefeld, Deutschland) gereinigt, aktiviert und dann mit
Rocatec-Plus (3M ESPE, Seefeld, Deutschland) silikatisiert.
Auf diese Weise wurden optimale Oberflächenbedingungen zum Anhaften der Sealer
geschaffen. Das Nutzen von Spreadern war in diesem Auszugsversuch zur
Bestimmung der Scherhaftkraft aus zwei Gründen wichtig: Einerseits verformt sich der
Stahlspreader beim Zugversuch nicht, er bietet somit einen guten Angriffspunkt für die
Zugkräfte. Andererseits presst er den Sealer im Kanal zu einer dünnen Schicht aus.
Abb. 7: Aushärten des Technovits in der Silikonform
28
6.6 Abschlussspülprotokolle
Die Wurzelkanäle der 80 Probenklötzchen wurden abschließend bis zur Endgröße
ISO 60 vollrotierend aufbereitet (siehe oben) und dann auf acht Gruppen (zwei
Versuchsreihen mit jeweils vier Untergruppen) à 10 Wurzeln zufällig verteilt.
Anschließend wurde an je 10 Wurzelkanälen das für jede Gruppe vorgegebene
abschließende Spülprotokoll (Tab. 3 und 4,) durchgeführt. Hierbei wurden die
Spüllösungen mit einer 2 ml-Einmalspritze (Omnifix, B.Braun, Melsungen,
Deutschland) und geraden Endospülkanülen (Transcoject, Neumünster, Deutschland)
appliziert. Dabei wurde auf eine gleichmäßige, ca. 1 min dauernde Spülung geachtet.
Die Wurzelkanäle und damit die interkanalären Dentinflächen wurden schließlich durch
mehrmaliges Einbringen von Papierspitzen der Größe ISO 55 (Henry Schein, Melville,
NY, USA) getrocknet.
Gruppe Sealer Spülprotokoll
A1
ActiV GP
NaOCl (3 %)
A2 Zitronensäure (40 %) + NaOCl (3 %)
A3 Zitronensäure (40 %) + NaOCl (3 %) + Ethanol (96 %)
A4 Zitronensäure (40 %) + NaOCl (3 %) + Na-Ascorbat (10 %) / Aqua dest.
Tab. 3: Spülprotokolle der ActiV GP-Gruppen
Gruppe Sealer Spülprotokoll
B1
Hybrid Root SEAL
NaOCl (3 %)
B2 Zitronensäure (40 %) + NaOCl (3 %)
B3 Zitronensäure (40 %) + NaOCl (3 %) + Ethanol (96 %)
B4 Zitronensäure (40 %) + NaOCl (3 %) + Na-Ascorbat (10 %) / Aqua dest.
Tab. 4: Spülprotokolle der Hybrid Root SEAL-Gruppen
6.7 Einbringen von Sealer und Spreader
Gruppe A: ActiV GP (Brasseler USA, Savannah, GA, USA) wurde nach
Herstellerangaben mit einem Verhältnis von Portionierlöffel Pulver zu
Flüssigkeitstropfen von 1:3 (P:F-Verhältnis 1,3 g / 1 g) auf einer Glasplatte angemischt.
29
Mithilfe einer bidirektionalen EZ Fill-Spirale (EDS, Hackensack, NY, USA) sowie dem
VDW Silver wurde der Sealer anschließend rotierend bei 800 U/min in den Kanal
eingebracht. Der zuvor vorbereitete Stahlspreader (siehe oben) wurde ebenfalls mit
ActiV GP bestrichen und unter leichtem Fingerdruck bis zu einer maximalen
Aufbereitungstiefe von 8 mm eingebracht. Der überschüssige Sealer am Kanaleingang
wurde mittels Schaumstoffpellets entfernt, um eine ungewollte Vergrößerung der
Sealer-Dentin-Haftfläche zu vermeiden.
Gruppe B: Hybrid Root SEAL (J. Morita Europe GmbH, Dietzenbach, Deutschland)
wurde ebenfalls nach Herstellerangaben mit einem Verhältnis von Portionierlöffel
Pulver zu Flüssigkeitstropfen von 1:3 (P:F-Verhältnis 0,1 g / 0,1 g) für 20 sec auf einem
mitgelieferten Anmischblock mit einem Plastikspatel angemischt. Anschließend wurden
die ebenso mit Hybrid Root SEAL bestrichenen Spreader in den mit Hybrid Root SEAL
befüllten Kanal 8 mm tief appliziert und der Kanaleingang versäubert.
Die Bestandteile der Sealer sind in Tabelle 5 dargestellt:
Die Proben wurden zum Aushärten für zwei Wochen bei 23 °C und 100 %
Luftfeuchtigkeit aufbewahrt.
Sealer Zusammensetzung (laut Herstellerangaben)
ActiV GP
Flüssigkeit:
30 % Polyacrylsäure, 10 % Weinsäure
Pulver:
90 % Barium-Aluminiumsilikat-Glaspulver, 10 % getrocknete Polyacrylsäure
Hybrid Root SEAL
Flüssigkeit:
60 % Dimethlyacrylate, 40 % Monomethylacrylate (2-Hydroxyethyl-Methacrylat (HEMA), 4-Methacryloxyethyltrimellitanhydrid (4-META))
Pulver: 80 % Zirconiumoxid, 12 % unkristallisiertes Siliziumoxid (Kieselerde), 8 % Polymerisationsinitiatoren
Tab. 5: Zusammensetzung der Sealer ActiV GP und Hybrid Root SEAL
30
6.8 Messaufbau
Abb. 8: Skizze des Versuchsaufbaus: Zur Scherkraftmessung wird der vorbereitete Probenblock in die Zwick-Universalprüfmaschine eingespannt. Die Vergrößerung zeigt den Wurzellängsschnitt mit einer dünnen Sealerschicht zwischen Dentin und Spreader.
Der in dieser Studie verwendete Messaufbau (Abb. 8) leitet sich von einem Pull-out-
Testverfahren nach D`Arcangelo et al. ab [29]. Die Scherhaftkraftmessung zwischen
Dentin, Sealer und Spreader wurde dabei mittels der Zwick-Universalprüfmaschine
„Zwicki“ (Zwick/Materials Testing, Ulm, Deutschland) durchgeführt. Hierzu wurden die
Probenblöcke nacheinander in eine selbstzentrierende, initial spannungsarme
Zugvorrichtung eingespannt. Zur Vermeidung unerwünschter extraaxialer auf die Probe
wirkender Kräfte wurde einerseits jedes Einspannen auf die richtige räumliche Lage
kontrolliert, andererseits wurden die Haltebranchen für Spreader und Block so
ausgewählt, das sie sich unter Zug entlang der Stiftachse schließen konnten (Abb. 9
und 10, S. 31). Die Software eines an die universale Testmaschine angeschlossenen
Computers protokollierte das auftretende Spannungs-/ Dehnungsdiagramm (N/µm)
sowie die Stelle des adhäsiven Versagens mit Fmax in Newton.
31
Nach zweiwöchiger feuchter Lagerung der Proben bei 23 °C wurden die Haftwerte der
getesteten Sealer an der Dentinkanalwand durch einen Scherversuch ermittelt. Hierbei
bewirkten die axialen Zugkräfte an der Längsachse eine Dezementierung des Stiftes,
gemessen und aufgezeichnet wurde dabei der Versagungswert (N) des Haftverbundes.
Um die Scherhaftkräfte in MPa zu erhalten, wurden die gemessenen Versagungswerte
(N) durch die Haftfläche (mm2) zwischen Sealer und Kanalwand dividiert:
( ) ( )
( )
Abb. 9: In die untere Halte-branche eingespannte
Probe
Abb. 10: Fertig in die Zwick-Uni-
versalprüfmaschine ein-gespannte Probe vor Messungsbeginn
32
Für die Messreihe wurden folgende Einstellungen an der Zwick-Universalprüfmaschine
gewählt:
Rücklaufgeschwindigkeit 300 mm/min
Prüfgeschwindigkeit 2 mm/min
Kraftabschaltschwelle 50 % von Fmax
Kraftschwelle für Bruchuntersuchung 0,1 % Fnorm
Obere Kraftgrenze 2000 N
Messlänge Standardweg 50 mm
Tab. 6: Versuchseinstellungen an der Zwick-Universalprüfmaschine
6.9 Statistische Auswertung
Die statistische Analyse der Daten erfolgte durch das Softwareprogramm SPSS für
Windows, Version 18.0 (SPSS Inc., Chicago, IL, USA).
Folgende statistische Verfahren wurden angewandt:
der Kolmogorov-Smirnov Anpassungstest
die univariate Varianzanalyse (One-way-ANOVA-Test)
der Post-Hoc-Test (Student-Newman-Keuls-Prozedur)
Das Signifikanzniveau wurde auf α = 0,05 festgelegt.
33
6.10 Bewertung der lichtmikroskopischen Untersuchung der Frakturmodi
Nach dem Pull-out-Versuch wurden die getesteten Spreader unter einem
Lichtmikroskop (Carl Zeiss, Jena, Deutschland) betrachtet, von zwei Seiten fotografiert
und anschließend die Bilder zur Evaluation der einzelnen Frakturmodi ausgewertet.
Der Frakturmodus wurde wie folgt bewertet:
blanker, glänzender Spreader bedeutet adhäsives Versagen am Spreader (AS)
homogene, dünne matte Oberfläche bedeutet kohäsives Versagen im
Sealer (K)
dicke Sealerschicht am Spreader bedeutet adhäsives Versagen am Dentin (AD)
Dabei wurde der vorherrschende Frakturmodus pro Spreader gewertet. Die
Abbildungen 11, 12 und 13 (beide S. 34) zeigen Beispiele für die verschiedenen Modi.
Abb. 11: Adhäsives Versagen am Spreader (AS); Foto: ActiV GP (Gruppe A1)
34
Abb. 12: Kohäsives Versagen im Sealer (K); Foto: Hybrid Root SEAL (Gruppe B1)
Abb. 13: Adhäsives Versagen am Dentin (AD); Foto: Hybrid Root SEAL (Gruppe B3)
35
7 Ergebnisse
7.1 Vergleich der Scherfestigkeit von Hybrid Root SEAL und ActiV GP
Unabhängig vom Spülprotokoll zeigte Hybrid Root SEAL signifikant höhere
Haftfestigkeitswerte im One-way-ANOVA-Test (p < 0,001) als ActiV GP. Der höchste
Mittelwert für die Scherfestigkeit insgesamt wurde in der Hybrid Root SEAL-Gruppe B4
(Spülprotokoll: Zitronensäure / NaOCl / Natriumascorbat / Aqua dest.) erzielt
(Mittelwert: 9,77 MPa), der niedrigste Mittelwert in der ActiV GP-Gruppe A2 beim
Spülen mit Zitronensäure und NaOCl (Mittelwert: 0,17 MPa). Der Post-Hoc-Test für
Mittelwerte der homogenen Untergruppen (Student-Newman-Test) zeigte, dass, wenn
die Art des Sealers ausgeblendet und ausschließlich die Spülprotokolle 1 bis 4
betrachtet wurden, keine signifikanten Unterschiede (p > 0,05) zwischen den
verschiedenen Spülprotokollen messbar waren.
Die nachfolgend abgebildeten Diagramme (Abb. 14 und Abb. 15, S.36) zeigen die
Ergebnisse der Scherfestigkeit in Abhängigkeit vom Spülprotokoll innerhalb und
zwischen den Hauptgruppen A und B.
Abb. 14: Boxplot-Diagramm zur Darstellung der Scherfestigkeit der Sealer AcitV GP und Hybrid Root SEAL in Abhängigkeit vom Spülprotokoll
36
7.2 Ergebnisse der Haftwerte in Gruppe A: ActiV GP
Der One-way-ANOVA-Test zeigte signifikante Unterschiede zwischen den einzelnen
Gruppen (A1 bis A4) von ActiV GP (p < 0,005). Der durchgeführte Post-Hoc-Test
(Student-Newman-Test) ergab zwei homogene Untergruppen (α = 0,05). Dabei zeigte
der Student-Newman-Test, dass die Untergruppe 1 (Gruppe A2) signifikant niedrigere
Haftwerte erreichte als die in Untergruppe 2 eingeteilten Gruppen A1, A3 und A4.
Somit erzielte das Spülen mit Zitronensäure / NaOCl in der Gruppe A2 (Mittelwert:
0,17 MPa) die signifikant schlechtesten Haftwerte bei ActiV GP und in der gesamten
Studie. Bei abschließender Spülung mit Zitronensäure / NaOCl / Alkohol (Gruppe A3)
wurde mit 0,95 MPa der höchste Scherhaftfestigkeitsmittelwert von ActiV GP erreicht.
Die alleinige NaOCl-Spülung bei Gruppe A1 erbrachte niedrigere Haftwerte (Mittelwert:
0,65 MPa) als bei den Gruppen, bei denen nach Schmierschichtentfernung
anschließend mit Alkohol (Gruppe A3 Mittelwert: 0,95 MPa) oder mit Natriumascorbat /
Aqua dest. (Gruppe A4 Mittelwert: 0,79 MPa) gespült wurde. Diese Unterschiede
waren jedoch laut Student-Newman-Test nicht signifikant (p = 0,282).
Abb. 15: Säulendiagramm zur Darstellung der Mittelwerte der Scherfestigkeit beider Sealer in Abhängigkeit vom Spülprotokoll.
37
Das nachfolgende Diagramm (Abb. 16) und die nachfolgende Tabelle (Tab. 7) zeigen
die Ergebnisse der Scherfestigkeit innerhalb der Gruppe ActiV GP in Abhängigkeit vom
Spülprotokoll.
Gruppe Spülprotokoll n Mittelwert in MPa
SD
A1 NaOCl 10 0,65 0,38
A2 Zitronensäure/ NaOCl 10 0,17 0,1
A3 Zitronensäure/ NaOCl/ Alkohol 10 0,95 0,57
A4 Zitronensäure/ NaOCl/ Na-Ascorbat/ Aqua dest. 10 0,79 0,53
Tab. 7: Ergebnisse der Scherfestigkeit in den ActiV GP-Untergruppen
Abb.16: Säulendiagramm zur Darstellung der Mittelwerte der Scherfestigkeit des ActiV GP-Sealers in Abhängigkeit von Spülprotokoll
38
7.3 Ergebnisse der Haftwerte in Gruppe B: Hybrid Root SEAL
Es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede (p > 0,05) zwischen den einzelnen
Untergruppen (B1 bis B4) von Hybrid Root SEAL bei dem One-way-ANOVA-Test. Der
anschließend durchgeführte Post-Hoc-Test ergab nur eine homogene Untergruppe für
alle Spülprotokolle (B1 bis B4). Das Spülen mit Alkohol nach Schmierschichtentfernung
in der Gruppe B3 zeigte die niedrigste Haftkraft (Mittelwert: 8,75 MPa). Das Entfernen
des Smear layers hatte dabei keinen Einfluss auf die Haftfestigkeit, da die Mittewerte
der Gruppen B1 (Mittelwert: 9,49 MPa) und B2 (Mittelwert: 9,44 MPa) fast identisch
waren. Die höchsten Haftkräfte bei Hybrid Root SEAL traten bei Verwendung von
Natriumascorbat/Aqua dest. in der Gruppe B4 auf (Mittelwert: 9,77 MPa). Die
Standardabweichung in den Gruppen B1 bis B4 lag zwischen 3,19 und 4,32.
Das nachfolgende Diagramm (Abb. 17) und die nachfolgende Tabelle (Tab. 8, S. 39)
zeigen die Ergebnisse der Scherfestigkeit innerhalb der Gruppe Hybrid Root SEAL in
Abhängigkeit vom Spülprotokoll.
Abb.17: Säulendiagramm zur Darstellung der Mittelwerte der Scherfestigkeit des Hybrid Root SEAL-Sealers in Abhängigkeit von Spülprotokoll
39
Gruppe Spülprotokoll n Mittelwert in MPa
SD
B1 NaOCl 10 9,49 3,19
B2 Zitronensäure/ NaOCl 10 9,44 4,32
B3 Zitronensäure/ NaOCl/ Alkohol 10 8,75 3,40
B4 Zitronensäure/ NaOCl/ Na-Ascorbat/ Aqua dest. 10 9,77 3,98
Tab. 8: Ergebnisse der Scherfestigkeit in den Hybrid Root SEAL-Untergruppen
7.4 Ergebnisse der Auswertung der Frakturmodi
In der Gruppe ActiV GP (Abb. 18) wurden 10 % der Frakturen am Spreader, 5 % am
Dentin und 85 % kohäsiv im Material verzeichnet. Bei der Hybrid Root SEAL-Gruppe
(Abb. 19, S. 40) lagen 2,5 % der Frakturen als adhäsives Versagen am Spreader,
52,5 % als adhäsives Versagen am Dentin und 45 % als kohäsives Versagen vor.
Der durchgeführte Korrelationstest zwischen Sealermaterial und Frakturmodus bzw.
zwischen Spülprotokoll und Frakturmodus ergab keine signifikant eindeutigen
Ergebnisse. Es lag somit keine Korrelation zwischen den Frakturmodi und dem
Material bzw. dem Spülprotokoll vor.
Abb. 1812: Darstellung der Frakturmodi von ActiV GP (Gruppe A) im
Tortendiagramm
10% 5%
85%
adhäsives Versagen amSpreader
adhäsives Versagen amDentin
kohäsives Versagen imMaterial
40
Abb.19: Darstellung der Frakturmodi von Hybrid Root SEAL (Gruppe B) im
Tortendiagramm
2,50%
52,50% 45%
adhäsives Versagen amSpreader
adhäsives Versagen amDentin
kohäsives Versagen imMaterial
41
8 Diskussion
8.1 Diskussion der Methodik
Auswahl der Probenzähne
Bis zu Beginn der Versuche wurden die in der Studie verwendeten Zähne in 0,5 %iger
Chloramin-T-Lösung gesammelt und aufbewahrt. Zum einem wurde damit das
Austrocknen des Dentins vermieden, zum anderen wurden die frisch extrahierten
Zähne desinfiziert. In einem Microtensile bond strength-Test stellten Mobarak et al.
hierzu fest, dass Zähne, die zwei Jahre in einer 0,5 %igen Chloramin-T-Lösung
gelagert wurden, keine signifikanten Unterschiede in den Haftwerten zu frisch
extrahierten Zähnen zeigten [80]. Somit ist anzunehmen, dass selbst eine längere
Lagerung der Zähne in Chloramin-T-Lösung keine Veränderung der Haftwerte am
Dentin zu Folge hat. Die Zahnwurzeln sowie später auch die Proben wurden in
Aqua dest. bzw. in einer feuchten Kammer gelagert, um ein Austrocknen des Dentins
zu verhindern und um mit Feuchtigkeit und Wärme ähnliche Bedingungen wie im Mund
zu simulieren.
Die Studie wurde bewusst an humanen und nicht an bovinen Zähne durchgeführt, um
die tatsächliche klinische Situation möglichst weitgehend zu simulieren. Außerdem
herrscht in der Literatur keine endgültige Einigkeit darüber, ob bovines Dentin
verglichen mit humanen Dentin die gleichen Ergebnisse bei Scherfestigkeitstests
erzielt [41,103,113].
Es wurden Zähne verschiedenen Alters verwendet. Dabei ließ sich nicht ausschließen,
dass altersbedingte Veränderungen am Wurzelkanaldentin wie Sklerosierungen,
Tertiärdentinbildung, Verkalkungen oder Mikrorisse die Ergebnisse beeinflussten.
Jedoch wurde durch die randomisierte Zuordnung der Zähne zu einer der acht
Versuchsgruppen der Einflussfaktor „Alter des Zahnes“ reduziert. Zudem wurde in der
Studie in einem Pull-out-Test die Scherfestigkeit im gesamten Kanal gleichzeitig
gemessen (siehe unten). Durch diese Testmethode wurde der Einfluss der möglichen
apikalen Sklerosierung auf die resultierenden Messwerte verringert.
Die ausgewählten einkanaligen Wurzeln mit geraden und runden Wurzelkanalverläufen
sollten eine unerwünschte Keilwirkung des Spreaders im Kanal beim Auszug
verhindern. Dies und das maschinelle Aufbereiten mit FlexMaster dienten dazu,
nahezu gleich große Wurzelkanäle der Größe ISO 60 herzustellen, so dass die
Dentinwandoberflächen und damit auch die Sealerstärken in allen Proben möglichst
42
identisch waren. Es ist dennoch nicht auszuschließen, dass die Formen der Wurzeln
und damit die der Kanäle in Breite und Verlauf variierten. Doch gerade bei Tests von
adhäsiven Sealern sind identische Sealerschichtstärken der einzelnen Proben von
großer Bedeutung. Zu dicke Sealerstärken führen beispielsweise aufgrund der
Polymerisationsschrumpfungen zu erhöhten Spannungen am Sealer-Dentin-Interface
und könnten somit eine geringere Scherfestigkeit zur Folge haben. Schwankende
Sealerschichtstärken sind daraus resultierend eine mögliche Ursache für erhöhte
Standardabweichungen bei adhäsiven Sealern.
Beim Aushärten von Technovit bei der Probenherstellung treten durch die
Polymerisation erhöhte Temperaturen auf. Um einen Einfluss der Temperatur auf den
Sealer-Dentin-Verbund auszuschließen, wurden die Wurzeln zunächst auf ISO 50
aufbereitet, in Technovit eingebettet und erst anschließend auf die Endgröße ISO 60
aufbereitet und abgefüllt.
Einsatz von Spreadern zur Analyse des Haftverbunds
Der für die Studie gewählte Pull-out-Test nach D`Arcangelo [29] lässt keine
Verwendung von weicher Guttapercha als Stiftmaterial zu, da diese sofort unter
Zugbelastung reißen würde, ohne aussagekräftige Werte liefern zu können. Aus
diesem Grund wurden experimentelle Stahlspreader anstelle von Guttaperchastiften
verwendet.
Die Stahlspreader sorgen für die nötige Kraftübertragung der Testmaschine auf die zu
testende Grenzfläche. Sie haben hierbei den Vorteil, dass bei den zu erwartenden
Kräften keine Verformung des Stahls und damit keine Ergebnisverfälschung auftritt.
D`Arcangelo et al. zeigten, dass zu dicke oder zu dünne Sealerstärken die Werte des
Pull-out-Tests negativ beeinflussen [29]. Um eine Klemmwirkung zwischen Spreader
und Kanalwand während des Scherversuchs zu verhindern und damit einen
zusätzlichen Faktor auszuschließen, wurde mit ISO 55 die Spreadergröße kleiner
gewählt als die endgültige Aufbereitungsgröße der Kanäle (ISO 60). Die Wahl eines
konischen Stiftes diente dazu, eine Parallelpassung zu verhindern. Durch eine Tug-fit-
Probe der Spreader im Kanal wurde die Passgenauigkeit jedes Stiftes überprüft.
Ungenauigkeiten und Artefakte an der Grenzfläche Spreader-Sealer wurden durch ein
Entgraten und Entfetten der Spreader reduziert. Die Oberflächen der Spreader wurden
silanisiert und silikatisiert. Dies diente dazu, möglichst gute Haftbedingungen für den
43
Sealer an der Stahloberfläche zu generieren, denn beim Test sollte primär das
Versagen der Haftung von Sealer am Dentin gemessen werden.
Im Rahmen dieser Studie wurde die single-cone-Technik als Obturationstechnik
eingesetzt, da aufgrund des Einsatzes des Spreaders keine alternative
Obturationstechnik simuliert werden konnte. Die single-cone-Technik sorgte für eine
möglichst hohe Sealerpenetration der Dentinoberfläche [140]. Eine ausreichende und
homogene Verteilung des Sealers im Kanal wurde des Weiteren durch die
Verwendung einer EZ-Fill-Spirale mit maschinellem Antrieb sicher gestellt, wodurch ein
zuverlässiges Sealerplacement garantiert wurde. Zum Erreichen eines immer identisch
dünnen Sealerfilms wurde das überschüssige Material durch den unter Fingerdruck
eingebrachten Spreader aus dem Wurzelkanal gepresst.
Auswahl der Spülprotokolle
Der Einfluss des Smear layers auf die Haftwerte der zu testeten Sealer wurde
gemessen, indem bei Spülprotokoll 1 nur mit NaOCl, als Smear layer-positive Gruppe,
gespült wurde und in den Spülprotokollen 2, 3 und 4 Zitronensäure und NaOCl
verwendet wurden [139]. Die verwendete Zitronensäure ist hinsichtlich ihrer
Reinigungseffizienz mit dem alternativ in der Endodontie eingesetzten EDTA
vergleichbar. Zitronensäure besteht aus kleineren Molekülen, kann daher mehr
Calcium als EDTA binden und ist bei der Entkalkung des Smear layers sowie des
Dentins effizienter [73]. Zudem ist Zitronensäure sehr günstig in der Anschaffung.
Die Anwesenheit des Smear layers an der Wurzelkanalwand verhindert das Eindringen
des Sealers in die Dentintubuli. In einer Studie mit verschiedenen Sealern konnte eine
Penetration in die Tubuli bis zu einer Tiefe von 35 bis 80 µm gemessen werden, wenn
der Smear layer vorher mit EDTA entfernt wurde [66].
Alkohol entzieht den Dentintubli Flüssigkeit und trocknet so das Kanalsystem bis in die
Tiefe der Tubuli [98]. Bei feuchtigkeitsempfindlichen Sealern kann das Verwenden von
Alkoholspülungen daher einen positiven Effekt haben. So zeigten Roggendorf et al.,
dass bei dem glasionomerbasierendem Sealer Ketac Endo die Sealerdichtigkeit im
Farbstoffpenetrationstest signifikant erhöht war, wenn der Wurzelkanal vor dem
Einbringen des Sealers mit Alkohol und Papierspitzen getrocknet wurde [105].
Natriumascorbat kann die bei einigen Sealer auftretenden negativen Effekte von
NaOCl auf die Haftwerte von Sealern am Dentin reduzieren oder komplett eliminieren.
44
Insbesondere bei Hybrid Root SEAL war es von Interesse, ob Natriumascorbat einen
positiven Effekt auf die Scherfestigkeit haben wird.
Testverfahren
Es gibt verschiedene Methoden, um die Scherhaftkräfte am Dentin zu ermitteln wie
beispielsweise der Push-out-Test, die Scherversuche, die Zugversuche oder die
Miniaturauszugsversuche A und B. Eine größtmögliche Haftung des Sealers an das
Kanalwanddentin sorgt für ein möglichst gutes Versiegeln des Kanals und schützt
damit langfristig besser gegen das Eindringen von pathologischen Keimen [68]. Die
unterschiedlichen Verfahren zur Scherkraftermittlung können sich wie folgt
zusammenfassen lassen:
Push-out-Test an dünnen Dentinscheiben (Ausstoßversuch)
Beim Ausstoßversuch werden nach Stiftzementierung oder Wurzelkanalfüllung die
Wurzeln in eine Serie von 1 bis 2,5 mm dünnen transversalen Scheiben geschnitten
und diese anschließend einzeln in eine Testvorrichtung planparallel eingespannt. Jede
Scheibe wird mit einem dünnen, zylindrischen, nicht verformbaren Stempel belastet.
Stempelgröße und Position müssen so gewählt werden, dass es nur zu einem Kontakt
zwischen Stempel und der apikalen Seite des Wurzelstiftes bzw. der Füllung kommt,
um eine Scherspannung an der adhäsiven Schnittstelle zu gewährleisten. In apikal-
koronaler Richtung wird die Probe parallel zur Haftfläche mithilfe eines Stempels bis
zum adhäsiven Versagen belastet. Bei diesem Verfahren erhält man eine Vielzahl von
Proben pro Zahn und kann die unterschiedlichen Haftkräfte der verschiedenen
Kanalabschnitte bestimmen [26,44,49,70]. Bei dem Push-out-Test treten gleichförmige
Scherkräfte ohne Interferenzen von Zugkräften auf, so dass die produzierten und
gemessenen Belastungen zuverlässig direkt auf die adhäsiven Grenzflächen
wirken [128].
Conventional shear / tensile bond strength-Test (konventioneller Scher-/
Zugversuch)
Bei diesen beiden Testverfahren, die sich lediglich in der Richtung der wirkenden Kraft
unterscheiden, wird das zu untersuchende Material auf eine plane Zahnfläche (Dentin
oder Schmelz) meist in Zylinderform großflächig (7 bis 28 mm2) aufpolymerisiert. Bei
dem Scherversuch wirkt die Belastung parallel zur Haftfläche, bei dem Zugversuch
45
senkrecht dazu. Die Haftfläche wird bis zum adhäsiven Versagen belastet. Diese
Versuche sind einfach und schnell durchzuführen, sie sind aber aufgrund einiger
Nachteile in die Kritik geraten: So hängen die Ergebnisse stark von den
experimentellen Bedingungen ab. Außerdem stellen auftretende heterogene
Spannungsverteilungen an der Haftfläche bei Zug- und Scherbelastung die
Übertragbarkeit der gemessenen Ergebnisse infrage. Des Weiteren traten bei einer
adhäsiven Haftkraft von mehr als 15 bis 20 MPa kohäsive Dentinausrisse gehäuft auf
und verhinderten damit eine exakte Bewertung der Haftfläche [19,49,95,136].
Microtensile bond strength-Test A und B (Miniaturauszugsverfahren)
Konventionelle Tests wie beispielsweise die Scher- und Zugversuche (siehe oben)
führen bei den hohen Haftkräften neuer Adhäsivsysteme zu kohäsiven Frakturmodi im
Dentin. Um dennoch eine Bewertung der Haftfläche vornehmen zu können, stellten
1994 Sano et al. das Microtensile-Verfahren vor. Sie zeigten, dass es eine inverse
Beziehung zwischen der Größe der Haftfläche und der Haftkraft gibt – je kleiner die
Grenzfläche zwischen Füllungsmaterial und Zahnhartsubstanz, desto größer die
Haftkraft [94,107]. Bei dem Miniaturauszugsversuch A wird eine Kappe aus
Füllungsmaterial auf die planierte Zahnfläche aufpolymerisiert und der Zahn senkrecht
zur Haftfläche in einheitliche dünne Scheiben geschnitten. Anschließend werden an
der Grenzfläche der scheibenförmigen Probe beidseits Kerben hinein präpariert, so
dass ein sanduhrförmiger Prüfkörper mit kleiner Haftfläche entsteht [107]. Bei dem
Miniaturauszugsverfahren B entsteht die kleine Haftfläche durch das nochmalige
Zerteilen der Scheiben in kleine Prüfstäbchen [49]. Die so entstandenen
sanduhrförmigen (A) oder stäbchenförmigen (B) Prüfkörper bestehen zu einer Hälfte
aus Zahnhartsubstanz und zur anderen Hälfte aus Füllungsmaterial. Zwischen den
Hälften existiert aufgrund dieser Form nur eine kleine Grenzfläche. Die Prüfkörper
werden in einer Testmaschine auf Zug bis zum Versagen belastet. Durch die sehr
kleine Grenzfläche resultiert eine bessere Spannungsverteilung während der
Belastung. Dies führt zum Versagen in eben dieser und es kommt nur selten zu
unerwünschten kohäsiven Dentinausrissen, so dass eine Messung der adhäsiven
Grenzfläche gut möglich ist [112]. Zudem erhält man auf diese Weise viele
Einzelproben pro Zahn und kann regionale Unterschiede in der Grenzfläche
evaluieren. Jedoch wird bei der Probenherstellung einige Erfahrung benötigt. Das
Testmaterial muss mindestens eine Adhäsion von 5 MPa am Zahnhartgewebe
besitzen, sonst kommt es schon beim Herstellen der Proben zum frühzeitigem
46
Versagen. Außerdem induziert möglicherweise das mehrfache Segmentieren
Spannungen an der Haftfläche, dadurch können die Ergebnisse verfälscht werden
[6,56].
Im Microtensile-Test können des Weiteren die adhäsiven Kräfte von zementierten
Stiften am Wurzelkanaldentin gemessen werden. Schneidet man Wurzeln mit
Stiftzementierung transversal in Scheiben und präpariert seitlich zwei Kerben bis zur
Wurzelfüllung in das Dentin, so erhält man eine sanduhrförmige Probe. Für eine
stäbchenförmige Probe mit dem Aufbau Dentin/Stift/Dentin wird zweimal longitudinal
parallel in die Stiftperipherie geschnitten. Die auf diese Weise entstandene
Wurzelscheibe mit zentral gelegenem Stift wird schließlich transversal in Stäbchen
geteilt. Aufgrund der generell geringen Haftwerte bei zementierten Stiften, kamen
Goracci et al. zu dem Ergebnis, dass Push-out-Tests im Vergleich zu Microtensile-
Verfahren die zuverlässigere Messmethode darstellen [50].
Pull-out-Test am Stahlspreader
In dieser Arbeit wurde ein Pull-out-Versuch durchgeführt, bei dem durch axiale
Zugbelastung am Spreader Scherkräfte parallel zur Dentin-Sealer-Verbundfläche
gemessen wurden. Hierbei wurden großflächig und in allen Dentinbereichen
gleichzeitig die Haftkräfte getestet ähnlich der realen klinischen Situation und nicht wie
bei Push-out-Tests die regionalen Haftkräfte von Wurzelkanalfüllmaterial zum
Kanaldentin evaluiert. Die Größe der Haftfläche (A) war bei den Proben durch die
Arbeitslänge (8 mm) und die Aufbereitungsgröße (ISO 60) normiert und lässt sich als
Kegelflächenabschnitt wie folgt berechnen:
(
) .
Dass koronale, mittlere und apikale Dentinbereiche zusammen getestet werden, stellt
einen der wesentlichen Unterschiede zu den sonst üblichen Push-out-Verfahren dar,
welches Aussagen zu Unterschieden einzelner Abschnitte in den Testversuchen
zeigen kann. Bei den Microtensile-Verfahren treten immer wieder frühzeitige
Probenverluste bei der Stäbchenherstellung oder dem Präparieren der Sanduhrform
auf [38]. Dieser verfrühte Probenverlust während der Herstellungsphase scheint bei
Micro-Push-out-Versuchen zwar eine untergeordnete Rolle zu spielen, es kann aber
nicht ausgeschlossen werden, dass die Segmentierung der Proben und das
Einspannen der fragilen Testkörper zu Artefakten führt. Diese können bei dem in dieser
47
Studie angewendeten Pull-out-Test nicht auftreten, da bei diesem Versuchsaufbau
nicht segmentiert wurde. Zudem war es auch das Ziel dieser Studie, einen der
klinischen Situation entsprechenden Versuchsaufbau einzusetzen, was durch die Pull-
out-Versuchsanordnung gewährleistet wurde.
Verschiedene Vorschubgeschwindigkeiten von 1 mm/min bzw. 2 mm/min zeigten in
Vorversuchen keine Unterschiede in den Ergebnissen. Niedrige
Vorschubgeschwindigkeiten können jedoch zu einer Verformung des Sealers führen,
so dass sich die Kurve des Spannungs-/Dehnungsdiagramm verändert und
möglicherweise ein höheres Fmax ermittelt wird. Aus diesem Grund wurde bei der
vorliegenden Arbeit eine Vorschubgeschwindigkeit von 2 mm/min gewählt.
8.2 Diskussion der Ergebnisse
Der C-Faktor
Während der Polymerisierung von Kompositen kommt es aufgrund von Volumen-
schrumpfungen zu Spannungen im Material und an den Haftflächen zur
Zahnhartsubstanz. Diesen Spannungen wird durch Umformen und Nachfließen der
nicht an Zahnhartsubstanz gebundenen Kompositanteile zum Teil
entgegengewirkt [18].
Das Verhältnis von in einer Kavität an einer Oberfläche gebundenem zu
ungebundenem Komposit ergibt den sogenannten C-Faktor (engl. „configuration
factor“). Je mehr gebundene Oberfläche vorhanden ist, desto höher sind die
Schrumpfungskräfte im Komposit und desto höher ist der daraus resultierende C-
Faktor [35]. Des Weiteren ist die Schrumpfungsspannung (S-Faktor) von der
Volumenschrumpfung abhängig. Die Volumenschrumpfung selbst hängt wiederum von
der Dicke des Volumens und den Materialeigenschaften des Komposits ab [126].
Diese Beobachtungen wurden bei der adhäsiven Füllungstherapie gewonnen. Sie sind
aber auch beim Einsatz von methacrylatbasierenden Wurzelkanalsealern von großem
Interesse und Bedeutung. Einerseits besitzen adhäsive Sealer einen geringeren
Füllstoffanteil als normale Komposite. Durch den reduzierten Füllstoffanteil wird eine
niedrigere Viskosität erreicht und somit das Benetzen des gesamten Kanal ermöglicht.
Jedoch wird das Risiko einer vergrößerten Schrumpfung durch den geringeren
Füllkörperanteil erhöht. Andererseits sorgt die lange, dünne Kanalgeometrie mit nur
einer sehr kleinen ungebundenen Fläche am Kanaleingang für einen sehr hohen C-
48
Faktor. Dieser Umstand wirkt sich gerade in den apikalen Bereichen negativ auf die
Spannungsentlastung durch Fließvorgänge aus und verursacht mit hoher
Wahrscheinlichkeit ein Debonding einiger Anteile der Wurzelkanalfüllung von der
Kanalwand [126].
Haftwerte von ActiV GP
Die Zitronensäurespülung sorgte bei der Gruppe A2 für eine Entfernung des Smear
layers [15,101] und zu einer Erhöhung der H+-Ionen-Konzentration im Kanal. Eine zu
starke Säurewirkung der Zitronensäure, die durch nur eine nachfolgende NaOCl-
Spülung eventuell nicht ausreichend neutralisiert wurde, ist eine denkbare Erklärung
für die niedrigen Haftwerte bei Gruppe A2 (Mittelwert: 0,17 MPa) im Vergleich zu den
Gruppen A3 (Mittelwert: 0,95 MPa) und A4 (Mittelwert: 0,79 MPa). Möglicherweise
beeinflusste die erhöhte Konzentration von H+-Ionen die Abbindereaktion des
Glasionomerzements negativ. Dies würde auch erklären, warum in Gruppe A3 und A4
trotz Entfernung des Smear layers höhere Scherhaftkräfte möglich waren. Die längeren
Spülprotokolle bei den Gruppen A3 und A4 könnten zu einer Reduktion der H+-Ionen-
Konzentration durch Ausspülung geführt haben.
Eine weitere mögliche Erklärung für die signifikant niedrigeren Haftwerte in Gruppe A2
könnte der Einfluss des Wassers sein. Feuchtigkeit verändert während des
Abbindevorgangs und danach die physikalischen Eigenschaften des
Glasionomerzements [85]. Die richtige Wasserbalance, durch Wasseraufnahme und
Wasserabgabe, ist möglicherweise die wichtigste und am wenigsten verstandene
Problematik während der Glasionomer-Abbindereaktion. Eine Wasseraufnahme
beispielsweise führt zu einer gewissen Materialexpansion und zu einer Reduktion der
Festigkeit [85]. Schäfer et al. zeigten, dass der Glasionomerzement-Sealer Ketac Endo
eine erhöhte Löslichkeit in Wasser besitzt und durch Auswaschung stark an Gewicht
verliert [110].
Monticelli et al. gaben zu bedenken, dass selbsthärtender Glasionomerzement ähnlich
wie auch Komposite während der Abbindephase schrumpft [82]. Dieser Kontraktions-
stress kann durch erhöhte Wasseraufnahme jedoch umgekehrt werden und zu
Expansionsstress führen [36].
Es liegt nahe, dass auch ActiV GP möglicherweise anfällig für Wasseraufnahme und
Auswaschung ist. Diese Annahme könnte ein Grund für das Ergebnis der Gruppe A2
sein. Hier wurde durch die Entfernung des Smear layers ermöglicht, dass es zu einem
49
Flüssigkeitsaustritt aus den in Gruppe A1 verschlossenen Dentintubuli in den
Wurzelkanal kommen konnte, da das alleinige Spülen mit NaOCl die Smear plugs in
den Tubuliöffnungen nicht entfernt [16]. In Gruppe A3 wurde die Flüssigkeit durch die
Alkoholspülung dem Dentin bis in die tiefen Abschnitte der Dentintubuli entzogen,
während in Gruppe A2 das Dentin lediglich oberflächlich mit Papierspitzen getrocknet
wurde. So besteht die Möglichkeit, dass während und nach dem Abbindevorgang in
der Gruppe A2 weiteres Wasser aus der Tiefe der Tubuli in den Kanal gelangte und
sich negativ auf den Haftverbund von ActiV GP auswirkte.
Ähnliche Beobachtungen wie bei der Gruppe A2 machten auch Hashem et al. (2009).
Die Autoren zeigten, dass die Entfernung des Smear layers durch EDTA ohne den
Einsatz einer weiteren Spüllösung bei ActiV GP zu den signifikant schlechtesten Push-
out-Haftwerten im Test führte. Sie erklärten dies damit, dass EDTA zu einer
Herabsenkung der Oberflächenspannung und zu einer Verringerung der Benetzbarkeit
der Dentinwand führt und somit die Adhäsion von hydrophilen Materialien wie ActiV GP
negativ beeinflusst [53]. Lalh et al. stellten fest, dass bei drei Glasionomer-zement-
Sealern bei Vorhandensein des Smear layers bessere Haftkräfte zu erzielen waren
[68]. Eine andere Studie zeigte hingegen, dass eine Vorbehandlung des Dentins mit
Zitronensäure bei Glasionomerzement-Sealern – hier Ketac Endo – die höchsten
Haftwerte im Versuch erreichte, auch im Vergleich zu reiner NaOCl-Spülung [129].
Die Differenz zwischen den Gruppen A3 und A4 ist möglicherweise aufgrund von
Messungenauigkeiten bei der Durchführung der Studie entstanden.
Bei einer rasterelektronenmikroskopischen Untersuchung verschiedener
Glasionomerzement-Sealer beschrieben Lalh et al. (1999), dass bei dem Versagen der
Scherkraftproben meist kohäsive Frakturen in der Sealerschicht zu beobachten waren,
statt wie eigentlich erwartet Frakturen durch die Sealer-Dentin-Grenzfläche. Die
Autoren schlussfolgerten daraus, dass die Adhäsion zwischen Glasionomerzement-
Sealer und Dentin stärker ist als im Glasionomerzement-Sealer selbst [69]. In der
vorliegenden Studie wurden in den ActiV GP-Untergruppen ähnliche Beobachtungen
bei der Beurteilung der Frakturmodi gemacht. Es zeigte sich, dass die meisten Proben
des Glasionomerzement-Sealers eine kohäsive Fraktur aufwiesen (85 %). Das
gehäufte Auftreten von kohäsiven Versagemodi könnte eine weitere Erklärung für die
sehr geringen Scherkraftwerte von ActiV GP sein. So erklärten Eldeniz et al. in diesem
Zusammenhang, dass möglicherweise die gemessenen kohäsiven Haftkräfte geringer
seien als die tatsächlichen adhäsiven Kräfte am Dentin [33].
50
Vergleich der Haftwerte von ActiV GP und Hybrid Root SEAL
Unter den experimentellen Bedingungen dieser Studie erreicht Hybrid Root SEAL
signifikant höhere Haftwerte im Pull-out-Test als ActiV GP.
Die großen Differenzen bei den Haftwerten zwischen den Sealerarten lassen sich
dadurch erklären, dass in der vorliegenden Studie zwei komplett verschiedene
Materialien getestet wurden: auf der einen Seite der Glasionomerzement-Sealer
ActiV GP, welcher rein chemisch über ionische Bindungen am Dentin haftet [71] und
auf der anderen Seite Hybrid Root SEAL, der adhäsiv, zum Teil unter Bildung einer
Hybridschicht, am Dentin Haftung generiert [100].
Haftwerte von Hybrid Root SEAL
Die vorliegende Studie zeigte keine signifikanten Unterschiede zwischen den einzelnen
Untergruppen von Hybrid Root SEAL (B1 bis B4). Daraus lässt sich ableiten, dass die
verschiedenen Abschlussspülprotokolle keinen Einfluss auf die Scherfestigkeit des
selbstadhäsiven Sealers Hybrid Root SEAL zum Dentin hatten.
4-META als Basis von Hybrid Root SEAL ist in seiner Zusammensetzung ein
amphiphiles Monomer: der hydrophile Rest, die Carboxygruppen, bindet an das Dentin
und die hydrophoben Anteile, aromatische Gruppen, können eine Verbindung zum
festen Kernmaterial eingehen [24]. Nach van Landuyt et al. kommt es bei der Zugabe
von Wasser zum 4-META-Pulver zu einer Hydrolysereaktion. Bei dieser binden zwei
Carboxylgruppen an eine aromatische Gruppe, dabei werden H+-Ionen frei. Aus dieser
Reaktion ergeben sich die demineralisierenden Eigenschaften sowie eine verbesserte
Benetzbarkeit des Dentins [135]. Beides sind entscheidende Faktoren, um die
Adhäsion des Materials an die Oberfläche des Dentins zu fördern [26]. Bei der
Verwendung von 4-META-Produkten kommt es zu einer Imprägnierung des
Kollagenfasernetzes mit Monomer. Zusätzlich führt die Demineralisation der
oberflächlichen Dentinmatrix zu einer teilweisen Auflösung der oberflächlichen
Hydroxylapatitkristalle und damit zu einer Erhöhung der Porosität des Dentins. Dies
ermöglicht die Infiltration des intertubulären Dentins mit Monomer, welches
wahrscheinlich zu einer Hybridschichtbildung (engl. Hybrid layer) führt [24,26]. Diesen
Vorgang nennt man Hybridisierung, er gilt heutzutage als wichtigster Prozess, um
hydrophobe Kunststoffmaterialien mit dem feuchten Dentin zu verbinden [114].
51
Bei einer rasterelektronenmikroskopischen Untersuchung zur Evaluation des
selbstätzenden Potenzials von MetaSEAL stellten Mai et al. fest, dass dieses Potenzial
als eher gering zu bewerten ist. In ihrer Studie war MetaSEAL nicht in der Lage, durch
den bei der Aufbereitung des Kanals verursachten Smear layer hindurch zu ätzen, so
dass das darunterliegende radikuläre Dentin intakt blieb. Ein dünner Hybrid layer von
2 µm entstand nur, wenn der Smear layer vollständig durch eine finale Spülung mit
einer Chelatorspüllösung entfernt wurde, wie dies auch vom Hersteller von MetaSEAL
empfohlen wird [75]. Als Chelatorspüllösung diente in der hier vorliegenden Studie die
Zitronensäure (Gruppe B2).
Die Entfernung des Smear layers zeigte jedoch in dieser Studie keinen messbaren
Effekt auf die Haftfestigkeit am Dentin (vgl. Gruppe B1, Mittelwert: 9,49 MPa;
B2, Mittelwert: 9,44 MPa).
Die Haftwerte in Gruppe B3 (Mittelwert: 8,75 MPa) waren zwar die niedrigsten in allen
Hybrid Root SEAL-Untergruppen, jedoch waren die Unterschiede nicht signifikant
zwischen den Gruppen B1 bis B4 (p > 0,05). Die Spülung mit Alkohol hatte somit nicht
den negativen Effekt auf die Scherfestigkeit, wie es eigentlich zu erwarten gewesen
wäre. Es wurde angenommen, dass durch den verstärkten Entzug des Wassers das
Kollagengeflecht des Dentins zusammenbricht und deshalb der adhäsive Sealer nicht
mehr so gut am Dentin haften kann. Hierzu zeigten Zmener et al. bei einem Farbstoff-
Penetrationstest, dass bei methacrylatbasierenden Sealern (Epiphany und EndoRez)
weder bei mit 95 %igem Alkohol getrockneten noch bei nassen Kanälen gute
Dichtigkeitswerte zu erzielen waren. Signifikant bessere Dichtigkeitswerte wurden
beobachtet, wenn der Kanal im leicht feuchten Zustand befüllt wurde [148].
Nakabayashi et al. kamen 1992 zu dem Ergebnis, dass HEMA-Benetzung an
vorbehandeltem Dentin (10 %ige Zitronensäure + 3 %iges Eisenchlorid) zu einer
entscheidenden Verbesserung der Penetrationsfähigkeit des 4-META/MMA-TBB in die
demineralisierte Dentinmatrix führt. Der 4-META/MMA-TBB-Harz konnte dadurch an
dem modifizierten Dentin signifikant höhere adhäsive Kräfte generieren [88,89]. In der
vorliegenden Arbeit hatte in der Hybrid Root SEAL-Gruppe B3 der trockene Kanal
keinen signifikanten Einfluss auf das Ergebnis, obwohl dies bei anderen
methacrylatbasierenden Sealern zu deutlich schlechteren Ergebnissen führte (siehe
oben). Eine mögliche Erklärung hierfür könnte der im Hybrid Root SEAL vorhandene
Anteil an HEMA sein. Möglicherweise sorgte dieser auch unter trockenen Bedingungen
zu einer Verbesserung der Penetrationsfähigkeit des Kollagenfasernetzes mit 4-META
und schaffte dadurch die Möglichkeit für 4-META, gut am radikulärem Dentin zu haften.
52
Auch das Spülen mit Natriumascorbat (Gruppe B4) brachte keinen messbaren Effekt.
Natriumascorbat als Antioxidationsmittel hat bei einigen Adhäsiven gezeigt, dass es
den negativen oxidativen Effekt von NaOCl aufheben kann [138]. Freie Radikale von
NaOCl können die Polymerisation von Adhäsiven beeinträchtigen und so zu einer
Reduktion der Haftfestigkeit am Dentin führen [23]. Dieser Einfluss konnte in der
vorliegenden Arbeit nicht nachgewiesen werden, da sich die Haftwerte der Gruppen B1
(Mittelwert: 9,49 MPa) und B4 (Mittelwert: 9,77 MPa) nicht signifikant unterschieden.
Eine mögliche Schlussfolgerung aus diesem Ergebnis ist, dass das Oxidationsmittel
NaOCl keine negative Wirkung auf die Polymerisation des 4-META-basierenden
Hybrid Root SEAL hat.
Bei der Auswertung der Frakturmodi war eine Häufung des adhäsiven Versagens am
Dentin erkennbar. Die Ursache dafür könnten möglicherweise auch hohe
Polymerisationsspannungen sein. Wie bereits oben beschrieben (siehe 8.2. C-Faktor;
S. 47) führt die lange und dünne Hohlraumgeometrie des Wurzelkanals zu einem
ungünstigen C-Faktor. In Verbindung mit einer Materialschrumpfung während der
Polymerisation ist davon auszugehen, dass dies bei einem adhäsiven Sealer von
entscheidender Bedeutung sein kann, wenn es um den Halt an der Dentin-Sealer-
Grenzfläche geht.
Stiegemeier et al. beobachteten eine sehr hohe Standardabweichung bei dem in ihrer
Studie verwendeten Push-out-Test mit MetaSEAL. Es wurden deutlich reduzierte
Haftfestigkeiten gemessen, wenn bei Proben Hohlräume zwischen Sealer und
Kernmaterial unter dem Mikroskop erkennbar waren. Das Fehlen von Hohlräumen
führte zu erhöhten Haftwerten [120]. Dies könnte auch in der vorliegenden Arbeit eine
Erklärung für die erhöhten Standardabweichungen in der gesamten Gruppe B sein.
Jedoch wurde beim Applizieren des Sealers und des Spreaders versucht, Hohlräume
zu vermeiden, indem sichergestellt wurde, dass nur gut mit Sealer beschichtete
Spreader langsam in den Kanal eingeführt wurden. Dies diente dazu, Hohlräume durch
Lufteinschlüsse zu vermeiden. Aufgrund des Versuchsaufbaus gab es jedoch keine
Möglichkeit, eventuelle Hohlräume zu erkennen.
53
8.3 Schlussfolgerung
Eine hohe Verbundfestigkeit vom Sealer zum Kanalwanddentin ist eine Voraussetzung
für einen möglichst dichten Verschluss des Kanalsystems und daraus resultierend für
einen langfristigen Schutz gegen das Eindringen von pathologischen Keimen [68]. In
der vorliegenden In-vitro-Studie zeigte Hybrid Root SEAL signifikant höhere Haftwerte
am Wurzelkanaldentin als ActiV GP. Hybrid Root SEAL wurde durch die
unterschiedlichen Abschlussspülprotokolle nicht in der Dentinhaftung beeinflusst. Bei
ActiV GP konnte jedoch ein Einfluss auf den Verbund durch einzelne Spülprotokolle
nachgewiesen werden. So ist das alleinige Entfernen des Smear layers ohne
anschließendes Spülen mit Alkohol oder Natriumascorbat basierend auf den
Ergebnissen dieser Studie nicht empfehlenswert.
Ob die Spülprotokolle auch einen Einfluss auf die apikale Dichtigkeit sowie die
langfristige Überlebensrate der mit ActiV GP bzw. Hybrid Root SEAL gefüllten Zähne
in-vivo, also im Mund des Patienten haben, muss in weiterführenden Studien geklärt
werden.
54
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moist root canal dentin with the use of methacrylate-based endodontic sealers: an in vitro coronal dye leakage study. J Endod 2008;34:76-79.
62
10 Abkürzungsverzeichnis
% Prozent
°C Grad Celsius
µm Mikrometer
4-META 4-Methacryloxyethyltrimellitanhydrid
A Fläche
à je
Abb. Abbildung
AD adhäsives Versagen am Dentin
Aqua dest. destilliertes Wasser
AS adhäsives Versagen am Spreader
BisGMA Bisphenolglykoldylmethacrylat
Ca Calcium
Ca(OH)2 Kalziumhydroxid
CHX Chlorhexidin
CO2 Kohlenstoffdioxid
d.h. das heißt
d Durchmesser
E. faecalis Enterococcus faecalis
EDTA Ethylendiamintetraacetat
E-Modul Elastizitätsmodul
engl. Im englischem
et al. und andere
Er:YAG Erbium:Yttrium-Aluminium-Granat
F Kraft
Fmax Maximale Kraft
g Gramm
GIZ Glasionomerzement
H2O2 Wasserstoffperoxid
HEMA 2-Hydroxyethyl-Methacrylat
K kohäsives Versagen im Sealer
M Molar
Max Maximum
min Minute(n)
ml Milliliter
mm Millimeter
MMA Methyl-Methacrylat
Mpa Megapascal
N Newton
63
NaOCl Natriumhypochlorit
O2 Sauerstoff
OH Alkohol
Pi
S Seite
SD Standardabweichung
Sec Sekunde
Tab. Tabelle
TBB Tri-n-butyl-Borane
TEGDMA Triethylenglykoldimethacrylat
U/min Umdrehungen pro Minute
UDMA Urethandimethacrylat
vgl. vergleiche
z. B. zum Beispiel
ZnO Zinkoxid
α alpha
β beta
64
11 Anhang
11.1 Messergebnisse
Versuchsergebnisse ActiV GP
Spülprotokoll Proben-nummer
Fmax in MPa Mittelwert Standardabweichung
A1
NaOCl
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
0,67 0,22 0,30 1,16 0,48 0,21 0,51 1,26 0,95 0,70
0,6467
0,37729
A2
NaOCl + Zitronensäure
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
0,17 0,39 0,21 0,21 0,17 0,05 0,15 0,09 0,09 0,23
0,1740
0,09702
A3 NaOCl + Zitronensäure + Ethanol
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
0,51 0,41 0,24 1,34 0,87 0,96 0,41 1,97 1,57 1,19
0,9467
0,56930
A4
NaOCl + Zitronensäure + Na-Ascorbat + Aqua dest.
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
1,80 0,41 0,90 0,56 1,54 0,85 0,21 0,89 0,32 0,45
0,7946
0,52688
65
Versuchsergebnisse Hybrid Root SEAL
Spülprotokoll Proben-nummer
Fmax in MPa Mittelwert Standardabweichung
B1
NaOCl
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
8,30 14,89 9,21 12,39 9,16 3,14 9,99 11,32 6,59 9,90
9,4896
3,19097
B2
NaOCl + Zitronensäure
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
7,96 6,57 13,33 15,75 4,97 10,91 12,26 12,86 8,02 1,77
9,4384
4,32072
B3 NaOCl + Zitronensäure + Ethanol
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
8,69 3,03 9,99 9,26 6,05 10,42 10,63 10,46 4,39 14,58
8,7525
3,40049
B4 NaOCl + Zitronensäure + Na-Ascorbat + Aqua dest.
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
11,44 8,13 12,51 5,98 6,66 5,74 16,45 15,66 8,14 7,01
9,7708
3,98240
66
Auswertungsergebnisse: Frakturmodi
ActiV GP
Spreader- nummer
A1 A2 A3 A4
1 AS K K K
2 K K AS K
3 K K K AD
4 K K K K
5 K K K K
6 K AS K K
7 AD K K K
8 K K K K
9 K K K AS
10 K K K K
Gesamt
AS 1
AD 1
K 8
AS 1
AD 0
K 9
AS 1
AD 0
K 9
AS 1
AD 1
K 8
Hybrid Root SEAL
Spreader- nummer
B1 B2 B3 B4
1 AD K AD K
2 AD K AD AD
3 AD K K K
4 K AS AD K
5 K K AD AD
6 AD K AD AD
7 AD AD AD AD
8 K K AD K
9 AD AD K K
10 AD AD K K
Gesamt
AS 0
AD 7
K 3
AS 1
AD 3
K 6
AS 0
AD 7
K 3
AS 0
AD 4
K 6
AS = adhäsives Versagen am Spreader AD = adhäsives Versagen am Dentin K = kohäsives Versagen im Material
67
11.2 Materialliste
Natriumhypochlorit (NaOCl) 3 % Hedinger, Stuttgart, Deutschland
Zitronensäure 40 % Apotheke d. Universitätsklinik Erlangen
Ethanol 96 % Apotheke d. Universitätsklinik Erlangen
Natriumascorbat 10 % Zahnklinik 1, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen/Nürnberg
Aqua dest. Zahnklinik 1, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen/Nürnberg
Chloramin-T-Lösung 0,5 % Zahnklinik 1, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen/Nürnberg
Scaler Hu-Friedy, Leimen, Deutschland
Skalpell Braun, Tuttlingen, Deutschland
Rotes Winkelstück 1:5 W&H, Bürmoos, Österreich
Grüner Schleifer, diamantiert Hager & Meisinger GmbH, Neuss, Deutschland
Technovit 4071® Heraeus Kulzer, Wehrheim, Deutschland
Omnifix 2 ml Einmalspritzen B.Braun, Melsungen, Deutschland
VDW Silver-Motor VDW, München, Deutschland
FlexMaster-Instrumente VDW, München, Deutschland
Endo-Spülkanülen Transcoject, Neumünster, Deutschland
Experimentelle Spreader .02#25 Dentsply Maillefer, Konstanz, Deutschland
Rocatec® 3M ESPE, Seefeld, Deutschland
Papierspitzen # 50,55,60 Henry Schein, Melville, NY, USA
Bi-direktionale EZ Fill Spirale EDS, Hackensack, NY, USA (Vertrieb: Loser)
ActiV GP Sealer Brasseler, Savannah, Georgia, USA
Hybrid Root SEAL J.Morita Europe, Dietzenbach, Deutschland
Universal-Prüfmaschine Zwick Materials Testing, Ulm, Deutschland
Lichtmikroskop Carl Zeiss, Jena, Deutschland
68
12 Danksagung
Mein erster Dank gilt den Lehrstuhlinhabern Herrn Professor Dr. med. dent. Anselm
Petschelt, Direktor der Abteilung für Zahnerhaltung und Parodontologie der
Zahnklinik 1 des Universitätsklinikums Erlangen, sowie Herrn Professor Dr. med. dent.
Roland Frankenberger, Direktor der Abteilung für Zahnerhaltungskunde an der
Universität Marburg für die Überlassung des Themas.
Herzlichst danken möchte ich Herrn Dr. med. dent. Matthias Roggendorf für all die
Mühe und Zeit, die er investiert hat, um mich beim Gelingen dieser Arbeit zu
unterstützen. Vielen Dank für die immer freundliche, hilfsbreite, konstruktive und trotz
alldem humorvolle Art der Begleitung meiner Dissertation.
Mein Dank gilt des weiteren Herrn OA Dr med. dent. Johannes Ebert für die
Unterstützung bei der statistischen Auswertung und für die ein oder andere hilfreiche
Anregung.
Den Mitarbeitern des werkstoffkundlichen Labors der Zahnklinik 1 danke ich für die
Hilfestellungen während der Durchführung des experimentellen Teils dieser Arbeit.
Bei meiner Familie möchte ich mich an dieser Stelle für die einzigartige Unterstützung
während meines Studiums und beim Verfassen dieser Arbeit bedanken. Ohne euch
wäre das alles nicht möglich gewesen.
Zu guter Letzt und ganz besonders möchte ich Eva Rösch danken. Sie hatte immer ein
offenes Ohr, hat mich mit ihren Aufmunterungen und Anmerkungen vorangetrieben
und durch diverses Probelesen meiner Dissertation zum Erfolg dieser beigetragen.
Danke.
69
13 Lebenslauf
Name Jonas Plum
Geburtsdatum 12.06.1986
Geburtsort Aachen
Eltern Norbert Anton Plum
Angelika Theresia Scholz-Plum
Geschwister Teresa Sophie Plum
Adresse Steppenbergallee 90
52074 Aachen
Ausbildung
1992 – 1996 Gemeinschaftsgrundschule Vaalserquartier, Aachen
1996 – 2005 Anne-Frank-Gymnasium, Aachen
06/2005 Abitur am Anne-Frank-Gymnasium, Aachen
07/2005-03/2006 Wehrdienst bei der Luftwaffe
04/2006-09/2011 Studium der Zahnmedizin an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
03/2007 Naturwissenschaftliche Vorprüfung
08/2008 Zahnärztliche Vorprüfung
07/2011 Zahnärztliche Prüfung
07/2011 Approbation als Zahnarzt
10/2011-09/2012 Promotionsstudent an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Seit 05/2012 Assistenzzahnarzt
Praxis Dr. Dr. Th. Helf
Bahnhofsstr. 37
56626 Andernach
70
Eidesstattliche Erklärung
Ich erkläre eidesstattlich, dass mir über die Betreuung der Dissertation mit dem Titel
Einfluss verschiedener Spülprotokolle auf den Haftverbund der
Sealer Hybrid Root SEAL und ActiV GP
zum Wurzelkanaldentin
hinaus keine weitere Hilfe zuteil geworden ist und ich bei der Erstellung der Arbeit
keine anderen als in Dissertation angeführten Hilfsmittel verwendet habe.
Ich versichere, die Dissertation nicht vorher oder gleichzeitig an einer anderen Fakultät
eingereicht zu haben.
Ich habe bis dato an keiner anderen medizinischen Fakultät ein Gesuch um Zulassung
zur Promotion eingelassen.
Erlangen, den
Jonas Plum