AUSBILDUNG LITERATUR ICHHAU’SIE DARAUS! · Service Editorial 4 Foto-Love-Casting 2003 26 Jana...

32
ISSN 1615-4800 EINE ZEITSCHRIFT VON TITEL Strafverteidiger im „Bremer Bunker-Mord“ Pflichtverteidigung als Berufung 25 Jahre Deutscher Herbst Maßregelvollzug in der Krise Beschleunigtes Verfahren in der Kritik AUSBILDUNG Wahlstation Südafrika LITERATUR Empire – Die neue Weltordnung DEZEMBER 2002 Es knistert immer noch... Foto-Love-Story III ICH HAU’ SIE DA RAUS! TITEL Strafverteidiger im „Bremer Bunker-Mord“ Pflichtverteidigung als Berufung 25 Jahre Deutscher Herbst Maßregelvollzug in der Krise Beschleunigtes Verfahren in der Kritik AUSBILDUNG Wahlstation Südafrika LITERATUR Empire – Die neue Weltordnung INTERVIEW Gisela Friedrichsen Gerichtsreporterin beim Spiegel ICH HAU’ SIE DA RAUS! Aspekte moderner Strafverteidigung Aspekte moderner Strafverteidigung INTERVIEW Gisela Friedrichsen Gerichtsreporterin beim Spiegel

Transcript of AUSBILDUNG LITERATUR ICHHAU’SIE DARAUS! · Service Editorial 4 Foto-Love-Casting 2003 26 Jana...

ISSN

161

5-48

00

EINE ZEITSCHRIFT VON

TITELStrafverteidiger im „Bremer Bunker-Mord“Pflichtverteidigung als Berufung25 Jahre Deutscher HerbstMaßregelvollzug in der KriseBeschleunigtes Verfahren in der Kritik

AUSBILDUNGWahlstation Südafrika

LITERATUREmpire – Die neue Weltordnung

DEZEMBER

2 0 0 2

Es kn

istert

immer

noch

...

Foto-

Love

-Stor

y III

ICH HAU’SIE DA RAUS!

TITELStrafverteidiger im „Bremer Bunker-Mord“Pflichtverteidigung als Berufung25 Jahre Deutscher HerbstMaßregelvollzug in der KriseBeschleunigtes Verfahren in der Kritik

AUSBILDUNGWahlstation Südafrika

LITERATUREmpire – Die neue Weltordnung

INTERVIEWGisela FriedrichsenGerichtsreporterin beim Spiegel

ICH HAU’SIE DA RAUS!Aspekte moderner StrafverteidigungAspekte moderner Strafverteidigung

INTERVIEWGisela FriedrichsenGerichtsreporterin beim Spiegel

Wir sind eine auf allen Gebieten desWirtschaftsrechts national und inter-national tätige Rechtsanwaltskanzlei mit Büros in Berlin, Essen, Frankfurtam Main und Köln. Mit anderen Sozie-täten haben wir uns zu der internatio-nalen Allianz D&P zusammengeschlos-sen, über die wir mit mehr als 1.850Berufsträgern in den wichtigsten euro-päischen Wirtschaftsmetropolen und inAsien vertreten sind.

GÖRG Rechtsanwälte genießt seit Jahren einen hervorragenden Ruf als wirt-schaftsrechtlich beratende Sozietät mit Kernkompetenzen im Sanierungs-, Gesellschafts- und Steuerrecht, im Film-, Medien-, IT- und Wettbewerbsrecht, im Bank- und Kapitalmarktrecht, im Arbeitsrecht, im Bau- und Anlagenrechtsowie im Umwelt- und Energierecht.

Wir bilden laufend

Referendarinnen und Referendare

aus. In ihnen sehen wir unsere zukünftigen Kolleginnen und Kollegen und erwarten daher neben hervorragenden Rechtskenntnissen (Prädikatsexamina)ein sicheres Auftreten und verhandlungssichere Fremdsprachenkenntnisse.

Ihre Bewerbung interessiert uns. Richten Sie diese bitte schriftlich an:

Dr. Thomas Bezani Dr. Jobst-Friedrich von Unger Werner LeipnitzSachsenring 81 Klingelhöferstraße 5 Feuerbachstraße 850677 Köln 10785 Berlin 60325 Frankfurt /M.

oder schicken Sie eine e-Mail an: [email protected]

GÖRG Rechtsanwälte is a member of D&P, an international association of law firms.D&P offices: Amsterdam Antwerp Bangkok Barcelona Bergen Berlin Birmingham Bradford Brussels Cologne Copenhagen Edinburgh Essen Frankfurt /M. Genoa Glasgow Hong Kong Leeds Liverpool London Madrid Manchester Milan Moscow Oslo Paris Rome Rotterdam Shanghai Sheffield Singapore Stockholm

Inhalt

3justament dezember 2002

Titelthema

Katharina Mohr 6Verteidiger im „Bremer Bunker-Mord“Ein junger Hamburger Strafverteidiger und sein erster großer Prozess.

Andrea Frank 8Pflicht- und Strafverteidigung aus LeidenschaftRechtsanwältin Seyran Ates aus Berlin übt ihren Beruf aus Überzeugung aus.

Christian Frenzel 10Standgerichte im Rechtsstaat?Das umstrittene beschleunigte Verfahren nach §§ 417 ff StPO.

Thomas Claer 1225 Jahre deutscher Herbst und der moderne TerrorDer moderne Terror als ständiger Begleiterder Menschheit.

Jürgen Jaskolla 14Ein Restrisiko bleibtDer Maßregelvollzug in der Kritik.

Georg Prasser 18Sexualstraftäter – besteht Handlungsbedarf?Strafverschärfung dient nicht dem Opferschutz.

Interview

Die Banalität des Bösen beschreiben 16Ein Gespräch mit der „Spiegel“ - Gerichtsreporterin Gisela Friedrichsen.

Ausbildung

Lutz Niemann 20Deutsche Botschaft Pretoria, SüdafrikaWie die Wahlstation zu einem Erlebnis wird.

Kanzleireport

Patrick Knäble 22Just married – eine neue Kraft für EuropaZu Besuch bei Taylor Wessing in Berlin.

Literatur

Oliver Tolmein, 23Vom Deutschen Herbst zum 11. September

Michael Hardt/Antonio Negri,Empire, Die neue Weltordnung 24

Raymond Geuss, Privatheit, Eine Genealogie 25

Monika Anders/Burkhard Gehle, Das Assessorexamen im Zivilrecht 26

Foto-Love

Just-a-moment in LoveFrauke, die fiese Ex 28

Service

Editorial 4

Foto-Love-Casting 2003 26

Jana Seeliger 27Referendare on tour – Die Referendarstudienfahrt

Impressum 30

Editorial

4 justament dezember 2002

Nach soviel Universität ist die Praxis der Juri-sterei während der Referendarszeit wie ein

römisches Dampfbad. Die einen fühlen sich nunpudelwohl, und für die anderen ist es unerträg-lich. Schuld an der Polarisierung ist der Zauberdes Anfangs, der auch die spröde Juristerei in einbesonderes Licht taucht. Ein Licht, durch dasMacht aufscheint und dessen Faszination eineUnheimlichkeit besitzt, die wir bis dahin nichtkannten. Ein unangenehmes Gefühl und be-sonders deutlich wird es, wenn Du zum erstenMal die schwarze Robe übergestreift hast und imstaatsanwaltlichen Sitzungsdienst das Schluss-plädoyer hältst. Du stehst aufgeregt, die Händelocker vor dem Körper und machst am Ende derVerhandlung Ausführungen zum Strafmaß. Inder Stille, die entsteht, wenn du eine kleine Pausemachst, kann man den Blick des Angeklagtenspüren. Das Leben des jungen Mannes soll sichändern und Du wirst dazu einen Anstoß geben;kleiner Referendar ganz groß.

Dann ist es vorbei. Der Kaffee in der Kantineschmeckt und beim Gespräch mit dem Vertreterder Jugendgerichtshilfe stellt sich heraus, dasszum Beispiel im Monat November von den ver-handelten Angeklagten über 70 % (!!!) Wieder-holungstäter waren. Das sei nun doch außerge-wöhnlich hoch, es zeigt aber, dass sich im Lebendes Heranwachsenden über den eben verhandeltwurde, wahrscheinlich doch nicht so viel ändernwird. Und wenn sich etwas ändert, dann ist dassicher nicht den gut gemeinten staatsanwalt-lichen Anträgen des Referendars zu danken,zumal sich der Richter in seinem Urteilsspruchohnehin nicht daran gehalten hat.

Kommt etwas Routine ins Spiel, merkt mansehr schnell, dass Gerechtigkeit gerade im Straf-recht etwas mit Arbeit zu tun hat und dass demMachtgefühl, dass einem eben noch Kopfzerbre-chen bereitet hat, wohl jedes tatsächliche Funda-ment fehlt. Die Lösung eines Falles liegt - unddas sollte man nicht müde werden sich bewusstzu machen - nicht im „Gerechtigkeitsgefühl“ desso oder so gelaunten Juristen, sondern allein imGesetz.

Natürlich darf man das Quäntchen Verant-wortung, dass man als Referendar oder als Refe-rendarin übertragen bekommen hat, nicht vor-schnell einem Formalismus opfern und wie eineSubsumptionsmaschine, die Gerechtigkeit an derdritten Nachkommastelle eines BAK-Wertes fest-machen. Diese Verantwortung ist wichtig, dennsie ist der Motor für den Willen, dem Guten in

der Welt doch irgendwie auf die Sprünge zu hel-fen.

Im Strafrecht gibt es eine andere Dimensionvon Gerechtigkeit als im Zivilrecht, im dem es imPrinzip „nur“ um die gerechte Verteilung desschnöden Mammons geht. Pi mal Daumen be-deutet das: „Jedem das seine“ und „Allen gleich“.Im Strafrecht dagegen hat man das Gefühl, dasder hinter dem Gesetz stehende Wertekanon vielmoralischer und komplexer ist, weil die Faustre-gel nun „Gut gegen Böse“ heißt. Und das heißteben nicht nur schwarz/weis sehen zu können,sondern auch einzelne Grautöne unterscheidenzu müssen.

Die Leute auf der Straße haben eine klareVorstellung von Strafverteidigern. In der öffent-lichen Meinung sind sie entweder die am Lebengescheiterten Pflichtverteidiger, die alle Scheineviel zu knapp geschlagen haben und die, ob ihrerUnfähigkeit, eigentlich schon Teil der noch zuverhängenden Sanktion sind. Oder sie sind Kom-plizen des Bösen: Die Männer, die im Nadelstrei-fenanzug skrupellos Kinderschänder „rausbo-xen“, nur, um damit richtig Geld zu machen. Einguter Strafverteidiger müsse sich nicht besondersgut im Strafgesetz auskennen, sondern vielmehrin der StPO. Mit geschickten Anträgen zu rechtenZeit, strategischen Tricks und Gesetzeslückenstünde er einer „gerechten“ Strafzuführung nurim Wege.

Was es wirklich bedeutet, Strafverteidiger zusein, was es bedeutet, sich mit dahinterliegendenWerten auseinander zu setzen und was es in derPraxis heißt, Rechtsstaatlichkeit zu verwirklichen,haben wir in versucht in diesem Heft zu zeigen.In der Strafverteidigung gibt es wohl die schil-lerndsten Figuren unter den Anwälten. Sie allezeichnet aus, dass sie den Kampf um Gerechtig-keit oder das „Gute imMenschen“ entschlossenführen. Immer noch be-seelt von dem Zauber,etwas bewirken zu kön-nen. Auch wenn der All-tag uns glauben machenwill, dieser Zauber seinur eine Illusion. Eskommt darauf an ihmfestzuhalten.

Jörg-Ulrich WeidhasLeitender Redakteur

Königsdisziplin Strafverteidigung

Tröndle / Fischer

Strafgesetzbuch und Nebengesetze

Erläutert von Prof. Dr. Herbert Tröndle, Präsident des LG a. D. (38. bis 49. Auflage).Fortgeführt von Prof. Dr. Thomas Fischer, Richter am BGH. 51. Auflage des von Otto Schwarz

begründeten und in der 23. bis 37. Auflage von Eduard Dreher bearbeiteten Werkes

51., neu bearbeitete Auflage. 2003LIII, 2415 Seiten. In Leinen € 66,–

ISBN 3-406-49387-4Erscheinungstermin: Ende November 2002

Jedem Strafjuristen bietet der „Tröndle/Fischer“ alles, was an aktuellem Wissen nötig ist.Wer den Kommentar besitzt, kann sicher sein, eine komplette Übersicht über jede Gesetze-sänderung und über jede wichtige Gerichtsentscheidung zu haben.

Die 51. Auflageinformiert Sie über alle relevanten Entwicklungen des deutschen Strafrechts in den letztenMonaten - präzise, zuverlässig und vollständig.

13 Änderungsgesetze, 28 geänderte Vorschriften: Die Neuauflage verarbeitet u.a.:● das Gesetz zur Bekämpfung gefährlicher Hunde vom 12.4.2001 mit Einfügung des § 143● das Untersuchungsausschussgesetz vom 19. 6. 2001 mit Anfügung von § 153 II● das Prostitutionsgesetz vom 20. 12. 2001 mit Neufassung der §§ 180a, 181a● das einschlägige Gesetz zur Einführung des Euro ● das Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz vom 19. 12. 2001 mit Änderung von § 261● das Gesetz zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches vom 26.6.2002 mit Aufhebung der

§§ 6 Nr. 1 und 220a sowie Änderung der §§ 78 II, 79 II, 126 I Nr. 2, 129a I Nr. 1, 130 III, 138 I Nr. 6, 139 III Nr. 2

● die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 20.3.2002, durch welche § 43a (Ver-hängung der Vermögensstrafe) für verfassungswidrig und nichtig erklärt wurde, und vonder weitere Vorschriften betroffen sind

● das Zuwanderungsgesetz mit Änderung der §§ 261, 276a● das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz mit Änderung des § 266a● das Gesetz zur Ausführung des Zweiten Protokolls mit Änderung der §§ 14, 75, 149, 299● das Gesetz zur Einführung der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung mit Einführung des § 66a● das 34. StÄG mit Einführungen des § 129b.

Neubearbeitungen ● im Allgemeinen Teil betreffen u.a.: die Regelungen über die Schuldfähigkeit, die Vorschriften

über die Freiheits- und die Geldstrafe, das Fahrverbot, den Täter-Opfer-Ausgleich, die Verhängungkurzer Freiheitsstrafen und die Anrechnung, die Strafaussetzung, den Verfall

● im Besonderen Teil betreffen u.a.: Abgeordnetenbestechung, die Straftaten gegen dieöffentliche Ordnung, den ganzen Abschnitt über Betrug und Untreue, die Vorschriften überden Geheimnisverrat und über die Sachbeschädigung

Neue Erläuterungen zu aktuellen Fragen verarbeiten u.a. Entscheidungen des BGH ● zum Begriff der Bande ● zur Strafvereitelung durch Verteidigerhandeln ● zur Geldwäschedurch Annahme von Verteidigerhonorar ● zur Berücksichtigung rechtsstaatswidriger Verfah-rensverzögerungen ● zum Begriff des gefährlichen Werkzeugs ● zum Tatort und zur tatbe-standlichen Handlung bei Äußerungs- und Verbreitungsdelikten im Internet ● zur Untreue.

FAX-COUPON Ja, ich bestelle

Expl. 3-406-49387-4

Tröndle/Fischer · Strafgesetzbuch und Nebengesetze51. Auflage. 2003. In Leinen e 66,– inkl. MwSt., zzgl. Vertriebskosten

Name/Firma

Straße

PLZ/Ort

Datum/Unterschrift B/126424

Sie haben das Recht, die Ware innerhalb von 2 Wochen nach Lieferung ohneBegründung an Ihren Buchhändler oder an den Verlag C.H.Beck , c/o NördlingerVerlagsauslieferung, Augsburger Str. 67a, 86720 Nördlingen, zurückzusenden,wobei die rechtzeitige Absendung genügt. Kosten und Gefahr der Rücksendung trägtder Empfänger. Vom Käufer entsiegelte Software kann nicht zurückgegeben werden.Ihr Verlag C.H.Beck oHG, Wilhelmstr. 9, 80801 München.

Bitte bestellen Sie bei Ihrer Buchhandlung oder beim

VERLAG C.H. BECK80791 MÜNCHENbeck.de · E-Mail: [email protected]: (0 89) 3 81 89-402

„Der Praxiskommentar schlechthin.“Dr. jur. Eveline Teufert-Schwind, in: Archiv für Kriminologie 07-08-2001, zur Vorauflage

Eingearbeitet.

14 StPO-Novellen· Zustellungsreformgesetz · Einführung der §§ 100g, 100h, 100i

· Neuregelung des Zeugnisverweigerungsrechts derMedienmitarbeiter · Einführung des Völkerstrafgesetzbuches

· 34.Strafrechtsänderungs-Gesetz · und vieles mehr

"Keiner kann ihn ersetzen."RAMichael Rosenthal in NJW 10/2002, zur Vorauflage

Tröndle/Fischer

Strafgesetzbuchund Nebengesetze

51. Auflage

„ ... zu Recht wohl am meisten benutzte(r)und deshalb wichtigste(r) Kommentar zumStGB ... Der Benutzer freut sich über einenochmals verbesserte Handhabbarkeit ...“VRiLG Dr. jur. Thomas Wolf, in: Der Deutsche Rechtspfleger 11/2001

Titel

6 justament dezember 2002

Gibt es eigentlich einen spannenderenBeruf, als Strafverteidiger zu sein? Für

Philipp Götze, seit einem Jahr Rechtsan-walt in Hamburg, lautet die Antwort:„Nein! Strafverteidiger ist das Interessante-ste, was ich mir vorstellen kann.“

Kein Wunder; bereits nach einem Jahrist Götze Verteidiger in dem unter demNamen „Bremer Bunker-Mord“ bekanntgewordenen Prozess, der seit dem 14. Okt-ober am Bremer Landgericht neu aufge-rollt wird. Die wegen Totschlags an zweiKurden zu 13 bis 15 Jahren Haft verurteil-ten Angeklagten müssen sich erneut ver-antworten. Die Staatsanwaltschaft hatteRevision eingelegt, weil sie die Tat alsMord bewertet. Dies sah der Bundesge-richtshof ähnlich und verwies das Verfah-ren zurück an eine andere Strafkammerdes Bremer Landgerichts (BGH, Urteil vom20.2.2002 – 5 StR 538/01).

Als Verteidiger fungieren in Bremensolche prominenten Anwälte wie RolfBossi und Dr. Josef Gräßle-Münscher. Überletzteren ist auch Götze zu dem Prozessgekommen. Bereits in seinem Referendari-at verbrachte er eine Station in der Kanzleivon Gräßle-Münscher in Hamburg. Schonda wurde er in großen Fällen mit einbezo-gen und kurz nach dem 2. Staatsexamenunterstützte er Gräßle-Münscher in einemgroßen Betäubungsmittelprozess; aller-dings nur im Hintergrund. Jetzt bat Gräß-le-Münscher ihn, als zweiter Strafverteidi-ger in dem neu aufgerollten Prozess inBremen aufzutreten. 26 Verhandlungstage

sind angesetzt, Ende Februar 2003 soll dieEntscheidung ergehen.

Bunker-MordDer Tatablauf steht bei diesem Prozessfest, neu muss aber über die Frage desMotivs und der Schuldfähigkeit, sowie ins-gesamt über das Strafmaß entschiedenwerden. Opfer der Tat waren das kurdischePaar A und D, das gegen den Willen desVaters der D zusammen war und schließ-lich auch nach islamischem Recht geheira-tet hatte. Der Vater der D fühlte sich in sei-ner Ehre verletzt, denn der querschnittsge-lähmte und auch in Deutschland vonPKK-Sympathisanten als Kriegsheld ver-ehrte A war ihmnicht gut genugfür seine Tochter.Um seine Ehrewieder herzustellen, hatte er den Gebiets-verantwortlichen der PKK für die StadtBremen aufgefordert, etwas gegen die Be-ziehung zu unternehmen. Letzterer gabschließlich den Tötungsauftrag an die dreiAngeklagten T, To und M.

Im Urteil heißt es weiter: „In den Mor-genstunden des 24. August 1999 befahl erzunächst den Angeklagten To und M undkurz darauf auch dem Angeklagten T, denA und die D zu töten. Die Angeklagtenwaren zwar ,konsterniert über den ihnengegebenen Tötungsbefehl’ . Sie versuchtenden Tötungsbefehl abzuwenden, unter-warfen sich diesem aber schließlich. DieAngeklagten fuhren unter einem Vorwandmit den beiden Opfern zu einer einsam ge-legenen Stelle am Außendeich der Weser.Nachdem alle Personen aus dem Fahrzeugausgestiegen waren, begannen die Ange-klagten mit der Tötung der beiden Opfer,ohne auf deren Flehen zu reagieren. Zu-nächst packten die Angeklagten T und Todie D an den Armen und zogen sie überdie Deichkrone etwa 75 Meter weit inRichtung des Weserufers. Sodann wurdeihr Kopf mehrere Minuten in den Schlickgedrückt, bis sie erstickte. Um ihren Todsicherzustellen, wurde auf ihren Kopf nochSchlick aufgehäuft. Die Angeklagten Tund To wendeten sich nun dem A zu, der

sich in der Nähe des Autos befand. Einerder beiden Angeklagten schlug mit einemRadmutterschlüssel elfmal mit Wucht aufdessen Kopf ein. Außerdem wurde weitereGewalt gegen ihn angewendet, so dass erunter anderem mehrere Schädelbrüche er-litt. Zusätzlich fuhr der Angeklagte M mitdem Fahrzeug zweimal gegen das auf demBoden liegende Opfer und schleifte es mit.Nach etwa 15 bis 30 Minuten verstarb A.“

Eine Heerschar von JuristenDer Prozess beschäftigt Götze nicht nur anden Tagen in Bremen, sondern eigentlichrund um die Uhr, einmal, weil es so viel zutun gibt. Aber auch wegen der Brutalität

der Tat. Mandenke viel darü-ber nach, was indiesen Männern

während der Tat vorgegangen ist, sagtGötze. Sein Mandant ist ein 36-jährigerFamilienvater, der als Kind und Jugend-licher in der Türkei Schafe hütete und dieSchule über fünf Jahre nur sporadisch be-suchte. Götze hat die 25 Leitz-Ordner Er-mittlungsakten gesichtet und auch Fotosder Opfer gesehen.

In seiner Urteilsbegründung ging der 5. Strafsenat auch auf die Besonderheitender kurdischen Gemeinschaft und der An-dersartigkeit der Kultur ein. Er wies auf dieVerstrickung der Angeklagten in PKK-Strukturen hin und berücksichtigte auchsoziale Hintergründe, etwa die Einbindungder Täter in Traditionen und Ehrbegriffeihrer Heimat, nach denen die Liebesbezie-hung als unschicklich galt.

All dies ist kein Entschuldigungsgrund.Und doch, alle am Verfahren Beteiligtenmüssen sich mit dem besonderen Umfeldvon Tätern und Opfern vertraut machen.

Verteidiger im „Bremer Bunker-Mord“Die Brutalität der Tat ist erschreckend. Dennoch gilt: Jeder Täter hat Anspruch auf einegute Verteidigung. Ein junger Strafverteidiger in Hamburg und sein erster großer Prozess.

Katharina Mohr

Der Fall ist Gegenstand verschiedener Beiträgegewesen, so zum Beispiel in JA 2002, 749zum Mordmerkmal „niedrige Beweggründe“,NStZ 2002, 360. Das Urteil des BGH kannman nachlesen auf www.bundesgerichtshof.de

InformationenPhilipp Götze (31)

ist seit 2001 Rechtsanwalt in der

Kanzlei Götze Rechts-anwälte, Hamburg.

Die Brutalität der Tat ist unbestritten. Aberdieser Mandant braucht seine Verteidiger.

Titel

7justament dezember 2002

„Man muss sich von der westlichen Denk-weise lösen und sich die politischen undkulturellen Zusammenhänge erarbeiten.Man taucht in eine völlig fremde Weltein“, sagt Götze, der gemeinsam mit Gräß-le-Münscher der einzige Ansprechpartnerfür die Angehörigen ihres Mandanten ist.

Die Verteidiger fahren regelmäßig nachBremen, nicht nur zu den Verhandlungsta-gen, sondern auch um ihren Mandanten inder JVA zu besuchen und mit ihm das Ver-fahren sowie das weitere Vorgehen zu be-sprechen. Alles per Dolmetscher, denn ihrMandant spricht selber kein Deutsch, ver-steht nur wenige Worte. Er leidet außer-dem an einer schweren Form von Diabetesund Götze kümmert sich um die Frage, in-wieweit die Krankheit Einfluss auf dieSchuldfähigkeit gehabt haben könnte. DieVerhandlung muss regelmäßig unterbro-chen werden, damit der Mandant sich daslebensrettende Insulin spritzen kann.

Götze sitzt also selber an jedem Ver-handlungstag mit im Gerichtssaal, wennunter Beisein einer Heerschar von Juristen,Dolmetschern und Gutachtern die Ver-handlung läuft. Verhandelt wird vor demSchwurgericht, bestehend aus drei Rich-tern und zwei Schöffen. Jeder der drei An-geklagten hat zwei Verteidiger und einenDolmetscher, ein unabhängiger Dolmet-scher ist dabei, um im Zweifel für die rich-tige Übersetzung zu garantieren; außer-dem sind ständig Gutachter anwesend, diedie Schuldfähigkeit der Angeklagten beur-teilen sollen.

Ganz oder gar nichtPhilipp Götze sieht es für sich als jungenRechtsanwalt als eine riesige Chance, an soeinem Prozess beteiligt sein zu können. Inden Verhandlungspausen sprechen dieVerteidiger untereinander nicht nur überdas laufende sondern auch über alte Ver-fahren. Man lernt enorm viel und wirdauch als junger Verteidiger von den ande-ren mit einbezogen.

Und wie schafft man es, bei all derBrutalität nicht zu verzweifeln? „Es ist er-staunlich, wie sachlich man an die Sacheherangeht. Die Brutalität der Tat ist unbe-stritten. Aber dieser Mandant brauchtseine Verteidiger und wenn man das Man-dat übernommen hat, dann tut man allesdafür, damit seine Rechte gewahrt werden.Das ist schließlich die Aufgabe des Straf-verteidigers: zu gewährleisten, dass derMandant ein rechtsstaatliches und fairesVerfahren bekommt.“ Für Götze giltaußerdem „Ganz oder gar nicht“: „Ichmuss als Strafverteidiger in der Lage sein,jeden Mandanten zu verteidigen. So etwaswie: ,Mörder verteidige ich nicht. ’ kommtfür mich nicht in Frage.“

Seyran Ates, seit fast acht Jahren Straf-verteidigerin in Berlin, übt ihren Beruf

aus Überzeugung aus. Nicht umsonst be-deutet ihr türkischer Name Ates übersetzt„Feuer“. Selbst dem, der nicht in diesemSinne abergläubig sein möchte, sei ver-sichert: Hier ist „nomen“ tatsächlich„omen“. Bereits die Art, mit der Rechtsan-wältin Ates auf die ihr gestellten Fragenantwortete, ließ ahnen, mit welch´ feu-rigen Einsatz sie sich sonst auch für ihre Mandanten und Mandantinnen insZeug legt.

Die prägende Kindheit Im Alter von sechs Jahren mit ihren Elternund zwei Geschwistern aus der Türkeinach Berlin gekommen war, hat sie sichbereits in der Schule nicht „die Butter vomBrot nehmen las-sen“. Sie setztesich von Anfangan für die Rechteder anderen ein:Lange Zeit war sie Schulsprecherin. Darü-ber hinaus war sie in der Familie zuständigfür Übersetzungen der Behördenschreiben,mit denen Eltern und Verwandte konfron-tiert wurden. Da sich ihre Fähigkeiten imUmgang mit dem oft unverständlichen Be-amtendeutsch wie ein Lauffeuer herum-sprachen, wurde sie bei ihren türkischenLandsleuten eine vielfrequentierte Instanzbei der Abwicklung von Korrespondenzmit Ausländerämtern und Behörden. Sey-ran Ates Feuer für die Juristerei wurde vorallem dadurch entfacht, als sie bemerkte,dass die Leute sich oft einfach beugten,weil sie sich rechtlos fühlten. Diesen Zu-stand konnte sie nicht akzeptieren. KeinWunder also, dass für Seyran Ates schonmit fünfzehn feststand, dass sie Rechtsan-wältin werden würde. Für Frau Ates gibt esbis heute nichts Schlimmeres als Rechte zuhaben und diese nicht zu kennen. Denn zuoft musste sie erleben, wie Frauen wegendieser Unkenntnis litten.

Traumberuf Strafverteidigerin 1997 war es dann soweit. Das Zeugnis deszweiten Examens in der Tasche beantragtesie sofort ihre Zulassung als Anwältin und

machte sich ohne große Umschweife aufdie Suche nach geeigneten Räumen. „Ichfuhr nicht erst in Urlaub sondern finggleich an. Schliesslich warteten unzähligeLeute seit Jahren darauf, dass ich sie alsAnwältin endlich vertreten durfte.“

Bereits während des gesamten Referen-dariats arbeitete sie zwei Jahre bei einemFreund in der Kanzlei und verdiente sichhierdurch schon einen guten Ruf. Durchihre tägliche intensive Arbeit in der Kanzleilernte sie schnell kennen, was praktischeanwaltliche Tätigkeit bedeutet. DiesenPluspunkt kann sie heute gar nicht hochgenug einschätzen. Darüber hinaus war sieim Referendariat und auch schon währenddes Studiums gefragte Beraterin in Frau-enberatungsstellen und machte danebenÜbersetzungen für türkische Frauen. Hier-

durch wurde siefrühzeitig mitden spezifischenProblemen derFrauenrechte

vertraut gemacht. Seyran Ates war alsodurchaus keine Unbekannte mehr, als siedann in Berlin ihre eigene Kanzlei eröffne-te.

Frau Ates, wie sind Sie als Frau dazugekommen, Strafverteidigerin zu werden?Immerhin ist dies ein Bereich, der nachwie vor männerdominiert ist .

Seyran Ates: „Ja, das stimmt, es gibtwenige Frauen, die sich auf das glatte Eisdes Strafrechts wagen. Ich bin allerdingszum Strafrecht gekommen wie die Jung-frau zum Kinde. Ursprünglich habe ichmich mit Zivilrecht beschäftigt. Auch wäh-rend meiner Ausbildung war dies meinSchwerpunkt. Ich habe sogar bei einerMietergemein-schaft gearbei-tet. Währenddes Referendari-ats war meinWahlfach dann Wettbewerbs- und Kartell-recht. Nach einer Weile des Alleinwirkensbeschloss ich dann aber, eine Kollegin fürden Bereich Strafrecht mit in die Kanzleizu nehmen. Ich begann also - noch bevordiese Kollegin bei mir anfing - Mandantenzu akquirieren. Im Zuge dessen bekam ich

einige Akten zu Gesicht und merkte bald,dass ich es mit einer äusserst spannendenMaterie zu tun hatte. Innerhalb relativkurzer Zeit arbeitete ich mich in das Straf-recht ein. Ich würde sagen, das Strafrechthat mich `angesprungen`.“

Frau Ates erklärt, was ihr besonders ander Tätigkeit als Strafverteidigerin gefällt:„Es ist vor allem auch die Abwechslung.Jeden Tag nur Akten hinter´m Schreibtischzu wälzen ist auf die Dauer nicht so span-nend. Mir gefällt es, unterwegs zu sein,auch die häufigen Besuche im Gefängnis.Insgesamt ist der Ablauf abwechslungsrei-cher als bei „normalen“ Zivilrechtsfällen.Hinter so gut wie jedem strafrechtlichenFall versteckt sich eine interessante Le-bensgeschichte. Das reizt mich besonders.“

Umgekehrt gibt Frau Ates aber auchzu, dass die Mandanten im Strafprozessoft schwieriger sind als ihre Pendants imZivilprozess. Dies sei aber auch gut nach-vollziehen. Denn angesichts der Lebensab-gründe in die diese manchmal blickenmüssten, könne eben nicht immer nurHarmonisches und Gutes zum Vorscheinkommen. Doch die Rechtsanwältin lässtsich davon nicht abgeschrecken, sondernempfindet es als Herausforderung, nebenihren juristischen auch ihre psychologi-schen Fähigkeiten einzusetzen zu könnenund diese noch weiter zu entwickeln. Ins-gesamt fühlt sie sich von der Abwechslungund Tiefe, die ihr ihre Rolle als Strafvertei-digerin bietet, für diese zusätzlichenMühen entschädigt.Gibt es Fälle, die Sie auf keinen Fall an-nehmen würden?

Klar und bestimmt antwortet sie aufdiese Frage: „Ja. keine Vergewaltigung,

keine Gewaltgegen Frauen undkeinen Missbrauchan Frauen und vorallem Kindern.“

Hier könne sie nicht die nötige Distanzaufbauen. Ausserdem könne sie ein ent-sprechendes Mandat auf gar keinen Fallmit ihrem eigenen Weltbild vereinbaren.

Grundsätzlich sei es Frau Ates abernoch nie passiert, dass sie einen Fall vonvornherein abgelehnt hätte. Nur einmal

Titel

8 justament dezember 2002

Pflicht- und Strafverteidigung aus LeidenschaftEs gibt Anwälte, die ihren Beruf nur aus Verlegenheit ausüben. Das trifft auf Rechtsan-wältin Seyran Ates jedoch ganz bestimmt nicht zu.

Andrea Frank

„Ich fuhr nicht erst in Urlaub, sondern finggleich an. Schließlich warteten unzähligeLeute seit Jahren darauf, dass ich sie als An-wältin endlich vertreten durfte.“

„Ein guter Strafverteidiger sollte ruhig selbsteine gesunde Portion Neurose mitbringen undein bisschen verrückt sein.“

habe sie ein Mandat gekündigt, als sie da-hinter kam, dass ihr Mandant sie nachStrich und Faden belogen hatte. Das Wich-tigste im ersten Gespräch mit einem Man-danten, der von ihr verteidigt werdenmöchte, sei, dass dieser „die Hosen runter-lässt“. Sie müsse wissen, „ob die Geschich-te o.k. ist“.

Die Strafverteidigerin Ates betont aber,sie sei sich darüber absolut im Klaren , dasses gerade im Strafprozess dazugehöre,dass der Mandant andere Gerechtigkeits –und Moralvorstellungen habe als sie selbst.Strafprozess und Anwaltstätigkeit hätteneben selten etwas mit Gerechtigkeit undnoch seltener mit Moral zu tun. Zudem istsie der Ansicht, dass ein Jurist, der sich zurStrafverteidigung berufen fühle, immerauch ein bisschen eigene kriminelle Anla-gen besitzen müsse. Sie lächelt und fügthinzu: „Aber eben nur in der Fantasie, dassmöchte ich betonen“.

Die Verteidigerin fügt gleich hinzu,dass ein guter Strafverteidiger auch ruhigselbst eine gesunde Portion Neurose mit-bringen und irgendwie ein bisschen ver-rückt sein dürfe, wenn nicht sogar solle.Frau Ates lächelt, betont jedoch nochmals,dass ihre These durchaus ernst zu nehmensei. Vor allen Dingen sei es sehr wichtig,dass die „Chemie“ mit dem Mandantenstimme, dass also Mandantin oder Man-dant spürten, vom Anwalt auf irgendeineWeise verstanden zu werden, diesem nahezu stehen. Aberdas Grundgefühlzwischen Vertei-diger und Man-dant sollte ein-fach stimmen. Aus dieser Überlegung er-klärt sich Seyran Ates auch die Tatsache,dass die Strafverteidiger sich gegenüberihren Kollegen und Kolleginnen aus demZivilrecht immer exotisch herausheben.

Der Kampf um Gerechtigkeit Schlüsselerlebnis im Lebenslauf der Straf-verteidigerin war auch das eigene erfahre-ne Unrecht. Denn mit 21 Jahren - sie warbereits Jurastudentin - wurde sie selbst beieinem Anschlag auf einen „Frauenladen“angeschossen und schwebte lange Zeit inLebensgefahr. Die neben ihr Frau wurdeerschossen. Der Täter wurde freigespro-chen. In dubio pro reo. Seyran Ates musstedamals am eigenen Leibe erfahren, wiesich Fehler von Ermittlungsbehörden aus-wirken und musste im Laufe eines sehrlange währenden Prozesses die daraus re-sulierenden Beweisverwertungsverbote ak-zeptieren. Dinge, die Studenten und Refe-rendare zumeist nur aus der Prüfungsvor-bereitung und Theorie kennen. Natürlichkönnte man sich auch wundern, dass es

Frau Ates dennoch gerade in die Strafver-teidigung verschlagen hat. Bei der Verar-beitung des Erlebten half ihr dabei auchdas Schreiben eines Buches, welches gera-de erschienen ist. Hierbei konnte sie nocheinmal alle damaligen Geschehnisse undZusammenhänge aufarbeiten und ist des-halb schon seit einiger Zeit völlig mit sichausgesöhnt.

Seyran Ates bezeichnet das Strafrechtgerne als „Krone der Härte“. Denn sie hatdurchaus den Eindruck, dassFrauen als Strafverteidigerinnicht so ernst genommenwerden und in ihrer Rollesehr viel Engagement undHärte an den Tag legen müs-sen, um doch vor ihrenmännlichen Kollegen zu be-stehen. Anerkennung be-kommt Frau auf diesem Ge-biet jedenfalls in den selten-sten Fällen geschenkt. Diesheisse im Umkehrschluss abernoch lange nicht, dass dieKolleginnen Verteidigerinn-nen untereinander in jedemFalle solidarisch seien: „Sicher, es gibtnette Kolleginnen, tendenziell ist es aberschon so, dass die Frauen, die es zu einerrespektierten Verteidigerin geschaffthaben, auch gegenüber ihren weiblichenKolleginnen besonders hart sind. Natürlichschafft man mit Freundlichkeit ein nettes

Klima schafft. Inder Regel leidetbei einer beton-ten Freundlich-keit aber die

Durchsetzungsfähigkeit, die gerade imStrafprozess von entscheidender Bedeu-tung ist.“ Der Strafverteidigerin Ates selbstist es aber durchaus wichtig, eine gewisseFrauensolidarität zu zeigen. Deshalb be-handelt sie ihre Kolleginnen zumeist auchanders als ihre Kollegen, denen sie - jeden-falls tendenziell - härter gegenübertritt:„Frauen müssen solidarisch sein. Undwenn ich von meinen Kolleginnen entspre-chend behandelt werde, freue ich mich,denn dann ist das Verhältnis ganz anders,viel besser.“

Im Übrigen denkt Frau Ates, dass esdurchaus geschlechtsspezifische Unter-schiede beim Bearbeiten von Fällen gibt.So seien Frauen zumeist gründlicher beimArbeiten als Männer . Sie gesteht insoweitein, dass dies hin und wieder zu Zeit-problemen führen kann und dass es während der Verhandlungen gerade imStrafrecht oft auf blitzschnelle Reaktionenankomme. Insofern solle sich dann einejede Juristin überlegen, ob sie diesen An-forderungen gewachsen sei und eine ge-

wisse Lern- und Umdenkbereitschaft mit-bringen.

Mandat und PflichtverteidigungZu ihr in die Kanzlei kommen vor allemMänner, um sich von ihr verteidigen zulassen. Auch wenn Männer männliche Ver-teidiger manchmal ernster nähmen, zeigeihr die große Zahl ihrer männlichen Man-danten, dass auch sie als Frau wisse, mitihren Mandanten umzugehen.

Allgemein nach den spezifisch für denVerteidigerberuf erforderlichen Eigen-schaften und Fähigkeiten befragt, nenntFrau Ates neben Einfühlungsvermögenund Geduld vor allem Schnelligkeit undFlexibilität im Denken und Handeln. Un-entbehrlich sei es, dass man unter extre-mem Druck den ständig wechselnden Situ-ation im Strafprozess eine angemesseneReaktion entgegenzusetzen wisse. Amwichtigsten sei aber, diese Belastung nichtals Belastung anzusehen, sondern bereitzu sein, diese als zum Strafprozess dazu-gehörig zu akzeptieren. Ausserdem solleman/frau auch genug vom leben verste-hen, um zu wissen, dass es immer Gut undBöse geben wird und sich nicht so sehrvon der Härte so mancher Schicksale be-eindrucken lassen.

Mittlerweile ist Seyran Ates auchPflichtverteidigerin. Ihr Weg dorthin istallerdings nicht der Übliche. Sie wurde voneiner türkischen Mandantin angesprochenund ist dann per Mundpropaganda zu-nächst durch Mandanten und später auchvon Richtern immer wieder angerufenworden, um Pflichtverteidigungen zuübernehmen. Wer diese Glück nicht hat,kann sich mit dem Wunsch nach der Über-nahmen von Pflichtverteidigungen beiRichtern vorstellen und einfach sein An-

Titel

9justament dezember 2002

Manchmal ist das Strafrecht schon so etwaswie „Die Krone der Härte“.

Seyran Ates, geboren am 20. April 1963 in Instanbul,zog im Alter von 6 Jahren nachBerlin, studierte von 1983 bis1984 Rechtswissenschaften an der FU Berlin. 1984 mußtesie ihr Studium wegen der Folgen einer Schussverletzungunterbrechen. 1990 nahm sieihr Studium wieder auf. Von1995 bis 1997 war sie Rechts-referendarin. Seit 1997 ist siezugelassene Anwältin.

Kanzlei Seyran Ates, Dircksenstraße 47, 10178 Berlin-Mitte.

Information

Der Staat hat kein Geld. Das ist eine Bin-senweisheit. Und mit der Erkenntnis,

dass es der Justiz finanziell nicht be-sonders gut geht, lockt man auch nieman-den hinter dem Ofen vor. Welche Instru-mente sich die Politik einfallen lässt, umdem mit der Finanznot einhergehendenStillstand in der Rechtsprechung zu be-gegnen, ist dagegen manchmal durchausbrisant. Man schreckt nämlich nicht davorzurück, grundlegende rechtsstaatlichePrinzipien zu gefährden. Das klingt viel-leicht nach bloßer Panikmache. ProfessorUwe Scheffler von der Universität Viadrinain Frankfurt an der Oder jedenfalls steht zudieser Sichtweise und wird dafür aus wei-ten Kreisen der brandenburgischen Justizheftig angefeindet. Wie konnte es soweitkommen?

Das beschleunigte VerfahrenIm Jahre 1994 wurde im Rahmen des Ver-brechensbekämpfungsgesetzes das be-schleunigte Verfahren in seiner jetzigenForm in die StPO aufgenommen. Diesesverfolgt den Zweck, Erwachsene im Be-reich der leichten bis mittleren Kriminalitäteiner schnellen Bestrafung zuzuführen,und zwar, im Gegensatz zum Strafbefehls-verfahren, im Rahmen einer mündlichenVerhandlung. Nach § 417 StPO kommt dasbeschleunigte Verfahren in Betracht, wenndie Sache nach Ansicht der Staatsanwalt-schaft auf Grund des einfachen Sachver-halts oder der klaren Beweislage dafür ge-eignet erscheint. Die Formulierung diesesParagrafen ist so miserabel, dass ein großerTeil der Literatur und der Rechtsprechungdas „oder“ kurzerhand als „und“ liest.Denn nach dem Wortlaut kommen für dasbeschleunigte Verfahren Sachen in Be-tracht, denen zwar ein einfacher Sachver-halt zugrunde liegt, die aber äußerstschwer zu beweisen sind – und umgekehrt.

Die Beschleunigung im beschleunigtenVerfahren resultiert aus zwei wesentlichenÄnderungen gegenüber dem Normalver-fahren:

Auf der einen Seite entfällt dasZwischenverfahren. Durch die Staatsan-

waltschaft wird keine Klageschrift mehreingereicht; die Anklage wird stattdessenbei Sitzungsbeginn mündlich erhoben. Eskommt somit auch nicht mehr zu einemgesonderten Entschluss über die Einlei-tung des Hauptverfahrens. Durch dieseVorgehensweise steht der Angeklagteschon wenige Tage nach Abschluss der po-lizeilichen Ermittlungen vor Gericht.

Des Weiteren gelten die strengen Re-geln des Unmittelbarkeitsgrundsatzes indieser Verfahrensart nicht uneinge-schränkt. So ist es beispielsweise möglich,auf die persönliche Vernehmung einesZeugen während der Hauptverhandlungzu verzichten und stattdessen das Proto-koll einer früheren Aussage zu verlesen.Durch diese Regelung soll Beweisschwie-rigkeit vorgebeugt und der Ablauf derHauptverhandlung beschleunigt und wer-den. Erforderlich ist hierfür allerdings dasEinverständnis des Angeklagten. DieDurchführung des beschleunigten Verfah-rens selbst kann er jedoch nicht verhin-dern, wenn es auch für den gewieftenStrafverteidiger Mittel und Wege gibt, die-ses abzuwenden.

Die verhängte Strafe darf ein Jahr nichtüberschreiten, Maßregeln der Besserungund Sicherung sind nicht möglich. Aller-dings kann die Fahrerlaubnis entzogenwerden – theoretisch auch lebenslänglich.Ab einem halben Jahr Freiheitsstrafe mussdem Angeklagten ein Verteidiger zur Seitegestellt werden.

Der Staatsanwalt als „Pappnase“In Nordrhein-Westfalen und in Branden-burg gibt es inzwischen Bestrebungen, dieerzielte Beschleunigung nochmals zu er-höhen. Erreicht werden soll dies jeweilsdurch eine Beschränkung staatsanwalt-licher Kompetenzen zugunsten der Polizei,die selbst prüfen soll, ob ein beschleunig-tes Verfahren in Frage kommt. In Eisen-hüttenstadt führt dies so weit, dass die Po-lizei die Akte direkt an das Gericht schickt.Dieses bestimmt, ob das beschleunigteVerfahren angewendet wird und informiertper Fax den zuständigen Staatsanwalt, der

Titel

10 justament dezember 2002

Standgerichte im Rechtsstaat?Das „Beschleunigte Verfahren“ nach §§ 417 ff StPO wird immer häufiger angewendet – allen rechtsstaatlichen Bedenken zum Trotz

Christian Frenzel

liegen vortragen und seine Visitenkartehinterlassen . Dieses Vorgehen kennt Sey-ran Ates von vielen Kollegen und kann esauch weiterempfehlen.

Juristischer Nachwuchs in derHauptstadt Jurastudenten und vor allem Referendaren,die den Berufswunsch Strafverteidiger/Inhaben, möchte sie mit auf den Weg geben,dass es unablässlich sei, sich rechtzeitig inder Praxis umzusehen. Sie empfiehlt, dieoft als „Abtauchstation“ benutzte Anwalts-station intensiv zu nutzen, um sich ein Bildüber die Realität des Anwaltsdaseins zuverschaffen. Oft wüssten die Referendaregar nicht, was hinter dem Berufsbild desAnwalts steckt. Dies läge wohl vor allemauch daran, dass die klassische Juristen-ausbildung trotz aller Diskussionen immernoch stark auf den Richterberuf und dendes Staatsanwalts zugeschnitten sei.

Auch sie selbst bildet regelmässig Refe-rendarinnen aus. Sicher, wenn es denn aus-drücklich gewünscht sei, lasse sie ihre Refe-randare auch mal „abtauchen“. Lieber siehtsie aber ReferendarInnen, die zu ihr kom-men, um etwas zu lernen. Diese nehme siedann auch zu jedem einzelnen Gespräch,jedem Gefängnisbesuch und zu jeder Straf-verhandlung mit und stehe bereitwillig undgeduldig Rede und Antwort zu allen Fra-gen, die ihr gestellt würden. Sie wisse, dasses im Moment um die wirtschaftliche Lageder Anwaltschaft nicht so gut bestellt sei.Trotzdem würde sie denen, dessen Herz fürdie Hauptstadt schlägt, niemals davon ab-raten, sich als Anwalt zu betätigen. EineFestlegung auf ein oder zwei bestimmteSchwerpunkte während der Ausbildungempfehle sie nicht, denn den Vorteil beider breitgefächerten Juristischen Ausbil-dung sehe sie ganz klar in der damit erwor-benen Fähigkeit, sich ganz schnell und sy-stematisch in jeden neuen Sachverhalt ein-zudenken. Dies sei ihr gerade beiVerteidigertätigkeit zu gute gekommen.

Die Angst vieler Berufsanfänger vor derSelbständigkeit kann sie zwar verstehen,allerdings kommt für Seyran Ates nicht inFrage, angestellt zu sein und damit vorallem abhängig zu arbeiten - allem zusätz-lichen „Stress“, den die eigene Kanzlei somit sich bringt zum Trotz. Auch in Anbe-tracht des mal mehr, mal weniger präsen-ten Existenzkampfes fühlt Seyran Ates sichdurch die Tatsache, „Herrin im eigenenHause“ zu sein, hinreichend entschädigt.Und so kann sie auch nach fast acht Jahrenselbstständigen Anwaltsdasein mit Schwer-punkt Strafverteidigung immer noch vonsich behaupten: „Ich habe meinen Traum-beruf, meine Berufung gefunden“.

Titel

11justament dezember 2002

das Verfahren dann eigentlich nur nochabnicken kann. Der Staatsanwalt wird, soProfessor Gerhard Wolf von der UniversitätViadrina, zur „Pappnase“.

Die Verkürzung der Kompetenzen derStaatsanwaltschaft ist denn auch einHauptkritikpunkt von Professor Scheffler.Daneben geht es jedoch vor allem um dieRechte und Möglichkeiten des Angeklag-ten, die beschnitten werden. Das Haupt-problem hierbei ist die kurze Zeitspannezwischen Festnahme und Verfahren. ImExtremfall des „nochmals beschleunigten“beschleunigten Verfahrens in NRW undBrandenburg kann der Angeklagte schonwenige Stunden nach seiner Verhaftungvor Gericht stehen. Ausdrücklich soll dieslaut Dienstanweisung in NRW auch für Be-trunkene gel-ten, solangesie nur bei derHauptver-handlung ver-handlungsfähig sind. Man fragt sich, wieein Betrunkener, während er seinen Rauschausschläft, eine sinnvolle Verteidigungs-strategie entwerfen soll…

Das HorrorszenarioGenau das jedoch – der Entwurf einersinnvollen Verteidigungsstrategie – ist dasRecht, das dem Angeklagten ganz offen-sichtlich genommen werden soll. Dies lässtsich auch vereinzelten Aussagen aus Krei-sen der Befürworter des beschleunigtenVerfahrens entnehmen. Es ist aber auch är-gerlich, wenn man einen Angeklagten vor-geführt bekommt, der sich gegen eine Ver-urteilung wehrt!

Was zynisch klingt, hat einen durchausrealen und auch verständlichen Hinter-grund: Natürlich ist der Richter frustriert,der sich den ganzen Tag mit Tricksereien –und, seien wir ehrlich, nichts anderes ist

eine „sinnvolle Verteidigungsstrategie“ oft– herumschlagen muss. Das gilt aber nichtfür alle Angeklagten. Von Zeit zu Zeit wirdes vorkommen, dass ein Angeklagter eingutes Argument oder ein Beweisangebotnicht einbringt, weil er sich überrumpeltfühlt. Diese Überrumpelung wird nicht sel-ten auch dazu führen, dass der Angeklagteauf die Möglichkeit des Widerspruchsgegen die bloße Verlesung des Protokollseiner Zeugenvernehmung verzichtet. Dassdas nicht mit rechtsstaatlichen Prinzipienkorreliert, fällt schon dem Laien auf. Wenndem Angeklagten dann noch, was häufigvorkommt, ein Rechtsmittelverzicht ausdem Kreuz geleiert wird, ist das Horrorsze-nario Realität.

Es kann mit absoluter Sicherheit davonausgegangen wer-den, dass derGroßteil der Rich-terschaft das be-schleunigte Ver-

fahren nicht missbraucht. Trotzdem wärees Aufgabe der Politik, dem verständlichenAbnutzungseffekt auf Richterseite ent-gegenzutreten durch Regelungen, die denAngeklagten schützen.

Wozu das Ganze?Von dieser Seite ist aber leider keine Ein-schränkung des beschleunigten Verfahrenszu erwarten. Im Gegenteil. Das Land Bran-denburg, das leider wahrlich nicht mitSpitzenplätzen im Bundesvergleich geseg-net ist, verweist Jahr für Jahr stolz auf dieStatistik, die besagt, dass es bei der An-wendung des beschleunigten Verfahrensführt. Besonders gern wird hier auf denKampf gegen Grenzkriminalität und gegenausländerfeindliche Vergehen hingewie-sen, den es zu fördern gelte. Dies sind na-türlich zwei populistisch besonders leichtauszuschlachtende Jusitzfelder, und die

Politik lässt nie eine Gelegenheit aus, sichbeim juristisch unbewanderten Wählereinzuschmeicheln. Das Argument, dasseine Demokratie gerade dann Souveränitätzeigen muss, wenn es gegen Personen undTaten geht, die von der überwältigendenMehrheit als verabscheuungswürdig einge-stuft werden, wie eben im Falle ausländer-feindlicher Kriminalität, stößt kaum aufoffene Ohren.

Stattdessen wird immer wieder das Ko-stenargument angebracht: Das beschleu-nigte Verfahren sei schlicht billiger. Unbe-rücksichtigt bleibt in dieser Rechnungallerdings der immense Verwaltungsauf-wand, der zur Erzeugung einer Infrastruk-tur notwendig ist, in welcher das be-schleunigte Verfahren funktionieren kann.So muss etwa ein staatsanwaltlicher undgerichtlicher Eildienst eingerichtet werden,damit beispielsweise immer ein Verhand-lungssaal und ein Protokollbeamter zurVerfügung steht.

Was nun?Fraglich ist, wie es nun weitergehen sollmit dem beschleunigten Verfahren. Ausrechtsstaatlicher Sicht kommt wohl nur dievöllige Abschaffung in Frage. ProfessorScheffler schlägt zur Güte vor, diese Ver-fahrensart nur noch auf freiwilliger Basiszu ermöglichen. Es erscheint aber unwahr-scheinlich, dass dann noch ein wesent-licher Teil der Verfahren beschleunigtdurchgeführt werden kann, weshalb auchdieser Kompromiss kaum Chancen hat, re-alisiert zu werden. Angesichts der knappenKassen ist die Justiz ganz einfach auf dasbeschleunigte Verfahren angewiesen.Bleibt nur zu hoffen, dass sich der einzel-ne Richter der immensen Verantwortung,die ihm durch dieses Instrumentarium ge-geben wird, bewusst ist, und dass er derVersuchung des Missbrauchs widersteht.

Der Entwurf einer sinnvollen Verteidigungs-strategie - ist das Recht, das dem Angeklagtenganz offensichtlich genommen werden soll.

Gra

fik: D

avid

Fuc

hs

Titel

12 justament dezember 2002

Mit der jüngsten blutigen Geiselnahmetschetschenischer Rebellen in einem

Moskauer Theater kehrte der Terrorismusals modernes Phänomen gleichsam an denOrt seiner Entstehung, die MetropolenRusslands, zurück. Mag es in den weiterzurückliegenden Epochen der Mensch-heitsgeschichte ähnlich geartete Akte despolitischen Kampfes gegeben haben (dieCineasten werden sich an die Aktionen der„Judäischen Volks-front“ – oder war esdie „Volksfront vonJudäa“? – im „Lebendes Brian“ erinnern),blieb es doch dem So-zialrevolutionär Sergej Netschajew (1847-1882) vorbehalten, in seinem „Kate-chismus“, der Bibel des Terrors, die Leninwie Horst Mahler beeinflusst haben soll,das Credo der terroristischen Moderne zuverkünden: Alles – bis hin zum Mord anUnschuldigen – sei erlaubt, um „Leid undElend des Volkes zu steigern, damit esschließlich zu einem allgemeinen Aufstandgetrieben wird“. Was später Generationenvon Dissidenten der kommunistischen Be-wegung „Bauchschmerzen“ bereiten sollte,die Diskrepanz zwischen „humaner“ Ziel-setzung und den meist brachialen Mittelndes politischen Kampfes, wurde hier be-reits abschließend als moralisches Problemeliminiert – zugunsten einer uneinge-schränkten Bejahung der Gewalt als ver-meintlicher Triebfeder des Fortschritts.

Ideale oder Machtrausch?Diese „dialektische Schraube“, so unge-heuerlich sie für uns klingen mag, bedeu-tet per se noch keinen Bruch mit den Ideender Aufklärung, so wie auch ein konse-quent durchgesetztes staatliches Gewalt-monopol (das im äußersten Falle „überLeichen geht“) nicht zuletzt dazu dient,die Freiheit des Einzelnen und – als derenphysische Voraussetzung – die „innere Si-cherheit“ möglichst lückenlos zu gewähr-

leisten (Da keine menschliche Gesellschaftjemals ohne Gewalt ausgekommen ist,geht es in allen politischen Kämpfen auchvorrangig darum, wer mit welcher Legiti-mation über ihren Einsatz bestimmenkann.). Doch wurde schon im Roman „Die Dämonen“ (oder wie ihndie neue Übersetzung nennt: „Böse Gei-ster“) von Fjodor Dostojewski (1871/72), in welchem der damals noch lebende

Netschajew alsdie Figur PjotrStepanowitschWerchowenskiauftauchte,der begründe-

te Verdacht ausgesprochen, es gehe denmaßgeblichen Protagonisten am Ende we-niger um ihre Ideale als vielmehr um das Berauschtsein an der eigenen Macht-ausübung. Welchem Diktator, aber auch demokratischen Innenminister, ist genau

dies nicht auch schon einmal (mehr oder weniger begründet) vorgeworfenworden?

Terrorismus in DeutschlandSeit seinen frühen Anfängen in Russlandbreitete sich der Terrorismus als Methodedes politischen Kampfes unaufhaltsam inalle Welt aus. In manchen Gegenden derErde ist er zum Dauerzustand geworden.Deutschland hielt er knapp ein Jahrzehntin Atem, geriet dann trotz gelegentlichenAufflackerns nahezu in Vergessenheit – biszu jenem Tag, der ein neues Zeitalter ein-leiten sollte, an dem, vorbereitet in dreiHamburger Studentenbuden, der einzigenglobalen Supermacht der Krieg erklärtwurde. Nicht zuletzt diesem Wendepunktund seinen von vielen als Parallelen zu da-mals empfundenen sicherheits- undrechtspolitischen Konsequenzen dürfte dasgegenwärtig wieder aufkeimende Interesse

25 Jahre deutscher Herbst und der moderne TerrorSeit dem 11. September 2001 ist der in Deutschland fast schon vergessene Terrorismuswieder in das öffentliche Bewusstsein zurückgekehrt. So gewinnt die Erinnerung an dieTerrorakte der RAF von vor 25 Jahren eine bedrohliche Aktualität. Der moderne Terror,dessen Wiege vor ca. 130 Jahren in Russland stand, ist zum ständigen Begleiter derMenschheit geworden.

Thomas Claer

Geht es den maßgeblichen Protagonisten am Ende weniger um ihre Ideale als viel-mehr um das Berauschtsein an der eigenenMachtausübung?

Hochglanz-Bösewichte, die Darsteller von Gudrun Enslin und Andreas Baader aus dem gleichnamigen Film

Titel

13justament dezember 2002

am Geschehen des „Deutschen Herbstes“geschuldet sein.

Die später so bezeichneten Ereignisseim September und Oktober 1977, die Ent-führung der Lufthansa-Maschine „Lands-hut“, die Entführung und Ermordung desArbeitgeberpräsidenten Schleyer und dieSelbstmorde derRAF-TerroristenBader, Ensslinund Raspe (diedamit dem Vor-bild der ein Jahr zuvor aus dem Leben ge-schiedenen Ulrike Meinhof folgten) inStammheim bildeten den dramaturgischenHöhepunkt jener „bleiernen Zeit“, die ihresichtbarsten Spuren im gegenwärtigen Re-volutions-chic in der Mode und in derKunst hinterlassen hat.

Die Juristen des Deutschen Herbstes Von der ideologischen Aufgeladenheitjener Epoche aber, die immerhin breiteSchichten der damals jungen westdeut-schen Bevölkerung mit den Zielen (wennauch nicht mit den Mitteln) sympathisie-ren ließ, dem Fortschritts-Optimismus unddem Unter-Faschismus-Verdacht-Stellendemokratischer Institutionen und Politiker,ist heute kaum etwas geblieben. Auffälligist die weit verbreitete Abgeklärtheit imUmgang mit dem radikalen Erbe, auchunter den damals in die Geschehnisse in-volvierten Juristen. Eine besondere, eigen-artige Rolle kommt dabei drei damaligenBewegungs- und Kampfgefährten zu, dieheute nur noch die extreme Entgegenge-setztheit ihrer inzwischen eingenommenenpolitischen Positionen zueinander verbin-det – wobei jeder für sich einen charakteri-stischen Typus, eine bereits in den Anfän-gen angelegte mögliche Entwicklungslinieder damaligen radikalen Linken verkörpert.

Am wenigsten geändert oder von sei-nen damaligen Idealen entfernt hat sichfraglos Christian Ströbele, 1968 gemein-

sam mit Horst Mahler und Klaus EschenGründer des ersten „sozialistischen An-waltskollektivs“ und einige Jahre späterVerteidiger etlicher RAF-Terroristen. Nochvor wenigen Jahren als altlinkes Fossil undpolitisches Auslaufmodell belächelt, er-warb der Linksaußen der Grünen neuen

Respekt in allenpolitischen La-gern durch seinunnachgiebiges,aufklärendes En-

gagement in den Parteispenden-Affärenund holte bei den Bundestagswahlen indiesem Jahr als erster Vertreter seiner Par-tei ein Direktmandat.

Hingegen wandelte sich Otto Schily,einst ebenfalls RAF-Terroristen-Verteidigerund 1979 Mitunterzeichner des Grün-dungsaufrufs zum Republikanischen An-waltsverein (RAV), welcher den Einsatz kri-tischer Juristen für Minderheiten, Asyl-recht und Menschenrechte organisierte, alsheutiger Bundesinnenminister und Schöp-fer umfangreicher Anti-Terror-Gesetzezum ausgesprochenen „Law-and-Order-Mann“.

Am abenteuerlichsten – und bedrük-kendsten – ver-lief aber die Kar-riere und Wand-lung HorstMahlers vomTerroristen-Ver-teidiger, späteraktiven RAF-Terroristen und langjährigenpolitischen Gefangenen zum heutigenNPD-Aktivisten und zur intellektuellenSpeerspitze des Rechtsradikalismus. Sogarberuft sich Mahler ausdrücklich auf seineRAF-Vergangenheit und sieht seine Hin-wendung zur nationalen Anti-Globalisie-rungsbewegung, gegen Liberalismus undAmerikanismus, als konsequente Weiter-entwicklung seiner politischen Haltung an.Allen heute Herrschenden, so Mahler kürz-lich in einem Interview, werde es im Falle

einer nationalen Machtübernahme an denKragen gehen. Nur seinem alten Freund(und früheren Verteidiger) Otto Schilywerde er das Leben schenken …

Ethno-TerrorismusTatsächlich ist zu beobachten, dass sichdie heutigen Terrorismen zunehmenddurch ihren Kampf für oder gegen be-stimmte Ethnien definieren. Der Universa-lismus in Gestalt eines menschheitsbe-glückenden Internationalismus, der nochdas ideologische Fundament der RAF (biszu ihrer offiziellen Selbstauflösung 1998)gewesen ist, vermag heute kaum noch Ter-rorkräfte zu mobilisieren. Auch dort, wo imNamen bestimmter Religionsinterpretatio-nen gebombt, gesprengt und gemordetwird, soll vorrangig die eigene Kulturland-schaft gestärkt und die als Satan ausge-machte Supermacht samt ihrem kleinerenVerbündeten gedemütigt und letztlich be-siegt werden.

Insofern verbindet die damaligen mitden heutigen Terroristen, namentlich dieRAF mit der Al-Qaida, inhaltlich nicht viel(vgl. dazu die Rezension auf S. 23).

Ein Grund für den Ethno-Trend imTerrorismus dürftedarin liegen, dasssich mit völki-schen Ressenti-ments (zumalheute) leichterAnhänger rekru-

tieren und Menschenmassen begeisternlassen als mit Weltrevolutions-Träumen.Denn entgegen Netschajews Annahme lie-ßen sich durch die Steigerung von Leidund Elend nur selten Aufstände provozie-ren (es wurde im Gegenteil meist nach demstarken Staat gerufen). Sobald aber gegenden ethnisch (und religiös und politisch)andersartigen Feind gezündelt wird, erhe-ben sich die Massen schon viel bereitwilli-ger. Die (bedrohliche) Zukunft liegt imEthno-Terrorismus!

Die heutigen Terrorismen definieren sich zu-nehmend durch ihren Kampf für oder gegenbestimmte Ethnien.

Von der ideologischen Aufgeladenheit desDeutschen Herbstes, die immerhin breiteSchichten der damals jungen westdeutschenBevölkerung mit den Zielen der Terroristen(wenn auch nicht mit deren Mitteln) sympa-thisieren lies, ist heute kaum etwas geblieben.

Titel

14 justament dezember 2002

Maßregelvollzugsanstalt Brandenburg /Havel im November 2002. Hier sitzt

der wegen Mordes und versuchten Tot-schlags angeklagte Frank Schmökel ein,vor gut zwei Jahren Deutschlands meist-gesuchter Schwerverbrecher. In seinemEinzelzimmer werden Rasierklingen ge-funden, versteckt in der Gardine. Er habedie Klingen nur zum Basteln verwendenwollen, erklärt er dazu.

Diese Panne der Justizbehörden ist nureine von vielen im Fall des StraftätersFrank Schmökel. Die Geschichte seinerFluchten ist ein Offenbarungseid für denMaßregelvollzug, sein Lebenslauf macht esschwer, an eine Besserung von Sexualstraf-tätern zu glauben.

Vier Ausbrüche in drei JahrenAls Kind wird er immer wieder von seinerMutter geschlagen, wohl auch sexuellmissbraucht. Seineeigene Sexualität istvon Anfang an ab-norm, als Jugend-licher vergeht sichder gelernte Rinderzuchtarbeiter an Tieren,lebendigen oder toten. 1988 wird er zumersten Mal wegen versuchter Vergewalti-gung an einer 14-Jährigen verurteilt, einJahr später vorzeitig entlassen. 1993 erhälter wegen Vergewaltigung und sexuellenMissbrauchs eines Kindes mit Todesfolgeeine Freiheitsstrafe von fünf Jahren undsechs Monaten. Er wird in eine Klinik ein-gewiesen, bekommt im darauffolgendenJahr Osterurlaub, aus dem er nicht zurückkommt. Statt dessen missbraucht er einelfjähriges Mädchen und würgt es fast zuTode. Er wird gefasst, die Strafe auf 14Jahre erhöht, wieder Unterbringung ineiner psychiatrischen Klinik. Zwischen1995 und 1997 flieht er viermal aus demMaßregelvollzug, 1998 taucht er ganzunter, begeht mehr als 70 Straftaten,davon 15 Raubüberfälle. Die Opfer sindvorwiegend alte Frauen, einige vergewal-tigt er, zwei 90-jährige Opfer sterben.

Nach erneuter Festnahme und Unter-bringung in der Psychiatrie darf er im Okt-ober 2000 seine Mutter in Strausberg be-suchen, begleitet von zwei Pflegern und

einem Pädagogen. Schmökel sticht einender Pfleger mit einem Küchenmesser nie-der und flieht. Auf seiner Flucht versteckter sich in einer Bungalowanlage, wird dortvon einem Rentner überrascht, den er miteinem Spaten erschlägt. Schließlich gelingtder Polizei am 7. November 2000 nacheinem Schuss in den Bauch seine Festnah-me.

Jetzt hat der Prozess gegen FrankSchmökel vor dem Landgericht Frankfurtan der Oder begonnen, das aus Sicher-heitsgründen in Neuruppin tagt. In demVerfahren wird es auch um SchmökelsSchuldfähigkeit gehen. Und darum, ob erwieder in der Psychiatrie untergebrachtwird oder seine Strafe in einer Haftanstaltabsitzen muss. Das Urteil wird noch im De-zember erwartet.

Besserung und SicherungNach § 63StGB ordnetdas Gericht beischuldunfähi-gen oder nur

vermindert schuldfähigen Tätern dieUnterbringung in einem psychiatrischenKrankenhaus an, wenn von dem Täter in-folge seines Zustands erhebliche rechts-widrige Taten zu erwarten sind und er des-halb für die Allgemeinheit gefährlich ist.Diese Unterbringung – eine der in § 61StGB genannten sechs Möglichkeiten der„Maßregeln der Besserung und Sicherung“– kann neben der Haftstrafe angeordnetwerden, aber auch zusätzlich zu ihr. Siedient zwei Zielen: Sicherheit für die Öf-fentlichkeit und Besserung beziehungs-weise Therapie des Einsitzenden. Diesebeiden Ziele miteinander zu verbinden, isteine Gratwanderung, denn echte oder ver-meintliche Therapieerfolge führen zurLockerung der Zwangsunterbringung unddamit zumindest zur potenziellen Gefah-renerhöhung für die Öffentlichkeit.

Zur Beurteilung der Schuldunfähigkeitbegutachten sachverständige Psychologenund Psychiater den Angeklagten. Die Ent-scheidung treffen letztendlich die Richter,die an das Gutachten nicht gebundensind. Der schuldunfähige oder nur vermin-

dert schuldfähige gefährliche Täter kommtso lange in den Maßregelvollzug, bis vonihm keine weiteren Straftaten zu erwartensind. Wann das ist, entscheidet ein Gerichtauf der Grundlage eines Prognosegutach-tens, wiederum erstellt von Psychothera-peuten.

In ihrer Einschätzung über den seeli-schen Zustand der Straftäter liegen dieGutachter allerdings recht häufig daneben.Die Kriminologische Zentralstelle in Wies-baden hat ermittelt, dass jeder fünfte Kin-derschänder erneut ein Kind angreift,wenn er die Chance dazu bekommt. Zuähnlichen Ergebnissen kamen Wissen-schaftler von der Freien Universität Berlin.

Die Therapeuten, nach Rückfällen ihrerPatienten oft im Zentrum der Kritik, stek-ken in einem Dilemma. Schon von Berufswegen müssen sie bei jedem Patienten ersteinmal an die Möglichkeit seiner Heilungglauben und zugleich zum Schutz der Öf-fentlichkeit misstrauisch bleiben. Ein Kon-flikt, den nicht jeder aushält: Vor einigenJahren beging ein 45-jähriger Psychiatrie-Chefarzt in Berlin Selbstmord, weil er denRückfall eines ehemaligen Patienten alspersönlich empfundenes Versagen wertete.

Doch woran liegt es, dass so viele Täterrückfällig werden? Ein Grund ist der Man-gel an genügend qualifizierten sexualme-dizinisch ausgebildeten Therapeuten: Denetwa 4.500 Sexualstraftätern in Deutsch-land stehen höchstens 50 Sachverständigegegenüber. Weil die Schulung bis zum Ex-perten bis zu fünf Jahre dauert, behilftman sich in der Zwischenzeit etwa inMecklenburg-Vorpommern schon mal miteinem Augenarzt, der auch eine psycho-therapeutische Ausbildung hat. Auch wer-den Gutachter häufig erst am Haft-Endeeingeschaltet, und nicht schon im Prozess.Viele gefährliche Täter bleiben so zumin-dest beim ersten Mal unerkannt.

Straftäter als Meister der ManipulationKriminellen gelingt es zudem immer wie-der, die Therapeuten zu täuschen. ThomasKurbjuhn, der wegen Mordes an seinemVater im Maßregelvollzug einsaß, und des-sen Gutachter ihm eine krankhafte Cha-

Ein Restrisiko bleibtSpektakuläre Klinikausbrüche und Rückfallstraftaten haben schwere Mängel beim Umgang mit Sexualstraftätern offenbart und dem Maßregelvollzug scharfe Kritik einge-bracht. Tatsächlich wird er seinen Zielen häufig nicht gerecht. Dabei spielt der Personalmangel sicherlich eine Rolle.

Jürgen Jaskolla

In ihrer Einschätzung über den seelischen Zustand der Straftäter liegen die Gutachterallerdings recht häufig daneben.

Titel

15justament dezember 2002

rakterneurose bescheinigte, empfand sichals völlig normal und machte das auch sei-nem Therapeuten klar. Das wurde ihm je-doch nur als Blockadehaltung ausgelegt.Erst als Mitpatienten ihm zu verstehengaben, dass eine „Kooperation“ seinen Kli-nikaufenthalt starkverkürzen könnte,begann er zu tricksenund erzählte von er-fundenen Träumen,wie er sich in eineKatze verwandelthabe und dergestalt übers Meer gerudertsei. „Die wollten doch belogen werden“sagt er, der seine Erfahrungen in einemInternet-Buch veröffentlicht hat („Wie Kri-minelle ihre Therapeuten austricksen“).Der Lohn der Zusammenarbeit: Kurbjuhnwurde vorzeitig aus dem Maßregelvollzugentlassen.

Auch Schmökel hat jetzt im Prozesseingestanden, seine Gutachter getäuschtzu haben. Nach jahrelangem Psychiatrie-aufenthalt geübt im Umgang mit Thera-peuten, gab er an, manche Sachen nichterzählt oder Angaben nach vermeintlichenWünschen der Ärzte ausgerichtet zuhaben. Zugleich beklagte er aber, wegenanhaltender Gewaltfantasien vom Maßre-gelvollzug enttäuscht zu sein.

Nicht alle sind therapierbarSollten die Gutachter dem StraftäterSchmökel eine seine Schuld ausschließen-de seelische Störung bescheinigen, stelltsich die Frage, ob der Maßregelvollzug ihntatsächlich noch bessern kann. Sind Sexu-alstraftäter überhaupt heilbar? Nicht alle!Unter den durchschnittlich vier bis sechsJahre im Maßregelvollzug einsitzendenTätern gibt es etliche, die nicht zu thera-pieren sind. Die ermittelten Zahlenschwanken stark, Experten sprechen von30 bis 60%.

Schmökel hat seine achtjährige Klinik-zeit nicht geholfen. Weder ist er geheiltnoch konnte seine Unterbringung die öf-fentliche Sicherheit garantieren. Fast alleseine Gutachter sind inzwischen davon

überzeugt, dass er nicht therapierbar ist.Nur sein ehemaliger Therapeut MichaelBrand ist anderer Ansicht. „Ich stehe füreine Therapie weiterhin zur Verfügung“,sagte er kürzlich vor Gericht. Tatsächlichhatte Brand wohl eine herausgehobene

StellungunterSchmökelsTherapeuten.Ihm beichte-te er telefo-nisch noch

während seiner Flucht im Herbst 2000 dieErmordung des Rentners. Nicht ausge-schlossen aber auch, dass Brand sichtäuscht – im Gerichtssaal würdigte Schmö-kel seinen Ex-Therapeuten kürzlich keinesBlickes. Und auch früher schon war seinEinfluss auf den Kriminellen begrenzt. Er-folglos versuchte er Schmökel damals des-sen geplanten Besuch bei seiner Mutterauszureden, weil diesen eine „überaus bri-sante, nach wie vor ambivalente und un-gelöste Mutter-Beziehung“ plage. Zudembeging er noch den verhängnisvollen Feh-ler, der Klinikleitung nichts von seinen Er-kenntnissen zu erzählen. Es könnte sein,dass Brand dem unter Therapeuten vor-kommenden Glauben erlegen ist, nur er seiin der Lage, Zugang zum Patienten zu fin-den und ihn zu heilen.

Untherapierbare gehören nicht in denMaßregelvollzug, meinen inzwischen vieleGutachter. Dochwohin mit denen,für die weder dasGefängnis nochdas Krankenhausder richtige Platzist? Ein Wegsper-ren für immer widerspricht dem Resoziali-sierungsgedanken und damit wohl demGrundgesetz. Verfassungsrechtlichen Be-denken begegnet auch das von einigenExperten in Extremfällen befürworteteMittel der Zwangskastration. Ähnliches giltfür „objektive“ schematische Tests, wie sieein Wissenschaftlerteam aus Kanada ent-wickelt hat. Die Einschätzung über die

Therapierbarkeit beruht hier allein auf sta-tistischen Erkenntnissen; wer eine be-stimmte Risikopunktzahl überschreitet, giltals dissozial und damit nicht heilbar.

Die Therapie danachEin praktikables und zugleich erfolgver-sprechendes Mittel gegen Rückfälle ist diepsychologische oder psychiatrische Betreu-ung über den Tag der Entlassung aus demMaßregelvollzug hinaus. Zwar wird denPatienten auch bisher schon für das Lebenin Freiheit Unterstützung angeboten, eineobligatorische ambulante Weiterbehand-lung gibt es aber derzeit nur in Hessen.Mit beachtlichen Erfolgen, die Rückfall-quoten sanken dort deutlich. Für manchePatienten müsse die Möglichkeit bestehen,sie lebenslang begleiten zu können, for-dern Ärzte deshalb. Das diene dem Schutzder Öffentlichkeit und sei auch noch billi-ger als eine stationäre Behandlung.

Der öffentlichen Sicherheit dienlichwären auch schärfere Kontrollen in denpsychiatrischen Kliniken. Allein in Bayernkonnten in einem Zeitraum von andert-halb Jahren 96 Patienten aus geschlosse-nen Abteilungen der Bezirkskliniken ent-weichen, etliche davon begingen wiederStraftaten.

Bringt ein härteres Sexualstrafrecht,wie es von Bundesregierung und Opposi-tion gerade diskutiert wird, eine Besserungder Situation? Wenn, wie im Fall Schmö-

kel, Patienten al-lein deshalb Aus-gang erhalten,damit die Pflegerentlastet werden,spricht das eherfür eine Auf-

stockung des Personals als für härtereStrafen. Auch in Gardinen versteckte Ra-sierklingen gehören dann vielleicht derVergangenheit an.

Doch auch die besten Maßnahmenwerden nicht alle Rückfallstraftaten ver-hindern können, da sind sich Therapeutenwie Politiker einig. Ein Restrisiko bleibtimmer.

Maßregelvollzugsanstalt Brandenburg/Havel. Hier befindet sich Frank Schmökel zur Zeit.

Für manche Patienten müsse die Möglichkeitbestehen, sie lebenslang begleiten zu können,fordern Ärzte deshalb. Das diene dem Schutzder Öffentlichkeit und sei auch noch billiger als eine stationäre Behandlung.

Die Therapeuten, nach Rückfällen ihrer Patienten oft im Zentrum der Kritik, steckenin einem Dilemma. Schon von Berufs wegenmüssen sie bei jedem Patienten erst einmal an die Möglichkeit seiner Heilung glauben.

Interview

16 justament dezember 2002

Frau Friedrichsen, Sie kommen gerade auseiner Verhandlung gegen Frank Schmökel.Kann die gewaltige Medienpräsenz bei spek-takulären Strafverfahren Einfluss auf denAusgang eines Verfahrens nehmen?

Nein, ganz gewiss nicht. Da halte ich dieUnabhängigkeit der Richter für viel zuausgeprägt. Es interessiert überhauptnicht, welche Medienvertreter anwesendsind. Auf der anderen Seite darf man na-türlich nicht verges-sen, dass die Medieneine wichtige Vermitt-lerfunktion zwischenGerichtssaal und Öf-fentlichkeit wahrneh-men. Wenn beispielsweise der Leiter derunabhängigen Kommission zur Überprü-fung des Maßregelvollzugs in Branden-burg, Herbert Schnoor, als Zeuge aussagtund auf diese Weise der Inhalt seines Be-richts noch einmal thematisiert wird, ist esgut, dass die Medien dabei sind. Dadurchwerden für viele Medienkonsumenten dieProbleme des Maßregelvollzugs sichtbarer.

Was meinen Sie damit?

Die Problematik ist sehr vielschichtig. Beiden Insassen des Maßregelvollzugs handeltes sich einerseits um Patienten, also krankeMenschen, andererseits aber gleichzeitigum hochgefährliche Straftäter. Viele derTherapeuten sehen in den Insassen jedochoft nur die Patienten. Daraus resultiertdann häufig eine Einstellung nach demMotto: „Wir haben so lange miteinandergearbeitet, wir haben so viel erreicht, dasmuss doch was genützt haben!“. Man willdiesen Menschen die Möglichkeit geben,in die Freiheit zu gehen und sich gut zubewähren. Oftmals wird dabei die Seite dernotwendigen Sicherung zu wenig beach-tet. Dieses Spannungsverhältnis besteht imnormalen Strafvollzug nicht. Dort stelltsich die Frage nach der Entlassung erstganz zum Schluss, wenn die Strafe verbüßtist. Im Maßregelvollzug dagegen steht dieTherapie im Vordergrund, und zur Thera-pie gehört immer auch ein Ziel. Und diesesZiel – die Heilung des Straftäters – solldamit erreicht werden, dass ihm die Ent-lassung in Aussicht gestellt wird.

Frank Schmökel selbst hat seine Behandlungim Maßregelvollzug als völlig unzureichendkritisiert. Stellt diese scheinbar flexible Voll-zugsform nicht doch eine unterschätzte Ge-fahr dar?

Hier sollte man vorsichtig sein. HerrSchmökel sieht sich, wie viele Insassen, alsOpfer des Maßregelvollzugs. Das halte ichaber für eine billige Masche. Denn manweiß ja, dass die Rückfallquote der aus

dem Maßre-gelvollzugEntlassenensehr viel ge-ringer ist alsdie derjeni-

gen, die im Strafvollzug gesessen haben.Schmökel kam allerdings in einer bedenk-lichen Situation in den Maßregelvollzug,nämlich zu einer Zeit, als dieser in Bran-denburg im totalen Umbruch war: Es gabin der ehemaligen DDR seit 1968 so etwasnicht mehr, der Straftäter kam eben in denStrafvollzug. Nur wer wirklich krank war,wer beispielsweise einen Gehirntumorhatte und gleichzeitig Straftäter war, kamin die Psychiatrie. Aber diese Mischung ausPatient und zu sicherndem Täter war un-bekannt. Nach der Wende gab es also dieSituation, dass die Psychiatrien, die garnicht zur Sicherung ausgelegt waren, mithochgefährlichen Straftätern belegt waren.Es existierten hierfür weder die baulichen,noch die personellen Voraussetzungen. Esherrschte schlicht ein großes Tohuwabohu.Und das war natürlich für jemanden wieSchmökel, der nur an Flucht dachte, eineSituation, die er hervorragend ausnutzenkonnte.

Schmökel sitzt weiterhin im Maßregelvoll-zug, obwohl seine Therapierbarkeit inzwi-schen bezweifelt wird.

Die Vorsitzende hat dem Sachverständigendie Überprüfung der Frage aufgegeben, obSchmökel überhaupt therapierbar ist undvorgeschlagen, anderenfalls die Vollstrek-kungsreihenfolge zu ändern, so dassSchmökel zunächst in den normalen Straf-vollzug kommt. Das OLG Brandenburg hatsich allerdings dagegen erklärt und gesagt,dass ein Täter, der einmal im Maßregel-

Man könnte fast sagen: „Dem Ver-brechen sei Dank!“ - Denn die Ge-

richtsreportage hat fast immer Kon-junktur. Nur im Sommer, wenn dieMenschen glücklicher sind und wenigergewalttätig, kann es auch in dieserBranche kriseln. Von dieser Beständig-keit profitieren nicht nur Strafverteidi-ger. Auch die Medien sind seit jeherdankbare Abnehmer, denn der Stoff ausden Gerichtssälen ist kostenlos undstammt aus der edelsten Feder über-haupt: der der Wirklichkeit. Zu einemZeitpunkt, in dem sich der Niedergangder TV-Gerichtsshow bereits erahnenlässt, erwacht in den Feuilletons dergroßen Tageszeitungen das Genre derGerichtsreportage zu neuem Leben. DerTrend führt weg vom Blick in die Ab-gründe einer konstruierten Realität, hinzum Boden der Tatsachen, denn auchdort geht es erschreckend zu.

Die Arbeit des Gerichtsreporters be-steht hauptsächlich in der genauen Be-obachtung eines Ortes, an dem profes-sionell nach der Wahrheit gesucht wird.Die Geschichten sind faszinierend undschauderhaft zugleich, weil sie einer-seits vom Bösen, dem Verbrechen, undandererseits von den banalen Wegendorthin berichten. So stellt sich oftgenug heraus, dass ein Mensch, vondem man annimmt, er sei ein veritablesMonster, lediglich ein Opfer der Ver-hältnisse oder seines schlichten Ver-standes ist. Gerichtsreporter operierendabei oft in einem Spannungsfeld zwi-schen dem notwendigen Blick RichtungAuflage und dem Wunsch, die journali-stische Aufgabe einer objektiven Be-richterstattung erfüllen zu wollen. DasErgebnis fällt dann auch – nicht seltenabhängig vom Auftraggeber – malmehr, mal weniger sensibel aus. Als einederjenigen, die diesen Spagat als ver-sierte und genaue Beobachterin souve-rän beherrscht, gilt Gisela Friedrichsen,die für das Nachrichtenmagazin „DerSpiegel“ fast alle spektakulären Prozes-se der letzten Jahrzehnte verfolgt hat.Wir sprachen mit ihr in Neuruppin amRande des Verfahrens gegen den Ge-waltverbrecher Frank Schmökel.

Die Banalität des Bösen beschreibenVor Gericht behalten am ehesten die Reporter den Überblick. Als erfahrene Beobachtersehen sie oft mehr als die Beteiligten selbst. Ein Gespräch mit der Gerichtsberichterstat-terin Gisela Friedrichsen.

Schmökel kam in einer bedenklichen Situa-tion in den Maßregelvollzug, nämlich zueiner Zeit, als dieser in Brandenburg im totalen Umbruch war.

Interview

17justament dezember 2002

vollzug war, dort auch bleiben sollte. Fürmich ist das aber typisches Juristendenken,und ich bin auf diese Entscheidung sehrgespannt, weil der Fall Schmökel ein Para-defall ist für all die Probleme, die sich aufdiesem Gebiet aufgetan haben.

Im Zusammenhang mit Gewaltverbrechenwird immer wieder die Forderung nach här-teren Strafen laut. Muss diese Forderungnach dem, was Sie gerade gesagt haben, alsoin Zukunft differenzierter werden?

Die Forderung nach härteren Strafen istUnsinn. Wir verfügen über das ganze not-wendige Instrumentarium an Strafen. Ichkann verstehen, dass Menschen, derenKinder ermordet oder missbraucht wurden,in ihrem Zorn solche Forderungen aufstel-len. Wenn aber Politiker dies tun, ist dasnichts als Populismus. Leidtragende sinddiejenigen Straftäter, die eigentlich thera-piert werden können.

Wäre es ein gutes Zeichen, wenn das Gerichtbei Schmökel über die Änderung der Voll-streckungsreihenfolge entscheiden würde?

Ja, in der Tat. Auch umgekehrt wäre daseine gute Sache: Warum sollte man einenInsassen des Strafvollzugs, der sich als the-rapiefähig erweist, nicht auch mal unbüro-kratisch in den Maßregelvollzug bringen?Bisher stehen dem allerdings die gericht-lichen Entscheidungen entgegen.

Hat die Gerichtsberichterstattung für Sieeine ganz bestimmte Funktion?

Wir Gerichtsberichterstatter sind eigentlichdiejenigen, die dem Gericht die Öffentlich-keit und der Öffentlichkeit das Gericht er-klären. Ich sehe das durchaus auch als Auf-gabe an, der Justiz mal noch eine Mei-nung aus der Öffentlichkeitnahezubringen. Und es gibt Richter, diesagen: „Wir brauchen Euch, denn ihr seiddiejenigen, die uns zeigen, wie wir nachaußen wirken, ob wir verständlich sind, ob

wir überzeugend sind, ob wir den Prozessrichtig geführt haben...“. Das kann man jaschlecht beurteilen, wenn man da vornesitzt.

Darf man sich das als eine Art Zusammenar-beit zwischen Gericht und Gerichtsberichter-stattung vorstellen?

Ich kenne eine ganze Reihe erfahrenerRichter, die sehr genau lesen, was ge-schrieben wird. Wenn man sich um Sach-lichkeit bemüht und genau beobachtet,dann stößt das durchaus auf Interesse,auch von Seiten der Justiz.

Wirkt sich das in irgendeiner Art und Weiseauf die Urteilsfindung aus?

Nein, natürlich nicht. Die Entscheidungwird immer noch nach dem Gesetz und derrichterlichen Überzeugung getroffen. Aberviele Richter benötigen diese Resonanz,weil sie dann auch auf eigene Fehler hin-gewiesen oder bestärkt werden.

Ihr Beruf bringt es mit sich, dass Sie immerwieder spektakuläreMord- und Miss-brauchsprozesse be-gleiten. Belastet Sie,was Sie dort sehen?

Die Erfahrungen in diesem Beruf sindmanchmal schlimm und bedrückend, oftaber auch faszinierend. Denn es ist unge-heuer aufregend und spannend zu beob-achten, was sich im Inneren unserer sichnach Aussen immer so reich und unbe-schwert gebenden Gesellschaft so ereignet.Zunächst einmal leben da ja nur ganz nor-male Menschen. Niemand wird zum Mör-der geboren. Warum wird der eine so undder andere eben nicht?

Sie erleben während der Verhandlungen vieleStrafverteidiger. Teilweise sind Sie auchschon von dieser Seite kritisiert worden. Sowurde Ihnen im Zusammenhang mit dem

Prozess um Monika Weimar bzw. Böttchervorgeworfen, Sie betrieben parteiliche Be-richterstattung.

Dieser Vorwurf war absoluter Quatsch. Ichwar nur insofern parteilich, als ich nichtdie von der Verteidigung in Gang gesetztePropaganda mit bedient habe. Die Vertei-digung versuchte in diesem Fall, die Me-dien zu instrumentalisieren und öffent-lichen Druck zu erzeugen. Einer solchenInstrumentalisierung habe ich mich entzo-gen. Es ist nicht mein Job, die Meinungeiner Verteidigung blind nachzubeten,wenn ich das Gegenteil beobachte.

Es kann ja durchaus eine Strategie der Ver-teidigung sein, die Anwesenheit der Medienfür ihre Zwecke zu nutzen.

Ja, und das kann positive und negativeAuswirkungen haben. Im Fall Weimar wardas für die Mandantin denkbar negativ:erst rein in den Knast, dann plötzlich wie-der raus, großer Medienstar sein, und dannwieder rein. Und dann will auf einmal kei-ner mehr was mit ihr zu tun haben.

Es gibt aber auch Verteidiger, die dieMedien nutzen, um zum Beispiel auf eineVorverurteilung des Angeklagten durch dieÖffentlichkeit aufmerksam zu machen. Indiesem Zusammenhang bin ich sehr ge-spannt auf den Prozess um den Mörderdes jungen Jakob von Metzler. Der hat alsVerteidiger einen erstklassigen Mann ausFrankfurt, Herrn Dr. Endres. Er ist selbstVater von drei kleinen Jungen. Er würdesich niemals für eine Kampfverteidigunghergeben, bei der ein großer Zauber veran-staltet und jeder Zeuge ins Zwielicht gezo-gen wird. Was wollen Sie bei diesem Man-danten verteidigen? Da kann man nur

noch daraufachten, dassdie Spielregelneingehaltenwerden. Hier

das Ziel zu haben, dem Mandanten „Le-benslang“ zu ersparen, ist ein Witz.

Die meisten Gerichtsreporter haben einejournalistische, keine juristische Ausbildung.Sind Juristen für diesen Beruf geeignet?

Wenn sie eine journalistische Ader haben,ja. Als Einstieg ist ein Jurastudium sicherhilfreich, das journalistische Handwerkmuss er oder sie aber auf jeden Fall auchgelernt haben. Denn bei diesem Beruf gehtes nicht um juristische Details, die Juriste-rei ist lediglich Beiwerk. Die wahre Kunstbesteht darin, dem Leser einen Sachverhaltüberzeugend zu vermitteln.

Das Gespräch führte Lorrain Haist.

Gisela FriedrichsenGisela Friedrichsen ist in München geboren und hat dortGermanistik und Geschichte studiert. Nach einem Volontari-at bei der Augsburger Allgemeinen fing sie bei der FAZ an,Gerichtsberichte zu schreiben. Später wechselte sie zumSpiegel, für den sie gemeinsam mit Gerhard Mauz Deutsch-lands große Prozesse verfolgte. Mittlerweile betreut sie dortals dessen Nachfolgerin die Justizberichterstattung. Ihre ge-sammelten Prozessberichte über das Mammutverfahren umdie angebliche Kindsmörderin Monika Böttcher sind 2001unter dem Titel „Er oder sie? Der Strafprozess Böttcher/Wei-mar“ im Nomos Verlag erschienen.

Wir Gerichtsberichterstatter sind eigentlichdiejenigen, die dem Gericht die Öffentlichkeitund der Öffentlichkeit das Gericht erklären.

Vanessa, Desiree, Adelina, Ulrike, Ale-xandra – Namen von Mädchen, die in

den zurückliegenden Jahren Opfer von Se-xualmorden geworden sind. Unzählbarsind die Fälle, in denen Kinder darüberhinaus sexuell missbraucht werden“. So lei-tete im Herbst 2002 die Presseagentur dpaeine Agenturmeldung über rechtspoliti-sche Aktivitäten der Union ein.

In den letzten Jahren ist festzustellen,dass nicht nur die Boulevardpresse, son-dern auch gemeinhin als seriös geltendeMedien an herausgehobener Stelle zumTeil reißerisch, oftmals jedenfalls ausführ-lich über Fälle sexuellen Missbrauchs vonKindern berichten. Jedermann, unabhän-gig von Geschlecht, Nationalität und Bil-dungsgrad, ist betroffen angesichts derabscheulichen Taten. Quer durch alle Be-völkerungsschichten herrscht Entsetzenangesichts dessen, was unschuldige Kindererleiden mussten (und leider täglich nocherleiden müssen). Ohnmächtige Trauergreift Platz, bedenkt man, welch dauerhaf-ten Schaden die Psyche missbrauchter Kin-der erleidet, wie irreparabel die Schattenhäufig sind, die sich auf Kindheit und Ju-gend Missbrauchter legen. Oft zieht in derKindheit erlittener Missbrauch ein lebens-lang gestörtes Sexualleben nach sich.

„Opferschutz geht vor Täterschutz“Was ist zu tun, angesichts der bekanntge-wordenen (und auch der vielen unbekanntgebliebenen) Verfehlungen Erwachsenergegenüber Kindern? Volkes Stimme hat –wie für so viele gesellschaftlichen Proble-me – schnell Antworten parat: Täter müs-sen dauerhaft weggesperrt, Strafen dra-stisch erhöht werden. Die Politik schließtsich diesen Antworten nur zu gerne an.Wird doch der Eindruck erweckt, man be-kämpfe so wirksam und effektiv sexuellenMissbrauch. Wer könnte dagegen sein,wenn die frisch gebackene Bundesjustiz-ministerin proklamiert „Opferschutz gehtvor Täterschutz“ und mit der geplantenHochstufung des (einfachen) Kindsmiss-brauchs vom Vergehen zum Verbrechen„deutlich machen will, dass Kindesmiss-brauch zu den abscheulichsten Straftaten

gehört“, wenn es darum geht, „der Gesell-schaft ein Signal zu geben, dass auch dienicht ganz schweren Fälle besonders ver-werflich sind“?

Wer solche Forderungen erhebt, über-sieht oder negiert die Tatsache, dass auchnach der bestehenden Gesetzeslage § 176StGB vorsieht, dass Fälle einfachsten se-xuellen Missbrauchs mit Freiheitsstrafe biszu 5 Jahren geahndet werden können.Dies gilt für den Fall, dass ein Heranwach-sender seine noch unter 14 Jahre alteFreundin oberhalb der Kleidung an dieBrust fasst, oder dass der Schwimmtrainerseinen Schützling begrapscht. In etwasschwerwiegenderen Missbrauchsfällen lau-tet die Strafdrohung des Gesetzes jetztschon auf Freiheitsstrafe von 6 Monatenbis zu 10 Jahren.

Zusätzliche Verletzungen der OpferWas wäre damit gewonnen, wenn die Min-destfreiheitsstrafe auf 1 Jahr angehobenwürde? Dies hätte zur Folge, dass auch beieinfachsten Fällen eine Hauptverhandlungunumgänglich wäre. Eine Sanktionierungder Tat per Strafbefehl (also ohne Haupt-verhandlung mit einer Höchstfreiheitsstra-fe von 1 Jahr) wäre ebenso ausgeschlossenwie eine Verfahrenseinstellung gegen Auf-lagen, also zum Beispiel gegen Geldzah-lung des Täters an das Opfer. Wem dientees, wenn die Opfer in einer Vielzahl vonFällen als Zeugen in einer öffentlichenHauptverhandlung gezwungen würden,das wiederzugeben, wofür sie sich regel-mäßig selbst schämen? Sind erzwungeneZeugenauftritte von Missbrauchsopfernnicht bekanntermaßen häufig mit einerzweiten Traumatisierung verbunden? Wes-halb soll der Justiz und den nebenklage-berechtigten Opfern leichterer Miss-brauchsfälle die vom Gesetz zugestandeneFlexibilität im Umgang mit Einzelfällengenommen werden? Haben Gerichte,Staatsanwälte oder gar Opfer diesen vomGesetz noch vorgesehenen Spielraumüberhaupt je, oder gar regelmäßig, miss-braucht? Hofft jemand ernsthaft, eine Per-son, die gegenüber einem Kind „Grenzenüberschreitet“, es unsittlich berührt oder

auch missbraucht, ließe sich von dieserStraftat abschrecken, weil die Tat im Falleihrer Entdeckung mit Mindestfreiheitsstra-fe von 1 Jahr bedroht wäre, wenn diesePerson sich von der geltenden Strafdro-hung (Höchstfreiheitsstrafe von 5 bzw. 10Jahren) nicht abhalten ließ, seinem sexuel-len Verlangen nachzugeben?

Die Antworten fallen leicht, bleibenverständliche Emotionen hinter kühler Ra-tionalität zurück. Politiker sollten sichdurch vernunftbetontes Denken und Han-deln von „Volkes Stimme“ abheben. Diesscheint nicht immer der Fall zu sein. Inso-weit besteht Handlungsbedarf.

Strafrecht als „ultima ratio“Bei allem Entsetzen, das Kindsmissbrauchzu Recht hervorruft, darf nicht vergessenwerden, dass Strafrecht „ultima ratio“, nieaber probates Mittel der Ursachenbekämp-fung gesellschaftlicher oder zwischen-menschlicher Probleme ist. Sozial– undFamilienpolitik, die Erziehung von Kindernzu selbstbewussten Wesen, die den Muthaben, frühzeitig „Nein“ zu sagen, dieSchaffung kinderfreundlicher Rahmenbe-dingungen, die es Eltern ermöglichen, zuKindern ein liebevolles, offenes Verhältnisaufzubauen, das es Kindern selbstver-ständlich erscheinen lässt, sich schon beiersten „Grenzüberschreitungen“ vertrau-ensvoll an die Eltern wenden zu können,das alles wären Betätigungsfelder, aufdenen Kindesmissbrauch vorgebeugt wer-den könnte. Der Ruf nach schärferen Stra-fen ist ebenso hilflos wie untauglich.

Und nicht zuletzt: Wahr ist auch, dassnach der Statistik in den letzten Jahrzehn-ten die Anzahl der Sexualmorde an Kin-dern kontinuierlich zurückgegangen ist.Auch für diese Nachricht sollte nebenmancher plakativen Berichterstattung überFälle sexuellen Missbrauchs Platz sein.

Titel

18 justament dezember 2002

Sexualstraftäter – besteht Handlungsbedarf?Die geplante Strafverschärfung bei sexuellem Missbrauch von Kindern dient gerade nicht dem Opferschutz

Georg Prasser

Rechtsanwalt Georg Prasser, Stuttgart, ist Vi-zepräsident des Deutschen Anwaltvereins.www.anwaltsverein.de

Autor

Erweitert wurde das Handbuch in der 2. Auflage um die Kapitel:

• Wirtschaftsstrafverfahren (Wirtschaftsstrafrecht, Wirtschaftsstrafverfahren, MateriellesWirtschaftsstrafrecht, Außerstrafrechtliche Folgen für Täter, Teilnehmer und Unternehmen)

• Verteidigung gegen Zwangsmaßnahmen (Körperliche Eingriffe, DNA-Analyse, Durch-suchung und Beschlagnahme, Überwachung des Post- und Telekommunikationsverkehrs, Einsatz technischer Mittel, Verdeckte Ermittler, V-Personen und nicht offen ermittelndePolizeibeamte)

Zahlreiche Schriftsatzmuster, Checklisten, Tipps und Ablaufdiagramme machen dasHandbuch praxistauglich.

Pressestimmen zur 2. Auflage:„Zu Recht weist der Herausgeber deswegen in seinem Vorwort zur ersten Auflage darauf hin,dass es nicht nur für den Berufsanfänger, sondern auch für den erfahrenen Verteidiger als effektive Hilfestellung gedacht ist. … Auch die Verfasser der anderen Kapitel bemühen sich ausnahmslos mit Erfolg um eine benutzerfreundliche klare und wenig komplizierte sprachlicheGestaltung ihrer Texte, womit das Handbuch insgesamt über seinen Lehrbuchcharakter hinauszu einem schnell einsetzbaren Hilfsmittel für die praktische Arbeit des Strafverteidigers wird.“

(RA und Notar Dr. Karl Adolf Günther, Hanau, NJW 2002, 1634)

Jan Bockemühl (Hrsg.)

Handbuch des Fachanwalts Strafrecht2. Auflage 2002, 1.610 Seiten, gebunden,€ 109,–/sFr 218,– • ISBN 3-472-04795-X

Zu beziehen über Ihre

Buchhandlung oder

direkt beim Verlag.

Titel/Name/Vorname

Straße

PLZ/Ort

Rechtsgebiet

Telefon Telefax

22029/001

�B E S T E L L C O U P O N Kostenloses Fax 08 00/801 8018 · Telefon 0 26 31/801-329

Handbuch des Fachanwalts Strafrecht€ 109,–/sFr 218,– • ISBN 3-472-04795-X

Verteidigung im Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren€ 34,90/sFr 69,80 • ISBN 3-472-04456-X

Ex

Ex

Datum/1. Unterschrift: Bestellung

Ja, ich/wir möchte(n) bestellen: (Bitte gewünschte Menge eintragen.)

Das Werk bietet eine Einführung in die Strafverteidigung mit den Musterschriftsätzen und -anträgen, die standard-mäßig anfallen.

Es konzentriert sich auf die Bereiche, mit denen Anfänger undGelegenheitsverteidiger bei ihrer Arbeit konfrontiert werden.

Der Autor:Harald Lemke-Küch ist Rechtsanwalt und Fachanwalt fürStrafrecht. Er hält im Kammerbereich Celle/BraunschweigEinführungsseminare für junge Anwälte.

Verteidigung im Straf- und

Ordnungswidrigkeitenverfahren

Lemke-Küch

Verteidigung im Straf- und Ordnungs-widrigkeitenverfahren Eine Einführung 2001, 250 Seiten, broschiert € 34,90/sFr 69,80ISBN 3-472-04456-X

Handbuch des Fachanwalts StrafrechtJan Bockemühl (Hrsg.)

Begleitbuchzum Fachlehrgang Strafrecht

des Deutschen Anwaltsinstituts

Expertenwissen aus erster Hand!

Freitag, 05.12.2001, Flughafen Frank-furt/Main. Ein Jumbo der „South Afri-

can Airways“ hebt zum Flug in den grauenDezemberhimmel ab, um gut zehn Stun-den später in Johannesburg zu landen.Wenig später mache ich mich nicht nurmit Fahrer Sam, sondern auch mit denTücken des Linksverkehrs und der Tatsachevertraut, dass sich auf afrikanischen Auto-bahnen nicht selten mehr Fußgänger alsAutos bewegen. Der spannendste Teil mei-ner Referendarzeit hat begonnen. Vieraufregende Monate in Südafrika liegen vormir...

Der erste Weg führt mich an meinenArbeitsplatz: Die Deutsche Botschaft inPretoria. Bei der freundlichen Begrüßungvergisst mein Ausbilder nicht, mich zur tra-ditionellen Nikolausfeier für alle Beschäf-tigten einzuladen. Gegen 19 Uhr habensich knapp 100 Mitarbeiter in der Residenzvon Botschafterin Anna-Margareta Peters

eingefunden und man geht der Lieblings-beschäftigungen aller Südafrikaner nach:Dem „Braii“, wie das zünftige und allseitsbeliebte Grillen auf Afrikaans genanntwird. Bei 25° C inden Abendstun-den erscheint derWeihnachtsmann,der die Kinder derBotschaftsange-hörigen beschenkt, unwirklich wie eine Fatamorgana. Im Nu sind die acht Exa-mensklausuren der beiden vergangenenWochen vergessen.

„Hoher Besuch“ aus der Heimat...Schon nach wenigen Arbeitstagen wird mirklar, dass meine drei Referendarskollegenund ich nicht die einzigen „Winterflücht-linge“ aus Deutschland sind, steht die Ar-beit der Botschaft doch ganz im Zeichenmehrerer Staatsbesuche aus Deutschland.

Bundespräsident Johannes Rau hat sichfür Januar im Land am Kap angekündigt,die seinerzeitige BundesjustizministerinHerta Däubler-Gmelin sowie Delegationen

von Wirtschafts-und Innenausschusssollen folgen. Hekti-sche Betriebsamkeit,will doch jederSchritt der Staats-

gäste bestens vorbereitet sind. Von derWagenfolge der Staatskarossen bis zu„Briefings“ über die aktuelle politischeLage im südlichen Afrika bestimmen Auf-gaben meinen Tagesablauf, die einenwohltuenden Kontrast zur Examensvorbe-reitung der letzten Monate bilden. Die Be-gleitung der Bundesjustizministerin zu Ge-sprächen mit ranghohen ANC-Vertreternoder des Innenausschusses des Bundesta-ges bei einer Streifenfahrt durch dasnächtliche Pretoria und einer Diskussionmit südafrikanischen Polizisten undStaatsanwälten entschädigen allemal fürdie mitunter zeitraubenden und aufwändi-ge Mitarbeit bei der Planung der eng ge-strickten Besuchsprogramme.

Natürlich besteht das „Tagesgeschäft“in einer deutschen Auslandsvertretungauch aus vielen anderen Tätigkeiten: Ob„klassisch juristisch“ in der Rechts- undKonsularabteilung, wo neben Fragen desStaatsangehörigkeitsrechts auch zahlreicheProbleme des internationalen Familien-und Erbrechts auf Referendare wartenoder in den „Fachreferaten“ für Wirtschaft,Presse, Protokoll, Kultur, Entwicklungs-hilfe, Soziales und Landwirtschaft, die regelmäßig über aktuelle Entwicklungenim jeweiligen Land nach Deutschland be-richten.

Der schwierige Weg zur „Rain-bow-Nation“Als großer Vorteil gegenüber der Tätigkeitin einer Anwaltskanzlei erweist sich dieMöglichkeit, - auch dank der vorbildlichenEinbeziehung der Referendare in viele Be-sprechungen und die Begleitung der Dele-gationen – interessante Einblicke in diepolitische, wirtschaftliche und soziale Lageeines Landes zu erhalten, das auch im ach-ten Jahr nach dem Ende der Apartheid-

Ausbildung

20 justament dezember 2002

Deutsche Botschaft Pretoria, SüdafrikaWie die Wahlstation beim Auswärtigen Amt zu einem Erlebnis wird. Ein Erfahrungsbericht.

Lutz Niemann

Faszinierende Naturschönheit – wie hier in der Karoo-Halbwüste – begleitet den Südafrika-Besucher auf Schritt und Tritt

Im Kontrast zur wachsenden Unsicher-heit in den Großstädten, der instabilen Lage im Nachbarland Zimbabwe und derverheerenden Ausbreitung des HIV-Virussteht die Naturschönheit eines Landes.

Politik von Erzbischof Desmond Tutus Vi-sion einer „Rainbow Nation“, in der Men-schen unterschiedlicher Hautfarben, kultu-reller und religiöser Hintergründe friedlichzusammen leben, in mancher Hinsichtnoch weit entfernt ist.

Südafrika – Land der KontrasteZwischen den „Townships“, in denen dieMasse der schwarzen Bevölkerungsmehr-heit lebt, und den durch Mauern und Sta-cheldraht hermetisch abgesichertenPrachtvillen vieler weißer Südafrikaner lie-gen Welten – und doch oft nur wenige Ki-lometer. Die Frustration vieler jungerSchwarzer schlägt wohl nicht zuletzt des-halb immer häufiger in Gewalt und Krimi-nalität um. Johannesburg und Pretoriazählen zu den gefährlichsten Städten derWelt, in denen ein Menschenleben biswei-len wenig wert ist. Eine engagierte, aberhäufig überforderte Polizei steht der Ent-wicklung nicht selten machtlos gegenüberund hat das Land zu einem El Dorado pri-vater Sicherheitsdienste werden lassen.

Auf Tuchfühlung mit den „BigFive“Im Kontrast zur wachsenden Unsicherheitin den Großstädten, der – besonders nachden Vertreibungen weißer Farmer – insta-bilen Lage im Nachbarland Zimbabwe undder verheerenden Ausbreitung des HIV-Virus in etlichen Provinzen steht die Na-turschönheit eines Landes, das völlig zuRecht mit dem Slogan „The whole world inone country“ um Touristen aus Europaund den USA wirbt. Die „Big Five“ (Nas-

horn, Löwe, Elefant, Büffel und Leopard)haben hier ebenso ihre Heimat wie Wale,Delphine und Pinguine; vorbildlich ge-führte Nationalparks machen eine Reiseins Land am Kap ebenso zum Erlebnis wiedie Strände des Indischen Ozeans, Wande-rungen in den Drakensbergen oder ein Ab-stecher nach Kapstadt über die „GardenRoute“. Darüber hinaus ist Südafrika einäußerst preiswertes Reiseland und ange-sichts der geringen Kosten für Unterkunftim flächendeckenden Netz der „Backpk-cker“ oder Mietwagen sind auch Wochen-endausflüge oder ein – unbedingt zuempfehlender – längerer Urlaub amAnfang oder Ende der Station trotzkarger Ausbildungsvergütung desReferendars erschwinglich.

FazitDie Wahlstation in Südafrika istuneingeschränkt zu empfehlen;für mich – und wohl fast alle Kol-leginnen und Kollegen – ist sie zueinem unvergesslichen Erlebnisgeworden. Eine Wahlstation ineiner deutschen Auslandsvertre-tung sollte darüber hinaus jederReferendar ins Auge fassen, derfür sich einen Berufseinstieg inden höheren auswärtigen Dienstanstrebt. Nicht zu letzt deshalb,weil die Arbeit als Diplomat nebender sicher faszinierenden Möglich-keit, wie in kaum einem anderen Berufin Kontakt mit fremden Ländern undKulturen zu kommen, auch viele Nachtei-le mit sich bringt.

Ausbildung

21justament dezember 2002

Tipps & AdressenInformationen zur Bewerbung für dieWahl- oder Verwaltungsstation beimAuswärtigen Amt erhält man im Inter-net unter www.auswaertiges-amt.de/www/de/aamt/job/jobs_aa/referendar_html oder perPost: Auswärtiges Amt, 1-AF (Berlin),Werderscher Markt 1, 10117 Berlin. InSüdafrika werden in der Botschaft inPretoria und im Generalkonsulat Kap-stadt Stationen angeboten.

Ausbildungsmöglichkeiten für Refe-rendare bietet ferner die Deutsch-Süd-afrikanische Außenhandelskammer(www.germanchamber.co.za), die ggf.auch Kontakte zu deutschen Firmen inSüdafrika herstellen kann. Im GroßraumJohannesburg sind zahlreiche namhaftedeutsche Großunternehmen mit Toch-tergesellschaften vertreten.

Erstkontakt zu deutschsprachigenRechtsanwälten kann anhand entspre-chender Listen mit Kanzleianschriftenaufgenommen werden, die – wie in denmeisten anderen Ländern auch – entwe-der über die deutsche Botschaft oderdie deutsche Außenhandelskammer er-hältlich ist.

Länderinformationen sind beimSüdafrikanischen Fremdenverkehrsamtunter www.southafricantourism.de er-hältlich. Als unentbehrlicher Reiseführerhat sich der „Lonely Planet“ (www.lone-lyplanet.com) bewährt.

Robben Island vor Kapstadt – über Jahrzente Gefangeneninsel, heute Touristenattraktion nicht zu-letzt wegen ihres berühmtesten Häftlings: Nelson Mandela verbrachte 25 Jahres seines Lebens.

Neben den fünf deutschen StandortenBerlin, Düsseldorf, Frankfurt a.M.,

Hamburg und München besetzen TaylorWessing nunmehr auch Büros in Brüssel,London und Cambridge. Dazu kommennoch zwei sogenannte „representative of-fices“, das eine in unmittelbarer Nachbar-schaft des europäischen Markenamtes inAlicante, das andere als Sprungbrett zuneuen Märkten an den Ufern des Jangtse-kiangs in Shanghai.

Eine europäische Sozietät also, ohnedie sonst in der Branche durchaus üblichenBüros jenseits des großen Teiches. Mansetze, so Graf Lambsdorff, eben bewusstauf schlanke innereuropäische Verwal-tungsstrukturen und habe sich vom allge-mein grassierenden Fusionsfieber nichtderart anstecken lassen, dass man das Risi-ko einer Globalisierung um jeden Preis,insbesondere um den eines kostenintensi-ven Wasserkopfes, einzugehen bereit ge-wesen sei. Die angesichts der internationalausgerichteten Klientel von Taylor Wessingunverzichtbaren transatlantischen Bandeknüpfe man lieber mit sorgsam ausge-wählten Partner-Sozietäten direkt in denUSA, die schon flächendeckend über Servi-ceeinrichtungen sowie entsprechende Er-fahrungen und Verbindungen verfügten.Den eingesparten Verwaltungsaufwandgebe man dann gleich als Preisvorteil andie Kunden weiter.

Liebeshochzeit mit VerstandDie Fusion sei durchaus eine Liebeshoch-zeit, entfährt es Dr. Ohle, denn die beidengleichberechtigten Partner Taylor (350 An-wälte) und Wessing (250 Anwälte), seienaufgrund kongruenter, gleich stark ausge-bildeter Kernkompetenzen vor allem imGesellschaftsrecht und IP/IT-Bereich sowieeiner gemeinsamen, überwiegend austechnologisch orientierten Unternehmenbestehenden Klientel wie füreinander ge-schaffen. Durch diese „Romanze“ halteman unüberschaubare Folgeprobleme, die

ansonsten bei Übernahmefusionen vonKanzleien mit stark unterschiedlicherOrientierung und Struktur geradezu pro-voziert würden, in ganz engen Grenzen.

Als „full service“-Kanzlei berät TaylorWessing in allen wesentlichen Bereichendes Wirtschaftsrechts. Gleichwohl hat manin den Kernbereichen branchenorientierte„practice groups“ gebildet, die den über-örtlichen Wissens- und Erfahrungsaus-tausch innerhalb der nunmehr gewachse-nen Anwaltsschaft sicherstellen sollen.

So berät auch das Berliner Büroschwerpunktmäßig zu Fragen des Gesell-schafts-, Medien- und Immobilienrechtsund bietet qualifizierte Hilfe zum ThemaArbeitsrecht sowie Beihilfe-, Vergabe- undKartellrecht.

Berliner WurzelnSeit 1990 am Gendarmenmarkt habenauch die Berliner ihren Beitrag zumStammbaum von Taylor Wessing erbracht,war es doch ihr ehemaliger Kollege Grafvon der Goltz, der sein zuvor florierendes

Berliner Büro kriegsbedingt - Haus undWirtschaft lagen in Schutt und Asche - inRichtung Düsseldorf verlassen hatte, umden jungen Partner Wessing mit ins Bootzu nehmen und seine Erfahrung in der Be-ratung von Großindustriellen weiterzuge-ben. Nach Fusionen mit Kanzleien ausHamburg, München und Frankfurt a.M.Ende der 80er Jahre kehrte Wessing danngleich nach der Wende wieder zu seinenBerliner Wurzeln zurück.

Mittlerweile sind hier in Berlin rund 20Anwälte beschäftigt. Das Durchschnittsal-ter liegt bei etwa Mitte/Ende 30. Sicher, soverraten mir Dr. Ohle und Graf Lambsdorffeinvernehmlich, mit ein Grund für diefreundliche, kollegiale Atmosphäre, die inihrem Büro in der Jägerstraße herrsche und

Kanzleireport

22 justament dezember 2002

Just married – eine neue Kraft für EuropaGerade einmal drei Monate ist es her, dass sich die deutsche Sozietät Wessing und ihreenglische Kollegin Taylor Joynson Garret das Ja-Wort gaben. Ich traf mich mit den beidenVollpartnern Dr. Mario Ohle und Konstantin Graf Lambsdorff in ihrem Berliner Büro direktam Gendarmenmarkt, um mehr über Mitgift und Aussteuer der frisch vermählten TaylorWessing zu erfahren.

Patrick Knäble

www.taylorwessing.com (auch online-Bewerbung)[email protected]

Kontakt

Rechtsanwälte Konstantin Graf Lambsdorff und Dr. Mario Ohle in ihrem Berliner Büro

Literatur

23justament dezember 2002

Gerade war der Jurist, Journalist undRAF-Experte Oliver Tolmein mit der

Zusammenstellung der dritten Auflage sei-ner erfolgreichen Monographie „Stamm-heim vergessen – Deutschlands Aufbruchund die RAF“ beschäftigt, da flogen dieTerror-Flugzeuge in die Türme des World-Trade-Centers. Kein Buch, so muss sich derAutor gedacht haben, sollte nach diesemTage so geschrieben werden wie zuvor –und so entstanden zwei zusätzliche (län-gere) Kapitel, die dem überarbeiten Textder Vorauflagen vorangestellt wurden, undein neuer Titel. Dieser taugt allerdings vor-nehmlich zur Beschreibung der themati-schen Bandbreite der Abhandlung (in um-gekehrter Reihenfolge), denn von einerEntwicklungslinie zwischen den genann-ten Terrorismen, was der Titel und die Um-schlagsgestaltung – verkaufsträchtig – zusuggerieren scheinen, kann nur sehr ein-geschränkt die Rede sein. Immerhin kon-statiert der Autor als Ergebnis seiner akri-bischen Analyse zur ideologischen Vergleichbarkeit von RAF- und 11.Sep-tember-Terror einige Überschneidungenim Anti-Amerikanismus, Anti-Zionismusund Anti-Imperialismus – und zudem habees in der RAF doch auch Sympathie für na-tionale Befreiungskämpfe gegeben…

Im übrigen beschreibt Tolmein, virtuos mitZitaten aus Bekennerschreiben, Flugblät-tern und anderen charakteristischen Tex-ten der RAF hantierend, kenntnisreich dieideologischen Positionierungen des deut-schen Linksterrorismus in den unterschied-lichsten Facetten und Perioden, problema-tisiert dabei insbesondere die Geschichsts-vergessenheit der Bewegung und machtletztere für deren überwiegend einseitiganti-israelische Haltung verantwortlich.

Als staatliche Reaktion auf den Terrorsei, so eine weitere These, sowohl im Deut-schen Herbst als auch nach dem 11. Sep-tember jeweils im Zuge der Bekämpfungdes Terrorismus ein Feindstrafrecht eta-

bliert worden, das militärische Kriegsfüh-rung und polizeiliche Strafverfolgung all-mählich eins werden lasse. Auch mit derzweifelhaften Legitimation des Afghani-stan-Feldzugs geht Tolmein in diesem Zu-sammenhang ins Gericht. Deutlich distan-ziert sich der Autor aber von der in Teilender politischen Linken verbreiteten Hal-tung, wonach die Terroranschläge des 11.September lediglich als Konsequenz derUS-amerikanischen Weltwirtschaftspolitikgedeutet würden. Überhaupt sieht er jeg-lichen Anti-Amerikanismus und Anti-Im-perialismus recht kritisch.

Im umfangreichsten, überwiegend denVorauflagen entnommenen Teil werdenschließlich diverse Texte der RAF doku-mentiert und ausführlich kommentiert.Dem Leser bietet sich hier vor allem dieMöglichkeit, der meist martialischen undmitunter einfältigen Sprache der Terrori-sten selbst zu lauschen. Und Tolmein ge-bührt der Verdienst, uns diese Texte (be-reits mit der Erstauflage seines Stamm-heim-Buchs) erstmals zugänglich gemachtzu haben.

Insgesamt also, trotz des ein wenigplatten Titels, ist das Buch durchweg le-senswert und vor allem auch als Einfüh-rung in die Thematik überaus hilfreich.

Töne des TerrorsThomas Claer

die für eine Kanzlei diesen Kalibers leiderkeineswegs selbstverständlich sei. Es gebeeben keine eingefahrenen Hierarchien, dievon grauhaarigen Seniorpartnern domi-niert würden, sondern vielmehr ein pro-duktives Miteinander. Auf ein solcheskönne und wolle man angesichts eines Ar-beitstages von nicht selten mehr als zwölfStunden - bei dem sich das Büro schnellzu einer zweiten Heimat entwickle - auchunmöglich verzichten. Nur wer gerne undmotiviert zur Arbeit erscheine, das hättensie insbesondere bei den jungen Kollegenfestgestellt, könne die erwarteten Höchst-leistungen erbringen.

Der Weg in die heiligen HallenUm als associate bei Taylor Wessing an-fangen zu können, bedarf es schon desbranchenüblichen doppelten Prädikatsund qualifzierter Englischkenntnisse, dieetwa durch den Erwerb eines LL.M nach-gewiesen werden können. Eine Promotion,so Dr. Ohle, sei durchaus erwünscht(immerhin habe die große Mehrzahl der

Kollegen ihren Doktor), nicht aber conditiosine qua non, und könne, so Steuerfach-anwalt Graf Lambsdorff , beim Nachweisüber besondere Zusatzqualifikationen, wieetwa ein bereits bestandener Steuerfach-anwaltskurs (wir berichteten in fünf 2002),sogar ganz in den Hintergrund treten.

In jedem Fall erhöhe ein kreativer Le-benslauf die Einstellungschancen. Sokönne sich ein promovierter Sinologe alsvollbefriedigender Volljurist mit Blick aufdas Büro in Shanghai - seit über 30 Jahrenist man auf Initiative einer findigen Kolle-gin Inhaber der Geschäftslizenz für denchinesischen Markt - schon als so gut wieeingestellt betrachten.

Doch der Weg in die Büros von TaylorWessing eröffnet sich auch weniger un-konventionell. Immerhin sind laut Statistikbisher 20 % der Referendare später auchals associates übernommen worden. Sicherkeine Gesetzmäßigkeit, beschwichtigt Dr.Ohle, aber man beschäftige eben grund-sätzlich nur Referendare, die sich aufgrundihrer Qualifikation auch als Partner eignen

würden. Ausserdem erlaube die immerhinmehrmonatige Referendarszeit bessereRückschlüsse auf die „soft-skills“ einesneuen Kollegen in spe als ein kurzweiligesBewerbungsgespräch im eigenen Büro.Deshalb biete die Übernahme eines Refe-rendars eine gute Gelegenheit, vor bösenÜberraschungen etwa in Form durchausqualifizierter aber kommunikationsgestör-ter Nerds gefeit zu bleiben.

Im Schnitt arbeiten in der Jägerstraßeungefähr zwei bis drei Referendare und einbis zwei Praktikanten. Die Bezahlung istabhängig vom betriebenen Arbeitsauf-wand und liegt zwischen 500 und 600Euro.

Ist man dann einmal übernommen,winken etwa 60.000 Euro Einstiegsgehalt,leistungsabhängige Bonuszahlungen undgute Aufstiegschancen zum Junior- undspäter Vollpartner sowie ein internationa-les Umfeld mit gemeinsamen staff parties,workshops und networking events zumbesseren Kennenlernen der vorwiegendenglischen Kollegen.

Oliver TolmeinVom Deutschen Herbst zum 11. September.

Konkret Literatur Verlag, 2002.256 Seiten.

€ xx,–ISBN 3-89458-204-9

Effektivität bestimmt das Handwerk.Die globalen Rechtsstrukturen sind geradedadurch effektiv, dass sie ständig in derKrise sind. Der Übergang von internationa-lem Recht, das vertraglich zwischen souve-ränen Nationalstaaten ausgehandelt wird,zu einer globalen juridischen Formationzeichnet sich durch eine fehlende Legiti-mation für die dazu notwendige normati-ve Setzung aus. Die einzige Rechtfertigungfür die globalen Rechtsstrukturen ist ihrFunktionieren. Ihr Funktionieren beweistsich aber am Walten der Exekutive. Eineglobale Exekutive wiederum beweist sicherst dadurch, dass ihre gewaltsamen Inter-ventionen nicht mehr als Kriege, sondernals Polizeiaktionen verstanden werden. Bö-sewichter werden zur Strecke gebracht, umdie supranationale Ordnung aufrecht zuerhalten.

Diese Argumentation des Polit-Bestsel-lers ‚Empire‘ klingt, als sei sie nach dem 11.September entstanden. Tatsächlich schrie-ben der italienische Politik-Professor An-tonio Negri, der als vermeintlicher Chefi-deologe der Roten Brigaden lange Jahreim Gefängnis saß, und der linksradikaleamerikanische Literaturwissenschaftler Mi-chael Hardt ihr Buch über die neue Welt-ordnung aber zwischen dem Golfkrieg unddem Kosovo-Krieg und infizieren nachzweijähriger Inkubationszeit mit der nunvorliegenden Übersetzung auch die Debat-ten in Deutschland.

1968 genügten wenige Schlagwörtervon Marx oder Marcuse, um sich als be-wegter Student eine Dienstmarke für denCampus in Berkley, Paris oder Berlin zu

verdienen. Heute kommt kein gesell-schaftstheoretischer Kongress, kein linkerVortrag ohne einen Bezug auf ‚Empire‘aus. Imperiale Souveränität, biopolitischeProduktion, General Intellect oder Multi-tude sind die Begriffe, an denen sich dieAktivisten der globalen Anti-Globalisie-rungsbewegung erkennen.

Das Buch ist jedoch nicht nur ein Hype,der den heterogenen politischen Projektenin Südamerikaund Asien oderden Treffen vonSeattle und Genuaeine gemeinsamePlattform gibt.Vielmehr denken die Autoren die Theorie-Angebote der letzten dreißig Jahre so ori-ginell zusammen, dass sich selbst die FAZin ihrer Rezension des Buches ernsthaftum eine sachliche Auseinandersetzung mitdem von Negri und Hardt gelifteten Mar-xismus bemüht. Vor allem der Zusammen-hang der supranationalen Souveränität miteinem neuen Verständnis der kapitalisti-schen Produktion ist auch für Nicht-Mar-xisten interessant.

Die FaktenNach Negri und Hardt gibt es keinen Im-perialismus mehr, weil es keine Territorienmehr zu erobern gibt. Stattdessen führendie Autoren den Begriff Empire ein. Dasmit Effektivität und Polizeilogik selbstrefe-rentiell begründete imperiale Regierungs-handeln bildet die quasi-amtliche Oberflä-che des Empire. Die Notwendigkeit zu die-ser supranationalen Ordnung ist in derTiefenstruktur des Empire zu suchen, imglobalisierten Kapitalismus, der seine Pro-duktion mittels internationaler Arbeitstei-lung quer zu allen Nationalstaaten organi-siert.

Negri und Hardt argumentieren dabeinicht mit „der“ Globalisierung. Vielmehridentifizieren sie eine neue Qualität in derkapitalistischen Produktionsweise alsTriebfeder der Entwicklung. Die postmo-derne Produktion besteht demnach nichtmehr nur in der Herstellung materiellerGüter, sondern ist nach einem Begriff vonMichel Foucault „biopolitische Produk-tion“, eine Produktionsweise also, die alleBereiche des Lebens prägt. Das reicht vomSzene-Dresscode bis zur Gentechnologie.

Subjektivitäten werden hergestellt und alsWare immer wichtiger. Umgekehrt werdenalle Bereiche des Lebens für die Produktionaktiviert. Subjektivität prägt die Produk-tion, wie beim Werbetexter, der den Kino-Besuch für seine Arbeit verwertet, oderbeim rhetorisch gewandten Rechtsanwalt.

Der hohe Stellenwert von Subjektivitätin der Produktion ist nach Negri und Hardtdabei keine besonders perfide Erfin-

dung des Ka-pitals, sondernentspringtdem Erfin-dungsreichtumsozialer Kämp-

fe. Der alten Marxschen Erkenntnis fol-gend, wonach die Geschichte eine Ge-schichte von Klassenkämpfen ist, entdek-ken die Autoren im Begehren derunterdrückten Menschen den Fortschritts-motor der Geschichte. In diesem Zu-sammenhang stehen die sozialen Bewe-gungen um 68, die in neuen Sexualitäts-,Drogen- und Protesterfahrungen ihre Sub-jektivität produziert haben.

Das Kapital kann nur reagieren. Eskann sich nur an den neuesten Stand derProduktivkräfte anpassen. Es geht letz-tendlich immer um eine – erzwungene -Effektivierung der Ausbeutungs- und Kon-trollmechanismen. Durchaus überzeugendführen Negri und Hardt in großen histori-schen Panoramen vor, wie sich Souverä-nität und Produktion in dieser Gemengela-ge von Interessen der Regierenden, des Ka-pitals und der Menge der begehrendenMenschen verändern. Bis zu dem Punkt,an dem mit dem Computer das Mediumauftritt, in dem sich Produktion, Zirkula-tion und Konsum von immateriellenWaren weltweit vereinen.

Analog zum Computernetzwerk verste-hen Negri und Hardt nun das Empire alseffektives Netzwerk von Nationalstaaten,internationalen Institutionen wie den Ver-einten Nationen oder dem IWF, von inter-nationalen Konzernen und auch NGOs wieGreenpeace oder amnesty international.Diese Akteure haben alle unterschiedlicheInteressen, haben sich aber mit unter-schiedlichen Funktionen für die Durchset-zung einer weltweiten Ordnung in einemhistorischen Prozess als die aktuell wirk-samste Formation für die Kontrolle über

Literatur

24 justament dezember 2002

Die Gebrauchsanweisung für die Globalisierung ist da.

Sebastian Tautkus

Michael Hardt/Antonio NegriEmpire.

Die neue Weltordnung.

Aus dem Englischen von Thomas Atzert und

Andreas Wirthenson

Frankfurt/New York (CampusVerlag) 2002. 461 Seiten

€ 39,–ISBN 3-593-36994-X

Subjektivität prägt die biopolitische Produk-tion, wie beim Werbetexter, der den Kino-Besuch für seine Arbeit verwertet, oder beimrhetorisch gewandten Rechtsanwalt.

das Aufbegehren der Menschen heruaskri-stallisiert.

Das Empire hat mit diesen Akteurenalle Attribute der klassischen Souveränität:militärische, monetäre und kommunikativeMacht. Ihre Macht hat jedoch keine Kom-mandozentrale mehr, auch nicht in denUSA, wie es viele Deutsche unterstellen.Vielmehr haben sie die Logiken der altenDisziplinarorganisationen Schule, Militär,Klinik oder Gefängnis auf die gesamte Ge-sellschaft ausgedehnt und in die Köpfe derMenschen verlegt, die sich mit Produktionund Konsum ihrer eigenen Subjektivitätgleichzeitig die Kontrolle des Empire ein-fangen.

Ohne Schiri habt ihr keine Chance!Juristen, Börsenmakler, Grafiker und Auto-ren machen alle die gleiche Arbeit, sie ar-beiten mit Tastatur und Maus. In dieserimmateriellen Arbeit sehen Negri undHardt ein intellektuelles Zeitalter herauf-brechen. Maschinen werden immer un-wichtiger für die Produktion, Können wirdimmer wichtiger. Die Menschen brauchenund bekommen immer mehr Wissen. Dasbefähigt sie nicht nur dazu, ihre Arbeit zutun, sondern auch dazu, sich selbständigzu verständigen. Dadurch entsteht ein Ge-samtintellekt, der nach Auffassung derAutoren schon fast die kommunistische

Assoziation freier und gleicher Produzen-ten ist. Diesen Gesamtintellekt nennen sie nach einem Wort von Marx „GeneralIntellect“.

Im Begriff des „General Intellect“ sindso viele theoretische Inkonsistenzen, dasses sich kaum lohnt, mit einer Kritik zu be-ginnen. Weit davon entfernt, marxistischzu sein, begründen Negri und Hardt mitdem GeneralIntellect einneues Proletariat: die „Mul-titude“. DasKonzept derMultitude – inder deutschen Übersetzung wird von der„Menge“ gesprochen – verbindet dieheterogenen sozialen Kämpfe und Subjek-tivitäten zu einem mengenhaften Begeh-ren. Die intellektuellen Arbeiter müsstensich demnach nur noch klar machen, wieeng sie bereits zusammenarbeiten, um dasnach eigenem Plan und eigenem Begehrenzu tun.

Diese christliche Epiphanie äußert sichmit Fortdauer des Buches zunehmend inpoetischem Schwulst, der in den letztenSätzen gipfelt, die allen Ernstes heißen:„Diese Revolution wird keine Macht kon-trollieren können –weil Biomacht undKommunismus, Kooperation und Revolu-

tion in Liebe, Einfachheit und auch in Un-schuld vereint bleiben. Darin zeigen sichdie nicht zu unterdrückende Leichtigkeitund das Glück, Kommunist zu sein.“

Spott für den revolutionären Opti-mismus des Buchs ist freilich einfach zuhaben. Und schadet der eigenen Erkennt-nis. Denn bei allen Widersprüchen ist es ‚Empire‘ doch immerhin gelungen,

praktisch eine glo-bale Leserschaft zugenerieren. Aleror-ten schießen Diskus-sionszirkel aus demBoden, und auchauf mancher gut be-

anzugten Cocktail-Party hört man distan-ziert-faszinierten Small-Talk über die The-sen des ungleichen Autorenpaars.

Das Buch gewinnt durch seine Rezep-tion, und es lässt sich gut rezipieren. AlsTheorie-Steinbruch, auch als Vertiefung zurechtstheoretischen Fragen hinsichtlich desSouveränitäts-Paradigmas. Und für Verwe-gene auch als Gebrauchsanweisung. Des-halb zum Ende einen pragmatischen Tipp,für den Fall, dass der Bestseller unter demGabentisch liegt: Die 80 ersten Seiten ge-nügen, um die Hauptthesen zu erfassen.Und schon der erste Satz macht Mut:„Every tol is a wheapon if you hold itright.“ Auch ‚Empire‘.

Literatur

25justament dezember 2002

Mit den Begriffen des „Privaten“ unddes „Öffentlichen“ beschäftigt sich

der englische Philosoph Raymond Geuss,der an der Universität von Cambridgelehrt. Aber gibt es überhaupt eine Unter-scheidung zwischen diesen Sphären?Oder wird eine Grenze zwischen „privat“und „öffentlich“ nur von unserer moder-nen Gesellschaft unüberlegt behauptet?Raymond Geuss meint, dass es nicht eineeinzige klare Unterscheidung zwischen„öffentlich“ und „privat“, sondern viel-mehr eine Reihe überlappender Gegen-sätze gibt.

Zentrale Bedeutung in seinem Buchnimmt der von Nietzsche und Foucaultentwickelte Begriff der „Genealogie“,eine historische Darstellung, ein, vondem sich Geuss inspirieren lässt und dener an den Gegenstand seiner Untersu-

chung, der Unterscheidung von „öffent-lich“ und „privat“, anpasst. Er problema-tisiert die schwierige Grenzziehung zwi-schen beiden Sphären anhand von dreikonkreten Fallbeispielen: Diogenes, derdie Angewohnheit hatte, mitten auf dem

Athener Marktplatz zu masturbieren,Caesar, der das Ufer des Rubikon über-schritt und Augustinus, der sich ganz sei-ner Selbsterkenntnis widmete. Die Bei-spiele dienen zur Veranschaulichung derunterschiedlichen Wertungsmöglichkei-ten von „öffentlich“ und „privat“. DieGrenzen scheinen zu verwischen.

Die Unterscheidung von „öffentlich“und „privat“ ist aber ein wichtiger Teildes Liberalismus. Ziel des Liberalismus istes das Private, nämlich die Privatheit, vorEingriffen der Öffentlichkeit zu schützen.Raymond Geuss kritisiert somit den Libe-ralismus und stellt ihn in Frage. Vor allemregt er aber in seinem lebendig geschrie-benen Buch an, über die Begriffe „öf-fentlich“ und „privat“ nachzudenken undsich nicht unreflektiert auf das Private zuberufen.

Raymond GeussPrivatheit

Eine Genealogie

Suhrkamp Verlag,

Frankfurt a.M., 2002,

142 Seiten

€ 14,90

ISBN 3-518-58355-7

Was ist Privat?Adrienne Eigemann

In dieser immateriellen Arbeit sehen Negriund Hardt ein intellektuelles Zeitalter heraufbrechen. Maschinen werden immer unwichtiger für die Produktion, Können wirdimmer wichtiger.

Endlich ist auch das Parallelwerk zuKnöringer und Co. (vgl. die Bespre-

chung in justament 5/2002) in einerneuen Auflage erschienen. Seit Anfangdiesen Jahres mochte man sich angesichtsder vielen Veränderungen im Zivilprozess-recht und im materiellen Recht lieber kei-nes als ein veraltetes Buch anschaffen.Aber seit Oktober können sich jetzt auchAnders/Gehle-Fans über eine Neuauflagefreuen. Monika Anders und Burkhart Gehlehaben die lange Wartezeit genutzt, um diedurch Reform von ZPO und Schuldrechterfolgten Änderungen sorgfältig in ihrWerk mit aufzunehmen. Das Kapitel überdie Berufung ist vollständig überarbeitet,und beispielsweise auch die Auswirkungendes neuen § 269 III 3 ZPO auf die Erledi-gung vor Rechtshängigkeit werden aus-führlich dargestellt. Auch was das mate-rielle Recht betrifft, wurden z.B. die Aus-führungen zu Zinsansprüchen undBeweislast geändert. Dabei wird immernoch zusätzlich auf die alte RechtslageBezug genommen.

Für all diejenigen, die sich als Referen-darIn noch nicht für ein Lehrbuch im Zivil-prozessrecht entschieden haben: Anschei-nend ist es unmöglich, Anders/Gehle lei-

denschaftslos gegenüber zu stehen. Dieeinen hassen das Werk, die anderen wollennicht darauf verzichten. Im Vergleich zuden anderen beliebten Büchern Knöringerund Oberheim ist der Anders/Gehle dasumfangreichste. Darin liegt, wie ich finde,aber auch seine Stärke: Er vermittelt nichtnur Wissen, sondern stellt Gründe und Zu-sammenhänge so verständlich dar, dasssich auch nicht behandelte Probleme nachder Lektüre leichter lösen lassen. Das Buchbehandelt die Probleme des Zivilprozessesausgehend von der Relationstechnik, alsodem Vorgehen in Form eines mehrschichti-gen Gutachtens, das der Reihenfolge Klä-gerstation, Beklagtenstation, Replik, usw.

folgt. In manchen Bundesländern werdenim Examen aber gerade keine Relations-klausuren gestellt. Dennoch ist die Einar-beitung dieser Denkmethode auch für Re-ferendare aus diesen Bundesländern nichtüberflüssig: Sie hilft auch beim Abfasseneiner Urteilsklausur. Wer an einem Landge-richt landet, kommt ohnehin nicht herum,ab und zu auch mal ein Votum zu schrei-ben und findet dafür in diesem Buch einesehr gute und vollständige Anleitung.Jedem Kapitel nachgestellt ist auch eineDarstellung der spezifischen Besonderhei-ten für Urteils- und Anwaltsklausur.

Manch einem kommt der Anders/Gehlezu gelehrsam daher. Mein Lieblings-Hass-Satz findet sich in dem Abschnitt über dieVernehmungstaktik eines Referendars beider Beweisaufnahme: „Üben Sie diesensehr wichtigen Auftakt Ihrer Amthandlungruhig ein paar mal vor dem Spiegel. Dennweder mit hilflosem Stottern noch mitübertrieben förmlicher Strenge werden Sieauf den Zeugen nennenswerten Eindruckmachen.“ Derlei überflüssige und beleh-rende Tips sind aber eher die Ausnahmeund auch nur am Anfang des Buches zufinden. Nach wie vor mein Favorit im Zivil-prozessrecht.

Literatur

26 justament dezember 2002

Der Klassiker aus NRWBärbel Sachs

Monika AndersBurkhard GehleDas Assessorexamenim Zivilrecht7. AuflageWerner Verlag, 2002606 Seiten

€ 39,–ISBN 3-8041-1070-3

foto-love-casting

Lerngruppe Deckendorf – Immer hart a

m Fall

Deutschland sucht den Super Star und wir brauchen neue Komparsen für dieneue Foto-Love-Story. Alles was Ihr tun müsst, um einmal wirklich im Blik-kpunkt der Öffentlichkeit zu stehen, ist, die unten stehenden Fragen fehlerfreizu beantworten und uns ein hippes Foto von Eurer Lerngruppe zu schicken. DenGewinnern winkt eine Gastrolle in der nächsten justament.

Schickt die Anworten an:Redaktion justamentKennwort: Foto-LoveLexxion VerlagMarienstraße 19/20 · 10117 Berlinoder eine E-Mail mit Attachment an:[email protected] (Subjekt: Foto-Love)

A BC D

Welches Cafeten-Brötchen isst Lexi am Liebsten?A: Rührei mit MajoB: Mett ohne Zwiebeln C: Rollmops im SchlafrockD: Käse-Remou mit extra Salat

Wie lautet der korrekte Protokollvermerk beider Zeugenvereidigung gem. §§ 392, 480 ZPO?A: „Der Zeuge wurde nicht vereidigt.“B: „Der Zeuge bleibt unvereidigt.“C: „Der Zeuge wurde ohne Vereidigung

entlassen!“D: Ohne Vereidigung kein Vermerk im Protokoll.

Welches beliebte polizeiliche Vollzugsmittelhängt offenbar in so mancher Jura-Cafete?A: TränengasB: HandschellenC: WasserwerferD: Gummiknüppel

Wie bekämpft RA. Dr. iur. Martin F. SchulzeLLM. übermäßige Fußscheißentwicklung?A: gar nichtB: FußdeoC: spezielle, fußschweißmindernde WollsockenD: gelegentliches Bidet-Bad

Service

Beliebtes Highlight des Referendariatesist sicher die Studienfahrt. Denn dank

Sonderurlaubs des jeweiligen OLGs ist esmöglich, ein paar Tage zu verreisen und soden schnell zur Routine werdenden Refe-rendarsalltag hinter sich zu lassen. Dochwie organisiert man eine Studienfahrt füreine Gruppe von Referendaren mit zumeistsehr unterschiedlichen Wünschen undVorstellungen?

Das ReisezielZunächst stellt sich die Frage nach demZiel der Fahrt - London, Madrid oder dochdie Klassiker Paris und Prag. Also wird eineListe erstellt, in der sich jeder potentielleTeilnehmer nun mit einem Erst- und Zeit-wunsch verewigen darf.

In unserem exemplarischen Feldversuchkristallisierte sich dann schnell Krakau inPolen heraus. Nicht unerwähnt bleibensollte in diesem Zusammenhang, dass einpreiswertes Angebot eine möglichst hoheTeilnehmerzahl voraussetzt. Dies ist auchim Hinblick auf die OLG–Regelungen zurReferendarsstudienfahrt (bei uns waren esdie Brandenburgs) sinnvoll, da die Gruppegeschlossen fahren sollte. In begründetenEinzelfällen kann – nach schriftlicher Be-gründung – jedoch auch von einer Teil-nahme abgesehen werden.

Nach der basisdemokratischen Reise-zielbestimmung wurde es nun konkreter:Schnell wurden ein paar E-mails zur Ange-botseinholung versandt. Adressen dazugibt es in der Regel an den „SchwarzenBrettern“ der OLGs oder in den entspre-chenden Referendarsabteilungen. Nach 2-3 Tagen füllte sich bei uns der Briefkasten.Nicht anders als bei jeder Pauschalreise

heisst es nun vergleichen. Dabei geht es je-doch weniger um das Zimmer mit Meer-blick, sondern vielmehr um die inhalt-lichen Aspekte des angebotenen Pflicht-rahmenprogramms. Und das Ganze willauch noch in die 5 Tage Sonderurlaub, dendas OLG gewährt, gepackt werden. Allzuviel Zeit sollte man sich nicht mit der Bu-chung jedoch nicht lassen. Denn Zumin-dest in Brandenburg ist die Kursfahrt nurinnerhalb der ersten 10 Ausbildungsmona-te möglich.

Der Anspruch auf SonderurlaubNach einem Vergleich legt man sich dannauf einen Anbieter fest. Aus dessen spe-ziellem Fachprogrammangebot und demdazugehörigen Hotelangebot entsteht nundie nächste Liste für die Teilnehmer. Ausden eingegangenen Eintragungen ergibtsich eine konkrete Buchung. Vorher mussjedoch jedoch noch die Genehmigung desOLG eingeholt werden. Man sollte sichdeshalb auf jeden Fall genauer mit denAnforderungen des OLG auseinanderset-zen. In Brandenburg verlangt man vomReferendar pro Tag Sonderurlaub ein vier-stündiges Fachprogramm. Vom Reisean-bieter erhält man eineAufstellung der Fach-programmpunkte, dieman zusammen miteiner Namenslisteund dem Sammelan-

trag ans OLG schickt. Eine solche Namens-liste mit Altersangabe ist auch Vorausset-zung für den Abschluss einer durchausempfehlenswerten Reiserücktrittskosten-versicherung.

Tipps zur Reisevorbereitung Ein nicht zu unterschätzendes Problembesteht in der finanziellen Abwicklung mitdem Reiseveranstalter. Hier empfiehlt sichdie Einrichtung eines gesonderten Kontosfür die notwendigen Einzahlungen durchdie Teilnehmer. Besonders bewährt hatsich die Praxis, die Zahlungsfristen derTeilnehmer kürzer zu gestalten,als dieZahlungsziele des Veranstalters vorgeben.Ein realistischer Zeitraum ist hier eine Zeitvon ca. 2 Wochen. Nach geringfügiger Än-derung des Fachprogramms und akzeptab-ler Umquartierung in ein geeignetes Hotelkonnte es bei uns nun auch losgehen. Alsletzte Hürde entpuppte sich die für Juri-sten bedenkliche Abfahrtszeit, Sonntag-morgens um sechs( nicht alle haben es ge-schafft). Es war zwar mit einigem Aufwandverbunden, die Reise zu organisieren, derreibungslose Ablauf und der Dank der mit-gereisten Gruppe entschädigte aber dafürum so mehr.

Referendare on tour – Die ReferendarsstudienfahrtVom Anspruch auf eine Studienfahrt bis zur Abreise

Jana Seeliger

Bahnfahrt ab/bis Berlin-Krakau5 x Ü/F im Hotel***10 Programmpunkte tlws. mit DolmetscherWochenkarte für den ÖPNVReiserücktrittskostenversicherung ohneSelbstbehaltCa. 295,-Euro Reiseanbieter:www.bis-zeller.de · www.iris-reisen.dewww.kerkfeld.de · www.moveo.de

Unsere Reisempfehlung

Grafik: David Fuchs

Foto-Love

28 justament dezember 2002

Jura - Cafeten. Oh, Hort des Geschwätzes, des Schwachsinns und der Intrige. Wir erinnern uns: Durch einen geschickt eingefädelten Coup ist es Justus gelungen Lexis Aufmerksamkeit zugewinnen. Als er durch vertrauensbildende Maßnahmen und juristischem Fachwissen diese Bekanntschaftvertiefen will, taucht Frauke auf. Seine Ex. Was dann passiert dürfte der ein oder andere Leser vielleichtschon ahnen...

Just-a-moment in Love

LexiFrauke

Justus

1 2

3

4

Heute: „Frauke, die fiese Ex“

Und dann hab ich natürlichnoch EBV geprüft... Ach ja?

Klar. Wenn ein Gärtner imSachverhalt auftaucht immer.Assoziationsmethode.

Oh, äh, hallo Frauke.

Und übrigens, dein Kartenspielchen kannst du dir auch nochbei mir abholen. Das stellt er sich nämlich unter einem hei-ßen Abend zu zweit vor: Eine Partie Play-Beck-Jura und einbisschen Paragraphenreiten...

5

6

Starring:

Ich glaub’s nich’, Schmuse-bärchen hat ´ne Neue! Gleichmal checken, wie die so is´.

Na, worum geht’s?Lockerer Gewahrsamoder doch ‘ne sexy

Abschlussverfügung?

Foto-Love

29justament dezember 2002

Frauke räumt das Schlachtfeld. Zurück bleibt nur Zerstörung. Wenig später darfsie die Erfahrung machen, dass auch in international renommierten Großkanz-leien, das Kriterium der Examensnote gerne mal hinter sog. „soft-skills" zurük-ktritt. Ein nicht ganz unbekannter Junganwalt, führt das Bewerbungsgespräch...

In der Zwischenzeit...

to be continued...

Ach Frauke, hast du da neLaufmasche?

Wer lacht kriegt Eine rein.Ich hab jetzt ein total wichtiges Vor-stellungsgespräch bei ‘ner interna-tional renommierten Großkanzlei!

Man hat’s nicht leicht als Karrierefrau.Also ich finde , sie habenda durchaus überzeugen-

de... Argumente.

Wenn ich den Laden später übernehme, bist du gefeuert.

Ich muss dann auch los. Vielleicht sieht man sich

ja mal wieder... Irgendwann.

Und was wird morgenaus unserer Lern-AG?

7 8 9

10

11

12

13

14Fo

tos:

Jör

g-U

lrich

Wei

dhas

Neeeh!

Im Oval-Office der Großkanzlei...

Als Mann bist du alleine.Vorm Examen und danach.

Stimmts, Rüdi?

Impressum

30 justament dezember 2002

HerausgeberRechtsanwalt Dr. Wolfgang Andreae und Diplom-Volkswirt Fritz Neske.

VerlagLexxion Verlagsgesellschaft mbH

RedaktionJörg-Ulrich Weidhas, MA (yt., v.i.S.d.P.), [email protected], Katharina Mohr (km.), [email protected], Jörn Reinhardt (jr.), [email protected],Patrick Knäble (pk), [email protected],Adrienne Eigemann (ae), [email protected].

Redaktionelle MitarbeiterKristina Orthmann (ko.), [email protected], Ingo Sparmann (is.), [email protected] Thomas Claer (tc), [email protected], Jürgen Jaskolla (jj), Karen Schadwill, Christian Frenzel.

Love-Story-FotosUlrike Schneider

Layout, Grafik, TitelChristiane Tozman, [email protected],David Fuchs, [email protected],Jörg-Ulrich Weidhas, [email protected].

Anschrift der Redaktionjustament, Lexxion Verlagsgesellschaft mbH, Marienstr. 19/20, 10117 Berlin, Telefon 030-28879332, Fax 030 - 28879334, [email protected], www.justament.de.

ManuskripteFür unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos, Programme, Datenbanken und Geräte wird keineHaftung übernommen. Der Autor überträgt dem Verlag nicht nur das übliche Verlagsrecht an seinemBeitrag für die Zeitschrift justament, sondern auch für etwaige andere, z.B. elektronische Formen der Publikation. Nachdrucke müssen vom Verlag genehmigt werden. Die Redaktion behält sich vor,Leserbriefe zu kürzen.

AnzeigenNicole Ludwig, Zillestraße 38, 10585 Berlin, [email protected],Telefon 030-34095101, Fax 030-34095108.

Erscheinungsweise jeden zweiten Monat · Bezugspreise Jahresabonnement €9,– inkl. MwSt. zzgl.Versandkosten, kostenfreie Verteilung an Referendare und Studenten. · Druck Westermann DruckGmbH, Braunschweig · ISSN 1615-4800

Gründungsherausgeberin ist Susann Braecklein.

Das günstige justament-Jahresabo

Name, Vorname

Firma / Kanzlei / Universität

Straße

Telefon

Fax

Faxen oder schicken Sie diesen Coupon an:

Lexxion Verlagsgesellschaft mbHMarienstr. 19/2010117 Berlin

Telefon: 030 - 28 87 93 32Fax: 030 - 28 87 93 34

Ich wünsche

❍ die nächste Ausgabe für €3,– inkl. MwSt.

❍ ein Jahresabofür €9,– inkl. MwSt. zzgl. Versand

Zahlung jeweils per Rechnung

Die Bestellung wird erst wirksam, wenn sie nichtinnerhalb einer Woche schriftlich gegenüber der Lexxion Verlagsgesellschaft mbH widerrufen wird.Das Abo verlängert sich, um ein weiteres Jahr, wennes nicht spätestens zwei Monate vor Ablauf gekün-digt wird. Ich bestätige durch meine Unterschrift,über dieses Widerrufsrecht belehrt worden zu sein.

Unterschrift

Justament im AufbruchWir suchen Juristen in ganz Deutschland, die Spaß an journalis-tischer Tätigkeit haben und die unsere Redaktion gerne unter-stützen möchten. Im Vordergrund steht dabei eine engagierteRecherchearbeit, die interessante Themen aufgreift und das Juri-stenleben von innen her beschreibt. Grundsätzlich arbeiten unse-re Autoren unentgeltlich, eine geringe Aufwandsentschädigungist im Einzelfall jedoch möglich. Auch einmalige Beiträge sind je-derzeit willkommen! Wer Lust hat sich an der kommenden Aus-gabe, die voraussichtlich im Februar erscheint, zu beteiligen, soll-te sich bei uns melden.Thema im Februar: EU-Osterweiterung

E-Mail: [email protected] oder: Redaktion justamentLexxion Verlagsgesellschaft mbHMarienstr. 19/2010117 Berlin

Referendarinnen und Referendare in Berlin, Frankfurt am Main, Köln und MünchenWer Unternehmen, Finanzdienstleister und öffentliche Institutionen beraten möchte, sollte denken und arbeiten wie sie: vorausschauend und ergebnisorientiert. Effizient und als Team. Jederzeit und an jedem Ort. Wir leisten eine Rechts- und Steuerberatung, die Mehrwert schafft. Wir finden Lösungen, die Qualität mit höchsten Servicestandards verbinden. Dafür sind wir mehrfach ausgezeichnet worden.

Sie haben die erste Stufe bereits überdurchschnittlich erfolgreich erklommen: Nicht nur Ihre juristischen Fähigkeiten, sondern auch Ihre Englischkenntnisse sind überzeugend. Weil wir das Beste erwarten, dürfen auch Sie das Besteerwarten - nämlich eine überdurchschnittliche Vergütung, eine aktive Betreuung und Ausbildung durch einen erfahrenen Rechtsanwalt sowie eine weitere akademische Ausbildung.

Besuchen Sie Ihre Kollegen und bewerben Sie sich unter: www.linklaters.com/careers/germany

RecruitmentLinklaters Oppenhoff & Rädler, Sandra Bernaschek, Human Resources, Mainzer Landstraße 16, D-60325 Frankfurt am Main,Telefon: (49-69) 710 03-134, E-Mail: [email protected]

Früh übt sich.

Jauernig · BGBHerausgegeben von Prof. Dr. Dr. h.c. Othmar Jauernig.Bearbeitet von Dr. Christian Berger, o.Prof. an derUniversität Leipzig, Dr.Dr. h.c. Othmar Jauernig,em. o.Prof. an der Univ. Heidelberg, Dr. Heinz-PeterMansel, o. Prof. an der Univ. zu Köln, Dr. Dr. h.c.Peter Schlechtriem, o.Prof. an der Univ. Freiburg,Dr. Astrid Stadler, o. Professorin an der Univ. Kon-stanz, Dr. Rolf Stürner, o. Prof. an der Univ. Freiburg, Richter am Oberlandesgericht Karlsruhe, Dr. ArndtTeichmann, o. Prof. an der Univ. Mainz, Richter amOberlandesgericht Koblenz, Dr. Max Vollkommer,o.Prof. an der Univ. Erlangen-Nürnberg10., neubearbeitete Auflage. 2003XXXVI, 1965 Seiten. In Leinen e 55,–ISBN 3-406-49529-X

■ Nicht lange suchen – schnell findenDer prägnante BGB-Kommentar

Im „Jauernig“ werden sie rasch fündigDer handliche Kommentar erläutert das BGB griffig, prägnant undkonzentriert. Eine klare Systematik, die praxisgerechte Auswertungder maßgeblichen Rechtsprechung und sprachliche Präzision gehörenzu seinen Vorzügen. Das lesefreundliche Druckbild, der weitgehendeVerzicht auf Abkürzungen, ein ausführliches Sachregister und Rand-nummern sorgen für Übersichtlichkeit. Damit ist der „Jauernig“ derideale Begleiter in der täglichen Praxis und für die Ausbildung.

Beste Qualität zum fairen PreisDer Taschenkommentar beantwortet zuverlässig alle wesentlichenFragen des Bürgerlichen Rechts und ermöglicht durch weiterführendeHinweise eine vertiefende Beschäftigung mit Einzelthemen. Trotzseines Umfanges von rund 2000 Seiten kostet er nur e 55,– und istdamit auch für Studenten und Referendare besonders attraktiv.

Die Neuauflagekommentiert ein in wesentlichen Teilen grundlegend verändertes Bür-gerliches Gesetzbuch. Den tiefsten Einschnitt brachte das Gesetz zurModernisierung des Schuldrechts, das am 1. Januar 2002 in Kraftgetreten ist. Damit werden auch die Bestimmungen bislang eigen-ständiger Verbraucherschutzgesetze (wie das AGB-Gesetz, das Haus-türwiderrufsgesetz oder das Verbraucherkreditgesetz) im BGB behan-delt.Weitere wichtige Änderungen erfolgten 2001 durch das • Gesetz überFernabsatzverträge • das Signaturgesetz • das Lebenspartnerschafts-gesetz • das Zweite Gesetz zur Änderung reiserechtlicher Vorschrif-ten • das Mietrechtsreformgesetz und • das Gewaltschutzgesetz.

Seit dem 1. Januar 2002 ist das BGB schon wieder durch zahlreicheGesetze geändert worden, u.a. das• Kinderrechteverbesserungsgesetz vom 9. April 2002,• Gesetz zur Modernisierung des Stiftungsrechts vom 15. Juli 2002,• Zweites Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschrif-

ten vom 19. Juli 2002,• OLG-Vertretungsänderungsgesetz vom 23. Juli 2002.

Gesetzesänderungen, neue Rechtsprechung und neues Schrifttumsind bis Anfang September 2002 eingearbeitet.

Kompetente Autoren arbeiten für SieDie Verfasser des Kommentars sind bekannte Hochschullehrer mitgroßer wissenschaftlicher und didaktischer Erfahrung. Teilweise warenoder sind sie zudem als Richter tätig. Dank dieser idealen Verbindungvon Wissenschaft und Praxis profitieren Rechtsanwälte und Richter,Steuerberater und Wirtschaftspraktiker ebenso vom „Jauernig“ wieStudenten und Referendare.

JAU

ERN

IG· B

ÜR

GER

LIC

HES

GES

ETZB

UC

H

F A X - C O U P O NJa, ich bestelle

Expl. 3-406-49529-X

Jauernig · BGB2003. In Leinen e 55,– inkl. MwSt., zzgl. Vertriebskosten

Name/Firma

Straße

PLZ/Ort

Datum/Unterschrift B/127045

Bitte bestellen Sie bei Ihrer Buchhandlung oder beim

VERLAG C.H. BECK80791 MÜNCHENbeck.de · E-Mail: [email protected] · Fax: 089/3 81 89-402

Sie haben das Recht, die Ware innerhalb von 2 Wochen nach Lieferung ohneBegründung an Ihren Buchhändler oder an den Verlag C.H.Beck, c/o Nördlin-ger Verlagsauslieferung, Augsburger Str. 67a, 86720 Nördlingen,zurückzusenden, wobei die rechtzeitige Absendung genügt. Kosten und Gefahrder Rücksendung trägt der Empfänger. Ihr Verlag C.H.Beck oHG, Wilhelmstr. 9, 80801 München.

JAUERNIG

BGBBürgerliches Gesetzbuch

bearbeitet vonBerger, Jauernig, Mansel, Schlechtriem,

Stadler, Stürner, Teichmann, Vollkommer

10. Auflage

BrandaktuellJetzt wieder in

Neuauflage

BrandaktuellVollständig berücksichtigt:

• Schuldrechtsmodernisierung • Zweite Schadens-ersatznovelle • Mietrechtsreform • Stiftungs-

rechtsreform • OLG-Vertretungsänderungsgesetz

Verlag C.H.Beck München