B. Aussprache über das Referat von John Yoder. Prof ...

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B. Aussprache über das Referat von John Yoder. Prof. SCHREY: Wenn Dr. Yoder ausdrücklich sagt, dass Jesus Christus als Offenbarung auch für den Bereich des Staates gültig sei, so hat er das wohl ähnlich wie Karl Barth in einer Analogie gesehen. Ich wäre ihm sehr dankbar , wenn er das noch etwas konkretisieren könnte. Was bedeutet diese Analogie etwa für die Verfassung des Staates und für das Problem der Todesstrafe? Sind diese durch die Sühne Christi aufgehoben oder nicht? Also in welchem Sinne ist Christus und sein Opfertod als Offenbarung für den Staat bedeutungs- voll? Fast. SPIJKERBOER: Ich glaube Sie verstanden zu haben, dass das Tragen des Schwertes ei.ne Form des Unglaubens sei. Wenn das Unglaube wäre, dann wäre es doch aber auch im Neuen Testament als solches bezeichnet. Wenn die Apostel ein Schwert trugen, so waren sie damit doch nicht einfach als Un- gläubige bezeichnet . Das stimmt nicht mit dem Neuen Testament. Dr . YODER: Wir müssen die Frage auf den Kern zuspitzen und nicht so , wie es oft in den evangelischen Akadem i en üblich ist , die Frage nur langsam reichen. Diese Methode mutet uns aber ein Mass von Offenheit zu, die in solchen Gesprächen etwas ungew5hnlich ist. Wir müssen die These mit einer Deut- lichkeit ausdrücken , die die historischen Friedens -Kirchen nicht immer besassen oder besitzen . Die Offenbarung in Jesus Christus gilt für den Bereich der Politik . Das heisst aber nicht , dass wir dann weitergehen können, um direkte Folgerungen für den Staat zu ziehen , bis man festgestellt hat , dass der Staat eben in einem gewissen Unglauben steht . Dann steht die ganze Frage nach dem was man vom Staat verlangen kann , in einem völlig anderen Kontext , als wenn man von der konstantinischen Voraussetzung ausgeht , dass es eine christliche Ethik für den Staat geben kann . Es kann streng genommen eine christliche Ethik nur da geben , wo es christlichen Glauben gibt. Und da gibt es natürlich keine Töter. Wo es aber Unglauben gibt , ist es eine schwierige und zugleich relative Frage , in welcher Weise wir dem Staat etwas vorschlagen und vorschreiben können, Aehnlich wie Karl Barth werde ich mit gewissen Analogien vorgehen. Ich werde aber nicht so vorgehen können, und da folgt mir Lasserre nicht ganz, dass man dem Staate genau vorschreiben kann. wie weit er gehen kann. Und dass man eine ganz bestimmte Linie zieht zwischen gerechtem Staat und un- gerechtem Staat. Ich würde lieber sagen, dass es ein ganzes Kontinuum gibt , und dass wir auf jeden Punkt den Staat ansprechen können: er soll weniger ungerecht sein und mehr dem Glauben analog sein. In der Frage nach der Todesstrafe werden wir nicht nach einem Prinzip gehen können. In Bezug auf die Frage , warum im Neuen Testament nicht gesagt worden ist. dass der Staat eine Form des Unglaubens ist, stellen wir im grossen und ganzen fest , dass Jesus zu den wenigsten Leuten gesagt hat , was eine Gestalt des Unglaubens ist . und zu sehr wenigen gesagt hat - -wenn überhaupt-- 11 Das darfst du nicht tun . 11 Das war nicht die Weise Jesu , vorzugehen. Er war eben nicht ein Verkündiger von Verboten . Ich möchte auch keine Verbote vortragen. Der Glaube geht anders vor . Als christliche Theologen reden wir unter der Voraussetzung des Glaubens . Wenn wir einen ungläubigen Menschen ansprechen, so stimmen wir nicht seinem Unglauben zu. So meine ich , dass die Frage nicht ganz legitim ist, weil sie von einer anderen Voraussetzung herkommt , was in diesem Fall nicht geht. Prof . BENDER: Es gab noch eine Frage über die neutestamentliche Basis . Dr . YODER: Da ist erstens der ganze neutestamentliche Zusammenhang von den zwei Aeonen, dem gegenwärtigen und dem zukünftigen, der schon in der 18

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Prof. SCHREY: Wenn Dr. Yoder ausdrücklich sagt, dass Jesus Christus als Offenbarung auch für den Bereich des Staates gültig sei, so hat er das wohl ähnlich wie Karl Barth in einer Analogie gesehen. Ich wäre ihm sehr dankbar, wenn er das noch etwas konkretisieren könnte. Was bedeutet diese Analogie etwa für die Verfassung des Staates und für das Problem der Todesstrafe? Sind diese durch die Sühne Christi aufgehoben oder nicht? Also in welchem Sinne ist Christus und sein Opfertod als Offenbarung für den Staat bedeutungs-voll?

Fast. SPIJKERBOER: Ich glaube Sie verstanden zu haben, dass das Tragen des Schwertes ei.ne Form des Unglaubens sei. Wenn das Unglaube wäre, dann wäre es doch aber auch im Neuen Testament als solches bezeichnet. Wenn die Apostel ein Schwert trugen, so waren sie damit doch nicht einfach als Un-gläubige bezeichnet . Das stimmt nicht mit dem Neuen Testament.

Dr . YODER: Wir müssen die Frage auf den Kern zuspitzen und nicht so, wie es oft in den evangelischen Akademi en üblich ist, die Frage nur langsam reichen. Diese Methode mutet uns aber ein Mass von Offenheit zu, die in solchen Gesprächen etwas ungew5hnlich ist. Wir müssen die These mit einer Deut-lichkeit ausdrücken, die die historischen Friedens -Kirchen nicht immer besassen oder besitzen.

Die Offenbarung in Jesus Christus gilt für den Bereich der Politik . Das heisst aber nicht , dass wir dann weitergehen können, um direkte Folgerungen für den Staat zu ziehen, bis man festgestellt hat , dass der Staat eben in einem gewissen Unglauben steht . Dann steht die ganze Frage nach dem was man vom Staat verlangen kann, in einem völlig anderen Kontext, als wenn man von der konstantinischen Voraussetzung ausgeht , dass es eine christliche Ethik für den Staat geben kann . Es kann streng genommen eine christliche Ethik nur da geben, wo es christlichen Glauben gibt. Und da gibt es natürlich keine Töter. Wo es aber Unglauben gibt , ist es eine schwierige und zugleich relative Frage , in welcher Weise wir dem Staat etwas vorschlagen und vorschreiben können, Aehnlich wie Karl Barth werde ich mit gewissen Analogien vorgehen. Ich werde aber nicht so vorgehen können, und da folgt mir Lasserre nicht ganz, dass man dem Staate genau vorschreiben kann. wie weit er gehen kann. Und dass man eine ganz bestimmte Linie zieht zwischen gerechtem Staat und un-gerechtem Staat. Ich würde lieber sagen, dass es ein ganzes Kontinuum gibt, und dass wir auf jeden Punkt den Staat ansprechen können: er soll weniger ungerecht sein und mehr dem Glauben analog sein. In der Frage nach der Todesstrafe werden wir nicht nach einem Prinzip gehen können.

In Bezug auf die Frage, warum im Neuen Testament nicht gesagt worden ist. dass der Staat eine Form des Unglaubens ist, stellen wir im grossen und ganzen fest , dass Jesus zu den wenigsten Leuten gesagt hat , was eine Gestalt des Unglaubens ist. und zu sehr wenigen gesagt hat - -wenn überhaupt-- 11Das darfst du nicht tun . 11 Das war nicht die Weise Jesu, vorzugehen. Er war eben nicht ein Verkündiger von Verboten . Ich möchte auch keine Verbote vortragen. Der Glaube geht anders vor . Als christliche Theologen reden wir unter der Voraussetzung des Glaubens . Wenn wir einen ungläubigen Menschen ansprechen, so stimmen wir nicht seinem Unglauben zu. So meine ich, dass die Frage nicht ganz legitim ist, weil sie von einer anderen Voraussetzung herkommt, was in diesem Fall nicht geht.

Prof . BENDER: Es gab noch eine Frage über die neutestamentliche Basis . Dr . YODER: Da ist erstens der ganze neutestamentliche Zusammenhang von

den zwei Aeonen, dem gegenwärtigen und dem zukünftigen, der schon in der

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