„Wie in Watte gepackt“ - mediendienste€¦ · als Problemlöser?“ aus der Schulfernsehreihe...

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„Wie in Watte gepackt...“ Persönliche Telefonberatung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung 02 21/89 20 31 aus der Schulfernsehreihe „Drogenprävention“ des Senders Freies Berlin

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„„WWiiee iinn WWaattttee ggeeppaacckktt .. .. ..““

Persönliche Telefonberatungder Bundeszentrale

für gesundheitliche Aufklärung

02 21/89 20 31

aus der Schulfernsehreihe „Drogenprävention“ des Senders Freies Berlin

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Kurzbeschreibung des FilmsFilmlänge ca. 20 min

In dokumentarischer Form setzt sich der Film „Wie in Watte ge-packt …“ mit dem Themenfeld „Medikamentengebrauch/-miss-brauch“ auseinander. Junge Frauen und Männer berichten vorder Kamera nicht nur über die Wirkung gängiger Beruhigungs-,Schmerz- oder Anregungsmittel, sondern sie machen auch durchihre nachdenklichen Aussagen deutlich, woher ihre unterschied-lichen Spannungszustände, Belastungssituationen oder Schmer-zen womöglich kommen. Erkennbar wird dabei auch, mit wel-cher Bedenkenlosigkeit sich Jugendliche manchmal selbst„medizinieren“ und welche Rolle Erwachsene dabei als „Vorbil-der“ spielen. Schließlich zeigt der Film Beispiele dafür, wie Jugend-liche vom Medikamentenmissbrauch „weg gekommen“ sind.

Herausgeber:Bundeszentrale für gesundheitliche AufklärungOstmerheimer Straße 22051109 Kölnim Auftrag des Bundesministeriumsfür Gesundheit.

Alle Rechte Vorbehalten.

Regie: Pia Busch und Claudia KarstedtRedakteurin: Maria HeiderscheidtHerstellung: MediopolisErscheinungsdatum: Mai 2001

Verleih: Die Filme der Bundeszentrale können bei allen Landes-, Kreis- und Stadtbildstellen, Landesfilm-diensten sowie bei den Evangelischen und Katholischen Medienzentralen und dem Deutschen Filmzentrum ausgeliehen werden.

Die Medienübersicht ist als Broschüre kostenlos bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, 51101 Köln, erhältlich.

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Der Film „Wie in Watte gepackt . . . Pillen als Problemlöser?“ aus der Schulfernsehreihe „Drogenprävention“ ist eine Co-Produktion der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung

und des Senders Freies Berlin, Berlin 2001

Empfohlen für den Sozialkunde- und Biologieunterricht ab 8. Klasse

Herausgeber:

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung in Kooperation mit dem Berliner Landesinstitut für Schule

und Medien/Abteilung MedienKöln 2001

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Inhalt1. Konzept einer zeitgemäßen Sucht-

und Drogenprävention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

2. Inhalt des Films „Wie in Watte gepackt . . . Pillen als Problemlöser?“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

3. Sachinformationen zum Film . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

4. HandlungsbausteineHinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .30

4.1 Baustein 1: „Deine Probleme + meine Probleme = unsere Probleme?“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

4.2 Baustein 2: „Spurensuche“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

4.3 Baustein 3: „Zu Risiken und Nebenwirkungen . . .“ . . . . 42

5. Materialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

6. Medien zur Sucht- und Drogenprävention (Auswahl) . 57

7. Kopiervorlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

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Zu diesen Entwicklungsaufgaben gehören unter anderem– das Akzeptieren der eigenen körperlichen Erscheinung,– die kritische Auseinandersetzung mit den eigenen Kompe-

tenzen und Grenzen und die Entwicklung einer Identität,– die zunehmend selbstbewusste Gestaltung der eigenen

Sozialisation,– eine eigene Berufs- und Lebensperspektive sowie Strate-

gien zu deren Verwirklichung zu entwerfen,– die Geschlechtsrolle zu übernehmen, d. h. Sexualität,

Intimität sowie die Fähigkeit zu entwickeln, Partnerschafteneinzugehen und zu pflegen,

– eine Position in der Gruppe der Gleichaltrigen zu erringenund zu behaupten,

– den Prozess der emotionalen Ablösung vom Elternhaus zubewältigen,

– ein eigenes Wert- und Normsystem zu entwickeln und zuvertreten,

– sich mit Sinnfragen zu beschäftigen,– sich Lebensrisiken zu stellen und sich mit Konsumange-

boten (z. B. Medien, Genussmitteln, Rauschdrogen usw.)kritisch auseinander zu setzen.

In der überwiegenden Mehrzahl gelingt Jugendlichen die Lö-sung dieser Aufgaben, die ja nicht zugleich auftreten undauch nicht immer als Belastung empfunden werden, mehroder weniger befriedigend, obwohl es dabei immer wieder zuSpannungen, Widersprüchen und Konflikten kommen kann.Bestimmte bedenkliche seelische Zustände oder erheblichvon den Normen abweichende Verhaltensformen weisenallerdings darauf hin, dass einigen Jugendlichen die Lösungdieser Entwicklungsaufgaben nicht oder nur unzureichendgelungen ist. Darunter fallen zum Beispiel Depressionen bishin zu Suizidgedanken oder -versuchen, Ess-Störungen,Aggressionen, Kriminalität, Drogenkonsum. Oft treten mehrereFormen devianten Verhaltens gemeinsam auf: Gruppengewaltbeispielsweise geht oft einher mit extensivem Alkohol-konsum, während Depressionen vielfach von Arzneimittel-missbrauch begleitet werden.

3. Hilfen bei der Bewältigung von Entwicklungs-aufgaben

Sinnvolle Sucht- und Drogenprävention kann folglich nichtumhin,

1. Konzept einer zeitgemäßenSucht- und Drogenprävention

1. BedingungenEine realitätsbezogene, an verursachenden Faktoren orien-tierte Sucht- und Drogenprävention muss von der funda-mentalen Einsicht ausgehen, dass es derzeit keine geschlos-sene, in sich widerspruchsfreie Theorie der Suchtentstehungund -entwicklung gibt, die auch nur annähernd der Vielfaltund Komplexität menschlicher Lebensbedingungen gerechtwerden könnte. Wir kennen allenfalls mehr oder wenigerplausible Annahmen und empirische Detailuntersuchungen,die es insgesamt nahe legen, eine Reihe von möglichen aus-lösenden und begünstigenden Faktoren zu benennen, die fürgewöhnlich – der besseren Übersicht halber – drei Bereichenzugeordnet werden, die in einem komplizierten Interdepen-denzverhältnis zueinander stehen und als „Person“, „Droge“und „soziales Umfeld“ (gelegentlich auch als die drei „Ms“:Mensch, Mittel, Milieu) bezeichnet werden. Diese zunächstbanal erscheinende Feststellung trägt der AlltagserfahrungRechnung, dass es immer Menschen sind, die in einem be-stimmten sozialen Kontext Drogen konsumieren.

Dabei kann man annehmen, dass es beim Drogenkonsumum eine Handlung geht, die für den Nutzer eine Funktion undeine bestimmte Bedeutung hat sowie jeweils von spezifi-schen Erwartungen gesteuert wird. Ferner ist in der Regel da-von auszugehen, dass es sich sehr selten um eine rein indivi-duell getroffene Entscheidung handelt, wenn beispielsweiseJugendliche zu einer Droge greifen, sondern dass immer so-ziale und gesellschaftliche Komponenten mit im Spiel sind.Dies zumindest weiß man aus einer Vielzahl von Gesprächenmit Drogenabhängigen.

2. Entwicklungsaufgaben von Kindern und JugendlichenBei der Identifizierung und detaillierten Analyse der oben ge-nannten Komponenten bedient man sich vorwiegend sozial-psychologischer Konstrukte und Deutungsmuster, die in derJugendforschung generell ihre Tragfähigkeit erwiesen haben.Eines dieser Konstrukte ist das der Sozialpsychologie ent-lehnte Konzept der „Entwicklungsaufgaben“, die von Jugend-lichen im Alter zwischen zwölf und achtzehn Jahren gelöstwerden müssen.

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Distanzierungs- und Gestaltungsmöglichkeiten zu unter-suchen,

– Lebensläufe anderer Menschen auf Krisensituationen zuüberprüfen, um auf diese Weise Drogenkonsum auslö-sende und begünstigende Faktoren identifizieren zu kön-nen,

– sich mit den eigenen Lebensentwürfen realitätsbezogenauseinander zu setzen,

– den eigenen Lebensstil kritisch zu überdenken, insbeson-dere im Hinblick auf die Nähe zu legalen und illegalenDrogen,

– Fähigkeit, sich in „Verführungssituationen“ argumentativund konsequent behaupten zu können.

Wie bereits angedeutet, kommt eine erfolgversprechendeSucht- und Drogenprävention ohne die Bereitschaft, sich mitdem Gesamtphänomen zu befassen, nicht aus. Das heißt,sich entsprechende zuverlässige Informationen zu beschaf-fen, sich darüber Klarheit zu verschaffen, in welchen sozialenZusammenhängen Drogen konsumiert werden, welche seeli-schen und körperlichen Wirkungen kurz-, mittel- und langfris-tig zu erwarten sind und wie die entsprechenden Risiken(Gesundheitsschäden, Abhängigkeit) einzuschätzen sind.Zu diesen Problembereichen liefert der Film „Wie in Wattegepackt . . . Pillen als Problemlöser?“ authentische Informa-tionen und Diskussionsanlässe.

– sich mit den Lebenswelten zu beschäftigen, in denen sichKinder und Jugendliche bewegen, in denen sie Entschei-dungen treffen und sich handelnd bewähren müssen,

– sich mit den Herausforderungen der einzelnen Entwick-lungsaufgaben produktiv auseinander zu setzen, um aufdiese Weise ihre Lösung zu erleichtern.

Allerdings können pädagogische Institutionen nur unter be-stimmten Bedingungen Hilfestellung bei der Bewältigung vonEntwicklungsaufgaben geben. Zunächst muss man sich dar-über klar sein, dass in vielen Fällen eine Institution selbst zurEntstehung von abweichendem Verhalten beiträgt:Oft genug sinnentleerte disziplinierende Rituale auf häuslicheProbleme, Diskriminierung Einzelner, übertriebenes Konkur-renzdenken, Leistungsdruck und vieles andere mehr sindlängst als angstinduzierend, frustrierend und zurückweisendidentifiziert und können zu Aggression, Regression und Ver-haltensstörungen aller Art führen.Zuallererst muss man sich folglich darum bemühen, angstaus-lösende Faktoren zu vermeiden, sozialen Druck zu mindern,Umgangsnormen auf ihre Notwendigkeit und Zweckdienlich-keit zu überprüfen sowie eine Atmosphäre der Freundlichkeit,der Akzeptanz und der Aufrichtigkeit zu schaffen und einLernklima zu entwickeln, in dem Kreativität, Phantasie undFreude am gemeinsamen Arbeiten, Lernen und Feiern vor-herrschen.Inhaltliche Akzente der präventiven Arbeit leiten sich aus denoben erwähnten Entwicklungsaufgaben her und lassen sichauswahlweise folgendermaßen als Ziel-/Inhaltsbereiche be-stimmen:– Auseinandersetzung mit der eigenen Person, Erkennen der

eigenen Stärken, Schwächen oder Grenzen und fähig sein,produktiv damit umzugehen,

– Fähigkeit und Bereitschaft, Freundschaften/Partnerschafteneinzugehen und zu pflegen, indem man tolerant, empa-thisch und behutsam mit dem Partner umgeht,

– Fähigkeit und Bereitschaft, soziale Konflikte, wie sie in derGruppe der Gleichaltrigen, aber auch in der Familie und derPartnerschaft, später im Betrieb und in der Freizeit auf-treten, gewaltfrei, sachbezogen und auf kommunikativerEbene zu lösen,

– mit Jugendlichen typische Lebenssituationen aus ihrengegenwärtigen und in der Zukunft zu erwartenden Erfah-rungsbereichen auf ihren jeweiligen Risikogehalt, auf

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lung von Schüttellähmung hinwies. Obwohl ängstlich undneugierig, „hat er es einfach genommen und ist dabei ge-blieben“.

4. Colette und Jennifer sprechen über ihre ersten„Koffi“-Erfahrungen:

In der Schule war der Konsum von Koffeintabletten „vollMode“, und beide haben dann „so langsam damit angefan-gen“ und wollten auch „sehen, was dann passiert“.

5. Im Kommentar heißt es:„Pillen sind preiswert und legal. Auf den ersten Blick eine ein-fache Möglichkeit, Unerträgliches erträglich zu machen. . . Pil-len als Problemlöser. Chemie für die Seele.“

6. Die Freundinnen Helena und Sabrina werden im Bild gezeigt:

Die beiden 15-jährigen Schülerinnen sprechen über ihre häu-figen Kopfschmerzen in der Schule oder auch zu Hause, diesie selbst mit Kopfschmerztabletten behandeln. Sabrina gibtals höchste Dosis „drei Tabletten in der Woche“ an.

Dazu heißt es im Kommentar: „Jedes zweite Kind zwischenzwölf und vierzehn Jahren nimmt Kopfschmerztabletten. . .Nach den Ursachen wird nur selten gesucht.“

Helena macht deutlich, dass sie ihre Tabletten „fast immerdabei hat“.

7. Im Kommentar wird zwischen bestimmungs-gemäßem Gebrauch und dem Missbrauch vonMedikamenten unterschieden:

„Der Übergang von Gebrauch und Missbrauch ist fließend.“

Henning spricht in diesem Zusammenhang über seinen Aki-neton-Missbrauch:

„Der Reiz liegt darin, dass man keine Möglichkeit hat, etwaszu tun.“

Jan, sein älterer Freund, der mit ihm in einer Band Musikmacht, spricht über die von ihm beobachteten Wirkungen desPräparats: „Er ist wie ein Sack. . . . Es ist nichts mehr mit ihm an-zufangen.“

2. Inhalt des Films „Wie in Watte gepackt . . . Pillen als Problemlöser?“

Der Film setzt sich in Form eines Features mit dem Medika-mentenge- und -missbrauch von jungen Frauen und Män-nern auseinander. Beim Feature handelt es sich um eine jour-nalistische Form, bei der durch absichtsvolle Montage vonOriginalaufnahmen, Kommentaren, Interviews, Statements,Standbildern, Inserts oder Musik ein filmisches Dokumententsteht.Die jungen Leute berichten vor der Kamera nicht nur über dieWirkungen gängiger Beruhigungs-, Schmerz- oder Anre-gungsmittel, sondern sie machen auch teilweise durch ihrenachdenklichen Aussagen deutlich, woher ihre unterschied-lichen Spannungszustände, Belastungssituationen oderSchmerzen womöglich kommen. Erkennbar wird dabei auch,mit welcher Bedenkenlosigkeit sich Jugendliche manchmalselbst „behandeln“. Schließlich zeigt der Film Beispiele dafür,wie Jugendliche vom Medikamentenmissbrauch „weggekom-men“ sind.

1. EingangsmontageDurch kurze Statements der Freundinnen Colette (19 Jahre)und Jennifer (21 Jahre), von Henning (22 Jahre) und Raphael (19Jahre) wird man mit jungen Frauen und Männern bekannt ge-macht, die im Film mehrfach zu Wort kommen werden.

2. Raphael wird an einem seiner „Lieblingsplätze“, einem verfallenen Grundstück, gezeigt:

Im Kommentar wird Raphael als ein junger Mann beschrie-ben, der „in einer Zeit, als Chaos sein Leben beherrrschte“,fünf Monate lang Beruhigungsmittel zu sich nahm: „Er wollteseine Ruhe haben. Auf der Suche danach griff er zu Pillen!“

Raphael selbst äußert sich dazu, wie er durch einen Freund andas Präparat „Valium“ geriet.

3. Henning spricht darüber, wie er an das Präparat „Akineton“ kam:

Es wurde ihm von einem älteren Freund angeboten, der ihnauf „die lustige Wirkung“ dieses Medikaments zur Behand-

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Jan dagegen hört nicht auf, Henning die Widersprüchlichkeitseines Handelns deutlich zu machen.

11. Videoaufnahmen von einem Schüler-Rock-Festival Der Drogenkontaktlehrer Urs Hartmann weist auf die Bedeu-tung produktiven und kreativen Arbeitens in der Schule hin,die dazu beitragen kann, dass junge Menschen stabile Per-sönlichkeiten werden, die aus Verantwortung gegenüber sichselbst und anderen auf Drogenkonsum verzichten.

12. Im Kommentar wird zu Bildern aus dem Schullebengefragt:

„Wie kommt man aus der Anspannung, die Kopfschmerzenmacht, wieder heraus?“

Sabrina wird in diesem Zusammenhang bei Übungen der„Progressiven Muskelentspannung nach Jacobson“ gezeigt,einer „Technik, die jeder lernen kann“.

Die Therapeutin Dr. Ingrid Blendinger verdeutlicht, dass mandiese Technik üben muss, „wenn man auf Dauer Erfolg habenwill“. Und Sabrina meint, dass ihr diese Form der Entspannunghilft.

13. Im Kommentar heißt es:„Es geht auch ohne Pillen, und es gibt viele Gründe, um auf-zuhören!“

Henning will zwar damit aufhören, „sich selbst lahm zu legen“,aber er befürchtet „den Verlust eines Rettungsankers, an denman sich gewöhnt hat“.

Für Colette und Jennifer hat sich der „Koffi“-Konsum mit derZeit erledigt. Irgendwann war es „langweilig“ für sie gewordenund sie hatten „keine Lust“ mehr darauf.

Raphael hat „ohne richtige Schlüsselsituation“ aufgehört. Viel-mehr ist er sich durch Gespräche mit einem Freund seiner per-sönlichen Situation „bewusst“ geworden.

14. Die Schlussmontage zeigt Sabrina und Helena bei Entspannungsübungen:

Sie haben ihr Interesse an der Entspannungstechnik entdeckt.

Raphael wollte mit „Valium“ seine „inneren Stimmen abstellen,wollte wegtauchen und . . . seinen Gedanken entfliehen“.

Sabrina meint, dass ihre Kopfschmerzmittel „den Druck im Ge-sicht“ nehmen.

8. Bilder aus dem Schulleben leiten über zumThemenbereich „Schulstress“:

Sabrina nimmt bereits seit der 5. Klasse Schmerzmittel gegenihre Kopfschmerzen, und Helena „behandelt“ aufkommendeKopfschmerzen meist schon in der Schule mit einer Tablette.Die Lehrerin Christine Veihelmann äußert sich zum Problemder Leistungsanforderungen in der Schule: Viele junge Leute„haben keine Technik gefunden, wie sie Anforderungen be-gegnen können“.

9. Im Kommentar wird der familiale Umgang mit Medikamenten angesprochen:

„Tabletten zu nehmen, ist in vielen Familien ein ganz norma-les Verhalten.“

Henning erwähnt in diesem Zusammenhang den „gut gefüll-ten Medizinschrank zu Hause“.

10. Im Kommentar wird auf die körperlichen undseelischen Gefahren des Medikamentenmissbrauchseingegangen:

„Der regelmäßige Griff zur Pille kann Organe schädigen, zuEntwicklungsstörungen führen und abhängig machen.“

Colette und Jennifer sprechen darüber, wie sich die Beschaf-fung von Koffeintabletten zum „Wochenend-Ritual“ in derGruppe entwickelte.

Im Kommentar wird auf die „Unauffälligkeit“ des Tabletten-missbrauchs hingewiesen.

Raphael ist sich bewusst, dass er mit Hilfe des Beruhigungs-mittels „eine Fassade aufgebaut hat“.

Henning versucht, die Sorgen, die sich Jan um ihn macht, her-unterzuspielen: Er hält den Missbrauch „nicht für gut, aberauch nicht für eine Bedrohung“.

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hungen (Rezeptorenverhalten), Nebenwirkungen und Toxiko-logie.Die Pharmakokinetik befasst sich mit der zeitlichen Änderungder Konzentration eines Pharmakons im Organismus. Hierzugehört die Erforschung pharmakokinetischer Grundvorgängeund Verteilungsräume (Aufnahme, Verteilung, Veränderung,Speicherung und Ausscheidung eines Arzneimittels). DurchErstellung pharmakokinetischer Modelle werden Beziehun-gen zur Pharmakodynamik mit der Absicht hergestellt, einoptimales Dosierungsschema zu entwickeln.

Neben der ärztlich verordneten medikamentösen Behand-lung einer Krankheit gewinnt die Selbstmedikation in denletzten Jahrzehnten zunehmend an Bedeutung. Der in den60er Jahren durch den Medizinsoziologen PFLANZ in Deutsch-land eingeführte Fachbegriff meint den Kauf und die Ein-nahme nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel. Dies ge-schieht zur Erhaltung der Gesundheit oder zur Behandlungvon Befindlichkeitsstörungen des Käufers selbst oder seinerAngehörigen. Gegenwärtig gehören etwa 35 Prozent der inApotheken, Drogerien oder Supermärkten abgegebenenArzneiprodukte in den Bereich der Selbstmedikation. Etwa600 Millionen Arzneimittelpackungen werden jährlich ohneRezept in Apotheken verkauft. Hierzu gehören vor allem sogenannte Vorbeugungs- und Kräftigungsmittel (Tonica),Beruhigungs- und Schmerzmittel, Abführmittel, Mittel beiBefindlichkeitsstörungen (beispielsweise Erkältungskrank-heiten), Mittel gegen Magen-Darm-Beschwerden sowieRheumaeinreibungen. In der Rangreihe dieser Arzneimittel-angebote stehen die Mittel gegen Erkältungskrankheiten ander Spitze, dicht gefolgt von Schmerzmitteln. Das Gesund-heitsministerium unterstützt im Sinne einer Kostendämpfungim Gesundheitswesen und auch im Hinblick auf die Stärkungder Eigenverantwortung der Bürger(innen) für ihre GesundheitSelbstmedikation als „sinnvolle Anwendung nicht rezept-pflichtiger Arzneimittel zur Vorbeugung, Linderung oder Hei-lung von Missbefindlichkeiten und Gesundheitsstörungendurch den Verbraucher selbst, im Vorfeld professioneller Hilfedurch den Arzt“. Nicht ohne Grund ist dabei von „Missbefind-lichkeiten“ und „Gesundheitsstörungen“ die Rede. DennSelbstmedikation findet dort ihre Grenzen, wo es um be-handlungsbedürftige Krankheiten geht, die ein medizinischerLaie oftmals gar nicht erkennen kann. So können beispiels-weise lang andauernde Schmerzen ein Indiz für eine Grund-

3. Sachinformationen zum Film3.1 Pharmakologisch-medizinische Grundbegriffe

Zum besseren Verständnis der im Film dargestellten vier Fall-Beispiele werden hier einleitend die wichtigsten Fachbegriffedargestellt.

Arzneimittel (Medikamente/Pharmaka) sind Wirksubstanzen,die aus natürlichen (menschlichen, tierischen und pflanz-lichen) Grundstoffen, synthetisch (chemisch) oder pharmazeu-tisch besonders zubereiteten Wirkstoffen bestehen und in derMedizin zu diagnostischen Zwecken sowie zur Vorbeugung,Behandlung oder Heilung von Krankheiten verwendet wer-den.

Bei rezeptpflichtigen Arzneimitteln bestimmt der Arzt– das für die Behandlung einer Krankheit erfolgverspre-

chendste Medikament,– die Dosierung dieses Mittels sowie – die Behandlungsdauer.

Die Pharmakologie (Arzneimittelkunde) als Experimentalwis-senschaft untersucht die Wechselwirkungen zwischenArzneistoffen und Organismus. Arzneiwirkstoffe im Sinne derPharmakologie sind alle chemischen Verbindungen, die nachAufnahme in den Organismus (oder auf seinen Oberflächen)Veränderungen biologischer Funktionen und/oder Strukturenauslösen.

Jede pharmakologische und toxische Wirkung im intaktenOrganismus beruht auf zwei Gruppen von Abläufen, die ineiner Wechselbeziehung stehen:– Einflüsse des Pharmakons (griech.: Arzneimittel, Gift) auf

den Organismus (Pharmakodynamik) sowie– Einflüsse des Organismus auf das Pharmakon (Pharma-

kokinetik).Pharmakodynamik und -kinetik sind Teilgebiete der Pharma-kologie.

Die Pharmakodynamik beschäftigt sich vor allem mit derErforschung von Dosis (Konzentration) und Wirkungsbezie-

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kaufter Packungen von Schmerzmitteln 45 Millionen ärzt-lich verordnet.– Rund 70 Prozent wurden ohne Rezept verkauft.– Der Apothekenumsatz

für Schmerzmittel lag bei: 90 Mio. DM– Die Werbeausgaben für Schmerzmittel im Bereich der

Selbstmedikation beliefen sich auf: 120–130 Mio. DM

(Zahlen für 1998 nach SuchtReport 2001)

Arzneimitteltoleranz (-gewöhnung) ist eine regulatorischeLeistung des Organismus, die sich für gewöhnlich bei länge-rem Konsum eines Medikaments einstellt: Der Körper passtsich an die zugeführte Substanz an. Das heißt, bei regelmäßi-ger Zufuhr konstanter Mengen einer Substanz kann mit derZeit der erwünschte Effekt nachlassen. Dies kann wiederumbedeuten, dass die Dosis erhöht werden muss, um dieursprüngliche Wirkung zu erreichen.

Arzneimittelmissbrauch kann zu seelischer (psychischer) undkörperlicher (physischer) Abhängigkeit führen. Zwischen bei-den Abhängigkeitsformen bestehen – je nach Wirksubstanz –mehr oder minder starke Wechselwirkungen.Unter einer psychischen Arzneimittelabhängigkeit verstehtman das ausgeprägte Verlangen eines Menschen nacheinem bestimmten Medikament. Um dessen „Wirkungen“hervorzubringen, beispielsweise, um sich „gute Gefühle“ zuverschaffen oder um „unangenehme“ zu verringern, wird dasMedikament häufig und wiederholt genutzt.Tendenziell wird die Dosis vom Nutzer nicht gesteigert, undauch Entzugserscheinungen stellen sich in der Regel nichtein, wenn das Mittel abgesetzt wird.Unter physischer Arzneimittelabhängigkeit versteht man dasunwiderstehliche Verlangen eines Menschen nach fortge-setzter Zufuhr des Medikaments. Häufig ist dieses Verhaltenmit Toleranzentwicklungen und Dosissteigerungen verbun-den. Nach abruptem Absetzen können Entzugssymptomeauftreten, deren Intensität abhängig ist von der jeweiligenSubstanz, der Dosis, der Darreichungsart, -häufigkeit undDauer der Anwendung.Merkmal jeder Arzneimittelabhängigkeit ist, dass die Medika-mente immer unentbehrlicher für einen Menschen werden.

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erkrankung sein, die nur mittels ärztlicher Hilfe diagnostiziertund therapiert werden sollte.Selbstmedikation kann somit nur bei vorübergehendenBefindlichkeitsstörungen befürwortet werden. In jedem Fallsollte der Beipackzettel gelesen und fachlicher Rat vom Apo-theker eingeholt werden. Vor allem, wenn es um die Verträg-lichkeit mit anderen Arzneimitteln geht, die ein Patient viel-leicht wegen chronischer Krankheiten dauernd einnehmenmuss.

Unter Arzneimittelmissbrauch versteht man die Verwendungvon Medikamenten ohne therapeutisch begründbare Indika-tion. In zu hoher Dosierung oder zu häufiger Wiederholungwird das Medikament gleichsam um seiner selbst willengenutzt, um die Befindlichkeit zu manipulieren (beispiels-weise um Angst- und Verstimmungszustände zu überwinden,Reizbarkeit zu mindern, Wohlgefühl zu erzeugen, Stress ab-zubauen, Schmerzen zu lindern, Problem- oder Konfliktsitua-tionen „erträglich“ zu machen) oder die Leistungsfähigkeit zusteigern. Arzneimittelmissbrauch kann eine Vorstufe zur Arz-neimittelabhängigkeit sein (vgl. auch Kasten 1).

Daten zum Arzneimittelmissbrauch und zur Arznei-mittelabhängigkeit in der Bundesrepublik Deutsch-land

Die Daten, die zu Arzneimittelmissbrauch und -abhängig-keit vorliegen, sind uneinheitlich und lassen bestenfallseine grobe Einschätzung ihres quantitativen Ausmaßes zu.Die Zahl der Menschen, die als medikamentenabhängigbezeichnet werden kann, liegt zwischen 1,1 und 1,5 Millio-nen. Bezogen auf die Gesamtbevölkerung sind dies etwa 2 Prozent der Bürger in der Bundesrepublik.

Nach Schätzung der Krankenkassen sind gut 1–1,2 Millio-nen Menschen von Schlaf- und Beruhigungsmitteln (vorallem Benzodiazepin-Derivate), rund 300 000 von anderenArzneimitteln abhängig.

Bei 6 bis 8 Prozent aller verordneten Arzneimittel bestehtein erhöhtes Suchtpotenzial. Rund ein Drittel dieser Mittelwird langfristig verordnet. So wurden von 180 Millionen ver-

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Kasten 1

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Langzeitfolgen bei fortgesetzter Anwendung

Bei Dauergebrauch lässt die Wirksamkeit stark nach, und eskommt unter Umständen zur zwanghaften Dosissteigerung.Gewichtsverlust, Konzentrationsschwäche, Sprunghaftigkeit,Schlafstörungen oder psychotische Reaktionen können sichbei ständigem Konsum einstellen.

Symptome nach dem Absetzen

Nach dem Absetzen des stimulierenden Mittels treten meistgegenteilige Wirkungen auf. Bei Amphetaminen sind bei-spielsweise Anzeichen wie erhöhtes Schlafbedürfnis, Angst-gefühle, depressive Verstimmung, Antriebs- oder Kraftlosigkeitzu beobachten.

Abhängigkeitsrisiko

Der Konsum von Stimulantien führt meist zu einer starkenpsychischen Abhängigkeit.Obwohl sich relativ schnell eine Toleranz gegenüber der Sub-stanzwirkung einstellt, die mit Dosissteigerung einhergeht,bleiben Symptome körperlicher Abhängigkeit aus.

Zum FilmbeispielIm Film taucht keines der Aufputschmittel auf, das zur Gruppeder „Psychopharmaka im engeren Sinne“ gerechnet wird. Viel-mehr wird mit dem Coffeinum ein „Psychopharmakon im wei-teren Sinne“ thematisiert, mit dessen stimulierenden Wir-kungsweisen Colette und Jennifer einige Zeit „experimentiert“haben. Zu den Psychopharmaka im weiteren Sinn werden alle Medi-kamente und Drogen gerechnet, die psychoaktiv wirken.Dazu gehören die „Alltagsdrogen“ Alkohol und Tabak sowiedie „Genussmittel“ Tee und Kaffee.

Das „Fallbeispiel Coffeinum“

Coffein gehört zu den ältesten Genuss- und Arzneimitteln.Als Wirkstoff ist es in der Kaffeebohne (1–2%), im Teeblatt (2–5%) und der afrikanischen Kolanuss (2%) vorhanden.

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Beim Versuch sie abzusetzen, kommt es meist zu vorwiegendvegetativen Reaktionen. Sie zeigen sich oft in einer Verstär-kung der Symptome, gegen die man das Mittel ursprünglichangewendet hat.

3.2 Arzneimittel mit erhöhtem Missbrauchs- und Abhängigkeitspotenzial

Zu den im deutschen Missbrauchsregister aufgeführten Medi-kamenten gehören Arzneimittel, die vornehmlich auf dasZentralnervensystem (ZNS) einwirken und die psychischeBefindlichkeit eines Menschen beeinflussen können. Dabeiwerden vor allem drei Arzneimittelgruppen bei den Psycho-pharmaka im engeren Sinne unterschieden: Aufputschmittel,Schmerzmittel, Beruhigungs- und Schlafmittel. Das Miss-brauchs- und Abhängigkeitspotenzial der drei Arzneimittel-gruppen ist sehr unterschiedlich. Es hängt von der Art desWirkstoffs, von der Höhe der Dosis, von der Dauer derEinnahme und von der individuellen Empfindlichkeit des Kon-sumenten ab. Psychopharmaka im engeren Sinne sind vor-nehmlich solche Präparate, die zunächst in der psychiatri-schen Praxis genutzt wurden, heute aber auch vielfach in derPraxis des Allgemeinarztes verschrieben werden.Die im Film in den Aussagen der Jugendlichen „auftauchen-den“ Substanzen und Medikamente sind im weiteren undengeren Sinne den Psychopharmaka zuzuordnen.

Aufputschmittel (Stimulantien)

Pharmakologische Wirkungsweise

Stimulantien sind chemisch gesehen eine Gruppe von ver-schieden gearteten Wirkstoffen, von denen vor allem Amphet-amin und Ephedrin in der Bevölkerung sehr bekannt sind. Siewirken anregend und antriebsstimulierend. Infolge einer imZNS ausgelösten Verstärkung der geistig-seelischen undkörperlichen Leistungsbereitschaft kommt es zu einer Steige-rung der Herz- und Kreislaufaktivität. Vor allem bei Erschöp-fungszuständen werden Antrieb und Wachbewusstseingesteigert, und dem Konsumenten wird das Gefühl erhöhterSpannkraft vermittelt (Müdigkeit kann beseitigt werden).

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Schmerzmittel (Analgetika)

Pharmakologische Wirkungsweise

Analgetika unterdrücken das Schmerzempfinden durch– Hemmung der Schmerzentstehung am Ort der Schädi-

gung,– Unterbrechung der Schmerzleitung in den zum Gehirn füh-

renden Nervenbahnen oder– Einwirkung auf die Verarbeitung der Schmerzreize im Zen-

tralnervensystem.

Schmerzmittel sind praktisch die Mittel in Sachen Selbstmedi-kation.Am meisten verbreitet auf dem Analgetika-Markt sind nicht-rezeptpflichtige Präparate mit den Wirkstoffen Acetylsalicyl-säure (ASS, Beispiel für ein Präparat: „Aspirin“), Paracetamol undPhenazon.

Langzeitfolgen bei fortgesetzter Anwendung

Bei Dauergebrauch kann es zur Verstärkung der Schmerz-zustände, zu Befindlichkeitsstörungen, zu gravierenden Schä-digungen der Magen-Darmschleimhaut, der Leber und/oderdes blutbildenden Knochenmarks kommen. Bei langfristigerAnwendung von Analgetika-Kombinationspräparaten mit Ace-tylsalicylsäure, Paracetamol und Phenacetin besteht das Risikovon Nierenschädigungen. Es wird geschätzt, dass die Nieren-schädigungen von 10–15 Prozent dialysepflichtiger Patientenauf dem Gebrauch von Schmerzmittelkombinationen beru-hen (ca. 7 500 von 50 000 Personen).

Symptome nach dem Absetzen

Nach dem Absetzen analgetischer Kombinationspräparate mitanregenden, dämpfenden oder hustenstillenden Wirkstoffenkönnen andere, den jeweiligen Zusatzstoffen entsprechendeStörungen auftreten. Abruptes Absetzen stark wirksamer Anal-getika (z. B. Opioid-Analgetika) kann zum Opiat-Entzugssyn-drom führen, bei dem Erbrechen, Durchfall, Bauch- undGliederschmerzen, unwillkürliches Muskelzucken und „Zer-schlagenheitsgefühl“ auftreten können.

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Coffein(um) gehört zu den Psychostimulantien (Methylxan-thine).

Eine handelsübliche Koffeintablette enthält als wirksamenBestandteil 200 mg Coffein wasserfrei.

Anwendungsbereiche: Ermüdungszustände, Migräne

Coffein taucht auch häufig als Bestandteil von so genann-ten Kombinationspräparaten auf. Das sind Medikamente,die mehrere Wirkstoffe gleichzeitig enthalten. Beispiels-weise enthalten manche Schmerzmittel Coffein. Ob dieBeimischung von Coffein beispielsweise die schmerzlin-dernde Wirkung einer Einzelsubstanz wie Acetylsalicylsäure(ASS) zu verstärken vermag, ist umstritten. Vielmehr scheintsich dadurch die Gefahr des Medikamentenmissbrauchs zuerhöhen.

Pharmakodynamik: Das Wirkungsspektrum von Coffeinumfasst zentral erregende Effekte, positive Wirkungen aufdas Herz, relaxierende Wirkungen auf die glatte Muskulaturder Gefäße und Bronchien, harntreibende Effekte, erre-gende Wirkungen auf verschiedene Sekretionsvorgänge.Schon bei geringer Dosierung erfolgt eine deutliche Ver-besserung psychischer Grundfunktionen wie Antrieb undStimmung. Das „psychische Tempo“ ist beschleunigt unddie Reaktionszeiten verkürzen sich. Die Stimmungslagekann sich bis zur Euphorie steigern. Das breite Wirkungs-spektrum ist Ergebnis des Zusammenwirkens mehrerer inmolekulare Zellvorgänge eingreifender Wirkungskompo-nenten.

Nebenwirkungen: Schon geringe Dosen Coffein könnenSchlaflosigkeit, innere Unruhe, Steigerung der Herzfre-quenz und Magen-Darm-Beschwerden auslösen.Bei höherer Dosierung (über 200 mg) kann es zu Muskel-tremor, Reizbarkeit oder Kopfschmerzen kommen.Werden höhere Dosen Coffein abrupt abgesetzt, könnenEntzugssymptome wie erhöhte Reizbarkeit, Nervosität,Unfähigkeit zu effektiver Arbeit, Teilnahmslosigkeit undbesonders Kopfschmerzen auftreten.Die tödlichen Coffeindosen liegen zwischen 3 und 10 g.

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Anwendungsbereiche: ASS ist bei bestimmungsgemäßerAnwendung und Dosierung ein relativ sicheres und wirk-sames Schmerzmittel.Es wird vorwiegend zur Behandlung von leichten bis mäßigstarken Kopf- und Zahnschmerzen sowie zur Fiebersen-kung bei Erkältungskrankheiten genutzt.

Pharmakodynamik und -kinetik: Die Wirkung von ASShängt davon ab, wie schnell sie in das Blut gelangt. Dort istdie höchste Wirkstoffkonzentration nach gut zwei Stundenerreicht. Die Ausscheidung von ASS erfolgt relativ langsam.Nach gut vier Stunden sind etwa 15–20 % der Dosis ausge-schieden. Eine weitere Eigenschaft von ASS besteht in der Hemmungder Thrombozytenaggregation. Dieser „blutverdünnende“Effekt wird beispielsweise therapeutisch in der Prophylaxedes Koronarinfarkts oder zerebraler Thrombosen genutzt.

Nebenwirkungen: Wird ASS in zu kurzen Abständen ein-genommen, kann es sich im Körper ansammeln. Als Symp-tome einer Überdosierung treten Ohrensausen, Übelkeitund Erbrechen auf. Größere Überdosierungen können zu-sätzlich zu Verwirrtheit und Schwindelgefühl führen.Bei länger andauernder Anwendung treten auch Sehstö-rungen und Blutarmut durch Eisenmangel auf.Da ASS die Magenschleimhaut schädigen kann, sollte sienie auf leeren Magen und immer mit viel Flüssigkeit ein-genommen werden.

Beruhigungs- (Tranquilizer) und Schlafmittel(Sedativa/Hypnotika)

Pharmakologische Wirkungsweise

Es ist nur schwer möglich, Beruhigungs- und Schlafmittel imHinblick auf ihre Wirkungsweisen zu unterscheiden. Zum ei-nen hängen die Wirkungen von der Dosierung ab, zum an-deren sind die neurophysiologischen und -chemischen Pro-zesse des Schlaf-Wach-Rhythmus noch nicht ausreichendgeklärt.Die auch in der Bevölkerung bekanntesten Wirkstoffgruppenfür Beruhigungs- und Schlafmittel sind die Benzodiazepin-

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Abhängigkeitsrisiko

Bei antipyretischen (fiebersenkenden) Monosubstanzen wieAcetylsalicylsäure kommt es praktisch nicht zur Abhängigkeit.Der Dauergebrauch von Analgetika-Kombinationspräparatenkann zu seelischer, gelegentlich auch zu körperlicher Abhän-gigkeit führen. So besteht zum Beispiel bei der Kombinationvon Opioiden (wie Codein oder Dextropropoxyphen) mit ei-nem antipyretischen Analgetikum ein erhöhtes Abhängig-keitsrisiko.

Zum FilmbeispielIm Film wird von Helena und Sabrina deutlich gemacht, dassbeide vor allem zu Kopfschmerzmitteln gegriffen haben, umselbst Schmerzen zu behandeln, die für sie manchmal „uner-träglich“ waren. Auf Grund des filmischen Zusammenhangeslässt sich nur vermuten, dass beide Mädchen schon seit ihrerGrundschulzeit auf diese Weise versuchten, die „Schmerzaus-löser Alltags- und Schulstress“ zu bekämpfen. Andere mögli-che Schmerzursachen, die eine eingehende ärztliche Unter-suchung erforderlich machen würden, kommen im Film nichtzur Sprache. Im Wortsinne sichtbar wird jedoch, dass das, wasvielen Jugendlichen heute in ihrem (Schul-)Leben „einenschweren Kopf macht“, durch Schmerzmittel zwar unterdrückt,aber nicht beseitigt werden kann.Namentlich wird im Film allein das Schmerzmittel „Aspirin“ er-wähnt, dessen Wirkstoff die Acetylsalicylsäure (ASS) ist. Somitwird diese Substanz hier als „Fallbeispiel“ skizziert.

Das „Fallbeispiel Acetylsalicylsäure (Aspirin)“

Der Klassiker unter den Analgetika ist die Acetylsalicylsäure(ASS). Unter dem Handelsnamen Aspirin wird sie schon seitgut 95 Jahren industriell produziert. ASS hat neben derschmerzlindernden auch eine fiebersenkende (antipyre-tische) und entzündungshemmende (antiphlogistische)Wirkung.Um mit einer Kautablette eine schmerzlindernde Wirkungzu erzielen, reichen in der Regel 500–1000 mg ASS aus.

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Abhängigkeitsrisiko

Tranquilizer (Benzodiazepine) bergen ein hohes Abhängig-keitsrisiko in sich, vor allem wenn hohe Dosierungen überlängere Zeiträume eingenommen werden. Schon nach weni-gen Wochen Behandlung können Patienten gefährdet sein, inAbhängigkeit zu geraten.Das Risiko einer Abhängigkeit von barbiturathaltigen Schlaf-mitteln kann für Konsumenten gegeben sein, die diese Prä-parate länger als vier Wochen einnehmen.

Zum FilmbeispielIm Film ist es Raphael, der versuchte, das „Chaos in seinemLeben“ mit Hilfe eines Tranquilizers zu ordnen und zu beruhi-gen. Durch seine Aussagen wird deutlich, wie sich sein Be-wusstsein und sein Gefühlsleben veränderten und wie da-durch zunächst die aktive Auseinandersetzung mit seinenLebensproblemen verhindert wurde. Womöglich hat ihm pa-radoxerweise die im Film erwähnte fünfmonatige Einnahmedes Beruhigungsmittels seine Situation „bewusst“ gemacht. Inder Regel hat sich der Körper eines Menschen nach vier Mo-naten an das Mittel gewöhnt und die ursprüngliche „dämp-fende“ Wirkung bleibt dann aus. Ob dieser Effekt Raphael viel-leicht für seine Situation „wach“ werden ließ, kann nurvermutet werden. Im Film spricht er über das Benzodiazepin„Valium“, das zu den weltweit bekanntesten Tranquilizern ge-hört.

Das „Fallbeispiel Benzodiazepin (Valium)“

Die Benzodiazepin-Derivate sind wegen ihrer großen the-rapeutischen Breite die am meisten verbreiteten Beruhi-gungsmittel. Um eine „dämpfende“ Wirkung zu erreichenenthalten beispielsweise Valium-Tabletten 5–10 mg desWirkstoffs Diazepam.

Anwendungsbereiche: Alle Tranquilizer wirken gleich:angst- und spannungslösend, beruhigend, schlaffördernd,muskelentspannend und krampflösend. Wegen dieser Wir-kungen werden sie zur Behandlung akuter und chroni-scher Spannungs-, Erregungs- oder Angstzustände, vordiagnostischen und operativen Eingriffen und zur postope-

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Derivate (Beispiel für ein Präparat: „Valium“) und die Barbitur-säure-Derivate (Beispiel für ein Präparat: „Veronal“).Die Benzodiazepin-Derivate können beruhigen, ohne dieHandlungsfähigkeit zu beeinträchtigen. Sie können Unruhe,Ängste und Spannungen dämpfen und machen nicht not-wendigerweise schläfrig, können aber die Schlafbereitschaftunterstützen. Vielfach werden diese Beruhigungsmittel auchals Schlafhilfen verschrieben.Aus pharmakologischer Sicht haben die Barbitursäure-Derivateeine dämpfende Wirkung auf das Zentralnervensystem. Beigeringer Dosierung erzielen sie eine beruhigende Wirkung,mäßige Dosierung leitet Schlaf ein, und sehr hohe Dosierunghat einen betäubenden Effekt.

Langzeitfolgen bei fortgesetzter Anwendung

Bei Dauergebrauch von Tranquilizern zeigen sich Symptomevon allgemeiner körperlicher und seelischer Verlangsamung,Bewegungsunsicherheit, vermindertes Reaktionsvermögen,Gleichgültigkeit, Verlust der Kritik- und Distanzfähigkeit. Emo-tionale Verarmung sowie Leistungs- und Persönlichkeitsabbausind ebenfalls zu beobachten.Bei täglicher Nutzung von barbiturathaltigen Schlafmittelnlässt die gewünschte Wirkung bald nach, und es kommt in derRegel zu Dosissteigerungen. Dies birgt tendenziell die Gefahreiner chronischen Intoxikation und der Entwicklung einer Bar-biturat-Sucht in sich.

Symptome nach dem Absetzen

Werden Tranquilizer abgesetzt, zeigen sich Entzugserschei-nungen wie innere Unruhe, Reizbarkeit oder Schlaflosigkeitbis hin zu Halluzinationen, Psychosen oder Krämpfen.Bei abruptem Absetzen von barbiturathaltigen Schlafmittelnkann es zu lebensgefährlichen Blutdruckabsenkungen,Krämpfen und Verwirrtheitszuständen bei völliger Schlaflosig-keit kommen. Die Nutzer müssen eine regelrechte Entzie-hungskur machen, bei der das Barbiturat langsam vermindertwird.

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Was die therapeutisch zweckmäßige Nutzung von Benzo-diazepinen betrifft, hat ein Sachverständigenrat der Bun-desregierung für den Arzt folgende Empfehlungen formu-liert:1. Sorgfältige Indikationsstellung!2. Keine Verwendung bei Patienten mit einer Abhängig-

keitsanamnese.3. Kleinste Packungsgröße verschreiben.4. Verordnungsdauer begrenzen.5. Dosisreduktion bei längerfristiger Anwendung.6. Verordnungsformular selbst ausfüllen.7. Patienten aufklären,

– das verordnete Medikament nicht an Dritte weiterzu-geben,

– gleichzeitig die Aufnahme von Alkohol und anderenzentral dämpfenden Substanzen zu meiden,

– über eingeschränkte Verkehrstüchtigkeit.

Solche gezielten Informationen und auch Berichte in Fach-zeitschriften und Massenmedien scheinen sich im letztenJahrzehnt auf die Verordnungspraxis der Ärzte insofernausgewirkt zu haben, als sich die Verordnungsmenge fürBenzodiazepine kontinuierlich verringert hat.

Mittel gegen die Parkinsonsche Krankheit (Anticholinergika)

Im Film taucht mit dem lang bewährten Präparat „Akineton“ein nervendämpfendes Mittel auf, das zur Gruppe der Anti-cholinergika gehört und als Antiparkinsonmittel verwendetwird. Als Parkinsonsche Krankheit bezeichnet man eine Erkrankungvon Teilen des Nervensystems, die die Koordination der Ske-lettmuskulatur steuern.Diese Hirnerkrankung, die meist zwischen dem 50. und 65.Lebensjahr auftritt, zeigt sich in Akinese (Bewegungsstarre,Bewegungslosigkeit, z.B. herabgesetzte oder fehlende Bewe-gung des Rumpfes, der Extremitäten und der Gesichtsmusku-latur), Rigor (Steifheit, Starre) und Tremor (Zittern). Menschen,die am Morbus Parkinson leiden, erscheinen äußerlich unsi-cher, ängstlich und passiv, auch wenn sie es gar nicht sind. Siekönnen bei entsprechender Behandlung und Unterstützungein durchaus selbständiges Leben führen.

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rativen Medikation genutzt. Therapeutisch zweckmäßigsind sie jedoch nur bei kurzzeitiger Einnahme.

Pharmakodynamik und -kinetik: Benzodiazepine wirken –in Anlehnung an einen biochemischen Erklärungsversuch– über Benzodiazepin-Rezeptoren (BZ-Rezeptoren). Diesesind strukturell und funktionell mit dem Gamma-Amino-Buttersäure-Rezeptor (GABA-Rezeptor) verbunden. Die BZ-Rezeptoren sind überall im ZNS vorhanden. Infolge derAktivierung des GABA-Rezeptors öffnen sich die Chloridka-näle, sodass Chlor-Ionen in eine Nervenzelle einströmenkönnen. Dadurch kommt es zu einer verminderten Erreg-barkeit der Zelle.Diese Modellvorstellung sagt zwar etwas über den krampf-lösenden, nicht aber über den angst- und spannungslö-senden Effekt aus.Benzodiazepine werden gut und schnell vom Körper auf-genommen. Geschlecht, Alter, Leberfunktion, Arzneimittelinteraktionen,Nahrungsmittelaufnahme oder die Art und Weise der Ein-nahme können die Pharmakokinetik der Benzodiazepinebeeinflussen.

Nebenwirkungen: Eine Fülle von Nebenwirkungen sind für Benzodiazepine beschrieben worden. Zwar treten sienicht sehr häufig auf, sind jedoch bei Menschen über 60 Jahren wesentlich häufiger festzustellen. Dazu gehö-ren: Beeinträchtigungen des Reaktionsvermögens, Hem-mung psychomotorischer Funktionen, Schwindelgefühl,Benommenheit, Kopfschmerzen, Artikulationsstörungen,Gleichgültigkeit, Unfähigkeit zur angemessenen Konflikt-bearbeitung oder seltene „paradoxe Reaktionen“ wie Wut-ausbrüche, Angstzustände, Wahnideen. Nach längerer Einnahme sollte das Medikament langsamabgesetzt werden

Abhängigkeitsrisiko: Grundsätzlich stehen die Benzodia-zepine im Verdacht eines hohen Abhängigkeitsrisikos. Soheißt es auch im Beipackzettel für Valium wörtlich: „Valium 5 Roche besitzt eine suchtfördernde Eigenschaft(primäres Abhängigkeitspotenzial). Bereits bei täglicherAnwendung über wenige Wochen ist die Gefahr einerAbhängigkeitsentwicklung gegeben.“

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leicht, Entzugserscheinungen zu „überwinden“, die bei Unter-brechung der Medikation aufgetreten sind.Wenn nun aber nur die Symptome einer psychischen Störungund nicht deren tatsächliche Ursachen durch Psychophar-maka behandelt werden, besteht die große Gefahr, dass sichbei längerem unreflektierten Konsum dieser Mittel die Befind-lichkeitsstörung verfestigt. Bei diesem Prozess geht oftmalsdie Fähigkeit und Bereitschaft verloren, auch andere ärztlichindizierte Maßnahmen zu akzeptieren. Wie umgekehrt aberauch ein Arzt durch stetige symptombezogene Verschreibungvon Präparaten verhindern kann, dass die wahren Störungsur-sachen aufgedeckt und behandelt werden. Schließlich kannsolch eine ärztliche Verschreibungspraxis einen Menschenkranker machen, als er es zuvor war.Bei der Entstehung von Missbrauch und Abhängigkeit spielensowohl die pharmakologischen Wirkungsprofile bestimmterSubstanzen als auch die Persönlichkeitsstruktur eines Konsu-menten und dessen soziale Umwelt ein entscheidende Rolle.In der Regel möchte ein Patient ein Mittel gegen sein Leidenhaben, um es so schnell wie möglich zu lindern oder zu be-seitigen. Wer aber nicht auch gleichzeitig bereit ist, durch ver-ändertes Verhalten den Ursachen eines Leidens zu begegnen,wird vermutlich beim Medikament bleiben, wenn es ihm wir-kungsvoll „helfen“ kann.Beginnen Psychopharmaka, im Leben eines Menschen einenfesten Platz als Strategie zur Lebensbewältigung einzuneh-men, gehen ihm bis zu einem gewissen Grade Selbstbe-wusstsein und Verantwortung gegenüber sich selbst und an-deren verloren. Im Mittelpunkt seines „selbst verordneten“Handelns stehen dann mehr und mehr das „gute“ Medika-ment und die Frage, wie man es sich beschaffen kann. Undimmer weniger wird es ihm darum gehen, sich produktiv mitProblemen und Belastungen, mit Schmerzen oder Span-nungszuständen auseinander zu setzen.

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Zum FilmbeispielIm „Fall Henning“ zeigt sich ein „ungewöhnliches“ Beispielvon Medikamentenmissbrauch. Henning ist mehr oder min-der durch Zufall auf die „lähmende“ Wirkung von Akinetonaufmerksam geworden. Er verschafft sich offensichtlich da-durch einen „Kick“, dass er mit Hilfe dieses Medikaments„keine Möglichkeit hat, etwas zu tun“. Die Motive und Ursa-chen für seine „Selbstbehandlung“ werden im Film nicht klarerkennbar. Es scheint so, als setzte sich Henning selbst untereinen hohen Leistungsdruck. So kann man nur vermuten,dass es ihn „reizt“, sich von Zeit zu Zeit der Wirklichkeit zu ent-ziehen und zu einer Art Standbild zu erstarren („wie ein Kar-toffelsack“). Dass er sich durch den selbst verordneten Miss-brauch eines therapeutisch zweckmäßigen Medikamentsvielleicht auf Dauer körperlich, seelisch und sozial schädigt,scheint ihm nicht bewusst zu sein.

Das „Fallbeispiel Akineton“

Eine Akineton-Tablette enthält als Wirkstoff 2 mg Biperiden-hydrochlorid, entsprechend 1,8 mg Biperiden.Das Mittel blockiert Nervenbahnen, die für unwillkürlicheBewegungen zuständig sind. Vor allem Muskelsteifigkeitund Zittern werden beeinflusst.Als Nebenwirkungen des Zentralen Nervensystems kön-nen Müdigkeit, Schwindelgefühl, Kopfschmerzen, Angst,Erregungs- oder Verwirrtheitszustände auftreten. Neben-wirkungen des vegetativen Nervensystems sind unter an-derem Mundtrockenheit, Sehstörungen und Verstopfung.

Zusammenfassung

„Arzneimittel für die Seele“ (Psychopharmaka) werden heuteverordnet und genutzt, um psychische Störungen unter-schiedlicher Schwere zu behandeln. Diese Störungen könnenin gelegentlichen „Verstimmungen“ bestehen und bis hin zudepressiven Zuständen reichen. Psychopharmaka gehören zuden am meisten verordneten Arzneimitteln in der Bundes-republik Deutschland. Werden sie missbraucht, so kann dieszum einen daran liegen, dass sich der Konsument an dieangenehmen Wirkungen des Präparats gewöhnt hat unddiese immer wieder „sucht“. Zum anderen versucht er viel-

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3.3 Literatur

Deutsche Hauptstelle gegen die Suchtgefahren (Hg.): Jahr-buch Sucht 1999. Geesthacht 1998

Forth, W./Henschler, D./Rummel, W.: Allgemeine und speziellePharmakologie und Toxikologie. Mannheim/Wien/Zürich 1987(5. Aufl.)

Glaeske, G.: Arzneimittelmissbrauch und Medikamentenab-hängigkeit. In: Präventivmedizin. Springer Loseblattsysteme,September 1998

Hurrelmann, K./Nordlohne, E.: Drogen im Jugendalter. Ergeb-nisse einer Jugendstudie. In: Pädagogik, Heft 12/1989

Hurrelmann, K./Hesse, S.: Drogenkonsum als problematischeForm der Lebensbewältigung. In: Sucht, Heft 4/1990

Pschyrembel, W.: Klinisches Wörterbuch. Berlin/New York 1990(256. Auflage)

Rote Liste Service GmbH: Rote Liste 1999. Aulendorf 1999

SuchtReport.Europäische Fachzeitschrift für Suchtprobleme: Arzneimittelmissbrauch in Deutschland. Zahlen und Faktenhttp://www.suchtreport.de/html/main/konsumStand: Mai 2001

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Arzneimittelmissbrauch und -abhängigkeit gilt vor allem alsein Problem von Frauen und alten Menschen. Doch auchKinder und Jugendliche sind davon betroffen: So sind Müt-ter bereit, ihren Kindern bei mangelnder Konzentrationsfä-higkeit, Zappeligkeit, Kopf-, Magenschmerzen oder Schlaf-schwierigkeiten Arzneimittel zu verabreichen.Auch Jugendliche greifen bei psychosomatischen Be-schwerden (bei Stress-Situationen in der Schule/im Beruf,bei Versagensängsten u.a.) zu Medikamenten:– 40 Prozent der Zwölfjährigen nehmen regelmäßig Kopf-

schmerzmittel ein, bei den Siebzehnjährigen sind es 53Prozent.

– 8 Prozent der Zwölfjährigen greifen zu Beruhigungs-und Schlafmitteln, in der Altersgruppe der Siebzehnjäh-rigen sind es 12 Prozent.

– 6 Prozent der Zwölfjährigen führen sich Anregungs- undAufputschmittel zu, 11 Prozent sind es bei den Sieb-zehnjährigen.

(Zahlen nach Hurrelmann/Nordlohne 1989)

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Kasten 2

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Auf Grund der Montagetechnik des Films werden die vierFallbeispiele im Prinzip „auseinander genommen“. Dies er-schwert es unter Umständen, die Aussagen der einzelnenJugendlichen im Unterricht systematisch zu erschließen. Insolchen Situationen empfiehlt es sich, mit Hilfe einer „ei-genen Montagetechnik“ die Statements der Jugendlichenwieder gezielt „zusammenzusetzen“. Hierfür bieten sichvor allem zwei Möglichkeiten an:

– Bereits vor der Unterrichtsarbeit stellt die Lehrkraft mitHilfe der Überspieltechnik (von Videorekorder zu Kasset-tenrekorder) für die vier „Einzelfälle“ zusammenhän-gende „Tonspuren“ her. Diese Notationen können danneiner Arbeitsgruppe als auditives Quellenmaterial die-nen. Bei entsprechender technischer Ausstattung undim Kontext eines gezielten Arbeitsauftrages kann dieseArbeit auch von Schülergruppen übernommen werden.

– Durch gezielten Vor-/Rücklauf der Videokassette kanneine Arbeitsgruppe in einem bestimmten „Einzelfall“Aussage für Aussage auffinden und sukzessive schrift-lich notieren.

Sämtliche schriftlichen Arbeitsergebnisse sollten auf einerWandzeitung dokumentiert und nach Abschluss der Unter-richtsarbeit Eltern und der Schulöffentlichkeit vorgestellt wer-den. Die Schüler könnten dabei als sachkundige Kommenta-toren fungieren.

4.1 Baustein 1: „Deine Probleme + meine Probleme =unsere Probleme?“

Ziel:Aufmerksam werden auf Risikozonen und Problemfelder imeigenen Leben und bereit sein, sich mit Problemen/Konflik-ten/Risiken nachdenklich auseinander zu setzen.

Leitfragen zum Film:Da dieser Handlungsbaustein vor allem dazu dient, die Ju-gendlichen auf die Nutzung des Films „einzustimmen“, indemsie (indirekt) ihre Selbsterfahrungen zur Sprache bringen kön-

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4. HandlungsbausteineHinweise

Die folgenden drei Handlungsbausteine sind als Orientie-rungs- und Entscheidungshilfen für eine spezielle pädagogi-sche Arbeit mit Jugendlichen gedacht. Jeder Handlungsbau-stein setzt sich mit einem inhaltlichen Schwerpunkt derGesamtthematik auseinander und schlägt Handlungsange-bote vor, wie die Aussagen des Films in einem größerenUnterrichtszusammenhang genutzt werden können. Im Rah-men eines schülerorientierten und damit selbstbestimmtenUnterrichts bedeutet dies auch, dass die Einzelbausteine mo-difiziert und neu kombiniert werden können. Diese Maß angrößerer Flexibilität kann jedoch nur auf der Grundlage einerdifferenzierten Bedingungsfeldanalyse erfolgen, in der die an-thropogenen, gruppenspezifischen und situativen Vorausset-zungen einer Lerngruppe umfassend geklärt sind. Vorab soll-ten auch die Möglichkeiten eines fächerübergreifendenAngebots ernsthaft geprüft werden.

Die Handlungsbausteine sind ganzheitlich konzipiert, d.h., siestellen die Selbst-, Sozial- und Sacherfahrungen, die die Schü-ler(innen) in ihren Lebenswelten machen, in den Mittelpunktunterrichtlichen Handelns.

Die Struktur der Handlungsbausteine ist immer gleich:– In der Überschrift wird das Handlungsangebot thematisch

benannt.– Es folgt eine Aussage zu übergeordneten Zielsetzungen

(Grobzielen) der behandelten Thematik.– Der Bezug zum Film wird durch die Formulierung von Leit-

fragen hergestellt.– Abschließend wird eine Handlungslinie zur unterrichtlichen

Nutzung des Films formuliert.– Die Unterrichtsmaterialien M, die im Rahmen eines Hand-

lungszusammenhangs genutzt werden können, folgen imAnschluss an die Handlungsbausteine. Sie sind durch-nummeriert und als Kopiervorlagen gedacht. Zur intensive-ren Bearbeitung einzelner Themenkomplexe können auchdie „Sachinformationen zum Film“ kopiert und als Informa-tions- und Diskussionsgrundlage genutzt werden.

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Dieses Arbeitsergebnis kann auf Packpapier schriftlich fixiertund als Plakat im Klassenraum veröffentlicht werden.

Nunmehr werden die einzelnen Konflikt- und Problemberei-che konkretisiert, indem die Schüler auf Wortkarten Beispielebenennen und diese den einzelnen Bereichen zuordnen.Das Arbeitsergebnis wird diskutiert und subjektive Erfahrun-gen, die man vielleicht selbst in derartigen Situationengemacht hat, können im Partner-/Gruppengespräch ausge-tauscht werden.Auf Wortkarten schreiben die Jugendlichen assoziativ Gefühleund Empfindungen auf, die sie in schwierigen Lebenssituatio-nen hatten.Diese „Gefühlskarten“ werden von der Lehrkraft eingesammeltund anonym im Plenum „veröffentlicht“.

Beispiel:

In Partnerarbeit tragen die Schüler Gründe zusammen, wes-halb die Auseinandersetzung mit Konflikten oder Problemengelingen/misslingen kann. Ihre Arbeitsergebnisse fixieren sieauf Wortkarten. Diese Wortkarten werden dann so an derWandtafel/Wandleiste angeheftet, dass eine Übersicht ent-steht.

Beispiel:

„Wenn man...

. . . etwas aushalten kann“ . . . gleich wie eine Rakete (Fähigkeit zum Abfangen abgeht“ (mangelnde Fähig-von Leidensdruck) keit zur Selbstkontrolle)

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nen, fehlt zunächst ein unmittelbarer Bezug zum Film. Somitwerden hier auch keine Leitfragen formuliert.

HandlungslinieDas Unterrichtsthema wird vorgestellt, und die Schüler(innen)erhalten die Möglichkeit, sich zum Thema zu äußern undFragen zu stellen. Von der Lehrkraft wird vorgeschlagen, Konflikt- und Problemsi-tuationen im Leben Jugendlicher in Form einer „Klassen-Collage“ zu dokumentieren. Die Schüler(innen) werden auf-gefordert, Ideen zu entwickeln, wie man solch eine Collageherstellen könnte.

Beispiel:– Die Schüler sammeln Zeitungsartikel, Bilder aus Zeitungen

und Zeitschriften, Gedichte, Tondokumentationen, selbstangefertigte Bilder, Poster, Sprichwörter, selbst verfassteTexte, Grafiken, Bildgeschichten usw.

– Auf einer großen Packpapierbahn werden von jedem Ju-gendlichen seine individuellen Collage-Elemente ange-bracht und dabei eventuell zu den Montageteilen andererJugendlicher in Beziehung gesetzt. Die Klassen-Collagewird anschließend im Plenum diskutiert.

– Die Auswertung der Collage erfolgt am besten in Form ei-nes Clusters, in dem die entdeckten Problem-/Konflikt-/Risikobereiche „verallgemeinert“ sind.

Muster:

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„die Erwachsenen“

„Partnerschaft“

„Freunde“

„zu nichts mehr Lust“

„gelitten wie ein Tier“

„totale Lähmung“

„wie gerädert“

„voll in Panik“

„rasende Kopfschmerzen“

„nur noch ein schwarzes Loch“

„Wut, Wut, Wut!!!“

„mein Aussehen“ „der Zustand dieser Welt“

„meine Chancen im Leben“

„Sinn desLebens“

„Eltern“„Schule“

„Berufs-aussichten“

Was uns im Leben zu schaffen macht . . .

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– Die Suche nach den Ursachen ist wichtig. Man muss selbstaktiv werden bei der Bearbeitung dieser negativen Le-benssituationen.

– Das Gefahrenpotenzial dieser Situationen muss realistischeingeschätzt werden.

– Die Palette der Bearbeitungsmöglichkeiten ist groß. Untä-tigkeit ist nicht angesagt.

– Durch die Einnahme von Suchtmitteln werden keine Pro-bleme gelöst.

– Die eigenen Handlungsmöglichkeiten müssen realistischeingeschätzt werden.

– Die eigenen Bearbeitungsstrategien und -kompetenzenmüssen laufend verbessert werden.

– Eine Steigerung der eigenen Handlungskompetenz kanndurch Vergleich mit unterschiedlichen Lösungsmöglichkei-ten erreicht werden.

4.2 Baustein 2: „Spurensuche“

Ziel:Die wechselseitige Beziehung der drei ErfahrungsbereichePersönlichkeit – soziales Umfeld – Mittel/Droge bei der Ent-stehung von Arzneimittelmissbrauch und -abhängigkeit er-kennen.

Leitfragen zum Film:– Welche Ursachen und Motive werden von den Jugend-

lichen, die im Film zu Wort kommen, für ihren Arzneimittel-gebrauch/-missbrauch genannt?

– Welche Rolle spielen in diesem Zusammenhang dieFreunde?

– Welcher Mittel bedienen sich Jugendliche, um ihre Befind-lichkeitsbeeinträchtigungen „positiv“ zu beeinflussen?

– Welche Aussagen der Jugendlichen lassen Einblicke in ihrPersönlichkeitsprofil zu?Sind sie sich der Problematik ihres Handelns bewusst?Ziehen sie Konsequenzen aus dem „nicht angezeigten“Umgang mit den jeweiligen Arzneimitteln?

– Wie hätten sie ihre unterschiedlichen Lebenssituationenauch ohne den Einsatz von Arzneimitteln bewältigen kön-nen?

– Von welcher Seite hätten sie Hilfe erwarten können oderwen hätten sie um Rat bitten können?

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. . . gute Kumpel hat“ (Fähig- . . . andere einfach übersieht“keit zum Aufbau und zur (mangelnde sozialePflege von Partnerschaften) Sensibilität)

. . . etwas von sich selbst hält“ . . . anderen nicht hilft und (Selbstwertgefühl) sich auch nicht helfen

lassen will“ (mangelnde Kooperationsbereitschaft)

. . . gut bei anderen ankommt“ . . . voll auf Stoß geht“(gute Kommunikations- (mangelnde Konflikt-fähigkeit) fähigkeit)

. . . weiß, was man will“ . . . sich blind auf alles ein(Handlungs- und lässt“ (unreflektiertes Entschlussfähigkeit) Risikoverhalten)

Im Plenum werden die Partnerarbeiten diskutiert. In diesemZusammenhang kann verabredet werden, ob und wie mansich gemeinsam in bestimmten Kompetenzbereichen „ver-bessern“ will. Zum Beispiel bietet es sich an, das „Innenlebender eigenen Klasse“ zu thematisieren und dabei vielleicht ein„Kommunikationstraining“ zu beginnen (vgl. auch die Litera-turhinweise in Handlungsbaustein 3).

Um eine sinnvolle Überleitung zum Handlungsbaustein 2 zuschaffen, setzen sich die Schüler(innen) im nächsten Unter-richtsschritt mit der Frage auseinander:„Welche Rolle spielen eurer Meinung nach Drogen als Pro-blemlöser?“Dabei wird zunächst an der Tafel protokolliert, was die Schü-ler(innen) unter „Drogen“ verstehen.Anmerkung: Im Gegensatz zu den illegalen Drogen tauchen„Medikamente“ bezeichnenderweise manchmal nicht in einerBegriffssammlung auf.Nach den freien Äußerungen der Schüler(innen) wird der Ar-beitsbogen M 1 genutzt, um ein Meinungsbild der Klasse zuermitteln. In Kleingruppen werden die einzelnen Statementszunächst diskutiert. Anschließend findet die inhaltliche Aus-einandersetzung im Plenum statt, und die Gesprächsergeb-nisse werden in Form von Thesen dokumentiert.

Beispiele:– Konflikt- und Problemsituationen gehören zum Leben.– Problem ist nicht gleich Problem.

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Hierzu werden vier Arbeitsgruppen gebildet:Jede Schülergruppe erhält entweder– eine Kassette mit der Tonspur ihres im Film dargestellten

„Falles“ oder– stellt selbst eine derartige Tonspur her.

Alternative: Durch gezielten Vor-/Rücklauf der Videokassettewerden die Fallaussagen „aufgespürt“ und transkribiert (vgl.dazu auch den Kasten unter 4. Hinweise).

Über einen Kassettenrekorder ist somit ein wiederholtes Ab-hören von Selbstaussagen der Jugendlichen möglich. Damitist eine gute Voraussetzung geschaffen, um die unterschied-lichen Ursachen und Gründe für den Medikamentenge-brauch/-missbrauch der Jugendlichen herauszuarbeiten undzu vergleichen. Hierzu kann der vorstrukturierte ArbeitsbogenM 2 genutzt werden.

Beispiele für Gruppenarbeitsergebnisse:

Fallbeispiel A: Raphael (19 Jahre)

1. R. hatte Probleme mit seinen Eltern. Von ihnen hat eroffensichtlich wenig für sein Leben „mitbekommen“. Aus-sagen der Eltern:

„Aus dir wird nie etwas!“„Du packst es ja nicht einmal, den Mülleimer runterzu-bringen!“„Du hängst immer nur in der Gegend rum!“„Du kriegst dein Leben nie auf die Reihe!“„Was soll aus dir bloß werden?“

Die Schule interessiert ihn nicht mehr. Wollte lieber Musikhören, kam in ein Heim (Scheiß‘ drauf, ich muss jetzt raus!).Nach Problemen mit den Erziehern ging er darauf in einebetreute WG.

2. R. war voll gestresst, gereizt, unzufrieden; hatte es satt, sichewig rechtfertigen zu müssen; wollte seine Ruhe haben.Irgendwann war ihm das zu viel!

3. Von einem Freund, mit dem er gekifft hat, bekommt er„grüne Valiumpillen“ angeboten:

„Du wirst dann voll ruhig!“

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– Lässt sich eine Prognose über die Zukunftsaussichten derJugendlichen abgeben?

HandlungslinieUm die Rolle von Suchtmitteln bei der Bearbeitung schwieri-ger Lebenssituationen genauer zu untersuchen, wird der Filmmit dem Titel „Wie in Watte gepackt . . . Pillen als Problemlöser?“angekündigt. Im Unterrichtsgespräch werden Vermutungenüber den Inhalt des Films geäußert und Überlegungen dar-über angestellt, wie man selbst einen Film zu dieser Thematikkonzipieren würde. Die Ideen der Schüler(innen) werden ander Tafel protokolliert.

Der Film wird den Schülern in ganzer Länge vorgeführt. Imauswertenden Unterrichtsgespräch werden Konzept und In-halt des Films mit den eigenen Überlegungen verglichen.

Alternative: Die Eingangsmontage wird vorgeführt, und dieSchüler(innen) werden informiert, dass „Colette und Jennifer“,„Henning“ und „Raphael“ immer wieder im Film „auftauchen“werden, um über ihre Erfahrungen mit Medikamenten zusprechen. Ihre Namen werden an die Tafel geschrieben. Mitdem Hinweis, dass „Helena und Sabrina“ erst später im Filmvorgestellt werden, wird die Namensliste vervollständigt. DieSchüler(innen) werden nun aufgefordert, sich während derFilmvorführung die Statements der Jugendlichen auf Wortkar-ten zu notieren, die sie besonders „beeindruckt“ haben. DieseWortkarten werden dann nach dem Anschauen des Films denjeweiligen Personen zugeordnet und an die Tafel geheftet.Auf diese Weise entstehen erste „Steckbriefe“ der Jugend-lichen.

Beispiel:Colette/Jennifer: „Koffi war voll in Mode.“Henning: „Man hat keine Möglichkeit, etwas zu tun!“Raphael: „Aus dir wird nie etwas!“Helena/Sabrina: „Ich könnte dann vor Schmerzen weinen. . .“

Nach den freien Äußerungen der Schüler(innen) zum Film wirdvorgeschlagen, sich mit den vier Fallbeispielen zum miss-bräuchlichen Umgang mit Arzneimitteln kritisch auseinanderzu setzen.

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Kartoffelsack, mit ihm ist dann nichts mehr anzufangen, erwirkt wie gefesselt, sein Bewegungsdrang ist lahm gelegt!“

6. Die Vorstellung einfach aufzuhören ist zwar reizvoll, würdeaber den Verlust eines Rettungsankers bedeuten. Hilfsan-gebote des Freundes werden abgeblockt.

Fallbeispiel C: Colette (19 Jahre) und Jennifer (21 Jahre)

1. Vor dem Weggehen in die Disco „erst mal ‘ne „Koffi“. Cool-Sein in Schule und Freizeit war „in“. „Koffis“ waren „voll“ inMode (20 Stück kosten in der Apotheke ca. 5,– DM).

2. C. hatte das Mittel von einer Freundin angeboten bekom-men. Aus Neugierde wollte es J. auch testen. Die Mädchenwollten durch Einnahme des Aufputschmittels fit sein, um„gut drauf“ zu sein, um das Durchhaltevermögen zu stei-gern, um Spaß zu haben etc.

3. Einnahme des Aufputschmittels „Coffeinum“.

4. Ermüdungszustände werden reduziert.Off-Stimme:

„Pillen sind preiswert – einfach etwas Chemie für dieSeele. Pillen sind eine einfache Möglichkeit, scheinbarUnerträgliches erträglicher zu machen. Pillen als Pro-blemlöser. Tabletten gehören zum Alltag.”

5. Keine

6. Irgendwann wurde die Einnahme der Pillen langweilig:„Den Kick hatten wir, war erledigt!“

Fallbeispiel D: Helena und Sabrina (beide 15 Jahre)

1. Beide Mädchen leiden unter Schulstress.Meinung der Lehrerin hierzu:

„Heutige Jugendliche können sich schwer über ei-nen längeren Zeitraum konzentrieren, verfügen übereine niedrige Frustrationsschwelle, haben wenigeTechniken zur Bewältigung von Anforderungssitua-tionen gelernt, können häufig nichts mit der eigenen

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„Legst dich so hin und alles wird gut!“

4. Nach der Einnahme fühlte er sich ruhig, relaxed und zufrie-dener. Er kann den bedrohlichen Gedanken und innerenStimmen zunächst entfliehen. Er will einfach nur wegtau-chen, um die Wirklichkeit erträglicher zu machen. Er hateinfach zugemacht, eine Fassade aufgebaut. R. hat sichüber die kurz- und langfristigen Nebenwirkungen desMittels keine Gedanken gemacht.

5. R. ist kaum noch ansprechbar, hat nur noch wenige Kon-takte zu seinen Freunden, hat Artikulationsschwierigkeiten.

6. R. denkt über die Fragwürdigkeit seines Handelns nach undentschließt sich mit seinem Freund, mit dem Einnehmendes Beruhigungsmittels aufzuhören:

„Wir hatten es einfach satt!“„Wir packen es an!“

Fallbeispiel B: Henning (24 Jahre)

1. H. hat eine Tischlerlehre gemacht, zwei Bands gegründet,ist ein Vollmusiker, ein Energiebündel und ein guter Orga-nisator. Immer, wenn ihm die Probleme mit der Band überden Kopf zu wachsen drohen, wenn er gestresst ist, greifter auf ein Mittel zurück, das er gegen Ende der Schulzeitvon einem Freund, der seinen Zivildienst an einer Uniklinikabgeleistet hat, angeboten bekam und das „eine lustigeWirkung“ haben sollte.

2. H. ist gereizt, kann den Anforderungen nicht mehr gerechtwerden.

3. H. greift auf das Antiparkinsonmittel „Akineton“ zurück. Erbraucht dann nichts mehr zu organisieren!

4. Sein Tatendrang ist lahm gelegt. „Man ist einfach gefesselt;dann ist das Thema durch, dann bin ich auch ruhig!“

5. Ein Freund schildert seinen Zustand so:„Etwa eine halbe Stunde nach Einnahme des Mittels gleiteter in einen Zustand völliger Bewegungslosigkeit hinein,sitzt nur da. Sein Körper ist völlig gelähmt, sieht aus wie ein

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– Welche Erfahrungen haben wir im Umgang mit ähnlichenSituationen?

Fallbeispiel C:– Wie gehen die Jugendlichen gegenwärtig mit Ermüdungs-

zuständen um?– Ist ein Umstieg bei den beiden auf andere Aufputschmittel

denkbar?– Wie reagieren wir auf die Signale des Körpers bei Erschöp-

fungs- bzw. Ermüdungserscheinungen?– Welche Einstellung haben wir gegenüber der Einnahme

von Ecstasy?

Fallbeispiel D:– Welche Einstellung habe ich gegenüber dem progressiven

Muskelentspannungstraining nach Jacobson?– Kenne ich andere Entspannungsübungen?– Was unternehme ich gegenüber Schulstress?– Was machen meine Mitschüler in derartigen Situationen?

Die schriftlichen Arbeitsergebnisse werden mit Hilfe einerWandzeitung dokumentiert, so dass am Schluss der Ausein-andersetzung mit der Thematik ein vollständiges Protokoll derbearbeiteten Problembereiche entsteht.

Im auswertenden Unterrichtsgespräch wird festgehalten, dasszum Missbrauch psychoaktiver Arzneimittel unterschiedlicheUrsachen und Motive, das jeweilige spezifische Wirkungspro-fil des Mittels sowie die Persönlichkeitsstruktur des Missbrau-chers beitragen können. Diese drei Faktoren beeinflussen sichgegenseitig. Konkret gehören dazu:– Erfahrungen oder belastende Situationen aus der unmittel-

baren Lebens- und Erfahrungswelt einer Person,– von Person zu Person unterschiedlich ausgeprägte Pro-

blembearbeitungs-/-bewältigungsstrategien sowie die– Selbstbehandlung mit psychoaktiven Arzneimitteln, um

Missbefindlichkeiten zu beseitigen und Wohlbefinden zuerzeugen.

Diese Modellvorstellung kann mit Hilfe des Ursachen-Dreiecks an einem der Fallbeispiele veranschaulicht unddiskutiert werden (vgl. Beispiel):

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Zeit anfangen. Folgen sind eine schnelle Erhöhungdes Frusts, und der Teufelskreis beginnt.“

2. Helena: Kopfschmerzen beginnen mit einem „Dämmern“im Kopf, steigen an; Augenschmerzen, Schmerzen sindteilweise so stark, dass sie sich ins Bett legen muss. Teil-weise heftiges Weinen.

Sabrina: Beschwerdebild hat in der 5. Klasse angefangen.Sie nimmt 3 x pro Monat 1–2 Tabletten heimlich ein, Ta-bletten sind immer in Griffnähe.

3. Die Mädchen nehmen das Schmerzmittel „Aspirin“ ein.

4. Schmerzlösend, spannungsverringernd.

5. Der Druck im Kopf ist weg.

6. Sabrina beginnt ein Muskelentspannungstraining nachJacobson. Ziel der Übungen ist, sich durch Spannungs- undEntspannungsübungen auf Dauer entspannen zu können.Erkenntnis: Es geht auch ohne Pillen!

Jede Arbeitsgruppe stellt ihre Arbeitsergebnisse im Plenum vorund zur Diskussion. In diesem Zusammenhang ergeben sichzu den vier Fallbeispielen eine Reihe von Fragen, die von denSchülern bearbeitet werden:

Beispiele:

Fallbeispiel A:– Wie geht R. gegenwärtig mit seiner Lebenssituation um?– Was hat er aus dieser Lebensepisode gelernt?– Über welche psychosozialen Kompetenzen müsste er ver-

fügen, um ohne „die Sonnenbrille für die Seele“ sein Lebenin den Griff zu bekommen?

Fallbeispiel B:– Schätzt H. den Umgang mit dem Arzneimittel realistisch

ein?– Warum lässt er sich von seinem Freund nicht helfen?– Welche Gefahren bestehen körperlich und seelisch lang-

fristig für H.?– Wie könnte seine Zukunftsperspektive aussehen?

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– Wird das Gefahrenpotenzial dieser Mittel realistisch einge-schätzt?

– Wie haben (bis auf Henning) die Jugendlichen ihr Miss-brauchsverhalten gelöst?

– Warum glaubt Henning, sein Missbrauchsverhalten im Griffzu haben?

– Sind Symptome der seelischen oder körperlichen Abhän-gigkeit von diesen Mitteln bei den Jugendlichen zu erken-nen?

– Erkennen die Jugendlichen ihren unreflektierten und dis-tanzlosen Umgang mit diesen Mitteln?

– Welche funktionalen Alternativen bieten sich für die Bear-beitung ähnlicher Befindlichkeitsbeeinflussungen an?

– Wie kann man derartige Kompetenzen erwerben?

HandlungslinieDer Handlungsbaustein wird mit der Diskussion der Frage er-öffnet: „Was ist Schmerz?“Dazu kann zunächst folgendes Zitat von Christian Morgen-stern besprochen werden:„Das ist meine allerschlimmste Erfahrung: Der Schmerz machtdie meisten Menschen nicht groß, sondern klein!“ (vgl.Arbeitsbogen M 3)Danach kommen die Schüler(innen) in Kleingruppen zusam-men und setzen sich mit den fünf Leitfragen von Arbeits-bogen M 3 auseinander:1. Was versteht jeder von euch unter „Schmerz“?2. Welche Arten von Schmerz könnt ihr unterscheiden?3. Welche Ursachen können Schmerzen haben?4. Haben Schmerzen auch eine gute Seite?5. Wie geht ihr mit Schmerzen um?Arbeitsaufgabe: Formuliert eure Antworten in Form von The-sen!

Die Gruppen stellen ihre Thesen im Plenum vor. Auf Grund derDiskussion werden sie verallgemeinert und auf einem Plakatveröffentlicht.

Beispiele:1. Schmerz ist nicht gleich Schmerz. Jeder empfindet Schmer-

zen auf seine Weise!2. Es gibt verschiedene Formen von Schmerz:

– Schmerzen, die kurz und heftig sind und Schmerzen, dieregelmäßig „da“ sind.

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„voll gestresst“gereizt, unzufrieden, überfordert, unglücklich

„Raphael“

„seine Umwelt“ „sein Mittel“

Konflikte mit den Eltern Tranquilizer „Valium“Probleme in der Schule beruhigt und lässt dieLeben in Heim und WG „inneren Stimmen“Einfluss der Clique schweigen

Abschließend können die Schüler(innen) vereinbaren, sich in-tensiv mit den pharmakologischen Wirkungsprofilen sowiedem Missbrauchs- und Abhängigkeitspotenzial der in den vierFallbeispielen verwendeten Arzneimittel zu beschäftigen.Für diesen Fall kann die Unterrichtsarbeit im Sinne des Hand-lungsbausteins 3 fortgesetzt werden.

4.3 Handlungsbaustein 3: „Zu Risiken und Nebenwirkungen . . .“

Ziele:Auseinandersetzung mit dem Schmerzbegriff.Erarbeiten von Kenntnissen über pharmakologische Wir-kungseigenschaften der im Film missbräuchlich angewende-ten Arzneimittel.Bereit sein, funktionelle Alternativen für die Auseinander-setzung mit belastenden Lebenssituationen zu suchen undzu nutzen.

Leitfragen zum Film:– Welche Rolle spielen die Arzneimittel „Valium“, „Akineton“,

„Coffeinum“ und „Aspirin“ beim Umgang mit problemati-schen Lebenssituationen der Jugendlichen?

– Über welche Wirkungseigenschaften verfügen diese Arz-neimittel?

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Exemplarisch wird zunächst der Beipackzettel für das Schmerz-mittel „Aspirin“ (Acetylsalicylsäure) ausgewertet. Dabei wirdgemeinsam die Auswertungmethode entwickelt (vgl. auch Ar-beitsbogen M 4).

Beispiel:– Markieren unbekannter Fachbegriffe– Klären der Fachbegriffe durch Nachschlagen in Fachbü-

chern/Befragen von Experten– Auflisten der Wirkungseigenschaften– Einschätzen des Abhängigkeitspotenzials

Nach Klärung der unbekannten Fachbegriffe bearbeiten dieSchüler in Gruppen die auf dem/den jeweiligen Beipackzet-tel(n) dokumentierten Gebrauchsinformationen. Dabei wirdder Arbeitsbogen M 4 als Auswertungshilfe genutzt.Es empfiehlt sich in diesem Zusammenhang, gezielt Befra-gungen von Ärzten oder Apothekern durchführen zu lassen,zumal bekannt ist, dass für Jugendliche die Aussagen dieserExperten hohe Glaubwürdigkeit besitzen.

Nachdem die Schüler(innen) sich in Gruppenarbeit durch ar-beitsgleiche/arbeitsteilige Analyse des/der Beipackzettel(s) –einschließlich der Arzt- bzw. Apothekerbefragung – Sach-kenntnisse erarbeitet haben, informieren sie sich gegenseitigüber die Ergebnisse. Hierbei wird dem Sinn nach herausgear-beitet, dass diese Arzneimittel– zur Behandlung bestimmter Krankheitsbilder medizinisch

indiziert sind,– spezifische Effekte bei akuter Verabreichung in therapeuti-

scher Dosierung auslösen können,– über ein erhöhtes Missbrauchs- und Abhängigkeitspoten-

zial verfügen,– nicht selten missbraucht werden, um sich kurzfristig Wohl-

gefühl zu verschaffen,– bei Über- bzw. Unterdosierung im Zusammenhang mit

spezifischen Formen von Arzneimittelabhängigkeit teil-weise lebensbedrohliche Wirkungen haben und fast im-mer zu einer Verstärkung des Beschwerdebildes führenkönnen, gegen das man sie ursprünglich selbst medizierthat,

– wenn überhaupt, nur kurzfristig eingenommen werdendürfen und

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– Körperliche Schmerzen und seelische Schmerzen. BeideFormen hängen manchmal eng zusammen.

3. Schmerz kann viele Ursachen haben: körperliche und see-lische Gewalt, Unfälle, Verletzungen, Krankheiten . . .

4. Schmerzen sind „nicht gut“, weil sie meist ein Anzeichenfür Krankheit sind. Sie sind aber sehr wichtig für den Schutzdes Körpers vor schädlichen Einflüssen.

5. Es kommt immer auf den Schmerz und seine Ursache an:Bei „leichten Fällen“ kann man sich oft selbst behandeln. Inallen „schweren und Zweifelsfällen“ sollte man sich immerärztlich untersuchen und behandeln lassen.

Der Film „Wie in Watte gepackt . . . Pillen als Problemlöser?“ wird(wiederholt) gezeigt und unter folgender Leitfrage bespro-chen: „Welche ,Schmerzen’ hatten die jungen Leute im Filmund wie gingen sie mit den Schmerzen um?“. Auf Grund derAussprache über den Film wird Folgendes festgehalten:– Raphael ist unglücklich und hat Kummer (seelischer

Schmerz). Er nimmt „Valium“.– Henning steht/setzt sich unter Druck (seelischer Schmerz?)

Er nimmt „Akineton“.– Colette und Jennifer haben keine Schmerzen, wollen aber

„gut drauf“ sein. Sie nehmen Koffeintabletten.– Sabrina und Helena haben Kopfschmerzen. Sie nehmen

„Aspirin“

Die Schüler(innen) werden angeregt, sich durch die Untersu-chung von Arzneimittel-Beipackzetteln gezielt Informationenüber die medizinisch-pharmakologischen Wirkungseigen-schaften der im Film genannten psychotropen Arzneimittel zuverschaffen. Dazu wird den Schüler(innen) eine ausreichendeAnzahl von (kopierten) Beipackzetteln zur Verfügung gestellt.

Anmerkung: In der Regel sind Apotheken bereit, die entspre-chenden Beipackzettel zur Verfügung zu stellen. Sollte esnicht möglich sein, die benötigten Gebrauchsinformationenzu beschaffen, wird am besten das „Fallbeispiel Acetylsalicyl-säure (Aspirin)“ zum Untersuchungsgegenstand gemacht.Dieses Medikament findet sich neben anderen Schmerzmit-teln fast in jeder „Hausapotheke“, sodass Beipackzettel fürdiese Art von Psychopharmaka problemlos zu beschaffensind.

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ängstliche oder depressive Stimmungslagen bzw. Überfor-derungssymptome notiert.

– Diese individuellen unterschiedlichen Erfahrungen werdendann mit einer Person des Vertrauens besprochen. Dabeikönnen die Schüler(innen) klären, ob und wie negativerStress die eigene Handlungs- und Argumentationsfähigkeitlähmt und Energien raubt.

In Gruppenarbeit tragen die Schüler unterschiedliche Strate-gien zum Umgang mit Stress-Situationen zusammen. Die Ar-beitsergebnisse werden auf Wortkarten notiert und im Plenumhinsichtlich ihrer Wirksamkeit reflektiert. Abschließend stellendie Schüler dem Sinne nach fest:– Stress (positiver wie negativer) gehört zum Leben und kann

eine massive Beeinträchtigung der eigenen Befindlichkeitund Handlungsmöglichkeiten mit sich bringen. Es ist sinn-voll, das eigene Reaktions- und Handlungsrepertoire indiesem Bereich permanent zu verbessern und zu erwei-tern.

Danach setzen sich die Schüler mit der Frage auseinander:„Was kann man bei Stress tun?“Alternative Fragestellung:„Wie könnte man den jungen Leuten, die wir im Film kennengelernt haben, bei der Bearbeitung ihrer stressauslösendenLebenssituationen helfen?

Die Schüler(innen) finden sich dazu in (drei) Gruppen zusam-men, die im Sinne der Frage arbeitsteilig/arbeitsgleich Vor-schläge entwickeln. Die gefundenen Lösungsbeispiele wer-den auf DIN-A3-Blättern notiert, im Plenum diskutiert undunter dem Titel „Was man bei Stress tun kann“ als Wand-zeitung veröffentlicht.

Beispiele:– Gespräche mit den Eltern,– Beratungsgespräche mit Personen des Vertrauens,– Informationsgespräche mit dem Arzt und/oder Apotheker,– Besuch von Übungsseminaren zum autogenen Training

und Anwenden volksmedizinischer Alternativen,– Erwerb rationaler Konflikt- und Problembearbeitungsstrate-

gien durch Lösen von „Fallbeispielen“/konkreten „Schul-konflikten/-problemen“ (wie sie beispielsweise in Bau-stein 1 benannt wurden),

– Gespräch mit Drogenkontaktlehrern,– Aufsuchen einer Drogenberatungsstelle,

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– häufig nur kurze Zeit „helfen“ und die Ursachen der„Schmerzen“, der Probleme, Konflikte oder Belastungennicht beseitigen.

In diesem Zusammenhang könnten die in Kasten 1 und 2aufgelisteten Zahlen und Fakten (vgl. Kapitel 3 „Sachinforma-tionen zum Film“) diskutiert werden, die die gegenwärtige epi-demiologische Relevanz dieses Problemfeldes skizzieren.Beide „Kästen“ könnten zu diesem Zweck kopiert und für dieSchüler(innen) zu einem Informationsblatt zusammengestelltwerden. Dabei bietet sich auch die Internet-Recherche an.Außerdem könnte untersucht und diskutiert werden, welcheRolle Eltern, Ärzte und Apotheker spielen, wenn es um denbestimmungsgemäßen Umgang mit Medikamenten geht.

Die Schüler(innen) veröffentlichen am besten ihre Arbeitser-gebnisse in Form einer Wandzeitung. Dabei sollten sie deut-lich machen, dass es viele Möglichkeiten gibt, Stress, Frust,Ärger, Ängste, Traurigsein, Depressionen, Kummer sowie an-dere Belastungssituationen zu bewältigen.

Fazit:„Pillen sind keine Problemlöser. Sie scheinen zu helfen, abersie beseitigen nicht die Probleme und deren Ursachen! Wersie ,missbraucht’, kann neue Probleme bekommen.“

Die Auseinandersetzung mit stressauslösenden Lebenssitua-tionen spielt in drei Fallbeispielen des Films eine Rolle: Fall A: Stress mit den Eltern und dem sozialen UmfeldFall B: Stress durch ÜberforderungFall D: Schulstress durch erhöhte LeistungsanforderungenBei der Diskussion der Fallbeispiele konnten die Schüler(in-nen) herausarbeiten, wie problematisch der Gebrauch vonPsychopharmaka für die Bewältigung von Belastungssituatio-nen ist.In einem Vorhaben zum Thema: „Besser drauf ohne Pillen! –Entsorge deinen Stress!“ können sich die Schüler(innen) nunKlarheit über den eigenen Umgang mit stressauslösenden Si-tuationen verschaffen. Leitfragen dazu:„Was macht mir ,Druck’? Wie reagiere ich darauf?“– Zunächst benennt jeder Jugendliche für sich die wichtigs-

ten „Stressauslöser“ und ordnet diese nach dem Grad derIntensität für sich ein. Auf einer Wortkarte werden die je-weiligen psychosomatischen Beeinträchtigungen wie

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– Erfahrungen des eigenen Körpers, der Reaktionenauf Gefühle, Wahrnehmung von körperlichen Berüh-rungsängstenusw.

Niedersächsisches Landesinstitut für Lehrerbildung, Lehrerwei-terbildung und Unterrichtsforschung (Hg.):

Hilfen für die schulische Erziehung im Bereich Suchtprä-vention für den Primarbereich (1.–4. Kl.), Sekundarbereich I(5.–6. Kl.), Sekundarbereich I (7.–10. Kl.) und Sekundarbe-reich II.Hildesheim 1990.

Angebote zu unterschiedlichen Projektbereichen, z. B.Projektbereich I (Voraussetzungen und Fähigkeiten zur selbstbestimmten, suchtfreien Lebensgestaltung)– Freude und Trauer als Bestandteile des Lebens sehen– Die eigenen Wahrnehmungs-/Empfindungs- und Aus-

drucksmöglichkeiten entfalten– Das Zusammenleben mit anderen gemeinsam gestalten– Träume und realitätstüchtige Lebensgestaltung– An später denken – Zukunftsplanung– Streiten – Interessengegensätze austragen– Enttäuscht sein und mit Enttäuschungen fertig werden– Herausforderungen und Probleme erkennen und kon-

struktiv bewältigen– Lebenssicherheit und Lebensrisiko usw.

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Hg.):Ecstasy.Unterrichtsmaterialien für die Klassen 8–13.Köln 1998.

Die Problematik des Aufputschmittels Ecstasy wird in die-sem Unterrichtswerk herausgearbeitet und durch ein um-fangreiches Materialangebot medial vervollständigt. DiesesAngebot eignet sich in besonderer Weise zur Intensivie-rung des im Fallbeispiel C angesprochenen Problembe-reichs.

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– Problembewusster, d.h. indikationsgemäßer Umgang mitpsychotrop wirksamen Arzneimitteln,

– u. a.

Lesehinweise:Zu den hier zum Schluss angesprochenen Aspekten existierenzahlreiche Unterrichtsmaterialien, die sich sinnvoll in dieUnterrichts- und Arbeitszusammenhänge integrieren lassen:

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Hg.):Sucht- und Drogenprävention.Materialien für das 5.–10. Schuljahr. Stuttgart 1998.

Themenbereiche: 7.–10. Schuljahr1. Umgang mit Einsamkeit und Alleinsein2. Möglichkeiten von Kontaktaufnahme3. Vorteile und Risiken der Zugehörigkeit zu einer Gruppe4. Problemsituationen in Lebensläufen5. Umgang mit sich selbst6. Aufbau und Pflege von Partnerschaften7. Lebenswünsche

Landesinstitut für Schule und Weiterbildung (Hg.):Materialien und Medien zur Sucht- und Drogenvorbeugung.Soest 1988.

1. Entwicklung der Persönlichkeit u. a.:– Bewusstmachen von Gruppendruck– Widerstehen und „Nein-Sagen“ lernen– Bewusstmachen der Interaktionen in einer Gruppe– Unsicherheit, Angst, Frustration, Misserfolg, Ableh-

nung aushalten können– Möglichkeiten der Entscheidungsfindung, der Ver-

besserung der Kommunikations- und Problemlö-sungsfähigkeit

– Verbesserung der Ich-Kompetenz

2. Umgang mit sich selbst– Förderung von Wahrnehmung und Selbstvertrauen– Kennenlernen unterschiedlicher Normen und ihrer

Bedeutung für das Verhalten– Bewusstmachen persönlicher Werterhaltung

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5. Materialien

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Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Hg.):Unterrichtswerk zu Drogenproblemen. Materialien für die Klassen 5 – 10.Stuttgart 1980.

Hier insbesondere das Kapitel:„Arzneimittelmissbrauch“

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M 2

Fragen zu den „Fallbeispielen“Markiere bitte, mit welcher/welchen Person(en) du dich be-schäftigst!

Colette/Jennifer Helena/Sabrina Raphael Henning

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M 1

Eine Alltagsweisheit: „Man hat es nicht leicht im Leben!“Manche Leute können im Leben gut mit ihren Schwierigkeitenfertig werden. Und das sind sehr viele Leute!Manche Leute haben dabei aber so ihre Probleme und su-chen dann manchmal nach Hilfsmitteln, die ihnen ihreschwierige Lage erleichtern.Manchmal kommen dabei Suchtmittel ins Spiel!

Hier findest du dazu mehrere Aussagen von Jugendlichen. Siebeschreiben dabei Situationen, bei denen sie sich vorstellenkönnten, selbst zu Suchtmitteln zu greifen:

. . . wenn mich meine Familie oder meine Freunde fertigmachen würden!

. . . wenn ich Freunde hätte, mit denen meine Eltern nichtzufrieden wären!

. . . wenn meine Eltern sterben würden!

. . . wenn ich keine Freunde hätte und ich von allen gehasstwerden würde, dann würde ich in eine solche Cliquereingehen, wo es Drogen gibt!

. . . wenn ich noch bei meinen drogenabhängigen Eltern le-ben müsste!

. . . wenn man die falschen Freunde hätte, könnte manschnell verleitet werden!

. . . wenn ich nur noch Streit mit Freunden hätte!

. . . wenn ich mich gegenüber meinen Eltern nicht wehrenkönnte und alles in mich hineinfressen müsste!

. . . wenn ich „down“ bin, mich selber fertig mache, mit mirunzufrieden wäre und ich noch dazu allein wäre!

. . . wenn mich Freunde verleiten würden!

. . . wenn ich neugierig darauf wäre!

. . . wenn ich Langeweile hätte!

. . . wenn ich Stress mit meinen Eltern hätte!

Quelle: Sucht- und Drogenprävention. Materialien für das 5.–10. Schuljahr.Herausgegeben von der Bundeszentrale für gesundheit-liche Aufklärung. Köln 1998, S. 84

Was meinst du zu diesen Aussagen?Sprich mit anderen darüber!

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1. Was belastet sie/ihn in ihrem/seinem Leben?

4. Welche Eigenschaften/Wirkungen hat das Mittel?

2. Wie zeigen sich die Belastungen körperlich und seelischbei ihr/ihm?

3. Welches (Arznei-)Mittel wird von ihr/ihm „gebraucht“?Name des Mittels:

5. Welche körperlichen und seelischen Folgen hat derMissbrauch des Mittels?

6. Welche „Lehre“ hat sie/er aus dem Missbrauch desMittels gezogen?

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M 4

„Zu Risiken und Neben-wirkungen. . .“Wer etwas über ein Arzneimittel wissen will, findet dazu injeder Arzneimittelpackung eine schriftliche „Gebrauchsinfor-mation“: den Beipackzettel.Er gibt zum Beispiel – Auskunft über die Wirkstoffe des Medikaments,– informiert darüber, für welche Erkrankung das Medikament

bestimmt ist und– wann es nicht angewendet werden darf,– beschreibt, welche Nebenwirkungen sich einstellen kön-

nen oder– wovor besonders zu warnen ist. Solch ein „Beipackzettel“ ist als erste Information sehr nützlich,kann jedoch nie Antworten auf alle Fragen eines Patientengeben. Die sind immer wieder dem Arzt oder Apotheker zustellen, wie zum Beispiel diese:– Welche Ursache hat eine Krankheit, wie lange dauert sie?– Genügen vielleicht auch „Hausmittel“ für die Behandlung?– Gibt es andere Möglichkeiten, die Erkrankung zu behan-

deln?– Wie lange muss das Medikament genutzt werden?– Ist es gefährlich, gleichzeitig andere Medikamente einzu-

nehmen?– Was kann passieren, wenn man das Medikament sehr

lange einnimmt oder plötzlich damit aufhört?

In dem Film „Wie in Watte gepackt . . .Pillen als Problemlöser?“„behandelten sich“ junge Frauen und Männer aus verschie-denen Gründen selbst mit unterschiedlichen Medikamenten.Dabei schienen sie nicht zu bedenken, welche „Nebenwir-kungen“ diese Medikamente für sie haben könnten:– Raphael nahm ein Beruhigungsmittel („Valium),– Henning nahm und nimmt im Film immer noch ein Mittel

gegen Schüttellähmung ein („Akineton“),– Colette und Jennifer putschten sich mit Koffeintabletten auf

(„Coffeinum“) und– Helena und Sabrina brauchten regelmäßig Kopfschmerz-

tabletten („Aspirin“).

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M 3

„Schmerz, lass nach. . . “

Jeder weiß, was Schmerzen sind!Doch wenn man jemandem „eigene Schmerzen“ so be-schreiben will, dass er sie „verstehen“ kann, stellt man manch-mal Folgendes fest:Es fällt einem selbst nicht leicht, die richtigen Worte für diesenSchmerz zu finden. Ist er nun stechend, bohrend, ziehend,dumpf oder pochend. . . ?Und der Gesprächspartner zeigt zwar Verständnis für einen,kann aber oftmals gar nicht „begreifen“, dass man wegen die-ser Schmerzen „solch ein Gewese macht“.

Wie werden Schmerzen von Menschen empfunden, wie wer-den sie von ihnen „verarbeitet“?Dazu hat der Dichter Christian Morgenstern folgende Lebens-weisheit formuliert:

„Das ist meine allerschlimmste Erfahrung: Der Schmerz macht die meisten Menschen nicht groß,sondern klein!“

Was meint Morgenstern mit: „groß“ und „klein“ machen?

Diskutiert diese Lebenserfahrung von Christian Morgenstern.Versucht dabei auch folgende Fragen zu klären:

1. Was versteht jeder von euch unter „Schmerz“?

2. Welche Arten von Schmerz könnt ihr unterscheiden?

3. Welche Ursachen können Schmerzen haben?

4. Haben Schmerzen auch eine gute Seite?

5. Wie geht ihr mit Schmerzen um?

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6. Medien zur Sucht- undDrogenprävention (Auswahl)

In der folgenden Übersicht sind Medien der Bundeszentralefür gesundheitliche Aufklärung zusammengestellt worden, dieüber das Bildstellenwesen der Bundesrepublik entliehen wer-den können.Bei den mit einem * bezeichneten Medien handelt es sich umProduktionen des Instituts für Film und Bild in Wissenschaftund Unterricht (FWU), die unter den angegebenen Signaturenebenfalls über das Bildstellenwesen entliehen werden kön-nen.

Ein vollständiges Filmverzeichnis der BZgA kann unter folgen-der Bestell-Nummer angefordert werden: 99 000 000.

Videokassetten (VHS)1. Dokumentationen/Features/Reportagen

Moskito-Drogen (41 Min.)Was führt zum Gebrauch von Drogen? Welche Auswegeaus der Drogenabhängigkeit gibt es? Welche Rolle spielenbeim Einstieg in die Droge Familie, Freunde, Schule? Diesenund anderen Fragen geht der Film in Form von Sketchen,Interviews mit Betroffenen, Musikclips und Zeichentrick-filmen nach.

1. Trocken/2. Clean is cool (je 30 Min.)Die Kassette bietet zwei Feature-Produktionen zur Sucht-und Drogenprävention an. Im Mittelpunkt des Films „Tro-cken“ stehen die Porträts zweier junger Männer, die„Alkoholikerkarrieren“ hinter sich haben. Der Film „Clean is cool“ dokumentiert Ziele und Verfahrendes Drogenpräventionsprogramms „teenex“ (Teenager-Erfahrung).

Ecstasy – Medienpaket zur SuchtpräventionDas Medienpaket besteht aus: Unterrichtsmaterialien fürdie Klassen 8–13, der Broschüre „Ecstasy“ sowie dem Fea-ture-Film: „XTC – und der andere Kick“ (20 Min.).

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Versucht einmal durch Bearbeitung der entsprechenden „Bei-packzettel“ herauszufinden, wofür diese Medikamente gutsind und welche Gefahren sie womöglich mit sich bringenkönnen, wenn sie nicht „richtig“ genutzt werden.Am besten geht ihr dabei in folgenden Schritten vor:1. Markiert auf dem ausgewählten Beipackzettel die unbe-

kannten Fachbegriffe!2. Klärt diese Begriffe durch Nachschlagen in Fachbüchern

oder durch Befragen von Fachleuten (Ärzte/Apotheker)!3. Listet auf, wie das Medikament wirkt, wenn man es richtig

nutzt!4. Listet auf, welche „Nebenwirkungen“ das Medikament ha-

ben kann!5. Findet heraus, ob das Medikament „abhängig“ machen

kann!

Wie beurteilt ihr nach eurer Untersuchung die „Selbstbehand-lung“ der jungen Frauen und Männer im Film?

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In ihrem Verlauf wird deutlich, wie durch nega-tives Vorbildverhalten der Eltern, sorglosenTablettengebrauch zur Bewältigung von Alltags-problemen, falsch verstandene Gesundheits-fürsorge und Mangel an Konfliktbewältigungs-techniken Tablettensucht entstehen kann.

4202220* Lebenssucht . . . mehr tot als lebendig (44 Min.)Die zunehmende Gewalttätigkeit der Drogen-szene treibt Verfolger wie Verfolgte in eine im-mer aussichtslosere Situation. Der Film arbeitetnicht mit Schock und Horror, versteht es aber,Interesse und Anteilnahme zu erzeugen. In derBeschränkung auf einige wenige erschütterndeBilder und in der großen Zahl von Statementswird das Bemühen um Sachinformation überdieses erschreckende gesellschaftliche Phäno-men deutlich.

4202243* Vorbeugung, Heilung, Abhängigkeit. Was Pillen alles bewirken können: Arbeits-video/4 Kurzfilme (42 Min.)Könnten wir uns ein Leben ohne Pillen über-haupt noch vorstellen? Allein in Deutschlandwerden sie täglich millionenfach geschluckt,allen Risiken und Nebenwirkungen zum Trotz.In vier Kurzfilmen werden die Wirkungsweisenvon Schmerzmitteln und Placebos erklärt, dieModedroge Ecstasy vorgestellt und der Fragenachgegangen, ob es tatsächlich eine Pille ge-gen das Altern und den Krebs gibt.

4202317* Ecstasy (XTC) – Faszination & Gefahr (24 Min.)Die Drogenlandschaft hat sich verändert. Wäh-rend der Konsum von betäubenden Drogenrückläufig ist, werden Ecstasy und andereaktivierende Drogen immer häufiger konsu-miert, am häufigsten in der Gruppe der 15–25-Jährigen. Im Film kommen vor allem Jugend-liche selbst zu Wort. Dazwischen finden sichExpertenmeinungen über die Gefahren von

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Der Film verschafft einen Einblick in die Berliner Techno- undRave-Szene. Die vorgestellten Jugendlichen vermitteln durchSelbstauskünfte und Reflexionen, worin für sie die Bedeutungder Techno-Kultur liegt und weshalb die einen XTC „brau-chen“ und die anderen darauf verzichten.

Henryk – „Porträt eines Junkies“ (30 Min.)In einer Art Rückschau beschreibt der Film die „Drogenkar-riere“ des 31-jährigen Henryk. Dabei werden wichtige Sta-tionen aus seinem Leben rekonstruiert. Henryk schildert ei-nen Weg in die Sucht, den viele Abhängige mit ihm teilen,angefangen vom ersten Heroinkonsum bis hin zum Teu-felskreis von Abhängigkeit, Sucht, Kriminalität und fehlge-schlagenen Entzugsversuchen. Henryk wirkt wie ein „nor-maler“ junger Mann, sodass sich Jugendliche von ihmangesprochen fühlen und bereit sind, sich auf sein Erzäh-len und seine Gedanken einzulassen.

Drugs suck – Filmregie statt Ecstasy (35 Min.)Auf der Videokassette sind die zehn besten Videoclips ei-nes bundesweit ausgeschriebenen Wettbewerbs der BZgAund des Instituts für Jugend Film Fernsehen zusammenge-stellt. Dieser Wettbewerb aus dem Jahre 1997 forderte Ju-gendliche auf, sich kreativ mit der Thematik Genuss, Suchtund Drogen auseinander zu setzen.

4201621* Der goldene Schuss: Sven, ein Leben mit der Droge (20 Min.)Der Dokumentarfilm verfolgt den Lebenswegdes heroinsüchtigen Sven über eine Zeit-spanne von einem Jahr. Stationen des Lebensmit Drogen werden in Episoden vorgestellt: All-tagsprobleme in der Fixerszene; Rückblick aufSvens Kindheit; das Zusammenleben mit seinerheroinabhängigen Freundin; Svens Leidenwährend einer Entziehungskur; Lebensperspek-tiven nach seiner HIV-Infizierung. Zum Ab-schluss appelliert Sven eindringlich an Jugend-liche, den Drogen abzuschwören.

4210233* Tablettensucht (20 Min.)An einem Fallbeispiel verfolgt der Film die„Drogenkarriere“ eines jungen Mädchens.

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2. Fernsehserien/Spielfilme

Typen wie du und ich (je 30 Min.)Eine vierteilige Fernsehserie für Jugendliche über Suchtver-halten, Sexualität und Selbständigkeit. In den Filmen werdenGesundheitsrisiken angesprochen, die in den Lebensberei-chen Familie, Schule/Beruf, Freizeit/soziale Beziehungen inder jugendlichen Entwicklungsphase von besonderer Bedeu-tung sind.

Gefährliche Sehnsucht (je 45 Min.)Die vierteilige Fernsehserie erzählt die „Sucht-Geschichte“einer Hamburger Kaufmannsfamilie.

Türkischer Honig (50 Min.)Der Spielfilm „Türkischer Honig“ ist eine Folge der ZDF-Fern-sehserie „Sterne des Südens“. Bei einem Familienurlaub in derTürkei bemerken die Eltern der 14-jährigen Rebecca, dass ihreTochter suchtgefährdet ist. Der Film thematisiert Ursachen undMotive für Suchtmittelkonsum und deutet Lösungen an.

RUNaWAY (85 Min.)Der Spielfilm handelt von Lisa und Maxi, zwei eng befreunde-ten Mädchen. Beide sind auf der Suche nach ihrer Identitätund planen eine Reise durch die Wüste mit dem Motorrad. AlsMaxi die Reise aber zusammen mit ihrem Freund macht,bricht für Lisa eine Welt zusammen. Sie sucht Trost in Tablettenund Alkohol. Erst als Maxi – inzwischen ungewollt schwanger– zu Lisa zurückkehrt und um Hilfe bittet, kämpft Lisa wiederfür sich und ihre Freundin. Lisas Verhalten erfordert auch vonihren Eltern, dass diese ihre eigenen Lebensinhalte überden-ken müssen.

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Ecstasy: Angstneurosen und Psychosen tretenauf, die auch bei Nachlassen der Drogenwir-kung noch andauern.

4210285* Die physiologische Wirkung von Drogen (19 Min.)Anhand von Tricksequenzen erläutert der Filmdie Wirkungsmechanismen verschiedenerDrogengruppen im menschlichen Körper. Be-sonders die Erklärung der Vorgänge an denNervenendungen führt zu einem Verständnisder körperlichen Abhängigkeit und ihrer Be-gleiterscheinungen.

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7. Kopiervorlagen(zum Aufklappen)

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Eine Alltagsweisheit: „Man hat es nicht leicht im Leben!“Manche Leute können im Leben gut mit ihren Schwierigkeiten fertig wer-den. Und das sind sehr viele Leute!Manche Leute haben dabei aber so ihre Probleme und suchen dannmanchmal nach Hilfsmitteln, die ihnen ihre schwierige Lage erleichtern.Manchmal kommen dabei Suchtmittel ins Spiel!

Hier findest du dazu mehrere Aussagen von Jugendlichen. Sie beschrei-ben dabei Situationen, bei denen sie sich vorstellen könnten, selbst zuSuchtmitteln zu greifen:

. . . wenn mich meine Familie oder meine Freunde fertig machen wür-den!

. . . wenn ich Freunde hätte, mit denen meine Eltern nicht zufriedenwären!

. . . wenn meine Eltern sterben würden!

. . . wenn ich keine Freunde hätte und ich von allen gehasst werdenwürde, dann würde ich in eine solche Clique reingehen, wo esDrogen gibt!

. . . wenn ich noch bei meinen drogenabhängigen Eltern leben müsste!

. . . wenn man die falschen Freunde hätte, könnte man schnell verleitetwerden!

. . . wenn ich nur noch Streit mit Freunden hätte!

. . . wenn ich mich gegenüber meinen Eltern nicht wehren könnte undalles in mich hineinfressen müsste!

. . . wenn ich „down“ bin, mich selber fertig mache, mit mir unzufriedenwäre und ich noch dazu allein wäre!

. . . wenn mich Freunde verleiten würden!

. . . wenn ich neugierig darauf wäre!

. . . wenn ich Langeweile hätte!

. . . wenn ich Stress mit meinen Eltern hätte!

Quelle: Sucht- und Drogenprävention. Materialien für das 5.–10. Schuljahr.Herausgegeben von der Bundeszentrale für gesundheitlicheAufklärung. Köln 1998, S. 84

Was meinst du zu diesen Aussagen?Sprich mit anderen darüber!

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Fragen zu den „Fallbeispielen“Markiere bitte, mit welcher/welchen Person(en) du dich beschäftigst!

Colette/Jennifer Helena/Sabrina Raphael Henning

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1. Was belastet sie/ihn in ihrem/seinem Leben?

4. Welche Eigenschaften/Wirkungen hat das Mittel?

2. Wie zeigen sich die Belastungen körperlich und seelisch bei ihr/ihm?

3. Welches (Arznei-)Mittel wird von ihr/ihm „gebraucht“? Name des Mittels:

5. Welche körperlichen und seelischen Folgen hat der Missbrauch desMittels?

6. Welche „Lehre“ hat sie/er aus dem Missbrauch des Mittels gezogen?

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„Schmerz, lass nach. . . “Jeder weiß, was Schmerzen sind!Doch wenn man jemandem „eigene Schmerzen“ so beschreiben will,dass er sie „verstehen“ kann, stellt man manchmal Folgendes fest:Es fällt einem selbst nicht leicht, die richtigen Worte für diesen Schmerz zufinden. Ist er nun stechend, bohrend, ziehend, dumpf oder pochend. . . ?Und der Gesprächspartner zeigt zwar Verständnis für einen, kann aber oft-mals gar nicht „begreifen“, dass man wegen dieser Schmerzen „solch einGewese macht“.

Wie werden Schmerzen von Menschen empfunden, wie werden sie vonihnen „verarbeitet“?Dazu hat der Dichter Christian Morgenstern folgende Lebensweisheit for-muliert:

„Das ist meine allerschlimmste Erfahrung: Der Schmerz macht die meisten Menschen nicht groß, sondernklein!“

Was meint Morgenstern mit: „groß“ und „klein“ machen?

Diskutiert diese Lebenserfahrung von Christian Morgenstern.Versucht dabei auch folgende Fragen zu klären:

1. Was versteht jeder von euch unter „Schmerz“?

2. Welche Arten von Schmerz könnt ihr unterscheiden?

3. Welche Ursachen können Schmerzen haben?

4. Haben Schmerzen auch eine gute Seite?

5. Wie geht ihr mit Schmerzen um?

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„Zu Risiken und Neben-wirkungen. . .“Wer etwas über ein Arzneimittel wissen will, findet dazu in jeder Arznei-mittelpackung eine schriftliche „Gebrauchsinformation“: den Beipackzettel.Er gibt zum Beispiel – Auskunft über die Wirkstoffe des Medikaments,– informiert darüber, für welche Erkrankung das Medikament bestimmt ist und– wann es nicht angewendet werden darf,– beschreibt, welche Nebenwirkungen sich einstellen können oder– wovor besonders zu warnen ist. Solch ein „Beipackzettel“ ist als erste Information sehr nützlich, kann jedoch nieAntworten auf alle Fragen eines Patienten geben. Die sind immer wieder demArzt oder Apotheker zu stellen, wie zum Beispiel diese:– Welche Ursache hat eine Krankheit, wie lange dauert sie?– Genügen vielleicht auch „Hausmittel“ für die Behandlung?– Gibt es andere Möglichkeiten, die Erkrankung zu behandeln?– Wie lange muss das Medikament genutzt werden?– Ist es gefährlich, gleichzeitig andere Medikamente einzunehmen?– Was kann passieren, wenn man das Medikament sehr lange einnimmt oder

plötzlich damit aufhört?

In dem Film „Wie in Watte gepackt . . .Pillen als Problemlöser?“ „behandeltensich“ junge Frauen und Männer aus verschiedenen Gründen selbst mit unter-schiedlichen Medikamenten. Dabei schienen sie nicht zu bedenken, welche„Nebenwirkungen“ diese Medikamente für sie haben könnten:– Raphael nahm ein Beruhigungsmittel („Valium),– Henning nahm und nimmt im Film immer noch ein Mittel gegen Schüttel-

lähmung ein („Akineton“),– Colette und Jennifer putschten sich mit Koffeintabletten auf („Coffeinum“) und– Helena und Sabrina brauchten regelmäßig Kopfschmerztabletten („Aspirin“).

Versucht einmal durch Bearbeitung der entsprechenden „Beipackzettel“ her-auszufinden, wofür diese Medikamente gut sind und welche Gefahren siewomöglich mit sich bringen können, wenn sie nicht „richtig“ genutzt werden.Am besten geht ihr dabei in folgenden Schritten vor:1. Markiert auf dem ausgewählten Beipackzettel die unbekannten Fachbegriffe!2. Klärt diese Begriffe durch Nachschlagen in Fachbüchern oder durch Befragen

von Fachleuten (Ärzte/Apotheker)!3. Listet auf, wie das Medikament wirkt, wenn man es richtig nutzt!4. Listet auf, welche „Nebenwirkungen“ das Medikament haben kann!5. Findet heraus, ob das Medikament „abhängig“ machen kann!

Wie beurteilt ihr nach eurer Untersuchung die „Selbstbehandlung“ der jungenFrauen und Männer im Film?