ausgerüstet Rhätische Bahn trotz Eurokrise auf Kurs · Quartal 2012 zurück-blicken: «Wir sind...

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AZ 7000 Chur – 160. Jahrgang – Nr. 101 – Freitag, 13. April 2012 – CHF 3.00 Redaktion: 7007 Chur, Tel. 081/255 50 50 – Abo/Zustellung: Tel. 0844 226 226, [email protected] – Inserate: Südostschweiz Publicitas AG, Tel. 081/255 58 58 M13 mit Senderhalsband ausgerüstet Der Wildhut des Kantons Graubünden ist es ge- lungen, den seit einigen Tagen herumstreifen- den Jungbären M13 in der Nähe von Scuol zu betäuben und ihm ein Senderhalsband anzule- gen. Wie die Standeskanzlei gestern mitgeteilt hat, hatte er zuvor in einem Gehege eine Ziege gerissen. Anlässlich der Aktion konnte festge- stellt werden, dass es sich beim 120 Kilogramm schweren Tier tatsächlich um den männlichen Jungbären M13 handelt. Mit der Besenderung sei die Grundlage ge- legt, um gemäss geltendem «Konzept Bär Schweiz» eine engere Überwachung des Tieres sicherzustellen und umgehend Vergrämungs- massnahmen einzuleiten. Damit soll letztlich eine Umerziehung erreicht werden. M13 müsse wieder mehr Scheu vor den Menschen beige- bracht werden, damit seine Fluchtdistanz wie- der vergrössert werden könne. Damit soll ge- mäss der Medienmitteilung verhindert werden, dass der Bär regelmässig in Siedlungsnähe auf- taucht und dort nach Fressbarem sucht. Die Bevölkerung und die Touristen werden ihrerseits angehalten, Siedlungsabfälle und mögliche Nahrungsmittel für den Bären uner- reichbar aufzubewahren bzw. sicher zu entsor- gen. Solange M13 nutzbare Futterquellen in Siedlungsnähe findet, bleiben diese für ihn at- traktiv und er wird versuchen, diese Stellen im- mer wieder aufzusuchen. Gestern hat sich auch der in Kanada lebende Bärenexperte Reno Sommerhalder zu der The- matik M13 zu Wort gemeldet. Sommerhalder, der in Graubünden schon Vorträge über Bären gehalten hat, kritisierte die fehlenden Vorberei- tungen im Unterengadin (siehe Forum Seite Klartext). (bt) Wie eine Pflanze zum Erfolgsmodell wird Das Wort «Weide» stammt aus dem Althoch- deutschen «wida» und bedeutet «die Biegsa- me». Mit ihrer Biegsamkeit sind Weiden nicht nur widerstandsfähig gegen Hochwasser, son- dern eignen sich auf für Flechthandwerk. Wel- che wichtige Rolle sie sonst noch spielen, zeigt das Bündner Naturmuseum in seiner neuen Sonderausstellung «Verflixt und verflochten – Von Weiden und Korbflechtern». (fm) bSeite 20 Die Agrischa rückt näher Die Region Prättigau/Davos präsentiert sich an der Agrischa vom 21. und 22. April. Das BT hat auf einem bemerkenswerten Betrieb in Fanas vorsondiert. 3 Wohnen im Kloster Die Bewohner des Pflegeheims Casa da Tgira Sutsassiala sind diese Woche in ihr neues Heim auf Zeit, das Benediktinerklos- ter Disentis, gezogen. 5 Liebesdrama in den 1950ern Eine tragische Liebesgeschich- te: «The Deep Blue Sea» zeigt die schönen und unschönen Sei- ten der englischen Gesellschaft um 1950. 19 Schwingen in Felsberg Der erste regionale Freiluft- wettkampf dieser Saison im Schwingen findet am Sonntag in Felsberg statt. Die Bündner gehören dabei zu den Favoriten. 15 Klartext 2 Graubünden 3 Kino/Veranstaltungskalender 4 Chur 9 Telex 11 Sport 13 Markt/Börse 18 Kultur 19 Wetter Letzte RUBRIKEN 9 771424 754008 50015 ANZEIGE Öffentlicher Verkehr Rhätische Bahn trotz Eurokrise auf Kurs Die Rhätische Bahn kann auf ein gutes erstes Quartal 2012 zurück- blicken: «Wir sind auf Kurs», sagte gestern CEO Hans Amacker an der Bilanzmedien- konferenz. Im schwierigen Geschäftsjahr 2011 konnten schwarze Zahlen geschrieben werden. Von Christian Buxhofer Die Rhätische Bahn (RhB) weist im Geschäftsjahr 2011 bei einem Um- satz von 325 Millionen Franken ei- nen Gewinn von 52 000 Franken aus. Das angesichts des schwieri- gen Umfelds gute Ergebnis kam nur dank verschiedener Sparmass- nahmen beim Sachaufwand, dank einer verzögerten Wiederbesetzung frei gewordener Stellen und dank eines zusätzlichen Beitrags des Bundes als Kompensation für die Einbussen wegen des starken Fran- kens zustande. Dies erklärten ges- tern Verwaltungsratspräsident Ste- fan Engler, CEO Hans Amacker und der neue Finanzchef Martin Gredig an der Bilanzmedienkonfe- renz in Chur. Die Führungscrew der RhB ist zuversichtlich, auch im lau- fenden Jahr schwarze Zahlen schreiben und die gesetzten finan- ziellen Ziele erreichen zu können. Schwieriges Umfeld Bei den Erträgen liege die RhB nach den ersten drei Monaten auf Budgetkurs, so Amacker. Das Un- ternehmen habe von den guten Schneeverhältnissen und dem da- mit verbundenen Ausflugsverkehr profitiert. Die Buchungsstände von europäischen Gästen auf den tou- ristischen Angeboten Glacier- und Bernina Express seien zurzeit ver- halten. Hier spüre die RhB das schwierige touristische Umfeld be- sonders. Es würden aber im Marketingbe- reich verstärkte Anstrengungen un- ternommen, um die Nachfrage zu erhöhen und für die RhB und für Graubünden neue Gäste zu gewin- nen. Zusammen mit verschiedenen Partnern in Graubünden wie etwa den Tourismusdestinationen Davos Klosters und St. Moritz Engadin würden beispielsweise die Märkte Osteuropa, Indien und China vor Ort bearbeitet. Wie sich die Frankenstärke im Güterverkehr auf das Ertragspoten- zial auswirkt, sei noch offen. Gene- rell erwarten RhB-Geschäftslei- tung und -Verwaltungsrat trotz der anspruchsvollen Rahmenbedin- gungen einen stabilen Geschäfts- verlauf. Um einer negativen Ergeb- nisentwicklung vorzubeugen, wür- den neben der intensiven Marktbe- arbeitung und -ausweitung auch auf der Kostenseite die im letzten Jahr eingeleiteten Massnahmen weitergeführt. Neue Stammnetz-Triebzüge Den Fokus bei den Investitionen richtet die RhB auch im 2012 auf den Substanzerhalt der Infrastruk- tur sowie die Flottenerneuerung. Wie Amacker und Engler ausführ- ten, stehen weitere wichtige Pla- nungsarbeiten zur Realisierung des neuen Albulatunnels (angestrebter Baubeginn 2014) an. Zudem wer- den im laufenden Geschäftsjahr die ersten neuen Stammnetz-Triebzü- ge für den Agglomerationsverkehr im Grossraum Chur in Betrieb ge- nommen. bSeite 7 Haben die Zahlen im Griff: RhB-Direktor Hans Amacker (rechts) und der neue Finanzchef Martin Gredig. (Foto Yanik Bürkli) Klibühni Kapelle Kessler spielt Jazz Die noch junge Kapelle Kessler spielt heute Abend in der Klibühni in Chur. Die Band setzt es sich zum Ziel, Volksmusik mit den Verarbei- tungsmethoden von Jazz, Rock oder frei improvisierter Musik zu verarbeiten. Die Kompositionen stammen dabei mehrheitlich von Valentin Kessler, der schon seit rund 35 Jahren Musik macht. Ihm ist es wichtig, dass die Kapelle Kessler ihren «eigenen Band- sound» findet. Zusammen mit Luca Sisera (Kontrabass), Tobias Schramm (Schlagzeug), Franz Hellmüller (Gitarre) und Manuel Mengis (Trompete) sei dies nun möglich. Diese Mischung aus ver- schiedensten Schweizer Musikern, die bereits am Jazz-Welt-Festival in Chur zusammen spielten, lässt auf einen spannenden Konzertabend in der Klibühni schliessen. (pc) bSeite 19 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schweiz-Österreich Einigung auf Steuerabkommen Die Schweiz und Österreich haben sich grundsätzlich auf ein Steuer- abkommen geeinigt. Dies sagte die österreichische Fi- nanzministerin Maria Fekter ges- tern am Rande eines offiziellen Be- suchs in Portugal vor österrei- chischen Journalisten. Die Schweiz wollte keine Stellung nehmen. Sie habe nun vor, das Abkommen heute Nachmittag gemeinsam mit ihrer Amtskollegin Eveline Widmer- Schlumpf in Bern zu unterzeich- nen, sagte Finanzministerin Fek- ter. Das heutige Treffen war von Schweizer Seite bereits am Mitt- wochabend bestätigt worden. Die mutmassliche Einigung in den Ver- handlungen wollten gestern weder das Eidgenössische Finanzdeparte- ment (EFD) noch das Staatssekre- tariat für internationale Finanzfra- gen (SIF) bestätigen. (sda) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kämpferische Löwen Der SC Bern hat gestern Abend zu Hause im fünften Playoff-Final- spiel der National League A gegen die ZSC Lions vor ausverkauf- ten Rängen mit 1:2 verloren und liegt damit in der Play-off-Wer- tung nur noch 3:2 in Führung. Mit einem Heimsieg morgen Sams- tag könnten die ZSC Lions die Serie wieder ausgleichen. Das letzte Spiel würde dann am Dienstag in Bern stattfinden. (bt/Ky) bSeite 13

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AZ 7000 Chur – 160. Jahrgang – Nr. 101 – Freitag, 13. April 2012 – CHF 3.00

Redaktion: 7007 Chur, Tel. 081/255 50 50 – Abo/Zustellung: Tel. 0844 226 226, [email protected] – Inserate: Südostschweiz Publicitas AG, Tel. 081/255 58 58

M13 mit SenderhalsbandausgerüstetDer Wildhut des Kantons Graubünden ist es ge-lungen, den seit einigen Tagen herumstreifen-den Jungbären M13 in der Nähe von Scuol zubetäuben und ihm ein Senderhalsband anzule-gen. Wie die Standeskanzlei gestern mitgeteilthat, hatte er zuvor in einem Gehege eine Ziegegerissen. Anlässlich der Aktion konnte festge-stellt werden, dass es sich beim 120 Kilogrammschweren Tier tatsächlich um den männlichenJungbären M13 handelt.

Mit der Besenderung sei die Grundlage ge-legt, um gemäss geltendem «Konzept BärSchweiz» eine engere Überwachung des Tieressicherzustellen und umgehend Vergrämungs-massnahmen einzuleiten. Damit soll letztlicheine Umerziehung erreicht werden. M13 müssewieder mehr Scheu vor den Menschen beige-bracht werden, damit seine Fluchtdistanz wie-der vergrössert werden könne. Damit soll ge-mäss der Medienmitteilung verhindert werden,dass der Bär regelmässig in Siedlungsnähe auf-taucht und dort nach Fressbarem sucht.

Die Bevölkerung und die Touristen werdenihrerseits angehalten, Siedlungsabfälle undmögliche Nahrungsmittel für den Bären uner-reichbar aufzubewahren bzw. sicher zu entsor-gen. Solange M13 nutzbare Futterquellen inSiedlungsnähe findet, bleiben diese für ihn at-traktiv und er wird versuchen, diese Stellen im-mer wieder aufzusuchen.

Gestern hat sich auch der in Kanada lebendeBärenexperte Reno Sommerhalder zu der The-matik M13 zu Wort gemeldet. Sommerhalder,der in Graubünden schon Vorträge über Bärengehalten hat, kritisierte die fehlenden Vorberei-tungen im Unterengadin (siehe Forum SeiteKlartext). (bt)

Wie eine Pflanze zumErfolgsmodell wirdDas Wort «Weide» stammt aus dem Althoch-deutschen «wida» und bedeutet «die Biegsa-me». Mit ihrer Biegsamkeit sind Weiden nichtnur widerstandsfähig gegen Hochwasser, son-dern eignen sich auf für Flechthandwerk. Wel-che wichtige Rolle sie sonst noch spielen, zeigtdas Bündner Naturmuseum in seiner neuenSonderausstellung «Verflixt und verflochten –Von Weiden und Korbflechtern». (fm)

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Die Agrischarückt näher

Die Region Prättigau/Davospräsentiert sich an der Agrischavom 21. und 22. April. Das BThat auf einem bemerkenswertenBetrieb in Fanas vorsondiert.

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Wohnen imKloster

Die Bewohner des PflegeheimsCasa da Tgira Sutsassiala sinddiese Woche in ihr neues Heimauf Zeit, das Benediktinerklos-ter Disentis, gezogen.

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Liebesdrama inden 1950ern

Eine tragische Liebesgeschich-te: «The Deep Blue Sea» zeigtdie schönen und unschönen Sei-ten der englischen Gesellschaftum 1950.

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Schwingenin Felsberg

Der erste regionale Freiluft-wettkampf dieser Saison imSchwingen findet am Sonntagin Felsberg statt. Die Bündnergehören dabei zu den Favoriten.

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Klartext 2Graubünden 3Kino/Veranstaltungskalender 4Chur 9Telex 11Sport 13Markt/Börse 18Kultur 19Wetter Letzte

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Rhätische Bahn trotzEurokrise auf Kurs

Die Rhätische Bahn kannauf ein gutes erstes

Quartal 2012 zurück-blicken: «Wir sind aufKurs», sagte gestern

CEO Hans Amacker ander Bilanzmedien-

konferenz. Im schwierigenGeschäftsjahr 2011

konnten schwarze Zahlengeschrieben werden.

Von Christian Buxhofer

Die Rhätische Bahn (RhB) weist imGeschäftsjahr 2011 bei einem Um-satz von 325 Millionen Franken ei-nen Gewinn von 52 000 Frankenaus. Das angesichts des schwieri-gen Umfelds gute Ergebnis kamnur dank verschiedener Sparmass-nahmen beim Sachaufwand, dankeiner verzögerten Wiederbesetzungfrei gewordener Stellen und dankeines zusätzlichen Beitrags desBundes als Kompensation für dieEinbussen wegen des starken Fran-kens zustande. Dies erklärten ges-tern Verwaltungsratspräsident Ste-fan Engler, CEO Hans Amackerund der neue Finanzchef MartinGredig an der Bilanzmedienkonfe-renz in Chur. Die Führungscrew derRhB ist zuversichtlich, auch im lau-

fenden Jahr schwarze Zahlenschreiben und die gesetzten finan-ziellen Ziele erreichen zu können.

Schwieriges UmfeldBei den Erträgen liege die RhBnach den ersten drei Monaten aufBudgetkurs, so Amacker. Das Un-ternehmen habe von den gutenSchneeverhältnissen und dem da-mit verbundenen Ausflugsverkehrprofitiert. Die Buchungsstände von

europäischen Gästen auf den tou-ristischen Angeboten Glacier- undBernina Express seien zurzeit ver-halten. Hier spüre die RhB dasschwierige touristische Umfeld be-sonders.

Es würden aber im Marketingbe-reich verstärkte Anstrengungen un-ternommen, um die Nachfrage zuerhöhen und für die RhB und fürGraubünden neue Gäste zu gewin-nen. Zusammen mit verschiedenen

Partnern in Graubünden wie etwaden Tourismusdestinationen DavosKlosters und St. Moritz Engadinwürden beispielsweise die MärkteOsteuropa, Indien und China vorOrt bearbeitet.

Wie sich die Frankenstärke imGüterverkehr auf das Ertragspoten-zial auswirkt, sei noch offen. Gene-rell erwarten RhB-Geschäftslei-tung und -Verwaltungsrat trotz deranspruchsvollen Rahmenbedin-gungen einen stabilen Geschäfts-verlauf. Um einer negativen Ergeb-nisentwicklung vorzubeugen, wür-den neben der intensiven Marktbe-arbeitung und -ausweitung auchauf der Kostenseite die im letztenJahr eingeleiteten Massnahmenweitergeführt.

Neue Stammnetz-TriebzügeDen Fokus bei den Investitionen

richtet die RhB auch im 2012 aufden Substanzerhalt der Infrastruk-tur sowie die Flottenerneuerung.Wie Amacker und Engler ausführ-ten, stehen weitere wichtige Pla-nungsarbeiten zur Realisierung desneuen Albulatunnels (angestrebterBaubeginn 2014) an. Zudem wer-den im laufenden Geschäftsjahr dieersten neuen Stammnetz-Triebzü-ge für den Agglomerationsverkehrim Grossraum Chur in Betrieb ge-nommen. bSeite 7

Haben die Zahlen im Griff: RhB-Direktor Hans Amacker (rechts)und der neue Finanzchef Martin Gredig. (Foto Yanik Bürkli)

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Kapelle Kesslerspielt Jazz

Die noch junge Kapelle Kesslerspielt heute Abend in der Klibühniin Chur. Die Band setzt es sich zumZiel, Volksmusik mit den Verarbei-tungsmethoden von Jazz, Rockoder frei improvisierter Musik zuverarbeiten. Die Kompositionenstammen dabei mehrheitlich vonValentin Kessler, der schon seitrund 35 Jahren Musik macht. Ihmist es wichtig, dass die KapelleKessler ihren «eigenen Band-sound» findet. Zusammen mit LucaSisera (Kontrabass), TobiasSchramm (Schlagzeug), FranzHellmüller (Gitarre) und ManuelMengis (Trompete) sei dies nunmöglich. Diese Mischung aus ver-schiedensten Schweizer Musikern,die bereits am Jazz-Welt-Festival inChur zusammen spielten, lässt aufeinen spannenden Konzertabend inder Klibühni schliessen. (pc)

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Schweiz -Ös te r re i ch

Einigung aufSteuerabkommen

Die Schweiz und Österreich habensich grundsätzlich auf ein Steuer-abkommen geeinigt.

Dies sagte die österreichische Fi-nanzministerin Maria Fekter ges-tern am Rande eines offiziellen Be-suchs in Portugal vor österrei-chischen Journalisten. Die Schweizwollte keine Stellung nehmen. Siehabe nun vor, das Abkommen heuteNachmittag gemeinsam mit ihrerAmtskollegin Eveline Widmer-Schlumpf in Bern zu unterzeich-nen, sagte Finanzministerin Fek-ter.

Das heutige Treffen war vonSchweizer Seite bereits am Mitt-wochabend bestätigt worden. Diemutmassliche Einigung in den Ver-handlungen wollten gestern wederdas Eidgenössische Finanzdeparte-ment (EFD) noch das Staatssekre-tariat für internationale Finanzfra-gen (SIF) bestätigen. (sda)

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Kämpferische LöwenDer SC Bern hat gestern Abend zu Hause im fünften Playoff-Final-spiel der National League A gegen die ZSC Lions vor ausverkauf-ten Rängen mit 1:2 verloren und liegt damit in der Play-off-Wer-tung nur noch 3:2 in Führung. Mit einem Heimsieg morgen Sams-tag könnten die ZSC Lions die Serie wieder ausgleichen. Das letzteSpiel würde dann am Dienstag in Bern stattfinden. (bt/Ky)

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� ���Kultur�/�Wissen��19WOZ Nr. 23 7. Juni 2012

Werkstattbesuch

«Wenn�ich�das,�was�ich�denke,�höre,�dann�funktionierts»Wundersame Klangtinkturen entstehen im Tonstudio des Musikers Valentin Kessler. Es liegt auf dem Heinzenberg über Thusis und dient dem Tüftler als Klanglabor für seine Erkundungen zwischen Volksmusik und Jazz.

Von�Ursina�TraUTmann�(TexT)�Und�UrsUla�Häne�(FoTo)

Da lehnt sich einer in der blauen Überhose an die Reling. Über dem Bauch hängt das Akkor-deon. Jetzt könnte die Piratenfahne gehisst werden und das Schiff in See stechen. Aber dieser Bug ragt über Thusis aus dem Hein-zenberg. Auf der Brücke des Kapitäns ist kein Steuer zu finden, sondern ein Schlagzeug, ein Klavier, eine Bass- und auch eine E-Gitarre. Gleich dahinter liegt der Maschinenraum: das Aufnahmestudio von Valentin Kessler, der dieses Jahr seinen 50. Geburtstag feierte.

Hier traf Kessler auf die Musiker seiner neusten Formation, der Kapelle Kessler. Es sind allesamt bekannte Köpfe aus der einhei-mischen Jazzszene. Der Gitarrist und Kom-ponist Franz Hellmüller ist dabei, der Trom-peter Manuel Mengis, der Bassist Luca Sisera und Tobias Schramm, der Schlagzeuger.

Vor einer Stunde – oder sind es nun schon zwei oder drei? – sind wir hier an Bord gegan-gen. Kessler, der Akkordeonist, winkte uns verschmitzt vom Balkon her zu. Hier hoch über dem Tal, wo Fuchs und Hase sich gute Nacht sagen und die Hirsche im Herbst den Kohl aus dem Garten fressen, wirken Valentin Kessler und seine Familie: Ursina Kipfmüller, seine Partnerin, die der Musiker als «seinen Förderpreis» bezeichnet, denn dank ihr habe er immer Musik machen können, Valentina, die Tochter mit der voluminösen Stimme, die lacht, wenn sie den konzentrierten Vater beim Musizieren betrachtet, Hans und Luzi, die beiden Söhne, mit denen Valentin in einer Band spielt.

Der Bub am Beizenpiano

Die Holzlatten und die Lärmisolation im Übungsraum hat der Musiker mit seiner Part-nerin zurechtgesägt und eingebaut. «Alles, was ich so gut und in derselben Zeit wie ein Fachmann machen kann, mache ich selbst», sagt er. Auch das Haus, den Übungsraum und das Aufnahmestudio in der anliegenden Ga-rage hat Kessler selbst umgebaut.

Aber die Hauptsache hier oben, um die sich alles dreht: Das ist die Musik. Während Kessler vorne im Garten sitzt und orgelt, bleibt im Hintergrund auf dem Feldweg vor der Hecke eine Mutter mit Kinderwagen ste-

hen, die hier hochspaziert ist. Valentin spielt. Improvisiert, reitet Wellen. Lässt sie auf-schäumen und brechen. «Musik machen und letztlich auch das Leben ist ein Vorgang des Zuhörens», sagt Kessler. Musik funktioniert für ihn dann, wenn er sich selbst und dem, was passiert, zuhören kann. «Wenn ich das, was ich denke, höre.» Diese raren Momente habe er bisher meistens auf Hochzeiten und an Geburtstagen erlebt. Musik als Aktion auf einem Energiebogen. Musik als Erzeugen von Spannung und Entspannung, als Energie, die fliesst. «Ich habe eine genaue Vorstellung von dem, was ich will», sagt er.

Als kleiner Bub setzte er sich in der Beiz seiner Eltern ans Klavier. Das «Schweizertor» in Schuders oberhalb von Schiers im Prätti-gau war ein bekannter Treffpunkt der Volks-musikszene. Valentin wollte auch mitspielen. Man zeigte ihm den C-Dur-Ak-kord. Die weiteren suchte er sich selbst heraus. Die Musik über-lebte seine Adoleszenz. «Wohl weil immer alle sagten, ich solle mit dem Mist doch aufhören», sagt er.

Gewiss stand da in der Beiz auch eine Jukebox. Aber wenn die mal lief, wurden Schlager gewünscht. Rock und Pop der siebziger Jahre zogen an Kessler vorbei, ohne nachhaltigen Ein-druck zu hinterlassen. «Natür-lich hörte ich mir auch Pink Floyd an. Und mit den Jungs aus dem Tal probierten wir auch e iniges aus. Aber ich habe Volksmusik ex-trem gerne», sagt er. Irgendwann aber wurde ihm diese Szene dann doch zu eng.

Anfang der achtziger Jahre, eben zwan-zig Jahre alt, ging er als Kabelträger mit dem V ienna Art Orchestra, der von Matthias R üegg geleiteten Jazzbigband, auf Tournee. Das war für den jungen Volksmusiker – was die Hörgewohnheiten betraf – eine 180-Grad-Wende. Als kompletter Grünschnabel kam der gelernte Elektroniker zu dieser Formati-on. «Irgendwann stand ich als Erster auf und ging als Letzter zu Bett. Wir hatten bis zu 26 Konzerte in einem Monat. Tourten mit zwan-zig Leuten in einem Bus durch ganz Europa.»

Kessler nahm Klavierunterricht bei Uli Scher-rer, dem Pianisten des Vienna Art Orchestra, und studierte auch ein paar Semester an der Jazzschule in St. Gallen.

Dann begann er als Theatermusiker zu arbeiten. Und weil öfters das Akkordeon statt das Piano gefragt war, hängte er sich die Or-gel um. Die Zeit mit Jellyfish Kiss und andern Schweizer Bands brach an. «Ich bin eher der Typ, der hinhören und mitspielen kann», sagt er von sich. Ganz wie es sich für einen Länd-lerfreund gehört. Ein halbes Musikerleben lang war er Sideman in diversen Formationen.

Musik im Grenzbereich

Vor über zwei Jahren begann in Valentin Kess-ler eine neue Idee zu keimen. Mit dem Jazz-bassisten Luca Sisera wollte er in den Grenz-

bereich zwischen Volksmusik und Jazz eintauchen. Hellmüller, Mengis und Schramm stiessen dazu. Kessler brachte das Grund-material aus der Volksmusik mit, die andern drehten es durch den Jazzwolf, wie Sisera den Prozess beschreibt.

«Sie waren die Kraft, die alles zerpflückte», sagt Kessler. Die Wahl seiner Mitmusiker war für ihn entscheidend. «Ich muss mich reiben können», sagt er. Franz, Luca, Manuel und Tobias

sind für ihn die «Hauptkomposition». Ende Juni stehen für dieses Gegenstromprojekt die Aufnahmen für eine CD bei Radio DRS 2 an.

Kessler liess bei den Proben für diese Auf-nahmen alles offen. Hellmüller bearbeitete in einem ersten Schritt Kesslers Grundma-terial. Was dann folgte, war ungewohnt an-strengend für die fünf Musiker. Hingehen und Arrangements abspielen war nicht ge-fragt. «Vieles war unklar und amorph», sagt Mengis. «Wir sind komplett unterschiedliche Charaktere. Der Musik gegenüber war ich extrem skeptisch», ergänzt Schramm. Ein kollektives Suchen setzte ein. Mengis ging es darum, das Geerdete der Volksmusik mitzu-nehmen und zu reduzieren, den Kern heraus-zuschälen und einen Bandsound zu finden.

Denn: «Sobald man den hat, kann man alles spielen.»

«Es war eine sehr intensive Arbeit, aber wir haben einander immer reinen Wein ein-geschenkt», so Sisera. Hellmüller präzisiert: «Wir sind ein Konglomerat von Musikern mit einer ähnlichen Grundphilosophie. Aber jeder hat seine eigene Zugkraft. Es ging dar-um, Grenzen auszuloten, zu überschreiten und gewisse Dinge wieder zu verwerfen. Was hier entstanden ist, ist Crossover, radikal und konsequent umgesetzt.»

Aber Kessler, der Macher, lotet nicht nur musikalisch, sondern auch am Instrument die Grenzen aus. Er betreibt Akkordeon-Grundlagenforschung. Seine beiden Jungs machen Hip-Hop, und damit er da mit sei-nem Instrument mithalten kann, möchte er es frisieren. Wieso sollte der Ton eines Ak-kordeons nicht elektromechanisch abgenom-men und elektronisch verstärkt werden kön-nen? Man merkt, der Mann setzt sich schon seit längerem intensiv mit der Materie aus-einander und meint es ernst. «Die E-Gitarre und das E-Piano gibt es schon», sagt Kessler. Wieso also nicht eine Stromorgel bauen auf dem Heinzenberg?

«Musik machen und letztlich auch das Leben ist ein Vorgang des Zuhörens.»Valentin Kessler, Musiker

«Ich habe eine genaue Vorstellung von dem, was ich will»: Kapitän Valentin Kessler an der Reling auf dem Heinzenberg oberhalb von Thusis.

Werkstatt- und atelierbesuche

Mit dieser Reportage setzen wir die WOZ-Serie «Werkstatt- und Atelierbesuche» fort. In loser Folge werden Künstlerinnen, Handwerker, Tüftlerinnen, Erfinder, Bast-lerinnen und Büezer an ihrem Arbeits-platz porträtiert. Es geht dabei ums Ent-decken von Menschen, von Handwerken, von Arbeitsweisen.

Alle Artikel der Serie sind im Dossier auf www.woz.ch/dossier zu finden.

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Region kultuR DiE SüDoStScHWEiz AM SonntAG | 15. april 2012 11

BAlzErS SEitEnBlickE

Der Mensch als Hedge Fund – oder geht es auch anders?

Von Mathias Balzer

Frida, die katze, hat freudig ge-blinzelt, als ich ihr erzählt habe,dass nun die Initiative für ein be-dingungsloses Grundeinkommenlanciert wird. Ihr Schnurren meintwohl, dass es mir doch wenigstensein bisschen so ergehen sollte wieihr, der begnadeten Minimalöko-nomin, auf deren Visitenkarte ingoldenen Lettern «Travailler c’esttrop dur pur moi» steht. Die Ideeder Initiative ist so einfach, dasssie auf einem ZigarettenpapierPlatz hat: Jeder Mensch, der festin der Schweiz lebt, erhält jedenMonat bedingungslos 2500 Fran-ken. Mehr zur Komplexität dieseskleinen Satzes finden Sie unterwww.grundeinkommen.ch.

Das freudige Schnurren im Landist ebenso verständlich wie dasentrüstete Kopfschütteln. Die Ini-tiative rührt an Fragen, die interes-sant sind, Spass machen und phi-losophischen Charakter haben:Was eigentlich ist Arbeit? Wie defi-

nieren wir Geld und Einkommen?Wofür arbeiten wir? Also, wofürleben wir? Wieso verdienen immerdiejenigen noch mehr, die ohnehinschon mehr als genug haben? ImVergleich dazu sind doch Fragenwie «Darf man Minarette bauen?»«Sollen wir Kampfjets kaufen?»oder «Klauen uns Roma-Bandendie Gartenzäune?» doch richtigdoof.

Die Gegner der initiative, wiezum Beispiel Roger Köppel, sehendie sogenannt freiheitlichenGrundrechte bedroht und malenschon mal den roten Teufel, dasGespenst des bankrotten Staats -sozialismus, an die Wand. Sie ma-chen die einfache, calvinistischeGleichung: Fleiss = Einkommen =Freiheit. Da haben sie aber Glück,dass die meisten der zwei Milliar-den Menschen, die von einemDollar im Tag leben, nicht lesenkönnen und kein «Weltwoche»-Abo besitzen. Das Hauptargumentder Gegner wird, neben der Finan-zierungsfrage, dieses sein: Ohneden Abgrund der Verarmung und Arbeitslosigkeit vor Augen wirdniemand mehr arbeiten wollen.

Das stimmt aber nicht, denn wirsind keine Katzen. Wir halten dasNichtstun gar nicht aus, es seidenn, wir sind nahe der Erleuch-tung. Die meisten überkommt

doch schon nach einem Monat Ferien ein grausiger Horror Vacui.An den vollen Terminkalendernder Pensionierten kann man ablesen, dass Nichtstun keineswegszu unserer Grundausstattung ge-hört. Köppel hat insofern recht, alsdass es bei der Initiative auch umden Freiheitsbegriff geht. Nur stehthinter der Idee des Grundeinkom-mens eben nicht die ökonomischlibertäre Auslegung. Das Grund-einkommen, so die Initianten, ver-hilft den Menschen in diesem Sin-ne zu einem Stück Freiheit, alsdass ihre Tätigkeit, ihre sogenannteArbeit, nicht ausschliesslich vonAngebot und Nachfrage abhängt.Mit Betonung auf «nicht aus-schliesslich», denn die 2500 Fran-ken reichen ja nicht wirklich, umin der Schweiz zu leben. Für An-reiz wäre also dennoch gesorgt.

Was die Menschen mit diesemStückchen Freiheit auf Dauer an-fangen würden, wäre Teil des Ex-periments. Dass Wege gesucht wer-den sollen, um unser Wirtschaftenanders zu gestalten, wird im Zugeder Finanzkrise zur Genüge vonunterschiedlichster Seite eingefor-dert. Erstaunlicherweise stehenhinter der Idee des Grundeinkom-mens auch Leute wie der Ex-UBS-Ökonom Klaus Wellershoff, der imgarantierten Grundeinkommen

sogar die Chance zu höherer Leis-tungsfähigkeit sieht.

ich werde den Unterschriften -bogen schon deshalb unterzeich-nen, weil die Abstimmungsdiskus-sion frischen Wind in unser Schog-gi-Land bringt. Rundum könnendie Menschen ja nur davon träu-men, überhaupt über eine solcheFrage abstimmen zu können. Es istanzunehmen, dass ein Stimmvolk,das zum Erstaunen aller Nachbarneine Ferieninitiative ablehnt,schwer zu überzeugen sein wird.Aber bereits jetzt vernimmt manin dieser politischen Diskussionsehr erfrischende Stimmen, wel-che die üblichen parteipolitischenGrabenkämpfe weit hinter sichlassen. So schreibt der MitinitiantEndo Anaconda zum Beispiel:«Das Problem unserer Gesell-schaft ist, dass die Leute nicht kapieren wollen, dass sie sterbenmüssen. Durch Anhäufung vonGeld möchten die Menschen ihrephysische Existenz in einen HedgeFund transformieren. Vielleichtwollen sie dadurch ewig leben. (…) Das Grundeinkommen machtdas Geld weniger wichtig und dieLeute freier.» Das ist doch wirklich zum Schnurren, oder?

Der Churer Theatermann Mathias Balzerwirft seine Seitenblicke sonntags alle zweiWochen.

konzErtkritik

MusikalischeWeltreise mit derKapelle KesslerVon Hanspeter Hänni

Eine zierliche Schönheit mit Kopf-tuch und grosser Sonnenbrille ent-steigt einem schwarzen Döschwo:Besuch aus Marselha. So heisstMarseille auf Okzitanisch, einergalloromanischen Sprache, diehauptsächlich im südlichen Frank-reich gesprochen wird. «Besuchaus Marselha», so heisst aber aucheine der musikalischen Komposi-tionen von Valentin Kessler, die amFreitag in Chur zu hören waren.

Musiker erzählen einander Ge-schichten, malen Klangbilder undschaffen grenzenlose Hörwelten.Ein erfrischendes Beispiel dafürlieferte die Kapelle Kessler amFreitagabend in der Klibühni. Angesagt war ein Crossover-Pro-gramm zwischen Ländler undJazz-Avantgarde. Auf der Bühnestand mit Valentin Kessler (Akkor-deon), Manuel Mengis (Trompete),Franz Hellmüller (E-Gitarre), LucaSisera (Kontrabass) und TobiasSchramm (Schlagzeug) eine hoch-karätige und äusserst agile Truppe.

Ausgehend von kompositorischemGrundmaterial von Kessler undHellmüller hatte das neu geformteQuintett einen Musikmix erarbei-tet, der eigentlich in keine Schub-lade passt. Elemente aus Volks-,Welt- und improvisierter Musikwurden vielmehr zu einem eigen-ständigen Konglomerat verdichtet.Dabei verstanden es die fünf In-strumentalisten, all ihre musikali-schen Prägungen, Bedürfnisse undEinflüsse im Prozess des gemeinsa-men Spiels und instinktiven Team-works zum geschlossenen, dynami-schen Ganzen zusammenzufügen.

Mal zupackend und fast Big-Band-Sound kreierend, handkehrum wie-der äusserst filigran und feinfühligging die Kapelle Kessler zu Werk.Etliche Stücke setzten mit ausge-dehnten Intros eines oder zweierInstrumente ein, um sich nach undnach zum Kollektiv zu verdichten,wieder abzuebben und im Klang -nebel zurückzuziehen. So entstandeine musikalische Weltreise mitwehmütigen Alpenklängen, rasen-den Bebop-Phrasen, beinhartemRock, lieblicher Valse Musette,schrägen Tangos, polyrhythmischenBalkanklängen und Erinnerungenan Kuba. Das zahlreich erschienenePublikum war begeistert und hätteden Klangausflug mit der KapelleKessler nur allzu gern noch stun-denlang fortgesetzt. Hoffentlichgibts bald wieder Besuch aus Marselha.

Brass und Jazz aus einem GussUnter dem Titel «Brass’n’Jazz»haben am Freitag in Chur undgestern in Vignogn zwei Ge-meinschaftskonzerte der beson-deren Art stattgefunden. Aus-führende waren die Societad da musica Vignogn und die Bündner Jazzgruppe Clamür.

Von Emil Hartmann

Verdientermassen genossen die Musi-kanten den herzlichen Applaus desPublikums nach der eindrücklichenDemonstration eines musikalischhochstehenden Konzertabends. ZuRecht erhoben sich die Zuhörerinnenund Zuhörer von den Sitzen und zoll-ten damit allen Mitwirkenden ihreAnerkennung. Die Rede ist von derSocietad da musica Vignogn und derBündner Oberländer JazzformationClamür. Am Freitag waren sie zu Gastim Churer Kirchgemeindesaal Titthofund gestern in der Sentupada Vi-gnogn. Initianten des ProjektsBrass’n’Jazz waren Remo Derungs,Dirigent der Musikgesellschaft Vi-gnogn, und Christian Müller, Jazzpia-nist und Leiter der 2002 gegründetenGruppe Clamür. Die beiden Fördererder hiesigen Musikszene fügten ihreFormationen zu einer genialen Musik-show zusammen und bestätigten da-mit ihre Offenheit gegenüber Neuem.

Ungezwungen und attraktivDas Konzertprogramm Brass’n’Jazzbeinhaltete drei Teile. Die professio-nellen Musiker Christian Müller (Pia-no), Clau Maissen (Saxofon), LucasSchwarz (E-Bass) und Andriu Maissen(Schlagzeug) der Jazzgruppe Clamürüberzeugten durch ihre ungezwunge-ne und intensive Spielweise und diestarken Soli. Sie nutzten die Gelegen-heit, ihre Stilrichtung einem etwasbreiteren Publikum vorstellen zu kön-nen, beispielsweise mit «Take Five»,einem Klassiker aus dem Repertoiredes Dave Brubeck Quartetts, oder mit«Billie’s Bounce», einem Jazzstan-

dard des amerikanischen MusikersCharlie Parker (1920–1955).

Attraktiver Blasmusik widmetensich die rund 30 Mitglieder der Socie-tad da musica Vignogn unter der Lei-tung von Remo Derungs. Die in derzweiten Stärkeklasse spielende BrassBand begrüsste die Konzertbesuchermit «The BB & CF», einem an-spruchsvollen Marsch von James OrdHume (1864–1932). Vom Dirigentenmit emotionaler Hingabe souverängeführt, zogen die Musikanten in derKomposition «Shine as the light» desBriten Peter Graham sämtliche Regis-ter betreffend Technik, Rhythmik undDynamik. «Be my love» gab UrsinDerungs die Gelegenheit, sein Kön-nen auf dem Eufonium zu demons-trieren, und im «Riverdance» brillier-

te neben anderen Solisten vor allemder Flügelhornist.

Ursina Giger als BereicherungAls «Very Big Band» schlossen sichdie Musica Vignogn und die GruppeClamür zum gemeinsamen Finale zu-sammen. Keine leichte Aufgabe hattedabei Tontechniker Erich Locher, demes aber ausgezeichnet gelang, die vier-köpfige Jazzgruppe und die kompakteBrass Band auszubalancieren. In derFunktion als Bandleader schien sichDerungs sehr wohlzufühlen. SeineKörpersprache wirkte auf die Musikermotivierend und beflügelte ihre Spiel-freude. Angesprochen auf sein beson-deres Flair für moderne Musik gab ersich bescheiden: «Sagen wir es einmalso, ich habe sie nicht ungern.»

Bereichert wurde das unterhaltsa-me Programm durch die 1985 in Di -sentis geborene Jazzsängerin UrsinaGiger. Ihre stimmliche Ausdruckskraftverhalf Liedern wie «You Can LeaveYour Hat on» oder «They Can’t TakeThat Away from Me» besonderenGlanz. Im Swingstück «Bei mir bist du schön», 1938 bekannt gewordendurch die Andrews Sisters, brillierteneben der Sängerin vor allem das klei-ne Blech der Musica Vignogn.

Eine Live-Uraufführung erfuhr amFreitag im Titthofsaal der beim RadioRumantsch bereits bestens integrierteund von den Konzertbesuchern be-geistert aufgenommene Top-Pop- Rumantsch-Lied «Di per di», einemSong aus der Feder von Ursina Gigerund Christian Müller.

Haben sich gefunden: Jazzsängerin Ursina Giger brilliert an der Seite der Brassband Societad da musica Vignogn und derJazzband Clamür. Bild Theo Gstöhl

Centro Giacomettiwird vorgestellt Stampa. – Im Schulhaus Samarovan inStampa findet morgen Montag,16.April, um 20 Uhr eine Informati-onsveranstaltung zum Thema CentroGiacometti statt. Im Hinblick auf dieGemeindeversammlung vom 24.Aprillädt der Verein Amici del Centro Gia-cometti die Bevölkerung des Bergellsdazu ein, sich ein Bild über das Projektzu machen. Die Veranstaltung findetauf Italienisch statt. (so)

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Region kultuR Die SüDoStSchweiZ | fReiTAG, 13. APRil 2012 11

Die Kapelle Kessler vereintLändler und Jazz-AvantgardeDer umtriebige Akkordeonist,Komponist und SoundtüftlerValentin Kessler spielt heuteAbend mit seiner Kapelle Kessler in der Klibühni in Chur.Angesagt ist ein Stilmix ausVolksmusik und Jazz.

Von Hanspeter Hänni

Chur/Masein. – «Bislang war ich stetsBegleiter. Nun aber will ich meine ei-genen Sachen präsentieren», sagt Va-lentin Kessler zu seinem neuen Musik-projekt mit der Kapelle Kessler. Hinterdieser knappen Aussage steckt ein hal-bes Künstlerleben mit vielen Erfahrun-gen in verschiedensten Musikgenres.

Angefangen hat alles als Teenagerim legendären Restaurant «Schwei-zertor» von Kesslers Eltern in Schu-ders oberhalb von Schiers. Das«Schweizertor» war ein beliebterTreffpunkt der Schweizer Volks -musik-Szene. Jedes Wochenende wur-de dort gespielt und getanzt. Und amKlavier sass meist der junge Valentin.Kesslers musikalische Wurzeln liegenbeim Ländler. «Diese Art von Musikhabe ich schon früh verinnerlicht.Bald habe ich auch begonnen, eigeneAkkordfolgen und -erweiterungeneinzustreuen.» Learning by doing.

Nach seiner Lehre als Elektronikertat sich dem 19-jährigen Valentin einegänzlich neue Welt auf. Als Roadieund Bühnentechniker beim ViennaArt Orchestra (VAO) des ebenfalls ausdem Prättigau stammenden MathiasRüegg tourte Kessler 1982 durchEuropa. Dabei konnte er wichtige Er-fahrungen im Bereich Ton- und Büh-nentechnik für grosse wie kleineShows machen. Learning by doing.

Zum Akkordeon per Zufall gekommenUnd Kessler war fortan infiziert vomJazz-Virus. Er nahm regelmässig Stun-den beim VAO-Pianisten Uli Scherrer.Später studierte er ein paar Semesteran der Jazzschule St. Gallen. ZumBroterwerb jobbte Kessler als Elektro-niker und Handwerker. Eher zufälligkam er 1985 zum Akkordeon. In einerProduktion am Theater Strabanzen inBiel sollte Kessler nicht Klavier, son-

dern Handorgel spielen. Womit Kess-lers grosse Liebe zu jenem Instrumentbegann, mit dem er heute nahezu ver-wachsen zu sein scheint, an dessenSound er akribisch herumtüftelt, undfür das er auch technische Neuerungenentwickelt. Kessler verlegte sich aufdie Theatermusik, anfänglich zusam-men mit Jürg Kienberger. Bald schonarbeitete er an verschiedenen Häu-sern, so etwa am Zürcher Neumarkt-Theater und am Schauspielhaus Zü-rich mit Christoph Marthaler, der da-mals Musiker und nicht Regisseur war.Oder mit dem Tanztheater Nelly Büti-kofer und dem Vaudeville Theater Zü-rich. Er spielte mal Klavier, mal Saxo-fon, mal Kontrabass, vornehmlich aberAkkordeon. Und steuerte immer öfterauch eigene Kompositionen bei.

Im Laufe der Jahre war Kessler auchMitglied in zahlreichen Musikgruppengeworden, deren Stilrichtungen zwi-schen Volks- und Weltmusik, Funk undHip-Hop, Jazz und freien Improvisa-

tionen mäandrieren. Scheuklappenkennt Kessler ebenso wenig, wie er sei-ne musikalischen Wurzeln verleugnenwürde. Weder im Zusammenspiel mitSaxofonist Werner Lüdi noch in denSchweizer Kultbands Jellyfish Kiss undZüri West, in Projekten mit Weltstarswie dem Schlagzeuger Billy Cobham,dem Harfenisten Andreas Vollenwei-der und dem südafrikanischen Pianis-ten Abdullah Ibrahim oder gar im Hip-Hop-Bereich, wo er Mitglied in derBand seiner beiden Söhne ist und anCD-Einspielungen von Breitbild oderBündnerflaisch mitgewirkt hat.

Auch eigene Musik will geübt werdenMit dem Holzbläser Reto Senn unddem Streicher Urs Senn spielt Kesslerin der Formation Schilter zudem anunzähligen Festen und Hochzeiten. Indieser Formation fühle er sich rundumwohl, denn «die musikalische Interak-tion funktioniert perfekt, und wir las-sen uns sehr viel Raum und Zeit». Da-

bei entstünden oft gleichsam magi-sche Momente.

Im neuen Projekt mit der KapelleKessler werden erstmals und vor allemEigenkompositionen von Kessler ge-spielt. «Auch wenn ich die Musik sel-ber geschrieben habe, heisst das nochnicht, dass ich sie auch spielen kann»,meint Kessler. «Ich bin extrem gefor-dert.» Zusammen mit Manuel Mengis(Trompete), Franz Hellmüller (Gitar-re), Luca Sisera (Kontrabass) und Tobi-as Schramm (Schlagzeug) ist das Aus-gangsmaterial nämlich noch kräftig be-arbeitet und umarrangiert worden.«Das entspricht durchaus meinen In-tentionen», sagt Kessler. «Und ich bingespannt, was im freien Umgang mitmeiner Musik herauskommen wird.»

Das Konzert in der Churer Klibühniheute Freitag, 13.April, beginnt um20.30 Uhr. Es dient als wichtige Vor-bereitung für eine Jazzsendung vonRadio DRS 2 mit CD-Aufnahmen derKapelle Kessler.

Probelauf zu fünft: Akkordeonist Valentin Kessler (links) übt mit seiner Kapelle in der Churer Klibühni. Bild Theo Gstöhl

Noch grün hinter den Ohren, aber längst bühnenreifDas Musikgymnasium an derEvangelischen Mittelschule inSchiers richtete in diesem Jahrerstmals einen Wettbewerb aus.Am Mittwochabend fand dasPreisträgerkonzert statt – unddies auf höchstem Niveau.

Von Carsten Michels

Schiers. – Schülervorspiele an Musik-schulen haben meist etwas Rührendesan sich. Das Publikum leidet genausowie die zum Auftritt verdonnerten In-strumentalisten und atmet mit ihnenerleichtert auf, wenn das Vorspielhalbwegs unfallfrei über die Bühnegegangen ist. Mit derlei Auftritten hat-te das Preisträgerkonzert, das amMittwochabend in der Aula der Evan-gelischen Mittelschule in Schiers(EMS) stattfand, aber rein gar nichtszu tun – auch wenn es Schüler waren,die hier vorspielten.

Die jungen Solisten hatten im Feb-ruar den Jugendmusikwettbewerb derEMS für sich entschieden und in ihrenjeweiligen Alterskategorien Platz 1und 2 belegt – und dies notabene beider hohen Zahl von insgesamt 44 Teil-nehmern und Teilnehmerinnen. SechsPreisträger waren für das Konzert amMittwoch ursprünglich angekündigt

worden. Plötzlicher Schneefall aufdem Julierpass vereitelte jedoch dieTeilnahme von Preisträger GabrieleMarinoni. Der junge Pianist aus Ma-loja und seine Verwandten blieben mitdem Auto auf der Passstrasse stecken,auf der wegen etlicher Wagen ohneWinterbereifung rein gar nichts mehrging. Marinonis Mitgewinner aus demPrättigau, dem Churer Rheintal unddem nahen Vorarlberg hatten es dapunkto Anfahrt wesentlich einfacher.

Die Jüngste hat den Bogen rausGleich zwei Preisträgerinnen stelltedie Arztfamilie Däppen aus Trimmis.Die elfjährige Pierina Däppen eröff-nete das Konzert mit einem Werk desitalienischen Barockgeigers AntonioVeracini. Mit grossem Strich und schö-nem Ton legte die junge Violinistin dieMesslatte für die folgenden Auftrittehoch. Dass das Mädchen sich auf derBühne bereits wie eine Grosse zu be-wegen weiss, zeigte sich beim Auftaktzum zweiten Vortragsstück, dem «Al-legro gioccoso» von Anatoli Koma-rowski. Ein knapper Blick Pierinas zuKlavierbegleiter Johannes Hämmerlegenügte, schon musizierten die bei-den auf den Punkt genau drauflos. AmSchluss des Stücks verblüffte die So-listin ihr Publikum mit virtuos ge-handhabter Bogentechnik – der Ap-

plaus war der jungen Musikerin si-cher.

Teresa Wrann die richtigen Flöten -töne beibringen zu wollen, hiesse Eu-len nach Athen tragen. Die 16-jährigeBlockflötistin beherrscht ihr Hand-werk nämlich aus dem Effeff. Mit zweiStücken von Anton Heberle und ViktorFortin zog Wrann buchstäblich sämtli-che Register ihres Instruments: strah-lend in der Höhe, differenziert in derMittellage und in der Tiefe von warmer

Fülle. Was genau allerdings an Fortins«Taiwanesischer Sonatine» taiwane-sisch sein sollte, blieb ein Geheimnisdes steierischen Komponisten.

Kein Geheimnis ist Béla Bartóks Fas-zination für die Volksmusik Osteuro-pas. Und so durfte Pierinas 15-jährigeSchwester Andrina Däppen zunächstin Bartóks «Rumänischen Tänzen»schwelgen, die sie – nach Überwin-dung ihrer Anfangsnervosität – mitBravour präsentierte. Das Raue, Wilde

der Tänze Nr. 4 bis 6 stand in reizvol-lem Kontrast zu Charles-Auguste deBériots kultivierter «Scène de Ballet»op. 100. Das Stück des Franzosen in-terpretierte Andrina Däppen mit eben-so viel jugendlichem Schwung wie mitmusikalischer Reife.

Sperriger Brahms, brillanter DebussyEine wohlverdiente Pause legte Kla-vierbegleiter Hämmerle während desAuftritts von Raphaela Pfanner ein.Die 17-jährige Pianistin hatte An-spruchsvolles im Gepäck: die BalladeNr. 1 aus Johannes Brahms’ op. 10 so-wie ein Prélude von Claude Debussy.Brahms’ Eigenart, stets über den Takt-strich hinwegzudenken, setzte Pfan-ner meisterhaft um – seiner eher sprö-den Architektur elegante Züge zu ver-leihen, leider weniger. Die Eleganzsparte sich die Pianistin für das De-bussy-Prélude auf, dem sie bemer-kenswert kräftige Konturen verlieh.

Posaunist Basil Zinsli – mit 18 Jahrenbereits ein alter Hase unter den jungenTalenten – krönte das Konzert mit der«bluesig» angehauchten Ballade vonEugène Bozza. Mit edel geformtem Po-saunenton, stilsicheren Akzenten undunübersehbarem Spass an der Sachemachte Zinsli die an sich unspektaku-läre Komposition zu einem hochspan-nend klingenden Ereignis.

Stilsicherer Musiker: Begleitet von Johannes Hämmerle, zeigt Wettbewerbspreis-träger Basil Zinsli in Schiers sein Können auf der Posaune. Bild Marco Hartmann

Die Stadt Chur ehrtSchauspieler ZoggDen mit 8000 Franken dotier-ten Kulturpreis der Stadt Churerhält dieses Jahr SchauspielerAndrea Zogg.

Chur. – Der Kulturpreis der Stadt Churist laut einer Mitteilung von gestern ei-ne Anerkennung für bedeutendes, jah-relanges kulturelles Schaffen und wirdnur alle drei Jahre verliehen. Mit An-drea Zogg (*1957) wird einer der be-kanntesten Schauspieler und Regis-seure der Schweiz geehrt, der erfolg-reich in Film- und Fernsehproduktio-

nen sowie anverschiedenenTheatern be -teiligt war. DasPublikum sahZogg zuletzt alsErzähler in der«Rocky HorrorShow» sowie indem Musical«Schweizerma-cher». Vor Kur-zem beendete erzudem die Dreh-

arbeiten zum vierten Schweizer Tatort«Schmutziger Donnerstag», in dem erden Polizeipräsidenten spielt. Der Kul-turpreis ist mit 8000 Franken dotiert.

Zwei AnerkennungspreiseDie Anerkennungspreise betragen4000 Franken und sind mit mindestenszehnjährigem kulturellem Schaffenverbunden, das für die Stadt und derenengeren Region von Bedeutung ist. Lu-ca Sisera (*1975) verdient diesen Preisals national und international renom-mierter Jazzbassist, Fabia Zindel(*1968) als erfolgreiche Textildesigne-rin. Sisera gehört zur Avantgarde vonJazz und experimenteller Musik in derSchweiz und steht im Zentrum einerjungen Bündner Generation von Mu-sikern mit starker Ausstrahlung in dieganze Schweiz. Zindel ihrerseits hatnach ihrer Ausbildung zur Textildesig-nerin in Basel mit Matrix im Jahr 1995eine Designmarke gegründet, die heu-te international verkauft wird.

Weitere 4000 Franken gehen inForm eines Förderpreises an den bil-denden Künstler Chris Hunter(*1983) für seine viel beachtetenGruppenausstellungen im BereichMalerei und Plastik sowie für seineBühnenbilder und Installationen fürTheaterproduktionen. (so)

Öffentliche Preisverleihung: Donnerstag,3. Mai, 18 Uhr, Rathaus, Chur.

Andrea Zogg

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Freitag, 13. April 2012 19

KulturKulturpreis der StadtChur geht an Andrea ZoggDer Kulturpreis der Stadt Chur geht an denBündner Schauspieler Andrea Zogg. Zwei An-erkennungspreise gehen an den JazzbassistenLuca Sisera und an die Textilgestalterin FabiaZindel. Den Förderpreis erhält der bildendeKünstler Chris Hunter, wie es in einer Mittei-lung heisst. Die Preise werden im Rahmen ei-ner öffentlichen Feier am Donnerstag, 3. Mai,von Stadträtin Doris Caviezel-Hidber überge-ben.

Der Kulturpreis der Stadt Chur ist eine Aner-kennung für bedeutendes, jahrelanges kulturel-les Schaffen und wird nur alle drei Jahre verlie-hen. Mit Andrea Zogg (*1957) wird einer der

bekanntesten Schauspieler und Regisseure derSchweiz geehrt, der erfolgreich in Film- undFernsehproduktionen sowie an verschiedenenTheatern beteiligt war. Der Kulturpreis ist mit8000 Franken dotiert. Die Anerkennungspreisebetragen 4000 Franken und sind mit mindes-tens zehnjährigem kulturellem Schaffen ver-bunden, das für die Stadt und deren engeren Re-gion von Bedeutung ist. Luca Sisera (*1975)verdient diesen Preis als national und interna-tional renommierter Jazzbassist, Fabia Zindel(*1968) als erfolgreiche Textildesignerin. Wei-tere 4000 Franken gehen in Form eines Förder-preises an den bildenden Künstler Chris Hunter(*1983) für seine viel beachteten Gruppenaus-stellungen im Bereich Malerei und Plastik so-wie für seine Bühnenbilder und Installationenfür Theaterproduktionen. (bt)

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Jazz- und Volksmusik vereintKompositionen, die in derLändlermusik gründen, je-doch von Jazz beeinflusstwerden: Dies präsentiertdie Kapelle Kessler heuteAbend in der Klibühni.

Von Piera Cadruvi

Einige Tage jung ist sie, die KapelleKessler. «Wir proben seit einemJahr zusammen, offiziell gibt es unsjedoch erst seit einigen Tagen», er-klärt Valentin Kessler, der die Jazz-formation «zusammengewürfelt»hat. Den ersten Auftritt meistertenValentin Kessler (Akkordeon), Ma-nuel Mengis (Trompete), FranzHellmüller (Gitarre), Luca Sisera(Kontrabass) und Tobias Schramm(Schlagzeug) letztes Jahr am Jazz-Welt-Festival auf dem Pfisterplatzin Chur. Bei den Proben für diesenAuftritt merkte Valentin Kesslerschliesslich, dass es zwischen denfünf Musikern funktioniert. Dennihm sei es wichtig, «dass meineKompositionen nicht einfach nachAnleitung gespielt, sondern in derBand nochmals transformiert wer-den». Nachdem er in einigen Bandsmitgewirkt hat – unter anderen TheJellyfish Kiss –, wollte er eine Bandgründen, die seine eigenen Kompo-sitionen spielt.

Kompositionen stark verändertMit ungefähr 13 Jahren hat der in

Schuders oberhalb Schiers aufge-wachsene Kessler mit Volksmusikangefangen und ist dann nach undnach in die Jazzszene gerutscht. Sosind auch seine Kompositionenstark von der Volksmusik geprägt.«Beim Proben haben sich diese je-doch noch stark verändert.» Es sei-

en jedoch nicht nur seine Volks-musikstücke, die vom Jazz geprägtseien. «Wir spielen auch Jazznum-mern von Franz Hellmüller, die sozu-sagen die umgekehrte Entwicklungdurchlebt haben.» Dabei seien zumTeil ganz neue Werke entstanden.

Er habe schon immer gerne aus-probiert. In der Jazzmusik geht eseben ums Improvisieren und Probie-ren. Und das macht Kessler zu demMusiker, der er heute ist. Währendseine vier Bandkollegen Musik stu-diert haben, hat sich der Akkordeo-nist autodidaktisch weiterentwickelt:«Ich habe immer aus Erfahrung ge-lernt», so der in Masein lebende 50-Jährige. Von den jüngeren Bandkol-legen könne er ebenfalls viel lernen,

«sie fordern mich und sind innova-tiv». Alle fünf sind eingefleischteMusiker, die es verstehen, auch malzu improvisieren: Valentin Kessler,Franz Hellmüller, der bereits am In-ternational Association of Schools ofJazz (IASJ) teilgenommen hat, Ma-nuel Mengis, der mit seiner Band«Manuel Mengis Gruppe 6» denZKB-Jazzpreis gewonnen hat, LucaSisera, der als «Artist in Residence»in Kairo unterwegs war (im BT), undTobias Schramm, der regelmässig imIn- und Ausland tourt, passen gut zu-sammen.

Ende Juni gehts ins StudioUm mit ihren eigenen Komposi-

tionen eine CD realisieren zu kön-

nen, hat die Kapelle Kessler einenDeal mit Radio DRS 2 abgeschlos-sen und kann nun Ende Juni ins Stu-dio gehen. «Jazz Collection», eineSendung von DRS 2 unter der Lei-tung von Peter Bürli, stellt grosseNamen in der Jazzszene vor undgibt Bands die Chance, eine CD zurealisieren.

Das erste Album der KapelleKessler soll im Frühling 2013 er-scheinen. Davor wird jedoch nochfleissig geprobt, wie in dieser Wo-che im kleinen Saal der Klibühni inChur.

Kapelle Kessler heute Freitagabend um 20.30Uhr in der Klibühni in Chur. Reservationen unterwww.klibuehni.ch. Weitere Informationen unterwww.valentinkessler.com

Heute in der klibühni: Valentin kessler am Akkordeon, manuel mengis an der Trompete, Franz Hell-müller an der Gitarre, luca Sisera am kontrabass und Tobias Schramm am Schlagzeug (v.l.). (thg)

Terence Davies inszeniertmit «The Deep Blue

Sea» die Verzweiflung einer Frau im

Look eines klassischen Hollywoodfilms.

Von Flurin Fischer

Der englische Regisseur dreht nurselten, dafür mit nachhaltiger Wir-kung auf Publikum und Fachwelt.Sein Milieu ist stets England um1950, sein Interesse gilt den Zwän-gen und Möglichkeiten, der Moralund der Ästhetik dessen Gesell-schaft. In Interviews hat Daviesbemerkt, dass er in dieser Zeit diewenigen glücklichen Jahre seinerKindheit durchlebt habe und sichdeshalb immer wieder damit aus-einandersetzen müsse. Dennochbesucht er in seinen Filmen, unddies gilt auch für sein neustesWerk, bevorzugt die Abgründe derenglischen Nachkriegsgesell-schaft.

«The Deep Blue Sea» basiert aufdem gleichnamigen Theaterstückdes Dramatikers Terence Rattigan,das 1952 in London uraufgeführtwurde. Die Geschichte der HesterCollyer, verkörpert von der gross-artigen Rachel Weisz, spielt also inderselben Zeit, in der sie auch vonihrem Autoren erdacht wurde. DieBeschäftigung damit geht jedochüber das Thematische hinaus,denn auch die Filmsprache tauchtein in ein Bad aus ruhigen Schnit-ten, klassischer Lichtsetzung undkunstvoll arrangierten Interieurs.Was sich anfangs noch beinahe als

lässig hingeworfenes, ironischesZitat gebärdet, ist bald die ange-messene Umhüllung des tragi-schen Leidenswegs einer jungenFrau, die zwischen ihren eigenenWünschen und Gefühlen und dererzweier Männer aufgerieben wird.

Hesters VerzweiflungHester überlebt zu Beginn des

Films einen Suizidversuch, rück-blickend werden die Hintergründeerzählt. Vor wenigen Monaten hat-te sie den jungen Piloten FreddiePage (Tom Hiddleston) kennen-und lieben gelernt. Lange konnte

sie die Affäre vor ihrem Mann,dem älteren, arrivierten Richter SirWilliam Collyer (Simon RussellBeale), nicht geheim halten. Nach-dem dieser sie aus dem gemeinsa-men Leben verbannt hatte, zog siein Freddies ärmliche Mansarden-wohnung. Die baldige Reue sowiedas neuerliche Werben ihres Man-nes und die Liebe zu dem char-manten, aber aus viel einfacherenVerhältnissen stammenden Pilo-ten, setzten Hester unter morali-schen und emotionalen Druck,dem sie nicht standhält. Ihre Situa-tion wird noch verzweifelter,

nachdem Freddie von ihrem Sui-zidversuch erfahren hat und ihreBeziehung beenden will. WilliamsGeld und Status wollte Hester be-wusst nicht mehr, Freddies Liebesoll sie nun nicht mehr erhalten.

Unsentimentaler Blick zurückDiese zunehmend auswegsloser

werdende Konstellation zeigt Da-vies mit Gespür für starke, detail-verliebte Bilder und der pointier-ten Sensibilität für Geschichten, indenen Gefühle die Hauptrollespielen. Dass die Handlung nichtzum tränenreichen Melodramaund die Welt der Fiktion nicht zudessen kitschiger Bühne wird, isteinerseits den Darstellern zu ver-danken, die den tragischen Ereig-nissen mit gelassenem Spiel denÜberschwang entreissen. Anderer-seits präsentiert sich der Film imStil eines Hollywoodstreifens derStudio-Ära, mit unauffälliger Ka-mera, perfekt gesetzten Lichtstim-mungen und durchdachten Bild-kompositionen.

Der ästhetischen Nostalgie derInszenierung steht die thematischgesetzte Verzweiflung einer in ver-klemmten Konventionen gefange-nen und dem Klassendenken ver-hafteten Gesellschaft gegenüber.«The Deep Blue Sea» wirkt da-durch leicht entrückt, gleichsamaus der Zeit gefallen, doch der un-geschönte, radikale und damit mo-derne Blick von Rattigans Vorlageund Davies’ erschütternde Inter-pretation verorten den Film in derGegenwart. Der Film läuft derzeit in den Kinos der Deutsch-schweiz.

F i l m k R i T i k

Mansarde im Gegenlicht

Der Pilot Freddie (Tom Hiddleston) und die wohlhabende, ver-heiratete Hester (Rachel Weisz) verlieben sich. (zVg)

Andrea Zogg. (zVg)

Autor Grass äussert sichzu VorwürfenDer deutsche Schriftsteller Günter Grass be-zeichnete das gegen ihn verhängte Einreisever-bot Israels, das der Innenminister am Sonntagals Reaktion auf ein israelkritisches Gedichtdes Autors von «Was gesagt werden muss» ver-hängt hatte, als «Zwangsmassnahme», die anDDR-Methoden erinnere. Ihm sei zuvor zwei-mal die Einreise in ein Land verboten worden –in die DDR und Ende der 80er-Jahre nach Bur-ma, schreibt Grass in der «Süddeutschen Zei-tung» von gestern. In beiden Fällen sei «die inDiktaturen übliche Praxis» vollzogen worden.«Jetzt ist es der Innenminister einer Demokra-tie, des Staates Israel, der mich mit einem Ein-reiseverbot bestraft», schreibt der Autor.

Grass irre sich, wenn er Israel in eine Reihemit «düsteren Regimes» stelle, liess Innenmi-nister Eli Jischai gestern über einen Sprechererklären. Israel sei ein «kluges und sorgfältigabwägendes Regime, das auf seine Politik,Stärke und sein Judentum stolz ist», so Jischai.«Wenn er (Grass) daran interessiert sein sollte,mit dem Schreiben antisemitischer Gedichteaufzuhören, werde ich ihm gerne in einem neu-tralen Land erklären, warum ein Mensch, dersich freiwillig zu den SS-Totenkopfverbändengemeldet hat, kein Recht hat, in das Land einesVolkes zu reisen, dessen Vernichtung er mitbe-trieben hat.» Jischai erklärte, sein einziger Feh-ler sei gewesen, dass er das Einreiseverbot ge-gen Grass nicht schon mit seinem Amtsantrittvor drei Jahren verhängt habe. (sda)