AxialprofilrohrwalzenWälzlagerringen-Teil1-ExperimentelleEinflussanalyse

8
www.UTFscience.de    II/2007 Ficker et al.: Axialprofilrohrwalzen von ... PROFILWALZEN Axialprofilrohrwalzen von Wälzlagerringen Die Forderung nach Entwicklung und Anwendung Material, Energie und Ar- beitszeit sparender – insgesamt ko- stengünstiger – Fertigungsverfahren steht auch in der Wälzlager- und Auto- mobilindustrie bei der Herstellung profilierter ring- und rohrförmiger Werkstücke wie z.B. Wälzlager- und Getrieberingen. Zielstellung ist, die jahrzehntelang vorherrschende spa- nende Bearbeitung derartiger Werk- stücke – insbesondere auf Drehauto- ner endkonturnahen Fertigung (Near Net Shape Forming) entwickelt wur- den. Während das TPRW (Bild 1a) inkl. der zugehörigen Ringwalzautomaten – speziell im Abmessungsbereich grö- ßer 100 mm Außendurchmesser – zwi- schenzeitlich in der Industrie breite Anwendung gefunden hat, befindet sich das APRW inkl. der zugehörigen maschinentechnischen Umsetzung zur Realisierung einer Verfahrenskombi- maten – durch Anwendung von Um- formverfahren schrittweise oder gänz- lich zu substituieren. Prädestiniert für die Lösung dieser Zielstellung sind ins- besondere Walzverfahren wie die in den 80er und 90er Jahren unter we- sentlicher Mitwirkung der TU Dres- den entwickelten Kaltwalzverfahren Tangentialprofilringwalzen (TPRW) und Axialprofilrohrwalzen (APRW), wobei die genannten Verfahren insbe- sondere unter dem Gesichtspunkt ei- Teil 1 Experimentelle Einflussanalyse Thomas Ficker, André Hardtmann, Mario Houska b) Verfahrensprinzip Axialprofilrohrwalzen (APRW) Bild 1 a) Verfahrensprinzip Tangentialprofilringwalzen (TPRW) Das vorhandene Potenzial von Kaltwalzverfahren wie Tangentialprofilringwalzen und Axialprofilrohrwalzen wird als äußerst zukunftsträchtig eingeschätzt, da zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur ein sehr geringer Prozentsatz der walzbaren Profile durch (Kalt-)Walzen hergestellt wird. Um dieses Potenzial komplex ausschöpfen zu können, ist eine zielgerichtete theoretische und praktische Weiterentwicklung dieser Verfahren insbesondere hinsichtlich herstellbarem Abmessungsbereich, bearbeitbarer (walzbarer) Ringgeometrie, reproduzierbarer Qualitäts- und Prozesssicherheit sowie wissenschaftlicher Verfahrensdurchdringung unabdingbar.

description

Axialprofilrohrwalzen von Wälzlageringen, axial lamination of bearing rings

Transcript of AxialprofilrohrwalzenWälzlagerringen-Teil1-ExperimentelleEinflussanalyse

  • www.utfscience.de II/2007 fickeretal.:Axialprofilrohrwalzenvon...

    p r o f i l w a l z e n

    Axialprofilrohrwalzen von Wlzlagerringen

    Die Forderung nach Entwicklung und Anwendung Material, Energie und Ar-beitszeit sparender insgesamt ko-stengnstiger Fertigungsverfahren steht auch in der Wlzlager- und Auto-mobilindustrie bei der Herstellung profilierter ring- und rohrfrmiger Werkstcke wie z.B. Wlzlager- und Getrieberingen. Zielstellung ist, die jahrzehntelang vorherrschende spa-nende Bearbeitung derartiger Werk-stcke insbesondere auf Drehauto-

    ner endkonturnahen Fertigung (Near Net Shape Forming) entwickelt wur-den.Whrend das TPRW (Bild 1a) inkl. der zugehrigen Ringwalzautomaten speziell im Abmessungsbereich gr-er 100 mm Auendurchmesser zwi-schenzeitlich in der Industrie breite Anwendung gefunden hat, befindet sich das APRW inkl. der zugehrigen maschinentechnischen Umsetzung zur Realisierung einer Verfahrenskombi-

    maten durch Anwendung von Um-formverfahren schrittweise oder gnz-lich zu substituieren. Prdestiniert fr die Lsung dieser Zielstellung sind ins-besondere Walzverfahren wie die in den 80er und 90er Jahren unter we-sentlicher Mitwirkung der TU Dres-den entwickelten Kaltwalzverfahren Tangentialprofilringwalzen (TPRW) und Axialprofilrohrwalzen (APRW), wobei die genannten Verfahren insbe-sondere unter dem Gesichtspunkt ei-

    Teil 1 Experimentelle Einflussanalyse

    Thomas Ficker, Andr Hardtmann, Mario Houska

    b) Verfahrensprinzip Axialprofilrohrwalzen (APRW)Bild 1 a) Verfahrensprinzip Tangentialprofilringwalzen (TPRW)

    Das vorhandene Potenzial von Kaltwalzverfahren wie Tangentialprofilringwalzen und

    Axialprofilrohrwalzen wird als uerst zukunftstrchtig eingeschtzt, da zum gegenwrtigen Zeitpunkt

    nur ein sehr geringer Prozentsatz der walzbaren Profile durch (Kalt-)Walzen hergestellt wird. Um

    dieses Potenzial komplex ausschpfen zu knnen, ist eine zielgerichtete theoretische und praktische

    Weiterentwicklung dieser Verfahren insbesondere hinsichtlich herstellbarem Abmessungsbereich,

    bearbeitbarer (walzbarer) Ringgeometrie, reproduzierbarer Qualitts- und Prozesssicherheit sowie

    wissenschaftlicher Verfahrensdurchdringung unabdingbar.

  • www.utfscience.de II/2007 fickeretal.:Axialprofilrohrwalzenvon... 2

    p r o f i l w a l z e n

    nation APRW-Drehen in einer Auf-spannung derzeit in der Entwicklungs- bzw. berfhrungsphase in die Pro-duktion.

    Beim APRW (Bild 1b) handelt es sich um ein Querwalzverfahren ausge-hend von Rohr mit berwiegend axi-alem Werkstofffluss, d.h. Rohr bzw. Ring werden whrend des Walzpro-zesses entsprechend dem durch das Werkzeugprofil verdrngten Werk-stoffvolumen lnger bzw. breiter.

    Noch im Anfangsstadium befindet sich die wissenschaftliche Verfahrens-durchdringung zum Walzprozess beim APRW, sodass bei der Einfhrung neu-er Ringtypen bzw. -geometrien gegen-wrtig weitestgehend empirisch vorge-gangen werden muss. Das betrifft so-wohl die Ermittlung von Anfangsrohr- und Walzwerkzeugabmessungen als auch die Festlegung geeigneter Walz-parameter.

    Im vorliegenden Artikel wird ber die Ergebnisse eines DFG-Forschungs-vorhabens berichtet, welches die wis-senschaftliche Verfahrensdurchdrin-gung einhergehend mit der Erweite-rung des Anwendungsbereiches und der Erhhung der Prozesssicherheit des APRW zum Arbeitsinhalt hatte.

    Experimentelle Einflussanalyse

    Schwerpunkt beim APRW war zu-nchst, ein rechnergesttztes System zur Erfassung relevanter technolo-gischer Daten zu schaffen sowie aus einer Vielzahl von Walzversuchen Pri-mrdaten fr die Modellbildung bzw. Simulation mittels numerischer Me-thoden bereitzustellen.

    Ziel war die Entwicklung eines Pro-zessmodells, welches die Ergebnisgr-en als Funktion der Einstellparame-ter abbildet. Bei der Einfhrung neuer Ringtypen bzw. -geometrien soll dann mit diesem Modell die Vielzahl von Prozessgren wie Walzwerkzeuggeo-metrie, Maschineneinstellparameter sowie geometrische und stoffliche Ei-genschaften des Anfangsrohres be-stimmt werden, um letztlich die davon abhngigen Zielgren wie Ma-, La-ge- und Formtoleranzen zu erreichen.

    Die Durchfhrung der hierzu not-wendigen Untersuchungen erfolgte fr den Anwendungsfall Wlzlagerkom-ponenten am Beispiel des als Typen-vertreter ausgewhlten Kugellagerin-nenringes 6210. Fr diesen Ring sind

    Entwurf einer Technologie-datenbank

    Bild 3

    ausgehend von vorhandenen Erkennt-nissen die Walzwerkzeuge konstruiert und gefertigt worden. Die vorhandene Versuchseinrichtung wurde modifi-ziert und mit Mess- und Sensortechnik ausgestattet.

    Vorversuche zum APRW ergaben, dass vor allem die kinematischen Einstellparameter Rohrdrehzahl und Walzenvorschubgeschwindigkeit, das Walzregime in Form der zu whlenden Walz- und berwalzeiten, die geomet-rischen Parameter Abstand Walzen-eingriff zum Rohrende, Dorndurch-messer (Dornspiel) sowie die Anfangs-rohrabmessungen die grte Relevanz auf das Walzergebnis haben. Ausge-hend von diesen wesentlichen Ein-flussgren wurde ein umfassendes Versuchsprogramm unter Anwendung der statistischen Versuchsplanung er-

    stellt. Bei der Auswertung der Walz-versuche wurde sich auf die geomet-rischen Zielgren Ringauendurch-messer inkl. zugehriger Rundheiten sowie Profilabweichung konzentriert.

    Auf Basis eines Einflussgrenmo-dells (Bild 2) wurde zur Erfassung der in den Versuchsprogrammen ermit-telten Versuchsdaten eine Technolo-giedatenbank Ringwalzen RIWADAT entwickelt (Bild 3). Zu deren besserer Handhabbarkeit wurde eine entspre-chende Bedienoberflche entworfen, die als Hilfsmittel die Generierung ganzer Versuchsplne im Datenbank-system erlaubt (Bild 4).

    Die ermittelten Versuchergebnisse wurden in einer statistischen Analyse hinsichtlich ihrer Streuung, Signifikanz und Konfidenz sowie der Varianz unter-sucht. Anschlieend erfolgte zur Ermitt-

    Einflussgren beim APRWBild 2

  • www.utfscience.de II/2007 fickeretal.:Axialprofilrohrwalzenvon...

    p r o f i l w a l z e n

    lung des funktionalen Zusammenhangs zwischen Einflussgren und Ziel-gren die Durchfhrung einer line-aren Mehrfachregressionsanalyse.

    Fr die Prfung der Polynome des Modells wurde die Adquatheitspr-fung mittels der F-Verteilung (Fisher-Test) mit den sich aus der Koeffizi-entenprfung ergebenden signifikant erkannten Koeffizienten durchgefhrt. Fr die betrachteten Zielgren ist der Adquatheitstest negativ ausgefallen, d.h. das Modell auf Basis der Regressi-onsanalyse gibt nicht die tatschlichen Zusammenhnge wieder. Es ist ledig-lich eine tendenziell grobe Nherung zu erkennen. Deshalb wurde auf eine Un-tersuchung zur Generalisierungs- und Prognosefhigkeit beispielsweise ber Lsung des Gleichungssystems aus den Polynomgleichungen verzichtet.

    Verfahrensmodellierung unter Verwendung Neuronaler Netze

    Als Alternative zur Regressionsanalyse wurde ein Prozessmodell unter An-wendung Neuronaler Netze erstellt. Die Bildung von Prozessmodellen mit Neuronalen Netzen aus Versuchsdaten unterscheidet sich gravierend von der herkmmlichen auf der Analyse phy-sikalisch-technischer Zusammenhnge basierender Vorgehensweise. Zur Er-stellung eines Neuronalen Netzes, welches die untersuchten Zielgren Rundheit und Profilabweichung ab-hngig von den relevanten Eingangs-gren ohne Bercksichtigung physi-kalischer Zusammenhnge abbildet (Bild 5), wurde der Stuttgarter Neuro-

    Trainiertes Neuronales Netz mit zugehriger Lernkurve

    Bild 5

    Bedienoberflche RIWADATBild 4

    nal Network Simulator (SNNS) [Zell, A.: Simulation Neuronaler Netze. Ad-dision Wesley Longman Verlag GmbH, 1994] verwendet, da dieser Netzsimu-lator frei verfgbar ist und u.a. zahl-reiche Netzmodelle und Lernverfahren untersttzt.

    Im Vergleich zur Regressionsanalyse konnte durch die Verwendung des Neuronalen Netzes die Modellad-quatheit wesentlich verbessert werden. Dadurch ist es mglich, das Neuronale Netz auch zur Vorhersage optimaler Parameter zu nutzen. Dies kann zum Beispiel durch die Anwendung der Projektionsfunktion der verwendeten Software SNNS geschehen (Bild 6).

    Der Einsatz eines Neuronalen Netzes erzielt bei der Modellierung komple-xer, analytisch schwer zu beschrei-bender Zusammenhnge von Ein-gangs- und Ausgangsgren beim in-krementellen Umformverfahren APRW wesentlich bessere Ergebnisse als die multiple Regressionsanalyse. Tests ergeben eine gute bis sehr gute bereinstimmung von experimentell ermittelten und berechneten Werten. Somit kann man davon ausgehen, dass die Anwendung von Neuronalen Net-zen zur Beschreibung eines Prozess-modells fr das APRW prinzipiell ge-eignet ist. Die Generierung weiterer Neuronaler Netze zur Beschreibung

  • www.utfscience.de II/2007 fickeretal.:Axialprofilrohrwalzenvon...

    p r o f i l w a l z e n

    kombination APRW Drehen prinzi-piell nachgewiesen werden. Sowohl bei Einringbearbeitung als auch Zwei-ringbearbeitung wurde nach entspre-chender Optimierung (Werkzeuggeo-metrie, Walzparameter, Anfangsrohr-abmessungen und -gefge) bei Ver-wendung von Rohrmaterial 100Cr6 (GKZ) eine vollstndige und fehler-freie Ausformung der Auenkontur erreicht (Bild 7a und 7b).

    Zusammenfassung und Ausblick

    Das vorliegende Prozessmodell fr das APRW ist weiterzuentwickeln und hinsichtlich anderer Prozessparameter zu vervollkommnen.

    In Zusammenarbeit von TU Dresden, potenziellen Maschinenherstellern und Anwendern aus der Wlzlager- und Au-tomobilindustrie werden derzeit Voraus-

    setzungen zu Entwicklung und Bau eines entsprechenden Prototypen fr eine sp-tere Produktionsmaschine geschaffen, welcher auch die Mglichkeit zur wahl-weisen Innen- und/oder Auenprofilie-rung von Rohren gewhrleisten soll.

    Bereits bei Erprobung und Optimie-rung dieses Prototypen sind die Ergeb-nisse des vorliegenden DFG-Vorha-bens fr die Fertigung von Wlzla-gerringen nutzbar. In Folgeprojekten sollen sich Arbeiten u. a. zur bertra-gung der erreichten Ergebnisse fr die Herstellung von (komplizierten) Ge-trieberingen anschlieen, zumal hier das grere Potenzial fr eine Anwen-dung in Deutschland liegt als bei (ein-fachen) Wlzlagerringen.

    Die vorgestellten Forschungs- und Entwicklungsar-beiten wurden durch die Deutsche Forschungsge-meinschaft (DFG) gefrdert, der hierfr unser Dank gilt.

    Autoren

    Dr.-Ing. Thomas Ficker studierte von 1977 bis 1982 an der TU Dresden Fertigungsprozessgestal-tung/Abtrenntechnik, war danach am dortigen Lehrstuhl fr Umformtechnik wissenschaftlicher Assistent und promovierte 1989. Von 1986 bis 1992 arbeitete er als Entwicklungsingenieur im ehemaligen Kombinat Wlzlager und Normteile Chemnitz. Seit 1992 ist er wissenschaftlicher Mit-arbeiter am Institut fr Produktionstechnik, Pro-fessur fr Umform- und Urformtechnik, der TU Dresden.

    Dipl.-Ing. Andr Hardtmann studierte auf dem Gebiet der Umformtechnik am Institut fr Produk-tionstechnik der TU Dresden und war dort von 1994 bis 2005 als wissenschaftlicher Mitarbeiter ttig. Seit 2005 ist er wissenschaftlicher Mitarbei-ter am Institut fr Werkzeugmaschinen und Steue-rungstechnik der TU Dresden.

    Dipl.-Ing. Mario Houska schloss 1984 eine Be-rufsausbildung zum Maschinenbauer ab. 1986 bis 1991 studierte er an der TU Dresden Fertigungs-prozessgestaltung/Umformtechnik. Seit 1991 ist er als wissenschaftlicher Assistent bzw. wissenschaft-licher Mitarbeiter am Institut fr Produktionstech-nik, Professur fr Umform- und Urformtechnik, der TU Dresden beschftigt.

    Projektion der Einflussgren Drehzahl und Vorschub-geschwindgkeit hinsichtlich Rundheit des Auendurch-messers

    Bild 6von Zusammenhngen anderer Ein-fluss- und Zielgren aus dem jetzt vorliegenden umfangreichen Daten-material ist mglich.

    Verfahrenserweiterung

    Zur Erweiterung des Anwendungsbe-reiches des APRW wurden Vorausset-zungen zum Walzen innenprofilierter bzw. innen- und/oder auenprofi-lierter ringfrmiger Werkstcke sowie asymmetrischer Querschnittsformen geschaffen.

    Im Ergebnis der am Beispiel der bei-den ausgewhlten Typenvertreter Ke-gel- und Zylinderrollenlagerinnenring durchgefhrten Walzversuche konnte die Herstellbarkeit asymmetrischer Werkstcke mittels der Verfahrens-

    Bild 7 a) Kegelrollenlagerinnenring (Einzelstck, Doppelstck entsprechend konkaver und konvexer Werkzeug-Variante)b) Zylinderrollenlagerinnenring

    (Einzel- und Doppelstck)

  • www.utfscience.de II/2007 fickeretal.:Axialprofilrohrwalzenvon...

    p r o f i l w a l z e n

    Teil 2 Numerische Einflussanalyse

    Volker Ulbricht, Holger Sparr

    Das Axialprofilrohrwalzen gehrt zu den inkrementellen Umformverfah-ren, da die Formgebung des Werk-stcks zwar kontinuierlich, jedoch die plastische Umformung in den Kon-taktzonen zwischen Werkstck und Werkzeugen erfolgt. Mit dem Austre-ten aus der Kontakt- bzw. Umformzo-ne wird der Werkstoff zwischenzeitlich entlastet und verhlt sich bis zum er-neuten Eintreten in die Umformzone elastisch. Der vollstndige Umform-vorgang erfolgt whrend ca. 10 Werk-stckumdrehungen, sodass die Umform-zone durch die Verwendung eines Wal-zenpaares (siehe Bild 1) 20-mal durch-schritten wird.

    Der Umformprozess wird durch ei-nen Satz von Prozessparametern ge-steuert, zu denen einerseits die geomet-rischen Abmessungen des Werkstcks im Ausgangszustand und die Werk-zeugabmessungen und andererseits die kinematischen Gren wie die Ro-tationsgeschwindigkeit des Werk-stcks oder die Vorschubgeschwindig-keit der Walzen gehren.

    Gem den kinematischen Vorga-ben des Umformprozesses APRW und der verwendeten Umformvorrichtung wurde ein Modell entwickelt und zu-gehrige Simulationsrechnungen er-folgten, um einen tieferen Einblick in den Walzvorgang zu erhalten und den Einfluss einzelner Prozessparameter gezielt zu untersuchen.

    Aus Sicht der numerischen Simulati-on berlagern sich beim APRW meh-rere stark nichtlineare Vorgnge, die jeder fr sich Probleme in der Model-

    lierung bzw. Simulation hervorrufen knnen, jedoch hier zur kompletten Beschreibung des Umformvorgangs gleichzeitig betrachtet werden ms-sen.

    Zur Simulation des Umformvor-gangs wird die Finite-Elemente-Me-thode (FEM) verwendet, die eine geo-metrische Diskretisierung der Werk-zeuge und des Werkstcks sowie eine zeitliche Diskretisierung des Prozesses erforderlich macht. Entscheidend fr die Qualitt der Simulationsergebnisse ist die Behandlung des Materialverhal-tens des Umformguts und des Kon-taktverhaltens in der Umformzone. Hierzu gehren die Wahl eines geeig-

    neten Modells und eine zuverlssige Bestimmung der darin enthaltenen Material- bzw. Kontaktparameter.

    Modellierung

    Zur Modellerstellung und Simulation des Axialprofilrohrwalzens kam das Programmpaket MARC zum Einsatz. Eine variable Gestaltung des FE-Mo-dells wurde ber die skriptbasierte Py-thon-Schnittstelle erstellt, sodass n-derungen relevanter Prozessparameter mit geringem Aufwand im Modell be-rcksichtigt werden knnen. Der asymmetrische Beanspruchungszu-stand des Werkstcks erfordert die

    Fr Ringwalzverfahren sind in der industriellen Anwendung nach wie vor elementare und empirische

    Methoden fr die Prozessauslegung vorherrschend. Die Grnde liegen vor allem in der

    geometrischen und physikalischen Nichtlinearitt der abzubildenden inkrementellen

    Umformprozesse, die einen hohen Modellierungs- und Berechnungssaufwand bedingen. Im letzten

    Jahrzehnt wurden umfangreiche Untersuchungen vorgenommen, mit Hilfe der Finiten-Elemente-

    Methode die Prozessabbildung zu verbessern bzw. den Einfluss der prozessrelevanten Parameter zu

    ermitteln. Dabei sind fr aufweitende Ringwalzverfahren wie Tangentialprofilringwalzen bereits

    Simulationslsungen entwickelt worden, whrend fr die numerische Analyse des

    Axialprofilrohrwalzens neue Modellierungsstrategien erst gefunden werden mussten.

    Schematische Darstellung des APRWBild 1

  • www.utfscience.de II/2007 fickeretal.:Axialprofilrohrwalzenvon...

    p r o f i l w a l z e n

    vollstndige Modellierung von Werk-zeugen und Werkstck.

    Die Werkzeuge, also beide Walzen und der Walzdorn, wurden als starre Krper angenommen und somit die Kontaktflchen als rotationssymme-trische Flchen in das Berechnungs-modell bernommen. Das Profil der Walzen besteht abschnittsweise aus Geraden und Kreisbgen.

    Die dreidimensionale Geometrie des Werkstcks wurde mit isopara-metrischen 8-Knoten-Elementen ver-netzt, wobei das FE-Netz in Bereichen groer plastischer Dehnungen bereits im Ausgangsnetz verfeinert wurde. Das verwendete Element wird fr groe Deformationen in der Updated Lagrange-Formulierung eingesetzt. Die Anzahl der Elemente ist in erster Linie von der gewhlten Profilgeometrie ab-hngig und bewegt sich bei Wlzlager-ringen in der Grenordnung von ei-nigen tausend Elementen.

    Fr das elastische Materialverhalten wurde ein isotropes Hooke-Modell be-nutzt. Der fr den Walzvorgang ver-wendete Stahl 100Cr6 weist ein ausge-prgtes Verfestigungsverhalten aus. Da whrend des Walzens eine schwel-lende Druckbeanspruchung auftritt, wird unterstellt, dass das Verfesti-gungsverhalten mit Hilfe der isotropen Verfestigung ausreichend genau wie-dergegeben wird. Die Verfestigungs-kurve wurde experimentell bestimmt und dem Programm MARC punktweise bergeben.

    Die Fliebedingung wurde mit der wahren Spannung unter Ver-wendung der plastischen logarith-mischen Vergleichsdehnung for-muliert

    (1)

    Die Rotation des Werkstcks wird ge-m Bild 2 linksseitig ber einen so genannten Glue Contact als geome-trische Zwangsbedingung zwischen einem starren Krper und dem Werk-stck realisiert, die der Werkstckein-spannung in der Walzvorrichtung ent-spricht.

    Zwischen den beiden Walzen bzw. dem Walzdorn und dem Werkstck besteht eine generelle Kontaktbedin-gung, deren Einhaltung in einem Itera-tionsprozess whrend der Simulation

    gewhrleistet wird. Die zugehrigen Parameter, speziell die Gre der Kon-takttoleranz und deren Aufteilung auf die beiden in Kontakt befindlichen Flchen, beeinflussen sowohl die Qua-litt der Lsung als auch die fr die Lsung bentigte Rechenzeit mageb-lich.

    Die Walzen und der Walzdorn sind jeweils als Rotationsflchen im Geo-metriemodell definiert und knnen daher als analytische Flchen mit den exakten Werten fr die Flchennor-male und die Tangentenvektoren zur Kontaktformulierung genutzt wer-den.

    Darstellung des Borddurch- messers im Schnitt mit Eintrag der ermittelten geometri- schen Kenn- gren aus der Simulation

    Bild 3

    5 Kontaktkrper des ModellsBild 2

  • www.utfscience.de II/2007 fickeretal.:Axialprofilrohrwalzenvon... 7

    p r o f i l w a l z e n

    Mit der Definition der Kontaktbe-dingungen geht die eines geeigneten Reibgesetzes einher. Hier kam das CoulombsChe Reibgesetz gem (2) zum Einsatz.

    (2)

    Die numerische Behandlung der obigen Sprungfunktion wird durch den bergang auf eine stetige, diffe-renzierbare Funktion gem:

    (3)

    realisiert. Der Reibwert und der Faktor C sind durch experimentelle Daten abzugleichen.

    Zur Begrenzung der Elementanzahl wurde die Simulation zunchst auf symmetrische Profile beschrnkt. Fr die Berechnung stand zu Beginn eine Workstation (IBM RS 6000 - CPU: 450 MHz, Hauptspeicher: 2GB, Betriebs-system: AIX) zur Verfgung, auf der ein typischer Walzvorgang einfacher Geometrie mit ca. 4300 Elementen et-wa 34h CPU-Zeit in Anspruch nahm. Durch Modellverbesserungen und An-passungen am Lsungsalgorithmus und durch die Inbetriebnahme neuer Rechentechnik Dual AMD Opteron (CPU: 2391 MHz, Hauptspeicher: 6GB, Betriebssystem: Linux) konnte die Re-chenzeit eines gleichartigen Problems auf ca. 3 bis 5h verkrzt werden.

    Simulationsergebnisse

    Neben der Beurteilung der Kraftgr-en sind die Endabmessungen und deren Abweichungen von den Zielgr-en des gefertigten Bauteils von ent-scheidender Bedeutung. Hierbei ste-hen die Abmessungen des gewalzten Profils im Vordergrund, da die Innen-kontur in der Regel spanend nachbe-arbeitet wird. Zur Beurteilung des ge-walzten Profils werden drei Kriterien, der Borddurchmesser, die Rundheits- und die Profilabweichung, herangezo-gen. Der Borddurchmesser entspricht dem Durchmesser eines Ausgleichs-kreises auerhalb der Wlzlagernut

    und wird durch eine Mittelwertbil-dung des Abstands zur Rohrlngsach-se entlang eines Schnittes senk-recht zu dieser bestimmt. Die Schnitt-ebene liegt in der Mitte der Bord-breite.

    (4)

    Aufgrund der zyklischen Symmetrie in den Belastungen ist eine relevante Lagenderung des Kreismittelpunkts nicht zu erwarten. Die festgestellte Lagenderung lag im mm-Bereich und konnte vernachlssigt werden. Die maximale Differenz zum Ausgleichs-kreis wird als Rundheitsabweichung R bezeichnet (5).

    (5)

    Im Falle der einfachen Geometrie eines Wlzlagerrings lsst sich die Profilab-weichung durch das Einpassen der Zielgeometrie (Kreissegment) in den Endzustand der Wlzlagernut bestim-men. Es entstehen Berhrungspunkte, an denen die Abweichung null ist. Alle anderen Punkte besitzen einen Ab-stand, der die Qualitt der Material-ausfllung numerisch erfasst. Diese Daten wurden durch den Projektpart-

    Verschiebung in axialer Richtung in [mm]Bild 4

    ner fr alle durchgefhrten Walzver-suche erhoben.

    Die Daten fr die Vorschubge-schwindigkeit von 2 mm/s bei einer Rohrdrehzahl von 200U/min sind in Tabelle 1 zusammengestellt. Der Au-endurchmesser des Werkstcks und der als Dornspiel bezeichnete Abstand zwischen Walzdorn und Innendurch-messer des Werkstcks wurden in Spalte 1 bzw. 2 aufgenommen.

    Die Maxima der berechneten Gr-en sind fr ausgewhlte Prozesspara-meter in Tabelle 2 zusammengefasst. Die absolute Abweichung vom gefor-derten Borddurchmesser fr den voll-stndigen Querschnitt ist mit geeig-neter Skalierung in Bild 3 dargestellt.

    Mit dem Walzdorn wird die Defor-mation in radialer Richtung begrenzt und somit durch das Dornspiel die Anfangsdifferenz zwischen Rohrin-nenradius und Walzdornradius der Werkstofffluss in radialer und axialer Richtung gesteuert. In den Versuchen wurde das Dornspiel zwischen 0,08 mm und 0,35 mm variiert und dessen Auswirkungen auf den Endzustand mit den Simulationsergebnissen best-tigt (Bild 3).

    Die drei genannten geometrischen Kenngren charakterisieren den voll-

    Tabelle 1: Vergleichsdaten aus den Walzver-suchen (alle Gren in [mm])

    Tabelle 2: Vergleichsdaten aus der Simulation (alle Gren in [mm])

  • www.utfscience.de II/2007 fickeretal.:Axialprofilrohrwalzenvon...

    p r o f i l w a l z e n

    stndigen Umformvorgang und beur-teilen das erzielte Walzergebnis. Die Ursachen fr die auftretenden Abwei-chungen sind daher in getroffenen Modellannahmen, wie die Idealisie-rung der Werkzeuge (starr, ideale Posi-tionierung) sowie die Annahme isotro-pen Materialverhaltens fr das Werk-stck, zu suchen. Bercksichtigt man diese getroffenen Einschrnkungen, so liefert der Vergleich von Experiment und Simulation (Tabelle 1 und 2) eine sehr gute bereinstimmung fr die Auendurchmesserabweichung und die Rundheitsabweichung R. Die in erster Nherung getroffene axiale Symmetrierandbedingung beeinflusst die Profilabweichung strker, so dass hier grere Abweichungen zu ver-zeichnen sind.

    Durch die Auswertung der Zu-standsgren erhlt man einen tie-feren Einblick in die mechanischen Vorgnge des gesamten Walzpro-zesses. Besonderes Interesse besteht in der Kenntnis des tatschlichen Werk-stoffflusses, der durch das Verschie-bungsfeld fr das gesamte Werkstck

    Autoren

    Prof. Dr.-Ing. Volker Ulbricht studierte Ange-wandte Mechanik an der TU Dresden. Er promo-vierte 1976 und habilitierte sich 1986. Seit 1992 ist er Inhaber der Professur fr Nichtlineare Festkr-permechanik an der TU Dresden.

    Dipl.-Ing. Holger Sparr studierte Angewandte Mechanik an der TU Dresden. Seit 2000 ist er wis-senschaftlicher Mitarbeiter am Institut fr Festkr-permechanik, Professur fr Nichtlineare Festkr-permechanik, der TU Dresden.

    zugnglich ist. In Bild 4 wurde daher die Verschiebung in axialer Richtung fr den entlasteten Endzustand in der Ebene der Arbeitspunkte der Walzen dargestellt.

    Weitere Zustandsgren, wie der Tensor der logarithmischen plasti-schen Dehnungen und der Span-nungstensor , stehen zur Beurtei-lung des Endzustandes ebenfalls zur Verfgung.

    Zusammenfassung und Ausblick

    Mit der Entwicklung eines FE-Modells fr das APRW steht ein Werkzeug zur Verfgung, dass den betrachteten Um-formvorgang wiedergeben kann und somit fr weiterfhrende Untersu-chungen zur Verfgung steht. Der Ein-fluss anderer Prozessparameter oder der Einfluss einer Erweiterung des Pa-rameterraumes (z.B. eine vernder-liche Walzenvorschubgeschwindig-keit) auf die Qualitt des Walzergeb-nisses ist hierbei von besonderem In-teresse.

    Ein Ziel wird weiterhin sein, die Re-chenzeiten fr einen vollstndigen Umformvorgang zu minimieren. Dem-entgegen steht ein bergang auf kom-plexere Profilgeometrien, wie bei-spielsweise von Getrieberingen und eine verbesserte Modellierung der Werkzeuge. Hierfr wird es notwendig werden, sowohl die Vernetzungsstrate-gien als auch die verwendeten Lsungsalgorithmen anzupassen.

    Die vorgestellten Forschungs- und Entwicklungsar-beiten wurden durch die Deutsche Forschungsge-meinschaft (DFG) gefrdert, der hierfr unser Dank gilt.