Außer Spesen nichts gewesen

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  • 8/7/2019 Auer Spesen nichts gewesen

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    Auer Spesen nichts gewesen

    Christof Wahner 2011

    Gibt es ein Leben vor dem Tod? Renommierte Krebsforscher sagen klipp und klar: Nein. Aber wieso?

    In letzter Konsequenz hngt die Antwort ganz von der jeweils gewhlten zeitlichen Perspektive ab und

    vllig sachlich betrachtet von der jeweils favorisierten Definition, was unter 'Leben' zu verstehen ist.

    brigens gibt es da noch einen sehr bedeutsamen Faktor: Wir stehen alle unter Drogen, egal ob unterkrpereigenen oder uerlich zugefhrten. Und wir alle brauchen uns nicht einbilden, dass wir unsere

    Situation zureichend berblicken knnen, solange wir keine herausragende Machtposition inne haben.

    Machtrausch hebt nmlich die Wirkung von Drogen auf nach der Regel Minus mal Minus ergibt Plus.

    Ghadhafi mag ja schon ein wenig durch den Wind geschossen sein, aber wo er recht hat, hat er recht.

    Dieser Typ hat wenigstens noch waschechte Eier, Eier aus Bodenhaltung, Eier von glcklichen Khen.

    Wegen den erwhnten Drogen und dem dadurch bedingten Mangel an Intelligenz wrde zum Beispiel

    hier niemand merken, wenn ich mir mit Geldgeschenken die Sympathie des Publikums erkaufen wrde,

    genauso wie die wenigsten Leute Parfmwerbung, Quiz Shows und Olympische Spiele von politischer

    Propaganda unterscheiden knnen, was allerdings im Grunde insgesamt auf das gleiche hinaus luft.Calvinistische, schiitische und sonstige Fundamentalisten pflichten den Krebsforschern einhellig bei:

    Geld regiert die Welt, auch wenn es nur um solche lcherlichen Summen geht wie auf dieser Bhne.

    Aber in der Krebsforschung geht es ebenso wie z.B. im Erdlgeschft zu mehr als 90 Prozent um

    die Erforschung der Verfgbarkeit und Wandelbarkeit stattlicher Geldsummen, whrend der restliche

    Teil der wertvollen Forschungskapazitten fr humanmedizinischen Hippieschei zweckentfremdet wird.

    brigens leitet sich das Wort Hippie von Hippokrates ab. Das war irgend so ein ideologisch verblendeter

    und restlos naiver Medizinfuzzi, der seiner ungeprften Hypothese verfallen war, dass Schlaf die beste

    Medizin sei. Auf so eine Schnapsidee kommt wirklich nur ein Penner im wahrsten Sinn des Wortes.

    Gelegentlich kommt heute noch der so genannte "hippokratische Neid" zur Sprache, wenn man in de-zenter Weise zum Ausdruck bringen mchte, dass Hippokrates auf die heutigen Mediziner so neidisch

    wre wie dieses ganze Hippievolk heute und zwar sowohl in finanzieller Hinsicht als auch bezglich

    der Tatsache, wie schnell und spielerisch man als Mediziner einen Doktortitel angehngt bekommt.

    Es drfte wesentlich zum Verstndnis von Krebsforschung beitragen, wenn man wei, dass sich das

    Wort Krebs im Medizinerslang weniger auf die als Meeresfrchte geschtzten Krustentiere bezieht,

    sondern soviel bedeutet wie "finanzielle Ressource", hnlich wie das volkstmliche Wort Krte. Auer-

    dem sind beide Tiere Reptilien, wie auch die Natter im Symbol des griechischen Gottes der Heilkunst,

    Asklepios. Das Symbol der Heilkunst der von einer Natter umschlungene Stab wird wegen seiner

    Form sehr leicht mit dem Dollarzeichen verwechselt und inzwischen sogar mit diesem gleichgesetzt,seit man aus rein praktischen Grnden eine der drei Windungen der Schlange weg rationalisiert hat.

    So wurde das medizinische Helfersyndrom im Lauf der Jahrhunderte durch die Praxisgebhr ersetzt,

    ebenso wie man ernsthaft darum bemht ist, effiziente Behandlungen (z.B. Therapie mit Aminosuren,

    Vitaminen und Mineralstoffen) mglichst vollumfnglich durch kostspielige Behandlungen zu ersetzen,

    weil eben keine Sau von dem alternativen Hippieschei irgendeinen Nutzen hat, whrend die sowieso

    schon zur Genge gebeutelten Pharmakonzerne systematisch ausbluten. Deswegen muss man alle

    mglichen therapeutischen Nebenwirkungen in quantitativer und qualitativer Hinsicht steigern, um in

    rein wissenschaftlichem Interesse die berlebensfhigkeit der Patienten auszutesten, noch bevor sie

    dann im Endstadium ihrer Erkrankung auf die Erkenntnis kommen: "Auer Spesen nichts gewesen."

    Wo wir nun schon gerade bei der konomie sind, sollten wir bei dieser Gelegenheit die ursprngliche

    Frage "Gibt es ein Leben vor dem Tod?" ruhig einmal auch noch aus konomischer Sicht betrachten:

    Aus der Perspektive der Managementkonzepte gibt es nur eine Antwort: "Management by Helicopter".

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    Das heit: (1) bei unangemeldeten Stippvisiten mit viel Medienspektakel jede Menge Staub aufwirbeln,

    (2) durch so genannte 'Eskalation' jede Menge Sand ins eigentlich funktionstchtige Getriebe bringen,

    (3) in ebenso rhrseliger wie polemischer Weise unproduktive Kommentare zur Hoffnungslosigkeit der

    gesamten Lage abgeben, und (4) anschlieend mit wehenden Fahnen das sinkende Schiff verlassen.

    Da kommt Leben in die Bude. Da rollt der Rubel und die Aktionre und Topmanager freuen sich ber

    all die wertschpfenden Aktivitten zumindest so lange bis die nchste Marktblase auftaucht, wenn

    wieder einmal diese unverbesserlichen Spielverderber konstatieren: "Auer Spesen nichts gewesen".

    Die anthropologische Antwort auf die Frage "Gibt es ein Leben vor dem Tod?" wre folgende:

    Nun, der Mensch mag die Krone der Schpfung sein. Aber diese Krone sitzt auf dem fast vollstndig

    durchgefaulten Zahn der Zeit, der an uns nagt das ist brigens ein so genannter stilistischer Bildbruch

    bis wir zu desorientierten Suchtkrppeln verkommen, die sich vom Regen in die Traufe retten und sogar

    klglichste Niederlagen zu Heldentaten umlgen, bis sich auch die dicksten Balken vor Lachen biegen.

    Bevor ICH aber hier auf dieser Bhne irgendeine Niederlage erleide, verrecke ich lieber noch qualvoll

    als Mrtyrer der Poesie. So erwarte ich nun wie Don Carlos voller Freude, "der Beleidigte zu sein, denn

    Unrecht leiden schmeichelt groen Seelen". Diese Passage habe ich brigens von Friedrich Schiller

    abgeschrieben. Aber keine Sorge, der hat bestimmt auch einiges von anderen Leuten abgeschrieben.Abschreiben ist gar nicht so schlecht wie es einem in der Schulzeit stndig ein- und ausgeredet wurde.

    Man kann sogar das gesamte Leben abschreiben, sofern berhaupt ein solches vor dem Tod existiert.

    Diese Tradition teilt die Lebensjahre in vier Jahreszeiten ein: Es beginnt mit der Frhjahrsmdigkeit, die

    oft nahtlos ins Sommerloch bergeht und ber die Herbstmelancholie in die Winterdepression mndet.

    Dies wird aber noch nicht einmal ansatzweise durch feiertgliche Konsumorgien abgemildert, sondern

    eher noch gefrdert, weil eben dadurch die Erkenntnis zu Tage tritt: "Auer Spesen nichts gewesen."

    Die Frage "Warum lebe ich?" lsst sich fr die meisten Flle damit beantworten, dass ein Mann und eine

    Frau unter tdlicher Langeweile gelitten haben und/oder weil Elektrizitt bzw. Heizung ausgefallen war.

    Auch die Frage nach dem Sinn des Lebens lsst sich sehr leicht beantworten: nmlich um zu sterben.Frei nach Ren Descartes kann man sagen "Ich sterbe, also bin ich". Dieser Mister Descartes brigens

    hat am liebsten von Leuten abgeschrieben, die aus kulturell-ideologischen Grnden 'abgeschrieben'

    worden waren, z.B. vom lieben Herr Abu Hamid Muhammad al-Ghazali, der im 11. Jahrhundert an der

    damals weltberhmten Uni in Baghdad Philosophie und Theologie unterrichtete, bis er schlielich die

    Bahn brechende Erkenntnis hatte, dass ein Leben im Wohlstand allzu schnell nach dem Motto verluft

    "Auer Spesen nichts gewesen". Weil er offenbar den Sinn der altbekannten schwbischen Weisheit

    "Was nix kost, is nix wert" einfach nicht so recht verstehen wollte, schickte er sich konsequenterweise

    selber in die Wste, aber ohne vergoldeten Fallschirm und ohne Karawane.

    Und nun die groe Moral von dieser kleinen Geschichte:Warum sollte man einfach leben wollen, wenn man ebenso gut auf komplizierte Weise sterben kann?

    So freut euch ber smtliche Zivilisationskrankheiten, denn sie ebnen den Weg zu der einzig wahren

    Erlsung. So freut euch, ich sage, freut euch ber Feinstaub, Zigarettenrauch, Elektrosmog, Dioxin,

    Ozon,Drogenabhngigkeit, therapieresistente Krankheitserreger, Impotenz, Schnarchen, Haarausfall,

    Osteoporose, Allergien, Krebserkrankungen, Diabetes, allerlei Milch- und Sojaprodukte, die eben diese

    Krankheiten frdern, Ess-, Verdauungs- und Stoffwechselstrungen aller Art, Persnlichkeitsstrungen

    aller Art, Demenz, Arteriosklerose, Bandscheibenprobleme, Bewegungsarmut, optische und mentale

    Kurzsichtigkeit, massive Informationsberflutung, neurotische Entscheidungsunfhigkeit, Depression,

    Mobbing, Anonymitt und Isolation, Verarmung durch Hartz IV, geistig-seelische Verarmung, Egomanie,

    Sinnlosbrokratie, Machbarkeits- und Grenwahn, Spekulation, Korruption, Wohlstandsverwahrlosung,

    Gaffertum, ausgeprgtes Achselzucken, fetischistische und materialistische Orientierungen aller Art,

    himmelhoch prunkende Elfenbeintrme und Ideologien aller Art wie zum Beispiel:

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    Positivismus: eine Orientierung, die im Grunde gar nicht so positiv ist und eher Negativismus genannt

    werden msste, weil dadurch alles, was nicht nachgewiesen bzw. dokumentiert ist, als Hirngespinst gilt

    Genetizismus: der Irrglaube, dass alles Wohl und Weh bei Lebewesen genetisch vorprogrammiert ist

    wobei diese Ansicht gerne in der Dittsche-Manier vorgetragen wird: "Es is alles reiiin geneeetisch!"

    und dass allein statische Auffassungen ber die menschliche Natur Gltigkeit beanspruchen knnen:

    "Dafr muss man halt einfach geboren sein." oder "Sein IQ ist 89, daran wird sich nichts mehr ndern."

    Monismus: der Irrglaube, dass es nur eine entscheidende Sache im Leben gibt, whrend alles andere

    zur absoluten Nebensache oder zur absoluten Tabuzone erklrt wird: Monokulturen, Monomanien,

    Monogamie, Monotheismus, Monarchien, Monopole, Monologe, monokausale Erklrungsanstze

    Rationalismus: der Irrglaube, dass es berhaupt nur ein einziges Endziel geben kann und dass aller

    Fortschritt darin besteht, fr smtliche komplizierten Problematiken eine simple Endlsung zu finden

    bzw. Proforma-Statistiken zu erfinden, um schrullige Phantasien ber die Wirklichkeit zu untermauern

    Dualismus: der Irrglaube, dass immer nur ENTWEDER ODER existieren kann und nichts dazwischen,

    dass also die ganze Welt in entscheidender Hinsicht gespalten ist in Gut und Bse, Sein und Nichts,

    Subjekt und Objekt, Geist und Materie, Ursache und Wirkung, mnnlich und weiblich, und so weiter

    Pluralismus: die berzeugung, dass die Menschen am besten nabeneinander her leben und jeder

    am besten seinen eigenen Brei macht, weil es sowieso keine verbindlichen Wahrheiten im Leben gibt

    Individualismus: ein besondersartiger "Dualismus" zwischen Individuum ODER Gesellschaft, der oft

    aus bermigem Konformittsdruck resultiert und ber die Hintertr den Konformittsdruck verstrkt

    Sexismus: der Irrglaube, dass Mnner und Frauen so unterschiedlich sein mssen, dass die einzig

    vernnftige Lsung in konsequenter Geschlechtertrennung und prziser Stereotypisierung besteht,

    bis man sich ber homosexuelle Exzesse und ber gesellschaftliche Zerfallserscheinungen wundert

    Kreationismus: der Irrglaube, dass die ganze Welt in sechs Werktagen erschaffen worden sein soll,

    whrend zwangslufig unklar ist, wie viele Arbeitsstunden ein Werktag wohl gehabt haben muss undob Gott am siebten Tag einen Burnout hatte, nachdem sich durch das pausenlose Herumwerkeln die

    Fehlerquote zunehmend erhht hatte

    Fatalismus: die berzeugung, dass man im Leben sowieso nur verlieren kann, und dass es dabei zwei

    Varianten gibt: (1) in Wrde zu verlieren, indem man sich heldenhaft bis zum allerletzten Atemzug ins

    Zeug legt, oder (2) von Anfang an die Hnde in den Scho zu legen, weil ja sowieso alles nichts bringt

    Modernismus: der Irrglaube, dass neue Klamotten viel praktischer sind und dass sich zwangslufig

    alles immer weiter entwickelt, dass die Menschen frher gar nicht so viel Ahnung gehabt haben knnen

    und dass sie dafr immer wieder erstaunlich gut berlebt haben, aber dass man sich eben von alten

    Zpfen trennen muss, auch wenn weder in der Substanz noch im Erscheinungsbild irgendein Mangelerkennbar ist, um mglichst viel Platz fr modernen Kultschnickschnack zu machen

    Traditionalismus: der Irrglaube, dass in frheren Zeiten immer alles besser gewesen sein muss als

    heutzutage, und dass man Traditionen auf keinen Fall kritisch hinterfragen darf, wenn man vermeiden

    will, dass die Welt mit Pauken und Trompeten oder noch schlimmer sang- und klanglos untergeht

    Fetischismus: die berzeugung, dass die eigene Glckseligkeit von speziellen Phnomenen abhngt,

    die dadurch attraktiv werden, dass sie exotisch, verboten, primitiv oder 'abgefahren' sind, whrend in

    den schlimmsten Fllen ein solches Verhltnis zur Welt als 'absolut normal' betrachtet wird

    Perfektionismus (= Vollkommenheits-Fetischismus); jedes zwanghafte Bestreben, dass letztendlich

    dazu fhrt, dass man den Weg zum individuellen beziehungsweise kollektiven Tod perfektioniert, und

    zwar aus der hllischen Angst, dass bereits der allerkleinste Makel die "Jungfrulichkeit des Lebens"

    aufs Spiel setzen knnte